Wir spotten nur so allgemein, bitte keiner böse sein. Sind wir doch nicht besser, wetzt nicht eure Messer.
Hausfrauenkunst oder: die Kunst, Hausfrau zu sein
Nein, kein Grund zur Aufregung! Hier geht alles mit rechten Dingen zu, wieso auch nicht?
Zuerst ein Versuch der Begriffsbestimmung: Das Nomen ‚Hausfrau’ setzt sich, wie unschwer zu erkennen, aus zwei Substantiva zusammen: Haus und Frau. Nein, nicht Mann und Frau, auch nicht Haus und Mann, sondern exklusiv Haus und Frau. Was will uns diese Exklusivität sagen?
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Wäre ein Philosophieren über die Kombination Mann und Frau noch zielführend und könnte sich mühelos über sämtliche Disziplinen ausweiten, die der Geistesgeschichte ihr Gepräge gegeben haben, so ist zu bemerken, dass dieses (nein, nicht exklusive, sondern eher explosive) Wortpaar nach der Entdeckung der freien Liebe und der unendlichen Landschaften des Sex und seiner Spielarten sich ein wenig aus der Geistesgeschichte ausgekoppelt hat und zum Träger des einträglichen Konsumgedankens mutiert ist, was ihm nicht gut getan hat.
Ein neuer Diskurs also? Nein, nicht schon wieder!
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Nicht weniger problematisch stellt sich die Kombination Haus und Mann dar. Manchem scheint sie verwegen, Anderen barer Unsinn und eine Zumutung. Im Selbst-
verständnis des Mannes, des unbekannten Wesens, ist sie schwierig herzustellen.
Es mag ihm vorkommen, als werde er amputiert und des Besonderen beraubt, welches er in vielen Jahrhunderten, der Welt die Stirne bietend, am Puls der Zeit erkämpft hat.
Dieses Wirken in der zweiten Linie, ruhig und geduldig, aufopferungsbereit und bescheiden, scheint seine Sache nicht zu sein. Das züchtige Schaffen in der Etappe, oft von der Welt missachtet, ist nicht sein Ding. Die alltäglich sich repetierenden Tätigkeiten, die gerade durch die schnöde Wiederholung an Glanz verlieren und an Selbstverständ-
lichkeit gewinnen, sind für ihn nicht vereinbar mit seiner Auffassung von Kreativität und Schöpfergedanken.
Ein Beispiel: Der Fünfsternekoch wird gerne durch die Medien gezogen, die Fünf- (oder gar Sieben-)Tageköchin interessiert keine graue Maus.
Es geht aber nicht nur um das Wirken am Herd.
Das Führen eines Haushalts mit allem Drum und Dran – heutzutage unterstützt von fleissigen Helfern aus der Elektro- und Putzmittelchemie-Branche – wird gerne mit dem Ehrenwort „Management“ gekrönt. Der Manager drückt beide Augen zu, vor seinem geistigen Auge (dem dritten, welches etwas unterbelichtet ist) scheint eine Sprechblase auf mit dem Inhalt „Meinetwegen, die haben doch keine Ahnung; aber sie sind beruhigt und bosseln weiter, ohne dass sich hier irgend etwas auszahlt.“
Ein weiteres Schmeichelwort ist die „emotionale Kompe-
tenz“, vielleicht gar die „sozioemotionale“. Ein Zungen-
brecher, ein Brückenbauer, ein Verbinder von Gefühl – der ewig-weiblichen Domäne – und sozialem Engagement – noch weiblicher.
Notabene: Lauter männliche Begriffe, Maskulina. Wie der Cunnilingulus.
Einstweilen scheint klar geworden zu sein, dass das Begriffspaar Mann und Haus an den Haaren herbei-
gezogen ist. Denkt man an das zusammengesetzte Wort „Hausmann“ und belegt es mit Fleisch und Blut, so taucht unweigerlich ein langhaariger, bezopfter Softie aus der Schublade auf, der alsbald seiner Betroffenheit Ausdruck verleiht. Ein Weichei ohne Eier. Mit einem Wort: die Absurdität an sich.
Da mag die Gender-Bewegung noch so viel an den Grundfesten der deutschen Gesellschaft und der Personal-
politik der deutschen Wirtschaft rütteln, die Kirche (mit ihrem Gottesstaat im Rücken) lässt sich in dieser Frage nicht beirren. Genauso wenig wie die CSU, obwohl ein innerer Zusammenhang zwischen Kanzel und Volkspartei nirgendwo nachgewiesen ist. Es hat wahrscheinlich auch keinen ernstzunehmenden Wissenschaftler interessiert.
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Last, but not least: Haus und Frau.
Welches Paradies der Wärme und Geborgenheit, der Klein-Klein-Kreativität mit Nadel und Faden, der Schön-
färberei abgestandener Begriffe, der abgrundtiefen Verlogenheit!
Hier muss nicht näher ausgeführt werden, um was es sich handelt, haben wir alle doch – ob Söhne oder Töchter – in unserer Frühestsozialisation, mit der Muttermilch sozu-
sagen, die Selbstverständlichkeiten eingesogen, die aus unserem Unterbewusstsein nicht mehr wegzudenken sind; nein: die unser Denken und Handeln im Geheimen führen und leiten. Ein sozialer Konsens, das Überleben unserer Rasse stünde sonst auf dem Spiel.
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Haben wir nun durchexerziert, wie schwierig und brennend wichtig solche Wortkompositionen sind, so stehen wir auch schon vor dem nächsten Mount Everest, den es zu bezwingen gilt: die Vereinigung der Begriffe ‚Hausfrau’ und ‚Kunst’.
Dem Hausmann, der gerade ein Rührei zubereiten möchte, fällt vor Schreck das Ei aus der Hand – welche Sauerei! Man bekommt es fast nicht mehr vom Boden weg, es weicht schwabbernd aus nach allen Richtungen, es schliert sich vor dem Putzlappen davon, alsbald stinkt es nach einem herzhaften Furz, der die Tiefen des Gedärmes auf sozialunverträgliche Art und Weise verlassen hat. Der Hausmann flucht und greint, nun ist die demütige Inter-
vention der eigentlichen Küchen-Schabe gefragt.
Was auf den ersten Blick völlig unvereinbar scheint, ist es auf den zweiten tatsächlich. Der analytisch begabte Leser braucht nicht lange, um die Kardinalfrage zu formulieren: Warum Kunst?
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Damit ist alles gesagt. Hier ist eine coincidentia oppo-
sitorum weder möglich noch wünschenswert.
Und so können wir uns aus unserer Irritation befreien und wieder den alltäglichen Dingen zuwenden: Ich muss bügeln.
Nein, nicht die Zornesfalten oder gar das enttäuschte Gesicht dieser oder jener Künstlerin, die sich als beleidigte Leberwurst verkleidet hat.
Cecilia
So einfach aus dem Bauch heraus
Auf die Melodie „Alle Vöglein sind schon da“
Kunst im Haus und Kunst am Bau.
Mitten drin die Hausfrau.
Hatte heute schon gebacken,
rausgekommen sind nur Schlacken.
Kunst im Kuchen, im Salat.
Lieber Mann, mir wird nicht fad.
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Filz’ ich doch von früh bis spat
lauter Blütenkelche.
Die Natur erblasst vor Neid,
zeichne ich ihr neues Kleid.
Bin begnadet, bin grandios.
Sieht’s denn Keiner: Ich bin groß- (?)
*
-artig und verrucht zugleich
kehre heim ich in mein Reich.
Meinem Alten will ich’s zeigen
Heimwärts will ich ihm was geigen.
Bin wie Waldi, motze zart,
bet den Hofen, der ist smart.
*
Punkt und Punkt und Komma, Strich –
fertig ist das Mondgesicht.
Bin so gut als wie der Pi-
casso, nein: Bin ein Genie!
Male aus dem hohlen Bauch.
Brauch’ nichts lernen, denken auch.
*
Kämpfen wir, ihr Schwestern all
wie die Eva vor dem Fall.
Hausfrau’nkunst sei unser Ziel.
Können muss man hier nicht viel.
Klein bin ich, mein Herz ist rein,
rein und klein und klein und rein.
Cecilia
"Der Hausfrauenstrich"
Meine lieben Leser, was denkt ihr denn, was jetzt kommt? Pfui! Man weiß, dass es unterschiedliche Strich-locations gibt, auch die Hausfrau kennt sich aus, wie inzwischen bekannt geworden ist, manchmal auch der Mann aber darum soll es hier nicht gehen. Pech gehabt! Oder Glück, wie man's nimmt.
Es soll die Kunst gewürdigt werden, die Kunst der fleißigen Hausfrauen, die den Unterschied zwischen Sex und sechs kennen und seid versichert, sie wissen da sehr genau Bescheid. Hausfrauen können zählen, sogar rechnen, man glaubt es kaum, zumindest vermutet das der Handel, denn er bietet diesen klugen Geschöpfen „Malen nach Zahlen“ an.
Man geht davon aus, dass sie auch einen Pinsel halten und führen können.
Jede Zahl steht für eine Farbe auf dem Untergrund. Mit gewohnt selbstbewusster und fester Hand füllt sie hoffnungsvoll und gewissenhaft, natürlich auch verlässlich, jede Fläche mit der vorgeschriebenen Farbe, Strich für Strich bis der Kuchen, oh verzeiht den Lapsus, das Gesicht oder das Hundebild fertig ist. Alles ist großartig gelungen. Es ist Kunst, denkt vielleicht die eine oder andere. Hausfrauenkunst. Sie stellt es also ihrem Lieblings-Kunst- Forum vor. Alle sind nun ganz aus dem Häuschen und vermuten, dass ein Naturtalent sich der Öffentlichkeit zeigt.
Jetzt reicht es, werden mir alle Hausfrauen empört zurufen. Recht haben sie, es reicht wirklich, denn nur sie so bloßzustellen, ist mehr als ungerecht.
Es gibt nämlich auch Männer, die mit sogenannten Kunstgriffen brillieren möchten. Jede von uns weiß ein Beispiel und man ist sofort drauf und dran zu behaupten, unsere Männer sind die eigentlichen Schlawiner.
Sie schenken der lieben Frau ein Zahlenbild zum Ausmalen und gehen ganz unkreativ mit den Strichen um, die sie wirklich zu sehen und zu tangieren trachten. Zahlen müssen s i e hier nicht ausmalen, sie müssen schlicht nur alles zahlen und das kann teuer werden. Wen kümmert's.
Helga
Die Frau im Haus entsetzt die Kunst.
Die Hausfrau ist allein Zuhaus,
jetzt packt sie ihre Pinsel aus.
Sie malt und zeichnet voller Lust,
den Mund halboffen, bebt die Brust.
Der Mann betritt geschwächt die Wohnung.
Er sieht sofort heut gibt es keine Schonung,
schaut auf das Bild, dann auf die Frau und hat gewettet,
sie ist so stolz, sie ist so froh, jetzt wird geplättet.
Die Kunst braucht dringend eine Pause.
Die Frau im Haus entsetzt die Kunst.
Das hat er nun davon, der Kunstbanause.
Helga
Tag der Veröffentlichung: 29.08.2012
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