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Vorwort

Das vorliegende sechste Buch von André Ekama bringt den Lesern im Spiegel einer Selbstreflexion über seine Wahrnehmung afrikanische Werte näher, wenn sie schon selbst dort gewesen waren oder die Nähe zu den Afrikanern richtig suchen, ihnen begegnen und sich bemühen, die kulturellen Unterschiede zu überwinden, aber dennoch diese akzeptieren.

Fast drei Jahren sind nun vergangen, als ich mich mit Bücherschreiben intensiv befasst habe und damit meine Leidenschaft in jungen Jahren mit Ehrgeiz wieder auf­leben ließ. Als ob ich von der Seele diktiert wurde, schrieb ich unzählige Seiten über Nacht und brachte sie in meinem Schreibstil, mit viel Humor und trotzdem auf verständliche Weise für meine Leser zu Papier. Ich bereitete meine Texte in aller Ruhe vor und begab mich auf die Suche nach Verlegern. Die ersten Briefe schreckten mich durch die hohen Kosten ab, die eine Veröffentlichung mit sich brachten. Trotzdem wollte ich mein erstes Buch veröffentlichen und es den Menschen präsentieren, so wie ein Baby, das auf die Welt kommt und von allen begehrt wird.

Bei einem Buch kann es auch mal unterschiedliche Auffassungen geben und als Autor muss ich mit der Kritik richtig umzugehen wissen. So ging es hin und her, bis ich endlich einen guten Verlag gefunden hatte, der mit mir das Buchprojekt einging und mir endlich etwas produzierte, das mein Regal und das von anderen Menschen füllen sollte.

Die Leser interessiert es, was alles so drin stand und hinterfragten das Warum, weshalb meine Gedanken so in die Tiefe gegangen sind, so, als ob ich ein „unzufriedener Mensch“ wäre.

Die Suche nach meinen Gründen überließ ich einem jeden selbst, ebenso sich über mich ein Urteil zu bilden. Mehr noch fand ich es aber angebracht, sich eine Meinung über mein Buch zu bilden. Darum ging es schließlich und von dort müsste der Dialog ausgehen, von den Protagonisten, die ich oft so gewählt habe, um die Realität abzubilden. Alle, die mir begegneten, erzählten mir von ähnlichen Erfahrungen bzw. Eindrücken, die sie selbst gesammelt haben. Im Laufe der Zeit wollte ich einfach nur weg, um mir andere Meinungen, andere Blickrichtungen anzuhören.

Willkürlich fuhr ich von Norden nach Süden und bekam den gleichen Wandel zu spüren, zum Teil auch zu hören. Manche erzählten mir, dass sie lieber die Ruhe an Afrikanern schätzten, während ich die Ordnung hier bewunderte und diese gerne in meinem alltäglichen Tun so hinkriegen wollte.

Auf Literaturtournee

Die Mannheimer Cafés haben schon ihre Rolle gespielt, dass ich mit dem Schreiben angefangen habe. Ich wollte einmal dort vorlesen und mich im Anschluss an meine Lesung mit den Leuten unterhalten. Auf dem Marktplatz war mein Lieblingscafé. Dort, so dachte ich, könnte ich den Betreiber Reinhardt auf mein Vorhaben ansprechen und ihn fragen, ob er mir dafür sein Café zur Verfügung stellen würde. Reinhardt antwortete mir, dass dies kein Problem sei. „Du kannst uns ja mit Deinem Afrika hier die Wärme in den Raum bringen! Wir haben oft solche Abende, wo keiner reinkommt und wir dasitzen und bis zum Ende warten“, sagte er. „Wie soll der Leseabend ablaufen? Sollen die Gäste nur dasitzen und zuhören oder sollen sie auch Fragen stellen können?“, fragte er weiter.

Natürlich wollte ich nicht als Oberlehrer dastehen, sondern aus meiner Sicht erzählen und das Publikum aus seiner Sicht mir dann seine Eindrücke mitteilen. Reinhardt stimmte zu und wir einigten uns auf einen Freitag. Wie schnell dieser Abend dann kam. Im Café Flo Flo saß ein Dutzend Leute, und als ich hereinkam, waren alle Gesichter auf mich gerichtet. Eine Dame sagte: „Das ist der Autor, der uns heute Afrika näher bringen wird. Und ihre Freundin antwortete: „Wieso, er wird seine Lebensweise schildern und wir werden ihm unsere auch zeigen.

Am Ende bleibt eine Botschaft zurück, die jeder mitnehmen kann.“ Sie hatte ihrer Freundin den wirklichen Sinn von Lesungen aufgezeigt und so war es dann auf all meinen Stationen, wo ich zu Gast war.

Mit dem Zug fuhr ich um ca. 18 Uhr nach Stuttgart und hatte dort eine Lesung „Im alten Feuerwehrhaus“ gegen 19 Uhr. Ich kam von Heidelberg und der IC, den ich zuerst um 18.05 Uhr nehmen wollte, hatte Verspätung. Jetzt stand ich da und überlegte, wie ich dem Veranstalter meine Verspätung erklären sollte. Ich rief ihn an und sagte, dass ich noch etwas länger brauchen würde. Dieser reagierte geschockt und schrie aufgeregt ins Telefon: „Was heißt das? Die Leute sitzen schon hier und werden nicht ewig warten wollen. Bitte beeilen Sie sich.“

Ich würde mein Möglichstes tun, versprach ich ihm. Nach einer halben Stunde kam endlich der verspätete Zug. Wir stiegen alle ein. Am Bahnhof Stuttgart trafen wir dann auf eine große Menschenmenge. Ich suchte zielstrebig den Weg zum Taxistand. Ein Taxifahrer öffnete mir die Tür und fuhr mich in das „alte Feuerwehrhaus“. Dort angekommen, wartete bereits das Publikum in dem Raum. Sie hatten alle Geduld mitgebracht und gaben mir zu verstehen, dass sie locker mit der Zeit umgingen. Ohne noch eine Sekunde zu zögern, holte ich meine Bücher aus dem Koffer und verteilte sie alle auf dem Tisch. Die Teilnehmer, die an einem runden Tisch gesessen hatten, verfolgten gespannt meine Lesung. Es herrschte Stille. Sie bewunderten, wie ich mich ausdrückte oder mit meiner Mimik die Betonung auf eine Situation einer Figur im Buch schilderte. Nach knapp 20 Minuten war ich mit meiner Lesung fertig. Danach folgte die Diskussion. Für mich war dieser Teil immer der interessanteste, denn ich bekam von den anderen zu hören, wie sie im Zusammenhang mit den vorgelesenen Geschichten ihre eigenen Erfahrungen reflektierten. Manche hatten Ähnliches wie die Protagonisten im Buch erlebt, erfahren oder sogar noch schlimmere Situationen. Nach der Lesung blieben wir noch eine Weile und hörten uns im großen Saal das nächste Musikspektakel an. Die Cora-Spieler waren diesmal junge Deutsche, die in Gambia dieses Instrument erlernt hatten. Sie beherrschten es und faszinierten uns. Sie spielten wie die Griotkinder in den Nächten an den Straßen von Pikine, einem Vorort von Dakar. Nach Stuttgart sollte mein nächster Lesungstermin in Bonn stattfinden. Diesmal war die Lesung in einem noch größeren Rahmen geplant. Das Haus der deutschen Geschichte öffnete seinen Hörsaal zahlreichen jungen Migrantenautoren. Die Veranstaltung hieß „Buch­messe für die Migration“. Ich freute mir riesig, dazuzugehören und dort meine bereits erschienenen zwei Bücher vorzustellen. Ich las aus meinem ersten Buch vor und wählte die Geschichte von einem Afrikaner, der es vom Gastronom zum Bürgermeister in der Gemeinde „Wamsbuk“ gebracht hatte, aus. Alle hörten meinem Monolog etwa eine halbe Stunde gespannt zu, wie ich die Zeilen durchwühlte und die Geschichte so lebendiger in der Betonung und oft mit den Hypotaxen, die eingebaut waren, vorlas.

Als ich meine Lesung beendet hatte, trank ich einen Schluck Wasser und wartete wie die Autoren vor mir auch auf die Kommentare und Kritiken aus dem Saal. Ein älterer Herr erhob sich vom Platz und fragte mich: „Wo liegt eigentlich Wamsbuk? Ich kenne keinen Ort, wo wir einen Dunkelhäutigen als Bürgermeister haben. Welch eine Sensation, wenn dies wirklich einmal der Fall wäre!“

Er hatte Recht. Aber ich als Autor schrieb doch nur, weil es das Unvollkommene noch gab. Ich schrieb doch, weil ich die Gesellschaft zum Umdenken bewegen wollte. Warum sollte ich meine Schreiblust dem Normalen widmen?, fragte ich.

Alle nickten. Also, es ist alles fiktiv. Wir wünschten uns doch alle, dass es einmal so wird. Wir wollen die Veränderung, reagierten alle auf einmal wie im Chor.

Ich fand dies sehr positiv. Von den Menschen kommt jede nur erdenkliche Sinnesrichtung hervor. Kein Denkanstoß wäre vom Himmel gekommen.

Meine nächste Lesestation war in einem Friseursalon. Zum Tag der Kunst in Wuppertal gab ich mir die Ehre, einmal dort hinzugehen, wo die Menschen ihre Köpfe zur Pflege auf Zeit hingaben. Ein Friseursalon als Ort der Gedankeninszenierung oder wo jeder im Kopf seine Gedanken ordnete? Alles konnte sein. Ich kam und las vor Menschen, die nicht wegen ihres Haarschnitts vor dem Spiegel saßen, sondern mehr, um sich Geschichten anzuhören.

Meine nächste Lesung folgte in einer Galerie. Ich war von der Atmosphäre in diesem Raum beeindruckt, als ich sah, wie jedes sortierte Bild auf meine Texte zugeschnitten war. „So einen Zufall kann es doch gar nicht geben“, sagte ich der Galeriebetreiberin. Sie lächelte und sagte mir: „Wissen Sie, ich habe Ihr Buch einstudiert und dann zu jeder Geschichte Ihres Buches ein entsprechendes Bild an die Wand hängen lassen. Ich wollte, dass Sie heute Abend den Raum durch Ihre Texte wie der Duft der Blätter einen Hauch der Hoffnung auf dem Glanz dieser Gemälde ausstrahlen lassen.

Sie war in Gedanken vertieft, während ich eine tolle Widmung in das Buch schrieb.

Wir hatten uns zum ersten Mal getroffen, aber vertraut waren wir uns schon lange durch die E-Mails, die uns verbanden. Schon zu der Zeit, als die Galeristin noch im Ausland arbeitete, schätzte sie meine Texte, da sie die gleiche Erfahrung an dem Ort, wo sie war, selbst machte.

Umso faszinierender fand sie die Widmung, die ich ihr geschrieben hatte. Diese formulierte ich in Englisch, weil ich mir dachte, sie würde sie zumindest den Leuten in Argentinien zum Lesen zeigen, auch wenn sie das Buch auf Deutsch nicht lesen könnten.

Der Text sagte mehr aus:

I am proud to meet you soon and will admire you by the first time.

I will let my dream falling on the rocket and smile in your shinny eyes a flavour of warms as a candle of excites.

Am nächsten Tag schickte ich ihr das Buch per Post.

Eine weitere Lesung war geplant. Diesmal sollte sie am Stadtpark von Zwingenberg stattfinden. Ich bekam zwar die Einladung erst verspätet, begab mich aber dennoch dorthin.

Als mich die Moderatorin ankündigte, waren die interessierten Besucher sehr gespannt, was ich ihnen vorlesen würde. Es war nicht immer ganz einfach, spontan einen passenden Text zu finden, wenn man die verschiedenen Menschen und ihre Affinität nicht kannte.

Wieder rief mich eine Veranstalterin an. Sie hatte eine tolle Telefonstimme. „Hello, sind Sie Mr. E.? Wir laden Sie zu unserem Africa-Programm ein.“

„Wo findet es statt?“, fragte ich. Meine letzte Station war in Bonn und freute mich, diesmal eine neue Stadt kennenzulernen. Sie antwortete: „Im Ruhrgebiet. Und Sie werden ein tolles Programm mit Musik und Tanz erleben.“

Ich fragte sie, ob die Menschen, die sie erwartete, alle Afrikaner wären.

„Unser Publikum ist gemischt. Zum 5. Mal machen wir diese Veranstaltung und haben gute Erfahrungen damit gemacht“, erwiderte sie.

Ich war sehr erfreut und sagte meine Teilnahme zu.

Ich fuhr dann zwei Wochen später nach Krefeld. Ich hörte schon vom Bahnhof aus die tolle Musik aus dem Kongo, und draußen sah ich einige Afrikaner mit ihren Bubus und ich folgte ihnen. Denn ich ahnte schon, wohin sie gehen würden.

Wir erreichten alle den Marktplatz. Eine Open-Air-Ver­anstaltung mit einer riesig großen Bühne war zu sehen. Eine Dame kam auf mich zu, grüßte mich und stellte sich vor: „Hello, Herr E. Sie haben mit mir telefoniert. Ich bin die Koordinatorin der Veranstaltung und ich heiße Sie herzlich willkommen.“

Ich danke ihr, dass sie mich für ein so großes Event eingeplant hatte.

Anschließend zeigte sie mir das Zelt, wo meine Lesung stattfinden sollte.

Im Inneren saßen einige Besucher, die sich unterhielten. Ich legte meine Bücher auf dem Tisch und nahm Platz auf einem Sofa.

Jeder, der hereinkam, stand vor dem Tisch mit den Büchern und blätterte das Buch durch. Viele Interessierte waren Frauen und sie erzählten mir, dass sie entweder mit einem Afrikaner zusammenlebten oder sich schon in Afrika aufgehalten hatten.

„Die Diskussion wird interessant werden“, äußerte eine Besucherin, die mich um ein Autogramm bat.

Die Moderatorin trat ein und gab mir ein Zeichen, dass wir bald beginnen würden. Alle nahmen Platz. Sie eröffnete mit einer kurzen Rede die Lesung. Sie stellte mich den Teilnehmern vor und übergab mir das Mikro.

Im Zelt konnten nur 30 Leute Platz finden, draußen aber waren Boxen angebracht, so dass uns alle zuhören konnten.

Ich las einen Text vor und als ich fertig war, stellten mir die Anwesenden Fragen.

Meine Erzählung ging um einen jungen Arbeitslosen aus dem Kongo, der keinen Job als Parkettleger fand, obwohl er viel Berufserfahrung hatte.

Ich hörte einige im Zelt sagen: Es kann doch nicht sein, dass junge Menschen so wenig Perspektiven haben. Die Chancen müssten ihnen gegeben werden, erwiderte ich in meinem Kommentar. Alle klatschten. Eine Dame erhob sich und sagte: „Sie haben diesen jungen Arbeitslosen erwähnt. Er ist zwar Afrikaner, aber lassen Sie mich eines sagen. Auch hier haben die Jugendlichen im Moment wenig Perspektiven.“

Ich hatte nicht die Absicht, meinen Text auf die Hautfarbe zu beschränken. „Warum haben Sie sein Herkunftsland hervorgehoben?“, fragte sie noch. „Nein, die Arbeitslosigkeit ist für alle zu betrachten“, meinte sie. „Einen schwarzen Arbeitslosen trifft es eben schwerer“, antworten die anderen in dem Zelt. Sie fügten hinzu, dass solchen Menschen wirklich geholfen werden müsste, damit sie in der Gesellschaft wieder Fuß fassen. Einige versinken im Alkoholkonsum, weil sie mit sich selbst nicht mehr zurechtkommen. „Es ist schrecklich“, sagte eine Frau, die ein Café besuchte, wo die meisten Migranten ihre Probleme schilderten und so unfassbar, wie es auch klingen mag, diese schwarzen Männer behielten ihre Fröhlichkeit.

Für diese Frau war diese Haltung schon vorbildlich. Sie erwiderte noch: „Wo wir hier schon eine psychologische Beratung aufsuchen, gehen diese Menschen mit ihren Sorgen mit Humor um. Ich könnte viele Geschichten darüber erzählen.“

Die Diskussion nahm kein Ende. Für mich als Autor war dies der spannende Teil in jeder Lesung, wo die Menschen sich öffneten und mir nahe kamen, obwohl sie vielleicht am Anfang aus Berührungsängsten ihre Scheu verdeckten.

In einem weiteren Beitrag schilderte eine andere Dame im Publikum weinend ihre Eindrücke:

Ich merkte – wenn die Leute wirklich traurig oder fertig oder sonst zerknirscht sind, können wir es so lieb meinen, wie wir wollen – es fehlt uns einfach für diese Mentalität etwas Entscheidendes: die Kraft, um doch ein falsches Wort auszusprechen. Das kann Dinge auslösen wie eine Lawine. Nein! Ich glaube, das Gespräch ist die Therapie.

Man kommt durch Gespräche ins Reine mit sich selbst. Ich versuche die anderen Menschen zu begleiten und Sie besser zu verstehen. Nur wissen, um zu wissen, ist nicht mein Hauptziel. Mich interessieren die einfachen Dinge, die oft nicht leicht übertragbar sind.

Hier verkümmern leider viele Instinkte!

Für mich wissen Afrikaner, was schön ist.

Ich begegne ihnen mit Charme und Liebe und sie mir mit Wärme.“

Ich war berührt, wie die Dame in ihrem Umgang mit Menschen anderer Herkunft deren Werte schätzte, ohne sie ständig zu belehren, wie sie sich hier zu verhalten hätten.

Alle klatschten, als sie fertig war.

Eine weitere Einladung lag in meinem Briefkasten. Ich öffnete den Brief und las:

„Lieber A., hättest Du Samstag in zwei Wochen Zeit, bei uns vorzulesen? Wir sind ein kleines Restaurant in Ravensburg mit afrikanischem Ambiente und wir würden uns freuen, Dich an diesem Abend unseren netten Gästen vorzustellen. Im Anschluss bereiten wir für das leibliche Wohl Couscous mit geräuchertem Fleisch in Gemüse zu …

Lieber Gruß, Daniela.“

Tja, lächelte ich zuerst, wie locker die Dame mir schrieb, obwohl wir uns doch gar nicht kannten. Sie duzte mich gleich und wählte in ihrem Schreibstil einfache Sätze, als ob sie einen vor sich hatte, der kein Deutsch oder nur gebrochenes Deutsch sprach.

Ich bin auch nicht kompliziert in meiner Art. Ich entschied mich, statt ihr zurückzuschreiben, sie einfach anzurufen. Am Abend rief ich an. Und sie war so spontan, wie ich sie mir schon durch ihren Brief vorgestellt hatte.

Hallo A., danke, dass Du dich meldest. Dein Buch stößt auch bei uns auf großes Interesse, da wir ein internationales Lokal eröffnet haben und wir nicht nur die Bäuche unserer Gäste vollstopfen, sondern auch ihre Köpfe ein Stückweit erweitern wollen.

Ich schmeichelte und fügte hinzu: „So sollte es auch sein, Körper und Seele füttern.“

Sie lachte und hustete dabei. Ich bedankte mich und versprach, mein Bestes an dem Abend zu geben.

„Na, kein Stress! Komm einfach und sei locker. Ihr seid doch von Natur aus alle Scherzkekse!“, sagte sie zu mir.

Ich kam dann an dem Abend, las vor und aß anschließend etwas Köstliches. Den größten Eindruck hinterließ bei mir aber die gesamte Atmosphäre in diesem Lokal. Es war eine Mischung aus Ordnung auf der einen Seite und Unordnung, Leichtigkeit auf der anderen Seite. Vielleicht hatte Daniela ihre Gründe, weshalb sie die Kochbananen statt in einem Regal wie ihre Weinflaschen in einen Korb auf dem Boden gelegt hatte.

Ich sah tatsächlich viele Nationalitäten, die ein und ausgingen und mit ihr einen Smalltalk führten. Alle waren fröhlich am Ende des Gesprächs mit Daniela. Oft gab sie ein Küsschen oder einen Klaps auf die Schulter.

Ich glaube, die Lockerheit, die Daniela besaß, kam bestimmt durch die Nähe, die sie nach so vielen Jahren mit Afrikanern entwickelt hatte. Sie konnte sich bestimmt nicht mehr ändern. Ich näherte mich ihr und schmeichelte: „Du, Daniela, Du scheinst für mich mehr afrikanische Manieren zu besitzen als ich, haha!“

Sie antwortete freudig: „Danke, ich bin eine Afrikanerin, mein Lieber, … geworden. Seitdem ich mit einem Afrikaner in Kenia gelebt hatte und mit ihm zehn Jahre lang zusammen durch das Land gezogen bin, habe ich gelernt, wie das Leben anderer sein könnte. Die Menschen dort im Dorf, wo ich als Entwicklungshelferin arbeitete, hatten nichts Materielles, aber ich bewunderte ihre Leichtigkeit und ihre Besonnenheit. Dies will ich meinen Mitmenschen hier im Rubensweg zurückgeben. Alles wird gut.“

Daniela erzählte mir, wie sie hier anfing und wie sie ihr Lokal mit afrikanischer Seele füllte. Ich fragte sie, wie das Zusammenleben eigentlich zwischen Deutschen und Afrikanern in dieser Kleinstadt am Bodensee ablief.

Sie antwortete: „Es wird immer besser!“

„Mit Menschen wie Dir, die die Leute zusammenbringen, könne es nur besser werden“, sagte ich ihr. Sie stellte mir ihre Freundin Lucie vor, die genauso wie sie eine lockere Art besaß und viel lachte. Sie reagierte ebenso mit Ironie:

Vielleicht hast du recht und alles ist für sie so normal und gewohnt – wir kennen das, viele reden und drehen sich im Kreis – es kommt mir manchmal so uneffektiv vor. So, als müsste man beim Reden zu einem Plan oder Ergebnis kommen. Aber das genau mögen sie nicht: Hier guckt man auf die Tasche. Ist die dick, dann toll, wenn nee, dann viel Spaß!

Es ist traurig, aber wahr mit der Tasche, die als Basis im Norden zählt.

Viele erzählen mir ihre Geschichten, wie sie leiden.

Es stecken viele interessante Weisheiten dahinter, was wir hier nicht so kennen und man braucht sooo viel Kraft, weil es sich immer wiederholt.

Oft kommt es mir vor, dass weil sie keine Bildung haben, es ihr Leben schwer macht.

Ich find es nur so ungerecht, dass Personen mit wenig Bildung hier wie doof und immer als Looser dastehen müssen.

Die Chancen sind anders verteilt.

Dabei beherrschen sie tolle Fähigkeiten, die hier nix zählen oder die keiner je kennenlernt …“

Mit Lucie über die Weltnöte zu sprechen, war immer mit Traurigkeit verbunden. Am besten wäre es, sie würde ihre Koffer packen und in die Orte fahren, wo es den Menschen gerade nicht gut geht und dort weiterleben.

In Dakar, November 2008

Dass mein Werk auch in Übersee Aufmerksamkeit und Interesse weckte, war eine große Genugtuung für mich. Meine bisher veröffentlichten Bücher seien eine Art Brücke, so bezeichneten es ein Vielzahl der Leser und auch die Zeitungsartikel, die darüber berichtet hatten und die Themen analysierten. Es waren zwar erfundene Namen von Charakteren, aber die Schicksale, die ich schilderte, waren real und auch in den Herzen verankert bei denjenigen Migranten, die vielleicht ähnliche Wege gegangen waren.

Als Autor ließ ich auch meiner Fantasie freien Lauf, aber die Geschichten muten so an, dass man sich immer wieder fragt, ob es denn tatsächlich so passiert ist. Oft kommt die Frage, wo denn die Stadt Wamsbuk läge. Diese gibt es in Wirklichkeit natürlich nicht. Die Geschichte sei so präzise und deutlich, hörte ich immer wieder Kommentare, jedoch weise ich darauf hin, dass

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 31.07.2014
ISBN: 978-3-7368-2880-3

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich möchte mich recht herzlich bei meiner Familie bedanken. Ebenfalls danke ich Herrn Lehnart für die Korrektur.

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