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Die Spottdrosseln pfeifen aus dem Sommerloch

 

Das Ende des Internets und das Danach (ein Endzeitdrama)

Helga gibt bekannt:

 

Vor dem Ende muss auf alle Fälle stets ein Anfang stehen, so viel ist sicher. Über die Geburt weiß man viel, wenn auch nicht unbedingt über jede Geburt. Doch so weit zurück soll hier nicht gegangen werden. Über die Anfänge des Internets und die Gründe es zu erschaffen, kann sich jeder im Internet schlau machen.

Hier nur ein Auszug:

„Als es der UdSSR im Oktober 1957 gelang, den weltweit ersten Satelliten, den legendären "Sputnik", erfolgreich in eine Weltumlaufbahn zu befördern, wurde der Technologievorsprung der Sowjets vor der ganzen Welt offensichtlich. Der Sputnikschock erfasste die westliche Weltmacht. Am 29. Oktober 1969 verbanden Wissenschaftler zwei Computer in Los Angeles und Stanford (Santa Clara) mit Hilfe einer Telefonleitung: Es war die Geburtsstunde des ersten Computernetzwerkes der Welt. Es galt mit Kühlschrank-großen Computern die Buchstaben LOG von Bildschirm zu Bildschirm zu übermitteln. Parallel zu dieser fernelektronischen Datenübertragung verständigten sich die Computertechniker am Telefon.

"Hast du das L?" - "Ich habs!" - "Siehst du das O?" - "Ja, ist da!" - "Das G?"

Doch da waren die Hochleistungsrechner überlastet und stürzten ab.“

Beim G stürzten sie ab! Ja glaubt etwa heute jemand, dass das nur ein Zufall war?

Was heißt nämlich LOG wirklich? Nicht login wie der naive User glaubt, nein; LOG steht für „LEBENOHNEGOTT!“

Liebe neunmalkluge Amerikaner, so geht das nicht. Der Herr sieht alles, weiß alles und kann erheben, aber selbstverständlich auch alles abstürzen lassen. Genau das geschah. Ein Gottesbeweis? Man weiß es nicht. Aber das waren nur die Anfänge. Jetzt heißt es allmählich über das Ende nachzudenken.

Wenn alles aus dem Ruder läuft, die Datenflut in Sintflutmanier, kurz wie eine diluvio universale daherkommt, selbst unkaputtbar, aber alles mit sich reißend, dann glaubt der Gläubige, es muss etwas geschehen. So betet er zunächst, mancher beichtet auch, dass er an der Datenflut mit Schuld sei. Der Beichtvater weiß nicht so recht, was er dazu sagen soll, denn diese Sünde steht nicht auf seiner Liste, ergo - ihm fällt auch keine passende Strafe ein. Er muss aber etwas sagen.

„Baut keine Mauern, lasst es laufen, es wird sich selber totlaufen, haltet aus.“

Das war gut formuliert, besonders das mit den Mauern.

„Die Wege des Herrn und seine Fluten sind unergründlich,“ ruft er wenig überzeugt und schweißgebadet noch hinterher. Man kann es nicht oft genug betonen. Seine Worte klingen gut. Ist aber die Datenflut auch eine Sintflut? Wenn ja, warum wird sie durch die Schäfchen selber noch genährt? Er richtet die Augen gen Himmel, sieht aber nur eine Spinne über dem Beichtstuhl. Ihr Gewebe ist unüberschaubar.

Der zutiefst datenverseuchte Mensch geht verwirrt nachhause. Das wusste er schon, trotzdem überprüft er seine Firewall und installiert ein neues empfohlenes Sicherungssystem - eine ganz fette Mauer halt. Schließlich macht das Parlament das auch. Bis einer irgendwann wieder ruft: „Die Daten sind sicher!“ Das glaubt man beruhigt. Sicher hin oder sicher her, gleichwohl die Datenflut wird größer. Blasengleich pumpt sie sich auf, nichts fließt wirklich ab oder wird gelöscht, alles wird irgendwo im Nirgendwo von wem auch immer gespeichert. Das wäre normal und müsse sein, heißt es. Sie nennen sich grundsätzlich Dienste, wem sie dienen weiß keiner. Dem Teufel, Gott oder anderen Mächten? Wer will oder kann das schon noch unterscheiden.

Unserer gottesfürchtigen Kanzlerin ist alles egal, sie simst und arbeitet mit ihrem Smartphone, ungerührt und unbeeindruckt. Gerade hat sie den griechischen Staatsmann gefragt, wann das „G“ endlich käme, um in ihrem Schoß zu fruchten, quasi unbefruchtet .... da war es passiert.

Beim „G“ stürzte sie ab. Ja, glaubt denn jemand noch, dass das ein Zufall sein könnte?

Angela saß nun im Dunkeln und fühlte sich davon wenig angetan, zumal sie sich ohne Licht auch nicht wieder einzuloggen vermochte. Sie hatte das Ende des Internets nicht nur erreicht, sondern es übersprungen und das ganz ohne sich zu bewegen. Alles auf Anfang, wenn man so will.

Was sie nicht wusste, war die Tatsache, dass es allen anderen in diesem Raum genauso erging, allerdings waren dieselben viel ahnungsloser noch, wussten nichts vom „G“ und fragten sich nur augenreibend, wie das passieren konnte. Das Internet war ganz offensichtlich geplatzt, was alle verwunderte und verunsicherte. Würde man weiter leben können? Wenn ja, was wäre noch machbar ohne Internet? Vielleicht könnte man die geplatzten Reste noch einsammeln und irgendwie zusammenpuzzeln. Sie wussten es nicht und riefen in heller Verzweiflung nach ihrer Kanzlerin, die völlig verdattert, immer noch unbefruchtet, wie alle völlig ohne Internet, regungslos in Rautehaltung auf ihrem Stuhl saß.

Auf einmal durchfuhr sie ein „G“ , ein echter Geistesblitz, wenn man das einmal so nennen möchte. Ihr war urplötzlich klar geworden was passiert war. Es war das „G“. Also nicht ein unbekannter G-Punkt, wie der eine oder andere frohlocken mag. Nein, es muss das „G“ in ihrem Namen sein, schlussfolgerte sie messerscharf. Sie hätte es wissen müssen, es war ihr in die Wiege gelegt und sie wusste nun auch, was zu tun war: sie ließ einen Raben (oder war es ein Geier?) nach Athen fliegen aber auch einen nach Russland, so wie Noah es einst tat, der allerdings nur einen ins Freie fliegen ließ, er wusste es ja nicht besser.

 

 

„Ich werde für unsere Bürger und Bürgerinnen eine neue Welt erschaffen!“

Und sie erschuf die Welt neu, nein, sie brachte sie auf den Weg, das heißt, sie versprach sie auf den Weg zu bringen und zwar mit Hochdruck. Die meisten Menschen haben es nicht mehr erlebt, was für sie vermutlich ein großes Glück war. Sie waren nämlich im Loch versunken, denn das geplatzte Internet hatte ja ein Riesenloch gerissen. Das war nun wirklich nicht mehr lustig.

An „Ge“ la !!!  lass es, riefen zuvor noch einige Verzweifelte aus dem internetleeren Raum mit schwindender letzter Kraft, aber die Zwischenrufe verhallten im sinnentleerten Tu-Raum, der sich mit Sprechblasen mehr und mehr füllte. Jeder blies noch schnell eine auf. Ein ewiger Krisenlauf, angefüllt vom Krächzen der Raben.

 

 

 

 

Was passiert, wenn ein virusinfizierter Wurm einem trojanischen Pferd in den Arsch kriecht und dieses danach vor einem Konzern angebunden wird?

 

Die Lobby holt es rein, um es für alle Fälle zureiten zu lassen. Und es gibt viele Fälle. Man treibt es gut konditioniert und zügellos durch die Dörfer und Städte, in die Rathäuser, sogar ins Parlament. Die Justiz ist überfordert, was weiß sie schon von Pferden, kommt sie doch kaum mit den Menschen klar, die gänzlich unverblümt, dreist, fahnenschwenkend ihre nackten Häupter zeigen und finstere Gestrigkeit hochleben lassen. Viel zu viele Biedermänner finden das angemessen und demokratisch.

 

Das besondere Pferd bringt Heu mit. Das ist willkommen, sie nehmen es an. Mit Heu kann man immer punkten. Zudem wissen die mit den weißen, grauen und schwarzen Hüten* was sie tun. Es ist ein großes Kappenfest angebrochen. Es gibt Hackfleisch – Internethackfleisch? Nein, auch richtiges, nur riecht es bereits … bis zum Himmel.

Apropos: was macht der Himmel? Kindergärten überwachen? Auch damit sind sie überfordert. Man darf getrost sagen, dass hier der Himmel eingestürzt ist und sich ein rabenschwarzes Loch aufgetan hat und das ganz ohne Hut und Hack. Wie kann das sein? Oder waren doch Hüte im Spiel?

 

„Prozess gegen hochrangigen Geistlichen

 

Es ist das erste Mal, dass sich im Vatikan ein hochrangiger katholischer Geistlicher wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs vor Gericht verantworten muss. Dem früheren polnischen Erzbischof Josef Wesolowski werden im Prozess unter anderem sexueller Missbrauch von Kindern und der Besitz von kinderpornografischem Material vorgeworfen. Vorwurf: Mehrfacher Missbrauch Das Verfahren beginnt am 11. Juli. Wesolowski droht eine zwölfjährige Haftstrafe. Bis 2013 hatte er als Nuntius in der Dominikanischen Republik gearbeitet. Dort soll es mehrfach zu sexuellen Übergriffen auf Jungen gekommen sein. Die dortige Staatsanwaltschaft warf dem Geistlichen vor, seine Opfer dafür bezahlt zu haben, vor ihm zu masturbieren.Papst Franziskus hatte ihn nach Bekanntwerden der Vorwüfe im August 2013 von seinem Posten abberufen und nach Rom zurückgerufen. Auch nach seiner Abberufung soll er noch Kinderpornografie genutzt haben. Im Juni vergangenen Jahres wurde er in den Laienstand zurückversetzt, im September wurde Wesolowski festgenommen und unter Hausarrest gestellt.“

15. Juni 2015, 16:00 Uhr Süddeutsche Zeitung.

 

Ja, da wird hart durchgegriffen!  Schaun wir mal wie es ausgeht.

 

*White-Hats („Weiß-Hüte“): Verwenden ihr Wissen sowohl innerhalb der Gesetze als auch innerhalb der Hackerethik, beispielsweise indem sie professionelle Penetrationstests ausführen. Grey-Hats („Grau-Hüte“): Verstoßen möglicherweise gegen Gesetze oder restriktive Auslegungen der Hackerethik, allerdings zum Erreichen eines höheren Ziels. Beispielsweise durch die Veröffentlichung von Sicherheitslücken, um ein Leugnen unmöglich zu machen und die Verantwortlichen dazu zu zwingen, diese zu beheben. Grey-Hats zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht eindeutig als „gut“ oder „böse“ einzustufen sind. Black-Hats („Schwarz-Hüte“): Handeln mit krimineller Energie und beabsichtigen beispielsweise, das Zielsystem zu beschädigen oder Daten zu stehlen.

Wirrer Geist im weiten Web

Cecilia folgert:

 

Als damals, am Alpha, finstere Mächte das Internet gebaren, welches seither dem Omega zusteuert in rasender Fahrt, entstand ex voto eine Kanzlerin, engelsgleich. Sie wachte streng und unmerklich über die von ihr selbst verhängten Sparzwänge und war sich nicht wirklich der Vergänglichkeit wissenschaftlicher Theorien bewusst, die ihr solches diktiert hatten.

 

Die finsteren Mächte wurden laufend abgelöst und ersetzt; nun, riefen die Russen – fast unisono mit den Chinesen –, seien sie einmal mit dem Hacken dran. Die bajuwarischen Holzhackerbuam hatten das Nachsehen, und das nicht nur beim Fingerhackeln. Kurz zuvor hatten sie sich bei der entsprechenden Industrie angewanzt mit ihrer Maut, zu deren Erfassung ein riesiger bürokratischer, natürlich computergestützter, Aufwand zu erwarten ist.

 

Das deutsche Netz traf nicht auf viele Experten. Diese Erkenntnis, die einem leicht später um die Ohren geschlagen wird, schlug vorerst einmal nur ein - bei den vielen Unschuldslämmern, die nichts zu verbergen haben. Sie konnten sich nun unter dem auf drei Knöpfe geschlossenen Mantel von Mutti versammeln, die das Böse mit einer wohlgeformten Raute*) fernzuhalten versprach - gleichzeitig aber das Loch aufzeigte, in das wir uns verkriechen sollen -  und ansonsten eine von „uns“ war. Auch die Mutti ist ja abgehört worden: Spionage tut nicht weh, stinkt vielleicht ein wenig, ganz anders als Atomkraft.

 

So mancher gaukelte den Lämmern vor, der Wolf habe Kreide gefressen, die Großmutter sei wieder auferstanden und feiere seither fröhliche Urständ. Ein No-Spy-Abkommen wurde erlogen und lanciert. Ob Oma in den Himmel aufgefahren ist, vermag Keiner zu sagen. Vielleicht trainiert sie mit ihren Urständen, wie sie am besten vom Boden der Tatsachen loskommt. Zur gleichen Zeit versuchen die Bootsflüchtlinge, Boden unter ihre zitternden Füße zu bekommen. Nicht Dublin, Italien ist die erste Station und hat das Nachsehen.

 

 

*) man stelle sich vor, ein Mann formte dieses Lochsymbol !

 

 

Inzwischen wogt es in unserem Parlament. Sein gesamtes Internet ist gehackt und muss nun geschreddert werden. Keiner kann mehr heimlich Pornografie herunterladen; und das in diesen obszönen Zeiten, wo die Homo-Ehe zu haremsartigen oder gar zu inzestuösen Verbindungen führen wird, vor denen sich so manche christlich-demokratische Ministerpräsidentin fürchtet. Die Gegenseite – welche sich allerdings nicht mehr so recht abhebt und dank Groko als Abguss der christlichen Leitpartei wahrgenommen werden könnte - kapriziert sich auf die Sterbehilfe; auch das ein untrügliches Zeichen für den Untergang des christlichen Abendlandes.

 

Zur selben Zeit stehen – nein: nicht die Russen, auch nicht die Türken vor Wien, sondern - die Muselmänner vor unseren Toren, auch viele Schwarze. Der Innenminister hat kurzerhand die Grenzen seit Elmau geschlossen gehalten, Schengen hin und her. Er hat kapiert, dass man sich so bei Pegida und Genossen (Entschuldigung: den Parteifreunden) den Rücken freihält.

Überhaupt treiben die Flüchtlinge den Westen in die rechte Ecke. Wir können da gar nichts machen.

 

Ein entlaufener Elefant hat einen unschuldigen Spaziergänger zerquetscht. Warum geht er auch spazieren?

Woher ich das alles weiss? Aus dem Internet. Die Würze des Wertens dieser Informationsflut muss Jeder selbst hinzufügen, das Sieb der Vernunft dazwischenschalten, bevor die Flut unser Hirn beinahe-ertrinken lässt. Hört sich nach Folter an? Richtig.

 

Nach der Erkenntnis, dass der Stuhlgang zum Beichtstuhl uns nicht erleichtert, überantworten wir auf der Suche nach einer Antwort aus den Sphären, unsere Gedanken, unsere Gefühle naiv und sorglos dem Web; sie schwirren daraufhin auf ewig durch den Raum; ist das dann unsere ‚unsterbliche Seele’?

 

Ob mich das alles interessiert, ob es für mein Leben von Interesse ist?

 

Das möge sich Jeder selbst fragen. Heute jedenfalls lese ich im Netz, dass es ein ‚Zentrum für politische Schönheit’ gibt. Der sterbende Schwan, in Schönheit sterben, oder: ein Trugschluss, ein Widerspruch in sich selbst, ein plumper Versuch, dem Wolf einen Schafspelz überzustülpen. Lamm Gottes?

 

 

 

Scheinheiligkeiten

Helga meint:

 

Die Sache mit dem Zentrum für politische Schönheit mag ja gut gemeint sein, aber wem nützt es? Ich frage mich, ob es Sinn macht, sich für ein „würdiges Begräbnis“ einzusetzen, wenn doch die Menschen lieber leben würden und zwar menschenwürdig.

Vielleicht erleichtert dieses Bemühen die Gewissen einiger bemühter Menschen. Schön. Ob es Angehörige ebenfalls erleichtert, wenn ihre Leute in Deutschland hübsch begraben werden können? Das war anders angedacht, liebe Leute!

Die armen Menschen sind verreckt, sie haben nichts davon, wenn ein Pfaffe würdige Worte salbadert.

Gebt Eure Kraft für das Leben! Bitte! Das wäre doch mal politisch korrekt und das Allerselbstverständlichste überhaupt in Sachen Nächstenliebe.

 

Politische Schönheit? Kenne ich nicht.

 

 

 

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Transzendenz als Flat

Cecilia fürchtet

 

Es scheint klar zu sein – obwohl immer noch kontroverse Ansichten darüber verbreitet werden als eine Art Dauerbrenner -, dass es zur Zeit viele Tornados gibt. Und auch Schlammlawinen und überschwemmte Keller. Aus schwarzen Wolkenrändern schnorcheln sich Rüssel hinunter zum Meer und bringen das Wasser und seine Bewohner in Drehung. Zu Lande werden Bäume entwurzelt, die jahrhundertelang fest im Boden verankert waren.

 

Es weht sozusagen ein Geist vom Himmel. So etwas haben wir schon einmal gehört.

 

Richtig: Die blaue Luft ist voller Daten, die hin- und herschwadern: Liebeserklärungen und Hochzeitsanträge, Trennungs-SMS, fader Tratsch und große Dramen, Worte, die man am liebsten wieder verschlucken würde, Erklärungen, die nach dem Schwamm drüber rufen, Viren und Trojaner, Pornographie und naive Äußerlichkeiten, wie die willfährige und wohlfeile Selbstdarstellung hier eines gepiercten Nabels, dort eines geschmacklosen Tatoos, Cyber-Mobbing vom Feinsten, Hacker-Software und Spionageprogramme in gleicher Schwingung mit manchem stinkenden Furz. Das ungleiche Gewicht, die unterschiedliche Dynamik, entgegengesetzte Aggregatszustände wirbeln sich gegenseitig auf wie Staub, aus dem wir gemacht sind. Kulminationspunkte ziehen von weitem Kondensationskerne an, in manchem Hirn entsteht ein Vakuum und nicht nur ein Herz schlägt nicht mehr so richtig. Die Darmwände werden durchlässig, wir haben so viel zu verdauen. Und da uns nur noch wenig aufstößt, entstehen Krämpfe, die nach Entlastung streben. Wir wollen uns entgiften, entschlacken, entblähen. Unsere Haut atmet nicht mehr, denn das hat sie noch nie getan.

 

Gedanken aus unserer Jugendzeit bleiben wie Aliens erhalten und halten uns den Spiegel vor. Kein Fehler ist jemals wieder gutzumachen; wie ein Untoter rotiert er weiter in den Sphären. Kein Irrtum kann je wieder richtiggestellt werden; Irrtum und Richtigstellung schwimmen gleichzeitig bis ans Ende der Tage. Aber selbst danach bleiben sie erhalten, auch wenn sie niemanden mehr interessieren.

 

Ist das der Trost, der uns unfähig macht, aus dieser ewigen Abhängigkeit auszusteigen? Hier sind wir alle gleich. Längst haben wir keinen Distinktionsgewinn mehr. Auch wenn wir ein Nichts sind, wollen wir wichtig sein, auch wenn wir nicht denken wollen, kotzen wir Gedanken in den Orbit. Wir teilen nichts mit den Armen, aber alles auf Facebook. Wir sind süchtig nach Likes und jeder kritische Kommentar zieht das Gesamtergebnis über die Gebühr hinunter. Leute: Sagt Gutes und tut Böses. Dieser üble Wind treibt unsere Gedanken auseinander. Wir sind auf immer – im Internet.

Oktoberfest-Nachlese

Auf dem Oktoberfest wird gepflegt oder

„nachteilig für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland“

 

So nämlich lautet die Geheimhaltungsklausel unserer Regierung par excellence; und so lautete die Antwort des zuständigen Staatssekretärs des Bundeskanzleramtes auf eine differenzierte Anfrage des Grünen-Politikers Ströbele nach der Jahr für Jahr sich wiederholenden Bewirtung ausländischer Geheimdienstler durch den BND auf dem Oktoberfest. Im Wortlaut sei sie hier wiedergegeben :

 

"Diese Veranstaltungen dienen der Pflege von partnerschaftlichen Beziehungen, beruhen auf Gegenseitigkeit und unterstützen so die gesetzliche Auftragserfüllung", erläuterte der zuständige Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche. "Die Termine werden mit Fachgesprächen verbunden, um den direkten Nutzen für das dienstliche Interesse zu ziehen." Weitere Einzelheiten könnten nicht offen mitgeteilt werden, weil sich dies "nachteilig für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland auswirken" könnte. (Quelle: SZ 19.6.2015)

 

Der direkte geheimdienstliche Nutzen mit einem - und nicht nur einem - Zug aus dem Maßkrug. Prosit.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 19.06.2015

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