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Kapitel 1.

Wie Tristan das hasste!

Er betrachtete sich im Spiegel. Die braunen Haare waren ordentlich zurückgekemmt, sein Hemd war blütenweiß und in seiner schwarzen Hose waren Bügelfalten. Der Anlass konnte also nur eine Beerdigung, Hochzeit - oder eigentlich ein stinknormaler Tag in seinem Leben sein. Tatsächlich stand wieder ein Essen an. Ein furchtbar wichtiges Essen, mit furchtbar wichtigen Leuten. Auf welches er seinen furchtbar wichtigen Vater begleiten musste, damit dieser mit den anderen furchbar wichtigen Leuten, furchtbar wichtige Sachen besprechen konnte...

Ein tiefe Seufzer bahnte sich den Weg, aus seinem Inneren, über seine Lippen. 

"Alles in Ordnung, junger Herr?", fragte sogleich ein brummender Bass aus dem Hintergrund. Der Mann zu dem er gehörte war Frank, Butler der Familie Morgen, die eines der bedeutensten Großunternehmen des Landes leitete.

Er nahm ein, zur Hose passendes, Jackett von einem Bügel und hielt es Tristan so hin, das er hineinschlüpfen konnte.

"Frank, warum muss ich zu Vaters Veranstaltungen mitgehen? Ist ja nicht so als hätte ich dort irgendetwas zu sagen. Ich werde nur wieder mit elendig vielen Leuten sprechen, die ich nicht kenne und denen genausowenig daran liegt, mich kennen zu lernen, wie mir sie. Ich bin lediglich ein hübsch anzusehendes Aushängeschild für Vaters Unternehmen."

"Noch erscheint es Ihnen vielleicht als sinnlos, doch sie können bereits wertvolle Verbindungen knüpfen für die Zukunft, wenn sie als Oberhaupt dem Morgen-Unternehmen vorsitzen."

Frank hielt zwei verschiedene Krawatten hoch. Furchbare Teile, gestreift, in einmal Grün- und einmal Blautönen. Schon bei dem bloßen Anblick, hatte Tristan das Gefühl, er bekäme keine Luft mehr, als würde sich eine Schlinge um seinen Hals legen. Ja, es fühlte sich an als versuche man ihm ein Halsband umzubinden um ihn seiner Freiheit zu berauben.

Als der Butler das gequälte Gesicht des jungen Mannes sah, schmunzelte er und legte die Krawatten wieder weg, woraufhin ihn Tristan dankbar anlächelte. Ihm war klar, dass er deswegen nachher Ärger mit seinem Vater kriegen würde, doch das juckte ihn in diesem Moment kein bisschen.

Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er sowieso schon spät dran war und vor dem angeklappten Fenster, hörte er bereits die Limousine auf dem Kiesweg vor die Familienvilla vorfahren.

Er Atmete tief durch, warf Frank noch einen letzten augenverdrehenden Blick zu und machte sich auf den Weg.

 

Das Ambiente war toll. Ein Fakt, den Tristan wohl oder übel zugeben musst. Das Essen wurde von irgendeinem steinreichen Bank-Heini veranstaltet, der bei finanziellen Aspekten, der Unternehmungsführung der Morgens, seine Finger im Spiel hatte. Auf jeden Fall ein ziemlich hohes Tier. Die Lokation war ein teures Restaurant, welches für die geschlossene Veranstaltung gemietet war. Es war sehr modern eingerichtet, doch durch die Wintergartenähnlichkeit, hatte es noch etwas anheimelndes ansich. Durch die großen Glasscheiben, sah man auf einen in der Nacht schimmernden See, in dem sich die Sterne spiegelten und die vielen Pflanzen ließen den Ort beinahe tropisch erscheinen. Da hatte er schon schlimmeres erlebt.

Obwohl der eigentliche Anfang ja erst noch kam. Und da - tatsächlich... Mit großen Schritten, bahnte sich ein brünetter Mann mitleren Alters einen Weg durch die Versammelte Menschenmasse und steuerte direkt auf Tristan zu. Trotz seiner äußerst zierlichen Gestalt, hatte er die Ausstrahlung eines Felsens in der Brandung und bewundernde Blicke folgten ihm, wohin er auch ging.

"Wie siehst du nur wieder aus Tristan! Eine Veranstaltung wie diese, erfordert eine Formelle Garderobe, wie oft muss ich dir dass erklären! Ich fürchte, ich muss ein Machtwort mit Frank reden! Nun, sei's drum... Ich muss dir jemanden Vorstellen. Folge mir!"

Das waren seine Worte. Keine nette Begrüßung, kein freundliches Lächeln. Nur Nörgelei und Befehle.  Vom eigenen Vater, könnte man eigentlich ein anderes Verhalten erwarten... Auch wurde nicht nur eine Person vorgestellt sondern zig Personen schüttelten Tristans Hand. Namen wurden genannt und von ihm ebensoschnell wieder vergessen. Gesichter die er sich merken sollten, verblassten schon nach Sekunden zu ungenauen Schatten.

Die ganze Zeit hatte er unentwegt gelächelt, bis er sich im Gesicht ganz verspannt vorkam. Denn man hatte ihm schon seit Kleinkindzeiten eingebläut, das Lächeln immer professionell als Maske zu tragen. Um kurz vor Mitternacht war der Spuk endlich vorbei und er konnte sich erschöpft in die Limousine fallen lassen.

Morgen früh würde er zu einem Brunch eines Geschäftspartners seines Vaters antanzen müssen.

So sah seine Situation aus. Gesellschaftliche Veranstaltungen - tagein, tagaus. Sein Leben wurde schon immer minutiös durchgeplant. Schule, Klavierunterrich, Tennisclub und Besuche auf irgentwelchen Events. Nichts davon hatte er sich selbst ausgesucht, nichts in seinem Leben reizte ihn mehr. Die Zeit hatte ihn abgestumpft, obwohl er gerade erst siebzehn Jahre alt war. Er öffnete die oberen Knöpfe seines Hemdes und Atmete tief ein. Nur ein wenig Aufregung, ein Abenteuer, das war, was er sich sehnlichst wünschte. Einen Blick in eine Welt in der er frei sein Konnte.

Kapitel 2.

 Erschrocken hob Tristan den Kopf. Er war schon leicht weggedöst, als der Motor plötzlich seltsam zu stottern begann und die Limousine stockend und knatternd stehenblieb. Er betätigte den Schalter, mit welchem er die Trennwand, die den Fahrerbereich vom Rest des Gefährts abtrennte, herunterfahren konnte.

"Louis? Gibt es ein Problem?", fragt er den älteren Herren, der als Chauffeur für die Morgens tätig war.

"Sekunde, Junge, ich sehe schnell mal nach."

Mit einem Ächzen erhob er sich und stieg aus. Als er die Motorhaube öffnete, stieg ihm eine Rauchwolke entgegen, die ihn heftig husten ließ und er versuchte mit wedelnden Händen, die Schwaden aus seiner Sicht zu vertreiben.

Auch Tristan war unterdessen ausgestiegen, um dem Alten eventuell Hilfe zu leisten, falls diese erforderlich sein sollte.

"Ich kann nichts erkennenn...", murmelte Louis vor sich hin, während er sich weit über den Wagen beugte.

"Bitte verzeihen Sie junger Mann, aber ich fürchte, dass ist kein Schaden bei dem ich alter Mann etwas ausrichten kann. Vermutlich sollte ich jetzt eine Werkstatt zu Rate ziehen. Haben sie zufälligerweise ein Mobiltelefon dabei?"

Tristan schüttelte den Kopf. Sein Handy hatte er bei seinem schnellen Aufbruch heute abend, in seinem Zimmer vergessen. Das hieß jetzt also, sie mussten irgendwo ein Telefon auftreiben. Innerlich stöhnte er auf. Sie waren irgendwo im Nirgendwo und es war bereits kurz vor ein Uhr. In weniger als sieben Stunden musste er wieder aufstehen und der Weg dauerte schon mit heilem Wagen, noch etwa dreißig Minuten. Was sollten sie denn jetzt tun?

Während er sich den Kopf zerbrach, kam ihre Erlösung direkt auf sie zugebraust.

Ein Motorrad raste an ihnen vorbei, nur um kurz darauf langsamer zu werden, zu wenden und zu ihnen zurück zu fahren. Ein Typ um die zwanzig, nahm seinen Helm vom Kopf und stieg von seinem Bike ab. Er war groß, sehr groß sogar, hatte blonde kurze Haare und grüne Augen. Jemanden wie ihn, würde Tristan gerne mal zeichnen, das wäre tatsächlich ein reines Vergnügen. Hohe Wangenknochen, gaben dem Mann etwas würdevolles und das kantige Kinn ließ ihn verwegen aussehen. Die eeschwungen Lippen verrieten, wie gerne der Neuankömmling lachte und die Augen...

"Hi! Sorry, wenn ich aufdringlich wirke, aber sie sehen aus, als hätten sie ein Problem. Kann ich irgendwie behilflich sein?", fragte der Fremde mit einem freundlichen Lächeln. Es war ein so ehrliches Lächeln, dass Tristan ganz warm wurde. Es unterschied sich so sehr von dem leeren Heben der Mundinkel, dass er den gesamten Abend hatte sehen können und welches die Augen nicht mal erreichte.

Louis erläuterte ihm die Unannähmlichkeiten.

"Ich arbeite in der Autowerkstatt meines Vaters. Lassen Sie mich kurz mal einen Blick darauf werfen?", mit diesen Worten hatte er eine kleine Visitenkarte herausgezogen und sie Tristan überreicht. Darauf stand: Autowerkstatt Lange - Wir reparieren jeden Wagen. Und darunter: Sebastian Lange, sowie die Anschrift der Werktatt, eine E-Mail-Adresse und zwei Telefonnummern. Mit zitterneden - Tristan wusste selbst nicht warum - Fingern, steckte er die Karte in seine Hosentasche.

Während er das Stück Papier angestarrt hatte, hatte Sebastian Lange einenn Blick auf die Limousine geworfen und schien jetzt mit jemandem zu telefonieren. Als er auflegte, drehte er sich zu den anderen beiden um.

"In einer Stunde kann ein Kollege mit einem Abchlepper hier sein, um den Wagen abzuholen."

"Zu gütig von ihnen, junger Mann", sagte Lousi mit überschwänglicher Höflichkeit, die ihm so eigen war.

Dann sah er auf Tristan und wandte sich erneut an den Motorradfahrer.

"Sie haben diese Nacht schon viel für uns getan. Könnte ich sie jedoch trotzdem davon überzeugen, uns noch einen letzten Gefallen zu tun?"

"Nur zu, immer raus mit der Sprache!"

"Mein Junger Herr hier, muss morgen in aller Frühe, bei einem Brunch mit seiner Anwesenheit glänzen. Nötig dafür ist jedoch dass er genug Schlaf bekommt und..."

"Sie fragen mich ob ich ihn nach Hause fahren kann?", mit einem belustigten Blick sieht er erst auf Louis und mustert Tristan danach eingehend. Dieser spürte, wie sich eine verräterische Röte auf sein Gesicht legte - welch ein Glück, dass es ziemlich dunkel war.

"Nun ich denke, dass sollte keine Schwierigkeit darstellen. Kinder brauchen schließlich ausreichend Schlaf, damit sie gut wachsen und gedeihen."

Jetzt schnappte Tristan ein und die Röte, die nun sein Gesicht zierte, rührte von seiner auflodernden Wut her. Mochte ja sein, dass er nicht allzu groß war - war schließlich keiner in seiner Familie - aber das hieß nicht, er sei ein Kleinkind.

"Ich bin schon siebzehn, also pass auf was du sagst. Kann ja nicht jeder so ein Riese sein wie du. Ein Kerl wie ein Baum und Innen genauso hohl", zischte er dem Blonden darum zu.

"Junger Herr...!", empörte sich Louis, aufgrund des ungebührenden Verhalten, dass Tristan an den Tag legte, doch Sebastian lachte nur.

"Ja du scheinst mir ein smartes Kerlchen zu sein! Also fährst du jetzt mit?"

So schnell wie Tristans Wut gekommen war, so schnell verrauchte sie wieder, er war viel zu erschöpft weiter zu protestieren... nun ja, das "Kerlchen" nahm er ihm trotzdem übel.

Dennoch nahm er ihrem Helfer den zweiten Helm ab, den dieser in einer Art Koffer dabei hatte, und schwang sich hinter dem Riesen auf das Motorrad. Eine Weile passierte nichts.

"Nun mach schon! Halte dich fest. Vorher fahre ich nicht los!", forderte ihn Sebastian auf. Tristan verstand nicht.

"Du must deine Arme um meine Hüfte legen, sonst fällst du in der nächsten Kurve runter!"

Wa...? Er sollte was genau tun?! Als er nicht reagierte nahm sein Vorderman seine Arme und legte sie sich um die Hüfte. Tristan wollte schon zurückzucken, doch in diesem Moment fuhren sie mit einem Aufheulen des Motors an. Tristan klammerte sich erschrocken an Sebastians Gürtel fest und presste sich gegen den Rücken vor ihm. Er konnte das Lachen nicht hören, doch Sebastians Rücken bebte. Außerdem konnte er durch das dünne T-Shirt (Sebastian trug seine Lederjacke offen) die gut ausgeprägten Bauchmuskeln spüren, die sich wie bei einem Lachen bewegten. 

Kapitel 3.

Sobald Tristan sich ein wenig entspannt hatte, verging die restliche Fahrt wie im Rausch. Lichter flogen flirrend vorbei und der Fahrtwind umspielte liebkosend seinen Körper. Viel zu schnell war die Fahrt vorbei, in der er sich beinahe schon frei gefühlt hatte, von allem, was schwer auf seinem Herzen lastete.

Doch das Rauschen von Kies und die darauffolgende Stille, vekündeten ihre Ankunft an der Villa. Steifbeinig stieg zuerst Tristan und danach -äußerst elegant- Sebastian ab. Dieser nahm den Helm, den der Jüngere ihm hinhielt entgegen und verstaute ihn wieder. Nachdem das getan war, blieben sie stumm voreinander stehen.

"Du solltest jetzt reingehen", erinnerte Sebastian den Brünetten. Tristan nickte nur, doch aus irgendeinem Grund, wollte er weder im Haus verschwinden, noch den Anderen wegfahren lassen. Plötzlich fühlte er eine große Hand auf seinem Kopf, die ihm durch die braunen Haare wuschelte. Er zuckte leicht zusammen, als Sebastian einen Schritt vortrat, und nah - sehr nah - vor ihm stehen blieb. Er hielt den Atem an, als sein Gegenüber sich zu ihm hinunterbeugte. Dieser hatte einen betörenden Duft nach Schokoplätzchen und Leder, bei dem Tristan der Kopf schwirrte.

"Gute Nacht, Tristan", hauchte ihm der Ältere ins Ohr und sein Mund war so nahe, dass Tristan seinen Atem auf der Haut spüren konnte. Er schauderte.

Als er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, war der Blonde bereits wieder auf sein Bike gestiegen, winkte noch einmal und brauste los. Tristan starrte ihm hinterher, bis er nicht mal mehr die Scheinwerfer sehen konnte.

Noch immer wie betäubt, trat er den Weg in sein Zimmer an. 

 

Wie genau er gestern im Bett gelandet war, konnte er sich nicht mehr erinnern, als er am Morgen von Frank geweckt wurde.

Zum gefühlt einhundertsten mal, ließ er sich die gestrige Nacht durch den Kopf gehen, als er sich hinter zwei kleinen Zwillingsmädchen, etwa sieben jahre alt und in rosa Tüllkleidern, am Buffett anstellte. 

Irgendwie schien es so unglaublich. Schon allein die  Tatsache, dass er mit einem Motorrad gefahren war, hatte er bis jetzt in die Welt des Unwirklichen verbannt. Als er sich daran erinnerte, wie nahe er gestern Sebastian gewesen war, als er sich an diesem festklammerte, schnappte er nach Luft und sein Herzschlag beschleunigte sich. Er erinnerte sich an die gut definierten Bauchmuskeln, die er unter seinen Händen hatte spüren können. Ein Hauch von Rot legte sich über sein Gesicht bei dem gedanken, Sebastian nicht nur zu porträtieren, sondern ein Aktbild von ihm zu malen. Den durchtrainierten Körper in seiner ganzen Pracht und in verführerischen Posen gebannt durch einen Bleistift, geführt von Tristans Hand, auf einen Bogen schneeweißen Papiers.

Tristan zwang sich tief durchzuatmen. Es wäre äußerst peinlich, wenn er hier durch eine Beule in seine Hose auffallen würde. Allein was sein Vater wohl sagen würde...

Das er sich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlte, vermutete Tristan schon seit einer ganzen Weile. Doch hatte er nie Erfahrung auf diesem Gebiet machen können und würde es wohl auch nie, solange er weiterhin ganztägig von seinen Verpflichtungen - beziehungsweise denen seines Vater - in Beschlag genommen wurde.

Höchstwahrscheinlich würde ihm sein Vater irgendwann eine Frau vortellen, die er zu heiraten hatte, für das Wohl des Unternehmens, ungeachtet des Faktes obe er sie liebte oder nicht. Sie würden so lange Kinder in die Welt setzen, bis mindestens ein Junge dabei war und alt in einem Ferienhaus auf Mallorca sterben. Fast hatte Tristan sich schon mit diesem Gedanken abgefunden, doch seit letzter Nacht, wollte er ihm nicht mal mehr annähernd in den Kopf.

"...auch was?" Ein zartes Stimmchen riss ihn zurück in das Hier und Jetzt. Eines der beiden Mädchen hatte sich zu ihm umgedreht und schaute mit großen fragenden Augen zu ihm auf. Dabei hielt sie ihm einen Teller mit hauchdünnen Sandwiches hin. Sie war ein süßes kleines Ding mit braunen Kringellöckchen und strahlend grünen Augen. Diese Augen erinnerten Triastan an jemanden.... Nein! Er schüttelte den Kopf um nicht wieder abzudriften.

"Soll das heißen, du magst kein Sandwich haben?", fragte die Kleine und hielt den Teller noch ein wenig höher.

"Oh...Doch sehr gerne. Vielen Dank", antwortete Tristan schnell und nahm eines der kleinen Leckerbissen. Die Kleine strahlte ihn an. Dann drehte sie sich um und lief, zwischen den Beinen der Erwachsenen hindurch, davon. Gedankenverloren blickte Tristan ihr hinterher und schob sich das Sandwich in den Mund. Mh, lecker!

Als auch er sich umdrehte, erfasste ihn sofort ein Fluchtreflex. Sein Vater kam direkt auf ihn zu und sein Gesicht hatte einen sehr ernsten Ausdruck. Tristan kannte diese Miene - sie bedeutete garantiert nichts gutes...

Kapitel 4.

Das wurde ja wirklich immer besser. Sein Vater hatte nicht nur mal schnell mit ihm sprechen wollen - nein, er hatte es auf ein Gespräch höchster Dringlichkeit und unter vier Augen abgesehen.

Dazu hatte er Tristan in einen der angrenzenden Räume geführt. Er wies auf einen Sessel - ein stummer Befehl an Tristan, sein Hinterteil in ebenjenen zu bewegen. Murrend nahm dieser platz.

Mister Morgen hatte sich einen Stuhl herangezogen und ließ sich gegenüber von seinem Sohn nieder. Allein dieser Umstand, dass er im Sessel saß und sein Vater auf dem klapprigen Stuhl, stimmte Tristan unruhig. Er war sich nun sicher, dass sein Vater irgendetwas von ihm wollte. Deshalb hatte er Tristan die bequeme Position gegeben - hatte irgendwas mit Psychologie zu tun.

"Mein Sohn du weißt, dass wir momentan zu den erfolgreichsten Unternehmen des Landes gehören. Ein Großteil der Wirtschaft wird von uns beeinflusst und kontrolliert. Viele Menschen sind von uns abhängig. Über die jahre haben wir..."

"Komm zum Punkt", unterbrach der Jüngere barsch den Redefluss seines Vaters. Unter normalen Umständen hätte er sich nie getraut, solch einen Ton anzuschlagen, doch er kannte diese Art von Situationen. Es waren die einzigen in seinem Leben, in denen er wenigstens ein wenig Macht besaß. Die Augenbrauen des Älteren zogen sich zusammen, doch seine Stimme blieb ruhig.

"Du kennst das XYZ-Unternehmen, unseren ärgsten Gegner momentan. Es hat sich eine Möglichkeit ergeben, sie ein für alle mal auszustechen - mit deiner Hilfe. Der Erbe dieses Unternehmens ist so alt wie du. Seit kurzem wirbt er um die Tochter des Leiters des ABC-Unternehmens, Nathalie. ABC ist zwar nicht so stark wie wir, doch wenn eine Hochzeit zustande käme, hätte das XYZ-Unternehmen einen Vorteil, der nur über Jahrzehnte hinweg von uns wieder ausgelichen werden könnte."

"Und was habe ich mit dem Ganzen zu tun?" Leider hatte Tristan eine Vermutung, was kommen würde, doch er hoffte inbrünstig, dass er vielleicht falsch lag.

"Ich will, dass du dich einmischst. Das du ebenfalls anfängst zu werben; das du den Sohn von dem XYZ-Unternehmer ausstichst und Nathalie für dich gewinnst. Damit wäre unsere Zukunft gesichert und durch eine Hochzeit in unserem Kreise, würde zudem noch eine Menge Werbung gemacht werden."

Tristans Hände hatten sich verkrampft, sein Atem beschleunigte sich und ein Muskel an seinem Kiefer zuckte. Seine Nasenflügel blähten sich, als er tief einatmete. Ist das sein Ernst?

"Es heißt, Nathalie sei eine wahre Schönheit und mit unglaublicher Intelligenz gesegnet. Es ist eine Win-Win-Situation..."

"Nein!" Das Wort hallte durch den Raum.

"Und wenn sie alle Schönheits- und Buchstabierwettbewerbe der Welt gewonnen hat! Ich will sie nicht! Ich bezweifel sehr, dass ich mit ihr glücklich werde, geschweige denn, dass ich sie glücklich machen kann! Und was dein rivalisierendes Unternehmen angeht - halte mich da raus. Selbst wenn Nathalie den anderen Kerl heiratet, glaube ich kaum, dass es derart drastische Maßnahmen für dich hätte! Hör endlich auf mich zu benutzen! Ich bin kein Reklameschild sondern dein Sohn! Hast du das vergessen?"

Wutschnaubend war Tristan letztendlich explodiert und von seinem Sessel aufgesprungen. Auch sein Vater erhob sich. Sie standen sich auf Augenhöhe gegenüber und funkelten einander zornig an. Keiner der beiden hatte bemerkt, wie ein Kellner den Raum betreten hatte und erst als dieser sich verlegen räusperte, lösten sie den starren Blickkontakt.

"Ähm...Entschuldigen Sie bitte die Unterbrechung", der Mann schien sich gar nicht wohl zu fühlen, verständlich bei der Stimmung, die im Raum lag.

"Ein gewisser Sebastian Lange von der Autowerkstatt Lange ist da, um um Bescheid zu geben, dass der Wagen, der gestern Nacht zu Schaden kam, repariert ist. Weil vergessen wurde, ihre Telefonnumer zu notieren, sagt er persönlich Bescheid. Er erwartet sie am Eingang."

Ohne Tristan noch einen Blick zuzuwerfen, wandte sich dessen Vater ab und maschierte, immer noch ungehalten, durch die Tür zurück in den Raum, in dem die gesamte Gesellschaft versammelt war. Tristan eilte ihm hinterher.

Sebastian! 

Der blonde Riese stand in einer anderen Tür, die in den Raum führte und beobachtete amüsiert die beiden kleinen Zwillingsmädchen, welche zwischen den Leuten fangen spielten, bis ihr Mutter sie zurechtwies.

Als er Tristan und seinen Vater erblickte lächelte er strahlend, so dass seine grünen Augen leuchteten.

"Na noch genug Schlaf bekommen, obwohl du erst lange nach dem Sandmännchen im Bett warst?", raunte er Tristan nach der Begrüßung leise zu und erntete einen Rippenstoß und ein leißes knurren von dem Kleineren.

Mister Morgen studierte unterdessen die Quittung der Reparaturen. Als er fertig war nickte er und erklärte das im Laufe des Tages Louis vorbeikommen würde, um den Wagen abzuholen und die Rechnung zu begleichen.

Danach wandte er sich an seinen Sohn, den Mechaniker neben ihm, hatte er schon wieder vergessen.

"Ich werde dein undankbares Verhalten nicht tolerieren. Du musst auch mal ein paar Dinge für die gemeinsame Sache machen, schließlich bist du mein Erbe. Wir sprechen uns noch - denn mit dir bin ich noch nicht fertig."

"Aber ich mit dir!" rief Tristan jetzt fuchsteufelswild, sodass sich alle Augen auf ihn richteten. Was er als nächstes tat, konnte er selbst nicht fassen. Er schob es auf seinen, durch die Wut derart erhitzten Kopf, bei dem alle Sicherungen durchgebrannt waren.

Er fuhr herum, packte Sebastian, der immer noch neben ihm stand, am Kragen und presste seine Lippen auf die des Blonden. Einige Sekunden hielt er den Kuss, bevor er ihn löste.

Tristan schaute nicht zurück, noch zu Sebastian, als er diesen aus dem Raum zog, hinaus zu dessen Motorad. 

Kapitel 5.

Sie fuhren eine ganze Weile. Schweigend, keiner sagte ein Wort. Alles was zu hören war, war das gleichmäßge Brummen der Maschine, auf der sie saßen, und das Heulen des Fahrtwindes. 

Nach einer halbstündigen Fahrt, bog Sebastian auf einen Parkplatz am Rand der Landstraße ein. Er gehörte zu einer Aussichtsplattform, von der man eine tolle Sicht über einen spiegelglatten See hatte, auf dem weiße, majestätische Schwäne ihre Kreise zogen.

Sie stiegen ab. Sebastian setzte sich auf eine steinernede Bank und hielt sein Gesicht in die Sonne, während Tristan unsicher neben ihm stehen blieb.

Das Schweigen machte ihn wahnsinnig. Obwohl es angesichts der Umstände berechtigt war. Immerhin hatte Tristan Sebastian erst einen Kuss vor Publikum aufgezwungen, um ihn danach zu nötigen, mit ihm auf dem Motorad zu fliehen.  Trotzdem wünschte sich Tristan, der Ältere würde etwas sagen - damit hätte er mehr anfangen können als mit dieser Tonlosigkeit.

Fieberhaft überlegte er, wie er versuchen könnte, Sebastian die Situation zu erklären. Warum dieser in die Sache hineingezogen wurde, warum Tristan ihn geküsste hatte. Aber Tristan hatte zu große Angst, eine dieser Sachen anzusprechen, denn spätestens seit dem Kuss war ihm klar, dass er sein Herz längst an Sebastian verschenkt hatte, an jemanden, der ihm einen Funken Freiheit gezeigt hatte, der ihm hoffnung gab, aus der Tristheit seines bisherigen Lebens ausbrechen zu können.

Er atmete tief ein und aus, um seinen Atem zu beruhigen und schluckte hart bei dem Versuch, den Kloß in seiner Kehle herunterzuwürgen.

"Es tut mir leid...", hauchte er schließlich, doch keine Antwort kam von Sebastien.

"Es tut mir leid...", wiederholte Tristan etwas lauter. "Ich war sehr...aufgewühlt..." Das Atmen fiel ihm wieder schwerer.

"Ein Streit...mit meinem Vater. Es tut mir leid, dass ich dir etwas angetan habe. Tut mir leid, wenn du dich jetzt...angeekelt fühlst..."

Bei dem Wort "angeekelt", fiel die erste Träne. Er konnte sie nicht aufhalten, ebensowenig wie das Zittern, welches seinen gesamten Körper erfasst hatte. Es war einfach so schmerzhaft, Ablehnung zu erfahren, von jemandem, für den er sich gerade erst seiner Gefühle bewusste geworden war. Aber Tristan war ein Mann und Sebastian auch, da war eine Zurückweisung wohl vorprogrammiert. Sebastian konnte jeden haben, wieso sollte er sich für Tristan entscheiden? 

Immer mehr Tränen liefen seine Wangen hinunter, bis er nichts mehr sehen konnte, während er krampfhaft versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken.

 Plötzlich fühlt er ein Hand unter seinem Kinn und ein Taschentuch tupfte ihm die Tränen aus den Augen.

"Wie wärs, wenn du mir die ganze Geschichte von vorne erzählst, damit ich eine Chance habe, alles zu verstehen." Sebastians Stimme klang neutral und ernst, doch seine Hände berührten beinahe zärtlich Tristans Gesicht. Also begann dieser, nachdem er sich etwas beruhigt hatte, zu erzählen. 

Alles.

Von Anfang an.

Wie er nie selbst bestimmen durfte, sein Tagesablauf von seinem Vater bestimmt wurde, er als Werbung für das Unternehmen genutzt wurde, bis hin zu dem Streit, bei dem Brunch.

Sebatian hörte stumm zu und stellte keine Fragen, ließ lediglich seinen Blick auf Tristan ruhen.

"Der Kuss...Du musst ihn nicht ernst nehmen...Du warst einfach nur der, der gerade greifbar war." Es kostete Tristan eine Unmenge an Überwindung, diesen Satz zu sagen, doch er wollte das Sebastian wieder locker war. Er wollte nicht, dass dieser sich von ihm distanzierte und wenn die einzige Möglichkeit dieses zu verhindern war, seine eigenen Gefühle zu verleugnen, so würde er versuchen damit zu leben. Aber er wollte nicht, dass eine Kluft zwischen ihnen bestand.

Deshalb war er überrascht, als Sebastian begann zu sprechen.

"Also war das Ganze nur eine Art Rebellion gegen deinen Vater?"

Tristan nickte leicht.

"Bist du dir da sicher? Deine Tränen sprechen jedoch für etwas anderes. Als würde mehr hinter dem Kuss stecken. Kann es nicht noch mehr bedeuten?"

Tristan schüttelte zögerlich den Kopf.

"Das ist schade. Ich dachte, ich könnte mir vielleicht Hoffnungen machen. Aber wie es scheint, war das alles tatsächlich nichts anderes als eine Rebellion." Sebastian lächelte enttäuscht.

Mit jedem Wort waren Tristans Augen größer geworden. In seinem Kopf wirbelten Gedankenfetzen.

Noch einen Moment sah ihn der Blonde aufmerksam an, bevor er ernüchtert die Schultern zuckte und Anstalten machte, sich abzuwenden. Doch bevor das passierte, hielt Tristan ihn am Ärmel fest.

"Was...?", war das einzige Wort zu dem er fähig war.

Der Ältere Seufzte.

"Ich habe mich schon gesten Nacht in dich vernarrt. Sonst hätte ich wahrscheinlich nicht angehalten, um dir und Louis zu helfen. Aber du warst so niedlich, wie du da mit nachdenklich gerunzelter Stirn auf der Straße gestanden hast." Erneutes Achselzucken seinerseits.

"Nach dem Kuss heute dachte ich, dass es dir vielleicht ähnlich geht und vielleicht..."

"Küss mich!" Tristan wagte es nicht den Blick zu heben, als er das sagte. Einen Moment tat sich nichts.

Dann wandte sich Sebastian wieder ganz um und hob das Kinn des Brünetten. Die grünen Augen blickten eindringlich in die Blauen, als die beiden Gesichter sich näher kamen.

Sobald sich die Lippen der beiden trafen, entkam Tristan ein erlöster Schluchzer. Sebastians Lippen waren weich und warm, wie sie so zärtlich die seinen berührten. Aber es war ihm noch nicht genug und der Größere war offesichtlich der selben Ansicht, denn sobald Tristan die Lippen einen Spalt weit öffnete, schob er ihm die Zunge dazwischen, um den Mund des Anderen zu erkunden. Der Kuss wurde intensiver und ein heftiges Zungenspiel folgte. Daraufhin wurden die Berührungen wieder sanfter und als sich die Lippen voneinander lösten, ruhte Sebastians Blick so liebevoll auf Tristan, dass ihm im gesamten Körper ein warmes Kribbeln erfüllte.

Kapitel 6.

Tristan lag in seinem Bett und konnte nicht einschlafen. Wie auch, bei den Ereignissen des letzten Tages?

Sebastian mochte ihn. Auf diese besondere Art. Vielleicht liebte er ihn sogar. Tristan hatte ihm alles über sich erzählt, so offen war er noch nie zu einer anderen Person gewesen

Erneut wälzte er sich in den Laken herum und als er schließlich den Entschluss gefasst hatte, noch etwas zu zeichen - an Schlaf war sowieso  nicht zu denken - hörte er ein seltsames Geräusch. Er lauschte in die Dunkelheit.

Da! - Da war es wieder! Es hörte sich an... Ja, es hörte sich an, als stünde irgendwer unten auf dem Hof und warf mit den Kieselsteinen der Auffahrt gegen sein Fenster. Und tatsächlich - Sebastian grinste ihm entgegen, als er das Fenster öffnete und sich hinaus beugte. 

"Hey, hast du was gegen Mitternachtsbesuche?", flüsterte Sebastian zu ihm hoch.

Tristan grinste nur und schüttelte den Kopf. Dann sagte er Sebastian, er solle zum Dienstboteneingang kommen.

Als Sebastian in seinem Zimmer ankam, schlang Tristan ihm die Arme um den Hals und küsste ihn zärtlich, worauf der Neuankömmling nur allzugern einging. Sobald sie sich von einander lösten, und sich ansahen, musste Tristan kichern.

"Das ist wie im Film."

"Nicht ganz!", widersprach der Blonde.

"Nur waren leider keine Rosenranken unter deinem Fenster, an denen ich hätte hinaufklettern können", witzelte er weiter.

Erneut küsste er den Kleineren, diesmal leidenschaftlicher. Er schob die Hand unter das weite T-Shirt welches der Tristan trug und dieser wimmerte unter der Berührung auf. Noch nie hatte er etwas Vergleichbares erlebt.

Schließlich zog ihm Sebastian das komplette T-Shirt aus, worauf dessen Jacke und Hemd folgten. Sie schmiegten sich mit nacktem Oberkörper aneinander, genossen das Gefühl von warmer Haut die aufeinander lag und lauschten ihren rasenden Herzen.

Der Größere packte schließlich Tristans Hüfte fester und begann, die eigene an ihr zu reiben, während er Tristans Nacken mit unzähligen kleinen Küssen übersähte. Ein Stöhenen entfuhr dem Brünetten daraufhin und auch er drängte sich enger an den anderen Körper.

Wie sie auf dem großen Bett gelandet waren, geschweige denn, wo ihre Hosen beziehungsweise Unterwäsche hin waren, konnte Tristan nicht rekonstruieren. Alles was zählte war der warme Körper über ihm, der Seinen tief in die weichen Kissen drückte und die Lippen, die ihm am ganzen Körper liebkosten.

Sebastian war in der Lage im Töne zu entlocken, von denen er nicht einmal gewusst hatte, dass sie in ihm steckten.

Doch er wollte nicht die ganze Zeit untätig daliegen. Langsam strich er mit den Händen über den muskolösen Rücken. Eine Gänsehaut überlief Sebastians Körper und er schauderte. Dadurch ermutigt, fuhr Tristan mit den Händen immer tiefer, bis er die Errektion des Blonden erreichte. Vorsichtig strich er darüber und Sebastian stöhnte in ihren Kuss. Daraufhin packte der Kleine etwas fester zu und ließ den harten Schaft durch seine Faust gleiten. Auch Sebastian hatte unterdessen bei ihm Hand angelegt. Immer häufiger erklang ein Stöhnen in dem Raum, derweil sie sich zum Höhepunkt vorarbeiteten. 

Als sie beide gleichzeitig in der Hand des jeweils anderen kamen, wurden ihre Lustschreie nur durch ihren Kuss leicht gedämpft.

Erschöpft ließ sich Tristan, der sich in Lust aufgebäumt hatte, zurück in die Kissen sinken. Sebastian begann sein Gesicht mit kleinen hauchzarten Küssen zu bedecken. Dann legte er sich neben ihn und zog ihn in seine starken Arme. Leicht verunsichert schaute der Brünette zu ihm auf. War das alles?

"Willst du nicht...?"

Sebastian schaffte es, gleichzeitig den Kopf zu schütteln und zu nicken.

"Wollen schon. Aber das hier reicht für heute. Lass es uns langsam angehen."

Tristan schmiegte sich erleichtert an seine Brust. Schon bald war das einzige Geräusch im Zimmer, nur noch das regelmäßige Atmen zweier Schlafender.

 

Am nächsten Morgen, wurde das schlafende Paar von Trubel im Haus geweckt. Scheinbar hatte Mister Morgen das Bedürfnis, seinen Sohn schon in aller Hergottsfrühe zu sehen. Triastans und Sebastians Schlaftrunkenheit, wich schlagartig der Erschrockenheit. Beide jungen Männer waren nackt und ihre Klamotten lagen verstreut im Zimmer. Noch bevor ihnen etwas einfallen konnte, wurde auch schon die Tür geöffnet.

"Junger Herr, es ist Zeit..."

Frank war verstummt. Innerhalb eines Wimpernschlags hatte er die Situation erfasst. Doch entgegen aller Erwartungen lächelte er nur leicht, anstatt sich in irgendeiner Art aufzuregen. Dann hörte man im Hintergrund, wie Schritte die alte Holztreppe emporpolterten und die schimpfende Stimme Mister Morgens.

Glücklicherweise handelte der Butler nun blitzschnell. Er trat aus dem Raum und schloss die Tür.

"Was soll das Frank? Lass mich sofort hinein!", entrüstete sich Tristans Vater vor der Tür.

"Entschuldigen Sie, Sir, aber der junge Herr scheint diesen Morgen nicht wohlauf zu sein. Ich fürchte es ist die Grippe, die momentan umgeht."

"Wer schert sich hier bitte einen Scheißdreck um die Grippe!", zeterte Mister Morgen weiter.

"Verzeihen Sie, Sir, doch ich kann nicht verantworten, dass sie diesen Raum gegenwärtig betreten. Wenn es nun irgendetwas ansteckendes ist! Sie dürfen in dieser Hinsicht kein Risiko eingehen. Später, sobald ein Arzt sich ihren Sohn angesehen und sein okay gegeben hat, dürfen sie ihn gerne besuchen."

Scheinbar schien dies dem immer noch grummelnden Hausherren einzuleuchten, zumindest enfernten sich die Schritte wieder.

Erleichtert atmeten Tristan und Sebastian durch.

Dann öffnete sich die Tür noch einmal. Es war Frank, der mit einer Geste andeutete, dass die Luft nun rein war. Danach wandte er sich zuvorkommend an Sebastian, um ihn zu fragen, ob er - zu Frühstück am Bett - Kaffee oder Tee bevorzugte.

 

***

 

Zwei Jahre ist das nun schon her. Das Unternehmen hat trotz allem einen Aufschwung gehabt, da die Schlagzeile des "Erben vom anderen Ufer" ihre Runde machte. Nicht gerade die Werbung, die sich Mister Morgen vorgestellt hatte, aber der Effekt war der gleiche. Die Unternehmensführung überlässt Tristans Vater später einem seiner Neffen. Auch um das XYZ-Unternehmen muss er sich keine Sorgen machen, denn Nathalie hatte nach Tristans Outing, auch endlich den Mut gehabt, sich zu ihrer sexuellen Neigung zu bekennen und die Hochzeit war geplatzt. Unterdessen studiert Tristan Kunst an der Universität und macht den Motorradführerschein. Sebastian hat die Werkstatt seines Vaters übernommen und spielt gelegentlich Model für Tristans Skizzen. Obwohl sie in ihrer eigenen Wohnung wohnen, sind sie häufig in der Morgen-Villa zu Gast, um Frank, ihren engsten Freund, zu besuchen.

 

Ende

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Tag der Veröffentlichung: 29.01.2015

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