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SylemansEntscheidung


Vorzeiten, als es noch Wunderlampen, Dschinns und fliegende Teppiche gab, lebte Sultan Syleman Der Gute. Er wohnte in einem prächtigen Palast und in seinem Land herrschte Wohlstand und Zufriedenheit.
Der Sultan hatte zwei Söhne - eigentlich gab es noch viel mehr Söhne - die beiden aber, um die es in dieser Geschichte geht, waren von seiner ersten Frau, Dinah, die auch seine Lieblingsfrau gewesen war.
Mustafa, der ältere, war dunkel und ein bißchen schwermütig.
Kadir dagegen, war sehr hübsch und charmant und immer gut gelaunt. Er erinnerte den Sultan sehr an seine liebe Frau.
Der Sultan hätte gerne Kadir, seinen Lieblingssohn, als Thronfolger gesehen.
Er verbrachte viele schlaflose Nächte, bis er - wie er meinte die geniale Lösung gefunden hatte.
Er rief seine beiden Söhne zu sich. "Derjenige, der als erster eine schöne und angemessene Braut heimbringt, wird mein Nachfolger!", erklärte er. Für ihn war es klar, dass dies Kadir sein würde, denn der liebte die Frauen und die Frauen liebten ihn.
Mustafa dagegen tat sich mit Frauen recht schwer.
Die Einwände der beiden wiegelte er mit einer ungeduldigen Handbewegung ab. "So ist es beschlossen und so wird es geschehen!" befahl er.


Der Aufbruch


Am nächsten Morgen machte sich Mustafa auf den Weg zum Bazar. Dort emfingen ihn alle Wohlgerüche des Orients - auch die weniger wohlriechenden.
Er genoß es, ohne Eskorte und unerkannt auf dem Bazar herumzuschlendern.
Ein kleiner Vogel, dessen Gefieder im Sonnenlicht golden schimmerte, flatterte vor ihm her, als ob er ihn den Weg weisen wollte. Bei einem Stand, auf dem allermögliche Krimskramns angeboten wurde, hielt der Vogel an und schaute ihn mit seinen dunklen Knopfaugen an.
Der Händler an dem Stand lächelte Mustafa an und meinte:"So einen kräftigen jungen Mann, wie dich könnte ich gut als Begleiter für meine Karawane brauchen. Mustafa überlegte nicht lange und erklärte sich bereit, die Karawane zu begleiten.
"Prinz Mustafa, ich bin stolz, dich als Begleiter willkommen zu heißen!", erklärte der Händler. "Woher weißt du, wer ich bin?", staunte Mustafa. "Ein kleiner Vogel hat es mir ins Ohr geflüstert", meinte der Händler, der sich dann als Aladin vorstellte.


Kadirs Weg führte zum Hafen. Dort fiel ihm sofort ein prächtiges Segelschiff auf. Der Kapitän des Schiffes winkte Kadir zu sich und fragte ihn, ob er auf dem Schiff anheuern wolle. Kadir überlegte nicht lange und sagte zu. "Freut mich, dich auf meinem Schiff willkommen zu heißen, Prinz Kadir, sagte der Kapitän. "Woher weißt du, wer ich bin?", fragte Kadir überrascht. "Oh, man erfährt so einiges", meinte der Kapitän und sein Blick streifte den kleinen goldschimmernden Vogel, der auf der Reling saß. Dann teilte er Kadir noch mit, dass er Käpten Sindbad war.


Begegnungen


Am dritten Tag der Schiffreise steuerten sie einen Hafen an. Kadir versuchte ein Tau um den Poller am Kai zu schlingen, als er von hinten einen kräftigen Stoß erhielt. Da Kadir nie schwimmen gelernt hatte, dachte er, dass sein letztes Stündchen geschlagen habe. Dann wurde es dunkel um ihn.......
Als er wieder aufwachte, hatte er starke Kopfschmerzen und fühlte sich wie zerschlagen.
Er hörte eine süße Stimme und roch den zarten Duft von Jasmin. Obwohl es in der ärmlichen Fischerhütte, in der er lag, nicht sehr hell war, erkannte er, dass die Frau an seinem Bett wunderschön war. Ihm wurde klar, dass er seine Braut bereits gefunden hatte.
"Mein Name ist Laila", erklärte sie. "Du mußt so schnell wie möglich wieder zu Käpten Sindbads Schiff. Er erwartet dich!"
Ein paar Stunden später, machten Kadir und Laila sich auf zu Sindbads Schiff. Sindbad war hocherfreut, ihn wieder zu sehen. "Mich hat jemand ins Wasser gestoßen", erzählte Kadir dem Kapitän.
"Ich weiß, ich war es der dich gestoßen hat", meinte Sindbad, als ob es das Normalste von der Welt wäre. Kadir schaute ihn empört an. "Ich hätte ertrinken können, warum hast du das getan?" "Keine Angst, ich habe schon dafür gesorgt, dass nichts Schlimmes passiert. Aber du solltest doch Laila kennenlernen und das hat ja auch geklappt!" Mit diesen Worten ließ Sindbad den verdutzten Kadir stehen. Als Kadir sich umschaute, war auch Laila verschwunden.


Mustafa war schon einige Tage mit der Karawane unterwegs, als sie von einer Räuberbande überfallen wurden. Er hatte leider keine Gelegenheit, sich als Held zu erweisen. Zuerst fiel er vom Pferd und dann bekam er auch noch einen Schlag auf den Kopf. Dann wurde es schwarz um ihn.
Er erwachte in einem dunklen Beduinenzelt. Ein leichter Rosenduft hing im Raum und eine sanfte Frauenstimme sprach ihn an. Obwohl es fast dunkel in dem Zelt war, erkannte Mustafa, dass die junge Frau sehr schön war. Auch ihm wurde klar, dass er seine Braut gefunden hatte.
"Ich bin Aishe", stellte sie sich vor. "Wir müssen schnell zu Aladin gehen, die Karawane muss weiterziehen!".
Aishe führte ihn zu der Karawane zurück und schon war sie wieder verschwunden.
Aladin, der Mustafas große Traurigkeit spürte, versprach ihm: "Du wirst sie bald wieder sehen!"


Wiedersehen


Die Karawane und Sindbads Schiff trafen fast zur gleichen Zeit in der großen Handelsstadt ein.
Aladin schickte Mustafa zu dem reichen Kaufmann Ebraihim. Auch Sindbad verwies Kadir an die gleiche
Adresse.

Die Freude der Brüder war sehr groß, als sie sich wieder sahen.
Ebraihim war ein sehr vornehmer und freundlicher Herr.Allerdings wirkte er sehr traurig und bedrückt und konnte anscheinend nicht lachen.
Mustafa und Kadir erzählten sich später von ihren Begegnungen mit Laila und Aishe. Sie waren beide fest entschlossen, diese Mädchen zu heiraten, auch wenn sie sehr arm wären.
"Aber zunächst müssen wir sie mal wieder finden!", sagte Kadir traurig.

Gegen Abend stand Kadir am Fenster seines Zimmers und träumte von Laila. Plötzlich fiel ihm der kleine Vogel auf, der auf dem Fenstersims des Nachbarhauses saß. "Dich kenne ich doch", rief Kadir und streckte seine Hand nach dem Vogel aus. Tatsächlich flog der Vogel zutraulich auf ihn zu. Sobald das Tierchen Kadirs Hand berührte, schien es sich aufzulösen. Dann stand plötzlich Laila vor ihm und streckte die Arme nach ihm aus. Kadir überlegte nicht lange und nahm sie fest in seine Arme. "Ich lasse dich jetzt nicht mehr gehen!", rief er. "Das brauchst du auch nicht", erwiderte sie.
In diesem Moment betrat Mustafa das Zimmer und blieb wie erstarrt stehen. "Aishe?" fragte er fassungslos.
Liebten er und seine Bruder die gleiche Frau?
Die Brüder schauten sich einen Augenblick an,dann meinte Mustafa: "Aishe soll entscheiden, wen von uns sie liebt. Schließlich soll sie ja glücklich werden."
Daraufhin schmiegte sich das Mädchen wieder in Kadirs Arme. "Ich wünsche euch alles Glück der Erde", sagte Mustafa und drehte sich um, weil er das Zimmer verlassen wollte. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, denn nun stand Aishe mit ausgestreckten Armen vor ihm. Mustafa schaute sich nochmal nach seinen Bruder um und sah Kadir in einer engen Umarmung mit ihr. Auf einmal wurde ihm klar, es gab zwei Mädchen, die völlig gleich aussahen

Später erfuhren die Brüder die ganze Geschichte. Aishe und Laila waren Ebraihims Zwillingstöchter. Sie hatten sich immer gut verstanden, bis sie sich in den gleichen Mann verliebten. Sie zerstritten sich immer mehr, obwohl der Mann garnichts von ihnen wissen wollte. Er hatte sich längst in die Zofe der beiden , Eliza, verliebt. Da die beiden aber nicht locker ließen, wandte der Mann sich schließlich an eine Zauberin, die die Mädchen von ihrer unglückseligen Liebe heilen sollte. Leider ging der Zauber aber daneben.
Die Mädchen verwandelten sich in Vögel und nahmen nur ihre wahre Gestalt an, wenn ihre Hilfe gebraucht wurde. Erst die selbstlose Haltung der Brüder erlöste die Zwillinge von diesem Zauber.
Der Kaufmann Ebraihim konnte nun endlich wieder lachen, als er seine Töchter in die Arme schloß. Er freute sich auch sehr über seine prächtigen Schwiegersöhne.


Die Heimkehr


Sultan Syleman war zunächst recht verwirrt, als er die Bräute seiner Söhne sah. Er mußte einsehen, dass es anscheinend keine Lösung gab. Allerdings sahen die beiden Brüder das anders. Sie erklärten ihm, dass sie hofften, dass er noch sehr lange regieren würde und später einmal würden sie sich den Thron teilen.
So geschah es. Der Sultan regierte noch viele Jahre und erfreute sich an seinen zahlreichen Enkelkindern. Sehr viel später, als der Sultan etwas müde geworden war, übernehmen die Brüder die Herrschaft und der Wohlstand und die Zufriedenheit im Land, wurden, wenn überhaupt möglich noch etwas größer.
Ach ja, und wie heißt es so schön: Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch....


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.12.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle, die Märchen aus 1001 Nacht mögen

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