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Vom Erdboden verschluckt

Wie jedes Wochenende setzte ich mich schon früh an meinen Laptop. Bei Flirtlove, eine der vielen Kontaktbörsen loggte ich mich ein. Noch ahnte ich nicht, dass ich heute die Liebe meines Lebens im Chat treffen würde. Mein Chatlicht blinkte und ich war neugierig, wer sich so früh schon mit mir unterhalten wollte. Aha …“Ra_m_bo“, ein sonderbarer Steckbriefname, wie ich fand. Ich war mit „Butterfly“ eingeloggt und natürlich neugierig, wer sich hinter diesem Namen verbarg.
„Flieg mir entgegen und tanke meine Wärme auf, die die Sonne an mich abgegeben hat“, schrieb er, und weiter:
„Setz dich auf meine Hand und ruhe dich darauf aus“.
Meine Güte, wie kitschig! Ein Romantiker, dachte ich und war neugierig geworden auf ihn und nahm seine Einladung an. Ich fragte mich, warum er auf meinen Steckbriefnamen reagierte? „Butterfly“ klang doch eher nach Natur oder so ähnlich, während seiner mehr in Richtung Superman ging.
„Hallo, bist du eher ein romantischer Typ?“, schrieb ich vorsichtig zurück.
„Von allem bin ich etwas“, antwortete er und … „Was hast du denn am liebsten?“. Ich war verlegen, da ich erst einmal nachdenken musste, bevor ich ihm zurück schrieb.
„Wir Frauen neigen doch eher zur Romantik als ihr, in eurer Männerwelt, oder findest du nicht?“, reagierte ich endlich.
„Das kann man sehen wie man will“, schrieb er zurück.
Mein Gott, nun war ich wieder an der Reihe. Als mir nach ungefähr fünf Minuten noch nichts eingefallen war das ich ihm hätte schreiben können, kam von Ra_m_bo etwas.
„Erzähle mir was von dir. Ich nehme an, du hast die Romantik gepachtet. Stimmt es?“, schrieb er mit kleinen Wölkchen zurück, die über die Mail schwebten.
„Mal ja mal nein, es kommt auf den Menschen an“, antwortete ich zurück. Er war mir gleich sympathisch. Da war etwas, das ich nicht erklären konnte.
Ich hatte gerade eine Enttäuschung hinter mir und wollte nicht unbedingt sofort wieder jemanden kennen lernen. Ich war ehrlich gesagt bedient, was die Herren der Schöpfung anging. Jens hatte mich nach vier Jahren Beziehung wegen eines Flittchens verlassen. Knall auf Fall packte er seine sieben Sachen und weg war, bevor überhaupt ein klärendes Gespräch zwischen uns stattgefunden hatte. Seit ein paar Wochen chattete ich im Netz herum und hatte schon mit einigen Männern Bekanntschaft gemacht, virtuell versteht sich. Aber nie war so eine Vertrautheit da gewesen, wie es nun bei Ra_m_bo zutraf.
Wir chatteten das ganze Wochenende durch und ich vergaß meine reale Welt durch ihn. Ich hatte diesen Mann nie gesehen oder gehört. Trotzdem fühlte ich mich - allein durch seine geschriebenen Worte - unheimlich stark zu ihm hingezogen. Dabei schrieb er nie viel, aber was er mir zu sagen hatte, das sprach mein Herz und meine Seele an. Bei ihm fühlte ich mich augenblicklich verstanden, denn so etwas hatte ich vorher nie gekannt. Er gab mir das Gefühl der Vertrautheit und der Zugehörigkeit. Ich schien endlich angekommen zu sein.
Von nun an loggte ich mich jeden Abend nach der Arbeit ein. Oft vergaß ich, vorher etwas zu essen. Es war mir egal. Ich wollte nur seine Worte lesen, die so verständnisvoll, ach so liebenswert waren. Ihm konnte ich alle meine Sorgen anvertrauen, er
fand immer etwas Tröstendes und konnte sich genau in mich hinein
versetzen. Für einen Mann eigentlich unbegreiflich.
Meine „Chatliebe“ hielt nun schon fast drei Monate an. Sie waren für mich die wunderschönsten drei Monate. An diesem Abend schrieb ich:
„Hallo Ra_m_bo, wie war dein Tag?“
„Wunderbar, da ich die Aussicht hatte, mit dir zu chatten, mein kleiner Schmetterling“, antwortete er und schmückte seine Mail mit vielen kleinen Rosenblüten.
„Wir kennen uns doch schon eine Weile. Können wir uns nicht einmal sehen?“ schrieb ich vorsichtig.
„Warum nicht. Mach einen Vorschlag, Butterfly?“
„Vielleicht am Samstag in einem Eiscafé in meiner Stadt?“
„Da wird es sehr voll sein, bei dem Wetter. Würde den Stadtpark evtl. eine romantische Bank, vorschlagen. Einverstanden?“
Mein Herz machte einen Riesensprung und ich wartete ein paar Sekunden mit meiner Antwort.
„Ja, warum nicht? Sagen wir sechzehn Uhr? Passt dir das?“
„Würde vorschlagen fünf halb sechs, ich weiß nicht so genau, wie die Bahn fährt am Wochenende. Ist das okay?“
„Natürlich. Ich bin schon gespannt, wie du aussiehst. Ich glaube, du brauchst mir keine Beschreibung abzugeben. Ich werde dich sofort erkennen. Ich habe sowieso das Gefühl, dich schon ewig zu kennen. Geht es dir auch so?“
„Ja, mir geht es genauso. Ich gebe keine Beschreibung von mir ab, sondern bin gespannt, ob du mich am Samstag erkennst“.
„Ganz bestimmt werde ich dich unter vielen Menschen herauspicken können. Da kannst du aber Gift drauf nehmen“, schrieb ich siegessicher zurück.
Wir chatteten noch bis spät in die Nacht und dann schlief ich wieder einmal ohne etwas gegessen zu haben, glücklich ein.
Am anderen Morgen erzählte ich meiner Freundin Lotte, dass ich Ra_m_bo am Samstag zum ersten Male sehen würde.
„Aber warum so spät und weshalb im Stadtpark? Du kennst diesen Mann doch überhaupt nicht! Wieso hat er deinen Vorschlag vom Eiscafé nicht akzeptiert? Um diese Zeit sind doch kaum noch Leute im Park. Sei lieber vorsichtig, Sabine“, meinte sie besorgt.
„Ich kenne ihn, das kannst du mir aber glauben, wie kein anderer. Er ist etwas besonderes, verstehst du Lotte. Wirklich etwas Besonderes.
Wir werden essen gehen und dabei sitze ich sicher nicht mutterseelenallein in einem Restaurant, nicht am Samstagabend. Ich bitte dich Lotte. Du hast keine Ahnung, was er für ein Mensch ist. Wirklich keine Ahnung“, schleuderte ich ihr empört entgegen.
„Ich mache mir nur Sorgen Sabine und ich möchte nicht, dass du die nächste Enttäuschung erlebst“, meinte sie etwas versöhnlicher und legte ihren Arm auf meine Schulter.
„Du hast wirklich keine Ahnung! Er ist das Wunderbarste, was mir je in meinem Leben begegnet ist. Du bist ja nur neidisch!“, schleuderte ich ihr wütend entgegen.
„Entschuldigung, Sabine. Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Ich mache mir einfach nur Sorgen um dich. Man hört ja soviel und du bist so blauäugig, was das Treffen am Samstag betrifft“, fügte sie kleinlaut hinzu.
„Sorgen macht sich meine Mutter ständig, obwohl ich nicht mehr zu Hause wohne. Das nervt mich entsetzlich und nun fängst du auch noch an, so wie sie zu reden. Es geht dich nichts an, Lotte! Verstanden?“
Dann war das Gespräch zwischen uns beendet. Lotte stand auf und ging in Richtung Kantine.
„Mach doch was du willst! Ich brauche jetzt einen starken Kaffee!“ und verschwand ohne mich eines Blickes zu würdigen.
Sie sollten mich doch einfach alle in Ruhe lassen. Schließlich war ich erwachsen. Verdammt noch mal!
Samstagmorgen.
Die ganze Nacht hatte ich kein Auge zugemacht, so aufgeregt war ich. Zig Männertypen gingen mir durch den Kopf. Sicher war er groß und schlank, dunkelblond mit langen Locken, gepflegt, eben eine super Erscheinung mit Manieren und Bildung. Seit ich ihn kannte, hatte er mir nur sein Alter verraten. Er war siebenundzwanzig, wie er schrieb, vier Jahre älter als ich. Das passte doch, dachte ich zufrieden. Eigentlich interessierte mich sonst nichts, sein Aussehen oder so. Ich hatte mir in den vergangenen Wochen mein eigenes Bild gemacht von Ra_m_bo. Selbst seinen richtigen Namen erwähnte er nicht. Schon am frühen Nachmittag machte ich mich fertig.
Ich hatte einiges abgenommen und es stand mir gut, wie ich fand. Seit ich Ra_m_bo kannte, kam ich ja nicht mehr richtig zum Essen. Ich drehte mich vor dem Spiegel hin und her und war mit mir zufrieden. Um fünfzehn Uhr schlenderte ich langsam in Richtung Innenstadt. Zeit genug, vorher noch einen Cappuccino und ein Eis zu essen. Die Stadt war bevölkert mit gutgelaunten Menschen, da die Temperaturen bis auf 25 Grad Celsius angestiegen waren. Es wehte ein warmer Wind und ich musste mich mit einem großen Eis erst einmal abkühlen. Gegen vier Uhr betrat ich den Stadtpark, wo mir Hundebesitzer mit ihren Lieblingen, ältere und jünger Menschen mit Kindern, im Kinderwagen sitzend an mir vorbei spazierten. Die ganze Welt schien in einer „Gute Laune Wolke“ zu schweben. Ich auch. Ich schlenderte weiter durch den Park bis hin zu einer Bank in der Nähe des Wäldchens. Dort schleckte ich mein Eis seelenruhig zu Ende und hielt Ausschau nach Ra_m_bo. Ich hatte mir ein Buch mitgenommen damit mir die Zeit nicht so lang würde, jedoch vor lauter Aufregung konnte ich keine Zeile richtig lesen. Also klappe ich es zu und legte es
auf meinen Schoss und hielt Ausschau nach meiner Liebe.

Kurz nach halb sechs schon und niemand in Sicht, der es hätte sein können. Viertel vor sechs. Der Park leerte sich so langsam und ich saß immer noch da, wie bestellt und nicht abgeholt. Die Seiten meines Buches hatte ich schon mehrfach umgeknickt, während ich die Gegend beobachtete. Kurz vor sechs. Immer noch kein Mann in Sicht, auf den die Beschreibung zutreffen könnte. Meine Beschreibung muss ich fairerweise sagen und die war ja nur in meinem Kopf. Nachdem ich zig Mal schon auf meine Uhr geschaut hatte und langsam nervös wurde, leert sich der Park. Nur mein Buch und ich waren vom Tag übrig geblieben. Plötzlich kam ein junger Mann des Weges in meine Richtung. Er sah aus wie ein Skin head, mit Springerstiefel und einer schwarzen Kapuzenjacke. Ich blätterte nervös in den Seiten und tat so, als würde ich lesen. Er ging grinsend an mir vorbei und ich wollte gerade erleichtert aufatmen, als er ein paar Schritte zurückkam und sich vor mir aufbaute.
„Wir sind verabredet!“, sagte er grinsend während er beide Hände in seiner Hosentasche vergrub.
Ich versuchte ihn furchtlos anzusehen, aber es gelang mir nicht. Mit zitternder Stimme antwortete ich:
„Das muss ein Irrtum sein. Lassen Sie mich in Ruhe!“
„Das geht nicht, Butterfly. Wir machen uns jetzt einen schönen Abend wie versprochen, mein kleiner süßer Schmetterling“, lachte er höhnisch und ich entdeckte seine schiefen Zähne, als er mich fest am Arm packte und mich hinter sich her zerrte in Richtung Wäldchen.
Ich war starr vor Angst und stolperte. Ich wollte mich losreißen, aber er hatte Bärenkräfte. Ich zappelte und versuchte, auf dem Waldweg stehen zu bleiben. Es gelang mir nicht. Er schüttelte mich und zog an mir, ohne eine Wort zu sprechen. Wir stolperten durch den Wald ohne einer Menschenseele zu begegnen. Die Panik stand mir
im Gesicht geschrieben. Hätte ich wenigstens schreien und um Hilfe rufen können. Ein Kloß steckte mir im Hals und ich dachte immer noch, dass es ein Versehen sein müsste. Er musste mich verwechselt haben, er durfte es nicht sein. Nicht er, dieser liebe und gefühlvolle Mensch aus dem Chattroom, der mich mit soviel einfühlsamen Sätzen überschüttet hatte. Ich wünschte mir einen Augenblick, dass es nur ein böser Traum sei und ich gleich in meinem Bett erwachte. Stattdessen schubste er mich auf einen Eingang zu, der von Pflanzen überwuchert war. Er ließ mich einen Moment los und holte einen Schlüssel aus der Hosentasche. Ich wollte die Gelegenheit nutzen und schreien. Aber die Stimme blieb mir in der Kehle stecken. Die Tür wurde aufgeschlossen und noch bevor ich genau registrieren konnte, wo wir uns befanden, hielt er mir ein in Chloroform getränktes Tuch vors Gesicht und dann wurde es dunkel.

Irgendwann schlug ich meine Augen auf, konnte aber nichts sehen. Es war so dunkel hier und verdammt kalt. Nachdem ich mich so langsam wieder orientiert hatte, stellte ich erschreckend fest, dass ich mich mitten in der Realität befand. Mein Körper fühlte sich taub an, meine Gliedmaße unbeweglich. Ich war tot, dachte ich. Aber dann würde ich keinen Gedanken mehr fassen können, schoss es mir erleichtert durch den Kopf. Ich nahm den muffigen Gestank um mich herum wahr und übergab mich. Neben mir hörte ich ein Rascheln und Piepen und dachte erleichtert, dass ich nicht alleine hier war. Ich rief verzweifelt in den Raum und erhielt keine Antwort. Panik erfüllte mich und ich wollte aufstehen und wissen, wo ich war. Ich war Ra_m_bo´s Gefangene und hatte keine Erklärung dafür. Warum und wo hielt er mich gefangen? Wieso machte er so etwas mit mir? Wir waren doch so vertraut miteinander gewesen und dann das jetzt. Leise weinte ich vor mich hin. Ich war gefangen wie eine Maus in einer Mäusefalle. Was sollte ich tun? Niemand würde mich hören. Ich musste sterben, weil man mich nicht fand. Panik stieg in mir auf. Ich rief mit aller Kraft seinen Namen. Nichts. Sein Name prallte an der Wand ab und klang wie ein stiller Schrei. Ich fing an zu frieren. Mir war kalt, ich hatte Hunger und mein Mund war ganz trocken.
Plötzlich vernahm ich ein heiseres Lachen, das immer lauter wurde. Er stand also hier im Raum, dachte ich in Panik und bewegte mich keinen Millimeter von der Stelle. Dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss und die Tür ging quietschend auf. Ein schwacher Lichtstrahl fiel in den Raum und ich sah schemenhaft seinen Umriss, während er in meine Richtung schlurfte. Ich zog die Knie an und schlang fest die Arme um sie. Ich wollte ihn fragen, warum er mir das antat, aber dazu kam ich nicht. Ein lautes Reißen erfüllte den Raum und Sekunden später war mein Mund mit einem breiten Klebeband versehen. Panisch sah ich ihn im Halbdunkeln an aber er grinste nur und stellte eine Flasche Wasser mitten in den Raum. Dann nahm er eine Kette, die an der Wand befestigt war, mit einer schweren Kugel und band sie mir an ein Bein. Ich versuchte ihm mit den Augen klar zu machen, dass ich Durst hatte und starrte unentwegt auf die Flasche in der Mitte. Dann lachte er so laut, dass ich zusammenzuckte und anfing zu weinen. Er verließ den Raum, ohne ein Wort. Das Dunkel holte mich wieder ein. Ich lauschte noch ein paar Minuten, ob er wirklich fort war. Ich versuchte, die Wasserflasche mit dem einen freien Fuß zu erreichen. So sehr ich mich auch bemühte, es ging nicht. Ich atmete durch und probierte es immer wieder. Vergebens.
Irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein. Durch eine Berührung schreckte ich auf. Schreien konnte ich auch nicht, mein Mund war verklebt. Es waren die Ratten, die mich, ihren neuen Besucher genauer betrachteten. Dann hörte ich ein Geräusch und ich nahm mich zusammen. Er war es und kam langsam auf mich zu. Grinsend meinte er:
„Warum hast du denn nichts getrunken, meine kleine Butterfly? Nun stelle ich dir schon eine Flasche Wasser vor die Füße und du rührst sie nicht einmal an. Wie undankbar du doch bist, mein kleiner Schmetterling!“
Mir stockte der Atem denn er stand ganz nah vor mir und riss mit einem Ruck das Klebeband von meinem Mund. Ich stotterte mit heiserer Stimme:
„Warum? Warum machst du das?“
Er beugte sich ein Stück nach vorn und strich mir lächelnd mit seiner Hand die Haarsträhne aus der Stirn. Der abgestandene Geruch von Nikotin und Alkohol erzeugte Übelkeit in mir. Dann schlurfte er lachend hinaus. Ich weinte leise vor mich hin und mir war speiübel. Mein Kopf schmerzte, mein Mund war so trocken wie eine Wüste und meine Glieder unbeweglich. Um mich herum sausten die kleinen Viecher und krabbelten schon auf meinen Beinen herum. Ich hielt sie mir vom Leib, indem ich mit der Eisenkette raschelte, was mir schwer fiel bei dem Gewicht. Immer wieder fiel ich in so eine Art Dämmerschlaf und realisierte mir, dass es für mich keine Chance mehr gab.
In welchen Abständen er mich besuchte, wusste ich nicht. Irgendwann kam er erneut durch diese schwere Tür, dessen Geräusch ich nur aus der Ferne wahrnahm.
Er ließ die Tür einen Spalt offen, so dass von der Helligkeit meine Augen schmerzten. Schlurfend bewegte er sich auf mich zu und blieb in der Mitte des Raumes stehen.
„Hallo meine kleine Butterfly. Wieder hast du nichts getrunken! Ich verstehe dich nicht. Ach, ich bin so dumm! Du kannst ja nicht trinken, wenn du deinen Mund verklebt hast. Warte, ich nehme dir das hässliche Band ab und reiche dir die Flasche“, kam er grinsend auf mich zu. Mit einem Ratsch hatte er das Band abgerissen und warf es
auf die Erde. Dann reichte er mir die Flasche, die ich mir gierig an den Mund hielt.
„Langsam, langsam Butterfly. Nicht so schnell. Das muss noch bis morgen reichen“, spottete er und riss mir die Flasche blitzschnell aus der Hand.
Plötzlich hatte er eine Art Fernbedienung in der Hand und spielte damit herum. Leise Geräusche nahm ich aus der Ferne war und nun stand er direkt vor mir und sah mir in die Augen. Mir lief ein Schauer über den Rücken, als ich ihn ansah. Seine Augen waren eiskalt und unheimlich.
„Meine kleine Butterfly, was du hier an den Wänden siehst, sind Kameras, die alles aufzeichnen. Ich habe dich ausgewählt, weil wir beide seelenverwandt sind und ich schon immer einmal wissen wollte, wie lange ein Mensch ohne feste und flüssige Nahrung überleben kann. Diese Bilder setze ich auf meine Internetseite und das ganze Netz kann verfolgen, wie ein Mensch zugrunde geht, wenn man ihm Nahrung und Flüssigkeit verweigert. Ich werde in die Geschichte eingehen mit meiner genialen Idee und die ganze Welt wird über mich berichten“.
Dann holte er das Klebeband und verklebte mir erneut den Mund.
Ich wusste, dass ich hier nicht mehr herauskam. Wer sollte auch nach mir suchen? Ich kannte doch nur Lotte und meine Arbeitskollegen. Die wussten nichts Privates über mich und würden denken, ich sei krank. Lotte nahm sicher an, ich sei mit Ra_m_bo durchgebrannt, so begeistert wie ich über ihn gesprochen hatte. Er war ein Psychopath und brauchte dringend Hilfe. Aber die benötigte ich auch. Ich fror und mein ganzer Körper fing an zu zittern. Mir kam es so vor, als hätte ich Fieber. Ich phantasierte und träumte etwas von einem Chattroom und einem liebenswerten Menschen namens Ra_m_bo und von Lotte, meiner allerbesten Freundin. In meinem Traum rief ich um Hilfe und meine Mutter stand am Ende des Wäldchens und winkte mir. Mir war plötzlich kalt und dann wurde es dunkel.


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Tag der Veröffentlichung: 17.09.2008

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