Cover



Ach, ich hab’ sie doch nur...



Einvernehmliches Hocken an der Bar, hormonanregendes (aber schwanzschlaffendes) Bechern : und schon löst sich Zunge und Hand aus der erziehungsbedingten kulturellen Lähmung und der „wahre Kerl“ erblickt das schummrige Licht der Welt, getragen von einer Welle der Gönner-
haftigkeit, eine Schaumkrone auf der aus frühgeschicht-
lichen Zeiten überkommenen Unterwerfung.

Und nun diese Verwerfung?

Ein Sturm der Entrüstung weht durch die Männer-Welt. Ist nicht die weibliche Brust (in Ermangelung einer eigenen) dazu geschaffen, angestiert zu werden? Wer von diesen allzeit provozierenden Weibsbildern kann sich ernsthaft gegen schlüpfrige Komplimente – zumal von liberaler Seite – wehren, abgrenzen? Wer ist so perfid, harmlose Blondinen-, Schwulen- und Negerwitze (nicht zu sprechen von den Österreicherwitzen) misszuverstehen? Laufen die Mädels nicht in kurzen Röcken und mit Ausschnitt an der Bluse herum, nur um uns arme Narren anzustacheln? Wozu sonst? Er, sie, es ging mit mir durch, mehr als verständlich.

Anlässlich des Falles, der aktuell durch die Presse geht, bei dem sich aber der Protagonist in keiner Weise zu einer Entschuldigung für sein Verhalten gedrängt oder gar gepresst fühlt, wird er in einer verständnisvollen Männer-
riege aufgefangen. Die Kumpane aus der himmelhoch-
jauchzend-zutodebetrübt-vonderpolitischenbildflächever-
schwindenden Partei atmen auf, wenn sie eines solchen Schmierentheaters ansichtig werden; dass das Interesse von dem substanzlosen politischen Eis, auf dem die Partei schon lange schlittert, sachte und achtsam hinwegzaubert in die dunkle, schlüpfrige Ecke, in die ihr annähernd 50 % der Menschheit zu folgen bereit ist: welch eine nieder-
trächtige Steigerung, welch ein Triumpf!

Die Netzwerke, die man nur ja keiner Frauenquote aussetzen darf, wabern im Pulsschlag des empörten Nicht-Kostverächters.

Mit aufgeblasenen Backen stehen sie zu ihrem Bruder. Mit diesem Brüderle, dem missverstandenen, muss Solidarität geübt, gegen diese bösartige und hinterlistige Frauenwelt, die auch noch in der Lage ist, strategisch zu handeln – ein zutiefst männliches Vorrecht -, muss zusammengestanden werden. Wo kommen wir denn sonst hin? Unsere Privi-
legien lassen wir uns nicht einfach wegprovozieren. Wir armen freien Männer!

Aber auch Andere sind so frei.

Unreflektierte Machtausübung landauf, landab, in oberen Kreisen, bei niederen Chargen, zementiert sich auf Kosten der Frauen. Dabei sind diese keine Minderheit, nur vielleicht etwas differenzierter denkend und handelnd. Sie haben eben keinen Schwanz, der sie steuern könnte. Da ist er wieder, der kleine Unterschied. Wobei ihn kein Mann als ‚klein’ bezeichnen würde, gotterbarm!

Fallen die Fallensteller also in ihre eigenen Fallen? Nur wenn wir Frauen nicht mehr hineintreten.

Die Sicht aus einem anderen Blickwinkel zeigt auf, wohin die Richtung geht: Blicken wir also auf’s Gemächt und tadeln die Hosenträger, dass sie zu enge Beinkleider tragen. Das Überstreifen eines Rockes - aber bitte nicht zu kurz ! - könnte die Peinlichkeit erledigen.

Cecilia



Endlose Debatten



Männer und Frau'n
können den Nerv mir klau'n
weil sie ständig sich die Laune versau'n.
Ich möcht' alle in einen Sack rein stecken
und sie mit ihrem Scheiß bedecken.
Aber das darf ich nicht, nur im Gedicht.

Männer und Frau'n
möcht' ich gerne verhau'n
anstatt immer nur zu zuschau'n,
wie sie sich wichtig machen
und aufeinander krachen,
sich auch noch dümmlich freu'n,
wenn die anderen lachen.


Männer und Frau'n,
die an den Nägeln kau'n
habt ihr nur in der Spiel'eck gesessen
und wirklich völlig vergessen,
was es heißt, den andern zu achten
und dabei zu beachten
was die Folgen sind?


von Helga








Lieschen denkt über Sexismus nach


Männer sind Schweine, summt sie vor sich hin und schaut sich um, ob auch ein paar brauchbare Böcke gekommen sind. Jetzt naht einer, der einen guten Eindruck bei Lieschen hervorruft aber er geht an ihr vorbei und baggert woanders. Er hat sie gar nicht wahrgenommen, er hat sie einfach negiert. Lieschen fühlt sich diskriminiert von diesem „Sexisten“.
Jetzt kommt ein Widerling, der lüstern ausschaut und ihr Komplimente machen möchte, die zwar grottenschlecht sind - aber immerhin. Lieschen ist furchtbar empört, sie fühlt sich diskriminiert von
diesem „Sexisten“.

Der andere Sexist hätte bei ihr sexistisch sein können. Wenigstens ein bisschen.

Warum geht sie auch in eine Bar, in einer Kirche wäre das nicht passiert. Hochwürden spricht alle an und warnt vor den wüsten sexistischen Ausschweifungen dieser Welt.
Die islamistische Welt empfiehlt mehr oder gänzliche Verhüllung. Selber Schuld das dumme Lieschen!
Die Religionen wissen Rat.

Lieschen ist dickköpfig, sie möchte angesprochen werden aber nicht von Hochwürden. Wie soll er auch etwas vom öffentlichen Leben und Zusammensein von Männern und Frauen wissen, von Schweinen, Böcken und Sexisten, außerdem sieht er hässlich aus.

Wenn sie wüsste. Hässlich heißt nicht heilig.
Die Brüderles und Schwesterles sollten die Kirche im Dorf lassen und sich ein wenig besinnen.

Und wer hat's nun erfunden? Vielleicht der Teufel?

„Sexismus ist die blanke Diskriminierung der Menschen, die nicht ins gängige Geschlechterkonzept passen. Wer wettert gegen Schwule und Lesben, wer legt die Rolle der Frau fest? Die Religionen. Alles hat einen Ursprung in zweifelhafter Kultur und Tradition.“

Hört sie es flüstern. Lieschen kommt vielleicht dahinter.

Helga


Die geschlechtslose Gesellschaft



Die Frage ist doch die, was kann man tun, um eine moderne Gesellschaft von der Geißel des gemeinen Sexismus zu befreien?
Falls das gelingt erhebt sich natürlich sofort die bange Frage, wohin mit ihm? Wie wir alle wissen, gab es Sexismus schon immer und das ist sehr, sehr lange. Doch dazu später.
Männer und Frauen können gleichermaßen Gutmenschen sein. Das ist bekannt, wobei, man möge es mir verzeihen, die Frauen in der Zahl häufiger als diese Art von Mensch in Erscheinung treten. Doch, liebe Leser, es gibt darüber hinaus die Bessermenschen und letztlich noch den Supermenschen. Sie haben es in der Hand, ja was sag' ich, sie haben es am oder im Kopf, die Lösung zu erdenken. In einigen Klöstern läuft sie schon mehr oder weniger frei herum: die geschlechtslose Gesellschaft.
Jetzt ist es heraus.
Man muss die Geschlechtsorgane geistig eliminieren, kurz, die Menschen werden zu Neutren umfunktioniert. Das ist ein schwieriger Prozess und es gelingt nicht jedem, wie wir alle schmerzlich erfahren mussten. Die Auserwählten sind aber über Kurz oder Lang völlig von jeglichem Sexismus befreit. Das Geschlecht tritt quasi in den Hintergrund. Damit es nicht doch wieder hervorlugt, trennt man vorsorglich Mönche und Nonnen und so leben sie jeweils in einer geschlechtslosen Gesellschaft im Dienste des Herren, der sie mit denselben ausgerüstet hat.
Mit der Vermehrung ist nun nichts mehr, wenn nicht die anderen Verdammten da draußen für Nachschub sorgten.

Die Frage ist die, wie könnte man auch sie weitestgehend von Sexismus und anderen Schweinereien erlösen?
Die Bessermenschen haben es unsagbar schwer, denn sie sind ja selber davon betroffen, mal abgesehen davon, dass sie festlegen, was Sexismus ist und was nicht. Schließlich entscheidet der Supermensch, was für alle das Beste ist oder er sitzt es aus bis sich alles wieder beruhigt und sagt nichts, was sehr, sehr klug ist.

Inzwischen ist aber die Gesellschaft soweit entwickelt, dass sie dazu bereit ist, die Geschlechter weitestgehend anzugleichen. Männer und Frauen seien gleich, gleichberechtigt und gleichverdienend, doch das kostet, klingt rot und wirft zudem die Frage auf, wer für den Nachwuchs sorgt. Schwule und Lesben? Neger und andere Ausländer? Diese sind sowieso dem totalen Sexismus verfallen, Schnakseln nur, statt zu arbeiten.
Der Supermensch beschließt somit die moderne arbeitende Gesellschaft zu kastrieren und zu sterilisieren, erblinden zu lassen und sie in die Taubheit zu führen. Manchen amputiert man die Zunge. Damit wäre dem Sexismus der Garaus gemacht. Die Gutmenschen lassen es geschehen.
Ob das der liebe Gott gewollt hat, bleibt offen und es interessiert auch keinen.

Helga


Es lebe
das Weiche in der harten Welt.

Es lebe
das Warme im kalten Krieg.

Es lebe
die Befreiung vom Machthabenmüssen.

Macht etwas
aus eurer Macht.

Nie wieder
Krieg!

Cecilia



Impressum

Texte: Copyright bei den Autorinnen
Bildmaterialien: Cover: Cartoon aus altem Fundus, Autor unbekannt
Tag der Veröffentlichung: 03.02.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Mae West gewidmet für ihren vorbildlichen Satz: "Is there a gun in your pocket, or are you just happy to see me?"

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