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Kapitel 1 - Dein Spiegel hat dich belogen




Du standest morgens auf, ohne zu wissen, was dich erwartet. Alles,was du wusstest war, dass dir niemand außer mir auch nur die geringste Anerkennung schenken würde, die du verdient hattest. Du dachtest du wärst ein Niemand, weil dich niemand außer mir geliebt hat und du dir selbst auch keine Chance gegeben hast. Du sahst in den Spiegel und empfandest nichts als Hass und Wut auf dich selbst. Du sahst nur einen behinderten Menschen, der anders aussah und sich anders verhielt als viele andere Menschen, du sahst dich selbst als eine hässliche Gestalt an, die den Sinn und das Glück des Lebens fand und beides plötzlich verlor. Warum nur musste es auf einmal so kommen?
Dein Vater sitzt heute immer noch im Gefängnis, weil er seine Aggressionen bis heute nicht in den Griff bekommt und sie in nichts als Gewalttaten umsetzt. Deine Mutter ist immer noch schwer Alkohol-abhängig, weil sie mit dem Verlust ihres Mannes nicht zurecht kommt. Und du?- Dich vermisst niemand außer mir und das weißt du trauriger Weise auch. Denn leider können Menschen so grausam sein. Und um ihnen nach deinem Selbstmord zeigen zu können, was für ein schweres Leben du teilweise hattest, obwohl du so ein wunderbarer Mensch warst, werde ich deine Geschichte aufs Blatt bringen. Jeder soll wissen und spüren, wie sehr du leiden musstest,insbesondere bevor du mich kanntest- wie sehr du tatsächlich gelitten hast unter ihren Blicken und unter ihren widerlichen Worten. Du wirst niemals in Vergessenheit geraten. Das versichere ich dir...

Kapitel 2 - Seine Kindheit




Schon als kleines Kind sah man es ihm an. Adam war anders als andere Kinder. Schon das Krabbeln fiel ihm sehr schwer. Es war mehr ein Kriechen und es sah äußerst merkwürdig aus. Viele Mütter der Krabbelgruppe, zu der Adams Mutter mit ihm ging, nahmen von Anfang an Abstand von ihm. Sie ließen ihre Kinder nicht einmal in seine Nähe. Doch wovor hatten sie Angst? Er war doch nur ein kleines, unschuldiges Kind mit einem unvollständigen Körper. Ja- Adam hatte keine Beine,doch so wurde er nun mal geboren. Nicht einmal sein Vater wollte etwas mit seinem einzigen Sohn zu tun haben, ihn plagten Albträume Nacht für Nacht, nur weil sein Kind anders aussah und sich anders bewegte. Und Adam hatte keine Chance die Liebe seines Vaters jemals zu ergattern. Meint ihr seine Mutter liebte ihn? Falls ja, muss ich euch leider enttäuschen. Anfangs empfand sie vielleicht sogar noch so etwas in der Art wie Liebe, doch spätestens als Adam ein Alter von 4 Jahren erreicht hatte, war diese Liebe kaum noch spürbar für ihn. Denn in diesem Alter bemerkte man, dass Adam nicht nur vom Körperbau anders war. Nein, wenn es doch nur das gewesen wäre. Er hatte auch eine geistige Behinderung. Sie war nicht allzu stark, doch sie war spürbar. Adam lernte sehr langsam, das Sprechen fiel ihm sehr schwer, er konnte somit auch nur wenige Wörter sprechen. Doch er wurde auch von niemandem gefördert. Niemand half ihm zu lernen, sie hatten alle kein Interesse mehr an ihm. Seine Mutter gab ihm nicht mehr als die lebensnotwendigen Dinge, von Liebe war mittlerweile keine Spur mehr zu sehen- vielmehr Abneigung und Angst vor dem eigenen Kind. Der Vater lebte immer noch in dem selben Haus wie sein Sohn, welchen er sowieso nur wie Luft behandelte. Doch je länger er dort lebte, desto aggressiver wurde er, bis er letztendlich so weit ging, dass er Adams Mutter schlug, öfter und öfter. Und nach und nach wurde es immer heftiger; bis einige Nachbarn die Vorfälle mitbekamen und die Polizei alarmierten. So schnell war er also hinter Gittern und die Psyche der Mutter zerstört. Sie trank und trank, gab ihrem Sohn ab und zu etwas zu essen und ließ ihr Leben einfach nur so an sich vorbeirauschen. Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Und ich wusste von allem, ich wusste einfach alles. Und als ich bemerkte, dass jemand eingreifen musste bevor er noch sterben würde, kam ich in sein Leben und begann es zu verändern.

Kapitel 3- Adam und Ich




Adam war 12 Jahre alt, als ich wusste, dass seine Mutter nun nichts mehr für ihn tun würde. Zu diesem Zeitpunkt war er geistig in etwa auf dem Stand eines 8-jährigen. Hätte man ihn gefördert, wäre er mit Sicherheit 2 Jahre weiter gewesen. Doch da ließe sich mit meiner Hilfe bestimmt noch etwas machen, ich würde ihm helfen, damit er vom Kopf her schnell relativ normal werden würde. Nur wie sollte ich das anstellen? Wie bekam ich ihn bloß aus dem Haus? Ich könnte ihn schließlich nicht einfach entführen, nein. Er vertraute mir ja keineswegs, er kannte mich nicht einmal, doch ich kannte ihn. Ich musste mir zunächst irgendwie sein Vertrauen erschleichen, irgendwann würde er dann schon von selbst mit mir mitkommen. Ich musste mir also einen Plan überlegen, um ins Haus zu kommen und mich mit Adam zu unterhalten. Zunächst musste ich also an seine Mutter herantreten, doch wie? Und irgendwann kam mir dann eine Idee, die ich anfing in die Tat umzusetzen. Da Adam auf eine Sonderschule ging, zu der seine Mutter ihn seit einer Woche auch nicht mehr brachte, da sie dauerhaft betrunken war, konnte ich mich ziemlich leicht als Lehrer seiner Schule verkaufen. So ging ich also eines Tage zu ihrem Haus, stellte mich vor und bat um ein Gespräch mit ihrem Sohn. Erschreckender Weise ließ sie mich sofort ins Haus und ich bekam die Chance mich mit Adam zu unterhalten. Ich ging also in sein Zimmer. Da saß er nun, in seinem Rollstuhl, mit dem Blick aus dem Fenster. Ich näherte mich ihm und fing an alles zu erzählen, was ich über ihn weiß, ohne auch nur eine einzige Pause zu machen. Eine viertel Stunde lang war ich nun am erzählen. Und ich erwartete, dass er mich fragen würde, woher ich all dies wüsste, doch er sagte nichts. Ich sagte nur noch zwei kleine Sätze bevor ich aufstand und in Richtung Zimmertür ging: " Ich möchte dir wirklich helfen, Adam. Ich will dich hier raus holen und dir zeigen, was es bedeutet zu leben." Und gerade in dem Moment, als ich sein Zimmer verlassen wollte, hörte ich ein leises "Warte!... bitte hilf mir!" Und seine Stimme klang verzweifelt. Ich nickte ihm nur zu und gab ihm einen Zettel, auf welchem stand :"Jeden Tag um 15 Uhr treffen wir uns am Spielplatz in der Wawine-Avenue." Dann verließ ich das Haus und tatsächlich war er jeden Tag dort. Diese Straße war auch nahezu nebenan und mit dem Rollstuhl konnte er somit leicht dorthin. Er war von Anfang an nicht daran interessiert woher ich ihn kenne und wer ich eigentlich bin. Er war einfach nur überglücklich, dass ich da war und vorhatte ihm zu helfen. Ich lernte mit ihm einfache Aufgaben und war mittlerweile wie ein Lehrer für ihn. Wir verstanden uns wirklich sehr gut. Im Alter von 16 Jahren hing er allerhöchstens noch 1 Jahr zurück vom Kopf her. Das war doch schon ein riesiger Fortschritt, meint ihr nicht? Ich war jedenfalls sehr stolz darauf. Und ich war sehr beeindruckt von Adam. Er kam mir mittlerweile völlig normal vor. Und trotz seiner schwierigen Kindheit war er ein sehr liebenswerter junger Mann und ich liebte ihn wie einen Bruder, fast schon wie einen Sohn. Ich brauchte ihn schon bald genauso sehr wie er mich. Und eines Tages nahmen wir uns vor wegzufahren, zusammen in eine kleine Wohnung zu ziehen und neu anzufangen- gemeinsam. Er packte seine Sachen und hinterließ seiner Mutter einen Zettel mit der Aufschrift : "Hey Mom, ich werde dich verlassen und mit einem guten Freund ein neues Leben anfangen. Ich habe die Jahre auf der Schule gut überstanden und bin nun bereit mein eigenes Leben zu leben. In Liebe, Adam." Und er liebte seine Mutter wirklich, auch wenn er tief im Inneren wusste, dass sie ihn nie wirklich geliebt hatte. Umso schwerer fiel ihm der Abschied, doch er wusste, dass es nicht anders ginge. Wir zogen also um. Noch vor 4 Jahren kannte er mich nicht einmal und jetzt zogen wir zusammen in eine Wohnung. Es war nicht wunderlich, dass seine Mutter niemandem meldete, dass ihr Sohn verschwunden sei. Sie hockte wahrscheinlich weiterhin in ihrer Bude herum und trank bis sie einschlief, und sobald sie wieder aufwachte trank sie weiter. Doch das kam mir und Adam gerade recht. Das Jugendamt am Hals konnten wir nun wirklich nicht gebrauchen. Ich sorgte mich gut um Adam, er hatte alles was er brauchte. Unser Leben schien perfekt, abgesehen davon, dass Adam keine Freunde fand und viel Spott in der Öffentlichkeit ertragen musste. Doch das konnte ich leider nicht verhindern, ich konnte die Menschen nicht ändern.

Kapitel 4- Der Schicksalsschlag




Wir kamen weiterhin gut miteinander klar. Wir hatten dank meinem Erbe genug Geld zur Verfügung um uns auch den ein oder anderen Luxus zu finanzieren. Ein großer Fernseher durfte somit auch nicht fehlen. Doch es gab einen Tag, der all dies vermeintlich zerstören sollte. Es war nämlich so: Ich hatte schon seit Wochen starke Schmerzen im Bauch. Doch ich war absolut nicht der Typ, der sofort zum Arzt ging. Im Gegenteil- ich hasste es zum Arzt zu gehen. Doch da es immer schlimmer wurde und Adam sich schon Sorgen machte, blieb mir nicht anderes übrig, als mich eventuell doch einmal untersuchen zu lassen. Ich dachte mir: " Wird schon nichts schlimmes sein." Doch ich irrte mich. Nach mehreren Untersuchungen bekam ich die Diagnose zu hören: Bauchspeicheldrüsen Krebs; der Krebs, von dem ich wusste, dass man ihn meist erst bemerkte, wenn er schon nicht mehr zu heilen ist. Und genau dies bestätigte mir der Arzt. Ich fragte ihn: "Wie lange noch?" und er antwortete: "Ganz genau kann ich ihnen das leider nicht voraussagen. Doch sie müssen damit rechnen, dass sie vielleicht nicht mehr als 2 Monate haben werden. Der Krebs hat schon stark gestreut und greift ihre Organe an." Wie sollte ich das nur Adam erklären? Er hatte doch nur mich. Wie sollte er das nur ohne mich schaffen? Ich machte mir mehr Sorgen um ihn, als um mich. Er ist endlich glücklich und führt ein relativ normales Leben. Warum muss ich ausgerechnet jetzt eine solche Krankheit bekommen? Gönnt Adam denn niemand sein Glück außer mir? Doch ich musste es ihm sagen, ich musste ihn schließlich darauf vorbereiten. Ich ging also schweren Gewissens nach Hause und erzählte Adam von dem Ergebnis der Untersuchungen. Beim Reden bemerkte ich, wie Adams Augen glasig wurden, bis er plötzlich in Tränen ausbrach und anfing zu schluchzen und zu schreien: "Warum? Warum musst ausgerechnet du bald sterben? Wie soll ich das nur ohne dich schaffen? Ich hab doch nur dich. Zurück zu meiner Mutter will ich auch nicht, die liebt mich doch sowieso nicht. Verdammt, ich schaffe das nicht ohne dich, ich schaffe das nicht." Und ich musste nur noch ansehen, wie er seinen Rollstuhl so schnell er konnte hinausschob . Ich rief ihm noch schnell hinterher: " Warte, Adam. Wir finden schon eine Lösung!" Doch ich konnte ihn nicht aufhalten. Er brauchte wohl erstmal Zeit für sich allein, dachte ich mir....

Kapitel 5- Das Ende




Ich wartete auf ihn, Stunde um Stunde. Doch er kam und kam nicht zurück. Ich musste mich also auf die Suche nach ihm machen und befürchtete anfangs schon das Schlimmste- aber das wird er wohl kaum getan haben, oder? Er würde mich nicht einfach die letzten 2 Monate allein lassen. Nein, er musste irgendwo dort draußen sein. Es war schon 0 Uhr nachts und ich hatte so gut wie jeden Ort abgesucht, an dem er sich befinden könnte- doch keine Spur von Adam. Ich dachte mir: "Er wird schon kommen. Irgendwann wird ihm kalt und dann klopft er schon noch an die Tür." Somit ging ich nach Hause und legte mich hin, diese Nacht hatte ich kaum geschlafen und am nächsten Morgen um genau 7:21 Uhr klopfte es an meiner Tür: Voller Vorfreude, dass dort Adam stehen könnte machte ich die Tür auf. Doch vor mir standen nur 2 Polizisten mit leicht gesenktem Kopf, die mir ein Bild zeigten und mich fragten: "Kennen sie vielleicht diesen Jungen? Wir haben seine Leiche heute morgen auf den Bahnschienen gefunden. Wir vermuten, dass er Selbstmord begangen hat. Einen Rollstuhl haben wir auch gefunden." Meine Augen wurden glasig und ich antwortete stotternd: "E-ee-er, w-war mein Mitbewohner." Innerlich brach für mich eine Welt zusammen. Er hatte sich tatsächlich vor einen Zug geschmissen, dort hätte ich zuletzt nach ihm gesucht. Er sollte nicht vor mit sterben, ich war derjenige mit der tödlichen Krankeit. Er hatte doch noch sein ganzes Leben vor sich, er war doch so jung, so jung. In diesem Moment verlor mein Leben seinen einzigen Sinn, doch das ist jetzt egal: In 2 Monaten bin ich sowieso tot.

Zusatznachricht an EUCH:




Ihr fragt euch im Laufe dieses Buches bestimmt ab und zu wer ich überhaupt bin. Wie ich wohl aussehen mag, woher ich Adam wohl kenne und woher ich all diese Dinge weiß, die ein Außenstehender normalerweise gar nicht wissen kann, stimmt's? Wer ich bin? Drei Mal dürft ihr raten...

Impressum

Bildmaterialien: http://www.google.de/imghp?hl=de&tab=wi
Tag der Veröffentlichung: 24.04.2012

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