Geh den Weg nicht allein
von Wolfgang Poeplau
Sei mein Weggefährte.
Ein Mensch, der mit mir aufbricht,
auch in der Mittagsglut, auch über schlechte Straßen.
Ein Mensch, der neben mir geht.
All die bitteren und frohen Wege,
um am Bettelstab der Hoffnung
ein kleines Stück dem Himmel näherzukommen.
Sei du mir jemand,
der aushält an meiner Seite,
mich nicht verführt und nicht verläßt.
Laß deinen Weg und meinen Weg
einmünden in ein Ankommen....
Julia wurde an einem elften elften , allerdings nicht um 11.11 Uhr, geboren.
Sie war ein sehr zartes , kleines Baby, da sie sechs Wochen vor dem errechneten
Geburtstermin zur Welt kam und in den "Brutkasten" musste.
Allerdings hatte sie einen sehr ausgeprägten Überlebenswillen, denn trotz
der nicht wirklich guten Prognosen der Ärzte, konnte ihre Mutter sie zwei Wochen
nach ihrer Geburt mit nach Hause nehmen.
Sie wirkte immer sehr fragil und ein wenig schüchtern. Wobei die Betonung auf "wirkte"
liegt. Denn sie hatte schon sehr früh herausgefunden, dass dies bei den meisten Menschen
einen Beschützerinstinkt auslöst und sie auf diese Art meistens ihren Willen durchsetzen
konnte. Dass sich hinter diesem elfengleichen Kind ein äußerst starker Wille befand,
ahnten die wenigsten.
Moni aus dem Nachbarhaus, die genauso alt war wie sie, wurde ihre beste Freundin.
Sie gingen zusammen in den Kindergarten.
Als die gräßliche Herausforderung der Einschulung auf sie zukam, schafften sie das auch nur
gemeinsam. An ihrem ersten Schultag saßem sie heulend mit ihren riesigen Schultüten in
ihrer Bank.
Gleich am ersten Schultag verguckte sich ein Schulkamerad, Patrick, in Julia.
Er brachte ihr fast täglich alle möglichen Geschenke mit. Julia allerdings, wehrte sich vehement gegen diese Aufmerksamkeinten.
Nachdem seine Liebesbeweise immer wieder abgewiesen wurden, wandte er sich schliesslich Lena zu.
Die war zwar so breit wie hoch aber sie hatte immer einen Beutel mit Süßigkeiten bei sich, die sie großzügig an ihre Freunde verteilte.
Nicht zuletzt waren Julias zwei große Brüder Schuld an ihrer leichten Abneigung gegen
das männliche Geschlecht.
Für die war sie immer das "kleine Julchen". Etwas, das sie absolut nicht leiden konnte.
Einerseits mochte sie ihre Brüder, die ihr groß und beschützend erschienen.
Aber andererseits fühlte sie sich von ihnen bevormundet und kleingemacht.
In der siebten Klasse erklärte ihr Schulkamerad Uwe bei einem Schulball, dass er ihr
die Sterne vom Himmel holen würde.
Julia zeigte sich recht unbeeindruckt. Was sollte sie schließlich mit den Sternen
anfangen.
Ihre Brüder Michael und Jonas sorgten, so weit es in ihrer Macht lag, dafür, dass
so wenig Jungs wie möglich ihr nahekamen.
"Meine Schwester ist nichts für dich!", war ihre Botschaft und da sie recht kräftig
gebaut waren, hatten sie damit auch einigen Erfolg.
Als Julia dreizehn Jahre alt war, besuchte sie mit Moni das alljährliche Lichterfest
im Stadtgarten.
Dieses Event war, wenn das Wetter mitspielte, ein sehr romantischer und beliebter Höhepunkt im Sommer.
Gegen zehn Uhr abends, wenn es dunkel war, wurde ein großes Feuerwerk gezündet.
Ihre Freundin Moni war verschwunden. Da Julia es hasste, allein in einer Menschen-
menge zu sein, ging sie in eine andere Ecke des Parks, von der aus das Feuerwerk auch gut
zu sehen war.
Plötzlich stand ein junger Mann mit einer roten Rose in der Hand vor ihr.
Er gab ihr die Rose und sagte: "Ich bin Francesco und wie heißt du?"
Seine Haare waren schwarz und er kam Julia wie der schönste Mann der Welt vor.
Sie flüsterte "ich bin Julia".
"Hallo Julia, wie alt bist du?", war seine Antwort. "Ich bin dreizehn", stammelte Julia
wahrheitsgemäß.
Über sein Gesicht huschte so etwas wie Enttäuschung. "OH, ich bin siebzehn, da bist du
zu jung für mich. Aber für dreizehn wirklich sehr hübsch"! Sprachs und war verschwunden.
Von der Stunde an suchte Julia nach einem dunkelhaarigen jungen Mann namens Francesco.
Leider fand sie ihn nicht wieder und andere Jungen hatten lange Zeit keinerlei Chance bei ihr.
Doch - zehn Jahre später bei dem selben Event im Stadtgarten - stand beim Feuerwerk ein
junger Mann mit einem kleinen Kind und einer hübschen Frau neben ihr.
Francesco, durchzuckte es sie. Und ein Blinken in seinen Augen zeigte ihr, dass er sie
auch erkannt hatte.
Schnell hakte sich Julia bei ihrem Verlobten ein.
Der war groß, blond und blauäugig.
Aber das ist eine ganz andere Geschichte............
Tag der Veröffentlichung: 07.11.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Meiner Familie und meinen lieben Freunden