Es waren schon gut eineinhalb Jahre vergangen, seit mein Mann zusammen mit unserer
Enkelin einen Drachen gebaut hatte. Natürlich sind diese altmodischen Papierdrachen längst
nicht so stabil wie die modernen Seidendrachen und deshalb nahmen wir an, dass er in dem
überfülltem Kinderzimmer unserer Enkelinnen längst das Zeitliche gesegnet hatte, ohne jemals geflogen zu sein.
Umso überraschter waren wir, als unser Sohn am Mittag des 24.Dezembers anrief und ankündigte, dass sie in einer Stunde zu uns zum Drachensteigenlassen kommen würden.
Wir verabredeten uns auf dem Langenhard, wo vorzeiten schon unsere Kinder ihre Drachen entsorgten - äh - steigenliessen.
Auf der Fahrt meinte mein Mann noch, "hoffentlich hat Conny an die Drachenschnur gedacht!"
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Conny so zertstreut sein könnte und reagierte zuversichtlich.
Nach einigem Hin und Her trafen wir uns auf dem "Drachenberg".
Nicole - unsere Schwiegertochter - holte das Prachtstück aus dem Kofferraum und ich registrierte mit einem Blick, dass er ein paar kleine Flicken verpasst bekommen hatte.
Ich schaute Manfred an und und merkte, dass auch ihm das aufgefallen war.
"Und wo ist die Drachenschnur?"
fragte mein Mann. "Hier " meinte Conny und hob den Drachenschwanz hoch. Geduldig erklärte der Opa, dass dies nur der Schwanz sei, aber nicht die Schnur.
Nicole meinte nur völlig entnervt, dass sie aber jetzt nicht noch mal losfahren würde, um eine neue Schnur zu besorgen. Conny hatte nämlich eine Hand im Gips und konnte deshalb nicht selber fahren.
Da der Baumarkt noch bis 14 Uhr aufhatte, fuhr mein Mann mit Conny zum OBI.
In der Zwischenzeit hatten unsere Enkelinnen und der Hund genügend Zeit sich völlig zu verdrecken und durchzunässen.
Nicole und ich saßen im Kofferraum der Familienkutsche und schauten gespannt den
Versuchen unserer Männer zu. Zunächst gab es einen kleinen Kampf mit Janine, die unbedingt den Drachen halten wollte.
Nach einigen Diskussionen liess sie dann doch ihren Papa dran.
Gefühlte zwei Stunden später - Nicole und ich hatten zwei Tassen Kaffee und vier Stücke Kuchen intus - erhob sich der Drachen dann endlich in die Lüfte.
Wir strahlten....
>Oh ne, der fliegt direkt in den Baum!> schrie Nicole und da war es auch schon geschehen.
Er hing im obersten Gipfel.
Janine nahm mehrere Anläufe und versuchte den Baum zu erklimmen.
Wir brauchten einige Zeit, ihr zu erklären, dass wir jetzt keine geeignete Leiter auftreiben konnten - wäre ohnehin nur eine Feuerwehrleiter in Frage gekommen .
Mia, die sich bisher rausgehalten fing ein Geschrei wie Oskar Matzerath aus der "Blechtrommel" an.
Mit dem Versprechen auf einen neuen Drachen, heisse Schokolade und trockenen Kleider
beruhigten wir sie endlich wieder.
Der Drachen hängt immer noch da oben. Inzwischen haben sich noch einige dazugesellt.
Ach übrigens, beim Einsteigen in ihr Auto bückte sich Nicole und hielt auf einmal eine
rote Spule mit der Drachenschnur in der Hand.
Die kleine Mia, ist das genaue Gegenteil von Janine.
Sie ist laut, ein wenig dominant und man kann ihr absolut nicht böse sein.
Es war einige Zeit vergangen, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten und Mia
war einige Tage bei ihrer anderen Oma zu Besuch gewesen.
Als ihre Eltern ihr sagten, sie solle ihre Oma begrüßen, war das für sie nicht ganz logisch. <Ich habe eine Mama, einen Papa,
also auch nur eine Oma!> Noch eine Oma ging nicht.
Sie schaute mich einigermassen irritiert an.
Als sie auf die Toilette musste, sagte sie und zeigte auf mich, < die Frau, soll mit mir
Pipi gehen>.
Janine, die Grosse, daraufhin im Erzieherinnenton:
<Das ist keine Frau, das ist Oma!>
Mia zappelte und überlegte -
< die Frau Oma, soll mit mir Pipi gehen>.....
Unser Michel - er wird im April zwei Jahre alt - ist ein richtiger "Allwetter-Typ".
Das heisst, meine Tochter geht jeden Tag mindestens zwei Stunden mit ihm raus, und er geniesst es unbeschadet.
Ich war vorletzte Woche bei ihnen zu Besuch und liege nun seit einer Woche mit einer
bösen Grippe flach.
Auf dem völlig verschneiten Spielplatz stapfte er aufrecht und zielstrebig einen Hügel hinauf und wieder runter. Jenny, seine Mama, folgte ihm besorgt und setzte sich sofort
auf ihren Allerwertesten.
Dann schnappte Michi sich den Bob-Schlitten von zwei Kindern und zerrte ihn den Hügel hinauf.
Seine Mum zeigte, wie er damit runterfahren kann. Einmal fand er das ganz ok, aber dann wollte er den Schlitten einfach nur ziehen.
Während er also den Schlitten über den großen Spielplatz hin und herzog versuchten Jenny und ich einen Schneemann zu bauen. Das klappte aber nicht wirklich,
weil der Schnee nicht so richtig zusammenpappte.
Als wir uns umdrehten, stand Michael vor uns. Von oben bis unten voll Schnee.
<Wir brauchen gar keinen Schneemann zu bauen, Michi ist ja schon einer>, meinte Jenny lachend.
Tag der Veröffentlichung: 26.02.2013
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