Laut hallten die schnellen Schritte von Rose an den Wänden von Hogwarts wider. Die wenigen Schüler, die über den Gang schlenderten, sprangen fast schon aus dem Weg, als sie den der Weasley kreuzte. Die Gryffindor war aufgebracht, voller Zorn und noch war ihr nicht klar, wie sie diesem Luft machen sollte.
„Weasley!“, rief er ihr nun schon zum fünften Mal nach, aber sie schenkte ihm keine Aufmerksamkeit und wurde auch nicht langsamer.
„Weasley, nun bleib stehen!“ Scorpius war genervt. Solch eine Art von Szene war etwas, was dem Malfoy gar nicht gefiel. Bevor er sie aber hindern konnte, war die Weasley auch schon davon gestürmt und nun musste er versuchen sie wieder einzufangen. Eine wirklich alberne Reaktion der Gryffindor. Wo wollte sie denn vor ihm hin flüchten?
„Verdammt, warte!“ Das ganze zerrte doch etwas an seinen Nerven und als sie schon wieder um eine Ecke bog, setzte er noch etwas an Geschwindigkeit zu. Die Schüler auf seinem Weg stieß er ohne Rücksicht zur Seite, wenn sie ihm keinen Platz machten. Seine Augen waren auf das, hinter der Mauer verschwindende, braune Haar gerichtet.
„Rose!“ Scorpius setzte grade um die Ecke, da sah er, dass das Mädchen stehen geblieben war und wollte schon aufatmen, da machte sie einen Satz zurück und streckte ihm ihren Zauberstab entgegen.
„Sectumsempra!“
Bei dem Malfoy setzte einen Augenblick das Herz aus, als er neben sich den Stein zerspringen hörte und sich ein stechender Schmerz durch seinen Arm zog.
Nicht getroffen. Nur knapp verfehlt.
Seine sonst so ruhige Miene war durchzogen von Entsetzen und die grauen Augen auf das Mädchen gerichtet, das ihm nun zugewandt war. Ihr Blick war fest auf ihn gerichtet und der Zauberstab immer noch erhoben. „Sprich mich nie wieder bei meinem Vornamen an, Malfoy!“ Ihre braunen, sonst so warmen Augen, glühten vor kaltem Zorn. Vor Hass.
Das war der Moment. Er hatte sie doch jetzt. Sie stand vor ihm, sah ihn an, aber kein Wort ging über seine Lippen und sie machte sich wieder auf den Weg weiter zu kommen.
Chance vertan?
Die letzte Schulstunde des Tages war vorbei und die Schüler konnten gar nicht schnell genug ihre Sachen zusammenpacken, um ins lang ersehnte Wochenende zu starten. Verständlich, da es wirklich eine harte Woche mit viel Lernstoff und Hausaufgaben gewesen war. Zudem war wieder ein Hogsmeade-Wochenende, was die freien Tage noch einmal versüßte. Wohl ausnahmslos jeder Schüler freute sich auf den Besuch in dem kleinen Zaubererdorf.
„Rose kommst du?“
Das angesprochene Mädchen schaute von ihrer Tasche auf, die sie gerade packte, zu ihrer Freundin Leanne. Diese stand zwischen den Tischreihen und wartete ungeduldig auf die Weasley, während alle anderen sich an ihr vorbeischoben.
„Ich komme ja schon“, beschwichtigte Rose ihre Freundin halbherzig, was aber Leanne nicht beruhigte. Trotz der mahnenden Blicke von der Gryffindor ließ Rose sich nicht aus der Ruhe bringen und packte ihre Tasche sorgsam weiter und schulterte diese, als sie fertig war.
Gemeinsam mit Leanne, die trotz ihrer Ungeduld auf ihre Kameradin gewartet hatte, verließen sie das Klassenzimmer. Ziel eines jeden Schülers zu dieser Zeit war die große Halle, in der es nun Essen gab und auch die beiden Gryffindormädchen waren gerade auf den Weg dorthin, denn ihre Mägen machten sich schon deutlich bemerkbar.
„Man bin ich froh, dass jetzt endlich Wochenende ist. Mein Kopf ist kurz vorm Platzen. Hab am Ende kaum noch verstanden, worum’s grade ging. Kannst du mir bei Gelegenheit auf die Sprünge helfen, Rose?“, erkundigte sich Leanne und strich sich mit der Hand durch ihr kurzes blondes Haar.
„Ja, klar. Kein Problem“, versicherte die Weasley und lächelte noch zur Beruhigung. Arithmantik war kein leichtes Fach und ihre Lehrerin Professor Seymour machte es einem nicht leicht, aber die Gryffindor mochte es sehr und konnte sich zudem glücklich schätzen, wirklich gut darin zu sein. Ihren Freundinnen half sie daher gerne einmal, wenn diese Probleme mit dem Stoff hatten.
Rose nahm gerade die letzten beiden Stufen der Treppe auf einmal, als aus einer anderen Richtung jemand mit einer glockenhellen Stimme nach ihnen rief. Fragend sahen die beiden Mädchen sich um. Eine Freundin aus Ravenclaw schlängelte sich geschmeidig zu ihnen durch und lächelte. „Hallo, ihr beiden. Kann ich mich euch anschließen?“, fragte sie höflich und strich sich ihr langes schwarzes Haar über die Schulter.
„Klar. Das brauchst du doch nicht Fragen, Fiona“, entgegnete Leanne mit einem Kopfschütteln und setzte ihren Weg fort nun noch in Begleitung der Ravenclaw. Je näher sie der Tür zur großen Halle kamen, desto enger drängten sich die Schüler. Der Fluss geriet ins Stocken und so standen die drei Mädchen einen Moment in der Eingangshalle.
„Und? Wie war Arithmantik?“, erkundigte sich Fiona, die reges Interesse an diesem Fach besaß, es jedoch nicht belegt hatte.
Rose hielt sich mit der Antwort zurück und sah Leanne mit einem versteckten Schmunzeln an. Diese erwiderte den Blick knapp und schnaubte frustriert auf. „Frag nicht weiter“, brummte sie und war nicht bereit für nähere Erläuterungen.
Endlich in der Halle setzten sie sich die Drei gemeinsam an den Tisch von Gryffindor und taten sich Essen auf die bereitstehenden Teller. Fiona aß zu fast jeder Mahlzeit mit bei den beiden Gryffindormädchen, sodass es nicht mehr sonderlich ungewöhnlich für andere war.
Nach dem langen Tag in den Klassenzimmern war die ausgelassene Stimmung der Schüler in der Halle eine angenehme Abwechslung für die Mädchen und so entspannten sie sich langsam bei einer fröhlichen Unterhaltung. Bald war Wochenende.
„Gehen wir morgen zusammen nach Hogsmeade?“, erkundigte sich Fiona bei ihren Freundinnen und schob sich genüsslich einen Löffel mit Buttermais in den Mund.
„Klar, warum nicht“, bestätigte Leanne und erhielt von Rose ein zustimmendes Nicken.
Es war fast schon Sitte, dass die Mädchen gemeinsam nach Hogsmeade gingen. Auch wenn Leanne nicht so viel vom Shoppen hielt und Rose alle unnötig lang im Buchladen aufhielt, erledigten sie ihre Besorgungen zusammen und tranken zum Abschluss ein Butterbier in den Drei Besen. Zusammen machte es eben mehr Spaß.
Zufrieden nickte Fiona und begann sich Gedanken über die Planung zu machen. „Sollen wir heute noch was zusammen machen?“, erkundigte sich die Ravenclaw und Leanne wollte auch schon zustimmen, aber Rose kam ihr zuvor.
„Ich muss zum Quidditch“, erinnerte Rose ihre beiden Freundinnen an ihr Hobby und erntete traurige Blicke. Um dieser Geste zu entgehen, blickte die Weasley auf ihre Uhr und war doch überrascht, wie spät es schon war.
Durch ihre zufriedene Gemütlichkeit beim Essen hatte die Weasley wertvolle Zeit vertrödelt, von der sie eigentlich nicht sonderlich viel hatte. In einer halben Stunde sollte sie spätestens draußen auf dem Feld sein und so aß Rose schnell ihren Teller leer.
„Besprecht ihr alles für morgen. Leanne, du erzählst es mir dann heute Abend. Wir sehen uns im Gryffindor-Turm.“ Damit verabschiedete sie sich auch schon von ihren Freundinnen, schulterte ihre Schulsachen und beeilte sich aus dem Schloss zum Quidditch-Feld. Für den Rest des Tages hatte die Gryffindor genug vor, um beschäftigt zu sein.
Sobald Rose im schnellen Gang durch das Schlossportal raus auf das Schulgelände war, begann sie zu rennen. Ihre Tasche flog unkontrolliert um ihre Hüfte und stellte der Gryffindor fast ein Bein. Rechtzeitig erreichte sie das Quidditchfeld.
In der Umkleide wurde sie von Jared und Lily begrüßt. Außer ihnen war nur noch Nathan da, der Rest fehlte. Das Wichtigste aber war, dass ihr Kapitän, Lucas, noch fehlte, denn jeder, der nach ihm eintraf, bekam einen Einlauf verpasst, selbst wenn er nach der Uhr pünktlich war.
Ihre Tasche verstaute die Weasley unter der Bank und setzte sich erst einmal, um durchzuatmen. Ihre Ausdauer war gut, dank des Sports, aber einen plötzlichen Sprint nach dem Essen schaffte sie doch.
Mit einem Haargummi bändigte Rose ihre wirren Haare und tauschte den Rock ihrer Uniform mit einer warmen Hose. Ihre Krawatte und die Bluse folgten dem Rock, und nachdem sie fertig war, setzte sie sich zu ihrer Cousine Lily.
Anschließend kam der Rest der Mannschaft und schließlich auch der Kapitän. Fertig umgezogen liefen sie alle mit ihren Besen bewaffnet aufs Feld und warteten gespannt auf die Worte von Lucas.
„Okay, Leute“, begann dieser und Schritt vor seinen Spielern über das Feld auf und ab, „In zwei Wochen ist unser Spiel gegen Ravenclaw. Deshalb erwarte ich, dass ihr jetzt noch einmal alles beim Training gebt. Wir haben alles genau besprochen, also gebt einfach hundertzwanzig Prozent! Ich denke nicht, dass irgendwer von euch Lust hat, sich von James Potter in den Arsch treten zu lassen und anhören zu müssen, wir könnten es ohne ihn nicht. Denn wir können es, verdammt!“
Es wurden entschlossene Blicke ausgetauscht und ein zustimmendes Nicken folgte. Zufrieden betrachtete Lucas seine Mannschaft und ein gewisser Stolz stand ihm ins Gesicht geschrieben. Die Spieler setzten sich auf ihre Besen und auf Kommando stießen sich alle ab in die Luft.
Rose spürte den eiskalten Wind um ihre Ohren sausen und in ihr keimte ein flatterhaftes Gefühl von Freiheit auf. Freudestrahlend sah sie über das Spielfeld bis zum verbotenen Wald dem Horizont entgegen. Die Sonne berührte schon die Spitzen der Baumkronen und würde nicht mehr lange genug Licht für ein ordentliches Training spenden. Der sich langsam rot färbende Himmel hinterließ ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen der Weasley. Eben solche Momente waren es, weswegen Rose das Fliegen auf dem Besen so liebte.
„Rose, zu den Torringen!“, drang die helle Stimme von Lily an ihr Ohr. Als sie sich nach der kleinen Potter umdrehte, sah die Brünette grade noch, wie sie an ihr vorbei immer höher sauste und glockenhell lachte. Einen Augenblick sah Rose ihrer kleinen Cousine zu, wie sie große Kreise am Himmel zog und ihr war klar, dass es Lily dieses atemberaubende Gefühl mit ihr teilte.
Die kräftige Stimme von Lucas schallte über den Platz und Rose flog, wie Lily ihr es gesagt hatte, zu den Torringen. Konzentriert beobachtete sie das Zusammenspiel der Jäger und wartete mit angespannter Haltung auf den Quaffel.
Das Training überzog die angedachte Stunde. Trotz das der eine oder andere Gedanke zum ersehnten Wochenende abschweifte, waren allesamt intensiv beim Training dabei und gaben sich besonders Mühe. Es galt eine Siegessträhne fortzuführen, sonst würden Köpfe rollen.
Am Ende standen sechs Gryffindors erschöpft aber stramm vor ihrem Kapitän, der mit der herausragenden Trainingsleistung mehr als zufrieden war. „Super!“, lobte Lucas seine Mannschaft, als er seinen Besen schulterte und recht stolz das Kinn reckte. „Ich würde sagen, das Spiel in zwei Wochen haben wir so gut wie in der Tasche.“
„Ravenclaw wird so was von Baden gehen!“, warf Jared hoch motiviert ein und bekam zustimmendes Jubeln der Übrigen.
Endlich wurden sie in die Umkleide entlassen und Rose schloss sich in Begleitung von Lily den Anderen an. Verwundert stellte die Weasley fest, dass auf den Lippen ihrer Cousine ein spitzbübisches Grinsen lag und bekam noch bevor sie fragte Auskunft über den Grund.
„Ich hab mit Louis um den Sieg beim nächsten Spiel gewettet“, informierte Lily die Ältere und ließ sich auf die Bank in der Umkleide fallen.
Rose tat es ihr gleich und schlüpfte aus ihrer Sporthose, um wieder den luftigen Rock anzuziehen zu können. „Was habt ihr gewettet?“, erkundigte sie sich eher beiläufig. Normal hielt die Weasley nicht viel von Glückspiel, wusste aber, dass es unter den Familienmitgliedern, die für die verschiedenen Hausmannschaften von Hogwarts spielten üblich war. James hatte sich daran auch stets mit reger Begeisterung beteiligt und Lily schien dies traditionell fortführen zu wollen.
„Drei Galleonen. Sollen wir noch etwas zusammen machen? Was machst du morgen, Rose?“ Die Augen der kleinen Potter leuchteten vor Tatendrang und Rose fragte sich unweigerlich, woher sie die Energie nahm. Bis eben war die Jüngere in einem ungeheuren Tempo über das Quidditchfeld dem Schnatz hinterher gejagt und müsste ebenso wie die anderen Spieler erschöpft von Training sein. Davon war aber keine Spur zu sehen.
Schwach lächelte die Brünette ihre Cousine an und löste den Knoten in ihrem Haar, dass sie Locken ihr ins Gesicht fielen. „Tut mir leid. Ich hab leider keine Zeit, Lily“, entschuldigte sich die Ältere, „wegen morgen spreche ich heute Abend noch mit Leanne.“ Kurz plagte die Weasley ein schlechtes Gewissen, doch das lockere Abwinken der Potter vertrieb dieses gleich wieder.
„Okay. Ich mach mit“, lud sich Lily selber ein und warf ihren Besen in den Schrank. Rose hatte damit kein Problem. Leanne und Fiona würden nichts dagegen haben, wenn die Jüngere die Drei am folgenden Tag begleiten würde, war es schon öfter vorgekommen. Lily verstand sich gut mit Leanne und passte gut in das Gespann. Zufrieden nickte sie und freute sich schon auf den folgenden Tag.
„Alles klar. Ich muss jetzt aber los“, informierte Rose ihre Cousine, stand auf und stellte ihren Besen, zu dem ihrer Cousine in den Schrank bevor sie ihre Tasche unter der Bank hervor zog und schulterte.
„Wohin gehst du?“, erkundigte sich die Potter neugierig.
Die Antwort war schlicht. „Hausaufgaben machen.“
Lily rollte augenblicklich mit den Augen und ließ ein schnauben hören, welches Rose gekonnt ignorierte und einfach ging. „Langweilig“, kommentierte sie noch, bevor die Weasley aus der Umkleide verschwunden war.
Rose hatte von ihrer kleinen Cousine nichts anderes erwartet und schüttelte leicht den Kopf. Alleine lief sie über die Ländereien, winkte Hagrid zu und kehrte zurück ins Innere des Schlosses. Die Flure waren lebhaft gefüllt von lachenden Schülern. So verlangsamte sie ihren Gang etwas, um die ausgelassene Stimmung der Schüler etwas zu genießen.
Insgesamt war Rose vom Training geschlaucht. Lucas hatte viel von ihnen verlangt, und auch wenn sie als Hüter nicht viel übers Feld jagen musste, hatte sie viel mit der Abwehr des Quaffels zu tun gehabt. Auch einmal war der Klatscher ihr auf den Fersen gewesen, was ihre Aufgabe erschwerte und zeigte, dass die Weasley über die Ferien etwas aus der Form geraten war. Damit musste sie umgehen können für die Spiele gegen die anderen Hausmannschaften.
Ihr Weg führte die Gryffindor an der Bibliothek vorbei, in die sie einen kurzen Blick warf, um den Bibliothekar Mr. Blotts zu grüßen. Für ihre Hausaufgaben hatte sie allerdings schon alle Bücher zusammen und lernen wollte sie wo anders, weshalb sie ihren Weg fortsetzte.
Rose bog um die Ecke, vorbei an einer Statur, die einen irischen Phönix darstellte und stoppte vor einer großen Eichentür. Kurz betrachtete sie die das eingeschnitzte Wappen, bevor sie ihre Hand auf den glänzenden Knauf legte und murmelte: „Babbity Rabbity.“
Der Knauf begann sich leicht zu drehen, bis ein Klicken zu hören war und die Tür sich einen winzigen Spalt öffnete. Die Weasley drückte sich gegen die schwere Türe und trat in den dahinter liegende Zimmer. Von magischer Hand begannen sich Lichter selbst zu entzünden und erhellten den Raum, in dem der Schülerrat tagte.
Rose trat um den großen Tisch, der die Mitte bildete, an einen Platz am Fenster und ließ sich in einen der knautschigen Sessel fallen, der in Gryffindorrot gehalten war. Für alle Vertrauensschüler gab es Sessel in passender Farbe zu ihrem Haus.
Ein tiefes Seufzen entwich der Weasley. Sie empfand diesen Raum als gemütlich, aber hatte keine Zeit sich nun zu entspannen, sondern musste die Schularbeiten für die nächste Woche erledigen. „Okay.“ Sie kämmte sich eine störrische Haarsträhne hinter ihr Ohr und zog ihre Bücher, Feder und Papier aus ihrer Schultasche hervor, die sie auf den hölzernen Tisch abgelegt hatte. Wenn sie alles an diesem Abend schaffte, würde sie das Wochenende den Kopf von allen Verpflichtungen frei haben.
Nervös kratzte die Feder über die Rolle Pergament, die sie auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Drum herum stapelten sich die Bücher, in denen verschiedene Stellen durch Zettel vermerkt waren. Von der dunklen Holzfläche war um die Weasley herum nicht mehr viel zu sehen und glich einer Mauer. So arbeitete Rose immer.
An einem Freitagabend konnte sich die Gryffindor sicher sein, niemanden in den Räumlichkeiten der Vertrauensschüler anzutreffen und in Ruhe ihre Aufgaben erledigen. Natürlich büßte sie, wie es wohl einige sagen würden, ihre wertvolle Freizeit dafür ein, aber für Rose gab es keinen Unterschied zwischen einem Mittwochabend und einem Freitagabend. Es war dieselbe Zeit, die sie mit den Schulaufgaben verbrauchte. Für sie war die Hauptsache es war alles vor dem Wochenende erledigt.
Die Tür öffnete sich ein weiteres Mal, aber Rose hob den Kopf erst, als sie ihren Satz auf dem Pergament beendet hatte. Trotz, dass sie für gewöhnlich alleine lernte, war sie nicht überrascht, doch noch Gesellschaft zu bekommen. Scorpius Malfoy war schon einige Male - nicht regelmäßig und auch nicht häufig - hergekommen, wenn sie gerade lernte oder Hausaufgaben machte, mit eigenen Unterlagen und stets einen frisch aufgebrühten Tee.
„Guten Abend, Weasley“, grüßte er sie wie immer recht förmlich, nahm gegenüber von ihr am Tisch Platz (natürlich in einem grünen Sessel) und legte sich seine Unterlagen zurecht, um zu arbeiten.
„‘n Abend“, erwiderte Rose sehr knapp. Eigentlich war sie alles andere als wortkarg, viel eher wortgewandt, aber seit einiger Zeit wollten die rechten Worte gegenüber dem Slytherin nicht über ihre Lippen kommen. Seine bloße Anwesenheit störte ihre Konzentration erheblich. Hinzu kam eine Irritation über diese Wirkung, die er auf sie hatte. Mit einem kurzen Kopfschütteln versuchte sie sich wieder zu fangen und auf ihre Aufgaben zu konzentrieren.
„Tee?“ Die Stimme des Malfoys klang ruhig, und als Rose aufschaute, schwebte die Kanne schon über den Tisch zu ihr hin und eine Tasse gleich hinterher.
Als hätte sie noch nie einen Schwebezauber gesehen sah die Weasley der Tasse zu, wie sie sich langsam von selbst füllte. „Danke sehr.“ Sie nippte vom Tee und konnte es nicht vermeiden zu lächeln.
Es hatte fast etwas von Gewohnheit, dass er ihr Tee anbot, wenn zum Lernen zusammensaßen, trotzdem erschien es der Gryffindor immer wieder wie ein kleines Weltwunder. Scorpius und sie waren sich bis zur fünften Klasse, so gut es ging aus dem Weg gegangen. Die beste Lösung, um ihr angespanntes Verhältnis nicht zu überstrapazieren.
Der Malfoy hatte zu kaum einem Weasley ein sonderlich gutes Verhältnis. Es gab vereinzelte Ausnahmen, mit denen er sich verstand, aber Rose gehörte definitiv nicht dazu. Gerade ihr Verhältnis zueinander war von besonderer Durchschlagskraft.
Rose wusste noch genau, wie es in der ersten Klasse mit einem Streich seitens des Slytherins begonnen hatte. Inzwischen tat sie es als albernen Kleinjungenstreich ab, doch damals hatte sie es dem Blonden sehr übel genommen. Es folgten wilde Beschimpfungen beiderseits, die eine solche Kreativität bewiesen, dass viele blass wurden. Im zweiten Schuljahr stiegen sie auf Flüche um und Albus, der stets mitgezählt hatte, versprach, dass sie sich beige gegenseitig gleich oft in den Krankenflügel gejagt oder zum Nachsitzen verholfen hatten.
Damals hatte Albus es auch aufgegeben, aus Scorpius und Rose so etwas wie Freunde machen zu wollen. Im dritten Jahr versuchten die Weasley und der Malfoy sich aus dem Weg zu gehen und sich zu ignorieren, um so etwas wie Frieden herrschen zu lassen. Für Albus, damit er nicht mehr zwischen die Fronten geriet. Dies lief ganz gut. Die Auseinandersetzungen auf den Fluren von Hogwarts waren weniger geworden und äußerten sich nur noch in schnellen Wortgefechten.
In der Vierten fuhren sie wie gehabt fort. Hinzukam, dass sich Scorpius eher für eine andere Art Mädchen zu interessieren begann, was der Gryffindor nur recht war. Ohne weiteres Zutun, hatte er sich das Leben mit viel Drama zur Hölle gemacht, was sie ihm gegönnt hatte.
Im letzten Jahr war jedoch etwas passiert, von dem Rose nicht erwartet hatte, dass so etwas jemand passieren könnte. Ihre Meinung über den Malfoyspross wurde in seinen Grundfestungen erschüttert. Sie musste sich ein völlig neues Urteil bilden und sich eingestehen, dass Albus mit seiner Aussage, dass Scorpius gar nicht so ein Kotzbrocken sei und er sehr umgänglich sein konnte, recht geben.
Es hatte so harmlos begonnen, wie in diesem Moment, indem sie zusammensaßen. Rose hatte gelernt. Nervlich war sie ein Wrack gewesen, wegen der ZAG und ihren Pflichten als Vertrauensschülerin. Die Weasley hatte bitterlich zugeben müssen, dass sie die Belastung unterschätzt hatte. Oft war es dazu gekommen, dass sie wegen Schlafmangel gereizt und unkonzentriert war. Ihr passierten Fehler, die untypisch für sie waren, was noch mehr Frust verursachte.
An einem Montagnachmittag hatte sie sich gleich nach dem Unterricht in die Räumlichkeiten, in denen der Schülerrat tagte, zurück gezogen und versucht sich Rezepte für Zaubertränke einzuschärfen. In ihrer damaligen Verfassung hatte sie drei Mal länger gebraucht als gewöhnlich.
Das Konzentrieren fiel ihr schwer, weshalb sie schon das kleine Geräusch aus dem Konzept brachte. Das Klicken des Türschlosses hatte sie damals sofort aufschauen lassen – weg waren die eben erst gemerkten Zutaten – und der Anblick des Malfoys hatte ihrer Stimmung einen zusätzlichen Dämpfer verpasst.
Scorpius hatte von der Weasley nicht viel Notiz genommen und sich einfach an seinen Platz, an dem er auch zum Schülerrat immer saß, begeben und es ihr gleich getan. Der Raum war groß genug, um ohne Reibereien nebeneinander zu arbeiten.
So hielten sie es ohne Probleme eine Weile schweigend aus, worüber Rose sehr dankbar gewesen war, bis der Malfoy das Wort ergriff und die Stille durchbrach. „Trink einen Tee“, waren seine simplen Worte gewesen, die sie irritiert aufblicken ließen.
„Was?“ Ihre geradezu dümmliche Reaktion hatte den Slytherin verschmitzt grinsen lassen.
Rose wollte schon eine Empörung verlauten lassen, als Scorpius von seinen Unterlangen aufgeschaut hatte und vollkommen gelassen zu ihr rüber sah. „Du sollst einen Tee trinken. Der wirkt meist beruhigend. Auch bei Prüflingen.“
Immer noch von der Situation überfordert gewesen, hatte Rose den Inhalt seiner Aussage missinterpretiert. „Ich bin ruhig.“
„Ruhig im Sinne von still, ja.“ Jede weitere Erklärung hatte er ausgelassen und ihr, ohne eine Antwort zu erwarten, einen Tee gereicht. Earl Grey, wie er ihn immer trank, wie Rose bald darauf feststellte.
Dieser stille und friedliche Abend, an dem sie sogar über ein oder zwei Dinge Konversation betrieben hatten, war Rose stark in Erinnerung geblieben und seit dem trafen sie sich öfter per Zufall im SV-Raum und lernten. Irgendwann auch zusammen. Kein Dritter bekam je davon etwas mit und die Weasley erzählte es auch niemanden. Sie hätte sich selbst nicht geglaubt.
Das war der Auslöser gewesen, dass Rose sich von dem Slytherin ein etwas genaueres Bild machen wollte, als das, welches sie bisher von ihm hatte und zu ihrer Überraschung fielen ihr, neben all den Eigenschaften, die sie bisher an ihm aufgeregt hatten, einige auf, die sie mehr als sympathisch fand.
Er war intelligent, das wusste sie schon immer, aber verleugnete es gerne. Dazu war er sehr zuverlässig. Man konnte sich auf sein Wort verlassen und er übernahm auch unangenehme Pflichten, wenn sie anfielen. Wenn andere ihn, vermutlich aus Neid, versuchten zu provozieren, ließ er sich nicht drauf ein und missbrauchte nie seine Position als Vertrauensschüler. Er blieb gerecht gegenüber allen Häusern.
Bei einem Kontrollgang hatten sie sich, nach anfänglichen Startproblemen, auch recht entspannt über Quidditch unterhalten können. Ihre liebsten Mannschaften, welches Spiel sie verfolgt hatten und sogar Techniken von Spielern analysiert. Rose hatte einmal geglaubt, sie wäre die Einzige, die etwas Derartiges machte.
Und je mehr sie ihn beobachtete, desto weiter kippte ihr altes Bild von diesem Jungen. Aus einer unbegründeten Abneigung heraus entwickelte sich eine ungesunde Neigung. Mit einem Mal war der Weasley klar geworden, dass sie sich in den Malfoy verguckt hatte.
Diese Erkenntnis hatte Rose schlimmer getroffen als der Körperklammerfluch und ebenso stark gelähmt. Seit dem hatte sie begonnen, auffallend nervös in seiner Gegenwart zu werden. Viel zu verräterisch.
Krampfhaft versuchte sich das Weasleymädchen weiter auf ihre Aufgaben zu konzentrieren, wurde aber zunehmend nachlässiger. Frustriert seufzte sie über den halb fertigen Aufsatz für Zauberkunst. Den hatte sie nach Zeitplan eigentlich schon vor einer Dreiviertelstunde fertig haben wollen. Sie musste doch noch Runen übersetzen.
In der Hoffnung, dass eine kleine Pause ihre Konzentration zurückbrachte, nahm sie die Tasse Tee zur Hand und lehnte sich in den Sessel zurück. Der Tee war nicht mehr ganz warm, aber das war nicht so schlimm. Um Rose etwas zu beruhigen, reichte es.
Ihr Blick wanderte immer wieder zwanghaft zu dem Malfoy. Dieser schien keinerlei Probleme beim Lernen zu haben und bemerkte nicht einmal, dass sie ihn immer wieder ansah. Wenn Rose darüber nachdachte, bemerkte Scorpius sie eigentlich nie so richtig.
Innerlich seufzte das Mädchen und blickte trübselig in die Tasse. Hätte sie Wahrsagen gewählt, könnte sie vielleicht im Tee eine Antwort darauf finden, was der Junge ihr gegenüber wohl von ihr hielt. Vermutlich war es aber nicht viel. Es brachte nichts, Traumschlösser zu bauen.
Das Knarren eines Sessels holte Rose aus ihren Gedanken zurück und sie sah auf. Scorpius war dabei, seine Sachen wieder zusammenzupacken. Wie schnell war er?
„Fertig?“ Rose konnte ihre Verblüffung nicht unterdrücken, doch der Malfoy störte sich nicht dran und schulterte seine Tasche. „Ja, ich hatte gestern schon einiges gemacht. Bis dann, Weasley.“
„Bis dann.“ Rose sah ihm nach, bis er den Raum verlassen hatte und die Tür wieder ins Schloss fiel. Ein Seufzer entwich ihr und sie stütze den Kopf in die Handfläche. Die Situation war nicht zufriedenstellend, aber eine Lösung viel dem sonst so schlauen Mädchen auch nicht ein. Erst mal würde sie aber ihre Hausaufgaben zu Ende bringen, um ebenfalls entspannt ins Wochenende starten zu können.
Inzwischen ziemlich gelangweilt lag die kleine Potter im Bett ihrer älteren Cousine und starrte auf das Zifferblatt des Weckers, der auf dem Nachttisch stand. „Leanne, gib mir doch mal einen Schokofrosch rüber“, forderte Lily und hielt die Hand, zum Fang bereit, empor.
Die Ältere der Beiden fischte aus einem kleinen Haufen Süßigkeiten der auf ihrem Bett lag eine bläuliche Schachtel hervor, betrachtete sie einen Moment und zielte zu der Vierzehnjährigen. „Fang.“
Die kleine Schachtel flog durch den Schlafsaal rüber zum Bett von Rose und direkt in die Hände von Lily, die sich kurzerhand auf den Rücken rollte und den Kopf über die Bettkante baumeln ließ, dass ihre langen roten Haare über den Boden fielen.
„Lass ihn nicht entwischen. Der Letzte ist hier noch eine ganze Woche rumgesprungen.“
„Nein, nein. Keine Sorge.“ Lily hielt die verrückte Süßigkeit in ihrer Hand, begutachtete den Frosch aus Schokolade einen Augenblick und gab ihm einen kleinen Kuss, bevor sie ihm den Kopf abbiss. Der Rest folgte sogleich.
Mit einem leisen Knarren öffnete sich die Tür zum Schlafsaal der Sechstklässlerinnen und die beiden Mädchen schauten auf, wer da zu ihrer vertrauten Runde hinzukam. Wie erhofft war es die Weasley, die in ihrer gemütlichen Runde bisher fehlte.
„Da bist du ja endlich“, bemerkte die Blonde und setzte sich auf in den Schneidersitz.
Die Angesprochene lächelte, legte ihre Sachen ab und scheuchte Lily etwas zur Seite, um selbst noch Platz auf ihrem Bett zu haben. „‘Tschuldigung. Hab ziemlich lange für Alte Runen und Zauberkunst gebraucht“, seufzte die Weasley und ließ sich in die Kissen fallen. Rose hatte noch lange an dem Aufsatz und der Übersetzung der Runen gesessen, aber insgesamt war es nicht das, was sie so geschafft hatte.
Der Blick der Weasley war abwesend auf das Dach ihres Himmelbettes gerichtet und so bekam sie nicht wirklich mit, wie die beiden anderen Mädchen über den folgenden Tag zu sprechen begannen. „Also Fiona und ich haben ausgemacht, dass wir uns um drei in der Eingangshalle treffen. Um die Zeit ist meist die Schlange vorm Portal schon weg und wir können, ohne lange zu warten, direkt los.“
„Klingt gut. Dann können wir auch ausschlafen! Und wo geht‘s hin?“, erkundigte sich Lily begeistert, während sie sich einen Kaugummi von Druhbels-Bestem-Blaskaugummi nahm.
„Zum ‚Honigtopf‘ würd ich sagen und ‚Weasleys Zauberhafte Scherzartikel‘. Rose, willst du wieder zu ‚Schreiberlings Federladen‘?“
„Hm?“ Die Angesprochene schaute etwas verwirrt, bevor sie sich erschrocken aufrichtete. Unwirsch ging sie sich durch ihr braunes Haar und versuchte sich angestrengt an die Frage zu erinnern.
Als Leanne merkte, dass ihre Freundin nicht zu gehört hatte, sah sie empört zu der Weasley, während Lily skeptisch die Augenbraue hob.
Ertappt spürte Rose, wie ihre Wangen heiß wurden. „‘Tschuldige, war mit den Gedanken woanders“, murmelte sie verlegen.
„Wo denn bitte?“, hakte Leanne nach und musterte ihre Freundin, die konzentriert auf ihre Decke starrte.
Trotz ihres schlechten Gewissens schwieg Rose lieber. Die Antwort war ihr peinlich und lügen war keine Option. Allerdings brauchte sie auch nichts zu sagen, denn ihre kleine Cousine schaffte es, ihr die Gedanken an der Nasenspitze abzulesen. „Bei einem Kerl“, beantwortete die kleine Potter die Frage trocken.
Wenn man einmal die Geheimnisse der Weasley erkannt hatte, war diese wirklich schlecht darin sie noch weiter zu verbergen. Fieberhaft suchte sie nach passenden Empörungen über diese absurde, aber leider traurig wahre, Bemerkung von Lily, fand jedoch keine.
„Welcher Kerl?“, horchte Leanne sofort nach und kam von ihrem Bett rüber zu dem von Rose. Das Interesse ihrer Freundin am anderen Geschlecht war bisher kaum vorhanden gewesen, weshalb umso interessanter war, welcher Junge es nun schaffte, ihr Interesse zu gewinnen.
„Kein Kerl“, versuchte diese es abzustreiten, doch zwecklos.
Lily schüttelte den Kopf mit altkluger Miene, bevor sie ihre Cousine ansah und ihr typisches schelmisches Grinsen aufsetzte. „Vergiss es, Rosie. Deine Ohren sind schon ganz rot.“
Die Weasley erinnerte sich wieder, wieso sie gerade in Lilys Anwesenheit den Malfoy stets gemieden hatte. Ihr Sinn für Dinge, die sie und niemand anders etwas angingen, war erschreckend treffsicher.
„Also wer?“, hakte die blonde Gryffindor noch einmal nach und durchbohrte ihre Freundin mit ihrem Blick.
Rose war sich sicher, dass keiner der beiden Ruhe geben würde, bevor sie es ihnen nicht gesagt hatte. Trotzdem zögerte sie aus Angst vor den Reaktionen der beiden Mädchen. Aber vielleicht war es auch an der Zeit und würde ganz gut tun. Das hoffte Rose zumindest.
Für einen Moment schloss sie ihre Augen und ihre gesamte Haltung versteifte sich, als müsste sie in ein Becken voll eiskaltem Wasser springen. „Scorpius Malfoy“, presste sie schließlich zwischen den Lippen hervor und war sich sicher ihr Kopf würde gleich Feuer fangen, so sehr begannen ihre Wangen, zu glühen.
Einen Augenblick sagte niemand etwas. Rose‘ Blick war stur auf ihre Knie gerichtet, sodass sie nicht mitbekam, wie Lily und Leanne einen kurzen Blick austauschten, bevor die Ältere der Beiden wieder zu sprechen begann. „Seit wann?“, fragte sie ungläubig.
Zu Recht, schließlich war die Meinung der Weasley lange sehr schlecht über den blonden Slytherin gewesen. Die komplette Geschichte zu erzählen, war der Weasley aber zu peinlich und so wiegte sie kurz den Kopf und erwiderte sehr schwammig: „Irgendwann seit letztem Schuljahr.“
Die Blicke ihrer Freundin und Cousine verrieten, dass diese Antwort nicht zufriedenstellend war. Natürlich wollten sie Details hören, und auch wenn Rose dies lieber vermieden hätte, gab sie doch nach.
Frustriert strich sie sich das braune Haar zurück und ließ sich erneut in die Kissen fallen. Während sie Löcher in die Luft starrte, erzählte die Gryffindor den beiden Mädchen schüchtern von ihren Begegnungen mit Scorpius im SV-Raum. Wie sie zusammen gelernt und auf den gemeinsamen Rundgängen geredet hatten.
„Bis zum letzten Jahr hab ich mich ja kaum mit ihm in ein und demselben Raum aufgehalten, aber jetzt sind wir beide Vertrauensschüler und keine Ahnung. Er war ganz anders.“ Rose konnte sich gerade noch verkneifen ins Detail zu gehen und ihn mit Adjektiven wie vernünftig, hilfsbereit oder gutaussehend zu bestücken.
Leanne sah man an, dass sie dem Ganzen immer noch skeptisch gegenüberstand. Ihre Haltung gegenüber Slytherin war die einer typischen Gryffindor. Sie traute keinem der Schlangen weiter, als sie ihn werfen konnte. Das galt selbst für Lilys älteren Bruder Albus.
Lily hingegen brachte für die Gefühle ihrer Cousine Verständnis auf. Von den drei Mädchen war sie diejenige, die den Malfoyspross am besten kannte, da er der beste Freund ihres Bruders war. In ihrem zweiten Jahr in Hogwarts hatte sie selbst eine innige Schwäche für den blonden Slytherin gehegt.
„Und hast du es ihm schon gesagt?“, wollte die kleine Potter ganz ungeniert wissen und begann zu grinsen. Ihr gefiel die Vorstellung von Scorpius und Rose als Pärchen. Albus würde ebenfalls glücklicher, als mit diesen Kleinkriegen.
Auf die Frage starrte Rose ihre Cousine entsetzt an. „Spinnst du? Nein!“, entgegnete sie ihr aufgebracht, sodass Lily die Augen verdrehte. „Wieso denn nicht?“
Die Weasley schüttelte, konfus von der unbekümmerten Art der kleinen Potter, den Kopf. Die Frage konnte sie nicht ernst meinen. „Er lacht mich doch aus, Lily.“ Es wäre gelogen, wenn Rose sagen würde, sie hätte sich nie ausgemalt wie es wäre dem Malfoy einzuweihen, jedoch blieb das romantische Happy-Ending in ihrer Vorstellung immer aus. Sie war sicher nicht sein Typ. Wieso sollte er sie auch mögen?
„Das kannst du doch nicht vorher wissen“, protestierte die Jüngste sogleich und sah ihre Cousine böse an.
„Da hat sie schon recht“, lenkte Leanne ein, auch wenn sie Scorpius nicht mochte. Die blonde Gryffindor fand schon lange, dass ihre Freundin sich oft selber schlecht machte, dabei war sie ein unglaublich liebenswertes Mädchen.
„Wenn du es ihm nicht sagst, kannst du dir nicht sicher sein. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, Rosie“, erklärte das rothaarige Mädchen altklug, wofür Rose nur ein mürrisches Grummeln übrig hatte. Wer nicht betroffen war, konnte leicht reden.
„Können wir jetzt erst mal wegen Morgen reden? Ich mag bald mal schlafen. Mein Kopf ist voll“, versuchte die Weasley das Thema umzulenken, worauf die andern Beiden auch freundlicherweise ansprangen.
„Also ‚Honigtopf‘, ‚Weasleys Zauberhafte Scherzartikel‘ und ‚Schreiberlings Federladen‘?“
„Und auf ein Butterbier in die ‚Drei Besen‘. Zum Aufwärmen“, fügte Lily Leannes Aufzählung bei und die Mädchen waren einer Meinung.
„Klingt gut. Dann geh ich jetzt schlafen. Gute Nacht.“ Rose scheuchte ihre Freundinnen von ihrem Bett, schmiss sich in ihren Schlafanzug und zog die roten Vorhänge zu, bevor sie sich in ihre warme Decke kuschelte.
Am nächsten Tag trafen sich die drei Gryffindormädchen mit Fiona in der Eingangshalle und traten ihren gemütlichen Einkauf an. Da jede von ihnen schon am Vortag für sich entschieden hatte, was sie brauchte, waren die Einkäufe schnell erledigt. Nur Rose hatte bei Schreiberlings Federladen länger gebraucht, da sie sich in der kleinen Bücherecke festgelesen hatte.
Zum Abschluss ihres Beutezugs gingen sie, wie geplant, ins Drei Besen, welches schon von vielen andern Schülern und auch Lehrern gut besucht war. Glücklicherweise fanden sie noch einen Tisch an den sie sich zu viert setzen konnten.
„Ich geh eben für uns ein paar Butterbier bestellen“, informierte Leanne ihre Freundinnen, bevor sie sich Richtung Theke durchkämpfte. Die andern drei Mädchen legten derweil ihre Mänteln und Schals ab. Die blonde Gryffindor war schnell zurück und stellte jedem ein Butterbier vor die Nase und setzte sich.
„Ah, schön. Genau das Richtige bei dem kalten Wetter“, summte Fiona und nahm einen kleinen Schluck. Ihr Blick ging aus dem Fenster, wie auch der ihrer Gegenüber.
„Vom Schloss aus sieht der Schnee ja eigentlich ganz nett aus, aber wenn man so durchs Dorf geht, ist er unnötig“, bemerkte Leanne und sah aus dem Fenster auf das allgemeine Treiben in Hogsmeade.
Rose und Lily stimmten dem nickend zu und nahmen ihr Butterbier zur Hand. Während sie einen Augenblick in Ruhe tranken, erfüllte das Bier seinen Zweck und wärmte die Mädchen von innen, was sie munter werden ließ.
„Rose, weißt du eigentlich, dass Hugo heute ein Date mit Wood hat?“, erkundigte sich Lily mit einem Grinsen auf den Lippen.
Erschrocken hob die Weasley den Kopf, dass ihr braunes Haar ihr um den Kopf schwang. „Bitte?“, entfuhr es ihr erstickt und sie hoffte es war nur ein Witz.
„Also das hab ja sogar ich mitbekommen“, warf Leanne ein und hob zweifelnd eine Augenbraue. „Das kann doch nicht an dir vorbei gegangen sein. Er ist dein Bruder, Rose.“
„Ja, er ist mein Bruder. Heißt nicht, dass ich ihn überwache“, grummelte die Weasley und trank einen großzügigen Schluck von ihrem Butterbier. Auch wenn sie so tat, als würde es sie nicht beschäftigen, erstaunte es Rose doch, dass sie davon nichts wusste.
Hugo hatte ihr nichts gesagt, aber vermutlich war er auch der Überzeug, es ginge seine Schwester nicht an. Oder es war im peinlich ihr gegenüber darüber zu reden, was sie noch mehr verstehen konnte. Wood war jedenfalls ein nettes Mädchen und sie würde sich einfach für ihn freuen.
„Hugo hat sich ziemlich ins Zeug gelegt, um das Date zu bekommen. Wood hat's ihm nicht einfach gemacht, richtig?“ Leanne blickte fragen zu Lily, die eine Kunstpause erzeugte, indem sie noch einen Schluck von ihrem Butterbier trank.
„Richtig. Er hat sich richtig zum Minimuff für sie gemacht. Kam sogar regelmäßig bei mir Rat einholen, wie er Wood denn überzeugen könnte“, plauderte der klein Rotschopf ganz ungeniert.
„Er geht zu dir und nicht zu seiner Schwester?“, bemerkte Fiona und schielte zu Rose, ob sie einen wunden Punkt bei ihr getroffen hatte, aber diese winkte nur ab, dass es ihr nichts ausmachte.
„Tja, Rose sollte sich lieber ein wenig was von Hugos Hartnäckigkeit abgucken und nicht den Zauberstab schon vorher ins Korn werfen.“ Der Blick von Lily war tadelnd, was gar nicht zu dem frechen Grinsen auf ihren Lippen passte.
Es war für die Weasley nicht schwer zu erraten, was diese dumme Bemerkung bedeuten sollte und so sah sie einfach nur stur weg. Fiona aber hatte eine unterschwellige Botschaft rausgehört und bekam spitze Ohren. „Hat Rose etwa Liebeskummer?“, ging die Ravenclaw nach ihrem Bauchgefühl, und bevor Rose irgendwas abstreiten konnte, hatte Leanne die Frage auch schon bestätigt.
„Rose, ist verknallt, aber gibt auf, noch bevor sie es versucht hat“, petzte Lily und schüttelte verzweifelt den Kopf, „Traurig. Hugo sollte ihr wirklich etwas von seinem Optimismus abgeben.“
„Wood ist ja wohl was anders als-“, doch der Name des verbotenen Slytherins ging Rose nicht über die Lippen. Schnell nahm sie einen Schluck von ihrem Butterbier, um den bitteren Geschmack auf ihrer Zunge wegzuspülen.
Lily bedachte ihre Cousine mit einem zweifelnden Blick. „Anders? Ja, er ist ein Kerl. Was noch? Ein Slytherin. Das ist Al auch und mit dem kannst du sogar in einem Bett schlafen.“
„Er ist mein Cousin und da waren wir noch Kinder!“, rechtfertigte sich die Weasley mit geröteten Wangen. Solche Geschichten musste die Kleinere nicht zum Besten geben.
„Aber trotzdem ein Slytherin“, warf die kleine Potter zurück, worauf Rose keine passende Erwiderung drauf wusste.
„Es geht also um einen Slytherin? Wen denn?“ Das Interesse von Fiona war geweckt. Anscheinend war sie die Einzige in der Gruppe, die nicht wusste, um wen es ging. Die Betroffene wollte es auch lieber dabei belassen. Über dieses Thema wollte sie nicht sprechen. „Ist egal, Fiona.“
Lily sah das allerdings anders. Wie meist. „Nein, nicht egal! Er ist nämlich nicht nur ein Slytherin, er ist auch echt toll.“
„Toll?? Oh bitte, Lils“, spottete die blonde Gryffindor, die sich bis jetzt rausgehalten hatte.
„Leanne, mal ernsthaft. Wer von euch kennt ihn denn schon? Du verurteilst eh jeden Slytherin und Rose war zu nachtragend wegen eines Streiches, um zu merken, dass er ein klasse Typ ist. Ich aber kenne ihn auch von einer andern Seite. Er war oft genug bei uns zu Besuch.“ Lily reckte das Kinn, eindeutig stolz darüber, den anderen den Wind aus den Segeln genommen zu haben.
„Malfoy?“, hakte Fiona zur Sicherheit nach und blickte die Gryffindormädchen nacheinander an. „Der sieht süß aus“, gestand die Ravenclaw mit einem Kichern, was Rose mit einem Grummeln quittierte.
„Schnapp ihn dir. Vielleicht beißt sich Rose dann in den Hintern.“
„Lily!“ Die Weasley schlug aufgebracht mit der Hand auf den Tisch, aber die Angesprochene blieb davon völlig unberührt. Sie hatte, was sie wollte. Ihre Cousine hatte angebissen.
„Was denn? Ist doch so. Irgendwann wird ein Mädchen kommen und ihn sich krallen und dann wirst du dir in den Hintern beißen!“ Die braunen Augen der Potter trafen auf die braunen ihrer Cousine und man hätte meinen können es flogen Funken. Doch die Weasley gab nach.
„Wieso sollte ich?“, grummelte Rose und versuchte ruhig zu wirken, doch keine Chance bei Lilys unbestechlicher Intuition. „Weil du dieses Mädchen sein könntest, jawohl! Aber vielleicht ist es auch schon zu spät und er hat jetzt gerade ein Date.“
„Ach, Lily, halt einfach die Klappe!“, entfuhr es Rose schließlich ungehalten und ihr Blick zeigte eindeutig, dass sie kein weiteres Wort dulden und den, der es doch wagen sollte, verhexen würde.
In ihrem Inneren begann Rose allerdings, sich Gedanken um die Worte ihrer kleinen Cousine zu machen. Wenn Scorpius wirklich einmal eine feste Beziehung haben würde, dann wusste sie nicht, wie sie damit umgehen würde. Gefallen würde es ihr auf keinen Fall. Wäre sie geschockt? Verletzt? Dazu hätte sie kein Recht, schließlich hatte sie das Handtuch schon vor dem Kampf geworfen. Sehr enttäuschend für eine Gryffindor.
Nachdem es langsam dunkel wurde, beschlossen die Vier ihre Mädchenrunde für heute zu beenden und sich auf den Weg zurück nach Hogwarts zu begeben. Es fiel ganz leicht Schnee, was Rose dazu veranlasste, ihr Gesicht tief in ihrem roten Schal zu vergraben. Ihr Blick schweifte über das verschneite Dorf. Trotz des fehlenden Sonnenlichtes war es noch hell. Der Schnee leuchtete kristallblau und ihr kam es geradezu magisch vor. Just in diesem Moment riss Lily sie aus ihren verträumten Gedanken.
„Rose, schau mal!“ Die Potter stieß ihrer Cousine in die Seite, um deren Aufmerksamkeit zu erhalten und deutete in die Richtung, in die sie sehen sollte. Vor dem Eingang zum Eberkopf stand ein blonder Junge allein im Schnee und rauchte eine Zigarette.
„Scorpius“, murmelte die Jüngste verschwörerisch, und als Rose klar wurde, was sie ihr damit sagen wollte, merkte sie, wie ihre Ohren, trotz der klirrenden Kälte, heiß wurden.
Jeder kann zwar stehen, wo er will, aber muss sich dieser Hippogreif unbedingt in Lilys Blickfeld stellen?, schoss es ihr durch den Kopf und versuchte den Blick auf den Malfoy zu meiden. Hoffentlich konnte Rose die verrückten Ideen, die ihrer kleinen Cousine manchmal kamen, noch im Keim ersticken, bevor sie ihm ihre gedankliche Frage am Ende noch persönlich an den Kopf warf.
„E-egal. Komm, Lily. Mir ist kalt. Lass uns schnell ins Schloss zurück.“ Die brünette Gryffindor war schon dabei ihren Weg fortzusetzen wurde aber gleich angehalten, stehen zu bleiben. „Aber sieh doch! Er steht allein da. Geh hin!“, forderte die kleine Potter und zerrte an ihrem Arm.
„Das ist doch- N-nein, Lily!“, protestierte die Ältere und sah Hilfe suchend zu ihren beiden Freundinnen. Diese hielten sich aber raus und zuckten nur gleichgültig mit den Schultern. Sie waren wohl der Annahme, Rose könnte alleine mit der kleinen Potter fertig werden oder aber sie wollten genauso, dass sie zu dem Slytherin hinging und sich bis auf die Knochen blamierte. Tolle Freunde!
„Zeig mal ein bisschen Gryffindor-Mut, Rose, und geh zu ihm“, forderte Lily energisch.
„Was soll ich denn sagen?“
„‘Hallo‘ ist meist ein guter Anfang“, schlug Fiona spontan vor und bekam einen bissigen Blick von der Weasley. Wenn sie ihr nicht helfen wollte, konnte sich de Ravenclaw auch ganz raus halten. Das Zerren ihrer Cousine zog ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Kleinere.
„Lily“, jammerte Rose kläglich und merkte, wie ihr komisch wurde.
„Geh hin, los! Sonst geh ich und erzähl ihm deine peinlichsten Geheimnisse!“, drohte Lily schließlich und machte schon einen Schritt auf ihn zu, um ihre Worte noch mit mehr Glaubhaftigkeit zu unterstreichen.
Die Weasley war sich nicht sicher, aber sie hoffte für Lily, dass ihre aufdringliche Art vom Butterbier herkam. Ansonsten würde ihr am nächsten Tag eine Menge Ärger drohen. Gryffindor-Mut, davon hatte sie genug!
Wütend riss Rose sich los, straffte die Schultern und ging mit einem leisen Fluchen schließlich auf den Malfoy zu. Zuerst waren die Schritte der Gryffindor noch sehr sicher, doch je näher sie dem Eberkopf kam, desto kleiner und zögerlicher wurden sie.
Ihre Gedanken begannen sich zu überschlagen. Was sollte sie ihm denn jetzt sagen? Sie brauchte einen Grund, einen verdammt guten Grund, wieso sie ihn jetzt aus dem Nichts ansprechen würde. Es war zum Verzweifeln.
Das Knirschen des Schnees unter ihren Schuhen kündigte sie an und Scorpius sah auf, bevor sie bereit war, sich mit ihm auseinanderzusetzen.
„Weasley?“ Eine gewisse Verwunderung war ihm anzusehen und Rose konnte es ihm nicht mal verübeln. Wenn sie mal allein zusammen waren, dann nur im SV-Raum per Zufall beim Lernen und Hausaufgaben machen. Sonst wechselten sie in der Schule kaum ein Wort miteinander.
„H...hi.“ Unsicher strich sie sich, ihr braunes Haar hinters Ohr und versuchte zu lächeln. Es war komisch hier mit ihm im Schnee zu stehen. Rose versuchte den Malfoy anzusehen, merkte aber, dass sie das zu nervös machte, und starrte hoch konzentriert an ihm vorbei.
Ihrem Gegenüber blieb dies nicht verborgen und er hob skeptisch eine Augenbraue. Einen Moment wartete er noch, ob ihm die Weasley von selbst sagen wollte, was sie zu ihm führte, was aber nicht passierte. „Was gibt’s?“ Er betrachtete das Mädchen in Ruhe.
Die Frage war wirklich gut, aber Rose schwieg, statt zu antworten. Bei dem Gedanken, ihm ihr Anliegen direkt zu sagen wurden ihre Ohren verräterisch Rot. Sie hätte sich vorher etwas Passendes ausdenken sollen. Wie sie es hasste, wenn ihr die Worte fehlten. Nichts als ein Rauschen war in ihrem Kopf.
„Willst du bei mir 'ne Kippe schnorren?“, fragte Scorpius sie nach einer Weile ernsthaft und belächelte die Weasley.
„Was? Nein! Ich rauche nicht und du solltest es auch nicht!“ Eine schnelle und irgendwie gedankenlose Reaktion, sodass sich Rose auf die Zunge biss, als sie realisierte, wie forsch sie gewesen war. Ein wirklich gelungener Start!
Seine Reaktion fiel jedoch nicht so bissig aus, wie von ihr erwartet. „Wieso nicht?“, fragte er völlig gelassen und schien sie zu mustern. Hoffentlich hielt er ihr gerötetes Gesicht für eine Ursache des kalten Wetters. „Es ist ungesund.“
Auf die Bemerkung lachte der Malfoy kurz auf, was ihr hüpfen ließ. „Du klingst, als wärst du meine Mutter, Weasley.“ Scorpius schüttelte leicht den Kopf und zog ein weiteres Mal an seiner Zigarette. Es schien ihn zu belustigen.
„Man darf sich ja wohl noch Sorgen machen“, murmelte Rose mehr zu sich selbst und sah zu, wie die kleinen Flocken sich auf der Schneedecke am Boden ablegten. Dass sich Scorpius das Rauchen angewöhnt hatte war ihr schon öfter unangenehm aufgefallen. Es war, wie sie sagte, nicht gesund. Wieso er das Muggelzeug überhaupt konsumierte, machte sie manchmal stutzig.
„Sorgen? Weasley, du machst dir Sorgen um mich?“, hakte er nach und ihr Kopf ruckte sofort hoch, als ihr klar wurde, dass er sie gehört hatte. In der Stimme des Malfoys schwang Belustigung mit und Rose begann vor Scham richtig zu glühen, sodass sie es nicht mehr auf das Wetter schieben konnte.
Er amüsierte sich auf ihre Kosten, das war wirklich ein super Anfang.
„Wieso denn nicht?“, fragte sie darauf zögerlich und hatte das Gefühl, dass Scorpius davon etwas verblüfft war. Ihr Herz setzte für einen kleinen Moment aus. Bin ich denn völlig bescheuert?!, schollt sie sich in Gedanken selbst und wich hastig seinem fragenden Blick aus. Hatte sie sich schon verraten?
„Ihr habt bald euer Spiel gegen Ravenclaw, oder?“, wechselte der Malfoy galant das Thema und blickte sich auf der Straße des kleinen Zaubererdorfes um.
Rose sah ihn wieder mit einer gewissen Verwunderung an. Wollte er ihr eine Peinlichkeit ersparen? Sie war unsicher und erst als Scorpius wieder zu ihr sah, erinnerte Rose sich, dass er ihr ja eine Frage gestellt hatte. „Ähm, ja. In zwei Wochen.“
Ein müdes Nicken seitens des Slytherin während er zu überlegen schien. „Gut. Ich hoffe mal, es wird keine allzu große Enttäuschung sich das Spiel anzusehen. Versucht so was, wie euer Bestes zu geben, ja, Weasley?“
Mit einer derartigen Bemerkung hatte die Gryffindor absolut nicht gerechnet und glaubte sogar für einen Moment, sich verhört zu haben, aber das dreiste Grinsen auf den Lippen des Malfoy, versicherte ihr, sie hatte richtig gehört. Geräuschvoll schnappte sie nach Luft und reckte stolz das Kinn. „Keine Sorge, Malfoy. Wir geben sicher unser Bestes. Allerdings kann ich dann nicht garantieren, dass das Spiel länger als fünf Minuten dauern wird“, prahlte Rose und verschränkte die Arme vor der Brust, bereit sich mit ihm ein Wortgefecht zu liefern.
Dieses blieb jedoch aus.
„Wir werden sehen, Weasley. Schönen Abend noch“, war alles, was er ihr entgegnete. Scorpius hatte seine Zigarette aufgeraucht und warf den Rest der Kippe in den Schnee. Die angespannte Haltung von Rose löste sich, als ihr klar wurde, dass sich der Malfoyspross nun zurück in den Pub begeben würde.
„M-Malfoy“, hielt sie ihn noch mal an und er stoppte in seiner Bewegung.
Mit fragendem Blick wandte Scorpius sich ihr zu. Eine Hand an der offenen Tür, die andere in der Hosentasche, um sie vor der Kälte zu schützen.
„Rauchen ist wirklich ungesund.“
„Hast du schon mal gesagt. Danke für deine Sorge.“ Mit einem Kopfschütteln drehte er sich wieder der Tür zu, um endlich ins Warme zu kommen. Gleich war er wieder bei seinen Freunden oder mit wem er sonst hier war.
„Ich bin in dich verliebt!“, platzte es völlig zusammenhanglos aus Panik aus der Weasley heraus.
Wie vom Blitz getroffen erstarrte Rose zur Salzsäule, als sie realisierte, was ihr da gerade über die Lippen gerutscht war. Was für eine beschissene Aktion hatte sie sich da geleistet? Ihr erster Gedanke war Flucht, aber nichts an ihr rührte sich auch nur ein Zentimeter. Verdammt!
„Weasley.“ Die Stimme des Malfoys zog Rose aus ihren wirren Gedanken, die zu keinem Ziel fanden, und sie starrte ihn an, wie er ihr zugewandt an der Tür zum Eberkopf stand. Ihr war heiß, ihre Handflächen wurden feucht und wegzurennen war keine Lösung. Ein Vergessenszauber vielleicht! Wieso hatte sie ihren Zauberstab nur im Schloss vergessen? Verdammt!
„I-ich...“ Ihre Stimme war bloß ein heiseres Kratzen in der Kehle. Was sollte Rose denn auch sagen, um sich da wieder raus zu winden?
„Also“, Scorpius sprach gefasst und strich sich mit einer Hand durch sein blondes Haar, „das kam jetzt wirklich unerwartet.“
War auch nicht so geplant, dachte die Weasley in ihrer Verzweiflung, spürte aber auf einmal eine gewisse Aufregung.
Seine Reaktion verwirrte sie. Scorpius wich ihrem Blick aus und massierte sich leicht den Nacken, bevor er die Hände wieder in die Hosentaschen steckte. Er versuchte gelassen zu wirken, aber Rose bemerkte eine gewisse Anspannung in seinen Zügen. Das hatte sie noch nie bei ihm erlebt. Die Gryffindor schluckte heftig, während ihr Herz ihr kräftig bis zum Hals schlug.
Endlich sah er sie an und ihre Blicke trafen aufeinander. Rose glaubte, Scorpius habe sie noch nie so direkt angesehen. Vermutlich zum ersten Mal nahm er sie ganz und gar wahr. „Ich erspare mir jetzt einfach mal eine immens peinliche Situation und tu so, als hättest du das eben nicht gesagt. Gute Nacht, Weasley.“ Und damit drehte der Slytherin ihr den Rücken zu und verschwand endgültig zurück im Eberkopf.
Fortsetzung folgt.
Texte: Harry Potter von J. K. Rowling
Bildmaterialien: Cover von Google, Charakterbild
Lektorat: Rii Yaa
Tag der Veröffentlichung: 07.04.2012
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