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Die Diagnose




Es ist schön, wenn du mir hilfst. Es ist gut, wenn du für mich da bist. Ich bin dankbar, wenn du mich tröstest und mir Mut machst. Ich freue mich, wenn du mir zuzwinkerst und mich aufheiterst. Es ist gut, mit dir rechnen zu dürfen und Vertrauen in dich setzen zu können.
Aber es ist für uns beide wichtig, dass auch du dir von mir helfen läßt. Es ist eine gute Erfahrung für uns beide, wenn auch ich für dich dasein darf. Auch ich möchte dich trösten dürfen und dir Mut machen. Ich wünsche mir, daß auch du mit mir rechnest und mir vertraust.


Rainer Haak - Wegweiser für dich und mich -

Danke, dass du da bist


Ein paar Wochen vor Julias Hochzeit erfuhr Bettina, dass sie zum ersten Mal Oma
werden würde.
Ihre Schwiegertochter hatte es strahlend verkündet und die Großeltern
in spe waren ausser sich vor Freude.

Allerdings war das Glücksgefühl bei Bettina etwas getrübt.
Wenn sie sich nur nicht immer so schlecht gefühlt hätte!
Dass sie, ohne etwas dafür zu tun, acht Kilo abgenommen hatte, fand sie eher angenehm
und schob es auf die Aufregung wegen der Hochzeitsvorbereitungen.

An Julias großen Tag, brachte sie fast keinen Bissen herunter und schob es natürlich auf den Stress.

Julia und ihr Mann gingen am Montag nach der Hochzeit auf ihre Hochzeitsreise und
Bettina ging zum Arzt.
Der Hausarzt, zu dem sie schon seit vielen Jahren ging, hörte sich ihre Geschichte an
und schaute ihr ausgiebig in die Augen.
"Sie haben eine Gelbsucht, Frau Neumann!", sagte er schließlich.

Bettina fragte sofort geschockt, ob das ansteckend sei.
"Das kommt auf die Art der Erkrankung an", meinte der Doktor.
"Meine Schwiegertochter ist nämlich schwanger, es wäre doch entsetzlich, wenn sie sich
angesteckt hätte!", erklärte Bettina panisch.
Der Arzt versuchte sie zu beruhigen und meinte, dass erst die genauen Untersuchungen
zeigen würden, worum es sich handelte.

Dann ging die ganze Tortur los. Blut wurde abgenommen. Ultraschall gemacht und da das
Ergebnis nicht klar genug war, musste sie schliesslich in den Kernspint.

Der untersuchende Arzt hatte das Röntgenbild an eine beleuchtete Glaswand gepint und
schaute Bettina sehr ernst an.
"Schauen sie, hier am Kopf der Bauchspeicheldrüse sitzt ein Tumor, der blockiert den
Gallengang, deshalb die Gelbsucht".
"Also Krebs?", fragte Tina tonlos.
Der Arzt schaute sie bedenklich an und meinte, dass sie auf jeden Fall in der Klinik
bleiben müsste.

Eine schwere Zeit




Unsinnigerweise war Bettina zunächst erleichtert, dass es "nur" Krebs war.
Der ist ja nicht ansteckend, also war das kommende Baby nicht in Gefahr.

Die erste Zeit hatte sie das Gefühl, ihre Familie trösten zu müssen, und nicht
umgekehrt.
Alle standen unter Schock und sahen verheult aus, wenn sie zu Besuch kamen.
Bernhard, ihr Mann, war fast nicht ansprechbar. Wollte nichts essen und konnte nicht schlafen.

Am Wochenende vor der Whipple-Operation durfte Tina noch einmal nach Hause.
Dort erlebte sie, wie ihr Mann in Tränen aufgelöst im Wohnzimmer saß.
"Du wirst sehen, alles wird gut!", tröstete sie ihn und glaubte tatsächlich daran.

Die Operation dauerte nahezu zehn Stunden.
Die Schwester auf der Intensiv-Station erzählte Bettina später, dass ihre Kinder und ihr
Mann jede Stunde angerufen hatten und nach dem Stand der Dinge fragten.

Der operierende Arzt kam am selben Abend noch zu ihr, um ihr mitzuteilen, dass sie
momentan "tumorfrei" sei. Der Krebs hatte noch nicht "gestreut" und keine Metastasen
gebildet.

"Ihr Glück ist, dass der Krebs in einem sehr frühen Stadium erkannt wurde", erklärte er.

Zwei Wochen nach der Operation durfte Tina wieder nach Hause.

Ein halbes Jahr lang musste sie drei mal im Monat zur Chemotherapie.
Nach der Chemo lag sie erst mal zwei Tage krank im Bett aber danach ging es recht gut.

Obwohl es eine schwere Zeit war, fühlte sie sich durch ihre Familie und Freunde
"aufgefangen". Sie waren alle für sie da und das tat sehr gut.
Vor allem Bernhard, versuchte ihr buchstäblich jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

Bettina ging es endlich wieder besser.

Dann warf es Bernhard mit einem schlimmen Bandscheibenvorfall um. Der Arzt meinte, dass dieser durch den psychischen Stress ausgelöst worden sei.

Zeit der Gesundung




Es kam eine Zeit, in der derjenige, der sich gerade mal besser fühlte, den anderen versorgte.

Die Kinder, die alle drei, in anderen Städten wohnten, kamen und brachten vorgekochtes Essen mit, gingen Einkaufen und mit dem Hund Gassi.

Irgendwann merkten Bettina und Bernhard, dass dieser Zustand garnicht so übel war.
Sie waren zusammen, konnten so lange schlafen, wie sie wollten, miteinander reden und
sich einfach mal erholen.
Mit der Zeit konnte Bernhard auch wieder laufen und sie machten ausgedehnte Spaziergänge
mit dem Hund.

Später erinnerten sie sich an diese Zeit sogar, als an eine gute Zeit.
Bald stellte Bettina fest, dass sie wieder einige Pfunde zugelegt hatte. Der
Arzt fand das sehr gut, sie nicht so unbedingt.
Bernhard konnte nach einem halben Jahr wieder arbeiten. Allerdings bekam er einen anderen
Tätigkeitsbereich, der ihm letztendlich sogar viel mehr zusagte.

Eineinhalb Jahre nach ihrer Hochzeit verkündete Julia, dass sie Nachwuchs erwarten.


Aber dies ist wieder eine neue Geschichte..................

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.11.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meinem Mann, der immer zu mir gehalten hat.....

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