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Prolog

Es war eine stürmische Nacht in einem kleinem Dorf Japans. Außerhalb der kleinen Häuser befand sich keine Menschenseele mehr. Die Bewohner des Dorfes, waren alle in ihren Häusern und schliefen tief und fest, nichts ahnend was in den nächsten Minuten, nicht weit von ihnen entfernt, passieren würde.
Etwas weiter abgeschottet der anderen Häuser, befand sich ein großes und prächtiges Haus am Waldrand. In diesem Haus lebte eine glückliche, dreiköpfige Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Tochter. Doch genau dies sollte noch in dieser Nacht zur Vergangenheit werden.

Ein kleines Mädchen, höchstens sechs Jahre alt, mit braunem schulterlangen Haar, einem Pony und blauen Augen – wobei das linke einen leichten roten Schimmer hatte – schlich sich durch die langen Gänge ihres Hauses entlang. Sie hatte vor wenigen Minuten noch einen Albtraum gehabt und wachte mit einem leisen Schrei auf, weswegen sie zu dieser späten Stunde noch auf war. Sie wollte zu dem Zimmer ihrer Eltern und sich zwischen die beiden ins Bett zu kuscheln, um keine Albträume mehr zu haben. Sie hatte schließlich nie Albträume, wenn sie dort schlief.
Ein heller Blitz schlug in der Nähe des Hauses ein, gefolgt mit einem dunklen Donnern, wodurch der lange, dunkle Gang erleuchtetet wurde. Das kleine Mädchen zuckte zusammen und beschleunigte ihre Schritte.

Vor einer großen, massiven, braunen Tür blieb sie schließlich stehen und drückte die Klinke nach unten. Doch als sie diese noch nicht einmal bis zur Hälfte geöffnet hatte, stockte sie. Vor dem Bett konnte sie eine Gestalt ausmachen, welche am Boden lag. Wer diese Gestalt war, konnte sie nicht sagen. Sie schlüpfte durch den Türspalt und rannte auf ihn zu, doch konnte sie noch immer nicht sehen, wer da überhaupt auf dem Boden lag. Erst als wieder ein Blitz in der Nähe des Hauses einschlug, konnte sie für wenige Sekunden sehen, wer es war.
Das Mädchen schlug ihre Hände vor den Mund zusammen und unterdrückte einen Schrei. Tränen brannten in ihren Augen und schienen es kaum zu erwarten über ihre Wange zu laufen.

Dort auf dem Boden lag ihr geliebter Vater, mit weit aufgerissenen Augen, zwei großen Wunden am Hals und an der Brust, aus denen ununterbrochen Blut sickerte. In seiner rechten Hand hielt er eine Pistole, die er auf jemanden gerichtet haben musste.
„O-Otoo-san...“, stotterte das kleine Mädchen. Sie beugte sich über ihn, wobei das Blut begann sich in ihr Nachthemd fest zu saugen, rüttelte an ihm, klatsche mit ihren Händen gegen seine Wangen, doch egal was sie versuchte, ihr Vater blieb bewegungslos.
Die Tränen liefen nur so über ihre Wangen – schienen gar nicht aufzuhören zu wollen – und tropften auf seinen Oberkörper.
Da fiel dem Mädchen etwas auf.
Wo ist Mama?!
Sie blickte sich mit einem panisch, suchenden Blick um, doch auch als wieder ein Blitz einschlug und das Zimmer mit Licht durchflutet wurde, konnte sie nirgends ihre Mutter sehen.

Die Dunkelheit übernahm wieder den Raum, doch dann sah das Kind, dass die Tür zum angrenzendem Badezimmer leicht angelehnt war und ein leichter Lichtstrahl in das Schlafzimmer hinein fiel.
In der Hoffnung zu ihrer Mutter zu gelangen, rappelte das Mädchen sich auf und ging auf die Tür zu. Doch kaum als sie die Tür öffnete und einen Schritt ins beleuchtete Badezimmer ging, erstarrte sie.
Dort war zwar ihre Mutter, doch warum war sie in den Armen eines ihr fremden Mannes? Warum wehrte sie sich nicht? Warum blickte sie wie leblos durch den Raum? Warum riss sie ihre Augen plötzlich weit auf und spannte ihren Körper an, als sie ihre Tochter sah?

Der fremde Mann, der die Mutter in den Armen hielt, bemerkte die plötzliche Veränderung der Frau und wandte sich langsam von ihrem Hals ab und wandte sein Gesicht zur Tür. Dieses nahm zuerst einen überraschten, dann jedoch furchterregenden Ton an, als er ein Mädchen sah. Seine roten Augen verengten sich und sein blutverschmierter Mund nahm ein grusliges Grinsen an – bei allein diesem Grinsen hätten schon oft Leute die Flucht ergriffen. Er nahm seine Arme von der Frau und wandte sich mit seinem ganzen Körper dem kleinem Mädchen zu. Die Frau, welche auf dem Boden aufschlug und liegen blieb, ignorierend.
„Na, sieh mal einer an,“, flüsterte er und trat auf das Mädchen zu, „da hat diese Schlampe also ein kleines Töchterchen.“

Es fehlte nur noch ein Schritt und er hatte sie erreicht, sie selbst war viel zu schockiert um einen Schritt zu gehen. Egal ob vor- oder rückwärts. Noch nicht einmal richtig atmen konnte sie. Das Einzige was sie noch schaffte war, zwischen ihrer Mutter und dem Mann – von dem sie immer noch nicht wusste wer er war – hin und her zu gucken.
Ihr kamen zwei Fragen durch den Kopf, die in ihren Gedanken hin und her sausten. Was war mit Mama? Wieso hat der Mann rote Augen?!

Schließlich blieb dieser vor ihr stehen, ging in die Hocke und legte einer seiner Hände unter ihr Kinn und brachte sie dazu, zu ihm aufzublicken. Doch dieses mal blickte sie nicht in zwei rote Augen, sondern in ein blaues und ein rotes. Hatte er gerade eben nicht noch zwei rote Augen gehabt?

Als er ihr Gesicht anhob und ihr nun von nahem in ihre Augen sah, verbarg er seine Überraschung. „Na, wer hätte denn damit gerechnet?“, wisperte er, weiterhin mit einem Grinsen im Gesicht.
„Lass... sie in... Ruhe... sie hat... nichts mit... dir... zu tun.“, stotterte die Frau am Boden. Der Mann hatte nur einen abschätzigen Blick für sie übrig, bevor er sich wieder dem Mädchen wandte und ihr interessiert in die Augen sah und flüsterte: „Das könnte noch interessant werden.“

Endlich bekam das Mädchen wieder die Kontrolle über ihren Körper und wollte einen Schritt zurück gehen, doch hatte der Mann ihr Kinn so fest in der Hand, dass sie sich dennoch kaum rühren konnte. Er schien sich nicht daran zu stören, dass ihre Tränen seine Haut benetzten.
Sie wollte den Augenkontakt zu ihm brechen und wieder zu ihrer Mutter sehen – der Blick mit dem der Mann sie besah, war geradezu unheimlich – doch egal wie sehr sie sich anstrengte, sie schaffte es nicht, sich von diesen Bann zu entziehen.
Es gab nur noch diese beiden Augen. Das eine blau, das andere rot.

Ich bin Sora Suzuki und du bist?

Allwissender Erzähler

Ein schwarzes Taxi hielt vor dem großen Tor der Cross-Academy, aus dem ein älterer Mann ausstieg und auf den Kofferraum zusteuerte. Als er diesen erreichte, öffnete er den Kofferraum und versuchte die zwei silberfarbenen Koffer, hinaus zu heben. Sobald beide Koffer sicher auf dem Steinboden standen, schloss der Mann den Kofferraum mit einem Hieb und zog die silberfarbenen Koffer zu dem Tor.

Währenddessen stieg ein junges Mädchen mit offenem, braunem Haar aus der Beifahrerseite aus. Sie trug einen schwarzen Faltenrock, der ihr bis zu den Knien reichte, eine schlichte, violette Bluse und einfache schwarz-weiße Chucks, dazu eine kleine, schwarze Umhängetasche.

Sie schlug die Autotür hinter sich zu und ging zu ihren beiden Koffern und dem Taxifahrer, welcher bereits vor dem Tor stand und wartete. Bezahlt hatte sie bereits, bevor dieser ausgestiegen war, weswegen der Taxifahrer sich mit einem Nicken von ihr verabschiedete, zurück in das Auto stieg und nach wenigen Sekunden losfuhr.

Sora, so der Name des Mädchens, sah sich wartend um. Eigentlich müsste doch einer der Vertrauensschüler hier auf sie warten, stand jedenfalls so in einem Brief vom Direktor. Doch schien hier keine Menschenseele zu sein und das Tor war geschlossen, was dazu führte dass sie nicht weiter kam. Warum war hier denn niemand?!

Sie seufzte und blickte auf ihre weiße Armbanduhr. Es war 11:07 Uhr und laut dem Brief sollte einer der Vertrauensschüler um 11:05 Uhr vor dem Tor auf sie warten.

Nun gut, dachte sich Sora, der Vertrauensschüler hat gerade einmal zwei Minuten Verspätung. Kein Grund sich aufzuregen.

Was dem Mädchen deutlich schwer viel. Sie war von Natur aus viel zu ungeduldig und konnte Verspätungen überhaupt nicht ab. Das war wohl von ihrer Mutter auf sie abgefärbt. Zwar konnte diese stillsitzen und war eher ein ruhiger Typ, doch war man bei ihr gleich untendurch, wenn man auch nur eine Minute zu spät als abgemacht erschien.

Wiedereinmal seufzte das 16-jährige Mädchen, strich sich eine widerspenstige Strähne hinter ihr Ohr und setzte sich auf einen ihrer Koffer. Den Kopf auf ihre Hände abgestützt.

Glücklicherweise waren ihre Eltern geschäftlich unterwegs und so gehindert mit zu kommen, ansonsten würde ihre Mutter so bald wie möglich zum Rektor stapfen und mit ihm anfangen eine Diskussion über Pünktlichkeit zu führen. Und das war dem Mädchen eindeutig viel zu peinlich.

 

Es war 11:12 Uhr als Sora das nächste Mal auf ihre Armbanduhr sah und ihr schließlich einfiel warum kein einziger Schüler auf dem Hof war. Es war mitten in der Woche, um diese Uhrzeit war doch Unterricht!

Sie runzelte die Stirn. War das vielleicht der Grund warum niemand sie abholte? Hatte der Vertrauensschüler Unterricht und komplett vergessen, dass er sie abholen sollte?!

Etwas streifte ihren Fuß und riss sie somit aus ihren Gedanken und brachte sie dazu, auf den Boden zu sehen. Was sie sah, ließ sie schmunzeln.

Da rieb tatsächlich eine schwarze Katze ihren Kopf an Soras Fuß!

„Du bist ja süß.“, flüsterte das Mädchen um die Katze nicht zu erschrecken. Diese blickte auf und sah mit ihren türkisfarbenen Augen, in die blauen Augen Soras.

Langsam bewegte Sora ihre Hand auf die Katze zu. Sie wollte die schwarze Katze auf keinen Fall mit zu hastigen Bewegungen erschrecken.

Doch schien das Tier sehr zutraulich zu sein, sie kam der Hand entgegen und schnurrte laut und deutlich.

Dadurch musste sich Sora ein Kichern zurück halten, diese Katze war wirklich süß. Außerdem war ihr Fell furchtbar weich, was das Mädchen wirklich nicht erwartet hatte. Das Fell der meisten schwarzen Katzen, die sie bisher gestreichelt hatte, waren nie so weich gewesen.

Als sie sich jedoch ein Stück zu der Katze beäugte, sah sie, dass das Fell gar nicht schwarz, sondern ins bläuliche lief.

Das hatte sie auch noch nie gesehen.

 

Wieder sah sie auf die Uhr. 11:17 Uhr. Wie lange sollte sie denn noch hier im frischen, dennoch kalten Herbstwind sitzen und warten, bis sie jemand abholte? Das Tier an ihrer Seite konnte sie zwar ein wenig ablenkten, aber irgendwann hatte sie auch keine Lust mehr hier zu sitzen.

Sie wurde durch die Laute von schweren Schritten aus ihren Gedanken gerissen und drehte ihren Kopf leicht um. Auf der anderen Seite des Tores, auf dem Schulhof, kam ein Junge mit silbernen Haaren und ausdrucksloser Miene auf sie zu. In der Hand hielt er einen Schlüsselbund.

Eilig stand Sora auf, klopfte sich den imaginären Dreck von ihrer Kleidung und wandte sich zu dem Jungen in schwarzer Schuluniform zu. Dieser steckte einen der Schlüssel in das Schlüsselloch des Tores und öffnete das Schultor.

„Bist du der Vertrauensschüler der mich abholen sollte?“, fragte Sora mit verschränkten Armen und blickte ihn mit gerunzelter Stirn an. „Du kommst ganz schön spät.“

Mit kalten Blickes blickte er sie an, doch Sora wäre nicht Sora, wenn sie sich dadurch verängstigen würde. Unbeeindruckt blickte sie ihn weiterhin an.

 

„Du solltest froh sein, dass ich überhaupt gekommen bin.“, sagte der Junge und nahm einen der Koffer in seine Hand. „Verwöhntes Balg.“, nuschelte er in seinen nicht vorhandenen Bart und wandte sich von dem Mädchen mit den braunen Haaren ab und ging durch das Tor hindurch. Er drehte sich nicht um, als er noch sagte: „Vergiss das Tor nicht abzuschließen und den Schlüssel mitzunehmen.“

 

Sora schnaubte wütend, nahm ihren Rollkoffer am Griff und zog ihn mit sich. Sie hatte ihn sehr wohl gehört! Und obwohl sie es eher widerwillig tat – schließlich hatte er kein Recht sie zu beleidigen und direkt danach ihr Dinge zu befehlen –, schloss sie das Tor tatsächlich hinter sich, schloss es ab und nahm den Schlüsselbund in ihre noch freie Hand, sah noch einmal auf die Stelle wo sie gerade eben noch mit der Katze saß, doch diese war bereits verschwunden, bevor sie dem Vertrauensschüler eilig hinterher lief. Sie wollte sich an ihren ersten Tag schließlich nicht verlaufen.

 

Der Weg – wohin auch dieser führen würde – lief schweigsam ab, wodurch sich Sora nicht störte und sich lieber die Gegend ansah. Es standen viele Straßenlaternen am Rande des Kiesweges und alle hundert Meter stand immer eine hölzerne Bank. Der Schulhof schien ansonsten nur aus Wiese und Bäumen zu bestehen. Alles in einem war es sehr ruhig und friedlich. Was wohl aber hauptsächlich daran lag, dass die Schüler alle im Unterricht waren.

 

Nach weiteren schweigsamen Minuten durchquerten sie schließlich ein großes Gebäude. Wenn Sora sich recht erinnerte war das, das Hauptgebäude in dem der Unterricht stattfand. Nachdem sie dieses wieder verlassen hatten, sah Sora nach ca. einhundertfünfzig Metern eine Gabelung. Der Vertrauensschüler – der sich ihr immer noch nicht vorgestellt hatte – ging geradewegs auf den linken Weg zu. Sora, die stehen geblieben war, eilte ihm wieder hinterher.

„Warte doch mal!“, rief sie ihm zu, woraufhin der mit den silbernen Haaren tatsächlich stehen blieb und sich zu ihr drehte. „Ich hab nicht so lange Beine wie du.“, keuchte sie, als sie schließlich bei ihm stehen blieb und stützte ihre Hände auf ihren Knien ab.

Damit hatte sie nicht ganz unrecht. Sora war wirklich sehr klein mit ihren 155cm und diesen Schüler schätzte sie auf mindestens 180cm, so groß wie er war.

„Wo lang führt eigentlich der andere Weg?“, fragte das Mädchen ihn, als er auf ihre vorige Aussage nicht reagierte.

Der Direktor hatte ihr zwar eine Wegbeschreibung mit Karte geschickt, doch war der andere Weg nicht beschriftet worden, wenn Sora sich recht erinnerte.

„Da wohnt die Nightclass.“

Nightclass? Verwirrt runzelte Sora die Stirn. Was war denn die Nightclass? Noch bevor sie dazu kam, ihren Mund zu öffnen und ihre Frage zu stellen, wandte sich der Vertrauensschüler wieder von ihr ab und ging los.

Wütend kniff sie ihre Augen zusammen, nahm ihren Rollkoffer und stapfte ihm hinterher.

 

„Ich bin Sora Suzuki und du bist?“, fragte Sora nach einiger Zeit der Stille, in der ihre Wut abgeklungen war und beide ein Tor durchquert hatten. Das Wohnheim war schon zusehen. „Zero.“, wurde ihr knapp geantwortet, woraufhin sie beleidigt ihre Wangen aufblies. „Du bist ganz schön unfreundlich.“

Als nach einigen Augenblicken immer noch keine Reaktion von Zero kam, fragte Sora schließlich wohin sie denn jetzt gerade gingen. Ob direkt zu ihrem Zimmer oder erst einmal zum Direktor. „Der Rektor ist momentan schwer beschäftigt, er hielt das persönliche Gespräch für nicht nötig. Wenn du kein Arger machst, wirst du ihm wahrscheinlich auch nie begegnen.“

Staunend blieb das Mädchen kurz stehen und ging dann schnellen Schrittes weiter. Das waren wohl die längsten zwei Sätze die er bisher zu ihre gesagt hatte, wobei sie eigentlich fest damit gerechnet hatte, keine Antwort zu kriegen.

 

Der restliche Weg verlief weiterhin schweigsam. Normalerweise gab Sora nicht so einfach nach, doch heute war ihr einfach nicht mehr danach, ihn weiter voll zu reden. Fürs erste sah sie ein, dass sie nichts weiter aus ihn rausbekam.

Sie betraten ein großes Gebäude – das Mädchen-Wohnheim – und blieben nach einiger Zeit vor einer Zimmertür stehen. „Hast du noch den Schlüsselbund?“, fragte Zero, woraufhin Sora nickte und den Schlüsselbund aus ihrer Umhängetasche hervorholte und sie dem Vertrauensschüler überreichte.

Dieser öffnete mit einem der Schlüssel die Zimmertür und ließ Sora als erste mit ihrem Koffer eintreten. Zero folgte ihr, schloss die Zimmertür hinter sich und stellte den anderen Koffer mitten im Raum ab.

Das Zimmer war nicht wirklich kein, aber auch nicht besonders groß. Es war genug für drei Betten, drei Schränken und einen Schreibtisch platz. Die Betten standen alle gegenüber der Tür an einer Wand, zwischen den einzelnen Betten befand sich jeweils ein Fenster. Außerdem stand neben jeden Bett noch ein kleiner Nachtschrank, auf dem sich eine Nachtlampe befand.

„Das Zimmer teilst du dir mit zwei weiteren Mädchen. Das hier“, er deutete auf das Bett welches an der Wand ganz rechts und auf einen Schrank, „sind dein Bett und dein Schrank. Der Rektor meinte, dass du bereits heute am Unterricht teilnehmen kannst, wenn du möchtest. Ansonsten kannst du dir das Schulgelände ansehen. Bei beiden Möglichkeiten die du dir aussuchst, sollst du die Uniform tragen.“ Er deutete auf die Kleidung die auf Soras Bett lag.

 

Sora überlegte. Sollte sie sich die Gegend anschauen oder lieber zum Unterricht? Okay, dachte sie, wer überlegt da bitteschön?! Wenn man schon die Möglichkeit hat, nicht zum Unterricht zu gehen, sollte man diese auch nutzen!

„Dann werde ich mir die Gegend anschauen.“, grinste sie den Vertrauensschüler an.

„Wage es nicht, bei der Nightclass einzubrechen. Das würde nur Probleme für dich mitziehen.“, erwiederte er kalt.

Was ist denn jetzt schon wieder diese 'Nightclass'? Doch noch bevor Sora ihre Frage stellen konnte, war Zero schon aus dem Zimmer verschwunden.

„Seltsamer Kauz.“, nuschelte die Suzuki vor sich hin und wandte sich zu ihrem Bett um, auf der noch immer die Schuluniform lag.

Diese bestand aus einer weißen Bluse, einer schwarzen Jacke und einem schwarzen Faltenrock, wobei sich dieser nur von der Länge ihres jetzigen Rockes unterschied.

„Sieht ganz schon eng aus.“, seufzte Sora und runzelte die Stirn. Doch zuckte sie nach einiger Zeit mit den Schultern und zog sich um.

 

Überraschenderweise passte ihr die Schuluniform wie angegossen. Doch hatte Sora Bedenken des Rockes wegen. Es war bald Winter und da sollte sie tatsächlich in einem Rock rum laufen?! Es mag sein, dass es in Japan viele Schulen gab, an denen die Mädchen Schuluniformen mit Röcken tragen mussten, doch hatte sie bisher das Glück gehabt, auf eine Schule zu gehen, bei der das nicht so war. Aber wenn andere das schafften, dann schaffte ich das auch!, dachte sie entschlossen und verließ das Zimmer.

Sie nahm sich vor, sich zu aller erst das Wohnheim anzusehen. Doch merkte sie bereits nach wenigen Gängen, dass es hier nicht viel zu sehen gab. Die Gänge bestanden auf der einen Seite aus Fenstern, die alle einen Ausblick auf den Wald hatten und auf der anderen Seite befanden sich Türen, die sehr wahrscheinlich zu den anderen Zimmern führten.

Also nicht wirklich abwechslungsreich.

Seufzend begab sich Sora zum Ausgang des Gebäudes und kramte dort schließlich die gefaltete Karte des Schulgelände aus ihrer Rocktasche. Nachdem diese wieder aufgefaltet war, sah sich Sora diese noch einmal genauer an.

Der See

Allwissender Erzähler

Neben dem Wohnheim standen in der Nähe noch zwei weitere Häuser. Einmal das der Lehrer und das des Rektors und da wollte sie nun wirklich nicht hin. Blieb ihr also noch der Weg über die große Brücke übrig.

Bevor sie die Karte wieder zusammenfalten wollte, warf sie noch einen kurzen Blick auf die Karte. Hinter dem Wohnhaus des Rektors befand sich, laut der Karte, ein See. Den wollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen. Nun also doch Richtung Wohnhaus des Rektors.

Sora stopfte sich die Karte zurück in die Rocktasche und ging eiligen Schrittes auf den Wald zu ihrer Linken zu.

 

Der Wald war sehr dicht, doch drangen genügend Sonnenstrahlen durch die Baumkronen, sodass der Wald nicht unheimlich, sondern friedlich aussah. Der Gesang der Vögel und das leise Plätschern eines Flusses machten die Atmosphäre nur noch angenehmer. Ein wohliges Seufzen entkam Sora. Es war hier wirklich schön!

Hoffentlich verbrachten nicht viele Schüler ihre Zeit hier. Dieser Ort schien so friedlich, dass würden die anderen Schüler nur zerstören. Außerdem wäre es toll, schon am ersten Tag einen Ort zu wissen an dem Sora sich zurückziehen konnte, sollte sie ihre Ruhe haben wollen.

 

Es dauert nicht lange bis sie eine kleine Holzbrücke überbrücken musste. Unter dieser floss klares Wasser.

Etwa auf Mitte der Brücke, blieb das Mädchen schließlich stehen und beugte sich leicht über das Gelände der Brücke. Das Wasser schien noch klarer zu sein, als auf dem ersten Blick. Sie konnte einige Karpfen, Steinchen und noch weitere Fische im Wasser schwimmen sehen.

Ihr Spiegelbild spiegelte sich im Wasser und Sora nahm sich die Zeit, es genauer anzusehen.

Ein Mädchen mit braunem Haaren, die ihr bis zu den Schulterblättern reichten und einem ungeraden Pony. Zwei ihrer Strähnen umrahmten ihr Gesicht, wobei die linke Strähne um einige Zentimeter länger war, als die rechte.

Im Allgemeinen waren ihre Haare recht durchschnittlich, genau wie der Rest von ihr. Das Einzige, was einem bei ihr auffiel waren ihre Augen.

Blau wie das weite Meer.

Es kam selten vor, dass jemand braune Haare und blaue Augen hatte. Die meisten braunhaarigen hatten braune oder grüne Augen. Doch das allein war nicht das ungewöhnlichste.

Es war ihr linkes Auge. Es war nicht komplett von dem Blau eingenommen. Es hatte einen roten Stich. Der sich immer verstärkte, wenn sie sauer oder wütend war. War sie glücklich, konnte man den roten Stich kaum wahrnehmen, nur wenn man genau hinsah. War sie traurig, übernahm das blau beide Augen komplett, dann war nichts von rot zu sehen.

Doch war sie sauer, dominierte das Rot fast komplett über das Blau und drängte es zurück.

Ihre Eltern waren schon oft mit ihr zu den verschiedensten Ärzten gegangen, doch keiner konnte sich erklären, wie das möglich war. Doch war es ihnen egal, dass wohl alle Ärzte das selbe sagten. Man könne nichts dran ändern. Sie brachten Sora immer und immer wieder zu verschiedenen Ärzten.

Sie wollten keine Tochter, die anders war. Sie wollten eine Vorzeigetochter und da kam ihr das Auge nicht gerade entgegen. Schon öfters wurde von Sora verlangt Kontaktlinsen zu tragen, doch weigerte sie sich jedes Mal. Es war ihr egal, womit sie ihr drohten. Das Mädchen war stolz auf ihre Augen.

Diese machten sie zu etwas Einzigartigen.

Seufzend wandte sie sich von ihrem Spiegelbild ab und verließ die Brücke wieder. Es durfte nicht mehr als zu weit sein.

 

Tatsächlich dauerte es nicht mehr lange und die Bäume wurden nach und nach weniger, bis das 16-jährige Mädchen schließlich auf einer Lichtung, mit offenem Mund stehen blieb und sich sprachlos das Bild, welches sich vor ihr erstreckte, ansah.

Die Sonne und der strahlend blaue Himmel spiegelten sich im Wasser des großen Sees, indem einige Enten schwammen und immer wieder auf der Suche das Essen, mit ihrem Köpfchen abtauchten. Die Stimmung die hier herrschte war sehr friedlich, das Zwitschern der Vögel und das Quaken der Enten verstärkten dies nur.

Sanfter Wind wehte durch Soras Haar, die sich langsam wieder fasste, den Mund zumachte und auf den See zu schritt. Sie liebte diesen Ort jetzt schon.

Wenige Meter vor dem Wasser blieb sie schließlich stehen und setze sich, mit geschlossenen Augen, auf den Rasen und ließ sich Rückwerts auf den Boden fallen, ihre Arme weit von sich gestreckt.

Das Zwitschern und der Wind wirkte wunderbar beruhigend.

 

 

Als die Suzuki das nächste Mal die Augen aufschlug, fing es bereits bereits zu dämmern. Hatte sie tatsächlich so lange geschlafen?! Sie wollte doch nur kurz vor sich hin träumen und sich ausruhen, bevor sie morgen zum Unterricht musste.

Seufzend stand sie auf, streckte sich und blickte sich um. Die Sonne stand noch recht weit oben am Himmel, dennoch sah man deutlich, dass sie sich in wenigen Stunden verabschiedete und für die Nacht Platz machte.

Die Enten die vorhin noch im Wasser planschten befanden sich am anderem Ufer, der sich nicht wirklich von dem, an dem Sora sich befand, unterschied und ruheten sich aus. In weiter Ferner sah sie ein Haus. Es sah dem Wohnhaus der Dayclass nicht unähnlich. Ganz im Gegenteil, es unterschied sich von dem Wohnheim einzig und allein an der Farbe.

Nachdenklich kramte sie die Karte aus ihrer Rocktasche. Wenn sie sich nicht irrte, müsste das das Gebäude sein, welches nicht beschriftet worden war. Und tatsächlich war es genau dieses Gebäude, wie das Mädchen bemerkte, als sie die Karte betrachtete.

Langsam wurde ihre Neugier geweckt. Was war das für ein Gebäude, dass man es nicht für nötig hielt es zu beschriften. Wurde es etwa als eine Art Abstellkammer benutzt? Das aber glaubte sie eher weniger. Dafür sah es viel zu schön gepflegt aus, wie sie schon von weiten sehen konnte.

Da viel ihr plötzlich ein, was Zero vorhin zu ihr sagte.

„Da wohnt die Nightclass.“ hatte er gesagt. Nightclass. Nachtklasse. Sora kramte in ihrem Gedächnis nach. Hatte sie das Wort vielleicht schon einmal gehört und ihm einfach keine Beachtung geschenkt? Nein, egal wie sehr sie nachdachte. Sie kam zu dem Schluss, dass sie von der Nightclass hatte sie noch nie etwas gehört hatte.

Langsam betrat sie wieder den Wald, der vor ihr lag, und ging normalen Schrittes zurück zum Dayclassgebäude.

Nachdenklich kaute sie auf ihrer Lippe rum und achtete kaum auf den Weg. Sie würde sich schon nicht verlaufen, dafür war der Weg zu sehr von Plattgedrückten Pflanzen gekennzeichnet.

Sie war in der Dayclass, das wusste sie. War die Nightclass vielleicht so etwas für die Elite-Schüler? Oder sogar für Schüler, die Probleme hatten?

Die beste Lösung wäre wohl, wenn sie ihre Zimmergenossinnen fragen würde. Die mussten ja wohl Bescheid wissen und wenn nicht, Zero wusste es mit Sicherheit! Auch wenn sie sich nicht sicher war, ob er ihr antworten würde...

 

Es dauerte nicht lange, bis das Mädchen wieder an der Brücke war und nur wenige Minuten darauf war sie wieder an ihrem Ausgangspunkt, vor dem Dayclass-Wohnheim, in das sie schließlich hinein ging.

Der Unterricht schien schon seit einiger Zeit vorbei zu sein, denn an vielen Ecken tummelten sich einige Schüler und tratschten. Keiner von ihnen schien Sora wirklich wahrzunehmen, was dieser nur Recht kam. Sie mochte nun wirklich keine Aufmerksamkeit.

Das Mädchen wandte sich zur Eingangstür des Wohnheims und ging Richtung ihres Zimmers. Hoffentlich waren ihre Mitbewohner schon da, sie konnte es kaum noch abwarten die beiden kennenzulernen. Auch wenn sie schon ein wenig Bammel davor hatte, dass die Mädchen sie nicht mögen.

 

Nun stand sie vor der Holztür und atmete tief durch. Ihre linke Hand schwebte bereits wenige Zentimeter über der Klinke.

Noch einmal tief ein- und ausatmen, dachte sich Sora, senkte ihre Hand etwas und öffnete mit einem Ruck die Tür.

VIPs der Schule

Allwissender Erzähler

Das erste was Sora bemerkte als sie ins Zimmer sah, waren Augen. Braune Augen, die, wenn Sora es nicht besser wüsste, einem Reh gehörten könnten. Aber sie gehörten keinem Tier, sondern einem Mädchen mit ebenso braunem Haar wie Sora.

Die Reh-braunen Augen waren vor Schreck und Überraschung geweitet und es dauerte einige Sekunden bis diese wieder in ihrer normalen Größe waren und sich ein Lächeln, auf dem bis gerade eben noch leicht geöffneten Lippen, bildete.

„Du bist sicher Sora, oder? Ich bin Yuki Kurosu. Deine Mitbewohnerin und Vertrauensschülerin. Das dort“, Yuki zeigte auf ein Mädchen, welches auf einem der Betten saß und zu den beiden sah, „ist Sayori Wakaba, aber sie wird nur Yori genannt. Auch deine neue Mitbewohnerin. Freut mich dich kennenzulernen.“, beendete das Mädchen ihren Vortrag und verbeugte sich höflich.

Sora – immer noch leicht verdattert von dem vielen Gerede Yukis – brachte nur ein Nicken zustande.

Sie besah sich das Mädchen vor ihr genauer. Braune Schulterlange Haare, gleichfarbige Augen, ein freundliches Lächeln im Gesicht und nur wenige Zentimeter größer als Sora selbst.

Dann wandten ihre Augen zu dem Mädchen auf dem Bett. Auch sie hatte braune Augen. Aber im Gegensatz zu ihrer Mitbewohnerin hatte sie kürzeres Haar und karamellfarbenes Haar, soweit Sora diese Haarfarbe beurteilen konnte. Wie groß sie war konnte sie nicht ganz beurteilen, da das Mädchen auf einem der Betten saß, würde aber auch sagen, dass sie wenige Zentimeter größer als Sora war.

Beide Mädchen trugen die Schuluniform und schienen im selben Alter wie sie selbst zu sein.

 

Sie wandte ihre Augen wieder zu dem Mädchen vor ihr, nachdem sie sich wieder gefasst hatte, antwortete sie ihr auch endlich. „Ja, ich bin Sora Suzuki. Freut mich euch kennen zu lernen.“

Grinsend sah Yuki ihr in die Augen und fragte: „Hat dir schon jemand das Gebäude gezeigt?“ Als Antwort bekam sie von Sora nur ein Kopfschütteln. Gut, sie war durch einige Gebäude gelaufen und hat auch einen Geländeplan, aber persönlich herumgeführt hatte sie keiner.

Ehe Sora weiter in ihren Gedanken versinken konnte, spürte sie einen Druck auf ihrer Hand. Es war die Hand von Yuki, die sie plötzlich aus dem Zimmer zog.

„Dann komm. Ich muss zwar gleich meinen Dienst antreten, aber ich kann dich auf dem Weg dahin rumführen und bis zur Ausgangssperre kann ich dich auch noch rumführen!“, rief die braunhaarige über ihre Schulter hinweg zu Sora und zog sie sich hinter sich her.

 

Erst als beide das Gebäude verließen, ließ Yuki auch die Hand ihrer Mitbewohnerin los und ging wieder normalen Schrittes. So dass Sora keine Probleme mehr hatte, ihr zu folgen.

„Dienst?“, fragte sie Yuki und legte ihren Kopf leicht schief. Eine Angewohnheit, die sie schon seit Jahren hatte und sich auch noch nie abgewöhnen konnte.

„Ich hab doch gesagt, dass ich Vertrauensschülerin bin. Und wir Vertrauensschüler müssen jeden Abend bei dem Wechsel der Nightclass dabei sein, damit diese nicht von den Dayclass-Schülerinnen zertrampelt werden.“

Interessiert hörte Sora zu. Schon wieder sprach man von der Nightclass. Das war wohl ihre Chance zu erfahren was das sei. „Und was ist die Nightclass?“

 

Überrascht blieb Yuki stehen. Das Mädchen neben ihr wusste tatsächlich nicht wer die Nightclass war?! „Du weißt echt nicht was die Nightclass ist?“, sprach Yuki ihre Gedanken aus.

Das musste doch ein Scherz sein? Gerade wegen dem Day- und Nightclass System war die Cross-Academy doch so bekannt!

Und tatsächlich bekam sie ein Kopfschütteln als Antwort. „Ich hab heute zum ersten Mal davon gehört.“, gestand ihre neue Mitbewohnerin.

„Okay, also“, fing die Vertrauensschülerin an zu erklären und ging weiter ihren Weg, „unsere Schule besteht aus der Dayclass und aus der Nightclass. Die Dayclass besteht aus ganz normalen Schülern, solche wie wir es sind, wir tragen die schwarze Uniform und haben Tags Unterricht. Und die Nightclass besteht aus Genies. Die Nightclassschüler tragen alle weiße Uniformen und werden Nachts unterrichtet. Sie sind so was wie die VIPs der Schule. Alle sehen furchtbar gut aus und werden dementsprechend von den Mädchen umschwärmt.“

 

Mittlerweile waren sie an der Gabelung angekommen.

 

Skeptisch hob Sora eine Augenbraue und unterdrückte ein Grinsen. „Ich hab mir Genies immer total... keine Ahnung, irgendwie mit 'ner Frisur wie Einstein und 'ner riesen Nerdbrille vorgestellt. Oder sehen sie tatsächlich so aus und ihr alle hier habt einen anderen Geschmack, als den den ich von zu Hause gewohnt bin?“

„Nein, so sehen sie wirklich nicht aus.“, lachte Yuki. „Aber du wirst sie ja sowieso gleich sehen.“ Sie streckte ihren Arm aus und zeigte auf den rechten Weg, aus dem Sora schon von ihrem derzeitigen Standort laute Stimmen hören konnte. „Dort ist das Tor zur Nightclass, dahinter ist ihr Wohnheim. Ist also so ähnlich wie bei uns.“

Verstehend nickte Sora, woraufhin sie beide den Weg weiter gingen. Je näher sie dem Tor kamen, desto lauter und auch deutlicher wurden die Stimmen. Und als beide nur noch wenige Meter Entfernt davon waren, sah Sora wer da alles rum schrie.

Es waren viele, viele Dayclassschülerinnen. Mehrere dutzend wie sie schockiert feststellte. Scheinbar hatte Yuki deutlich untertrieben, was das umschwärmen anging. Die tickten ja richtig aus, so als ob gleich irgendein Weltstar auftauchten würde!

Sie blieben schließlich hinter der Menschenmenge stehen. „Und da“, Sora zeigte, mit hochgezogener Augenbraue, auf die Meute von Mädchen, „willst du wirklich rein?“

„Ich muss. Aber du kannst gerne etwas weiter abseits stehen bleiben, vielleicht hast du Glück und siehst jemanden der Nightclass ohne dich verletzen zu lassen.“, bekam sie grinsend als Antwort.

„Na dann, bleib ich wirklich lieber hier hinten.“

Verstehend nickte Yuki und drehte sich um, nur um sich in die Meute zu schmeißen.

Kopfschüttelnd ging Sora auf die Bäume, die etwas abseits neben des Weges standen, zu und lehnte sich an einen mehr oder weniger gemütlich aussehenden Baum an.

Ihr Blick schweifte über die Mädchenmenge und blieb an dem Tor hängen. Dahinter war das Nightclass-Wohnheim. Also war das Gebäude, welches sie vorhin sah, dass Wohnheim der VIPs gewesen.

Ihr taten Yuki und Zero und auch die Nightclassschüler furchtbar Leid. Schließlich mussten sie jeden Tag das Kreischen der Mädchen aushalten und Sora dachte jetzt schon, nach drei Minuten, sie würde einen Hörsturz erleiden. Sie bezweifelte stark, dass sie jemals wieder um diese Zeit hier herkommen würde.

 

 

Das Kreischen wurde – obwohl es eigentlich unmöglich war – noch schlimmer und lauter, als sich das große Tor öffnete und einige Personen heraus, in die Masse der Mädchen, traten. Wir durch ein Wunder machten die Dayclassschüler sogar Platz und bildeten einen kleinen Gang. Dennoch versuchten alle die Aufmerksamkeit von einem von ihnen zu erregen.

An der Spitze ging ein großer, junger Mann mit Schulterlangen braunen Haaren.

Es war Kaname Kuran, der Hausvorstand der Nightclass.

Er blieb auf etwa Mitte des Weges stehen und wandte sich, wie so oft, Yuki zu. Die Mädchen hinter Yuki kannten das schon und dennoch versuchten sie wie Wild seine Aufmerksamkeit durch Kreischen zu erregen.

Hinter Kaname waren Takuma Ichijo, ein sehr guter Freund Kanames, Akatsuki Kain und sein Cousin Hanabusa Aidô.

Takuma, sowie Hanabusa unterhielten sich mit den Dayclassschülerinnen – wobei man lieber sagen sollte, die drei unterhielten die Menge, so wie Hanabusa mit seinen Fingern durch die Menge schoss und hin und wieder den Mädchen zuzwinkerte. Sein Cousin dagegen stand eher gelangweilt daneben und sah hin und wieder in die Menge.

 

 

Hanabusa liebte es. Er liebte es, wie die Mädchen seinen Namen oder seinen Spitznamen, die sie ihm gegeben hatten, kreischten. Es war jedes mal wie Musik in seinen Ohren und er konnte einfach nicht genug davon bekommen.

Es kannte bisher nur ein einziges Menschenmädchen, welches seinem Charme widerstehen konnte und genau dieses Mädchen stand einige Meter von ihm entfernt und unterhielt sich mit seinem Hausvorstand, wie er aus dem Augenwinkel sehen konnte. Er konnte nie verstehen, weshalb sein Charme bei ihr nichts auslöste und es kränkte an seinem Ego. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er sich so etwas nicht sitzen gelassen, doch bedeutete dieses Menschenmädchen Kaname viel und sich gegen den reinblütigen Vampir würde er sich nie stellen.

Schließlich hing er an seinem Leben.

„Idol-senpai! Idol-senpai!“, schrien die Mädchen und rissen ihn aus seinen Gedanken. Bevor er sich noch weiter in diese vertiefte und sich damit beschäftigte, was Kaname an Yuki fand, wandte er sich von Yuki ab und den Mädchen wieder zu und flirtete ein wenig.

 

 

Unerträglich, dachte sich Sora als sich das Kreischen verstärkte und die Mädchen nun die verschiedensten Namen, sowie Spitznamen riefen.

Hatten da wirklich welche Wild-senpai und Idol-senpai gerufen?! Wer nannte sich denn so? Das waren ja total einfallslose und peinliche Spitznamen...

Es würde sie dennoch interessieren wie denn Wild-senpai aussah. War es verständlich, dass sie sich irgendeinen Typ mit Rockerfrisur oder Löwenmähne, der laut durch die Gegen grölte, vorstellte? Leider konnte sie durch die Menschenmenge nicht viel sehen. Hin und wieder verschieden farbige Haarschöpfe, aber sonst wurde ihr die Sicht versperrt. Da nützte es auch nichts, dass sie sich auf Zehnspitzen hinstellte. Manchmal verfluchte sie ihre kleine Größe. Von wem sie die wohl hatte?

Sora blieb nach einigen Versuchen, wieder an dem Baumstamm gelehnt stehen, obwohl sie schon glaubte ihre Ohren würden ihr bald abfallen. Schließlich wollte Yuki ihr noch ein wenig das Schulgelände zeigen, bis sie ihre Schicht angehen musste.

Ein Blick auf ihre Uhr zeigte ihr, dass sie bereits seit fast zehn Minuten hier stand, als nach und nach einige der Mädchen verschwanden. Schien wohl so, als ob sie merkten, dass sie heute wohl keine Aufmerksamkeit von den VIPs bekamen und diese nun langsam zum Unterricht mussten.

Dennoch gab es einige Mädchen Gruppen die noch nicht aufgaben und die Nightclass ihren restlichen Weg noch ein wenig begleiten wollten.

Jetzt konnte Sora auch endlich mal die begehrten Schüler mit eigenen Augen sehen. Es waren nicht all zu viele. Vorne voran ging ein junger Mann mit braunem Haar, sein Gesicht konnte Sora nicht erkennen, da er mit dem Rücken zu ihr und seiner Vorseite Yuki zugewandt ging. Neben ihn ging ein ebenso alter Junge mit blonden Haar, grünen Augen und einem Lächeln im Gesicht.

Hinter ihm standen zwei weitere Nightclassschüler. Einer von beiden hatte kurze, gewellte hellbraune Haare und einen etwas dunkleren Teint als seine Mitschüler, seine Augen waren, soweit Sora das aus dieser Entfernung erkennen konnte, ebenfalls braun.

Sein Freund dagegen hatte mittellanges, blondes Haar und strahlend blaue Augen, dass konnte sie schon von weiter Entfernung sehen.

Sora musste zugeben, sie alle sahen wunderschön aus, als sie alle Schüler der Nightclass betrachtet hatte. Außerdem strahlten sie alle eine Aura aus, die zeigte, dass sie unerreichbar für einen Normalo wie Sora und ihre Mitschüler waren.

Noch ein weiteres mal ließ sie ihre Augen über die Schüler gleiten. Weiter hinten stand ein Mädchen mit Zöpfen und neben ihr ein Junge mit rot-braunen Haaren. Vor den beiden ging eine junge Frau, die einen überheblichen Eindruck machte.

Dennoch konnte sie niemanden sehen, auf dem die Namen Wild-senpai und Idol-senpai passten.

Die Stirn runzelnd sah sie sie wiederholten Male an, doch dieses Mal blieb ihr Blick an jemanden hängen und was sie sah, stockte ihr den Atem.

Es war der Schüler der sich gerade eben noch mit Yuki unterhielt. Jetzt jedoch hatte er sich zu Sora umgewandt und sah ihr unverwandt in die Augen.

Sie kannte ihn.

Er war ein Freund ihrer Familie.

Es war derjenige der ihr einst das Leben rettete.

Das war Kaname Kuran.

Zufälle gibt's

Allwissender Erzähler

„Wir haben eine neue Schülerin, ich habe sie gerade eben ein wenig herum geführt.“, erzählte Yuki Kaname, nachdem er sie gefragt hatte, ob es was neues gäbe. Eine neue Schülerin also. Er war nicht wirklich überrascht das zu hören.

Es war nicht so, als ob er jedes Mal informiert wurde, sobald die Dayclass einen neuen Schüler bekam. Es war eher so, dass die neue Schülerin nur auf seiner Bitte hin, hier her kam und auch ein Zimmer mit Yuki teilte. Auch wenn das außer dem Direktor, Takuma und Soras Eltern Niemand wusste, selbst Sora nicht.

„Da hinten steht sie übrigens.“ Yuki streckte ihren Arm aus, woraufhin Kaname sich umdrehte. Yuki zeigte auf ein Mädchen, dass etwas Abseits des Ganzem stand und ihren Blick über die Nightclass schweifen ließ.

Sie hatte sich verändert. Aus dem kleinem Mädchen von früher war eine junge Frau herangewachsen. Dennoch konnte man das Kind von damals noch erkennen, obwohl ihre damaligen Schulterlangen Haare nun länger waren und sie nun um einiges größer war. Ihre kindlichen Züge hatte sie noch nicht ganz abgelegt, aber das würde auch nicht mehr lange dauern.

Und obwohl es eigentlich kaum möglich war, erinnerte sie ihn an mehrere, verschiedene Personen gleichzeitig.

Nun wandte auch sie ihren Kopf rüber zu Kaname, der ihre Überraschung auch von einiger Entfernung sehen konnte. Natürlich war sie überrascht ihn zu sehen, wie hätte sie auch hier mit ihm rechnen können?

„Sie heißt Sora Suzuki und ich finde, sie macht einen netten Eindruck.“, sagte Yuki lächelnd.

 

 

 

Was machte Kaname denn hier?! Ihn hier anzutreffen hätte sie nie gedacht, schließlich war es schon einige Jahre her, seitdem sie ihn zuletzt gesehen hatte. Und obwohl er nun viel älter wirkte und sich keine kindlichen Züge mehr in seinem Gesicht befanden, konnte sie ihn noch erkennen. Dieser Junge hatte schon damals eine Ausstrahlung die einen dazu brachte, ihn nie zu vergessen.

Sora sah, wie er sich scheinbar von Yuki verabschiedete und zu ihr rüber kam. Schon vorhin war ihr die Vertrautheit Kanames und Yukis aufgefallen. Doch jetzt, wo sie beide genau sehen konnte, fiel ihr auf wie sie sich gegenseitig ansahen. Auf beiden Seiten war eine deutliche Zuneigung zueinander zuerkennen.

Doch um weiter darüber nachzudenken blieb ihr keine Zeit, denn mittlerweile hatte Kaname sie schon fast erreicht.

„Es ist schon dich wiederzusehen, Sora-chan.“, begrüßte Kaname sie, als er vor ihr zum stehen kam.

Auf ihren Lippen bildete sich ein Lächeln. Es war schon lange her, als man sie zum letzten Mal mit -chan ansprach. „Ich freue mich auch dich wiederzusehen. Ich bin nur überrascht dich hier zu treffen, Kaname-kun. Ich wusste nicht, dass du hier zur Schule gehst. Zufälle gibt’s.“

Ein kleines Lächeln erschien auf den Lippen des Nightclassschülers. „Ja, Zufälle gibt’s. Wie geht es deinen Eltern?“

Sora zuckte mit den Schultern. „Wie immer eigentlich.“

 

 

 

Die restlichen Nightclassschüler hinter Kaname, wandten sich in seine Richtung. Sie hatten bemerkt, wie er sich von Yuki abgewandt hatte und normalerweise war das das Zeichen dafür, dass sie zum Unterrichtsgebäude gehen sollten. Um so verwunderter waren alle, als der Reinblüter sich zu einer kleinen, braunhaarigen Dayclassschülerin, die etwas außerhalb der Geschehnisse stand, wandte.

Es kam noch nie vor, dass Kaname von sich aus mit einem Menschenmädchen sprach – man sah von Yuki ab.

Dementsprechend verwundert und dennoch interessiert beäugten sie alle Kaname und den Mensch. Die restlichen, noch wenigen Dayclassschülerinnen vergessend.

 

Hanabusa beugte sich leicht zu seinem Cousin hinüber und wisperte ihm zu: „Weißt du was Kaname-sama von der will?“

Doch auch Akatsuki hatte keine Ahnung und schüttelte leicht den Kopf, ohne seine Augen von den Gesprochenen zu nehmen.

Ruka Soen, selbst eine Schönheit unter den Vampiren, trat neben die beiden und schnaubte verächtlich. „Wahrscheinlich wieder eine seiner Verehrerinnen, die anfangen wird zu streiken, sollte sie Kaname-samas Aufmerksamkeit nicht bekommen.“

Die meisten Nightclassschüler stimmten ihr mit zustimmenden Gesten oder Lauten zu.

Die Erklärung klang plausibel, es gab hin und wieder tatsächlich Menschenmädchen die so blöd waren und solche Aktionen starteten.

Aber dennoch. Irgendetwas sagte Hanabusa, dass das in diesem Falle nicht stimmte. Und auch wenn es ihm interessierte was der wahre Grund war, so würde er nicht nachforschen, dachte er sich.

Seine letzte Aktion war noch gar nicht so lange her und er wollte doch noch lieber ein wenig warten, bis er Kaname-samas Zorn wieder spüren durfte.

 

 

 

Ein junger Nightclassschüler mit blonden Haar und grünen Augen trat hinter Kaname und erst jetzt bemerkte Sora, dass auch die anderen Nightclassschüler, inklusive der beiden Vertrauensschüler – die Dayclassschüler waren schon alle verschwunden – zu ihr und Kaname rüber sahen.

Röte stieg ihr ins Gesicht. Sie war nun wirklich kein Fan von Aufmerksamkeit.

„Kaname-sama? Wir sollten zum Unterricht.“, sagte der Blonde zu Kaname, bevor er kurz zu Sora blickte und sie anlächelte.

Er hatte ein schönes, ehrliches Lächeln im Gesicht, das gefiel Sora.

 

Kaname, der schon längst bemerkt hatte, dass die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf den beiden ruhte, drehte sich langsam um und sah seinem treuen Freund an und nickte ihm zustimmend zu, bevor er sich wieder zu Sora wandte und sich verabschiedete. „Es war schön dich wiedergesehen zu haben, Sora-chan. Wir sehen uns in Zukunft bestimmt noch öfters. Gute Nacht.“

„Gute Nacht, Kaname-kun.“

Er wandte sich mit einem letzten Nicken von ihr ab und ging Richtung Unterrichtsgebäude. Seine Mitschüler folgten ihm mit respektvollem Abstand, wobei sie alle an Sora vorbei mussten und sie entweder neugierig oder verächtlich ansahen.

 

Man musste wohl nicht erwähnen, dass der Blick von Ruka eindeutig zu der zweiten Sorte gehörte.

 

 

 

Erst als Sora keinen der Schüler in weißer Uniform sehen konnte, stieß sie die Luft aus ihren Lungen und bemerkte erst jetzt, dass sie diese angehalten hatte. Die Blicke dieser Leute. Es fröstelte ihr als sie an diese zurück dachte. Diejenigen die Sora angeblickt hatten, hatten sie nur verächtlich angesehen. Sora kam es vor, als ob die, die sie nicht angesehen hatten, sich schon zu schade fanden, als dass sie sie ansehen würden.

Und diese Schüler sollten so beliebt unter den Dayclassschülern sein?! Soras erster Eindruck von ihnen war auf jeden Fall ganz tief unter dem Nullpunkt.

 

„Sora!“

Der Ausruf kam von Yuki, sie hatte mit Zero die Nightclassschüler noch bis zum Unterrichtgebäude begleitet. Jetzt lief sie gerade Wegs auf Sora zu. Zero, neben dem sie gerade noch gegangen war, ließ sie stehen.

Die Suzuki ging Yuki etwas entgegen, schließlich musste sie sowieso in die Richtung um zum Wohngebäude zu gelangen.

Keuchend blieb die Tochter des Direktors vor Sora stehen, nur um dann neben ihr her zu schlendern und Sora neugierig betrachtend.

„Ich wusste gar nicht, dass du Kaname-senpai kennst. Warum hast du nichts gesagt?“, begann Yuki.

Das andere Mädchen zuckte mit den Schultern und antwortete: „Ich wusste ja gar nicht, dass er hier zur Schule geht und dann noch zur Nightclass gehört.“

Mittlerweile waren beide an Zero angekommen und gingen zu dritt Richtung Wohngebäude der Dayclass.

„Woher kennt ihr euch?“, erkundigte Yuki sich bei ihrer Zimmergenossin interessiert. Das blauäugige Mädchen machte auf Yuki nicht den Eindruck eine Hunter zu sein und wenn es tatsächlich so sein würde hätte ihr Vater Yuki und Zero informiert – außerdem würde Kaname nie so vertraut mit einer Hunter sprechen. „Er ist ein Freund meiner Familie.“, antwortete die Suzuki, woraufhin selbst Zero die Augenbrauen zusammenzog. Seit wann hatte Kaname etwas mit einfachen Menschen zu tun? Der Name Suzuki war zwar weit verbreitet in Japan, aber auch nur in menschlichen Kreisen.

„Ich habe aber auch eine Frage!“, grinste Sora und riss somit Zero und Yuki aus ihren Gedanken, bevor sie diese noch vertiefen konnten. „Wie kann es sein, dass die Mädchen wirklich so ausflippen?! Mir kommt die Nightclass total abgehoben vor. Ich gebe zu, sie sehen mehr als gut aus, aber sind die Mädchen wirklich so blind, dass die nicht sehen wie eingebildet die sind?“

Yuki lachte leicht. „Scheinbar. Du bist jedenfalls die erste, die ich so habe reden hören. Aber so haben Yori und ich wenigstens unsere Ruhe. Wir haben schon mit jemanden gerechnet der uns die ganze Zeit von der Nightclass die Ohren voll labern wird.“

Auf diese Aussage reagierte Sora, indem sie heftig mit dem Kopf schüttelte. „Soweit kommt's noch!“

 

Wenige Sekunden später fingen beide an zu lachen. Ja, dachten sich beide, wir werden bestimmt gute Freundinnen!

 

Keine von ihnen bemerkte, dass selbst Zero leicht schmunzelte. Das Mädchen hatte allein durch ihre Aussage gegen die Vampire einige Pluspunkte bei ihm gesammelt.

Erste Eindrücke – Erster Tag - Erste Probleme

Allwissender Erzähler

Die erste Nacht in der Cross-Academy verlief ruhig. Zwar war es für Sora ungewohnt nicht in vertrauter Gegend zu schlafen, aber nach dem sie ihren Ipod angemacht hatte und sich ihre Kopfhörer in die Ohren steckte, schlief sie schon nach kurzer Zeit ein.

Am nächsten Tag war Sora soweit ausgeruht, dennoch wurde sie auf dem Weg zum Unterrichtsgebäude nervös. Erster Schultag bedeutete immer, dass man sich vorstellen musste und das führte dazu, dass man Aufmerksamkeit bekam.

Die Suzuki war nicht schüchtern und konnte, wenn ihr mal was nicht passte, ganz schön laut werden, aber Aufmerksamkeit war nicht unbedingt das was sie mochte. Gut, wenn sie Aufmerksamkeit von wenigen Personen bekam, war es ja noch okay. Aber das hier war etwas völlig anderes. Der erste Eindruck zählte immer. Egal wo und wer man war.

Bestimmt war ihr linkes Auge schon rot vor Aufregung. Sie hoffte, dass es nicht zu stark war und dass es zu keinen unangenehmen Fragen kam.

Nachdenklich und nervös mit den Händen spielend, sah Sora auf den Boden und achtete kaum auf den Weg. Ihre Zimmergenossen würden sie schon rechtzeitig warnen, sollte sie geradewegs auf einen Baum zugehen. Viel wichtiger war jetzt erst mal, wie sie sich gleich vorstellen sollte.

Sollte sie einen auf cool machen? Jo, ich bin Sora. Was geht?

Oder doch lieber die höflichere Variante? Ich bin Sora Suzuki. Es freut mich euch kennenzulernen.

Oder würde es vielleicht sogar so weit kommen, dass Sora vor Nervosität stottern würde? Oder noch schlimmer, vielleicht sogar umkippen würde?!

Na super, ich sehe jetzt schon meinen Spitznamen vor mir: Sora, die die vor Nervosität so blöd ist und umkippt. Oder ne, der ist zu lang...

Bevor das Mädchen sich weiter mit ihrem zukünftigen Spitznamen beschäftigen konnte, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, indem Yori ihr lächelnd auf die Schulter klopfte. „Mach dir nicht zu viele Gedanken. Im schlimmsten Fall, hast du ja noch Yuki und mich.“

Ein kleines Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Na wenigstens zwei denen es egal war und egal was passieren würde, sie würden hinter Sora stehen.

 

 

 

Äußerlich ging Sora ruhigen Schrittes auf den Platz neben Yuki zu, von dem sie nur noch wenige Meter entfernt war. Man sah ihr nicht an, dass sie in ihrem Inneren gerade vor Aufregung starb. Eigentlich lief die Vorstellungsrunde ganz gut ab. Zuallererst hatte sie vor der Klasse auf den Sensei gewartet, die anderen beiden Mädchen waren schon Mal in die Klasse gegangen. Yuki hatte Sora erzählt, dass der Sensei momentan nicht gut auf die Kurosu zu sprechen war, da sie die letzten Male immer wieder zu spät kam.

In den Minuten, die Sora vor der Klassentür auf den Sensei wartend verbracht hatte, gingen hin und wieder Schüler an ihr vorbei und sahen sie neugierig an. Sora, sich der Aufmerksamkeit sehr wohl bewusst, hatte versucht sich abzulenken in dem sie ein wenig an ihrem Rock rum zupfte. Er war, ihrer Meinung nach, immer noch zu kurz.

Irgendwann war Zero dann auch noch aufgetaucht und war ins Klassenzimmer geschlurft. Er sah müde aus und man konnte seine schlechte Laune schon vom weiten sehen, was der Grund war, weshalb Sora einige Schritte zurück ging als er kam. Der Typ konnte ganz schön gefährlich werden, vermutete sie.

Kurz darauf kam dann endlich der Sensei und bat sie noch weiter draußen stehen zu bleiben, bis er sie rein holen würde.

Kaum hatte dieser die Klassentür hinter sich zu geschlossen, hätte Sora vor Frust, am liebsten ihre Faust in die Wand geschlagen. Musste der das unnötig hinauszögern?! Konnte sie das nicht endlich mal hinter sich kriegen?!

Es kam Sora wie eine halbe Ewigkeit vor – es waren in Wirklichkeit nicht mal drei Minuten gewesen –, als man sie endlich rein bat.

Die Vorstellung selbst verlief wie gesagt eigentlich ganz gut ab, sie hatte weder gestottert, noch war sie zusammen geklappt. Für welche Variante Sora sich am Ende entschieden hatte, konnte sie selbst nicht mehr sagen. Sie hatte ihre komplette Vorstellung nicht wirklich mitbekommen und war eigentlich nur damit beschäftigt gewesen nicht doch umzufallen. Dass sie nicht gestottert hatte, wusste sie auch nur, weil sie Yuki gefragt hatte, kaum dass sie sich gesetzt hatte.

An ihrem Platz fischte Sora erst einmal einen Collegeblock und ihr Mäppchen aus ihrer Tasche.

Sie hatten Mathe.

Sora hasste Mathe.

Dennoch versuchte das Mädchen im Unterricht zuzuhören und zu verstehen. Wobei der zweite Teil wirklich nicht einfach war.

Sie hatte nie wirklich verstanden wofür man das Fach eigentlich brauchte. Klar, in vielen Berufen musste man wissen wie viel Prozent das von dem da war. Aber in kaum einem Job musste man diesen blöden Pythagoras benutzen! Also, warum musste man das können?!

 

Ein Blick auf die Uhr, die über der Tafel hing, und Sora seufzte auf. Noch eine komplette halbe Stunde.

Das überlebe ich nicht, dachte sie und stützte ihren Kopf auf einer Hand ab und starrte weiter nach vorne. In Gedanken ganz weit weg von Mathe.

Bis Yuki einen kleinen Zettel zu ihr rüber schob.

Neugierig nahm sie das Stück Papier in die Hand und faltete ihn auf.

Hab ich mir das nur eingebildet oder war dein linkes Auge vorhin wirklich rot?

Ein Seufzen entwich Sora. Dann hatte sich ihre Vorahnung also bestätigt. Kopfschüttelnd nahm sie ihren Kulli in die rechte Hand und begann Yuki zu antworteten und ihr den Zettel wieder unauffällig zu schob.

Keine Sorge, du hast dir nichts eingebildet. Mein Auge war tatsächlich rot. Ich leide an einer Pigmentstörung.

Sora sah wie Yuki verständnisvoll nickte, woraufhin sie den Zettel wieder an sich nahm und ihn in ihren Collegeblock zwischen mehreren Blättern legte.

 

 

 

Die restlichen Unterrichtsstunden vergingen schleppend. Yuki schlief nach einiger Zeit auf ihrem Platz ein, Yori schrieb sich eifrig Notizen mit und Sora zeichnete Strichmännchen in ihren Collegeblock und hörte mit halben Ohr zu. In der ersten Pause wurde Sora von neugierigen Schülern überschwemmt. Doch die ließen sie nach einigen Fragen wieder in Ruhe. Ihr wurden typische Fragen gestellt, woher sie kam oder warum sie auf die Cross-Academy gewechselt hatte.

Als Soras erster Schultag endlich vorbei war, war sie unendlich erleichtert, aber auch müde. Was den Unterrichtsstoff anging, war diese Schule in den meisten Fächern viel weiter als Soras alte Schule und da half es auch nicht, dass der Unterricht zum einschlafen war.

Sie wusste jetzt schon nicht, wie sie die im Dezember anstehenden Prüfungen schaffen sollte. Und dabei war es gerade erst Mitte September.

Die meisten Schüler hatten den Klassenraum bereits verlassen, als Sora auch endlich aufstand und sich streckte. Yuki, die bis gerade eben immer noch ein Nickerchen gemacht hatte, packte ebenfalls erst jetzt ihre Sachen ein.

„Ich versteh nicht, wie du den Unterrichtsstoff verstehen kannst, wenn du sowieso den ganzen Tag verpennst.“, beschwerte sich die Suzuki und schloss ihre Tasche.

„Da irrst du dich!“, lachte Yuki, die jetzt auch aufstand und ihre Tasche in die Hand nahm. „Ich schreibe ständig schlechte Noten. Prüfungen überstehe ich auch nur, dank meinem Nachhilfelehrer, gerade so.“ Zusammen verließen sie das Klassenzimmer. Yori war schon direkt nach dem Gong der Klingel gegangen, weil sie noch etwas in der Bibliothek abgeben musste.

„Und wen hast du als Nachhilfelehrer?“, fragte Sora neugierig, als sie den Flur entlang gingen.

Der Flur sah dem von dem Wohngebäude der Dayclass sehr ähnlich. Nur war der Abstand zwischen den Türen größer und die Aussicht von den Fenstern zeigte auf den Schulhof.

„Zero.“

Auf Yukis Antwort verzog Sora nur das Gesicht. Musste es ausgerechnet Zero sein?

Yuki, die Soras Reaktion sehr wohl sah, musste kichern. „So schlimm ist Zero gar nicht, wenn man ihn erst kennt.“

„Das mag sein. Aber eigentlich wollt ich denjenigen fragen, der dir Nachhilfe gibt, ob er mir auch welche gibt. Aber Zero... ich glaub noch nicht mal, dass er mich mag.“, murrte die rot-blauäugige.

„Wie kommst du darauf? Okay, ist ja gut! Ich weiß, Zero mag viele nicht, aber du hast ihm bisher noch keinen Grund gegeben, dass er dich nicht mögen sollte.“, verteidigte Yuki Zero als sie Soras ungläubigen Blick bemerkte. Dieser Blick verwandelte sich rasch in einen zerknirschten, woraufhin die Kurosu die Stirn runzelte und misstrauisch fragte: „Was hast du gemacht?“

„Es könnte womöglich möglich sein, dass ich zufälligerweise, als ich ihn zum ersten Mal sah, ihn etwas blöd angemacht habe. Und das könnte möglicherweise dazu geführt haben, dass Zero mich für ein verwöhntes Balg hält.“, erzählte Sora widerwillig und verließ mit ihrer neuen Freundin das Unterrichtsgebäude.

Kopfschüttelnd blieb Yuki stehen und stemmte ihre Hände in die Hüfte. „Da bist du selbst Schuld!“

„Ich weiß.“, jammerte sie und blieb ebenfalls stehen. „Was soll ich denn jetzt machen? Ich bin erst ein Tag hier und weiß jetzt schon, dass die Prüfungen der Horror für mich sein werden!“

„Also erst einmal, wart noch etwas ab, bevor du den Teufel an die Wand malst! Vielleicht wird es gar nicht so schlimm und du verstehst nach einiger Zeit den Stoff. Bis zu den Prüfungen dauert ja noch.“, versuchte Yuki Sora aufzumuntern und ging weiter.

Sora folgte ihr.

„Und zweitens gibt es hier auch noch andere Schüler als Zero, die dir den Stoff beibringen können und erst einmal helfen Yori und ich dir gerne.“, lächelnd sah Yuki Sora an, woraufhin diese zurück lächelte.

„Ihr seid zu nett um wahr zu sein!“

 

 

 

Den restlichen Tag verbrachten Sora und Yuki in ihrem Zimmer und lernten sich besser kennen, bis es Zeit war für Yuki ihren Dienst anzutreten. Bevor sie aber das Zimmer verließ, fragte sie ob Sora vielleicht mit wollte. Diese lehnte jedoch strickt ab. Sie hatte weder Lust, doch noch einen Hörsturz zu erleiden, noch auf die Überheblichkeit der Nightclass. Also ging Yuki allein zum Vertrauensschülerdienst.

Sora wusste, dank Yuki, dass Yori erst kurz vor Ausgangssperre ins Zimmer kommen würde und entschloss sich deshalb noch einen kleinen Spaziergang zu machen und verließ somit ihr Zimmer.

Den See, den sie gestern entdeckt hatte, musste sie einfach noch einen Besuch abstattet. Sora hatte einfach diese Schwäche für Seen, wie andere für Schokolade. Außerdem dauerte es nicht mehr lange bis zum Sonnenuntergang. Spätestens wenn Sora am See ankommen würde, würde die Sonne den Horizont und somit den See berühren und diesen Anblick konnte sie sich einfach nicht entgehen lassen.

Auch heute war der Weg bewuchert mit den verschiedensten Pflanzen, es schien wirklich kaum einer den Ort zu kennen, oder die Schüler hier, interessierten sich einfach nicht für ihn. Auch wenn es für die Suzuki schwer zu begreifen war, dass ihre Mitschüler diesen Ort nicht mögen könnten, traute sie es ihnen tatsächlich zu. So gut kannte die Schüler hier schon. Die waren hier einfach alle seltsam.

Sie musste nur an den Klassensprecher der Dayclass denken. Wie hieß er noch gleich? Kaseumi Kageyama?

 

Wie erwartet berührte die Sonne gerade den See, als Sora aus dem Laub stieg. Ihr stockte der Atem. Dieser Ort hier war wirklich überwältigend schön.

Das Wasser des Sees leuchtete in einem schönen Orange und stand vollkommen still da. Keine Wellen oder Enten die das Bild zerstörten – auch wenn das Mädchen bezweifelte dass dies das Bild zerstören würde. Ganz im Gegenteil. Es würde dem Bild etwas noch friedlicheres geben.

Still setzte Sora sich auf einen der großen Steine die sich am Ufer aufreihten und genoss den Ausblick, bis sie leichte Berührungen an ihrem Bein fühlte und vor Schreck leicht zusammen zuckte. Überrascht sah sie nach unten und fing an zu schmunzeln, als sie sah, wer der Übeltäter für ihren Schock war.

Es war die Katze von gestern, die gerade um Soras Füße strich.

„Na, hallo. Was machst du denn hier?“, fragte sie die Katze, natürlich nicht mit einer Antwort rechnend, und bückte sich zum Tier hinunter um es zu streicheln.

Die Streicheleinheiten schienen der schwarzen Katze zu gefallen, denn sie beugte sich Soras Hand entgegen und fing an zu schnurren.

Gemeinsam saßen beide noch eine Weile am Seeufer und genossen den Ausblick – wobei die Katze eher die Streicheleinheiten genoss.

Heute war einfach nicht ihr Tag – Das Kätzchen braucht einen Namen – Blutgruppe 0

Allwissender Erzähler

Die nächsten Schulwochen verliefen ähnlich, wie Soras ersten Tage und mittlerweile war der September vorüber. Die Bäume verloren langsam ihre bunten Blätter, der Unterricht war zum einschlafen – was Yuki und Zero ausnutzten –, die Pausen verbrachten Sora und ihre Freundinnen entweder im Klassenraum oder draußen auf der Wiese, nach dem Unterricht verschwand Yori in die Bibliothek und Sora und Yuki verbrachten die restliche Zeit, bis zu Yukis Dienst, zusammen. Sobald Yuki ging, ging auch Sora raus, nur ging sie nicht rüber zum Tor der Nightclass, sondern zu ihren momentanen Lieblingsplatz in der gesamten Academy. Dem See.

Um ihre Zeit dort nicht zu verschwenden, nahm sie ihre Schulsachen mit und lernte unten am Seeufer. Mittlerweile hatte Sora einiges vom Unterrichtsstoff verstanden, leider zählte das nicht zu allen Fächern. Die Meisten Probleme hatte sie eindeutig in Mathe. Den Pythagoras hatte sie immer noch nicht ganz verstanden und mittlerweile waren sie schon ein Thema weiter. Die Suzuki hing also deutlich hinterher. Es war sogar dem Sensei schon aufgefallen, der Sora eines Tages nach dem Unterricht sprechen wollte. Es war ein kurzes Gespräch gewesen. Es handelte einfach nur davon, dass Sora ihre Mitschüler um Hilfe beten sollte und sollte das nicht helfen, würde er mit dem Rektor sprechen, damit Sora einen Nachhilfelehrer bekam.

Und obwohl sie dem Rektor noch nie begegnet war und er laut Yuki ein totaler Dusel war, wollte sie ihm auch gar nicht erst begegnen. Früher oder später würden ihre Eltern Wind von der Sache bekommen, sollte sie beim Rektor landen, und ein Gespräch mit denen wollte sie doch lieber, so weit es eben ging, verschieben. Sie war heilfroh, dass sie hier von ihnen befreit war.

Also hatte sie sich, kurz nach dem Gespräch, dazu entschlossen, am See zu lernen.

 

Auch heute lag sie auf dem Bauch auf der Wiese, über ihren Büchern und lernte. Meistens lag sie alleine am See, aber hin und wieder bekam sie von der schwarzen Katze Besuch. Sie trug kein Halsband, weswegen Sora sich nicht sicher war, ob sie überhaupt jemanden gehörte oder einfach nur den Ort rum und in der Cross-Academy mochte. Wenn sie da war, wurde sie meist von Sora mit Streicheleinheiten belohnt – Leckerlis gab es hier ja leider nicht zu kaufen.

Vor einer Woche hatte Sora bemerkt, dass sie die Katze schlecht ständig Kätzchen nennen konnte, schließlich war das kein Name. Leider war ihr bisher kein vernünftiger eingefallen, der zu der Katze passen konnte. Zumal das Mädchen sich nicht mal sicher war, ob sie es wirklich mit einer Katze zu tun hatte. Vielleicht war es ja auch Kater?

Heute jedenfalls war das Tier nicht da. Das hatte eigentlich was gutes, so wurde Sora nicht abgelenkt. Und Ablenkung konnte sie heute wirklich nicht gebrauchen. In wenigen Tagen stand ein kleiner Test in Mathe an, bei dem Sora unbedingt gut abschneiden musste. Dementsprechend fiel auch ihre Stimmung aus. Noch dazu hatte sie heute morgen verschlafen und kam zu spät zum Unterricht. Das führte dazu, dass ihr Sensei, sie nach draußen in den Gang schickte – mit zwei Eimer, gefüllt mit Wasser, in den Händen. Und zum Schluss erfuhr sie noch, dass der Mathe-Test in einigen Tagen anstand. Heute war einfach nicht ihr Tag.

 

Leider schien heute jemand etwas gegen Sora zu haben, denn sie hörte dauernd ein Rascheln, das von dem Wald, hinter Sora, kam. Und jedes mal drehte sie sich um, um zu sehen, was dort war, obwohl es eigentlich nur der Wind oder die Katze sein konnte. Sollte es dennoch ein Schüler wagen sie mit Absicht abzulenken, würde er was von ihr zu hören bekommen.

Zehn Minuten später gab Sora es auf. Das mit dem Lernen würde heute einfach nichts mehr werden, wenn sie schon vom Rascheln der Blätter abgelenkt wurde.

Seufzend setzte sich das Mädchen auf und blickte nachdenklich auf den See vor ihr. Sie hatte Kaname gar nicht mehr gesehen. Nicht seit dem Abend vor ihrem ersten offiziellen Schultag. Ein wenig schade fand sie es schon, wo sie sich doch so lange nicht mehr gesehen hatten und nun auf die selbe Schule gingen. Aber Sora wüsste auch gar nicht, worüber sie sich mit ihm unterhalten sollte. Und außer-!

Ein Knacken riss sie aus ihren Gedanken. Erschrocken drehte sich die Brünette um und sah, mit geweiteten Augen, direkt in eisblaue Seelenspiegel.

Es dauerte einige Augenblicke bis Sora realisierte, was da vor ihr stand und sie ihre Hand auf ihre Brust legte um ihren Herzschlag zu verlangsamen.

Da stand tatsächlich ein großer, schlanker Nightclassschüler und hatte sich leicht zu ihr gebeugt. Misstrauisch musterte sie ihn von unten und fragte mit wütender Stimme: „Sag mal, musst du dich so anschleichen?!“

Der Junge vor ihr hatte blondes, zerzaustes Haar, das ihm leicht ins Gesicht fiel. Dazu hatte er eisblaue Augen, die – wie Sora ungern zugab – wirklich wunderschön aussahen, hätten sie nicht einen überheblichen Ausdruck, den sie schon einmal gesehen hatte. Es war der selbe Ausdruck den sie bei den Nightclassschülern gesehen hatte. Deswegen war Sora sich absolut sicher, dass er zur Nightclass gehörte. Auch wenn er keine Uniform, sondern modische Freizeitkleidung, trug. Noch dazu hatte sie ihn in den letzten Wochen nie in der Dayclass gesehen.

Zu Soras Missgunst schien der Schüler vor ihr, im Gegensatz zu ihr, auch noch ganz schön groß zu sein, soweit sie das im Sitzen sagen konnte. Mindestens 1,75 m groß war er.

Alles in einem sah er gut aus. Sehr gut. Aber das hinderte Sora nicht daran, wütend auf ihm zu sein. Wie bereits erwähnt war sie heute sehr schlecht gelaunt. „Und was machst du überhaupt hier?! Der Übergang hat längst angefangen!“

Der Junge – wobei man schon junger Erwachsener sagen konnte – hob eine seiner blonden Augenbrauen hoch. Das verstärkte seinen Überheblicheneindruck auf Sora, nur noch mehr. „Was ich hier mache? Die bessere Frage ist: Was machst du hier? Mir ist neu, dass Dayclassschüler hier her Zutritt haben.“, fragte er mit vergnügter Stimme.

Würde Sora knurren können, hätte sie das eindeutig gemacht. Stattdessen mahlte sie nur die Zähne aufeinander. Sie wusste, dass ihr linkes Auge langsam röter wurde. „Achja? Steht hier irgendwo ein Schild auf dem das steht?! In den Schulregeln steht das jedenfalls nicht!“

Empört schnappte sie nach Luft, als der ihr immer noch unbekannte Junge anfing zu kichern.

„Du bist doch bestimmt über die Brücke gegangen und da steht ganz klar ein Schild, auf dem zu lesen ist, dass ihr hier keinen Zutritt habt. Aber keine Sorge, ich werde dich schon nicht beim Rektor verpetzten.“, sagte er und zwinkerte er ihr zu.

„Geh doch von mir aus zum Rektor, dann kann ich ihm auch sagen, dass du nicht beim Unterricht bist!“, fauchte sie ihn an.

Er schmunzelte. „Du scheinst dich hier an der Schule wirklich noch nicht ganz auszukennen. Wir aus der Nightclass dürfen ruhig hin und wieder den Unterricht schwänzen. Im Gegensatz zu dir werde ich keine Probleme kriegen.“

 

Das war gelogen. Wenn Kaname erfahren würde, dass er sich einer Dayclassschülerin genähert hatte, dürfte Hanabusa wieder mal, mit einem Eimer auf dem Kopf, im Flur stehen und sich den Blicken der anderen aussetzten. Aber das wusste die kleine Brünette ja nicht.

Apropos kleine Brünette. Diese wandte sich tatsächlich einfach von ihm ab und begann ihre herumliegenden Sachen in ihre Schultasche zu stopfen.

Nicht gewohnt, dass er von einem Menschenmädchen ignoriert wird, zog er eine Augenbraue hoch und hob ebenfalls ein Blatt, von dem Mädchen, auf und beäugte es interessiert.

Das Blatt war vollgeschrieben mit verschiedenen Formen, Kritzeleien und Randnotizen. Laut der Überschrift sollte das wohl der Pythagoras sein, obwohl Hanabusa in den Kritzeleien diesen kaum erkannte. Schien so, als ob das Mädchen Probleme in Mathe hatte. Oben in einer Ecke stand das Wort Test und ein Datum umkreist. Wenn Aido es richtig im Kopf hatte, dauerte es bis zu dem Tag nicht mehr lange und es schien so, als ob sie von dem Thema keine wirkliche Ahnung hatte.

Das Mädchen am Boden hatte mittlerweile ihre Sachen in ihre Tasche gestopft und stand auf. Sie war wirklich klein. Sie musste ihren Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht zu sehen. Das gefiel Hanabusa. Er fand es, merkwürdigerweise, süß.

Bevor er sich über diesen Gedanken wundern konnte, fing der Mensch vor ihm an zu sprechen „Wärst du vielleicht so freundlich mir das Blatt wieder zu geben? Das brauche ich noch!“, forderte sie ihn auf.

„Ich weiß ja nicht. Was hier steht, wird dir gar nicht helfen.“, entgegnete der Vampir ihr, legte seinen Kopf leicht schief und sein Blick schweifte wieder über das Blatt vor ihm. „Alles was hier steht ist kompletter Unsinn.“

 

Sora fletschte die Zähne. Was bildete sich dieser.... Junge eigentlich ein?! Als ob er davon Ahnung hätte. Er sah jedenfalls nicht so aus, als ob er, außer vielleicht von der neusten Mode, überhaupt etwas wusste! „Das ist ja wohl mein Problem.“, presste sie hervor.

Bloß nicht die Fassung verlieren., wiederholte sie in ihrem Kopf immer wieder wie ein Mantra.

Wieder zog der Nightclassschüler vor ihr eine Augenbraue hoch – hatte er eine Art Muskelkrankheit oder warum tat er das die ganze Zeit?! – und richtete seinen Blick wieder auf Sora. Er musste seinen Kopf senken, so wie sie ihren nach oben, um ihr ins Gesicht zu sehen. Manchmal verfluchte sie ihre 155 cm.

„Wenn du willst kann ich dir Nachhilfe geben.“, bot er ihr an.

Nachhilfe?! Von dem da?! Der konnte doch bestimmt noch nicht mal das ein-mal-eins! Gut, Sora brauchte wirklich Nachhilfe, das wusste sie selbst. Aber doch nicht von so einem eingebildeten Typen! Da kann sie gleich Zero anbetteln.

Ihr Verhältnis zu Zero hatte sich in den letzten Wochen nicht wirklich verbessert, aber auch nicht verschlechtert. Das lag wohl daran, dass die beiden nicht wirklich was miteinander zu tun hatten. Sie hatten zwar zusammen Unterricht, saßen aber noch nicht mal neben einander – er saß hinter ihr – und außer das er hin und wieder mit Yuki sprach, hatte Sora nichts mit ihm zu tun. Und dennoch würde sie lieber Zero anbetteln von ihm Unterricht zu bekommen, als von dem da – dieser hatte sich im übrigens immer noch nicht vorgestellt!

„Danke, darauf kann ich gerne verzichten.“, lehnte sie mit gespielter, zuckersüßer Stimme ab. Vielleicht würde er verschwinden, wenn sie nett war. Sie wollte jetzt nur noch in ihr Zimmer.

„Danach sieht es nicht so aus, wenn ich mir deine Notizen so ansehe.“, entgegnete er ihr mit überheblicher Stimme.

„Aber du verstehst das, ja?!“, keifte sie ihn an und schmiss ihren Vorsatz nett zu sein gleich wieder über Bord. Sie wusste, es war nicht gerecht von ihr, dass sie ihn jetzt so blöd anmachte. Eigentlich hatte er ihr ja nichts getan! Aber heute war sie einfach viel zu gereizt.

Erst die Dinge, die in der Schule passiert waren und jetzt das hier! Sora hatte, ihrer Meinung nach, die perfekte Ausrede für ihre Laune.

„Ja, ich versteh das. Ob dus glaubst oder nicht, wir von der Nightclass sind nicht so dumm, wie du vielleicht annimmst.“, antwortete er ihr.

 

Hanabusa selbst wusste nicht, warum er ihr Nachhilfe anbot. Vielleicht war es Langeweile, vielleicht auch was anderes. Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er es wollte, warum auch immer.

Das Mädchen vor ihm war anders als alle anderen Mädchen, denen er bisher begegnet war. Es war immer so gewesen, dass man in anhimmelte und um seine Aufmerksamkeit buhlte. Bei ihr schien es das komplette Gegenteil zu sein.

„Sag mal, wie heißt du eigentlich?“, ihm war gerade erst aufgefallen – nach über zehn Minuten Unterhaltung – , dass er ihren Namen nicht wusste und schließlich konnte er sie nicht die ganze Zeit das Mädchen nennen.

„Normalerweise stellt man sich erst selbst vor.“, konterte sie und stemmte ihre Hände in ihre Hüfte. Jetzt fielen ihm ihre Augen auf. Sie waren blau, ungewöhnlich für Brünetten, aber das wohl ungewöhnlichste war wohl, dass das Linke Auge zum Teil sogar rot war. Was stimmte nicht mit diesem Mädchen? Erst schien sie seinem Charme nicht zu verfallen – ganz im Gegenteil sogar! – und jetzt diese seltsamen Augen. Warum waren sie ihm nicht gleich aufgefallen? Obwohl klar: Das erste was er an ihr bemerkt hatte, war der leichte, leckere Geruch ihres Blutes. Blutgruppe 0, lecker – auch wenn Hanabusa keine bestimmte Blutgruppe vorzog.

„Hanabusa Aido. Sehr erfreut.“, stellte sich der Vampir vor und lächelte sie mit seinem sonst so, unwiderstehlichen Lächeln, an. „Und mit wem habe ich die Ehre?“

 

Redete er immer so geschwollen? Sora wusste nicht ganz, was sie davon halten sollte. In irgendeiner Weise gefiel es ihr sogar. Schwachsinn! Er spielt dir hier doch nur was vor., rief sie sich ins Gedächnis und öffnete ihren Mund um zu antworteten.

„Sora Suzuki.“, antwortete sie ihm schließlich und ließ ihre Hände von ihrer Hüfte sinken. Sie war müde und hatte von jetzt auf gleich die Lust am Diskutieren verloren. „Wenn du mich nun bitte durchlassen würdest. Die Sperrstunde fängt gleich an und ich habe keine Lust von Zero erwischt zu werden.“

Hanabusa – ein, wie Sora zugeben musste, schöner Name – nickte und lächelte sie weiterhin an „Dann sehen wir uns morgen. So um 16 Uhr. Ich werde auf dich warten. Gute Nacht.“ Damit drehte er sich um und ging.

Ja, er ging. Er ging ohne weiteres. Ohne auf eine Reaktion von Sora zu warten oder sich noch einmal umzudrehen. Empört schnappte sie nach Luft! Was bildete sich dieser... Junge eigentlich ein?! Als ob sie einfach kommt, wenn er sie ruft. Der konnte morgen lange warten, sie kam ganz sicherlich nicht!

Seufzend begab sie sich in die entgegengesetzte Richtung, in die Hanabusa gegangen war. Ihr Blatt mit den Notizen hatte sie immer noch nicht wiederbekommen.

„Hanabusa, hmh?“, murmelte sie vor sich hin und rieb sich müde die Augen.

Heute war wirklich nicht ihr Tag.

Die Erde ist dreckig - Neugierige Zimmergenossin

Allwissender Erzähler

Die komplette letzte Nacht war Hanabusa im Wald spazieren gewesen und hatte an die Begegnung mit dem Menschenmädchen gedacht. Warum hatte er ihr Hilfe angeboten? Er war doch sonst nicht so. Ganz im Gegenteil. Er hätte seinen Charme spielen lassen und vielleicht sogar etwas von ihrem Blut gekostet. Die Konsequenzen dabei ignorierend. Aber da war ein Haken. Dieses Mädchen – Sora, wie sie sich vorstellte – schien gar nicht seinen Charme zu verfallen. Das einzige Menschenmädchen, das ihm bisher widerstehen hatte, war Yuki gewesen und das wohl auch nur, weil sie wusste, dass er ein Vampir war. Sora war eine Herausforderung, da war sich Hanabusa sicher. Es knackste an seinem Ego, dass sie ihm widerstehen konnte, aber das würde er noch ändern.

Kurz bevor die Sonne aufgegangen war und die anderen Nightclassschüler wieder in ihr Wohnheim kamen, fasste Hanabusa einen Entschluss. Er würde sie schon noch mit seinem Charme rum bekommen. Er hatte auch schon einen Plan, wie er es schaffen würde.

 

 

 

Sora konnte nicht fassen, was sie gerade tat und verfluchte sich gedanklich selbst. Sie hatte doch gesagt, dass sie nicht kommen würde und was tat sie jetzt? Genau, sie stapfte durch den Wald, auf den Weg zum See. Warum tat sie das überhaupt?! Als könnte dieser – Sora fiel leider immer noch keine passende Beleidigung für ihn ein – Junge ihr alles befehlen und sie würde es tun! So wie ein kleiner, verängstigter Welpe. Dabei war sie noch nicht mal ein Hunde-Fan.

Sie hatte Niemanden, weder Yuki, noch Yori erzählt, dass sie einem Nightclassschüler begegnet war. Sie hatte zwar kein gutes Gefühl dabei, es ihnen zu verschweigen, dennoch hatte sie es getan. Es war einfach ein innerer Impuls gewesen, darüber zu schweigen. Außerdem war Yuki eine Vertrauensschülerin, die es bestimmt nicht dulden würde, würden sich Day- und Nightclassschüler treffen. Auch wenn es nur um zu lernen war.

Sie hatte gestern den restlichen Abend und heute den gesamten Schultag damit verbracht, über das gestrige Treffen nachzudenken. Mittlerweile erinnerte sie sich daran, dass sie den Jungen schon einmal gesehen hatte. Es war, als sie das erste und das einzige Mal beim Wechsel dabei gewesen war. Er war ihr nur einfach nicht weiter im Gedächnis geblieben

Sora wusste, dass Yuki und Yori mitgekriegt hatten, dass sie mit ihren Gedanken nicht anwesend war. Sie hatte ihre besorgten Blicke den gesamten Schultag über auf sich gespürt, dennoch hatten weder Yuki, noch Yori sie darauf angesprochen, wofür Sora ihnen undenklich dankbar war. Hätten die beiden Sora nämlich gefragt was los wäre, hätte sie auf jeden Fall die Wahrheit gesagt. Sora konnte und wollte nicht Lügen. Sie hasste Lügen und so verschwieg sie es ihnen nur.

Aber weiter darüber nachdenken wollte sie nicht, das würde nur ihr schlechtes Gewissen steigern, was dazu führen würde, dass sie sich umdrehen, den Weg zurück gehen und beiden Mädchen gestehen würde, was los mit ihr war. Das würde bestimmt dazu führen, dass beide ihr verbieten würden, sich mit dem Nightclassschüler zutreffen und ihr selbst beim Lernen zu helfen. Aber genau das wollte Sora gar nicht. Beide hatten selbst genug zu tun.

Und wenn ihr schon von jemanden Hilfe angeboten wurde, sollte sie das doch auch ausnutzen! Jetzt musste sie nur noch hoffen, dass dieser Hanabusa ihr auch wirklich helfen konnte und auch würde.

Es war ihr ein Rätsel, warum er ihr überhaupt Hilfe anbot. Er und auch die gesamte restliche Nightclass machten auf Sora einen arroganten und keinen netten, Hilfebereiten Eindruck. Sie war sich sicher, früher oder später würde er etwas von ihr verlangen, womit sie überhaupt nicht einverstanden war.

Sie seufzte. Eigentlich blieb ihr nichts anderes übrig, als zu hoffen. Hoffen, dass er nichts zu schlimmes verlangte und ihr wirklich helfen konnte.

Vor wenigen Minuten hatte sie die Brücke überquert und Hanabusa hatte Recht gehabt. Dort stand tatsächlich ein Schild mit der Aufschrift: Kein Zutritt für Dayclassschüler. Sora nahm an, dass sie das Schild nie gesehen hatte, weil Blätter, Büsche und weiteres Grünzeug es bestimmt verborgen hatten, jetzt, wo es langsam Richtung Winter ging und die Blätter abfielen, fiel es ihr doch auf.

Außerdem verstand Sora nicht, warum der Zutritt für Dayclassschüler verboten war. Und das sich wirklich alle daran hielten, fand Sora seltsam. Waren sie alle so ängstlich, dass sie sich diesen schönen See sparten?! Sora jedenfalls, würde weiterhin dorthin gehen. Warum auch nicht? Bisher wurde sie nur von diesem einem Nightclassschüler erwischt und er sagte, er würde sie schon nicht verpetzen. Erschreckender Weise glaubte sie ihm sogar.

Sora sah, wie die Bäume langsam weniger wurden. Musste der Nightclassschüler also doch nicht so lange warten wie geplant.

 

 

Gähnend setzte sich Hanabusa auf einen der großen Steinen und blinzelte in die Sonne, die heute mal von keinen Wolken bedeckt wurde. Und obwohl ein recht kühler Wind wehte, war es heute seit langem mal wieder wärmer. Hinter seiner Hand, die seinen Mund verdeckte, blitzte sein Zahn vom Sonnenschein auf. Es war noch viel zu früh für einen Vampir wie ihn, um hier zu stehen und zu warten. Akatsuki hatte ihn schon seltsam angeguckt, als er um diese frühe Uhrzeit aufstand, sich umzog und aus dem Zimmer verschwand. Das war das Gute an Akatsuki. Er stellte keine überflüssigen Fragen, sondern ließ Hanabusa einfach handeln. Hin und wieder wandte er natürlich was ein, wenn Hanabusas Aktionen zu große Konsequenzen mit sich tragen würde, aber sonst ließ er ihn in Ruhe. Akatsuki war für Hanabusa ein echter Freund und Hanabusa wäre ohne ihn wohl verloren, dass wussten beide.

Glücklicherweise war er auf dem Weg nach draußen niemanden begegnet, was aber eigentlich kein Wunder war. Es war wohl für jeden Vampir noch zu früh, um unterwegs zu sein. Normalerweise ging der Wecker für sie erst in dreieinhalb Stunden.

Seine Aufmerksamkeit wurde auf den Wald vor sich gerichtet. Er hatte mit seinem vampirischen Gehör leichte Schritte vernommen. Das musste Sora sein. Ein Lächeln breitete sich unbewusst in seinem Gesicht aus und er stand wieder auf. Sie war wirklich gekommen. Er hatte fest damit gerechnet, dass er hier umsonst stand. Schien so als ob er seinen Charme wohl doch noch nicht verloren hatte.

Als er aber merkte, wie er lächelnd auf den Wald mit den bald kahlen Bäumen sah, runzelte er die Stirn und sein Lächeln verschwand. Er kam sich vor, wie ein verknallter Romeo der auf seine angebetete Julia wartete. Was für ein Schwachsinn.

 

Sora erkannte Hanabusas Silhouette schon als sie aus dem kahlen Wald hervortrat. Ein angenehmes Gefühl durchflutete sie. Sie hatte doch ein wenig Angst gehabt, dass er sie sitzenlassen würde und es gestern nur ein Scherz für ihn war. Jetzt aber breitete sich Erleichterung in ihr aus. Sie beschleunigte ihre Schritte ein wenig und es dauerte nicht lange bis sie bei ihm ankam. „Hi.“, begrüßte sie wortkarg. Sie war erleichtert das stimmte – skeptisch aber auch noch.

„Du bist gekommen!“, begrüßte er sie und sie nickte.

„Ich bin so nett und lasse dich hier nicht, wie geplant, alleine in der Kälte sitzen.“

„Wie Ladylike, ganz anders als gestern.“, grinste er sie an. Sein Grinsen war ansteckend und Sora konnte nicht verhindern wie auch sie anfing zu grinsen.

„Du kennst mich halt nicht. Meine gestrige Laune war eine Ausnahme und dürfte nicht wieder vor kommen.“ „Versprochen?“ Ihr Grinsen verstärkte sich. „Ich verspreche nichts, was ich nicht halten kann. Jetzt will ich aber keine Zeit mehr verschwenden! Los, setz dich hin!“, befahl sie ihm und setzte sich, ohne ihn noch einmal anzusehen, selbst auf den Boden und kramte in ihrer braunen Schultasche nach ihren Notizen.

 

Hanabusa zögerte und besah sich den Boden genauer. Grüner, teils brauner Boden. Wenn er sich setzten würde, wäre seine Kleidung mit Sicherheit hinüber und das was er heute trug war teure Markenkleidung! Vielleicht sollte er sich die Steine doch vorlieb nehmen. Irgendwo anders konnten sie ja nicht hin. Überall könnten sie von entweder Nightclass- oder Dayclassschüler lauern. Hier war der einzige Ort der weder von Menschen, noch von Vampiren benutzt wurde. Die Menschen wussten entweder nicht, dass es ihn gab und wenn doch, dann nicht, dass man von hier ganz leicht zum Nightclassgebäude kam und betraten diese Lichtung nicht, weil es verboten war. Und die meisten Vampire interessierten sich für diesen Ort nicht. Hanabusa hatte hier noch nie jemanden gesehen und er kam oft her. Hier war es ruhig und auch wenn wohl kaum zu den immer spaßigen Vampir passte, zog er sich hierher oft zurück und genoss den Ausblick. Desto überraschter war er gewesen, als er Sora hier sah. Er hatte sie nicht gestern zum ersten Mal bemerkt. Er wusste, dass sie schon seit einigen Wochen immer wieder hier hin kam,. Zum einem war fast der komplette Platz mit ihrem Geruch – den Hanabusa zum sabbern lecker fand – eingehüllt und zum anderen hatte er sie hier hin und wieder beobachtet. Dennoch trat er erst gestern aus seinem Versteck hervor und zeigte sich ihr.

 

Sora, die bemerkte hatte, dass Hanabusa immer noch stand und nachdenklich auf den Boden sah, blickte zu ihm fragend hinauf. Hatte er es sich etwa doch noch anders überlegt? „Ist was oder warum setzt du dich nicht?“, fragte sie ihn direkt, weil sie mit der Antwort nicht warten wollte. Erschreckt sah Hanabusa auf. Hatte sie ihm aus seinen Gedanken gerissen?

„Der Boden.“, antwortete Hanabusa, so als ob diese Antwort alles erklärte und sah sie erwartungsvoll an.

Der Boden? Verwundert sah Sora auf den Boden auf dem sie saß. Außer ein paar Blättern, Erde und einige Armeisen sah Sora nichts. Weshalb also sah Hanabusa sie so erwartungsvoll an? Wieder blickte sie nach oben in sein Gesicht und fragte: „Was ist denn da?“

„Na, er ist dreckig!“, antwortete Aido so, als ob das alles

Eine von Soras Augenbrauen wanderte nach oben. „Das hat Erde so an sich.“

Aido schnappte nach Luft. „Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich mich da hinsetzte! Das ist Markenkleidung!“

Sora verdrehte die Augen. Natürlich musste ich mir einen Schnösel anlachen. „Dann setz dich halt auf den Stein da!“, schlug sie ihm vor und zeigte auf einen kleinen Stein unweit von ihr.

 

Als er sich, nach einigen hin und her, doch noch auf den Stein setzte, sagte er und grinste dabei: „Dann lass uns mal anfangen. Ich hab nicht den ganzen Abend Zeit.“

Daraufhin mahlte Sora ihre Zähne wiedereinmal aufeinander. „Wer von uns hat sich gerade noch so angestellt, dass der Boden so dreckig sei und hat unsere Zeit verschwendet?! Ich oder du?!“

Hanabusa grinste. Es gefiel ihm, wenn sie wegen ihm die Beherrschung verlor. Er hoffte nur, dass das nichts an seinem Plan ändern würde.

„Jetzt grins nicht so blöd!“, fauchte sie ihm an und tatsächlich fingen sie letztendlich anzulernen.

 

 

Die Zeit verging überraschenderweise schneller als Sora es angenommen hatte. Als Sora endlich ihr Heft zuschlug, war es kurz vor Ausgangssperre und das Lernen hatte geholfen und – seltsamerweise – sogar Spaß gemacht. Sie schafften es zwar des öfteren sich gegenseitig auf die Palme zubringen, aber dennoch nahmen es beide mit Humor.

Hanabusa hatte sich während der Lernphase neben Sora auf den Boden bequem gemacht, nachdem er sich aber erst einmal über den unbequemen Stein und dann über den dreckigen Boden beschwert hatte. Das führte wieder zu einer Diskussion zwischen beiden, die aber nach nur wenigen Minuten in einem Lachanfall Seiten beides geendet hatte.

„Danke, du bist mir eine wirklich große Hilfe, Hanabusa.“ Im Laufe des Nachmittags hatten sich beide dazu entschlossen die Höflichkeitsfloskeln sein zu lassen und sich ganz einfach beim Vornamen zu nennen.

„Noch brauchst du dich nicht bei mir zu bedanken. Erst wenn du den Test bestanden hast und bis dahin müssen wir noch einige Themen durchgehen.“, grinste er sie an. „Also morgen die selbe Zeit?“, fragte er sie, als sie beiden aufstanden und Sora ihre bereits gepackte Schultasche in die Hand nahm.

„Morgen die selbe Zeit.“, nickte sie ihm zustimmend zu. „Gute Nacht.“

„Gute Nacht.“

 

 

Sora schaffte es noch gerade so in ihr Zimmer, bevor die Ausgangssperre anfing. Im Zimmer befand sich nur Yori, Yuki musste also schon los sein. Als die Suzuki die Tür hinter sich schloss und ein Klicken von der Tür kam, drehte sich Yori mit ihren Schreibtischdrehstuhl um und blickte sie fragend an. „Heute bist du ja spät. Wo warst du solange?“

„Ich habe gelernt.“, antwortete Sora wortkarg und vermied es in Yoris Augen zu sehen. Lieber verstaute sie ihre braune Tasche vor ihr Bett und ging auf ihren Schrank zu um ihre Schlafkleidung raus zu suchen.

„Und wo? In der Bibliothek warst du jedenfalls nicht, sonst hätte ich dich gesehen.“, hackte Yori nach.

Sora biss sich auf die Unterlippe. So ein Mist. Warum war Yori denn ausgerechnet heute so neugierig. Sora war doch schon des öfteren nach dem Unterricht woanders. „Ich habe auf irgend so einer Wiese auf dem Schulgelände gelernt. Heute schien doch wieder die Sonne und so ein Wetter muss man doch genießen...“, murmelte sie vor sich hin und nahm ihr weißes Nachthemd in die Hand.

„Wir können auch zusammen lernen, Sora.“, bot ihr ihre Zimmergenossin an, woraufhin Sora die Augen zusammen kniff und es immer noch mied Yori in die Augen zu sehen.

„Weißt du... ich lerne eigentlich gerne alleine. Da kann ich mich besser konzentrieren.“ Sora fühlte sich schlecht. Sie hasste es zu lügen, dennoch sah sie keinen anderen Ausweg.

 

Schulterzuckend drehte sich Yori wieder zum Schreibtisch herum.

 

 

 

Als Sora später in ihrem Bett lag und noch einmal den heutigen Tag Revue passieren ließ, kam sie zu dem Schluss, dass sie diesen verwöhnten Nightclassschüler mochte. Er brachte sie hin und wieder zum lachen mit seiner verwöhnten Art und Weise.

Außerdem hatte er schöne Augen.

Kitsch

Allwissender Erzähler

Mit einem unterdrückten Grinsen im Gesicht ging Sora auf ihren Platz zurück. Sie wurde vor wenigen Minuten von dem Sensei an die Tafel geschickt um eine komplizierte Mathe-Aufgabe zu lösen und sie hatte es tatsächlich geschafft. Der Nachhilfeunterricht bei Hanabusa in den letzten Tagen hatte tatsächlich Früchte getragen, wie sich gerade eben gezeigt hatte. Sie selbst und auch der Sensei war erstaunt gewesen, wie einfach Sora die Aufgabe an der Tafel lösen konnte. Sora war sich sicher, dass sie die Prüfung, die morgen stattfand, bestehen würde.

 

Kurz nachdem sie sich neben Yuki gesetzt hatte, sprach diese die Suzuki im Flüsterton an. „Scheint als hättest du doch keine Nachhilfe nötig.“

Sora biss sich auf die Zunge und nickte leicht. Sie hatte es immer noch mit keinem Wort erwähnt, dass sie ausgerechnet von einem Nightclassschüler Nachhilfeunterricht bekam. Sie hatte das Gefühl, dass Yuki, wenn sie davon erfuhr, alles dagegen tun würde, damit sie ihn nicht weiter traf. Und Sora wollte Hanabusa weiterhin treffen, auch wenn es nur zum lernen war.

Sie mochte ihn – als Freund. Seine verwöhnte Art fand sie witzig. Seine eisblauen Augen zum versinken schön. Und seine Stimme war Musik in ihren Ohren.

 

 

Der Sensei war gerade dabei gewesen einem Schüler eine Predigt zu halten, weil er zum wiederholten Male einfach eingeschlafen war, als er von einem dumpfen Geräusch mitten im Satz gestoppt wurde. Verwundert blickten er und die Schüler in die Oberen Reihen der Sitzbänke, doch war außer eine rot angelaufene Sora und verwirrte Gesichter nichts zu sehen. Seufzend wandte sich der Sensei wieder ab und setzte bei seiner Predigt wieder ein.

 

 

Das Blut stieg Sora in die Wangen, als sie realisierte, dass sie ihren Kopf tatsächlich einfach hatte auf den Tisch hatte knallen lassen. Die verwirrten Blicke der anderen durch aus bewusst, biss sie sich auf ihre Unterlippe und rutsche auf ihren Platz nach unten, gerade so, dass ihre Augen über den Tisch sehen konnten. Die Blicke einfach ignorierend.

Sora war entsetzt. Nicht über dass was sie gerade getan hatte, sondern über das was sie da gerade gedacht hatte. An so was durfte sie gar nicht erst denken! Wie kam sie denn auf so was?! Sie verbannte diese Gedanken in eine hintere Ecke ihres Kopfes. Solche Gedanken durfte sie nicht denken! Das würde nur zu Problemen führen! Es war gut, dass sie sich heute zum letzten Mal mit Hanabusa treffen würde und ihn hoffentlich nie wieder sehen würde. Ja, dass war mehr als gut!

 

 

 

„... und dann muss man die Wurzel ziehen, das Ergebnis wäre dann...“, überlegte Sora laut und tippte langsam auf ihren Taschenrechner herum.

Sie wusste, dass wenn sie jetzt sie letzten Zahlen schreiben würde, die letzte Nachhilfestunde vorbei war. Sie saßen – wobei Sora mittlerweile auf dem Bauch lag – nun schon seit einigen Stunden auf der Wiese und mittlerweile verabschiedete sich auch die Sonne, die den ganzen Tag geschienen hatte, von dem Tag. Vom Wetter her war der Tag ein absoluter Glückstreffer, es hatte nicht geregnet, es war nicht einmal eine einzige Wolke am Himmel zu sehen gewesen. Eine absolute Seltenheit im Herbst.

Die Stimmung dagegen war leicht angeschlagen gewesen, es war wohl beiden klar, dass es dass letzte Mal war, dass sie nie wieder so nah bei einander sitzen und sich unterhalten können.

 

Kaum hatte die Suzuki die letzte Zahl der Aufgabe geschrieben, blickte sie nach oben in Hanabusas Gesicht. Dieser grinste sie leicht an. „Richtig!“

Erleichtert und doch leicht traurig seufzte sie und setzte sich auf. Jetzt wo sie ihr Heft zuschlug, fand sie es schade, dass die Zeit nun schon wieder vorbei war. Sie hatte in Hanabusa einen guten Freund gefunden, den sie wohl nie wieder in jemanden finden würde, weder in Yuki noch in Yori. Aber morgen stand schon der Test an und Sora hatte alle Themen soweit verstanden, dass sie keine Nachhilfe mehr brauchte. Also hatte sie keinen Grund mehr sich mit Hanabusa zu treffen.

Sora war so in ihren trüben Gedanken versunken, dass sie gar nicht mitbekam wie Hanabusa mittlerweile aufgestanden war. Umso überraschter war sie als sie selbst aufstand und Hanabusa schon vor ihr stehen sah. Hanabusa war nicht besonders groß für einen Jungen, ihr war schon aufgefallen dass viele Jungs – insbesondere Zero und Kaname – größer waren als er, dennoch musste sie ihren Kopf beinahe in den Nacken legen, um in seine eisblauen Augen zu blicken. Im Licht der untergehenden Sonne schienen sie noch mehr zu strahlen als sonst.

Sora biss sich auf die Unterlippe. Die Zeit zum Abschied nehmen war gekommen.

Hanabusa schüttelte lächelnd seinen Kopf.

„Du musst damit aufhören.“

„Womit?“, verwirrt blickte sie ihn an.

Er hob seine Hand und streckte seinen Zeigefinger aus. Die Hitze stieg in Soras Kopf. Seine Fingerspitze berührte ganz leicht ihre Unterlippe. Sein Kopf schien ihrem näher zu kommen. Es fühlte sich an, als ob ein Schmetterling auf ihrer Lippe sitzen würde. Ein kalter Schmetterling. Ihre Zähne ließen automatisch das Fleisch, welches sie zuvor zwischen sich hatten, los.

Mit roten Wangen, großen Augen und abgehakten Atem sah sie immer noch zu ihm auf. So nah war ihr noch nie jemand gekommen!

Ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. „Damit. So machst du dir nur deine hübschen Lippen kaputt.“

„Eh...“, stotterte Sora. Sie wusste einfach nicht was sie sagen sollte, erst recht nicht als Hanabusa ihr tatsächlich näher kam!

 

 

„Nyan!“

 

Pang! Damit war die Seifenblase die beide umgeben hatte, geplatzt zu sein.

Verwundert blickten Hanabusa und Sora nach unten und sahen dort eine Katze. Die Suzuki erkannte sie. Es war die Katze die sie immer wieder beim lernen besucht hatte, sich die letzten Wochen aber nicht mehr blicken ließ. Umso erfreuter war Sora jetzt sie zu sehen.

Irgendwie war sie froh, dass das schwarz-blaue Tier Hanabusa und sie unterbrochen hatte – bei was auch immer. Jetzt im Nachhinein erschien ihr das, was gerade geschehen war, suspekt.

Lächelnd hockte sich die brünette wieder hin und begrüßte das Tier streichelnd. „Na hallo! Wo warst du denn die letzten Wochen?“

Als Antwort bekam sie ein weiteres „Nyan.“ und ein gefolgtes Schnurren.

 

 

Hanabusa erdolchte hinter Soras Rücken das Tier mit seinen Blicken. Dieser Kater hatte seine ganze Tour versaut! Er hätte das Mädchen beinahe rumgekriegt, aber nein! Es musste was dazwischen kommen! Aber dass es ausgerechnet dieser Kater sein musste, der seit etwa zwei Monaten ständig im Nightclassgelände herumstrolchte!

Als der Kater anfing Soras Wangen ab zu lecken und sie anfing zu kichern reichte es ihm.

 

 

Ein Räuspern hinter Sora brachte sie wieder dahin zurück wo sie war. Sie war völlig von der Katze verzaubert gewesen, dass sie völlig vergessen hatte, dass Hanabusa immer noch hinter ihr stand! Wieder kroch ihr die Röte ins Gesicht, dennoch ignorierte sie diese und ließ von dem Tier vor ihr ab, stand auf und drehte sich zu dem Jungen mit dem blondem Haar um.

Verlegen lächelte sie ihn an. „Tut mir Leid, ich war nur so froh sie wieder zu sehen.“

„Ist das dein Kater?“

Verwundert sah sie ihn an. „Nein, aber woher willst du wissen, dass er ein Kater ist?“

„Er war nun schon so oft bei uns, dass ein Freund von mir unbedingt herausfinden musste, was er denn für ein Geschlecht ist.“, antwortete Hanabusa ihr und verzog leicht das Gesicht, als er daran zurück dachte.

Bei der Vorstellung wie sein Freund das herausgefunden haben konnte, musste Sora unwillkürlich kichern. Die Vorstellung war wirklich... witzig!

Nun grinste auch Hanabusa. „Für mich war das nicht wirklich witzig, denn an mir hat dieser blöde Kater seine Wut ausgelassen.“

„Hey!“, rief Sora energisch und stemmte die Hände in die Hüfte. „Er ist nicht blöd!“„Wäre er nicht blöd, hätte er seine Wut an Ichijo ausgelassen und nicht an mir!“, argumentierte Hanabusa, dennoch verschwand das Grinsen aus seinem Gesicht nicht. Er mochte es mit ihr zu streiten. Außerdem faszinierte es ihn jedes Mal wenn ihr eines Auge röter und röter wurde.

„Vielleicht hattest du es ja verdient!“

„Stimmt gar nicht! Woher willst du dass denn bitteschön wissen?!“

„Weiß ich doch gar nicht! Deswegen doch das vielleicht oder hörst du schlecht?!“, fragte Sora mit hoher Stimme, dass passierte immer wenn sie sich aufregte, und konnte sich ein Grinsen nur noch schwer verkneifen.

„Ich höre gut genug!“

„Siehst du!“

Beide blickten sich einige Sekunden schweigend an und fingen dann urplötzlich an zu lachen. Der Kater unter ihnen schmuste während der zeit ununterbrochen mit Soras Füßen beispielsweise Schuhen. Nur hin und wieder blickte er auf.

 

Als sich beide wieder beruhigten bemerkte Hanabusa mit einem Blick nach oben dass es schon ganz schön spät war. Mittlerweile war die Sonne schon ganz verschwunden und einige Sterne blinzelte vom Sternenhimmel runter auf die Erde. „Es ist spät. Deine Freundinnen machen sich bestimmt schon Sorgen.“

Auch Sora blickte nach oben und war erschrocken. Sie hatte gar nicht bemerkt wie schnell die Zeit vergangen war. „Du hast Recht.“, seufzte sie.

Als keine Antwort seinerseits kam, senkte sie den Kopf so weit dass sie ihm wieder ins Gesicht sah. Seine Augen hatten einen Nachdenklichen Glanz in sich. „Was ist los?“, fragte sie leise. Die Atmosphäre hatte sich wieder geändert. Es war nicht die selbe wie vorhin, dennoch konnte Sora nicht definieren wie die Atmosphäre war.

„Hast du am Samstag schon was vor?“, fragte er sie direkt.

Überrascht weiteten sich die blauen Augen von Sora. Wollte er sie etwa weiterhin treffen?! Ohne irgendwelche Nachhilfestunde oder was es sonst noch gab?! Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet!

Scheinbar überlegte sie ihm zu lange, denn kaum, dass sie den Mund für eine Antwort öffnen wollte, sagte er: „Ich habe dir Nachhilfe gegeben, du bist es mir schuldig wenigstens einmal mit mir was zu unternehmen.“

Eine von Soras Augenbrauen wandte sich gen Himmel. „Ach. Jetzt plötzlich schulde ich dir was. War ja nicht so, dass du drum gebettelt hast, dass du mir Nachhilfe gibst.“

„Ich hab nicht gebettelt!“, unterbrach er sie, woraufhin Sora wieder grinsen musste. Sein Ego war verdammt groß.

Sie seufzte. „Ist ja schon gut. Ich hab am Samstag nichts vor.“

„Super! Ich kenne ein verdammt gutes Café in der Stadt. Wir treffen uns dann um 14:00 Uhr am Hauptbahnhof.“

Und natürlich fragte er nicht einmal ob dass okay war, aber was sollte Sora schon von diesem Nightclassschüler erwarten?

„Gute Nacht.“ Bevor Sora ebenfalls „Gute Nacht“ sagen konnte, hatte er sich schon zu ihr runter gebeugt und seine Lippen auf ihre Wange gedrückt. Es waren nur wenige Sekunden, dennoch kam es ihr vor, als wären Stunden vergangen. Sekunden später als er sich wieder gelöst hatte, spürte sie den Druck immer noch. Sie musste mehrere Male blinzeln, bevor sie sich wieder in der Realität befand.

Hanabusa war nicht mehr zu sehen.

 

Seufzend duckte sie sich und hob ihre Tasche auf, dabei erblickte sie den Kater der immer noch vor ihr saß und die letzten Sekunden merkwürdig ruhig gewesen war.

„Na, kleiner? Da verschwindet der einfach ohne mich noch einmal zu Wort kommen zu lassen.“ Noch einmal streichelte sie über sein Köpfchen, das perfekt in ihre Handfläche passte. „Da fällt mir ein, ich brauche noch einen Namen für dich. Hmh...“, nachdenklich musterte sie den Kater. Es fiel ihr schon immer schwer sich Namen einzufallen lassen, wenn es darauf ankam.

„Ich glaube, ich nenne dich Kuro. Ja, ich glaube Kuro würde zu dir passen. So dunkel wie dein Fell ist könnte man schließlich meinen, dass du schwarzes hast.“, lächelte Sora ihn an.

 

 

 

„Wo warst du?“, begrüßte Akatsuki seinen Cousin, als dieser in sein Zimmer trat. Akatsuki selbst saß auf seinem Bett und legte das Buch, was er bis gerade eben noch gelesen hatte, beiseite „Spazieren. Was machst du hier?“, fragte Hanabusa ihn. Es stand schon längst Unterricht für die Nightclass an und ausgefallen war es mit Sicherheit nicht, dafür war es in den Nachbarräumen, wie Hanabusa mit seinem Vampirgehör hören konnte, zu still. Und dass Akatsuki den Unterricht schwänzte geschah recht selten. „Auf dich warten.“ Aido blieb vor seinem Schrank stehen und holte seine Uniform heraus. „Wieso?“ „Kaname merkt, dass du gegen die Regeln verstößt.“ Akatsuki antwortete nicht direkt auf seine Frage, aber diese Antwort reichte Hanabusa um zu wissen, dass es ein Befehl Kanames war.

Kälte schwang in seiner Stimme mit als er antwortete: „War doch klar. Vor Kaname-sama kann man nichts geheim halten.“„Treib es nicht zu weit. Ich weiß, dass du dieses Menschenmädchen nur als Herausforderung für dein Ego siehst, aber Kaname kennt sie und wie schon mal gesagt, dass bedeutet nie was gutes!“, ermahnte ihn Kain.

 

 

 

Es war spät als Sora die Tür von ihrem Zimmer leise öffnete. Sie erwartete, dass Yori längst schlief und Yuki bereits im Dienst war. Umso überraschender war sie als sie die Stimmen von den beiden hörte.

„Ich weiß nicht wo sie sein könnte, weder beim Wechsel, noch irgendwo anders draußen war sie!“ Das war Yuki.

„Meinst du, wir sollen dem Rektor Bescheid geben? Ich meine eigentlich kann ihr hier im Schulgelände nichts passieren, aber wer weiß...“ Und das war Yori.

Sora war klar, dass die beiden über sie sprachen, denn über wen sollen sie denn sonst sprechen. Langsam, mit weitem schlechtem Gewissen öffnete sie die Tür ganz und sah zwei verzweifelt aussehende Mädchen. Yori saß bereits in ihrer Schlafkleidung auf Soras Bett und blickte erstaunt zur Tür. Yuki dagegen war in ihrer Uniform und als sie Sora sah, entwich ihr ein gekeuchtes: „Sora!“

Yori sprang vom Bett auf und rannte mit Yuki auf Sora zu, nur um sie dann drücken. Ja, sie hatten sich beide schreckliche Sorgen gemacht!

Yuki war die erste von beiden die sich von Sora wieder löste und sie vorwurfsvoll ansah. „Wo warst du?! Wir haben dich überall gesucht! Wir dachten dir sei Gott weiß was passiert!“ Erst jetzt sah Sora, dass Yukis Augen feucht waren. Verwundert blickte sie nun auch in Yoris Augen und sah dass selbe. Sie biss sich auf ihre Unterlippe. „T-Tut mir Leid.“, sagte sie mit brüchiger Stimme.

Yuki seufzte und schloss die Tür. „Jetzt fange nicht auch an zu weinen! Ich will wissen wo du warst!“

Sora nickte leicht und setzte sich mit Yori auf ihrer linken und Yuki auf ihrer rechten Seite auf ihr Bett. Nervös fummelte sie an ihrer roten Schleife der Schuluniform. Sie hatte vor den beiden die ganze Wahrheit zu sagen. Jetzt, sie war es den beiden schuldig, erst Recht nachdem sie sich solche Sorgen gemacht hatten. „Also... um ehrlich zu sein, bekomme ich die letzten Wochen von einem Schüler Nachhilfeunterricht und heute war die letzte Stunde und die Zeit verging wie im Fluge und bevor wir uns versahen war es schon so spät. Es tut mir verdammt Leid, dass ihr euch solche Sorgen um mich gemacht habt!“

Schweigen.

„U-und der Junge, a-also, er ist...“, Sora musste schlucken bevor sie weiter sprach. „Er... er ist...“

Yoris Unterstützung

Allwissender Erzähler

U-und der Junge, a-also, er ist...“, Sora musste schlucken bevor sie weiter sprach. „Er... er ist...“

Es fiel ihr schwer weiter zu sprechen. Was würden Yuki und Yori davon halten? Sie würden es wohl kaum billigen. Aber sie musste jetzt endlich mit der Wahrheit rausrücken. Wie konnte sie von sich behaupten, dass sie Lügen hasste, aber dennoch ihre Freundinnen anlog?! Es war nun an der Zeit reinen Wein einzuschenken und wenn sie es jetzt nicht tat, wusste sie nicht ob sie es später noch einmal konnte. Also holte sie ein letztes Mal tief Luft und sagte: „Ha-“

Sie wurde von Yuki unterbrochen und verlor so gleich wieder ihren Mut. „Du musst es uns nicht sagen. Nur sag uns das Nächste Mal Bescheid, wenn du länger weg bleibst. Wir sind deine Freunde, wir machen uns doch Sorgen um dich.“ Die Suzuki blickte auf und sah, dass sich ein kleines, freundschaftliches Lächeln auf Yukis abgebildet hatte. Ungläubig drehte die Kleinste von den dreien ihren Kopf zu der dritten im Bunde und sah auch dort nur ein verständliches Lächeln. Wenn die beiden wüssten... dachte sich Sora und wieder stiegen ihr die verschiedensten Gefühle hoch. Zum einem war da Freude darüber, dass die beiden Verständnis für Sora und ihre Verschwiegenheit hatten, aber zum anderen waren da auch wieder die Schuldgefühle. Sie wusste, dass wenn die beiden wussten um wen es sich handelte, dass sie dann kein Verständnis mehr übrig hätten. Sora wusste auch mittlerweile, dass Yuki Gefühle für Kaname hatte, aber das waren zwei verschiedene Situationen die man kaum miteinander vergleichen konnte. Yuki war die Tochter des Rektors und Vertrauensschülerin, damit hatte sie mehr als nur einen Vorzug.

Sora zwang sich zu einem Lächeln und verschloss die negativen Gedanken in einer Kiste und verstaute diese ganz weit hinten in ihrem Kopf. Dennoch blieb ein schwaches Gefühl von schlechtem Gewissen.

Sie war eine Lügnerin.

„Wisst ihr was?“, fing Yori plötzlich mit lauter Stimme an und versuchte das Thema in andere Bahnen zu wechseln. „Wie wärs wenn wir mal einen Mädelstag machen?“

„Das wäre super. Wir könnten doch am Wochenende ein bisschen in der Stadt shoppen gehen! Du warst doch noch nie hier in der Stadt, Sora!“, eiferte sich nun auch Yuki in die Sache ein. Umso mehr tat es Sora leid ihre Freude zu zerstören. „Tut mir Leid, aber der... der Junge wollte sich mit mir am Samstag in der Stadt treffen und naja... .“ Hitze stieg in Soras Gesicht. Erst jetzt wurde sie sich bewusst, dass er sie nach einem Date gefragt hatte!

 

Sie bemerkte nicht, dass sich Yori und Yuki Blicke austauschten und dann sich gegenseitig angrinsten, denn sie starrte wieder auf ihre ineinander verschränkte Hände.

 

Ein Date! Meinte Hanabusa es etwa ernst mit ihr?! Mir ihr einem ganz normalem Dayclassmädchen?! Oder spielte er ihr nur etwas vor? Aber würde er sich dann wirklich diese ganze Mühe machen?

Yukis Kichern riss sie aus ihren Gedanken. „Ist doch super! Wisst ihr was?! Morgen ist doch Freitag, ich könnte meinen Vater dazu überreden, dass wir nach dem Unterricht in die Stadt dürfen. Zwar können wir nicht all zulange bleiben, weil ich ja wieder zum Dienst muss, aber wir werden dir ein total niedliches Kleid für dein Date am Samstag besorgen!“, grinste sie Sora an.

„Ich finde die Idee genial, was meinst du dazu, Sora?“, mischte sich nun auch Yori ein und sah sie abwartend an.

Auch der Suzuki gefiel die Idee gut, denn sie hatte sich bisher keine Gedanken darüber gemacht was sie denn tragen wollte. Hier auf der Cross-Academy trug man hauptsächlich die Schuluniform und da brauchte man sich nie Gedanken darüber zu machen, was man tragen wollte. Also erwiderte sie die Blicke von ihren beiden Freundinnen und nickte lächelnd.

„Super, dann sollte ich vielleicht jetzt schon mal zu meinem Va- ach du Schreck! Ich hab den Dienst ganz vergessen!“, schrie Yuki aufgebracht und stand in Windeseile auf. „Zero wird mich noch umbringen! Gute Nacht euch beiden, wir sehen uns morgen!“, damit war die Vertrauensschülerin auch schon aus dem Zimmer verschwunden und hinterließ zwei leicht verdutzt dreinblickende Mädchen, die sich kurz darauf gegenseitig ins Gesicht starrten und dann in Gelächter ausbrachen.

 

 

 

Am nächsten Tag war es dann schließlich soweit. Die Arbeit, die für Sora sehr viel bedeutete stand an. Auch wenn sie nicht das Gefühl hatte, dass sie die volle Punktzahl erreichen würde, hatte sie nach der Arbeit ein gutes Gefühl. Einige der Aufgaben waren ihr leicht von der Hand gegangen und sie war sich sicher, dass sie damit ihre Note retten konnte.

Während es Schultages berichtete Yuki ihren Freundinnen, dass sie das Okay von ihrem Vater bekommen hatte, dass die drei nach dem Unterricht in die Stadt durften.

 

Sie hatten sich ein Taxi bestellte, welches sie in die naheliegende Stadt brachte. Alle drei hatten sich vorher noch umgezogen, denn in Freizeitkleidung war es nun einmal viel gemütlicher zu bummeln, als in einer Uniform. Sora mochte die kleine Stadt. Die Stadt war keine große Innenstadt, wie es sie in Tokyo war, sondern eher klein und gemütlich. Neben mindestens drei Kleidungsgeschäften, in denen die drei gingen, gab es noch einige Cafés, ein großes Restaurant, eine Schneiderei mit einer Schusterei und es gab sogar ein Kino! Ansonsten gab es noch viele Wohnhäuser und auf den Straßen spielten kleine Kinder fangen.

Im Moment waren die drei dabei zu diskutieren, ob Sora ein Kleid oder doch lieber in Pullover und Hose gehen sollte. „Es ist Mitte Herbst, ich friere doch schon jeden Tag mit der Schuluniform. Warum kann ich dann nicht ein mal einen Tag mal nicht frieren?“, fragte Sora verzweifelt.

„Es ist ein ungeschriebenes Gesetzt, dass man bei einem Date als Mädchen keine Hose tragen darf! Wenn du wirklich so darauf bestehst, kannst du von mir aus auch einen Pullover mit Rock tragen, solange es keine Hose ist!“, argumentierte Yori.

Sehr zu Soras und Yukis Überraschung schien Yori sich sogar mehr nur ein wenig mit Dates auszukennen. So viel Willenskraft kannten beide von ihrer Freundin gar nicht! Yuki selbst konnte Soras Einwände nachvollziehen und stand insgeheim auf ihrer Seite, aber so wie ihre Freundin gerade drauf war, ließ sie das lieber verschwiegen. Es war schön anzusehen, wenn die kurzhaarige mal etwas lauter wurde.

„Ich glaube gegen Yori hast du keine Chance, Sora. Nimm das, was sie dir anbietet und verfluche sie in deinen Gedanken. Mehr wirst du heute nicht schaffen.“, sagte die Kurosu schmunzelnd.

Auch Sora verlor langsam an Lust weiter zu diskutieren, also beugte sie sich dem Willen ihrer beiden Freundinnen und sie suchten sowohl im Abteil der Kleider, als auch in die der Röcke und Oberteile.

Vielleicht gab es ja doch was womit sich alle drei abfinden konnten.

 

 

Und genau so sollte es sein, als die drei mit einem Taxi wieder zur Schule fuhren. An ihren Füßen standen mehr als zwei Tüten, denn nicht nur Sora hatte sich etwas gegönnt, sondern auch die beiden anderen hatten etwas gefunden. Umso trauriger fanden sie alle, dass sie kaum dazu kommen würden, die Kleidungsstücke zu tragen.

Verdammt sollte die Schuluniform doch sein.

„Wenn dein heimlicher Verehrer“, bei diesem Wort, kroch das Blut in Soras Wangen, „dich morgen sehen wird, wird er seine Augen nicht mehr von dir lösen können!“, versprach Yori stolz und ignorierte gekonnt, dass gemurmelte Er ist nicht mein heimlicher Verehrer.

Yuki, die zwischen den beiden saß, kicherte. „Seit wann bist du denn so schüchtern? So kennen wir dich ja gar nicht.“

„Klappe.“, grummelte die angesprochene und sah gespielt beleidigt aus dem Fenster.

„Och, du musst nicht beleidigt sein. Wenn du möchtest können wir auch Yuki ein wenig ärgern.“, versuchte Yori Sora mit ein wenig Sarkasmus in der Stimme aufzumuntern.

Verwirrt sah Yuki Yori an. „Mich? Wie wollt ihr denn mich ärgern?“

Die Antwort bekam sie von der Suzuki, die sich wieder zu den beiden gedreht hatte und ihre Freundin nun angrinste. „Na, mit Kaname-kun!“

Jetzt hatte Yuki die Gesichtsfarbe einer Tomate angenommen. „M-Mit Kaname und mir läuft nichts!“ Als das Grinsen von ihren Freundinnen immer noch nicht verschwand, sagte sie bedrückt: „Es läuft wirklich nichts zwischen uns und außerdem ist er ein Nightclassschüler und-!“ Hastig schloss sie ihren Mund, bevor sie ausplauderte was Kaname noch war! Glücklicherweise schien ihren Freundinnen die Unterbrechung nicht aufgefallen zu sein, denn Yori sagte nur seufzend: „Aber es könnte was zwischen euch laufen. Wenn er dich schon nicht nach einem Date fragt, frag du ihn doch einfach. Das kann man sich nicht mehr anschauen, wir ihr euch umkreist wie zwei wilde, rollige Raubtiere.“

Ein Lachen ertönte von der anderen Seite, welches Yuki aber gekonnt ignorierte. „Wir sind doch keine Raubtiere und rollig schon mal gar nicht!“

„Sora, du brauchst gar nicht so zu lachen, ich wette du wirst morgen genauso drauf sein.“

„Blödsinn!“

 

 

 

 

Hatte er sie noch alle oder warum hatte er ihr 14 Uhr vorgeschlagen? Ihre Anwesenheit tat ihm ja mal so gar nicht gut, wenn er schon vergaß, dass er um die Uhrzeit eigentlich schlief! Gequält machte er seinen Wecker aus und zog sich die Bettdecke vom Kopf und starrte gequält die Wand an. Warum tat er das alles überhaupt? Ihr Blut wird er doch mit Sicherheit nicht trinken, auf den darauffolgenden Ärger konnte er gerne verzichten. Und was ernstes wollte er doch auch nicht! Gut, Sora war süß. Sie hatte eine hübsche Stimme. Ihre Augen faszinierten ihn, besonders dann, wenn sie die Farbe wechselten. Ihm war schon aufgefallen, dass dies nur geschah, wenn sie sauer oder unsicher wurde. Und wie ihre Haare im licht der untergehenden Sonne immer in einem kastanienfarbenen Ton leuchteten, war ein wunderschöner Anblick. Und ihr Lachen. Er könnte ihrem Lachen Stunden lang zuhören, ohne das es langweilig wurde. Aber genauso gerne diskutierte er gerne mit ihr.

Dennoch blieb sie ein Mensch! Und ein Mensch war nur zu einem Zweck dienlich und zwar dem des Blutspenden.

Es durfte nicht wieder so enden wie damals mit Fuka! Nach heute würde er nichts mehr mit ihr zu tun haben!

Kaum hatte er sich diesen Vorsatz gemacht, seufzte er niedergeschlagen und stand auf. Als ob er das hinbekommen würde, dazu hatte sie ihn mittlerweile viel zu sehr in ihren Bann gefangen genommen.

Ein Rascheln ertönte von dem anderen Bett und Hanabusa kniff die Augen zusammen. Akatsuki ließ ihn zwar vieles durchgehen, aber ein Date mit einem Menschenmädchen, das scheinbar Kontakt zu Kaname hatte, würde selbst er nicht zu lassen. Apropos Hanabusa fragte sich noch immer woher Sora den Reinblütler kannte und er nahm sich fest vor das heute herauszufinden.

 

 

Wenige Stunden später stand Sora am vereinbarten Treffpunkt und wartete auf Hanabusa – ihrem Date! Selbst heute, als sie eine Nacht drüber geschlafen hatte, konnte sie es kaum glauben. Sie hatte sogar extra bei Yuki nachgefragt, ob sie es vielleicht doch geträumt hätte!

Aber nein, es war eindeutig kein Traum, dass wurde ihr nun abermals bestätigt als Aidô pünktlich auf die Minute um die Ecke spazierte. Und obwohl sie mittlerweile an den Anblick gewöhnt sein müsste, stockte es ihr den Atem als sie ihn betrachtete. Heute trug er nicht wie sonst einen Pullunder, sondern eine lila Jacke und darunter konnte sie ein weiß-violettes Hemd mit violetter Krawatte erahnen.

 

 

Eigentlich hatte er sich überlegt sich Zeit zu lassen und sie ruhig etwas warten zu lassen, aber dann hatte er sich umentschieden. Er hatte heute nicht vor sie zu ärgern, ganz egal wie viel Spaß es ihm eigentlich machte. Gut, ein paar Sticheleien werden unvermeidbar sein. Aber er wollte es dann doch nicht zu weit treiben, denn er hatte in den letzten Tagen durchaus bemerkt, dass sie kein Fan von Unpünktlichkeit war. Sie hatte ihm auch von ihrer ersten Begegnung mit Zero erzählt und davon, dass sie heute noch ein schlechtes Gewissen hatte, weil das kein besonders guter Eindruck gewesen war.

Hanabusa war es insgeheim sogar recht gewesen, dass der Vertrauensschüler sie nicht mochte. Den Grund wollte er sich dann aber doch wieder nicht eingestehen.

Er wusste, dass Sora schon dort stehen und warten würde, als er um die Ecke bot. Dennoch blieb er, als er sie erblickte, plötzlich stehen. Er bemerkte, dass sie dadurch unsicherer wurde, als sie schon war, denn sie strich sich Nervös ihre kürzere Strähne hinter ihr Ohr, aber er konnte einfach nicht anders. Bisher hatte er sie nur in der Dayclassuniform gesehen und das nie so unsicher wie jetzt!

Ihre Haare, die sonst immer glatt über ihre Schultern und Rücken fielen, waren heute zu einem Seitenzopf gebunden. Einzelne Strähnen hatten sich bereits gelöst und kringelten sich um ihren Kopf. Passend zur Jahreszeit hatte sie einen violetten Schal um ihren Hals gebunden und trug einen langen, grauen Pullover, der erst in der Mitte ihrer Oberschenkel aufhörte. Darunter lugte ein ebenso violetter Rock hervor, wie ihr Schal.

Sora stand an einem Laternenmast und blickte mit ihren blau-roten Augen, die ihn wie immer gerade zu in ihren Bann nahmen, zu ihm hinauf. Ihre Wangen hatten sich zu einem Rosa-Ton verfärbt und sie knetete nervös ihre verknoteten Hände.

Oh ja, er freute sich auf das Date!

Das perfekte erste Date?

Ihr Herz pochte laut gegen ihre Brust, während sie und Hanabusa die Straßen entlang gingen. Starr starrte sie auf ihre Füße. Sie würde sich nicht wundern, wenn er das regelmäßige, laute Pochen hören konnte. Noch dazu wollte die Röte aus ihrem Gesicht einfach nicht verschwinden! Sora war sich sicher, dass sie mehr einer Tomate ähnelte, als einem gesunden Menschen. Es war ihr unbegreiflich warum sie so nervös war! Das hier war doch nur Hanabusa mit dem sie in den letzten Tagen öfters Zeit verbracht hatte und da war sie nie nervös gewesen! Und ausgerechnet heute wusste sie nicht was sie sagen sollte?

Es war ihr Name, der es schaffte sie auf ihren Gedanken zu reißen. Verwirrt schaute Sora nach oben in Hanabusas grinsendes Gesicht. „I-Ist was?“, stotterte sie.

„Du scheinst ja ziemlich fesselnde Gedanken zu haben, was?“, antwortete er weiterhin grinsend.

Für einen Moment vergaß Sora ihre Nervosität vor Verwirrung. „Hä?“ Als Hanabusa auch noch anfing zu lachen, formte sie einen Schmollmund. „Was denn?“, quengelte sie. Die Suzuki sah nun zu, wie der Blonde lachend den Kopf schüttelte und nach Atem rang. „Ich versteh nicht, was so witzig ist.“

„D... Du...“, brachte Aido stotternd heraus und schien sich wirklich nicht mehr einkriegen zu wollen.

„Ich?!“, quietschte Sora empört und stemmte die Hände in die Hüfte. Doch anstatt irgendetwas zu erwidern lachte Hanabusa einfach nur weiter und auch wenn Sora nicht ganz verstand, warum er lachte – und wahrscheinlich lachte er über sie – so fand sie sein Anblick zu komisch und fing auch an zu lachen.

Keiner von beiden schien die Blicke der anderen Passanten zu bemerkten und wenn doch, dann schien es sie nicht zu kümmern.

Es dauerte, aber beide schafften es sich wieder zu beruhigen und rangen nach frischer Luft. „Tut mir Leid, Sora.“, entschuldigte sich Hanabusa weiterhin grinsend, als er wieder genug Sauerstoff in seinen Lungen hatte. „Aber ich hatte dich schon mehrmals angesprochen, doch du hast nie reagiert und als du mich dann so irritiert angeschaut und nichts verstanden hast, konnte ich einfach nicht anders, als über dein süßes Gesicht zu lachen.“

„Schon okay, ich hätte besser aufpassen müssen.“, entgegnete Sora und versuchte krampfhaft zu verdrängen, dass er ihr Gesicht als süß bezeichnet hatte! Kya! „Aber, was wolltest du mich denn überhaupt fragen?“

„Ob du was bestimmtes vor hast? Hier gibt es ein Kino, zwar sind die Filme meist schon etwas älter, aber vielleicht zeigen die momentan einen interessanten.“

„Oh, ich würde gerne ins Kino gehen.“, antwortete Sora lächelnd.

 

 

Das Kino hatte keine besonders große Filmauswahl, eigentlich war es sogar eine ziemlich kleine Auswahl. Es gab einen einen Horror-, zwei Action- und zwei Kinderfilme und – Hanabusa beharrte auf das Word Komödie – eine Liebeskomödie. Die Kinderfilme und einen der beiden Actionfilme hatten bereits angefangen und der andere Actionfilm samt dem Comedy-Film liefen erst am Abend, also hatten die beiden nur noch eine Auswahl zwischen dieser Liebeskomödie und Horror. Eigentlich stand es für Sora außer Frage, welchen sie gucken würde, denn sie hasste Horrorfilme. Aber ob sie die Liebesschnulze – und ja, das war eine Liebesschnulze und keine Komödie! - sich wirklich antun konnte, wusste sie nicht. War das Kino wirklich eine so gute Wahl gewesen? Die Dayclassschülerin guckte zu ihrem Date hinüber.

Dieser stand amüsiert vor einem der Filmplakate. Sora trat neben ihn und starrte es skeptisch an. Ein blasser Mann stand neben einer Braunhaarige Frau mit ausdruckslosen Gesicht, die ihre Hand auf seiner Brust gelegt hatte. Und außer dem Titel gab es dort auch nicht mehr zu sehen. „Soweit ich gehört habe, gehört Comedy nicht zur Genre, Hanabusa.“

Er lachte. „Ach, was. Du wirst schon sehen, der Film hat mehr Comedy in sich, als andere, die zu dieser Genre gehören.“ Sein Blick wanderte vom Plakat zu Sora. Hatte sie schon mal erwähnt, wie schön sie seine Eisblauen Augen fand? Oder sein Lachen? Sein Grinsen?

Schnell verwarf sie diese Gedanken, als sie merkte,was für einen Blödsinn sie da dachte! Und bevor sie sich deswegen ausschimpfen konnte, bemerkte sie, dass fiese Glitzern in Hanabusas Augen. Oh nein! Das konnte nichts gutes bedeuten!

Verdammt, hatte sie ihre seltsamen Gedanken etwa laut ausgesprochen?! Oh bitte, oh bitte hatte sie das nicht! Er würde sich sonst was drauf einbilden, wenn er ihre Gedanken und Gefühle – rein freundschaftliche Gefühle! – kennen würde! Oh, sie sah wie sich seine Lippen bewegten und spitze schnell ihre Ohren.

„Wir können natürlich auch gerne in den Horror-Film“, grinste er böse. Von dem einem Augenblick zum anderen löste sich die Anspannung in Soras Schultern und sie seufzte erleichtert auf. Nochmal gut gegangen. „Warum so erleichtert? Sag bloß, den willst du gucken.“

Sora kicherte leicht und schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Von mir aus können wir uns die Liebeskomödie ansehen.“, sagte sie und betonte dabei besonders die Genre laut Aido.

 

Und tatsächlich konnte der Nightclassschüler Wort halten. Der Film selbst war zwar nicht auf Comedy ausgelegt wurden, aber dank den Kommentaren von Hanabusa, musste Sora sehr oft lachen. Es war Glück, dass außer ihnen kaum jemand im Kinosaal war und denen die Anwesend waren, störte das Gekicher in der mittleren Reihe eher weniger. Hanabusa selbst war froh sich für diesen Film entschieden zu haben. Er hatte kurzzeitig darüber nachgedacht in die Horrorvorstellung zu gehen und diese typische Ich-bin-dein-Beschützer-Masche machen können, aber er sah und hörte gerne wie Sora lachte und ihre blauen Augen dabei immer anfingen zu leuchten. Er mochte sowohl ihre Augen, wenn eines der beiden rot wurde, als auch, wenn beide Meeresblau waren. Und dank seinen Vampirgenen konnte er nun einmal ziemlich gut sehen im Kino. Das war auch einer der Gründe warum er unbedingt ins Kino wollte. Die Sonne war ihm draußen viel zu grell gewesen und auch wenn die Leinwand nicht ganz so angenehm war, war sie ihm doch lieber als die leuchtende Kugel am Himmel.

 

 

Seufzend trat Hanabusa mit Sora an seiner Seite aus dem Kino und blickte blinzelnd in den Himmel. Die Sonne lag verdeckt hinter grauen Wolken. Es sah nach Regen aus. „Also wirklich, wer kommt auf die Idee, dass Vampire in der Sonne anfangen wie eine Discokugel anzuleuchten. Der Regisseur scheint einen an der Klatsche zu haben.“, beschwerte er sich.

„Autorin.“, verbesserte das kleine Mädchen an seiner Seite ihn. „Der Film ist eine Adaption von einem Buch. Aber du hast recht. Oder, dass man sich als Vegetarier bezeichnet, wenn man Tierblut trinkt. Diese Familie sind viel mehr die Monster, als alle anderen in dem Film.“

Verwundert sah er sie an. „Wie meinst du das?“

„Na, Menschen haben es doch viel mehr verdient, als Blutspende für Vampire zu dienen, als Tiere. Ich meine, wer schadet der Welt? Mensch oder Tier?“ Sie seufzte. „Tut mir Leid, wahrscheinlich bin ich die Einzige die das so sieht.“

Schnell schüttelte Aido den Kopf. „Ganz im Gegenteil, ich sehe das genau so. Nur das Töten der Menschen ist schlimmer.“ Sora nickte zustimmend. Es erleichterte ihn seltsamer Weise, als er sich bewusst wurde, dass sie eigentlich nichts dagegen hatte, dass Vampire von Menschen tranken. Zwar arbeitete er mit den anderen an den Bluttabletten, aber bis die perfekt waren, würde noch viel Zeit ins Land ziehen müssen.

„Wie wärs, wollen wir jetzt in ein Café gehen? Es sieht mir nach Regen aus und da wäre es gut, wenn wir einen Unterschlupf hätten.“, bot Hanabusa an und sah wie Sora besorgt in den Himmel sah. Leider hatten beide keinen Regenschirm dabei und er hoffte, dass das Gewitter schnell vorbei ziehen würde.

 

 

Es machte den Eindruck, als ob das gesamte Städtchen nur aus Cafés bestehen würde. Egal wo man hinsah, überall gab es welche. Sie entschieden sich kurzerhand in das Café rogue angel – was für eine Ironie* - zu gehen.

Es war nicht besonders voll und die beiden setzten sich an einen der runden Tische an der Fensterfront. Sora nahm die kleine, rote Karte in die Hand und versuchte angestrengt sich zu konzentrieren. Es fiel ihr schwer nicht aus dem Fenster zu blicken und doch schaffte es sie sich einen Schokoladenkuchen und einen Kakao auszusuchen. Es wäre untertrieben zu sagen, dass sie keine Gewitter mochte. Sie hasste Gewitter. Zum Glück schien Hanabusa nichts zu bemerken, denn er studierte, wie eben sie, die Speisekarte.

 

 

Nachdem beide ihre Bestellungen der Kellnerin weitersagten, fragte Hanabusa die Frage, die er Sora schon lange stellen wollte. „Woher kennst du eigentlich Kaname?“

„Ist das so verwunderlich oder warum möchte jeder das wissen?“, kicherte die Suzuki und erklärte auf Hanabusas fragendem Blick: „Yuki und Zero wollten das auch damals wissen.“

„Verstehe.“

„Jedenfalls ist er ein Freund meiner Familie. Ich kann mich zwar nicht mehr so gut daran erinnern, aber er kam mich damals öfters besuchen und wir spielten viel zusammen.“, plapperte die Dayclassschülerin.

Verwundert zog Hanabusa eine Augenbraue hoch. Es fiel ihm schwer sich Kaname als spielendes Kind vorzustellen. Zwar hatte er ihn als Kind schon gekannt, aber eben nicht als spielendes Kind!

„Außerdem hatte er mir damals das Leben gerettet.“, fügte Sora leise hinzu. Hätte Aido nicht schon seine Ohren bis zum äußersten gespitzt, so hätte er es jetzt getan. „Wie meinst du das?“, hackte er nach.

„Ich weiß nicht mehr wie alt ich war und kann mich eigentlich kaum noch daran erinnern, aber ich war mal bei Freunden oder Verwandten zu Besuch und Kaname war auch da. Jedenfalls hat damals plötzlich das Haus angefangen zu brennen und Kaname hatte es geschafft zusammen mit mir, das Haus zu verlassen. Die Besitzer des Hauses hatten es nicht überlebt.“ Am Ende war sie immer leiser geworden und ein trauriger Schimmer hatte sich in ihre Augen gelegt. Es fiel ihr immer noch schwer darüber zu reden, obwohl sie kaum Erinnerungen mehr davon besaß.

„Jetzt hast du aber nicht mehr viel mit ihm zu tun, oder? Jedenfalls sehe ich dich nie bei dem Wechsel.“, versuchte Hanabusa das Thema zu wechseln und glücklicherweise ging sein Plan auf, denn Soras Augen verdrängten den traurigen Schein und schienen wieder ins hier und jetzt zu gelangen.

Sie schüttelte verneinend den Kopf. „Abgesehen vom Wechsel, seit ihr doch unerreichbar. Also, wie sollte ich da mit Kaname Kontakt haben können? Und zu dem Wechsel selbst bringen mich keine zehn Pferde mehr!“

„So schlimm?“, fragte er schmunzelnd. „Du kannst dir gar nicht vorstellen wie schlimm. Mir tut Yuki jedes Mal furchtbar Leid, wenn sie nach dem Wechsel noch kurz ins Zimmer kommt. Vor Zero haben die Gänse ja noch Respekt, aber gegenseitig schubsen die sich hin und her, nur um an euch heran zu kommen“, wehleidig seufzte Sora auf und nahm mit einem Dankeschön, ihre Bestellung entgegen.

„So schlimm sieht das gar nicht aus.“, gab Hanabusa zu und stopfte sich eine Gabel mit Kuchen drauf, in dem Mund.

„Gibs zu, du achtest da gar nicht drauf!“

Treffer versenkt!

Er verzog das Gesicht und gab es zu. „Da hast du wahrscheinlich sogar recht.“

Ein Grinsen zierte ihr Gesicht. „Siehst du!“

Nach einiger Zeit der Stille, stellte wieder der Vampir eine Frage und die fiel ihm nicht so leicht von der Zunge, wie die vorige. „Sag mal...“ Er betrachtete die Meeresblauen Augen von Sora. Es war kein Ton von Rot zu sehen, also konnte er darauf schließen, dass sie im Moment glücklich war. Er holte tief Luft und redete weiter. „Hast du schon von dem Winterball gehört, der bald stattfinden wird?“

Sora neigte ihren Kopf zur Seite. Das war ihm Antwort genug, denn er kannte ihre Körpersprache mittlerweile so gut, dass er wusste, dass sie noch nicht davon gehört hatte. „Jedes Jahr findet vor den Weihnachtsferien ein Ball statt. Das Besondere an ihm ist, dass die Dayclass und die Nightclass zusammen feiern werden.“

„Davon hat mir noch niemand was erzählt.“, gab die Dayclassschülerin zu.

„Bestimmt erfährst du es bald, denn es ist jedes Mal die Dayclass die den Saal dekoriert und so lange ist es nicht mehr hin.“, erklärte er.

 

Sora wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als ein lautes Donnern Sora zusammenzucken ließ. Ihr Blick wanderte beunruhigt aus dem Fenster. Der Himmel war mittlerweile von Dunkelheit durchzogen worden und nach und nach klatschten Tropfen gegen die Fensterscheibe. Sie versuchte ihre Nervosität mit Kakao runter zu schlucken. „M-Meinst du, das Gewitter wird weiterziehen, bevor wir wieder an der Academy sind?“

„Keine Ahnung. Hoffen wirs mal, bei einem Gewitter Auto zu fahren ist nicht ganz so leicht.“

Ihre Zähne fanden ihre Lippen und sie bohrte diese in das Fleisch hinein. Wow, kannst du toll aufmuntern, Hanabusa!, dachte sie sich und starrte wieder gebannt aus dem Fenster.

„Ich habs dir schon mal gesagt, du sollst damit aufhören!“, befahl ihr der Nightclassschüler. Angestrengt ließ sie ihre Lippe mit den Zähnen los. Stattdessen zuckte ihr Blick hin und her. Sie hatte Angst. Große Angst und es half nicht dabei, als Hanabusa plötzlich anfing leise zu lachen. „Sag bloß du hast Angst vor Gewitter?“, fragte er sichtlich amüsiert.

Es war eine Kurzschlussreaktion ihres Körpers. Hätte sie in dem Moment denken können, hätte sie es nie gemacht und im nach hinein war ihr ihre Handlung ziemlich peinlich. Aber in dem Moment als Hanabusa sich über sie und ihre Ängste lustig machte, durchströmte sie eine solche Wut mit gemischter Angst, dass sie aufsprang, dabei den Stuhl umkippen ließ, und schrie: „Na und?! Dann hab ich halt Angst! Das ist nicht witzig!“

 

Und ehe Hanabusa sich versah, knallte die Eingangstür des Cafés hinter ihr zu und ließ einen starr sitzenden Vampir zurück.

 

 

 

*franz. Roter Engel, mit Ironie meinte Aido, dass Vampire auch gerne als Blutrote Engel bezeichnet werden. Falls es eine falsche Übersetzung ist, korrigiert mich gerne :D

Wer ist hier ein Mädchen?

„Verdammt!“ Fluchend sprang Hanabusa auf, kramte Geld aus seinen Taschen, schmiss es eilig auf den Tisch, um dann nach seiner Jacke zu greifen und Sora hinter zu stürmen. Verfluchter Mist, das hatte er doch nicht gewollt! Er hatte nicht vorgehabt sie so sehr zu verärgern. Er wollte sie doch nur ein wenig triezen und so vielleicht von ihrer Angst ablenken, aber er hätte wohl lieber die Klappe halten sollen. Spätestens dann, als er sah, dass Soras linkes Auge nur noch aus einem Rot bestand.

Rasch rannte Hanabusa die Straßen entlang und sah sich dabei gehetzt um. Wegen dem Gewitter waren die Straßen wie leer gefegt und er erkannte schnell, dass sich das Mädchen nicht auf den Hauptstraßen befand.

Sie musste in einen der Nebengassen sein und die war sehr beliebt bei...! Scheiße! Er musste sie finden bevor ein Level E sie finden würde!

Nass klatschte eine blonde Strähne gegen seine Gesicht, doch er ließ er sich davon und auch nicht vom Wetter irritieren. Wo konnte ein wütendes, verängstigtes sechzehnjähriges Mädchen hin verschwunden sein?!

Mit gespitzten Ohren betrat er eine weitere Gasse, leider war das Gewitter viel zu laut, als das er etwas mit seinem empfindlichen Vampirohren hören. Eine Bewegung an seinem Augenwinkel brachte ihn dazu sich umzudrehen und gerade noch rechtzeitig auszuweichen. Zischend sprang Hanabusa einige Meter zurück und starrte den Level E an. Der Mund mit den spitzen Fangzähnen war mit Blut verschmiert und auch die Kleidung wies neben dem Dreck auch rote Farbe auf. Eindeutig ein ehemals Mensch Vampir an seinen Grenzen. Aido hatte sofort gerochen, dass der Vampir nicht in Soras Nähe gewesen war. Ihr Blut roch anders. Es roch süßlich und lebendig. Das wusste er zu gut, denn schon oft war er zu dem Genuss gekommen ihr Blut zur riechen. Sie sollte sich das Lippenkauen vielleicht doch nicht abgewöhnen.

Aber das Blut auf dem Vampir war alt und tot. Der Adelsvampir kniff die Augen zusammen und und bevor der andere Vampir überhaupt reagieren konnte, hatte sich bereits eine Eisschicht um seine Füße geschlungen. Eis welches sich immer weiter auf dem Körper des ehemals Menschen ausbreitete, um ihm dann am Ende komplett zu umschlingen. Die Prozedur dauerte nur wenige Sekunden und mit einem gezielten Schlag auf den Eisbrocken zerstörte er sie und ließ sie ohne weiteres liegen.

Seine Gedanken waren schon längst wieder bei seinem Schützling. Obwohl er diesen Vampir hier getötet hatte, hieß das noch lange nicht, dass Sora jetzt in Sicherheit war! Es konnten hier noch mehrere von ihnen lauern.

Eilig ging er weiter die Straßen entlang, was ihm eine Ewigkeit zu dauern schien. Es schien, als ob das Gewitter einfach nicht vorbeiziehen wollte und die Entfernung zu Sora immer größer wurde. Und auch wenn seine Hoffnung nicht mehr besonders groß war, so suchte er unerbittlich weiter und hätte beinahe einen Freudensprung gemacht, als er den vertrauten Geruch in die Nase bekam. Er rannte auf den Geruch zu und bemerkte währenddessen, dass ihr süßer und lebendiger Geruch viel stärker waren als sonst! Die Erkenntnis zog ihm den Boden von den Füßen weg und er taumelte, während er um die Ecke bog.

Sora blutete.

Seine Füße berührten nicht mal mehr den Boden, als er auf die am Boden kauernde Gestalt rannte. Sie hatte ihren Kopf zwischen den Knien versteckt und ihre Schultern schüttelten sich. Neben ihrem Blutgeruch, drang nun auch der Geruch von Tränen in seine Nase.

Doch woher kam dieser Blutgeruch? Was war passiert?!

„H-Hey, Sora...“, flüsterte er panisch und obwohl er so unbeabsichtigt leise redete, schien sie ihn gehört oder wenigstens wahrgenommen zu haben, denn ihre Schultern fingen noch stärker an zu zucken und er hörte ein unterdrücktes Schluchzen. „Es tut mir Leid. Hey, Sora, ich hätte das nicht sagen sollen, ich weiß, aber bitte, bitte schau mich an, ja?!“, flehte er. In diesem Moment war es vollkommen egal, ob er einen erbärmlichen Eindruck machte. Vor wem denn auch? Außer ihm und Sora war hier niemand und auch wenn doch, das wichtigste war ihm jetzt, dass er sah, wo sie verletzt und wie schlimm es war.

Er bemerkte wie sie zögerte, dann aber doch langsam ihren Kopf hob und ihn mit nassen Augen ansah. Schnell scannte er ihr Gesicht und es fiel ihm eine unglaublich schwere Last von den Schultern, als er sah, dass sie nur wieder auf ihrer Lippe gekaut hatte. Beinahe hätte er vor Erleichterung aufgelacht, doch war der Blutdurst der ihn mit einem Schlag umfing, stärker. Langsam bohrten sich seine Zähne in seine eigene Unterlippe und das blau in seinen Augen nahm immer rötlichere Töne an.„Ha... Hanabusa?“ Es war die leise und verzweifelte Stimme von Sora die ihn wieder in die Wirklichkeit brachte. Schluckend zwang er seine Zähne zum zurück entwickeln. „Es ist alles gut. Ich bin bei dir. Dir wird nichts passieren.“, sagte Hanabusa beruhigend und setze sich auf den Boden. Es war ihm vollkommen egal, ob er sich seine Kleidung verschmutzte. Anstatt sich darüber aufzuregen, hob er seufzend einen seiner Arme, schlang ihn um Soras Schultern und zog sie an seine Seite. Sie lehnte mit ihrem Kopf an seine Schulter und kniff, als ein weiteres Donnern erklang, die Augen fest zu. Das Mädchen schien wirklich sehr große Angst zu haben. Er war sich nicht sicher, ob es ihr eine Hilfe war, aber kurzentschlossen legte er sanft seine Hand auf ihre zusammengekniffenen Augen und zog sie somit weiter zu sich.

„Dir wird nichts passieren, Sora.“, flüsterte er.

 

Es vergingen stürmische Minuten und Hanabusa hatte schon jedes Zeitgefühl verloren, aber darauf achtete er gar nicht, stattdessen murmelte er immer weiter beruhigende Sätze vor sich hin. Dabei war er sich nicht mal sicher, ob sie ihn verstehen konnte.

Noch immer wütete der Sturm durch die Straßen der Stadt, als Sora plötzlich anfing zu sprechen. „E-Es war Nachts gewesen, als das Feuer plötzlich ausbrach... eigentlich... erinnere ich mich an... an gar nichts.“ Sie schluckte kurz. „Ich war... so klein und jedes Mal... w-wenn es blitzt und... donnert da sehe ich... seltsame Dinge. Ich sollte... Feuer sehen und... vor Feuer Angst haben, aber... ich habe keine Angst vor Feuer.“ Den letzten Teil flüsterte sie bedrückt.Hanabusa war sich nicht sicher, ob er eine Frage wirklich stellen sollte, die sich vor seinem Kopf formulierte. Er wollte es nicht schlimmer machen, indem er wieder in der Wunde herumstocherte. Dennoch stellte er die Frage und versuchte keinen drängenden Ton in seiner Stimme zu haben. „Was siehst du?“

Das Mädchen in seinem Arm blieb still. „Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst.“

„D-Doch...“, flüsterte sie. „Aber... es hört sich seltsam an...“

Abwartend sah Hanabusa die gegenüberliegende Hauswand an und spürte an seiner Handfläche, wie Sora mehrmals blinzelte. Sein und ihr kompletter Körper war nass und er war sich nicht sicher, ob die Feuchtigkeit unter seiner Hand von dem Regen oder doch von den Tranen von ihr stammten.

 

„Ich sehe Blut.“ Das letzte Wort hauchte sie nur, traute sich nicht es deutlicher auszusprechen. Sie hatte die Befürchtung, dass wenn sie es lauter aussprechen würde, es Realität werden würde.

„Ganz viel und zwei Augen... die selben Augen die auch ich habe, aber... ich bin mir sicher... das waren nicht meine Augen.“

 

Angespannt stieß Hanabusa den Atem aus. Blut, rote und blaue Augen. Zwar sagte es ihm derzeit nichts, aber ihn beschlich ein ungutes Gefühl.

Die Dayclassschülerin schien seine Gestik falsch verstanden zu habe. „Ich weiß... das hört sich total schräg an.“, wiederholte sie und zuckte ein weiteres Mal zusammen, als sie ein mittlerweile nicht mehr ganz so lautes Grollen hörte. Sanft zog er sie näher zu sich und berührte mit seinen Lippen sanft ihre Stirn.

„Du warst ein Kind, vielleicht hattest du dir damals irgendetwas zusammen gereimt.“ Zwar kam das aus seinem Mund, aber wirklich glauben tat er daran nicht.

„Wahrscheinlich hast du recht.“, seufzte Sora und rückte nun von sich aus näher an seinen Körper heran.

 

 

Es dauerte, aber irgendwann war das Gewitter vorüber gezogen und die beiden Schüler erhoben sich vom Boden. „Ich glaube, die Sachen kann ich wegschmeißen.“, jammerte Aido, teilweise spielerisch, um die Stimmung aufzulockern, und teilweise im Ernst, weil seine Kleidung wirklich furchtbar dreckig war. Seine kompletten Kleidungsstücke waren klitschnass, sogar das Hemd unter der Jacke und die Strümpfe! Die Hose wies mehr als nur ein paar Schlammflecken auf und die ehemals graue Farbe war kaum mehr zu erkennen.

Ein Kichern entwich Sora. „So schlimm sieht das doch gar nicht aus.“ Eine Augenbraue von Hanabusa wanderte nach oben und er blickte sie mit einem Blick an der wohl so etwas heißen sollte wie bist-du-blind-oder-was?. Wieder kicherte sie und versuchte mit einer Hand ihr eigenes Haar etwas zu glätten, dass durch den Sturm eher einem Krähennest ähnelte, als einer Frisur. „Du benimmst dich wie ein echtes Mädchen.“, jetzt grinste sie und sprang quietschend von der von ihr ernannten Diva weg.

„Wer ist hier ein Mädchen?!“, schrie er und fing an langsam auf sie zuzugehen.

„Na, hab ich doch gesagt: Du!“, quiekte Sora und fing lachend an davonzulaufen.

 

Die Hetzjagd zwischen den beiden dauerte nicht besonders lange an, denn schnell verlor das richtige Mädchen von beiden die Puste. Und nachdem sie einmal kräftig von Hanabusa zur Strafe durch gekitzelt wurde, entschlossen sie sich, sich ein Taxi zu rufen und wieder zurück zur Academy zu fahren. Beide waren noch immer klitschnass und auch wenn der Vampir nicht krank werden konnte, so konnte Sora es immer noch und das wollte er dann doch lieber verhindern, wen es denn noch nicht zu spät war.

Die Fahrt war durch den ganzen Schlamm auf den Straßen ein wenig holprig, verging aber relativ schnell. Sora und Hanabusa unterhielten sich während der Autofahrt ein wenig, unter anderem über den Test den das Dayclassmädchen geschrieben hatte.

Als der Wagen vor dem großem Tor stehen blieb, an dem Soras Leben an der Cross-Academy sozusagen angefangen hatte, war es wohl Zeit für einen Abschied und das Ende des Dates.

Sora ging bereits auf das Tor zu, welches manchmal Samstags offen war, sollten sich Schüler in der Stadt befinden, während Hanabusa dem Taxifahrer das verdiente Geld gab.

Mit ihren blauen Augen musterte sie das große, eindrucksvolle Tor. Es war schwer zu glauben, dass sie schon so lange hier war. Sie war im Spätsommer gekommen und jetzt stand schon der Winter vor der Tür!

Sie bemerkte eine Bewegung neben sich und wandte sich zu Aido. Jetzt war wohl die Zeit für einen Abschied gekommen! Lächelnd blickten sie sich einander in die Augen und es war Hanabusa der anfing zu sprechen. „Auch wenn der Mittelteil nicht ganz so toll war, fand ichs heute sehr schön mit dir.“

Nickend stimmte die Dayclassschülerin ihm zu. „Tut mir noch mal Leid wegen vorhin.“, kam es ihr schuldbewusst über die Lippen. Im Nachhinein war es ihr mehr als nur peinlich. Sie hätte wirklich nicht so überreagieren sollen und ausgerechnet mitten ins Gewitter zu rennen, wo sie doch solche Angst davor hatte, war ziemlich unlogisch.

Hanabusa schüttelte den Kopf und sah ihr fest in die mittlerweile wieder unterschiedlich Farbenden Augen. „Da gibt es nichts zu entschuldigen, Sora.“ Er hob seine Hand zu ihrem Gesicht und umfasste es sanft. Wärme kroch ihr in die Wangen und anstatt empört einen Schritt zurückzuweichen, neigte sie ihren Kopf leicht gegen seine Hand. Sie fühlte sich weich an, nicht so rau wie andere typische Männerhände und es passte zu ihm. „Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist und du dich mir anvertraut hast. Dafür bin ich dir sehr dankbar.“, bedankte er sich bei ihr.

Sie wusste nichts darauf zu erwidern und schloss für einen Moment ihre Augen, um sich zu sammeln. Als sie sie langsam wieder öffnete, wäre sie jetzt tatsächlich einen Schritt zurück gestolpert, wenn sie ihren Körper denn bewegen könnte!

„Möchtest du mich zum Winterball begleiten?“, wisperte er gegen ihre Lippen und sah ihr noch immer in die Augen. Leicht nickte sie und ihre und auch seien Augen wanderten zu den jeweils anderen Lippen. Langsam schloss sie ihre Augen. Sie spürte die vertraute Wärme von ihm immer deutlicher und erwartete jeden Augenblick seine Lippen auf den ihren zu spüren.

Doch plötzlich keuchte Hanabusa auf und zog sich von ihr zurück. Seine Hand glitt von ihrem Gesicht und hinterließ eine einsame Kälte.

Ein Stich fuhr ihr mitten durch das Herz und traurig öffnete sie ihre Augen. Sie hatte es bereits befürchtet, als sie die Kälte spürte, aber dennoch tat es weh, dass Hanabusa nicht mehr vor ihr stand. Stattdessen saß vor ihren Füßen Kuro.

Suchend wandte sie ihren Kopf hin und her, drehte sich im Kreis, rief nach ihm, aber Hanabusa blieb verschwunden. Traurig und enttäuscht beugte sie sich zu Kuro herunter und nahm ihn auf die Arme. „Was sollte das denn?“, fragte sie den Kater betrübt. Wieso hatte er sie einfach verlassen? Hatte er etwa doch nur mit ihr gespielt und hatte sie jetzt an dem Punkt, wo er sie haben wollte? Ließ er sie jetzt etwa fallen?

„Nyan“ Das Vertraute Miauen des Katers schreckte sie aus ihren düsteren Gedanken. Nachdenklich kraulte sie das schwarz-blaue Fell und blickte in die Türkisen Augen von dem Kater. Ach, wie gerne sie doch jetzt in die Eisblauen Augen von Hanabusa gucken würde!

„Blödsinn, wo ist er doch gar nicht, oder, Kuro?“, erwartungsvoll blickte sie die Katze an, als erwartete sie tatsächlich eine Zustimmung und das Nyan, das der Kater von sich gab, reichte ihr vollkommen.

Mit einem leichten Lachen trat sie durch das angelehnte Schultor und machte sich auf den Weg zu dem Wohnheim.

 

 

In Gedanken fluchend trat Hanabusa hinter einem der Bäume hervor. Jetzt war er dem Kater wohl doch etwas schuldig. Denn ohne seiner Hilfe hätte er wohl oder übel weiter gemacht und beide wären von Zero erwischt wurden.

Er hatte nicht damit gerechnet, das er seine komplette Umgebung vergessen würde, wenn er Sora so nah kam! Nur das Kratzen an seiner Hose brachte ihn wieder in die Wirklichkeit und er hatte den mittlerweile vertrauten Gang des Vertrauensschülers endlich wahrgenommen. Es wäre mehr als nur Pech gewesen, wenn er ihn, einen Vampir, mit ihr, einem Menschen, gesehen hätte.

Ein Seufzen entwich ihm, als er Sora langsam folgte. Er würde ihr nicht hinterher rennen und sie einholen, wahrscheinlich war sie schon Zero begegnet und unterhielt sich mit ihm. Hanabusas Weg führte ihn in sein eigenes Wohnheim.

Er hoffte, dass sie ihm das ganze nicht übel nehmen würde und dass sie es nicht in den falschen Hals bekam. Er musste ihr morgen unbedingt erklären, warum er verschwunden war.

 

Tatsächlich hatte Hanabusa recht, denn Sora begegnete dem Vertrauensschüler, der sie mit hochgezogener Augenbraue musterte. Ach herrje, was sie wohl mit komplett nasser Gestalt und zerrupften Haaren für einen Eindruck machte? Zum Glück war Kuro mittlerweile wieder auf dem Boden und nicht mehr auf ihren Armen. Doch anstatt irgendetwas zu ihrer Erscheinung zu sagen, befahl er ihr lediglich in ihr Zimmer zu gehen, bevor sie sich eine Erkältung einfangen konnte.

Das mochte Sora an Zero, weswegen sie mit einem Lächeln an seinem Befehl ohne Wiederworte folge leistete.

Auf ihrem Weg wurde sie treu von Kuro begleitet. Bevor sie jedoch die Eingangstür zu dem Mädchen Wohnheim betrat, beugte sie sich nochmal zu ihm runter und versprach ihm:“Ich hab dir gestern was ganz tolles gekauft, das wird dir mit Sicherheit gefallen. Wenn wir uns das nächste Mal also begegnen, hab ich was für dich.“ Mit einem Zwinkern an den Kater ging sie durch die Tür und den Flur entlang.

 

In ihrem Zimmer wurde Sora bereits sehnsüchtig von Yuki und Sayori erwartet. Denn kaum, dass sie das Zimmer betrat, stürmten beide auf sie zu durchlöcherten sie mit Fragen. „Was ist passiert?“ „Warum bist du so durchnässt?“ „Sag bloß er hat dir was angetan?!“ „Nun sag schon!“

Lächelnd hob Sora ihre Hände, um die beiden von ihrem Fragenmarathon abzuhalten. „Hey, ihr beiden, es ist alles okay. Ich erzähle euch alles gleich, ja? Ich würde vorher nur gerne aus diesen Klamotten raus.“ Widerwillig blieben die beiden still und setzten sich ungeduldig auf ihre Betten.

Nachdem sie sich also ihren Schlafanzug, der war eben besonders kuschelig, angezogen hatte, fing sie an den beiden die Ereignisse zu erzählen. Selbstverständlich achtete sie darauf, dass sie keinen Namen nannte und von dem Date auf dem Winterball erzählte sie vorerst auch nichts. Sie würde es den beiden schon noch früh genug beichten.

„Wenn man jetzt von der Szene im Café absieht, dann ist er ja der perfekte Freund für dich.“, gab Yori am Ende ihr Fazit bekannt und wurde mit einem Nicken von Yuki unterstützt.

„Irgendwann musst du uns ihn aber vorstellen!“, befahl die Korosu und ließ sich seufzend auf das Bett fallen und starrte verträumt die Decke an.

Grinsend sahen sich Sora und Yori an, beide hatten die gleiche Vermutung an wen Yuki gerade dachte.

Dabei war keinem von beiden klar, dass Yuki nicht nur an eine Person dachte.

Unangenehme Erinnerungen und Träume

 

Frisch geduscht und mit trockener Kleidung betrat Hanabusa die Lobby der Nightclass. Für einen Samstagabend typisch saß eine Gruppe von Vampiren auf den Sofas und Sesseln und verbrachten zusammen ihre Zeit. Manche unterhielten sich, manche hielten ein Nickerchen und manch andere lasen ein Buch oder starrten gedankenverloren vor sich hin. So auch Hanabusa heute, als er sich neben seinen Cousin Akatsuki auf das weiße Sofa fallen ließ. Er verschwendete keinen weiteren Blick daran, wer neben den beiden noch anwesend war.
Seine Gedanken kreisten schon die ganze Zeit um Sora und dem was sie erzählt hatte. Sie hatte von Blut erzählt und etwas in ihm hatte an seinen Alarmglocken geklingelt. Dadurch, dass er so vertieft in seinen Gedanken war, bemerkte er nicht den fragenden Blicke von Akatsuki und Ruka. Die Nightclassschülerin war es schließlich die ihn aus seinen Gedanken zog. „Über was denkst du so scharf nach, Aido? Geht es um die Bluttabletten? Stimmt etwas mit ihnen nicht?“
Beinahe wäre Hanabusa zusammen gezuckt, als er in seinem Gedankenfluss unterbrochen wurde. Verwirrt sah er Ruka an. „W-Wie? Ach nein, mit denen ist alles in Ordnung!“
Das Ruka direkt auf den Gedanken mit den Blutstabletten kam, wunderte ihn wenig, schließlich war er einer derjenigen, die sich besonders gut mit der Blutstablette auseinandersetzten und Ruka gehörte nun einmal zum Team und wollte von möglichen Nebenwirkungen wissen. Doch was sie als nächstes fragte, füllte seinen Körper mit einer Anspannung, die der von vor wenigen Stunden ähnelte.
„Oder hat es etwas mit deiner kleinen Menschenfreundin zu tun, mit der du heute in der Stadt warst?“ Dabei sagte sie das in ihrem typischen überheblichen Ton in der Stimme, der ihm verriet, dass es mit Sicherheit von Anfang an in ihrer Absicht lag auf eben das Thema Hanabusa-gibt-sich-mit-einem-Menschen-ab-und-bricht-somit-alle-Regeln-der-Academy zu wechseln. Schweiß lief seiner Stirn hinab, als er realisierte, was Ruka da von sich gab. Hatte Ruka die beiden etwa gesehen?! Wann? Und Warum hatte er das nicht bemerkt?
Zog Sora etwa seine gesamte Aufmerksamkeit auf sich, dass er nicht einmal mehr die vertraute Anwesenheit von Ruka bemerkt hatte?!
Das sah schlecht für ihn aus. Schnell durchforstete er seinen Kopf nach Ausreden und öffnete den Mund, ohne vorher darüber nachzudenken. „Ein Menschenmädchen? Wann war das denn? Du weiß doch; wir Adelsvampire sind von solcher Schönheit, dass die Menschen selten ihren Blick von uns lösen können und einige von ihnen trauen sich auch mal uns anzusprechen. Und eben genau das passierte mir heute mehr als nur einmal.“
Er spürte deutlich den brennenden Blick von Kain, dennoch ignorierte Hanabusa ihn konsequent. Würde er sich jetzt zu ihm umdrehen, würde er seine Unsicherheit verraten. Mit Sicherheit war es Akatsuki schon klar, dass Hanabusa log und auch wer das Mädchen war, mit den Ruka ihn gesehen hatte. Da hatte er sich vielleicht was eingebrockt...
„Dabei habt ihr solch einen vertrauten Eindruck auf mich gemacht, als ihr beide ins Kino gegangen seid. Hätte ich das gewusst, hätte ich dich natürlich angesprochen und von dem Mädchen und ihrer aufdringlichen Art gerettet. Tja, da hab ich mich wohl geirrt.“, sagte Ruka mit einem leichten Bedauern in der Stimme und dennoch war jedem einzelnen der Anwesenden klar, dass das nur vor geheucheltes Zeug war. Ruka war ein Level B mit Haut und Seele und benahm sich auch so. Bedauern oder gar Mitgefühl besaß diese Frau nicht. „Doch, warum bist du denn mit ihr ins Kino gegangen, wenn du sie nicht kanntest?“ Ein hinterhältiges Lächeln hatte sich auf ihren Lippen breit gemacht.
Verdammt, dachte sich Aido, jetzt musste eine verdammt gute Ausrede her. Als er spürte wie seine Zähne über seine Unterlippe schabten, ließ er sie schnell wieder los. Jetzt übernahm er auch noch die schlechten Angewohnheiten von Sora! Doch glücklicherweise fiel ihm etwas ein, was ihm als Ausrede dienen konnte. „Ach, das. Das Mädchen kam nicht aus Japan und hatte Probleme dem Verkäufer verständlich zu machen, dass sie alt genug sei um in den Horrorfilm zu gehen, wobei ich nicht verstehe, wie man sich einen Horrorfilm mit Untertiteln antun kann. Jedenfalls schien ich mit meinem blonden Haar und blauen Augen der perfekte Dolmetscher.“, log Hanabusa gekonnt und wankte mit seiner Hand, um zu verdeutlichen, wie bedeutungslos und unwichtig das scheinbare Geschehene gewesen war.
Ruka lächelte weiterhin, doch schien es an Stärke zu verlieren, als sie kapitulierte. „Verstehe.“


Erleichterung durchflutete Hanabusa, als er die Zimmertür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Es dauerte nicht mehr lange, bis die Sonne aufging und die letzten Stunden waren relativ ruhig vergangen. Keiner hatte mehr das Gespräch in die falschen Bahnen gelenkt und somit blieb es ihm erspart sich weitere Lügen auszudenken.
Es war Glück gewesen, dass Ruka Sora nicht erkannt hatte. Zum allerersten Mal war er froh darüber gewesen, dass Sora nie zum Wechsel erschien, ansonsten hätte Ruka sich ihr Gesicht mit Sicherheit gemerkt, wo Kaname doch mit Sicherheit jedes mal ein paar Worte mir Sora ausgetauscht hätte.
Nun aber hatte er ein weiteres Problem, denn kaum war er wenige Schritte in Richtung Bett gegangen, da hörte er wie hinter im die Zimmertür geöffnet und kurz darauf wieder geschlossen wurde. Akatsuki. Frustriert kniff er kurz die Augen zusammen.
Er hatte die ganze Zeit über immer wieder die Blicke von seinem Cousin auf sich gespürt und er war sich sicher, dass der andere Vampir sich nicht so einfach abspeisen würde, so wie Ruka es getan hatte. Nein, Hanabusa war sich sicher, dass Akatsuki schon mit Sicherheit wusste, mit wem er unterwegs gewesen war.
Angespannt starrte Aido aus dem Fenster und blickte die mittlerweile kahl gewordenen Bäume an und wartete. Wartete darauf, dass sein Familienmitglied als erstes das Wort ergriff.
„Warum, Hanabusa? Warum tust du so etwas?“, fragte Kain mit seiner kehligen Stimme.
„Es ist nur Spaß, nichts ernstes!“, verteidigte sich Hanabusa, war sich dem jedoch nicht mehr ganz so sicher. War es für ihn wirklich nur noch Spaß oder war dieser schon lange vorbei? Und das ohne, dass er es bemerkt hatte?
„So wie damals, es mit Fuka nur Spaß war?“, fragte Kain ohne Rücksicht auf Verluste. Wütend wandte Hanabusa sich ihm zu. „Fuka war ein Experiment und das von Anfang an! Das mit Sora ist was anderes! Für Fuka... für Fuka habe ich nie...“, stammelte er zum Schluss.
„Was hast du für Fuka nie?“, hakte der andere nach, als Hanabusa verstummte. Doch konnte er auf eine Antwort noch lange warten, denn Hanabusa ergriff die Flucht, indem er eines der Fenster mit einem Ruck öffnete und hinaus sprang.
Er musste hier einfach weg und konnte die verdammten Fragen und indirekten Vorwürfe Kains nicht mehr hören!

Währenddessen, nicht weit entfernt von den Geschehnissen, fand in einem anderen Teil des Hauses Mond ein ähnliches Gespräch statt. „Er scheint Interesse an ihr zu haben oder aber er nutzt sie aus, was eher zu ihm passen würde. Was meinst du dazu, Kaname-sama?“, fragte Takuma den Reinblut Vampir, der an einem der Fenster stand und zwischen den schweren Vorhängen blickte.
„Es wird sich mit der Zeit zeigen, was er in ihr sieht. So lange er sie nicht anrührt, ist es vorerst unwichtig. Dennoch sollte man die beiden weiterhin im Auge behalten.“, gab Kaname den Befehl und beobachtete Hanabusa, wie er fluchtartig durch das Gelände lief.
Loyal nickte Takuma ihm zu. Er war nicht in alle Pläne Kanames eingeweiht, doch weshalb dieses Mädchen ihm, dem fast königlichen Vampir, so wichtig war, wusste er.

Hanabusa blieb nicht lange draußen, denn die Sonne hatte mittlerweile schon längst den Mond verdrängt und für einen Adelsvampir war das einfach viel zu hell. Also hatte er sich irgendwann wieder in sein Zimmer geschlichen und zu seinem Glück schien Kain bereits zu schlafen. Somit hatte er vorerst nicht zu befürchten, wenn er sich nun in Ruhe in sein Bett legte.



"Hatschi!"
"Oh je. du warst gestern wohl doch zu lange in den nassen Sachen.", seufzte Yuki und sah besorgt ihre Freundin an, die mit rot angelaufener Nase im Bett lag. Daneben stand ein Papierkorb der voll mit gebrauchten Taschentüchern war.
„Ach was.“, winkte Sora mit verstopfter Nase ab. „Morgen geht’s mir bestimmt wieder besser!“
Yori, die mit einer neuen Tasse Tee das Zimmer betrat, entgegnete: „So siehst du aber nicht wirklich aus. Es wird wohl das beste sein, wenn du heute und morgen das Bett hütest. Dann sehen wir weiter.“
„Aber der Un-Unt-hatschi!“, nieste die Suzuki und klaubte sich ein neues Taschentuch vom Nachtisch, um sich die Nase zu putzen. „Ich kann den Unterricht doch nicht verpassen.“
Yuki setzte sich lachend zu ihr aufs Bett. „Mach dir da mal keine Sorgen. Yori und ich werden dir Notizen machen, dann kannst du den Unterrichtsstoff ganz einfach wieder nachholen.“
„Wobei wohl eher ich euch beiden Notizen machen werde. Schließlich kenne wir dich Yuki und wissen alle, dass du die Zeit wie immer mit schlafen verbringen wirst. Du und Zero müsst doch noch morgen wegen letzter Woche nachsitzen, oder?“, fragte Yori die Adoptivtochter des Rektor leicht amüsiert.
Diese ließ deprimiert ihren Kopf sinken und stöhnte gequält auf. „Erinnere mich bloß nicht daran!“

Den gesamten Vormittag verbrachte Sora mit schlafen. Hin und wieder schreckte sie von einem ihrer Fieberträume auf, doch war sie viel zu erschöpft sich jedes Mal vom weiterschlafen abzuhalten, denn angenehm waren diese Träume nicht und schienen ihre ganze restliche Energie zu stehlen. Das schlimmste war wohl, dass es immer der selbe Alptraum zu sein schien.

Sie rannte in einem langen, dunklen und ihr vertrauten Flur entlang, doch schien es keinen Ausweg zu geben, denn egal wie weit und wie lange sie lief, es sah immer und überall vollkommen gleich aus.
Die eine Wand war mit großen, meterlangen Fenstern bestückt, an denen offene Vorhänge hingen. Blitze zuckten draußen in der tiefschwarzen Nacht unregelmäßig hin und her und animierten Sora zum weiterlaufen. Auf der gegenüberliegenden Wand hingen ebenfalls riesige Gemälde von Personen, deren Gesichter jedoch im Schatten lagen.
„H-Hilfe...“, wimmerte Sora keuchend. Tränen rannen ihrer Wange herunter und versperrten ihr die Sicht. Wobei das nicht besonders viel ausmachte, wo sie doch sowieso nur etwas sah, wenn in der Nähe ein Blitz einschlug.
Plötzlich stolperte sie, ob über den langen, dunkelroten Teppich oder über ihre eigenen Füße, könnte Sora im nachhinein nie sagen, und blieb mit einem Tränen überströmtes Gesicht liegen. Ein weiterer verzweifelter Ruf nach Hilfe entwich ihrer Kehle.
Schluchzend versuchte sie sich wieder hoch zu stemmen, doch rutschte sie immer wieder mit den Händen am Boden ab. Irritiert hielt sie inne und hob eine ihrer beiden Hände an ihr Gesicht. Ein Blitz schlug draußen ein und beleuchtete das Zimmer. Ein Grollen ertönte sofort danach. Dann ein Schrei.
Mit geweiteten Augen starrte Sora ihre Blutüberströmte Hand an und verstand nicht, was geschehen war. Wo kam das Blut her?! Krampfhaft versuchte sie das Blut am Teppich von den Händen wegzuwischen, doch schien es nicht zu klappen. Im Gegenteil, sie hatte das Gefühl, dass es schlimmer wurde! Blut rann an ihren Armen bis zu den Ellenbogen hinab.
Winselnd hob sie ihren Kopf und blickte durch ihren seltsamen langen Pony auf die hohen Wände. Wieder Schlug ein Blitz und zeigte Sora, dass auch die Wände, samt Gemälden voller Blut war!

Mit einem lauten Schrei schreckte sich Sora auf und saß mit vor Schreck geweiteten Augen auf ihrem Bett. Keuchend blieb sitzen und sah sich verwirrt in ihrem Zimmer um. Vor den Fenstern waren die Vorhänge zugezogen und nur wenige Sonnenstrahlen schafften es durch die leichten Ritze durch zu strahlen. Die Lampe auf Soras Nachttisch war an und verschaffte dem Raum eine angenehme Atmosphäre. Es war ein krasser Gegenteil von dem, was sie vor wenigen Sekunden noch geträumt hatte.
„Hier.“,ertönte eine dunkle Männerstimme in ihrer Nähe. Erschrocken drehte Sora ihren Kopf um und bemerkt erst jetzt, dass Zero auf Yukis Bett saß.
„W-Wie bitte?“, fragte sie mit heiserer Stimme und verstopfter Nase nach.
„Für deine Nase und deine Tränen.“ Fordernd hielt Zero ihr zwei Taschentücher entgegen, welche sie zögernd entgegennahm und sich erst die Nase putzte. Nachdem sie dieses in den einzigen Papierkorb im Raum schmiss, fuhr sie mit dem anderen Tuch vorsichtig über ihre Wangen. Sora hatte gar nicht registriert, dass sie geweint hatte. Doch als ihre Wangen und auch die Augen soweit getrocknet hatte, war das Taschentuch von ihren Tränen durchnässt.
„Danke...“, bedankte sie sich mit gebrochener Stimme. Der Alptraum lag ihr noch immer schwer in den Knochen und nur langsam begann sie zu begreifen, dass es tatsächlich nur ein Traum gewesen war und die Realität ganz anders aussah.
In der Realität saß sie mit roter Nase und verschwitzten Haaren auf ihrem Bett und starrte auf Zero. Sie schluckte schwer und sah kurzzeitig runter auf ihre Hände. Verkrampft hielt sie die Bettdecke fest und es dauerte bis sie ihre Hände soweit entspannen konnte, dass sie sie loslassen konnte. Mit einem Stirnrunzeln wandte sie sich wieder Zero zu. "Was machst du hier?"
Zero, der sich in der Zwischenzeit von Sora abgewandt hatte, wandte sich wieder Sora zu. „Ich hatte die Wahl beim Organisieren des Winterballs zu helfen oder hier zu sitzen und mich mehr oder weniger um dich kümmern. Hier, du solltest etwas trinken. Ich hole dir solange schon einmal einen nassen Lappen.“ Damit reichte er ihr dieses Mal ein Glas Wasser von Yukis Nachttisch und ging aus dem Zimmer.
Ein Lächeln bildete sich auf Soras Lippen, als sie das Glas entgegen nahm und folgte mit ihren Augen Zero bis aus dem Zimmer. Typisch Zero. Er fragte nicht weiter nach, wovon sie geträumt hatte und solche Angst bekommen hatte. Nein, er unterstützte sie soweit es ihm möglich war und behielt dennoch den Abstand wie zu jedem anderen, abgesehen von Yuki. Sie hatte sich schon oft gefragt, was da zwischen den beiden eigentlich genau lief. Eigentlich hatte sie immer gedacht, dass Yuki in Kaname verliebt war, doch ihr war besonders in letzter Zeit aufgefallen, dass die Atmosphäre sich zwischen den beiden geändert hatte. Vielleicht sollte sie Yuki mal ausfragen, doch andererseits würde sie es verstehen, wen Yuki ihr nicht antworten würde. Schließlich verriet Sora weder Yuki, noch Yori, dass sie Zeit mit Hanabusa verbrachte. Sie seufzte und blickte runter auf das Wasserglas. Vielleicht war es ja wirklich mal an der Zeit, dass sie ihnen die Wahrheit gestand.
Sie hörte wie die Tür wieder geöffnet wurde und trank schnell das Glas leer. Später. Wenn sie wieder fit war würde sie es ihnen sagen. Jedoch nicht heute.

 

Die Katze aus dem Sack

 

„Wie viel Uhr ist es eigentlich?“, fragte Sora, als Zero wieder ins Zimmer kam. Er deutete ihr, dass sie sich wieder hinlegen sollte und legte ihr den nassen Lappen über die Stirn. „16 Uhr.“, antwortete er knapp.

Oje... hoffentlich würde Hanabusa sie nicht gleich erwarten, sonst würde er dort ewig warten müssen... Obwohl, sie dachte hier an Hanabusa! Sora traute ihm zu, dass er nach spätestens fünfzehn Minuten schulterzuckend einen Abgang machen würde. Es wäre Wunschdenken, wenn er länger auf sie warten würde. Sich vielleicht sogar Sorgen machen würde!

Unbewusst entwich ihr ein Seufzen.

„Hast du was besonderes geplant oder warum ist dir die Uhrzeit wichtig?“, erklang plötzlich die Stimme des Vertrauensschülers neben ihr. Sie war so in ihren Gedanken vertieft gewesen, dass sie Zero aufgeblendet hatte!

„Äh... wie? N-Nein.“, stotterte Sora. Sie sah wie Zero sich durch seine eigenen Haare wühlte und zur Seite schaute.

„Keine Sorge, bald kommt Yuki, dann bist du mich los.“, murmelte er mürrisch. Erschrocken über die Tatsache, dass Zero annahm, dass er ihr auf die Nerven ging, setzte Sora sich mit einem Ruck auf und sagte mit der lautesten Stimme, die ihr momentan zur Verfügung stand: „So meinte ich das nicht! Ich kann verstehen, dass du nicht hier sein willst, doch denk nicht, dass ich deswegen dir gegenüber genervt bin. Ganz im Gegenteil ich mag deine Anwesenheit, sie ist sehr beruhigend. Du glaubst kaum wie dankbar ich dir dafür bin, dass du überhaupt hier bist und auf mich aufpasst!“, mit vor Schreck geweiteten Augen starrte sie ihn an und keuchte.

Als plötzlich die Schultern von Zero anfingen zu beben, wollte sie bereits ihre Bettdecke zurück schlagen und zu ihm gehen. Doch da drehte sich Zero bereits zu ihr um und betrachtete sie mit einem Lächeln – tatsächlich er lächelte!

„Du musst nicht gleich schreien, ich kann dich auch so genug verstehen. Und jetzt leg dich wieder hin, sonst wirst du nie gesund.“ Damit drückte er sie wieder ins Bett und legte ihr ein weiteres Mal den nassen Lappen auf die heiße Stirn.

Ein Lächeln bildete sich auf Soras Lippen, als sie ihre unterschiedlichfarbenen Augen schloss. Sie hatte die Vermutung, dass sie Zero nun ein klitzekleines bisschen näher gekommen war, als der überwiegende Teil der Schülerschaft es war.

 

 

Stirnrunzelnd stand Hanabusa in der Nähe des Sees und starrte auf seine Armbanduhr. Er wartete dort in Mitten von Blättern auf die Dayclassschülerin mit der er sich normalerweise jeden Tag traf. Es war nicht ungewöhnlich, dass er auf sie wartete. Er war oft vor ihr anwesend, doch wartete er meistens im Schutz der Bäume. Warum sei mal so hingestellt. Doch normalerweise brauchte Sora auch nicht so lange bis sie kam. Wenn er sie heute noch zu sehen bekommen wollte, sollte sie sich beeilen, denn bald stand der Wechsel an!
Ein unangenehmer Gedanke durchzuckte ihn wie ein Blitz, als ihm die Erinnerung vom vorigen Tag in den Sinn kam. Er stand kurz davor sie zu küssen - ! - und dann war er von jetzt auf gleich weg gewesen! Gut, es hatte einen Grund gehabt, dass er verschwunden war, schließlich war Zero in der Nähe gewesen. Doch aus der Sicht von Sora muss es den Eindruck gehabt haben, dass er sie verarschen wollte!

Wütend über sich selbst und besonders auf Zero knirschte er mit seinen ausgefahrenen Vampirfängen und schlug auf einen Baum ein, der durch den Schlag seine restlichen Blätter verlor. Sanft schwebten die roten Blätter zu Boden. Hanabusa durfte nicht zu lassen, dass Sora so schlecht von ihm dachte! Doch wie sollte er das Missverständnis beheben, wenn sie nicht herkam?! Es blieb ihm wohl nur noch eine einzige Sache zu tun.

Er musste zu ihr.

 

 

Wie bescheuert sich diese Idee anhörte, bemerkte Hanabusa erst, als er hinter Gebüschen versteckt vor dem Mädchengebäude hockte. Einige Dayclassschülerinnen standen draußen in Gruppen und unterhielten sich ununterbrochen. Noch vor wenigen Minuten hatte er sich seinen Plan zu Sora zu kommen einfacher vorgestellt. Doch da hatte er noch nicht daran gedacht, dass es noch weitere Menschen gab, die ihn unter keinen Umständen entdecken durften!

Knurrend zählte er wie viele Menschen es waren, die ihm den Weg versperrten. Zwei Gruppen. Eine bestand aus vier und die andere aus sechs Mädchen. Das sah schlecht für ihn aus.

Sein Blick wanderte nach unten auf dem Boden, als er spürte wie der schwarze Kater seine Beine umschmeichelte. Pha, jetzt auf einmal tat er so, als ob er ihn leiden konnte! Wo kam der überhaupt schon wieder her?!

 

Hoffentlich würde er keine Aufmerksamkeit hierher erregen. „Kusch.“, zischte er Kuro zu und wedelte mit der Hand. Das Risiko war einfach viel zu groß, er kannte die Menschen und besonders die Mädchen taten jedesmal so, als ob sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine Katze sahen. Sobald sie eine erblickten war das oh, ist das süß und das ich will es streicheln groß.

Doch anstatt, dass Kuro wieder im Wald verschwand ging er geradewegs durch das Gebüsch auf die Mädchen zu! Um zu verhindern, dass der Kater weiterging, streckte Hanabusa schnell seine Hand vor, um den Kater zu packen, doch da war dieser bereits zur Seite gesprungen!

„Verdammt...“, fluchte Aido. Jetzt war es sowieso schon zu spät. Die Mädchen hatten Kuro entdeckt und umschwärmten ihn, wie die Bienen die Blumen.

Erstarrt hockte Aido weiterhin hinter dem Gebüsch und hoffte, dass keine der Dayclassschülerinnen ihn gesehen hatte. Die Sekunden vergingen und nichts geschah. Erleichtert seufzte Hanabusa auf. Dass war vielleicht knapp gewesen! Leicht schob er das Gestrüpp wieder beiseite um einen weiteren Blick zu erhaschen.

Alle zehn Mädchen hatten es sich auf dem Boden mehr oder weniger bequem gemacht und versuchten Kuro zu streicheln ohne, dass er ihnen abhaute.

Natürlich, dachte sich der Vampir. Warum war er nicht gleich auf die Idee gekommen?! Ihre gesamte Aufmerksamkeit war jetzt auf Kuro gerichtet. Er konnte also ohne Bedenken ins Wohnheim spazieren! Vorsichtig stand er auf und ging leisen Schrittes auf den Eingang zu. Dank seinem vampirischen Gehört hatte er bereits vorher gewusst, dass im Flur des Wohnheims momentan keine Menschenseele war, weswegen er kaum durch die Eingangstür getreten war, um die nächste Ecke geflüchtet war. Unnötige Glastür.

Aido schnüffelte kurz in der Luft und ging den Flur weiter entlang, als er Soras Fährte wahrgenommen hatte. Mittlerweile ging er wieder normalen Schrittes, er würde schon hören, wenn die Gefahr bestand, dass ihn jemand sehen könnte.

Während er auf dem Weg zu Soras Zimmer war, gingen seine Gedanken wieder zurück zu dem Kater. War es Zufall gewesen, dass er ihm geholfen hatte? Und das war sogar das zweite Mal gewesen! Beim ersten mal hatte er es dem Zufall zugeschrieben, doch nun war er misstrauisch. War Kuro wirklich nur ein ganz normaler Kater? Oder steckte in Wahrheit mehr dahinter? An unnatürlichen Wesen gab es auf dieser Welt mehr als nur die Vampire. Keiner, nicht einmal die ältesten Vampire, konnten mit Sicherheit sagen, welche tatsächlich existierten und welche nur Fiktion waren. Gehörte Kuro zu so einem Wesen? Ein vertrauter Geist oder ein Gestaltenwandler vielleicht? Doch was suchte er dann hier? Hatte man die Sorge, dass die Vampire den Menschen nicht gut waren und spionierte man ihnen deswegen nach?

Vielleicht übertrieb es Hanabusa mit seinen Spekulationen, denn Beweise hatte er keine. Vielleicht waren es tatsächlich nur Zufälle gewesen...

Ja, das musste es sein. Es war reiner Zufall gewesen, redete Hanabusa sich ein, als er vor der Tür stand, an der deutlich Soras Geruch haftete. Jetzt hatte Sora Vorrecht und nicht dieser nervige Kater!

Er holte tief Luft – weshalb er so nervös war, wollte er gar nicht wissen – bevor er seine Hand auf die Türklinke legte. Doch bevor er diese runter drücken konnte, wurde die Tür bereits von der anderen Seite geöffnet.

Scheiße.
Er war viel zu sehr in Gedanken vertieft gewesen und hatte deswegen gar nicht mehr daran gedacht, dass Sora das Zimmer mit jemanden teilte!

Nervös schluckte er, als die Person vor ihm ihn mit geweiteten Augen ansah.

 

"Was... was machst du hier, Aido-senpai?", fragte Yuki erschrocken. Sie blinzelte einige Male um sich wieder zufassen. Sie blinzelte einige Male um sich zu fassen. "Du hast hier nichts zu suchen, geh sofort in dein Wohnheim zurück!"

 

Noch immer wusste Hanabusa nicht, was er sagen oder tun sollte. Er war völlig überfordert mit der Situation! Es war eine unbekannte Stimme die einen Gang entfernt erklang und Yukis Rede unterbrach. Sowohl Hanabusa, als auch Yuki wussten was geschehen würde, würde man Hanabusa hier im Dayclass Gebäude entdecken. Doch bevor Aido reagieren konnte, hatte Yuki ihm bereits am Pullover gepackt und ins Zimmer gezogen. Schnell schloss sie die Zimmertür hinter ihm und wandte sich dem Vampir zu. Ihre Hände hatte sie vorwurfsvoll in die Hüften gestemmt. Sie setzte bereits mit dem Sprechen an, ließ es jedoch bleiben, als sie merkte, dass Hanabusas volle Aufmerksamkeit auf dem Mädchen im Bett ruhte. Und auch das Mädchen mit roter Nase sah zu Aido.

Misstrauisch beäugte Yuki Aidos Mimik, denn die Anspannung war aus seinem Gesicht gewichen und hatte Erleichterung Platz gemacht.

„Hey, Sora.“; erklang es mit ungewohnter ruhiger Stimme von Aido.

„Hallo, Hanabusa. Was...“, erschöpft holte Sora tief Luft und wiederholte sich. „Was machst du denn hier?“

 

Die Erleichterung wich langsam von Hanabusa und die Besorgnis vermischt mit einem Vorwurf, der sich gegen ihn selbst richtete, machte sich in ihm breit. Sora sah nicht besonders gesund aus und er war sich sicher, dass es daran lag, dass er mit ihr gestern so lange im Regen verweilt hatte! Verdammt, es war seine Schuld, dass ihr sowohl ihr blaues, als auch ihr rotes Auge einem Fieberschleier unterlag. Ein nasser Lappen lag auf ihrer Stirn und neben ihrem Bett lag ein Papierkorb der voll mit verbrauchten Taschentüchern war.

„Ich hatte mir Sorgen gemacht. Du bist nicht an unserem Treffpunkt erschienen. Ich dachte, du seist sauer auf mich und... naja, dann hab ich mir gedacht, dass ich dich ja besuchen kann. Ich hatte nicht daran gedacht, dass du krank sein könntest. Das ist meine Schuld, es tut mir Leid.“, erklärte Hanabusa sich und sah, wie sich auf Soras Lippen ein leichtes Lächeln bildete und wären ihre Wangen nicht schon vom Fieber gerötet, so hätte er gedacht, dass sie verlegen war.

„Mach dir bitte keine Vorwürfe. Ich trage genauso viel Schuld daran, aber... danke. Danke, dass du dir solche Sorgen um mich machst.“

 

So langsam aber sicher brockelte Yukis Entrüstung über Hanabusas Erscheinen in sich zusammen. Verwirrt löste sie ihre abwehrende Haltung auf und sah zwischen den beiden anderen hin und her. Sie war nicht dumm. Sie konnte eins und eins zusammen zählen.
Hanabusa hatte Sora an einem Ort erwartet. Er gab sich die Schuld, dass sie erkältet war, weil sie beide am vorigen Tag zu lange im Regen standen. Und laut Sora hatte sie gestern ein Date gehabt.
Dennoch konnte sie sich das alles nur schwer vorstellen. Soras heimlicher Verehrer sollte Hanabusa Aido sein?! Ein Vampir? In einen verwöhnter A-Vampir soll sich Sora verliebt haben?! Das musste ein Traum sein, eine andere Lösung konnte es dafür nicht geben. Perplex kniff sie sich in ihren Arm und zuckte vor Schmerz zusammen. Oh nein. Das hier war kein Traum. Was sollte sie jetzt tun?! Ihre Pflicht als Vertrauensschüler trieb sie eigentlich dazu es Kaname und dem Rektor zu sagen, doch... Sora sah in letzter Zeit so glücklich aus und auch Hanabusa hatte solch ein seltsames Glitzern in den Augen, wenn er Sora ansah. Waren das romantische Gefühle die er für den Menschen empfand? Dass Sora sich in Hanabusa verliebt hatte, war für Yuki keine Frage. Doch war der Vampir tatsächlich in der Lage etwas für einen Menschen zu empfinden, was über Abscheu und dem Genuss des Blutes hinaus ging?

Yuki holte tief Luft. Sie musste sich entscheiden. Wollte sie ihrer Pflicht als Vertrauensschülerin nachgehen oder stand sie hinter ihrer Freundin?

 

Die anderen beiden Anwesenden wurden sich erst nach dem Yuki tief Luft holte wieder bewusst, dass sie nicht alleine waren.

„Yuki“, wisperte Sora. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Würde Yuki die beiden an den Rektor verraten? Es wäre ihr Recht das zu tun, doch... dann würde sie Hanabusa nie wiedersehen können. Wenn man sie suspendieren würde, würde sie ihn nicht einmal beim Wechsel sehen können! Sora versuchte den Klos in ihrem Hals runter zu schlucken. Mit wenig Erfolg.

Wie musste sich Yuki jetzt wohl fühlen? Sie wurde von ihrer Freundin angelogen und verraten, wie könnte sie da nicht ihr die Freundschaft kündigen. Sora erwartete das schlimmste und sah erwartungsvoll zu ihrer Noch-besten-Freundin, währenddessen bissen ihre Zähne sich an ihren Lippen fest.

 

Yuki bemerkte die Blicke von den beiden anderen, doch bevor sie diese erwiderte ging sie ging langsam an Hanabusa vorbei und setzte sich auf ihr Bett. Ihre Beine hatten sich durch die Erkenntnis viel zu wackelig angefühlt, als dass sie noch weiter stehen konnte. „Das...“ setzte Yuki an, „ist ganz schön unerwartet gekommen.“ Seufzend legte sie ihren Kopf in die Hände und dachte wieder nach.

Still vergingen die Sekunden. Sekunden die zu Minuten wurden. Sora saß aufrecht in ihrem Bett und ließ Yuki nicht aus den Augen, während Hanabusa deutlich unbehaglich zwischen den beiden stand und seine Blicke zwischen den beiden Mädchen hin und her wechselte. Ein letztes Mal holte die Kurosu tief Luft und stieß diese wieder aus, als sie ihren Kopf aufrichtete und erst Hanabusas und dann Soras Blick fest erwiderte.

Unerwartende Entscheidungen

 Die Sekunden vergingen und noch immer wurde kein Wort gesprochen. Die gesamte Aufmerksamkeit lag nun bei Yuki, die weiterhin ihren Blick fest auf Sora gerichtet hatte. Als die Sekunden zu Minuten wurden, öffnete Hanabusa bereits seinen Mund um... ja, um was? Er wusste selbst nicht was er sagen sollte. So oft wie heute war er schon lange nicht mehr sprachlos gewesen. Doch bevor er etwas in den Raum sagen konnte, war es Yuki die die zum Zerreißen gespannte Stille durchbrach. „Als Vertrauensschüler wäre es meine Pflicht sowohl den Rektor, als auch dem Hausvorstand des Haus Mondes Bescheid zu geben.“ Ihr Blick war weiterhin auf die angespannte Sora gerichtet und sie holte tief Luft, bevor sie weitersprach. „Aber als deine Freundin ist es auch meine Pflicht dich zu unterstützen, besonders, wenn du so glücklich bist wie in letzter Zeit.“ Yuki lächelte, hatte aber immer noch im Hinterkopf, dass sie nachher dringend sowohl mit Sora, als auch mit Hanabusa unter vier Augen sprechen musste. Noch immer war sie sich im Unklaren darüber, wie Hanabusa zu der Sache stand. Ein kurzer Blick zu ihm, verriet ihr lediglich, dass er erleichtert war. Doch war er erleichtert, weil er Sora weiterhin sehen konnte oder weil er keinen Ärger bekam? Yuki wusste es nicht.

„Yuki.“, sagte Sora mit dünner Stimme und streckte die Arme ihrer besten Freundin entgegen. Tränen der Freude standen in ihren Augen, als Yuki aufstand und sich von ihr umarmen ließ. „Danke“, wisperte Sora ihr ins Ohr, „vielen lieben Dank.“
Auch Yuki standen die Tränen in den Augen, erkannte Sora, als sie sich voneinander lösten. „Das war doch selbstverständlich.“ Die Suzuki schüttelte ihren Kopf. „Nein, das war es eben nicht. Es wäre deine Pflicht gewesen-“ „Nun hör schon auf, sonst überlege ich es mir doch noch anders.“ Grinsend sahen sich die beiden an.
Sie wurden sich erst wieder bewusst, dass sie nicht alleine waren, als Hanabusa einen erstickten Laut von sich gab. Verwundert sahen beide zu ihm und folgten dann seinem Blick. Dieser richtete sich auf den Wecker von Sayori. Jetzt folgte auch von ihnen ein erstickter Laut. In wenigen Minuten stand der Wechsel an und Hanabusa und Yuki waren noch immer hier im Mädchen Wohnheim!
Schnell stand Yuki auf und war schon an der Tür, als sie sich noch einmal umdrehte. Mit ernstem Gesicht sah sie Sora an. „Aber Sora, wird werden noch einmal darüber reden.“ Als Sora zustimmend nickte, wandte sie sich Hanabusa zu. Dieser sah ebenfalls noch einmal zu Sora und lächelte leicht. War da eine Spur von Unsicherheit in seinem lächeln? „Wir sehen uns. Gute Besserung.“

Erschöpft ließ sich Sora zurück in ihr Bett fallen, als sich die Tür hinter den beiden schloss. Einen Arm hatte sie sich auf die Stirn gelegt. Ihr Kopf strahlte schon wieder extreme Wärme aus und doch vermutete Sora, dass es nicht vom Fieber stammte. Sie spürte noch immer das Nachbeben von der Erleichterung, die sie erfüllt hatte, als Yuki ihre Entscheidung traf. Sie hatte wirklich mit dem schlimmsten gerechnet und war nun um so glücklicher. Noch mehr Blut stieg ihr ins Gesicht, als sie daran zurück dachte weshalb es überhaupt zu dieser Situation gekommen ist. Hanabusa hatte sich Sorgen um sie gemacht!
Ein freudiges und mädchenhaftes Kichern erfüllte den Raum.

Mit einigen Minuten Verspätung kamen sowohl Yuki, als auch Hanabusa zum Wechsel. Wenn es nach Yuki gegangen wäre, hatte sie erst einmal mit dem Vampir über Sora gesprochen, doch war dafür keine Zeit mehr gewesen. Sie hatten sich bereits am Ausgang des Wohnheims getrennt, weil Yuki von vorne und Hanabusa von hinten zum Wechsel mussten. Dort angekommen, konnte sich Yuki erst einmal durch die kreischende Mädchenmenge quetschen um schließlich bei einem Mies dreinblickenden Zero zu landen. Gekonnt ignorierte sie das Herzklopfen, welches sich seit einiger Zeit bei seinem Anblick verdoppelte. Stattdessen widmete sie sich ihren Job und wunderte sich nebenbei darüber, dass Kaname nicht zu sehen war.

Hanabusa dagegen wurde von eben diesem Vampir höchstpersönlich am noch offenem Tor erwartet. Die Sonne war schon fast untergegangen, passend zur Jahreszeit, und umso deutlicher konnte Hanabusa nun im der Dunkelheit die leuchtend roten Augen vom Reinblut sehen. Oh je, das würde Ärger geben!
„Kaname-sama“, begann Hanabusa, unterbrach sich jedoch, als der andere Vampir sich von ihm abwandte und in die Richtung der Dayclass Schüler ging. Hanabusa verstand die Botschaft sofort.Nicht vor den Menschen. Damit war die Strafe zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Deprimiert seufzte er einmal und setzte dann sein typisches Grinsen auf, dass die Mädchen an ihm liebten.

Die Strafe erwartete ihn bereits vor dem Klassenraum. Er hatte während des Wechsels deutlich die Blicke der anderen gespürt, besonders den von Akatsuki. Schwermütig dachte Hanabusa an das Gespräch von vor einem Tag zurück. Was hast du für Fuka nie? Tja, auch im Nachhinein konnte Aido darauf nicht antworten. Was empfand er für Sora? Liebe? Allein der Gedanke verursachte ein Schauern auf seinem Rücken. Nein, er empfand mit Sicherheit keine Liebe für einen Menschen und erst recht nicht für Sora!
Die anderen Vampire waren bereits hinter der Klassentür verschwunden und Takuma, das Schoßhündchen Kanames, schloss die Tür hinter sich. Somit standen sich Kaname und Hanabusa alleine im Flur gegenüber. Hanabusa schluckte, als ihm etwas einfiel. Kaname wusste bisher immer, wenn etwas in der Schule im Gange war. Wusste Kaname tatsächlich alles? Würde er dann nicht auch wissen, dass er sich regelmäßig mit Sora traf? Aber warum hatte er dann bisher nichts dagegen unternommen? Würde er jetzt den Ärger bekommen, der sich schon vor Wochen hätte bekommen müssen?
Blutrot leuchteten die Augen Kanames in der Dunkelheit. Die Sonne war mittlerweile komplett untergegangen und im Flur war kein Licht eingeschaltet wurden. „Hanabusa“, erklang die kalte und distanzierte Stimme von Kaname. In der Stille hörte es sich beinahe so an, als ob er schreien würde, dabei hatte er leise gesprochen. So leise, dass die Vampire im Nebenzimmer ihn vermutlich kaum hören konnten. Hanabusa verstand, das hier würde keine übliche Strafe sein. Normalerweise konnte es ein Jeder mitbekommen, wenn Hanabusa etwas falsch tat und seine Strafe absaß. Doch dieses Mal war es anders.
Kalter Schweiß glitt an seiner Schläfe entlang.
„Ich bin es leid, dich ständig für dein Fehlverhalten bestrafen zu müssen. Kaum zu glauben, dass du ein echter Adelsvampir bist, so wie du dich benimmst.“ Er schluckte ein weiteres Mal, als Kaname auf ihn zu kam und nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt war. Sein ganzer Körper stand starr da wie ein Brett, als der Reinblut sich zu seinem Ohr beugte: „Wenn du schon weiterhin die Regeln verletzt und dich mit ihr triffst, dann tu das unauffälliger.“ Was?! Mit vor Schreck geweiteten Augen schaute Hanabusa Kaname an.
Was hatte Kaname gerade gesagt? Das hatte sich nicht nach einem Verbot angehört! Und dabei kam es so rüber, als ob der andere Vampir wissen würde, mit wem er sich da traf! Aber wieso sollte er es erlauben?! Hier stimmte etwas ganz gewaltiges nicht!
Noch immer konnte Hanabusa sich nicht rühren, als Kaname sich von ihm abwandte, zur Klassentür schritt und sie öffnete. Es dauerte einige Sekunden, bis er endlich in der Lage war seinen Mund zu öffnen, doch auch dann kam kein Ton aus ihm heraus. Erst als Kaname ihm deutlich machte, dass er in die Klasse gehen sollte, konnte er sich rühren. Mit leichenblassen Gesicht ging Hanabusa an ihm vorbei in die Klasse und ignorierte die erwartungsvollen Gesichter seiner Mitschüler.
Tja, die würden ihm nie glauben, was da gerade geschehen war.
Er konnte es ja selbst nicht einmal fassen!

 

Ein Tag aus Yukis Leben

 


Das Gespräch zwischen Yuki und Sora musste um einige Tage verschoben werden, denn kaum war Yuki am frühen Morgen von ihrem Dienst ins Zimmer zurück gekommen, bemerkte sie, dass es Sora wieder schlechter ging.
Keuchender Atem erfüllte in unregelmäßigen Abständen den Raum. Der zuvor feuchte Lappen auf Soras Stirn war mittlerweile trocken und Yuki beeilte sich damit ihn wieder feucht zu machen. Yuki ließ die Lampen aus und nur das helle Licht des Mondes spendete ihr Helligkeit. Auch ohne das Zittern und den Schweiß von Sora zu sehen, wusste Yuki, dass ihre Freundin Fieber hatte. Es war schwierig gewesen ihre Freundin zu wecken, aufzurichten und dazu zu bringen einen Schluck Wasser zu sich zu nehmen.
„Du musst was trinken.“, flüsterte sie, um Yori nicht zu wecken. Doch Sora presste ihre Lippen zusammen und es kam ein verneinender Laut von ihr. Sie drückte das Glas stärker an Soras Lippen, doch wandte diese ihr verzerrtes Gesicht ab. Yuki zischte Soras Namen, als diese sich weiterhin weigerte und hielt ihr wieder das Glas vor das Gesicht. Dazu kam nun auch, dass einzelne Tränen an Soras Wange entlang liefen. Doch bei der Hitze die Sora ausstrahlte, musste sie einfach etwas trinken! Da würde Yuki nicht aufgeben!
Das Spiel wiederholte sich einige Male, bis Sora mit schließlich zusammengekniffenen Augen abgehackt sagte: „W...Will...ke...kein... Bl...Bl...ut... Ich... w-will...“ Yuki zog verzweifelt und verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Das ist kein Blut, Sora, du träumst. Das ist Wasser.“ Erneut hielt sie das Glas an Soras Lippen. „Bitte, du musst das Wasser trinken, Sora.“
Nun öffnete Sora ihre Augen leicht und sah zum ersten Mal in dieser Nacht Yuki in die Augen. Ihre Augen, schoss es Yuki durch den Kopf. Sowohl das blaue, als auch das rote Auge glühten unnatürlich stark in der Dunkelheit. Es erinnerte sie an etwas... Aber das konnte unmöglich sein! So ein Unsinn! Heftig schüttelte Yuki ihren Kopf und drückte das Glas ein weiteres Mal auffordert an Soras Lippen. Und endlich! Endlich trank Sora langsam aus dem Glas!
Yuki spürte wie sie erleichtert zusammensackte. Unbewusst hatte sie auf die Zähne von Sora geachtet, doch waren diese so stumpf wie die eines gesunden Menschen sein sollten! Lächelnd schüttelte sie wiederholten Male über sich den Kopf.
So ein Unsinn, als ob Sora ein Vampir war!


Wenige Stunden später war es für Yuki und Yori an der Zeit ihr Zimmer zu verlassen und zum Unterricht zu gehen. Ihrer Freundin ging es leider immer noch nicht besser und damit sie den gesamten Tag nicht alleine in ihrem Zimmer verbringen würde, entschieden sich die beiden Mädchen dazu, Sora ins Krankenzimmer der Cross-Academy zu bringen. Dort würde wenigstens jemand rund um die Uhr sein, der sich um sie kümmern würde!
Die nächsten Unterrichtsstunden waren... nun, sehr erholsam für Yuki. Denn ausnahmsweise schauten sie sich mal einen Film an und diese Zeit nutzte die Kurosu um ihren verdienten Schlaf nachzuholen. Nachdem sie es in der Nacht – oder eher am frühen morgen – geschafft hatte, dass Sora das Glas leer trank, hatte sie sich in das Bett geschmissen. Doch egal wie sehr sie gegähnt hatte, wie viele Schafe sie über einen Zaun hatte springen lassen, Yuki konnte einfach nicht einschlafen...
Zur Zeit war einiges in ihrem Leben passiert.
Zero nahm regelmäßig ihr Blut, wodurch sie deutlich geschwächt war und dennoch bestand sie weiterhin darauf, dass er es nahm. Schließlich brachten diese Tabletten nichts. Hinzukam, dass Kaname Yuki deutlich gezeigt hatte, was er davon hielt und sie deswegen unsagbare Schuldgefühle gehabt hatte. Doch... mittlerweile waren diese Schuldgefühle gewichen und hatten ganz anderen Gefühlen Platz gemacht! Yori hatte vor kurzem von wilden, rolligen Raubtieren gesprochen, doch mittlerweile war sich Yuki sicher, dass das nicht zutraf. Vielleicht hatte das ja mal zugetroffen, aber jetzt... nein... Yukis Gefühle gegenüber Kaname waren mit der Zeit nach und nach einfach... abgeschwächt. Das was sie für ihn empfunden hatte, war vielleicht doch nur eine Schwärmerei gewesen. Aber andererseits war sich Yuki gar nicht bewusst, was sie wollte und was sie genau für wen empfand. Warum musste das auch nur so kompliziert sein?!
Das Empfinden für Zero war auch mehr als nur verwirrend. Er war bis vor kurzem ihr bester Freund gewesen und ist es eigentlich noch immer, doch wenn er seine Zähne in ihrem Hals vergrub, da spürte sie eine seltsame Hitze in sich aufsteigen. Schauer rannen jedes Mal ihrem Rücken entlang und mit einem war sich Yuki sicher. Das was sie empfand war keine Angst!
Ach… das beste wäre wohl einfach mal Abstand von allem zu nehmen. Abstand von Kaname. Abstand von Zero. Abstand von der Schule. Abstand von den Vampiren. Einfach Abstand von allem!


„Wir sehen uns dann später!“, rief Yuki Yori zu und rann eilig den Weg entlang. Sie hatten Mittagspause und Yuki hatte sich dazu entschieden einem gewissen Vampir einen Besuch abzustatten und herauszufinden was er mit ihrer bestem Freundin vor hatte! Jetzt war einfach die beste Zeit dazu. Wahrscheinlich müsste sie ihm aus dem Bett schmeißen, doch würden die anderen Vampire im Haus ruhig und friedlich weiter schlafen!

Es war für Yuki ein leichtes über die Mauer zu springen und selbst wenn sie auf jemanden traf, so könnte sie immer noch die Ausrede nehmen, dass sie Vertrauensschülerin war und vertraulich mit Kaname reden musste. Aber sie hoffte, dass es dazu nicht kommen würde.
Auf dem Weg ins Haus begegnete sie niemanden und auch ins Haus selbst schaffte sie es unbemerkt. Durch frühere Besuche, wusste sie in etwa wo das Zimmer von Aido zu finden war.
Yuki war immer wieder erstaunt wie schön das Mond-Wohnheim war. Einige Wände waren mit Gemälden geschmückt und vor den Fenster hingen schöne lange Vorhänge.
Sie bog gerade in den Gang ein, der zu Aidos Zimmer führte, als sich plötzlich eine Hand um ihren Mund legte und sie mit einem heftigen Ruck mehrere Schritte nach hinten brachte!
Ihre braunen Augen waren vor Schreck geweitet! Heftiger, schneller Atem entwich ihrer Nase. Ihre Hand fasste nach ihrer Waffe, doch wurde sie von einer weiteren Hand davon abgehalten!
Ein weiterer heftiger Ruck, brachte sie in einen engen, dunklen Raum Ein Schwung verleitete ihren Körper dazu sich umzudrehen. An ihrem Rücken konnte sie ein Regal spüren. Wahrscheinlich die Abstellkammer. Noch immer lag die eine Hand fest auf ihren Mund und die andere hielt ihre beiden Händen fest im Griff!
„Was tust du hier?!“, erklang eine bekannte Stimme und Yuki entspannte sich sogleich etwas. Den zischenden Ton aus der Stimme ignorierte sie. „Du hast hier nichts verloren. Nun sag schon!“
Augen verdrehend streckte sie ihre Zunge raus und berührte damit die Hand ihres Angreifers. Dieser nahm sie so gleich weg und ein hohes „Iii!“ ertönte.
Seufzend tastete Yuki mit ihren Händen, die nun auch los gelassen wurden sind, nach dem Lichtschalter. Gefunden! Mit einem Knips ging das Licht an und Yuki blinzelte heftig aufgrund der plötzlichen Helligkeit.
Als sich ihre Augen endlich wieder an das Licht gewöhnt hatten, blickte sie in die eisblauen Augen von Aido. „Weißt du eigentlich, was du mir für einen Schrecken eingejagt hast!“, fing Yuki an und stemmte ihre Hände in die Hüften. Doch wurde sie von dem Vampir mit einem „Psch!“ unterbrochen. Schon wieder hatte er einen seiner Finger an ihren Mund gelegt.
„Sprich leiser. Auch wenn du Vertrauensschülerin bist, so hast du um diese Uhrzeit hier nichts verloren. Nun sag schon, was suchst du hier?‘
„Dich.“
„Wie mich? Seit wann beehrst du denn mich mit deiner Aufmerksamkeit? Womit habe ich das denn verdient, Yuki? Ist dir Zero zu langweilig geworden und du würdest lieber von einem richtigen Vampir gebissen werden?“, fragte Aido höhnisch. Ein Grinsen zierte sein Gesicht.
Yuki knirschte mit ihren Zähnen und unterdrückte einen Aufschrei. Sie musste Ruhe bewahren, denn kaum zu glauben, aber Aido hatte recht. Jedenfalls was das leise Reden anging. „Hör auf mit dem Unsinn. Du solltest eigentlich genau wissen weshalb ich hier bin.“
„Ach, sollte ich das?“ Aido zog eine seiner Augenbrauen hoch. Noch immer grinste er.
„Ja, das solltest du. Ich will wissen, was für ein Spiel du mit Sora spielst!“



Nun verschwand das Grinsen aus Aidos Gesicht. Yuki konnte sich nicht daran erinnern ihn je so ernst gesehen zu haben. Sie kannte den Vampir als albern, als charmant, als arrogant, seit gestern sogar als besorgt, aber ernst erlebte die ihn zum ersten Mal.
„Ich glaube nicht, dass dich das was angeht.“ Pah! Er wich ihr aus!
„Du hast selbst gesagt, dass ich Vertrauensschülerin bin. Und als Vertrauensschülerin geht es mich etwas an. Und als beste Freundin von Sora geht es mich sogar noch mehr etwas an! Raus mit der Sprache.“ Yuki sah den Vampir vor ihr scharf an. Er hatte keine Chance auszuweichen. Er hatte sich selbst in die Enge getrieben, indem er sie beide in die Abstellkammer brachte. Yuki versperrte die Tür und er würde ohne Krach oder ohne ihre Erlaubnis hier nicht mehr heraus kommen! Da halfen ihm auch seine Eis Kräfte nicht!
Ein Knirschen ertönte, als Aido die Zähne einander rieb.
„Es ist kein Spiel.“
Nun war es an Yuki eine Augenbraue zu heben. „Und was ist es dann?“
Aidos Blick wanderte zu die Tür hinter Yuki. Es erschien ihr so, als ob er ihrem Blick ausweichen wollte.
„Ich… so genau weiß ich es nicht. Es hatte sich alles so ergeben und ich… ich mag Sora sehr gerne.“ Er durchfuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Mein Gott, dachte Yuki, Aido ist nervös! „Mir ist nur zu deutlich bewusst, dass sie ein Mensch ist. Aber… es hat sich einfach so ergeben und eigentlich lief noch… ich meine es läuft nichts zwischen uns.“
Yuki schmunzelte. Diesen Eindruck hatte sie nicht. Unterdrückt lief mit Sicherheit was zwischen den ihnen. Beide, sowohl Sora, als auch Aido hegten romantische Gefühle für den anderen. Nur ob sie schon in der Lage waren, das sich selbst gegenüber einzugestehen, war eine andere Frage.
„Ich nutze sie in keinster Weise aus, wenn es das ist was du befürchtest. Ich verbringe einfach nur gerne Zeit in ihrer Nähe und höre gerne ihre Stimme. Egal ob sie gerade lacht oder sich über etwas ärgert und ihre Augen… sie spiegeln stets ihre Gefühle wieder und-“ Jetzt schaute Aido wieder zu ihr und Yuki konnte einen plötzlichen Wechsel in seinem Gesicht erkennen. Als der Vampir vor wenigen Sekunden noch von ihrer besten Freundin sprach, hatten seine eisblauen Augen angefangen zu leuchten und ein Lächeln hatte sich in seinem Gesicht eingeschlichen. Doch jetzt verschwand beides und machte einem arroganten Gesicht Platz. „Nun, ist die Sache jetzt geklärt? Ich bin um diese frühe Zeit eigentlich nur aufgestanden um neue Bluttabletten zu holen. Aber du kannst gerne als Ersatz herhalten, Yuki-chan.“
Yuki lächelte. Sie war über die plötzlichen Stimmungsschwankung nicht verwirrt. Ganz im Gegenteil, sie verstand Aido nun sogar besser, als noch vor wenigen Minuten! Die ganze arrogante Haltung von ihm war sein persönlicher Schutz. Es diente ihm seine wahren Gefühle zu verstecken und Sora war dies mit Sicherheit schon viel früher aufgefallen. „Vergiss es.“, antwortete sie ihm und verließ die Abstellkammer.
Hinter sich hörte sie wie Aido ihr folgte und die Abstellkammer verließ.
Zusammen gingen sie leise nach unten und Yuki verabschiedete sich mit einer letzten Warnung von ihm. „Du machst Sora glücklich, aber sollte ich merken, dass du auch nur einen falschen Schritt gehst... dann kannst du was erleben.“
Sie hatte sich bereits zur Haustür umgedreht, als sie noch einmal kurz unterbrochen wurde.
„Wie... wie geht es ihr?“ Yuki hatte Aido den Rücken zu gedreht und konnte dadurch seinen Gesichtsausdruck nicht deuten, aber seine Stimme hatte eigenartig besorgt geklungen.
Yuki Kniff die Lippen zusammen, als sie an letzte Nacht beziehungsweise den Morgen zurück dachte. Sora hatte gar nicht gesund ausgesehen. Sie wollte den Vampir nicht beunruhigen, andrerseits aber auch nicht anlügen.
Doch Yuki blieb ihm eine Antwort schulden, denn von oben konnte man das Öffnen einer Tür hören. Schnell öffnete Yuki die Haustür und verschwand eilig vom Gelände der Nightclass.

Krankenbett

 Blinzelnd öffnete Sora ihre Augen. Die Helligkeit blitzte durch ihren Kopf und blendete sie. Schnell schloss sie ihre Augen wieder.
Als sie ein weiteres Mal die Augen öffnete durchzuckte wieder ein Blitz ihren Kopf! „Aua…“, murmelte sie gequält und hielt sich den schmerzenden Kopf.
Als der Schmerz etwas nachließ, blickte sie sich um. Wo war sie und wie war sie hier hergekommen? Der Raum war weiß und die Helligkeit wurde von der Sonne, die durch die Fenster schien, nur noch heller.
Sie lag in einem Bett und neben ihr war ein weiteres Bett mit weißer Bettwäsche. Zwischen den beiden stand eine Stange an der ein Vorhang hing. Auf der gegenüberliegenden Wand ihres Bettes war ein ebenfalls weißer Schrank, daneben ein passender Schreibtisch. Ein Drehstuhl stand davor und auf dem Tisch stand ein Glas.

„Du musst… trinken“
„kein Blut..“
-
„Mir ist schlecht.“
„Besser ins… nicht alleine…“
„Zero ist gleich da.“
„Alles wir gut.“
Yukis verschwommenes Gesicht.
-
„da bist…“
Verschwommene sich drehende Bilder. Ein angenehmer Geruch. Silbernes Haar. Schwarze Linien. Bleiche, weiße Haut.
-

Nachdenklich verzog Sora ihre Brauen. Stimmt ja, ihr war es am Morgen schlechter gegangen und Yuki und Yori wollten sie irgendwo hin bringen. Plötzlich war Zero da gewesen und hatte sie auf den Arm genommen. Ein wohliges, beruhigendes Gefühl erwärmte ihren Brustkorb, als sie daran zurück dachte.
Sora sah sich ein weiteres Mal um und als sie das Namensschild auf dem Schreibtisch sah, wusste sie wo sie war.
Frau Doktor Araide.
Zero hatte sie ins Krankenzimmer der Academy gebracht!
Seufzend ließ die sich zurück auf das Bett fallen. Einen Arm legte sie dich über die Stirn und sie horchte in sich Hinein.
Die Kopfschmerzen von eben waren mittlerweile etwas abgeschwächt und auch sonst fühlte sie sich überraschender Weise wieder ganz gut. Sie hoffte, dass es auch so blieb und sie bald endlich wieder gesund war. Es war nicht einmal die Krankheit selbst die ihr so zu schaffen machte, sondern eher die Albträume. Seit Tagen hatte sie seltsamen Albträume, die sich in gewisser Weise alle ähnelten und, auch wenn sie eigentlich wach war, sah sie seltsame Dinge.
Mal ein langer, weiter Flur. Ein anderer Mal ein riesengroßes Zimmer.
Bodenlange Fenster. Draußen herrschte ein gewaltiges Gewitter.
Und überall war es blutrot. Blutrote Vorhänge, ein blutroter Boden. Blutrote Wände. Blutroter Regen. Blutrote Hände.
Abgehackter Atem entwich ihr. Ihr Brustkorb hob und senkte sich rasch. Sie schüttelte sich.
Allein der Gedanke an die Träume, brachte den Horror zurück. War da gerade Blut an den Wänden runter gelaufen?!
Mit vor Schreck geweiteten Augen sah sie an die Wand.
Doch war da reines weiß. Kein rot! Kein Blut! „Nur eine Halluzination…“, murmelte sie und bedeckte ihre Augen mit einem Arm. War das eine Halluzinationen vom Fieber gewesen?


Als Sora das nächste Mal die Augen aufschlug, blickte sie in ein freundliches, aber fremdes Gesicht. „Wie schön, du bist wach. Ich bin Doktor Araide.“ Die Doktorin war groß und schlank und hatte braune Haare die sie zu einem strengen Dutt zusammen gebunden hatte.
Sora musste wieder eingeschlafen sein. Wie lange sie wohl schon hier lag? Ein Tag oder doch schon zwei? Wenn sie sich richtig erinnerte war sie einige Male für kurze Zeit aufgewacht, aber nie war jemand da gewesen.
„Du hast deinen Freunden ganz schön Sorge bereitet, weil du kaum ansprechbar warst.“, erklärte die Ärztin, nahm ein Glas Wasser zur Hand und reichte es Sora.
Diese trank das Glas gierig in wenigen Schlucken leer. Sobald sie ihrer Stimme zutraute zu reden, fragte sie wie lange sie geschlafen hatte.
„Du bist heute morgen vor Schulbeginn von den beiden Vertrauensschülern hergebracht wurden und jetzt“, sie sah auf ihre Armbanduhr „ist es Zeit für den Wechsel. Deine Freunde waren vorhin schon hier, du hast sie knapp verpasst. Aber schauen wir doch mal, wie es dir geht.“

Während der Untersuchung blieb Sora recht schweigsam, denn noch immer war sie nicht ganz über dem Berg. Die Ärztin entschied, dass Sora noch mindestens diese Nacht im Krankenzimmer verbringen musste. Morgen würden sie weiter schauen. Erschöpft blickte Sora aus dem Fenster. Der Himmel war mit weißen Wolken geschmückt und wurde von blau zu einem beruhigenden orange. Nicht lange später und Sora schlief tief und fest.
Eine schwarze, nicht sehr große Silhouette saß still auf der Fensterbank und wachte insgeheim über das schlafende Mädchen.

Als sich die Tür am nächsten Tag öffnete, saß Sora wach in ihrem Bett und begrüßte die Besucher lächelnd.
„Oh wie schön, du bist wach, Sora. Wie geht es dir?“, fragte Yori, schloss die Tür und folgte Yuki ans Krankenbett.
„Auf jeden Fall schon mal besser, als noch vor einigen Tagen. Danke, dass ihr euch solche Sorgen um mich macht.“
Yori wollte schon etwas sagen, als sie von Yuki unterbrochen wurde. „Nanu? Was… war das denn gerade?“
„Was meinst du?“, fragte Yori und blickte fragend zu ihrer Freundin. Diese stand langsam auf, ihr Blick und ihr Gang waren fest auf das Fenster gerichtet. Das Mädchen öffnete das Fenster, schaute hinaus und rief einen überraschenden Laut aus. Lachend drehte sie sich zu den beiden anderen um. „Sieht so aus, als ob du einen kleinen Wächter hast, Sora. Schaut mal.“ Auf ihren Armen hielt sie einen schwarz blauen Kater, der mit großen Augen zu den Mädchen schaute. Es war Kuro.
Jetzt kicherten auch die anderen beiden. „Ja, der ist mir gestern schon aufgefallen.“, gestand Sora, als alle zu Ende gelacht hatten und Yuki den Kater wieder runter ließ.
„Wie süß, es sieht so aus, als ob er sich Sorgen um dich machen würde.“

Es verging noch einige Zeit die sie zusammen verbrachten und schließlich verabschiedeten sich die Mädchen voneinander, als es deutlich wurde, dass Sora wieder erschöpft war.
Am nächsten Tag war auch Zero für kurze Zeit mit beim Krankenbesuch dabei, wenn auch nicht lange. Als dieser wieder durch die Tür war, fiel den Mädchen ein, dass sie eine gute Nachricht für Sora dabei hatten.
Yori wühlte noch in ihrer Tasche, während Yuki sprach: „ Die Neuigkeit hilft dir bestimmt dabei wieder gesund zu werden!“
„Da ist es ja. Hier bitteschön.“
Sora nahm die Blätter entgegen und betrachtete sie neugierig. Mathematische Formeln sprangen ihr entgegen. Das war ihre Mathe Arbeit und das Ergebnis war ein gutes! Ein glückliches Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht. Das hatte sie nur Hanabusa und seiner Hilfsbereitschaft zu verdanken! Wäre er nicht gewesen, hätte sie doppelt so lange daran gesessen und nie so ein gutes Ergebnis erzielen können. Wärme breitete sich in ihr aus und ihr Lächeln wurde zärtlicher, als sie an den blonden Jungen denken musste.
Erst als ein Räuspern seitens Yuki ertönte, wurde sich Sora wieder bewusst, dass sie nicht alleine war. Beschämt kicherte sie und legte die Blätter beiseite.
„Na, da freut sich ja jemand sehr.“, grinste yuki.
„Ich..? Ich bin einfach nur dankbar.“, murmelte Sora mit verdächtigt roten Wangen.
„Wie, dankbar? Ich habe irgendwie das Gefühl ich habe war verpasst. Klärt mich auf!“
Sora spürte deutlich die Blicke von ihren Freundinnen auf sich. Yoris starrer, neugieriger Blick und Yukis abwartenden Blick.
Yuki wusste von der Sache, auch wenn es damals nur ein dummer Zufall war. Aber wenn Yuki es wusste, hatte auch Yori ein Recht darauf es zu erfahren. Zu erfahren, dass Sora sich seit geraumer Zeit mit einem Nightclass Schüler traf und langsam Gefühle für diesen entwickelte. Ja, Sayori hatte ein Recht drauf. Yuki hatte Sora nicht verraten und Yori würde es genauso für sich behalten.
Tief holte die Suzuki Luft und erklärte Yori die Situation. Die Reaktion war gänzlich anders, als bei Yuki, doch war das Ergebnis das selbe. Yori lächelte nur und akzeptiere Sora’s Entscheidung.

Sie war neugierig und fragte Sora aufs genauste aus, wahrend Yuki Sora eine kleine Standpauke hielt, die sie schon bei Aido gehalten hatte. Aber auch sie akzeptierte es, besonders nachdem Yuki klar geworden ist, dass auch der Vampir etwas für den Menschen im Krankenbett empfand. Ihr Gespräch mit dem Vampir behielt die Kurosu dennoch für sich.

Yori stellte am Ende eine Frage, die Sora nicht zu beantworten wusste. „Jetzt, wo du Mathe verstanden hast, wirst du ihn dann weiterhin treffen?“
Bestürzt senkte Sora ihren Blick und seufzte. „Ich weiß es nicht…“
Sie wusste es wirklich nicht. Sie beide hatten zwar ein Date gehabt, dessen Mittelteil nicht besonders berauschend verlief und das Ende davon bestand daraus mit nasser Kleidung heimzukehren. Wollte Hanabusa sie denn überhaupt wieder sehen?
„Bestimmt werdet ihr das!“, riss Yuki sie aus ihren betrübten Gedanken. „Erinnerst du dich nicht? Als er vor einigen Tagen in unserem Zimmer war, da sagte er dir, dass ihr euch sehen wird. Ich bin mir sicher, dass er das ernst gemeint hat.“

Flashback
Sie wurden sich erst wieder bewusst, dass sie nicht alleine waren, als Hanabusa einen erstickten Laut von sich gab. Verwundert sahen beide zu ihm und folgten dann seinem Blick. Dieser richtete sich auf den Wecker von Sayori. Jetzt folgte auch von ihnen ein erstickter Laut. In wenigen Minuten stand der Wechsel an und Hanabusa und Yuki waren noch immer hier im Mädchen Wohnheim!
Schnell stand Yuki auf und war schon an der Tür, als sie sich noch einmal umdrehte. Mit ernstem Gesicht sah sie Sora an. „Aber Sora, wir werden noch einmal darüber reden.“ Als Sora zustimmend nickte, wandte sie sich Hanabusa zu. Dieser sah ebenfalls noch einmal zu Sora und lächelte leicht. War da eine Spur von Unsicherheit in seinem lächeln? „Wir sehen uns. Gute Besserung.“



„Danke, Yuki.“ Und es stimmte, Sora war Yuki unglaublich dankbar. Im allgemeinen, sie war sowohl Yuki, als auch Yori dankbar, für so viele Dinge. Sie waren ihre Freundinnen, akzeptierten sie und ihre Entscheidungen und machten sich Sorgen um sie. Und auch Zero gegenüber empfand sie große Dankbarkeit. Sie hätte Lügen müssen, wenn sie gesagt hatte, dass sie Zeros Krankenbesuche als selbstverständlich angesehen und erwartet hätte.

„Weiß er eigentlich, dass du noch krank bist? Und wie möchtest du ihm denn später Bescheid geben, wenn du ihn treffen möchtest?“, fragte Yori und dachte streng über ihre eigene Frage nach.
„Stimmt, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.“
„Ihm es einfach beim Wechsel zu sagen wäre ja viel zu auffällig.“, überlegte Yori laut.
Plötzlich sprang Yuki auf und rief: „Ich habs!“

 

Hindernisse

 Nachdenklich sah Sora aus dem Fenster in die dunkle Nacht hinaus. Mittlerweile war es weit nach Mitternacht und Sora saß nun schon seit Stunden auf ihrem Bett und starrte in die Gegend. Zwischenzeitlich war sie zum Fenster gegangen und hatte den Kater bei sich untergebracht. Jetzt lag er an ihren Füßen und schnurrte glückselig. Das Schnurren beruhigte sie und hielt gleichzeitig diese seltsamen Halluzinationen und Albträume fern. Diese hätte sie jetzt gar nicht vertragen können. Ihr Blick schweifte zurück zu ihrem Problem. Einem leeren Blattpapier.
Es war Yukis Schuld, dass sie hier saß. Ihre Idee von der auch Sora zu anfangs begeistert war bestand daraus, dass Sora Hanabusa einen Brief schreiben sollte. Es war kein Liebesbrief, wie Yori danach gehofft hatte. Sora würde Hanabusa sicherlich nicht per Brief gestehen, dass sie ihn mochte. Denn das tat sie. Sie mochte ihn wirklich sehr gerne. Und er schien sie sich zu mögen. Sonst hätte er sich keine Sorgen um sie gemacht. Und er wäre nicht vorbeigekommen und es riskiert erwischt zu werden. Und er hätte Sora nicht auf den kommenden Winterball eingeladen, hätte er sie nicht gemocht.
Nur wusste sie nicht, was sie schreiben sollte. Vielleicht, dass sie bald wieder gesund war und ihn gerne wieder sehen wollte?
Doktor Araide meinte , dass sie in zwei Tagen wieder fit sein würde. Sora hatte eigentlich nichts dagegen noch einige Tage im Bett zu bleiben, denn es passierte noch oft genug, dass sie von jetzt auf gleich seltsame Halluzinationen bekam. Doch fühlte sie sich hier seit einigen Stunden nicht mehr wohl. Sie hatte ihrer Ärztin vor einigen Stunden davon erzählt, doch hatte sie, wie Sora fand, ganz seltsam reagiert. Doktor Araide hatte zwar ganz normal nachgefragt, aber ihre Haltung hatte sich verändert. Es fiel Sora schwer es in Worte zu fassen, doch erschien es ihr, als ob die Ärztin jede Information aufsog. Sie hatte darauf bestanden ihr unbedingt zu erzählen, wenn sich ein Detail von den Halluzinationen änderte, als ob es unglaublich wichtig sei. Doch im gleichen Atemzug sagte sie ihr, dass es ganz normal sei, wenn man Fieber hatte. Seitdem verspürte Sora ein gewisses Unwohlsein in ihrer Nähe. Aber was sollte die Ärztin schon wollen? Sora hatte Fieber und bildete sich einfach zur Zeit eine Menge ein.
Der Kater zu ihren Füßen regte sich kurz und brachte Sora zum Lächeln, bevor sie anfing das erste Wort zu schreiben.




Einen Tag später stand Yuki nervöser als sonst zwischen der Mädchenmenge und dem Tor, welches als Verbindungsstück zu der Nightclass diente. In ihrer Hand hielt die einen schlichten beigefarbenen Briefumschlag. Obwohl Yori liebevoll gestaltete Briefpapiere besaß, so hatte ihre gemeinsame Freundin auf etwas schlichtes bestanden. Dabei fand auch Yuki, dass er so wie er jetzt war keine Ähnlichkeit mit einem Liebesbrief hatte. Aber Sora hatte ja behauptet, dass es keiner war. Yuki konnte darüber nur den Kopf schütteln. Sora hatte Gefühle für den Vampir und doch schien sie es sich nicht genügend einzugestehen.
Plötzlich spürte sie wie ein dunkler Schatten hinter ihr erschien und ihr den Brief mit einem Ruck aus der Hand nahm! Schnell drehte Yuki sich um, um den Dieb zu fassen. Als sie sah, wer vor ihr stand, blieb ihr das Herz stehen. Um dann im doppelten Tempo weiter zu schlagen.
Es war Zero und er hielt den Brief vor sich hin.
Mit vor Schreck geweiteten Augen blickte Yuki Zero an. Dieser betrachtete und wendete den Briefumschlag in seinen Händen. Nachdem er ihn scheinbar ausreichend begutachtet hatte, wandte er sich wieder Yuki zu. Seine silbernen Augen, die sie oft zum dahin schmelzen brachte, blickten sie nun wie hartes Eisen an. Yuki schluckte.
„Geschenke an Nightclass Schüler sind nur an bestimmten Events gestattet. Das gilt auch für die Vertrauensschüler.“, sprach er mit eisiger Stimme, doch Yuki entspannte sich sichtlich. Zero dachte sie würde einem Nightclass Schüler schreiben! Sora hatte er gar nicht in Vermutung. Wie auch? Sie hatten absichtlich darauf geachtet, dass in keinster Weise Verbindung zwischen Sora und Hanabusa hergestellt werden konnte. Selbst wenn es dazu kam, dass jemand den Brief öffnete, würde er nicht vermuten, dass es sich um die beiden handelte. Nur der richtige Empfänger würde es wissen. Das war Yuki glücklicherweise früh genug eingefallen und Sora hatte darauf geachtet keinen Namen zu schreiben. Jedoch hatte sie nicht damit gerechnet, dass der Brief ausgerechnet in Zeros Hände fallen würde!
Yuki räusperte sich. „Da hast du natürlich Recht, Zero. Ich…“ Sie überschlug schnell in ihren Kopf die Möglichkeiten. „hatte nur vom Rektor den Auftrag einen Brief weiter zu geben.“ Jetzt war es wohl doch ganz gut, dass es normales, langweiliges Briefpapier war.
Sie sah, wie sich die Skepsis in seinem Gesicht breit machte. „Und seit wann nutzt der Direktor dafür dich als Boten?“
„Nun, er hat halt viel um de Ohren und ich als Vertrauensschülerin habe die Pflicht ihm bei seinen Aufgaben zu helfen und dazu gehört eben auch mal der Botengang. Wenn du mir jetzt also bitte den Brief wieder geben würdest.“ Auffordernd hielt sie ihm ihre Hand entgegen.
Doch Zero gab ihr den Brief nicht wieder. Ganz im Gegenteil, er hob ihn zu seiner Nase und roch daran! Und das was er da roch, schien ihm nicht gerade zu begeistern. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, sein Körper verkrampfte und seine Augen wurden leicht rot. Nervös blickte Yuki zu den anderen Dayclassschülerinnen, doch waren diese viel zu sehr mit sich und dem Schwärmen ihrer Idole beschäftigt, um etwas hiervon mit zu bekommen.
Ganz leise mit einem knurrendem Ton ertönte die tiefe, dunkle Stimme Zeros. „Yuki.“
Nervös blickte sie zu ihm hinauf. Eine Schweißperle lief ihr über den Rücken. Das hörte sich gar nicht gut an.

„Warum riecht dieser Brief hauptsächlich nach Sora, wenn du es bist, die den Brief weitergeben soll?“

Oh nein. Yuki hatte ganz vergessen was für einen guten Geruchssinn ein Vampir besaß. Und Zero war nun einmal ein Vampir. Ihre Augen streiften unter, auf der Suche nach einer schnellen Antwort. „Sora hat…“

„Yuki.“, seine Stimme war nur noch ein Knurren. „Sag mir nicht, dass das hier“ er hielt den Brief nach oben, „von Sora für einen dieser… Männern ist?!“
„Nein. Also, eigentlich…“, stammelte Yuki.
„Weißt du eigentlich was du hier tust, Yuki? Du machst deiner Freundin Hoffnung für etwas, das diese Leute hier nicht wertzuschätzen wissen. Sobald der Empfänger den Brief erhalten, wird er ihn gleich in den Müll werfen.“
„Das würde er nicht!“, widersprach Yuki energisch und bemerkte erst danach ihren fatalen Fehler. Zeros Augen wurden zu Schlitzen. „Was weißt du, was ich nicht weiß?“, fragte er beinahe bedrohlich.
Zögerlich trat Yuki einen Schritt zurück.
„Verdammt Yuki! Du lässt zu, dass Sora Kontakt zu einem von ihnen hat?!“ Manchmal verfluchte sie Zero und seine Scharfsinnigkeit! Wieso konnte er so gut eins und eins zusammenzählen?
„Du täuschst dich ihnen.“, verteidigte Yuki die Vampire instinktiv. „Ich habe-“
„Nichts hast du! Mag ja sein, dass dein geliebter Kaname dir das Leben gerettet hat und dir so zuvorkommend ist. Aber du scheinst ihr wahres Gesicht immer noch nicht zu kennen, Yuki. Ich sollte mit dem Direktor sprechen. Du bist nicht in der Lage eine Vertrauensschülerin zu sein. Du nutzt dein Amt aus, damit deine Freundin irgendwann als Blutbeutel dient.“, sagte Zero mit einer Stimme, bei der das Blut in Yukis Armen gefror. Doch konnte sie nicht mehr darauf reagieren, denn in diesem Moment öffnete sich das Tor und ihre Pflicht als Vertrauensschuelerin trat in Kraft. Und das hoffentlich nicht für das letzte Mal.





„Es tut mir schrecklich leid. Bitte verzeih mir Sora.“, entschuldigte sich Yuki auftrichtig bei Sora. Sie war direkt nach dem Wechsel zu Sora gegangen und hatte ihr gestanden was geschehen war. Sie hatte nicht viel Zeit übrig, gleich musste sie zu ihrem Dienst. Aber das schlechte Gewissen lastete auf ihr. Der restliche Wechsel war nicht gerade einfach verlaufen. Yuki war so Geistesabwesend gewesen, dass sie kaum gegen die Mädchenmenge ankam und von Zero bekam sie keinerlei Hilfe. Ganz im Gegenteil sogar. Er schien sie komplett zu ignorieren und das machte ihrem Herzen schwer zu schaffen. Den Brief hatte er natürlich behalten.
„Ich..“, begann Sora mit unsicherer Stimme und verdoppelte das schlechte Gewissen von Yuki noch einmal. Wie konnte sie Sora das nur antun und das gerade jetzt, wo sie doch noch so krank war? Yuki hätte das viel vorsichtiger machen müssen! „verstehe zwar nicht ganz, wie er das auf mich rückführen konnte, aber...“ Natürlich verstand Sora das nicht. Yuki hätte ihr ja schlecht sagen können, dass er durch seine geschärften Sinne ihren Geruch wahrnehmen konnte. „Es ist nicht deine Schuld, Yuki. Eigentlich hat Zero ja recht. Es ist verboten und ich glaube er macht sich auch nur Sorgen.“
„Du solltest Hanabusa deswegen dennoch nicht aufgeben, Sora.“, versuchte Yuki sie dennoch weiter zu motivieren.
„Das werde ich nicht. Aber jetzt werde ich wohl erst einmal die Sache mit Zero klären. Ich möchte nicht, dass du meinetwegen Ärger kriegst.“




Das Jetzt wurde auf den nächsten Tag gelegt, denn Yuki bestand darauf, dass sich Sora wenigstens noch eine Nacht ausruhen sollte. Sora fügte sich zwar dem Wunsch ihrer Freundin, aber dennoch wurde es keine besonders erholsame Nacht. Zu viele Gedanken schwebten in ihrem Kopf umher. Würde Zero sich überreden lassen? Würde er Verständnis zeigen? Hatte Sora Yuki mit der Aktion ernsthaft in Gefahr gebracht? Würde sie Hanabusa je wieder sehen dürfen? Insgeheim rechnete Sora die gesamte Nacht über nur damit, dass der Direktor in das Zimmer gestapft kommen würde, um sie dann von der Schule zu schmeißen. Wo sie doch gegen die wohl heiligste Schulregel verstoßen hatte.
Aber er kam nicht. Auch Zero kam nicht. Niemand kam. Nur die Alpträume fingen wieder an und vermischten sich mit der Angst vor dem Treffen mit Zero.
Dementsprechend müde war Sora am nächsten Tag, aber da Zero Vormittags Unterricht hatte, konnte sie in der Zeit wenigstens noch etwas dösen.
Aber dann war die Zeit gekommen. Mit der Absprache ihrer Ärztin verließ Sora das Krankenzimmer und dieses mal hoffentlich auch für einen langen Zeitraum. Morgen dürfte sie noch den Unterricht verpassen, aber sie durfte sich zumindest in ihrem eigenem Bett ausruhen.
Soras erster Weg führte sie in den Jungen-Wohntrakt, genauer gesagt zu Zeros Zimmer. Doch da war Zero nicht. Einige Minuten blieb Sora vor dem Zimmer stehen mit der Hoffnung, dass er vielleicht noch kommen würde. Und mit jeder weiteren Minute die verstrich wurde Sora nur nervöser und ungeduldiger. Erst nach zehn Minuten fiel ihr ein, dass Yuki mal erwähnt hatte, dass er sich oft im Stall bei den Pferden aufhielt.
Die Ställe waren etwas außerhalb des Außengeländes und Sora genoss es mal wieder im freien Spazieren zu gehen. Der Winter war nicht mehr weit. Mittlerweile waren die Bäume kahl und kalter Wind wehte umher. Doch Sora war tief in einem Schal eingemummelt und so störte die Kälte sie keineswegs. Ihr fiel ein, dass es bis zum Winterball nicht mehr lange dauern würde. Hoffentlich schaffte sie es Zero zu überreden, denn sie würde so gerne mit Hanabusa tanzen. Wenigstens ein mal.
Als Sora die Ställe erreichte, begrüßte das Wiehern der Pferde sie. Nervös ging Sora die Ställe entlang. Hoffentlich würde Zero hier sein, denn länger abwarten konnte sie das Gespräch nicht mehr. Wer wusste schon, wann Zero zum Direktor oder gar zu Kaname gehen würde? Ob er wohl schon da gewesen war? War Yuki womöglich gar nicht im Unterricht gewesen, sondern schon beim Direktor?!
Sora war so tief in ihren Gedanken versunken, dass sie gar nicht bemerkte, wie eine weiße Gestalt sich ihr näherte. Erst, als ein lautes, bedrohliches Wiehern zu hören war, blickte Sora erschrocken auf und blieb abrupt stehen! Vor ihr hatte sich ein großes, weißes Pferd auf seine Hinterbeine gestellt und schien es auf Sora abgesehen zu haben! Ihr Herz pochte vor Angst laut und schnell in ihrer Brust und es schien geradezu raus springen zu wollen. Ängstlich ging sie einen Schritt zurück, doch schien sie das Pferd damit nur noch mehr zu provozieren. Bedrohlich kam es ihr näher.

Überredungskünste

 Erschrocken schrie Sora auf, als das weiße Pferd sich auf seine Hinterhufen stellte. Es greift mich an, schoss es Sora durch den Kopf, bevor sie ihre Augen fest verschloss. Sie bemerkte weder, dass ihre Augen wieder unnatürlich leuchteten, noch, dass jemand zu ihr und dem Pferd trat.
Erst, als einige Zeit lang nichts passierte, öffnete sie ihre Augen vorsichtig. Mit dem, was sie vor sich sah, hätte sie wohl nie gerechnet. Zero stand neben dem aggressivem Pferd. Nur, dass das Pferd jetzt gar nicht mehr wild umher tobte, sondern seine Nüstern friedlich an Zeros Hals rieb. Lediglich seine Augen schienen Sora noch immer zu erdolchen.
Sie schluckte schwer. „D-Danke, Zero.“, stotterte Sora. Die Angst saß ihr noch immer schwer im Magen. Erst nach und nach nahm sie wieder ab.
„Du solltest von White Lady Abstand halten. Sie ist kein großer Fan von Fremden.“, sprach Zero und tätschelte den Hals des Pferdes.
„Und... du bist kein Fremder?“, fragte Sora, ohne eine Antwort zu erwarten. Denn, dass Zero kein Fremder für White Lady war, konnte man sehen. White Lady... Sora stutzte bei dem Namen. Nach diesem aggressiven Aufeinandertreffen fand sie das Wort Lady unpassend.
„Was willst du hier, Sora?“, fragte Zero ohne auf ihre Frage einzugehen.
Sie fröstelte, als sie Zeros kalte und distanzierte Stimme hörte. Sie hatte gehofft, er würde sie freundlicher behandeln. Doch sie riss sich zusammen. Genug Zeit verplempert.
„Ich bin hier, weil ich mit dir sprechen muss, Zero.“
Schweigend blickte er sie an, bevor er das Pferd zu einem der Einzelboxen steuerte. Sora biss sich verärgert auf die Lippe. Er sollte ihr zu hören! Schließlich war das hier ein ernstes Thema!
„Es geht um den Brief von gestern.“
„Was ist damit? Ich habe schon Yuki deutlich gemacht was Sache ist.“
„Yuki hat damit aber nichts zu tun.“, sagte Sora entschieden und brachte Zero endlich dazu, sich ihr zuzuwenden.
„Sie war diejenige, die den Brief weitergeben wollte.“
„Weil ich sie darum gebeten hatte.“, log Sora. Zero musste nicht wissen, dass es eigentlich sogar Yukis Idee gewesen war. „Ich habe sie angefleht und erst sehr viel später hat Yuki nachgegeben. Und das auch nur, weil wir Freundinnen sind. Sie hat mit alle dem wirklich gar nichts zu tun. Bitte, Zero.“ Sora trat energisch einen Schritt vor, doch als White Lady schnaubte, blieb sie schnell wieder stehen.
„Yuki ist eine Vertrauensschülerin. Sie kennt die Regeln und auch die Konsequenzen auf so ein Verhalten am besten.“, erklärte Zero, trat aus der Box heraus, schloss das Gitter vor dem Pferd und wandte sich dann endlich vollends zu Sora.
Diese blickte ihm mit einem glühenden Blick in die Augen.
„Ich übernehme die vollste Verantwortung. Für alles.“


Zero schloss für einen kurzen Moment seine silbernen Augen, bevor er sie weder öffnete und ihren Blick erwiderte. Soras Augen glühten ihm in blau und rot entgegen. Sie selbst schien das nicht wahrzunehmen. In letzter Zeit hatte er schon öfters mitbekommen, wie unnatürlich ihre Augen waren. Yuki hatte was von einer Pigmentstörung erzählt. Eigentlich hätte er darüber stutzen müssen, doch hatte er Sora mittlerweile ins Herz geschlossen und verdrängte unbewusst den Gedanken. Es war schon seltsam genug, dass er das Mädchen mochte, wo er doch sonst zu allen anderen Abstand hielt.
Er war beeindruckt von ihr, wie sie mit voller Überzeugung vor ihm stand und bereit war die Verantwortung für alles hinzunehmen. Yuki konnte von Glück sprechen, solch eine gute Freundin zu haben.
Er seufzte und war von seinem folgendem Handeln selbst überrascht. Aus seiner Hosentasche holte er den ungeöffneten Brief hervor und hielt ihm Sora entgegen.
Dessen Augen weiteten sich überrascht, bevor sie fragend zu ihm aufsah.
„Du... hast ihn gar nicht geöffnet.“
Zero runzelte die Stirn. „Natürlich nicht. Das ist deine Privatsphäre. Ich weiß auch nicht, wer der Empfänger ist.“, erklärte er selbstverständlich.
Zögernd nahm Sora ihm den Brief aus der Hand. „Dankeschön.“
Er beobachtete, wie sie den Brief nervös in ihren Händen hin und her wendete und auf etwas zu warten schien. „Wir vergessen das ganze, wenn du dass alles ab sofort sein lässt und du dich an die Regeln hältst.“, entschied Zero.
„Wi-Wirklich?“, fragte Sora überrascht nach, woraufhin Zero nickend zustimmte.
„Aber sollte ich dich oder eine deiner Freundinnen erwischen, werde ich nicht so barmherzig sein.“, versprach Zero.
„Verstanden.“ Sora lächelte ihn an, bevor sich ihre Mimik wieder veränderte.
„Was?“
„Da wäre noch etwas.“
Ihm wurde mulmig zu mute. Noch etwas? Erst als er seine Frage wiederholte, sprach Sora weiter.
„Er hat mich gefragt, ob wir gemeinsam zum Winterball gehen würden.“, flüsterte Sora sichtlich nervös.
Zeros Augen weiteten sich leicht. Damit hatte er nicht gerechnet. Klar, es war erlaubt, dass die Vampire mit den Menschen dort hin gehen würden, aber es war selten, dass einer der Vampire das ernst nahm. Welcher von diesen Blutsaugern hatte Interesse an Sora? Und, was genau wollte er? Sich an den Menschen zu vergreifen war verboten. Wer konnte so blöd sein? Seine Gesichtszüge wurden immer grimmiger, je mehr er darüber nachdachte. Ihm kam gar nicht in den Sinn, dass ein Vampir echtes Interesse an einem Menschen haben konnte. Stattdessen überlegte er, ob er Sora schon einmal mit einem der Nightclass gesehen hatte. An einem ihrer ersten Tage. Da war was mit Kaname gewesen, aber... nein, Kaname hatte Interesse an Yuki. Da würde er sich nicht an ihre Freundin hängen. Oder etwa doch?
„Äh... Zero?“ Soras unsichere Stimme holte ihn wieder aus seinen Gedanken hervor. Stimmt, er musste ihr noch antworten.
„Das kann ich dir schlecht verbieten.“ Leider, denn das war eben das besondere an dem Winterball. Night- und Dayclassschüler feierten zusammen und durften sogar das Date des anderen sein. Seit dem das entschieden wurden war, hielt Zero den Direktor für einen noch größeren Irren, als schon zuvor. Wollte er denn unbedingt den oberflächlichen Frieden zwischen den Menschen und den Blutsaugern aufs Spiel setzen?
„Danke.“, bedankte sich Sora mit einem erleichterten und aufrichtigen Lächeln.
Zero hoffte, dass er damit keinen Fehler beging.


Wenig später spazierte Sora mit dem Brief in der Hand durch den Wald der Schule. Noch immer herrschte kalter Wind und Sora hätte schwören können, dass es bald anfing zu schneien.
Doch verschwendete sie wenig Gedanken an das Wetter, denn in ihrem Inneren herrschte ein großes Wirrwarr. Einerseits war sie mehr als nur erleichtert. Weder Yuki, noch sie mussten die Konsequenzen tragen. Sie freute sich schon darauf, nachher Yuki Bescheid zu geben. Diese machte sich seit dem Vorfall nur noch Vorwürfe und könnte dann endlich wieder Ruhe finden.
Andererseits musste Sora unbedingt Kontakt zu Hanabusa herstellen, ohne, dass es jemanden auffiel.
Es wäre ihr lieber gewesen, sie würde Zero nicht hintergehen, doch musste sie Hanabusa einfach kontaktieren. Durch ihre Fieberträume konnte sie sich nur schlecht als recht an die letzte Zeit erinnern und sie wusste gar nicht mehr, ob sie Hanabusa überhaupt für den Winterball zugesagt hatte. Hatte sie ihm zugenickt oder wurden sie da schon unterbrochen? Sie erinnerte sich einfach nicht mehr so genau! Es war ein Wunder, dass ihr der Überraschungsbesuch so gut in Erinnerung geblieben ist. Sie seufzte bei den Gedanken verträumt auf. Er war solch ein großes Risiko eingegangen und das nur für sie!
Nur, wie sollte sie ihm endlich zusagen?

Die Lösung kam ihr nur kurze Zeit später entgegen, denn während sie ihren Gedanken nachging, kam ihr der Kater Kuro entgegen und ließ sich nur zu gerne von ihr streicheln. Sie kraulte ihm am Hals, als ihr schließlich die Idee durch den Kopf schoss. Flott nahm sie Kuro auf den Arm und trug in ihr Zimmer. Seine Augen betrachteten sie dabei seltsam wissend.



Vorsichtig befestigte Sora das weiße Band um den Hals des Katers. Mittlerweile war es schon später Abend. Die Luft war noch einige Grade tiefer gesunken und leichte Schneeflocken tanzten durch die Luft. Eigentlich war schon Ausgangssperre für die Dayclass, aber Sora sah kein Problem darin kurz raus zu gehen. Sie blieb ja direkt vor der Tür des Wohnheimes stehen und würde auch nicht weiter gehen. Stattdessen würde jemand anderes für sie gehen.
Ein wenig tat es Sora Leid, den Kater bei dieser Kälte hinaus zu schicken, doch war sie sich sicher, dass er schnell wieder im Warmen landen würde. Denn ihre Idee handelte davon, dass Kuro Hanabusa eine Notiz vorbei bringen würde. Und eben diese Notiz hatte sie zuvor an dem neuen Halsband von Kuro befestigt. So verrückt ihre Idee auch war, sie war sich sicher, dass Hanabusa die Nachricht erhalten würde. Es war wie ein Instinkt, dass sie sich da so sicher war. Kein normaler Kater würde so schlau sein, aber... Sora wusste einfach, dass es klappen würde.
Doch wenn nicht, musste sie sich eben was anderes einfallen lassen. Notfalls würde sie zum Wechsel gehen und Hanabusa direkt ansprechen.

„In Hanabusas Zimmer, Kuro.“

 

Miauende Post

 Als Hanabusa am frühen morgen in sein und Akatsukis Zimmer trat fühlte er sich ausgelaugt, obwohl er nichts besonderes getan hatte. Der Unterricht langweilte ihn und führte nur dazu, dass er vor Langeweile immer müder wurde. Da half es ihm auch nicht in den frühen Morgenstunden mit den anderen in der Lobby zu sitzen. Seit Tagen war er kaum in der Lage sich an den Gesprächen zu beteiligen, denn seine Gedanken schweiften stets ab. 
Er erwischte sich regelmäßig wie er an eine bestimmte Dayclassschülerin dachte. Es war nun schon einige Tage her, als Yuki ihm diese lächerliche Standpauke hielt, doch seitdem hatte er nichts mehr von Sora gehört. Yuki hatte nicht mehr mit ihm gesprochen, wobei sie bei den letzten zwei Übergängen auch nicht ganz da gewesen zu sein schien. Zwischen Zero und ihr schien eine Spannung geherrscht zu haben, die selbst ihm aufgefallen war. Aber das war ihm im Endeffekt egal. Wichtiger war Sora. 
Er nahm an, dass sie noch immer krank war, denn an ihrem gemeinsamen Treffpunkt, dem See, war sie nie erschienen. Wäre sie das, würde er das ganz genau wissen, denn jeden Nachmittag vor seinem Unterricht ging er dort ganz zufällig spazieren und hätte Soras Geruch wahrgenommen. Zu Beginn seiner Spaziergänge redete er sich stets ein, dass dieser ihm mehr Kraft für die kommende Nacht geben würde und er nicht insgeheim darauf hoffte Sora zu treffen. Und doch ging er jedes mal mit einem enttäuschten Gefühl in seiner Brustgegend zurück zum Mondwohnheim. Dort wurde er jedes mal von Akatsukis wissenden Blickes begrüßt, den Hanabusa gekonnt ignorierte.

Gähnend zog sich Hanabusa sein Jackett aus und war es auf einen Stuhl, bevor er sich umwandte um in das Bad zu gehen. Da sah er etwas leuchtendes in seinen Augenwinkeln. Aprubt blieb er stehen. Da saß tatsächlich eine schwarze, kleine Gestalt auf seinem Bett. Türkise Augen leuchteten ihm in der Dunkelheit entgegen. 
Hanabusa grummelte verärgert und ging auf sein Bett zu. „Was machst du denn hier?“ Obwohl es Dunkel im Zimmer war, denn der Vampir hatte vergessen den Lichtschalter zu betätigen, konnte er den Kater perfekt erkennen. Als Vampir waren nun einmal alle Sinne deutlich schärfer, als die der Menschen.
Der Kater maunzte. Hanabusa mochte ihn nicht. In ihm war der Gedanke an letztens wieder aufgetaucht. Der Gedanke, dass Kuro ein übernatürliches Wesen sei. Mittlerweile war es sich sogar sicher, dass Kuro kein normaler Kater war. Nur was er hier an der Academy wollte, blieb ihm schleierhaft. 
Wieder maunzte Kuro auf und hob seinen Kopf nun etwas an. Etwas weißes blitzte zwischen seinem Fell auf. Hanabusa runzelte die Stirn. Er hatte nie darauf geachtet, ob Kuro ein Halsband trug, aber es kam ihm neu vor. Hatte er sich mit seiner Theorie vielleicht doch geirrt und der Kater hatte einen Besitzer, der endlich daran dachte ihm ein Halsband anzulegen?
Der Vampir kniete sich vor sein Bett und blickte noch einmal genauer zu dem Hals des Katers. Kuro miaute und reckte wieder den Kopf, so als ob er ihn dazu animieren wollte, das Band abzumachen. Hanabusa kniff die Augen zusammen. War das ein Zettel an dem Band? Und war dieser für ihn?
Vorsichtig griff er danach. Bei dem Tier wusste man ja nie, ob er ihn möglicherweise beißen würde. Aber Kuro ließ Hanabusa ohne Gegenwehr an seinen Hals und sah ihn aufmerksam dabei zu, als der Vampir den Zettel auffaltete und anfing zu lesen.

ZK weiß von mir und einem NCS. 
Alles ok.
Freue mich auf den WB.

Hanabusa musste schlucken als er die Handschrift von Sora erkannte und den Inhalt verstand. ZK stand eindeutig für Zero Kiryu. Was bedeutete, dass dieser grimmige ehemals Mensch Vampir wusste, dass Sora Kontakt zu einem Nightclassschüler hatte. Verdammt. Die Luft um ihm herum sank einige Grade, ohne das er es merkte. Ob Kiryu es dem Rektor gemeldet hatte? Ob Sora nun von der Schule fliegen würde? Seine Zähne knirschten. Da fiel sein Blick wieder auf den Zettel zurück. Alles ok. Freue mich auf den WB, stand dort. Wie konnte alles Ok sein, wenn Zero Bescheid wusste. Er war doch der Inbegriff dafür, dass die Vampire sich von den Menschen fernhalten sollten. Und WB? WB könnte für den Winterball stehen, aber wenn Sora erwischt wurden war, würde sie doch niemals auf den Winterball dürfen!
Hanabusa setzte sich aufs Bett und starrte den Zettel weiter an. In seinem Kopf herrschte solch ein Chaos, dass er nicht einmal bemerkte, wie die Tür zu seinem Zimmer aufging und das Licht anging.
„Warum sitzt du im Dunkeln? Und warum ist es hier so kalt?“ Hanabusa reagierte nicht auf die tiefe Stimme Akatsukis und starrte weiterhin zu seinen Händen. 

Akatsuki wusste sofort das etwas nicht stimmte und ihm schlich direkt ein bestimmtes Menschenmädchen in den Kopf. So wie sein Cousin dort auf dem Bett saß und vollkommen erstarrt einen Papierzettel ansah, musste es etwas ernstes sein. Ob sie schlau genug gewesen war, ihm endlich den Laufpass zu geben? Er hatte durchaus gemerkt, dass sein blonder Freund seit einigen Tagen nicht mehr ganz auf der Höhe gewesen war und das Menschenmädchen daran Schuld hatte. Akatsuki hatte Hanabusa oft genug gewarnt. Wer nicht hören will, muss fühlen, hieß es doch. War nun der Augenblick gekommen?
Er trat zu seinem Freund ans Bett, der Boden war mit einer leichten Eisschicht bedeckt, und nahm diesem den Zettel aus der Hand. Kurz vorher konnte er beobachten, wie der Kater, der seit einiger Zeit durch die Academy streifte, sich auf der Fensterbank gemütlich machte. Akatsuki las die Nachricht und war selbst überrascht, denn damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Das Mädchen war schlau genug gewesen keine klaren Namen zu schreiben, denn hätte ein Fremder das Stück Papier in die Hände bekommen, wäre es sofort aufgeflogen. Dennoch wäre es besser, der Zettel würde verschwinden. Doch vorher musste er wohl den Sorgen seines Freundes nachkommen. Was tut man nicht alles für seine Freunde.
„Wo ist dein Problem?“, fragte er direkt und blickte in die eisblauen Augen Hanabusas, die Akatsuki nun ärgerlich ansahen.
„Ich verstehe es nicht. Wenn Kiryu sie erwischt hat, müsste sie weg sein. Dann stände schon längst einer vor unserer Tür. Dann dürfte sie nicht auf den Winterball!“ Hanabusa raufte sich die Haare, während der andere seufzte und sich selbst Gedanken machte, bevor er antwortete.
„Das Mädchen ist doch mit Kurosu-san befreundet, oder?“
Hanabusa nickte leicht und Akatsuki wurde nun von neugierigen Augen angesehen.
„Vielleicht hat die sich ja für sie eingesetzt. Kann ja sein. Oder was andere ist passiert, aber dein Mädchen ist ohne Probleme aus der Sache raus gekommen. Meint sie ja selbst. Alles Ok. Wahrscheinlich weiß Kiryu-kun nicht einmal welcher Nightclassschüler gemeint ist, sonst ständen jetzt deine Initialen hier.“ Er tippte auf die vielen Abkürzungen. „Ich nehme jetzt mal an, dass sie mit dem letzten Satz meint, dass ihr euch erst auf dem Ball wiedersehen werdet. Kiryu-kun wird sie wohl erst einmal im Auge behalten.“
„Und“, fing Hanabusa zögernd an, „du bist dir dabei sicher?“
Knapp nickte er. „Wir sollten den Zettel verbrennen, bevor ihn jemand findet.
Hanabusa lächelte leicht. „Und ich dachte, ich sei das Genie zwischen uns.“

Nun, dachte sich Akatsuki und betrachtete die Flammen in seiner Hand, schien so, als würde dein Gehirn bei diesem Mädchen wohl nun endgültig aussetzen. Und das war nicht gut.

 

Schneeflocken

 „Mehr nach oben. Nein, das ist zu weit! Ja, aber jetzt etwas nach links!“
„Die nervt mit ihrem Perfektionismus ganz schön.“, murmelt Yori und beobachtete Mitschüler, wie sie die Kommandos entgegen nahmen und versuchten sie auszuführen.
Sora neben ihr kicherte. „Dafür wird es sich aber lohnen.“ Sie blickte auf das weiße Papier in ihren Händen. „Wenn alles fertig ist, wird man die Halle kaum noch wiedererkennen.“
Yori seufzte und fing an das Papier in ihren Händen zu falten. „Das stimmt schon, aber ob so viele Schneeflocken“, sie deutete auf den Haufen mit gebastelten Papierschneeflocken, „als Dekoration wirklich gebraucht werden, bezweifle ich. Langsam ist wirklich genug. Mir tun die Finger schon weh.“
Zustimmend blickte Sora auf ihre geröteten Finger. Das stundenlange Falten und Schneiden der Schneeflocken zeigte Spuren. Aber es war dennoch besser, als unter der perfektionistischen Ader ihrer Schulkameradin zu leiden. Schneeflocken zu basteln war einfach und bei der Menge fiel es kaum auf, wenn mal ein paar verkrüppelte dabei waren. Das Aufhängen würden zum Glück andere übernehmen, denn Sora war zwar schon seit längerem aus dem Krankenzimmer entlassen, aber ihr wurde immer noch regelmäßig schwindelig. Eigentlich hätte Yuki ihnen noch dabei helfen sollen die Dekoration für den Weihnachtsball herzustellen. Doch hatte sie Yuki schon seit heute morgen nicht mehr gesehen. Es war ihr die Versammlung zwischen den Vertrauensschülern und den Hausvorständen der Day- und Nightclass dazwischen gekommen. Wenn Sora sich recht erinnerte sollten der Ablauf und die Regeln des Winterballs abgesprochen werden. Aber dass das so lange dauerte wunderte Sora. Konnte man das alles nicht aus dem letzten Jahr übernehmen? Schließlich fand der Ball jedes Jahr statt. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Yuki so lange weg bleiben würde.“, teilte sie ihren Gedanken mit ihrer Freundin.
Yori gab ein nachdenkliches Geräusch von sich. „Stimmt. Das dauert wirklich lange.“ Sie zögerte bevor sich ein geheimnisvolles Grinsen auf ihr Gesicht schlich und sie weiter sprach. „Aber wer weiß. Zero fehlt schließlich auch.“ Sie schwieg bedeutungsvoll und sah Sora an.
„Aber Zero ist auch Vertrauensschüler und-“
„Unser Hausvorstand war vorhin hier und hat nach dem rechtem gesehen. Die Versammlung muss also schon lange vorbei sein.“ Yori wackelte mit ihren Augenbrauen und ein O schlich sich in Soras Mund. 
Erstaunen breitete sich in ihr aus. Das Papier in ihren Händen war vergessen.„Sag bloß, da hat sich was entwickelt.“
„Irgendetwas läuft da zwischen den beiden. Ganz sicher. Seit einiger Zeit herrscht da eine gewisse Spannung und Yuki ist viel zu oft in Gedanken oder kommt zu spät. Und sie trägt öfters einen Schal, selbst wenn wir im Warmen sind.“, zählt Yori auf.
„Das habe ich gar nicht bemerkt.“, murmelt Sora und senkte den Blick. Sie fühlte sich plötzlich ganz schlecht. Wie konnte sie so etwas offensichtliches denn nicht bemerken? Was war sie nur für eine Freundin? In letzter Zeit war sie immer nur mit sich beschäftigt gewesen und hatte kaum auf ihre Umwelt geachtet. Sora spürte Yoris warme Hand auf ihre und blickte wieder zu ihr.
„Das ist doch nicht schlimm. Du bist krank gewesen, wie soll man da schon etwas bemerken, wenn Yuki es sich selbst noch nicht einmal eingesteht. Und außerdem“, jetzt grinste Yori schon wieder, „bist du doch selbst verliebt und vermisst ihn.“
Über die plötzliche Direktheit ihrer Freundin überrascht, schoss Sora das Blut ins Gesicht und brachte es damit zum Kochen. Verlegen wandte sie sich ihrer unfertigen Schneeflocke zu und fing an zu schneiden. Ein kleines Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht. Womit hatte sie nur solch tolle Freunde verdient?
Sie vermisste Hanabusa tatsächlich. Es war nun schon einige Tage her, als sie an Kuro den Zettel befestigt und ihn losgeschickt hatte. Im Nachhinein schalt sie sich als ganz schön naiv. Eine Katze war doch keine Brieftaube. Ob er den Zettel erhalten hatte, würde sie erst am kommenden Winterball erfahren. Kuro jedenfalls war ohne den Zettel am Hals zurückgekehrt. Entweder er hatte ihm im Gestrüpp verloren, Hanabusa hatte ihn oder jemand anderes hatte den Zettel entfernt – was sie regelrecht in Panik versetze. Besonders wenn derjenige Zero war, dem sie schließlich etwas versprochen hatte. Aber bisher war nicht passiert und so langsam glaubte sie nicht mehr, dass jemand anderes die Botschaft erhalten hatte.
Sie hoffte vom ganzen Herzen, dass Hanabusa auf sie wartete. Es schmerzte sie ihn nicht zu sehen, nicht zu wissen, wie es ihm ging, nicht sein Grinsen und seine strahlenden Augen zu sehen. Besonders, wenn sie nach dem Unterricht auf dem Weg zum Wohnheim am Waldstück vorbei kam.
In diesen Momenten fühlte es sich an, als ob ihr Herz fortlaufen würde. Mittlerweile war die Temperatur so gesunken, dass es immer mehr zur Herausforderung wurde, draußen zu sein. Der Wintermantel half eben nicht viel, wenn man weiterhin im Rock rumlaufen musste. Das war dann auch der einzige Grund der sie davon abhalten konnte zum See zu laufen. Ob er wohl manchmal dort war und auf sie wartete?
Verträumt seufze sie auf und schloss für einen Moment ihre Lider, um sich seine eisblauen Augen ins Gedächtnis zu rufen. Obwohl sie die Farbe von kaltem Eis hatten, waren sie so warm, dass ihr Herz bei der Erinnerung laut pochte. 

„Yori, Sora!“, wurde lautstark durch die Halle gerufen. Sora riss vor Schreck die Augen auf. Das Papier fiel ihr aus der Hand, segelte auf den Boden und landete vor einem Paar schwarzen Stiefeln. Sora hob ihren Blick und erkannte Yuki, die grinsend vor ihnen stand.
„Warum schreist du denn?“
„Ist alles in Ordnung?“; fragte Yori mit Besorgnis in der Stimme.
„Sicher ist alles in Ordnung. Es ist sogar in bester Ordnung. Ich habe endlich eine Lösung für unser Problem.“ Yuki stemmte die Hände in die Hüfte und blickte abwechselnd von Yori zu Sora, während diese beide sich verwundert ansahen. 
Was denn für ein Problem?

„Yuki, wo gehen wir eigentlich hin?“, fragte Sora und folgte ihrer Freundin durch die Gänge des privaten Gebäudes des Rektors. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals hier drin gewesen zu sein und hatte sich anfangs noch neugierig umgesehen, aber hier sah es den Wohnhäusern so ähnlich, dass Sora schnell ihr Interesse verlor.
„Und von welchem Problem hast du vorhin gesprochen?“, fragte Yori, doch eine Antwort blieb von Seitens ihrer Freundin aus. Ein synchrones Seufzen erfüllte den langen Flur. Nachdem Yuki vor den beiden in der großen Halle erschienen war und ihnen von einer Lösung erzählt hatte, wurden die zwei von ihr ohne weitere Erklärung mit ins Gebäude geschliffen. Die Schneeflocken lagen wohl noch immer unbeachtet auf dem Boden. Hoffentlich würde das kein Ärger geben, dachte Sora.
Sie blieben vor einer geschlossenen Tür stehen und Yuki drehte sich zu den beiden um. „Ist euch beiden denn gar nicht in den Sinn gekommen, dass uns etwas wichtiges fehlt?“
„Was fehlt uns denn?“
„Und warum finden wir das ausgerechnet hier?“
Yuki warf die Arme in die Luft, nachdem sie keine erwünschte Antwort erhalten hatte. „Jetzt denkt doch mal nach! Der Ball steht vor der Tür. Wir alle haben ein Date und auf einem Ball trägt man nun einmal...“, sie senkte die Arme und deutete auf ihre Kleidung.
„Natürlich!“, rief Yori. „Ein Kleid. Wieso hab ich nicht schon früher daran gedacht?“
Sora legte verwundert ihren Kopf schief. „Und das finden wir hier? Sollten wir nicht lieber in die Stadt fahren?“
Yuki schüttelte den Kopf. „Der letzte Tag an dem wir in die Stadt fahren durften, war als du im Krankenhaus lagst. Da haben alle anderen schon ihre Kleidung besorgt. Der nächste Ausflug ist erst im nächsten Jahr wieder. Aber heute wurde mir vorgeschlagen, dass wir uns doch an die Schneiderin der Cross Academy wenden können. Sie ist eine Meisterin ihres Handwerkes.“
„Aber glaubst du denn, dass sie Kleider für uns hat und diese auch herausgibt? Sora und ich sind schließlich einfache Dayclassschülerinnen.“, äußerte Yori ihre Bedenken, nachdem sich schon die Freude auf Soras Gesicht ausgebreitet hatte. Enttäuscht ließ sie die Schultern sinken und nickte zustimmend. Yuki war die Tochter des Rektors und hatte dadurch gewiss einige Sonderrechte, genauso wie die Nightclass. Aber Yori und sie stammten aus einfachem Hause und hatten nicht mal in der Dayclass eine besondere Stelle inne.
„Ach, ihr macht euch unnötige Sorgen. Ich hab das alles schon längst abgeklärt. Weswegen war ich denn sonst so lange weg. Und jetzt lasst uns mal rein gehen. Man wartet schon auf uns.“

 

Impressum

Texte: Sora6
Bildmaterialien: http://sora6.deviantart.com/
Tag der Veröffentlichung: 24.07.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diese Fanfiction der Musik, die mich, egal was passiert, immer begleitet, und all denjenigen die Sora durch ihr Abenteuer begleiten.

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