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Prolog



Es war eine Welt, in der die Schatten mein Leben beherrschten. Ich war anders, anders als die Anderen.
Ich stellte mir immer wieder die selbe Frage: ,,Warum haben die Schatten mich ausgesucht?“
Besondere Kräfte, die ich noch nicht einmal kontrollieren konnte. Die Schatten bestimmten mein Leben. Jeder hatte Angst vor mir. Sogar meine Eltern. Sie, meine einzigen vertrauten, schickten mich in einer psychiatrischen Anstalt. Doch das war ein großer Fehler…


Ich öffne meine Augen. Die Sonne scheint mir ins Gesicht. Total verträumt liege ich da, denke nach. Vor meinem Fenster sehe ich ein Gitter. Ich fühle mich wie im Gefängnis. Nur, dass mein Zimmer größer und hübscher gestaltet ist. Die meiste Zeit sitze ich an meinem Schreibtisch und male. Selbst verstehe ich meine Bilder nicht. Sie entstehen einfach, indem ich male, was mir gerade durch den Kopf geht. Meine Gefühle, mein anders sein. ,, Ich will hier raus“, denke ich. „Sollte ich meine Kräfte dafür einsetzen?“ Aber ich kann sie nicht kontrollieren. Sie kommen und gehen, wann sie es wollen.
Ich besitze eine Macht. Eine Macht, die unberechenbar scheint. Niemand weiß, dass ich solch eine Macht besitze. Gähnend stehe ich auf und schaue in den Spiegel. Ich habe eine schwarze Augenfarbe. Ohne diese Augenfarbe hätte niemand mehr Angst vor mir. Noch nicht einmal weiß ich, ob ich zu den Guten oder zu den Bösen gehöre. Die Ärzte sollen versuchen mir zu helfen, hatte meine Mutter gesagt. Doch wie sollen sie mir helfen? Können sie etwa die Schatten aus mir austreiben? Nein, das können sie nicht. Also, was soll ich hier? Plötzlich höre ich ein tiefes Lachen. Es klingt wie ein Monster. Sofort wandert mein Blick wieder zum Spiegel. Das Lachen wird immer Lauter. Doch dann sehe ich im Spiegel eine schwarze Gestalt. Es sieht aus wie ein Mädchen. „ Traue Niemanden“, höre ich das Mädchen sprechen . „ Nur so können dich die Schatten beschützen. Du musst lernen deine Wut zu kontrollieren, sonst wirst du ein Monster“, ratet mir die dunkle Gestalt. Sie hatte eine sehr helle Stimme. „Wut kontrollieren? Was meinst du damit?“, frage ich das Mädchen. Doch als ich zum Spiegel blicke, ist sie verschwunden. Ihre Stimme geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Überall verfolgt sie mich. Ein Klopfen an meiner Tür lässt mich aufschrecken. „Komm rein“, rufe ich. Die Tür öffnet sich und Eddy, mein Psychiater sieht mich an. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragt er. „Nein, ich will hier endlich raus!“, schreie ich. „ Leandra beruhige dich. Wenn die Behandlungen einen Fortschritt machen, kannst du auch schon wieder gehen“, versucht er mich zu beruhigen. Doch was soll das helfen? Welche Behandlungen? Niemand kann mir helfen! „Verdammt nochmal, ich brauche keine Hilfe! Mir geht es gut!“, brülle ich ihn an. Ich spüre förmlich, wie sich die Wut in mir ansammelt. „Nein, nein nein!“ , flüstere ich und fasse mir an den Kopf. „Leandra? Was ist los? Ich sagte doch, dass du Hilfe brauchst“, sagt Eddy. Ich sehe meine Hände an. Sie sind blau! Verdammt, die Schatten haben meinen Körper! Wenn Eddy nicht verschwindet, passiert noch ein Unglück. Wieder dieses Lachen. Eddy verschwinde doch endlich! Ich kann nicht sprechen. Die Schatten verbieten es. Eddy sieht mich ungläubig an. Wahrscheinlich hat er Angst vor mir. Kein Wunder, ich bin auch blau. Unbewusst hebe ich meine Hand, fange an zu lachen und eine enorme Kraft lässt Eddy gegen die Wand krachen. „Aaargh!“, höre ich ihn ächzen. Die Kraft lässt nach und ich sacke heulend zu Boden. Was habe ich nur getan? Meine Wut ist schuld! Das Mädchen hatte Recht. Mit voller Kraft reist jemand die Tür auf. Zwei Männer packen mich an meinen Armen und ich zappel wie ein wildes Tier. Heulend schreie ich:“Lasst mich los, ich habe nichts getan!“ Doch den Männern interessiert das nicht. Sie ziehen mir mit voller Gewalt eine Zwangsjacke an und ich kann mich kaum bewegen. Zwei andere Männer stürmen zu Eddy und fühlen seinen Puls. „Er lebt noch“, berichtet der eine Mann dem anderen. Dann tragen sie ihn auf eine Trage. Die Männer mussten mir irgendetwas eingeflößt haben, weil ich auf einmal sehr müde werde und ich kann mich an das, was danach geschehen ist, nicht erinnern.
Mit Schmerzen erwache ich und sehe mich um. Ich bin nicht mehr in meinem Zimmer, sondern in einer Art Gummizelle. Ich schreie, doch niemand kann mich hören. Wieder spüre ich diese Kraft in mir und versuche dadurch mich aus meiner Zwangsjacke zu befreien. Konzentriert schließe ich meine Augen und stelle mir vor, wie ich mit Leichtigkeit aus der Jacke schlüpfe. Dann öffne ich wieder meine Augen und bemerke, dass ich meine Arme wieder bewegen kann und ziehe die Jacke aus. Es hat geklappt! Ich kann meine Kräfte kontrollieren. Jetzt stehe ich auf und versuche mich in einen Schatten zu verwandeln. Die Augen werden wieder geschlossen. Schatten! Ich bitte euch, ich brauche eure Hilfe, sage ich in Gedanken. Vorsichtig öffne ich wieder die Augen und spüre, dass ich blau werde. Meine Hände leuchten und ich drücke meine Hände gegen die Tür. Eine gewaltige Kraft reist die Tür auseinander. Zwei Männer haben dies mitbekommen und rufen irgendwo an. Da ich mich zu sehr auf meine Kräfte konzentriere, kann ich nicht hören, wen sie anrufen. Ich hörte wieder dieses Lachen. Ist das der Schatten in mir?

Wieder spüre ich diese unkontrollierbare Kraft. Plötzlich höre ich den Alarm und Truppen von Männern stürmen in meiner Richtung. Sie haben Betäubungswaffen bei sich. Sofort erhebe ich meine Hände, lasse die Kraft aus mir strömen und einige Männer krachen gegen die Decke. Viele schießen auf mich, doch die Schatten wehren die Pfeile ab. Ich reiße ein riesiges Loch in der Wand und flüchte aus der Anstalt. Doch wohin soll ich gehen? Überall würden sie mich suchen. „Da ist Leandra Barker! Schnappt sie euch!“, höre ich einen der Männer rufen. Verdammt! Ich bin doch ein Schatten! Kann ich mich nicht unsichtbar machen? Also versuche ich es mir vorzustellen, doch es klappt einfach nicht. Bloß weg hier! Ich renne und renne. Doch wohin? Die Anstalt ist sehr abgelegen. Ich bin am Ende der Welt.
Plötzlich schwebt eine schwarze Gestalt über mir. „Hier bist du! Komm mit“, rief die Gestalt. Sie packt mich und fliegt, ja sie fliegt, mit mir weg. Was für ein tolles Gefühl. Aber wer ist das? Ich schaue in ihr Gesicht. Eine Junge Frau. Sie hat schwarze glatte lange Haare und ihre Augen waren Türkis. Wir landen vor einem Höhleneingang. „Gehen wir“, fordert sie mich auf und wir gehen rein. Das ist der Wahnsinn! Überall sind Leute, die schattenbändigen!
„Wer bist du?“, frage ich die Junge Frau. „Ich bin Gill, der Schatten der Weisheit“, antwortet sie.
„Gill wer?“
„Nur Gill. Schatten haben keinen Nachnamen.“
„Aber ich habe doch auch einen.“
„Du bekommst noch deinen Schattennamen, wenn du voll entwickelt bist.“
„ Entwickelt? Heißt das wenn ich aufhöre zu pubertieren?“
„Nein, wenn dein Schatten voll entwickelt ist. Hast du schon ein kleines Mädchen gesehen?“
„Ja, im Spiegel. Was hat das damit zu tun?“
„Das ist Cheylinn unsere Schattengöttin. Sie wird dir deinen Schattennamen geben.“
Gill fast mich an der Hand und führt mich zu einen Raum in der Höhle. Dort steht eine Art Wächter und fragt sie: „ Wohin so eilig?“ Daraufhin antwortet Gill: „Gill, Schatten der Weisheit. Ich habe etwas für Lenn!“ Der Wächter lässt uns herein und wir stehen in einer Art Königssaal. „Gill, meine Liebe. Ist sie das?“, fragt der Mann. Das muss Lenn sein. Er hat Feuerrote Haare, etwa mittellang. Er muss ungefähr um die fünfzig sein. „Ja, ich habe sie auf der Flucht entdeckt. Sie war in einer Anstalt.“ „Das war ja klar. Kein Verständnis. Wie ich diese Menschen hasse. Erst mal zu dir kleine. Wir müssen dich über alles aufklären. Wenn du eine Frage hast stell sie ruhig“, sagte Lenn. Und so begann ich zu erzählen und zu fragen:
„Ich bin ein Schatten und meine Eltern nicht. Wie kommt das? Wie entstehen Schatten?“
„Deine Mutter hat sich mit einem Schatten infiziert. Sie muss ihm begegnet sein. Schatten haben ein Gefühl, wen sie zu Schatten machen. Sie sehen in deren Augen und machen deren Kind zu Schatten.“
„Ich bin Cheylinn in der Anstalt begegnet. Sie sagte zu mir, ich soll meine Wut kontrollieren, sonst werde ich ein Monster. Was meint sie damit?“
„Engarda!“
„Was?“
„Engarda ist der Schattenteufel. Der Schattengott der Bösen. Er versucht Besitz von dir zu ergreifen. Deswegen musst du vorsichtig sein. In der Entwicklung ist das am gefährlichsten.“
„Und wie hat mich Gill gefunden?“
„Schatten können andere Schatten aufspüren. Sie spüren sofort ob er zu Engarda oder Cheylinn gehört. Also Gut oder Böse. Ich habe gespürt, dass du in Gefahr bist und deine Entwicklungsphase bald vorüber ist. Wir müssen dich deswegen beschützen und darum bist du jetzt hier. Hast du sonst noch Fragen?“
„Nein. Danke das reicht erst mal.
Gill führt mich heraus und zeigt mir meinen Schlafplatz. Ich bekomme ein richtiges Zimmer, welches ich mir aber mit zwei anderen teilen muss.Das Zimmer gehört noch zwei weiteren jungen Mädchen ungefähr in meinem Alter. Ihre Schatten sind bereits schon voll entwickelt. Lilianna hat hellblonde Haare und eine gelbe Augenfarbe. Sie ist der Schatten der Schlange. Zara ist der Schatten des Friedens, ihre Haare Türkis und hängen lang an ihr runter. Ihre Augen sind so wunderschön gefüllt mit einem strahlendem hellblau. Man könnte sagen, es sind Tattoos um ihre Augen und um den Hals, wie eine Kette. Sie ist so wunderschön. Fast alle Schatten haben solche Muster im Gesicht. Sogar Gill. Alle Leute hier sind schon voll entwickelte Schatten. Und Ich? Ich bin einfach nur Leandra Barker. „Kommst du?“, reißt mich Zara aus meinen Gedanken. „Wohin?“, frage ich verdutzt. „Na zur Lagerfeuerversammlung“, antwortet Lilianna. Ich frage nicht weiter nach, um mich überraschen zulassen, warum sich die Schatten versammeln. „Warte!“, flüstert eine helle Stimme. Es war nicht Zara und auch nicht Lilianna. Sofort blicke ich zum Spiegel und es erscheint eine dunkle Gestalt. Das Mädchen! Cheylinn die Schattengöttin. „Was ist mit ihr?“, fragt Zara Lilianna. „Sie sieht Cheylinn komm lass uns schon mal gehen“, antwortet Lilianna. Cheylinn kommt näher und zum ersten Mal sehe ich sie in Farbe. Auch sie hat diese Muster im Gesicht. Sie besitzt keine Augenfarbe, sozusagen ist sie schwarz genau wie meine. Das Kleid, welches sie trug war weiß. Es ging lang an ihr runter. Wahrscheinlich war es ihr zu groß. Sie muss ungefähr acht Jahre sein. Ich blicke in ihre Augen und spüre ein sanftes Gefühl. „Du bist soweit“, tönt Cheylinn. Ich weiß genau was sie meint und spüre so ein mächtiges Gefühl. Als würden alle Kräfte in mich rein fließen. Cheylinn hebt ihre Hände und formt sie zu einem Halbkreis. Dann murmelt sie: „Levitire Ria optume.“ Eine lila dunkle Kugel steuert auf mich zu. Bis sie dann in meiner Brust versinkt. Doch dann schwebe ich und spüre Schmerzen. Ich merke förmlich wie ich mich verändere. Meine blonden Haare werden hellblau. Gespannt sehe ich meine Hände an. Sie sind blass und haben blaue Muster. Meine Augen werden von schwarz zu Kristallblau. „Ria! Du bist meine Nachfolgerin! Ria das Kalte Gesicht. Der Schatten des Wassers. Pass auf deine Kräfte auf. Sie dürfen nicht in falsche Hände geraten. Du bist der mächtigste Schatten, denn du bist die Auserwählte“, ruft sie mir mit einem Echo hinterher. Und dann verschwindet sie. Ich taste mit meinen Füßen den Boden ab und lande. Sofort renne ich aus dem Zimmer und suche die Lagerfeuerversammlung. Und dann stehe ich plötzlich mitten drin. Alle starren mich an und flüstern. Dann kommen Lenn und Gill auf mich zu. Es ist auf einmal so leise, dass ich das Feuer knistern höre. Die Schatten verbeugen sich vor mir und ich habe keine Ahnung, was ich machen soll. Lenn beginnt zu sprechen: „Cheylinn hat uns ein Geschenk gebracht. Ich begrüße Ria, der Schatten des Wassers. Cheylinns kaltes Gesicht!“ Gill fasst mich an den Händen und wiederholt Cheylinns Worte: „Levitire Ria Optume!“ Jetzt Stehen alle Schatten auf und wiederholen diese Worte drei Mal. Dann fangen sie an zu jubeln. „Was hat das zu bedeuten?“, frage ich Gill.
„Du bist Cheylinns Nachfolgerin. Der Mächtigste Schatten seit zwölf Jahrtausenden. Ria du besitzt eine große Macht. Du musst uns helfen Engarda auszuschalten!“
„Ich werde euch helfen. Nur muss ich noch lernen wie. Was bedeutet eigentlich Levitire Ria optume?“
„Das ist die Sprache der Schatten. Levitire bedeutet kalt und optume bedeutet Macht. Ria hat auch eine Bedeutung nämlich Rictum il aqua. Und das heißt übersetzt: Wächterin des Wassers und zusammengesetzt ergibt das: Kalte mächtige Wächterin des Wassers.“
„Echt kompliziert. Und warum macht ihr diese Lagerfeuerversammlung? Ihr wusstet doch gar nicht. Dass ich…“
„Wir gehen auf die Jagd!“
Ich antworte nicht, sondern sehe sie nur verblüfft an. Jagd? Was meint sie damit? Also frage ich sie.
„Wir sind wie Vampire, nur dass wir nicht das Blut der Menschen saugen, sondern ihre Seele.“
Seele? Ich glaube ich höre nicht richtig! Sollen wir einfach so ihr Leben zerreißen? Ich kann doch keine Menschen umbringen!
„Komm schon Ria. Wir müssen gehen“, hetzt mich Gill. „Nein, ich töte keine Menschen. Und ihre Seele will ich auch nicht essen. Das kann man doch nicht machen!“, schreie ich sie an. Doch Gill scheint mich nicht zu verstehen, sondern redet immer weiter auf mir ein: „Wenn du nicht isst, dann verbrennst du.“
Verbrennen? Wie kann man mich nur vor so einer grausamen Wahl stellen? Verbrennen oder Menschen töten! Ich beschließe doch mitzugehen, doch ob ich einem Menschen die Seele entreiße, weiß ich nicht. Gill fasst mich an der Hand und fliegt mit mir in die Stadt. Die Straßen sind leer. Es ist ruhig. Doch dann spüre ich etwas. Was könnte das sein? Dieses Gefühl lenkt mich zu einer Gasse. Gill läuft in die andere Richtung. Da! Da ist jemand! Aber ich weiß nicht, ob es ein Mensch oder ein Schatten ist. Ich sehe, es ist eine männliche Person. Er scheint mich nicht zu bemerken, als ich langsam auf ihn zugehe.
Noch einen Schritt näher. Blitzschnell dreht er sich um, schwebt zu mir in rasend schneller Geschwindigkeit und drückt mich gegen die Wand. Er muss ein Schatten sein. Schwarze längere Haare umranden sein Gesicht. Wie ein Emoschnitt. Seine Augenfarbe ist lila. Aber er hat keine Muster im Gesicht. Er drückt mich fester gegen die Wand. „Lass mich sofort los“, brülle ich ihn an. „Was willst du von mir“, fragt er mich. „Ich…Ich bin auf der Jagt. Das ist mein erstes Mal und ich war mir nicht Sicher, ob du ein Schatten bist.“ Er lässt mich los. „Tut mir Leid. Ich bin Lian. Und ja ich bin ein Schatten“, kommt es aus ihm heraus. „Ähm, okay. Mein Name ist Ria.“ „Du warst noch nie auf der Jagt?“, fragt er mich verblüfft. „Nein, das hier ist mein erstes Mal.“, antworte ich. „Komm mit, ich helfe dir!“ Er nimmt mich an der Hand und fliegt mit mir zu einem alten Bahnhof. „Das hier sollte fürs erste gehen. Hier sind nur Drogenabhängige, deren Leben eh nichts mehr Wert ist“, erzählt mir Lian. Doch ich bin mir nicht sicher, ob ich jemanden einfach so das Leben entreißen kann. „Du hältst deine Hand auf die Person und saugst einfach ihre Seele raus. Es ist nicht schlimm wenn jemand uns sieht. Diesen Junkies wird eh keiner glauben.“ Lian führt es mir vor. Er stellt sich vor einem Punker sagt, er solle aufstehen und macht genau das, wie er mir es gesagt hatte. Er richtet die Hand auf ihn und saugt seine Seele raus. Man kann beobachten, wie ein weißer Streifen in Lian hineinfließt. Der Punker sackt zu Boden. Die anderen Jugendlichen sitzen nur da und schauen zu uns herüber, zeigen aber keine Reaktion. „Jetzt du“, fordert Lian mich auf. Ich beschließe es doch zu tun, da diese Junkies eh keine Zukunft mehr haben. Ein Mädchen in unserer Nähe hat es mir besonders angetan. Sie schaut ganz benebelt zu mir herüber. „Aufstehen sofort“, verlange ich von ihr. Und tatsachlich- sie macht es auch noch. Ich richte meine Hand auf sie, schließe meine Augen und sauge ihre Seele in mich hinein. Es hat funktioniert. Das Mädchen sinkt schließlich zu Boden. Ich sehe ein Lächeln in Lians Gesicht. „Siehst du, war doch gar nicht so schwer“, ermutigt er mich. „Danke, ich glaube allein hätte ich das nicht geschafft“, bedanke ich mich bei ihm. „Hier bist du“, höre ich eine Stimme hinter mir. Sie kommt mir bekannt vor. Es ist Gill. „Oh, wie ich sehe, hast du es doch getan. Und gleich zwei“, bewundert sie mich. „Nein…ich…“ Ich will ihr von Lian erzählen, doch als ich mich umdrehe, ist er verschwunden. Habe ich ihn mir nur eingebildet? Nein, das kann nicht sein. Er war doch da! „Komm wir müssen gehen“, sagt Gill und wir fliegen zur Höhle zurück.
„Du kannst jetzt zurück auf dein Zimmer gehen. Morgen beginnt dein Training“, sagt Gill und ich gehe auf mein Zimmer. Ich sehe mich um. Lillianna und Zara scheinen nicht da zu sein. So habe ich etwas Zeit für mich allein.
„Ria“, flüstert eine helle Stimme. „Cheylinn?“, rufe ich, denn ich bin mir sicher, dass sie meinen Namen gerufen hat. Also gehe ich zum Wandspiegel. Cheylinn erscheint in ihrem weißen Kleid. Sie hebt ihre Hand und presst sie gegen den Spiegel. Ich mache dasselbe, sodass meine Hand gegen ihre Hand drückt. Natürlich mit dem Spiegel dazwischen. Sie schließt ihre Augen und ich spüre, dass etwas durch mich hindurch fließt.
„Ria sei vorsichtig! Nichts ist so wie es scheint“, warnt sie mich.
„Was meinst du damit?“
„Diesen Jungen.“
Ich wusste, dass ich mir Lian nicht eigebildet habe!
„Aber was ist mit ihm?“
„Lian ist nicht gut für dich:“
„Woher weißt du…“
„Ich habe keine Zeit mehr. Du musst vorbereitet sein, bis das Tor zur Finsternis geöffnet wird.“
„Was für ein Tor? Wovon redest du?“
Doch Cheylinn tritt vom Spiegel zurück und verblasst. Immer verfolgen mich ihre Worte. Was könnte sie gemeint haben? Was ist mit Lian? Ich lasse mich auf mein Bett fallen und versuche zu schlafen.
„Leandra mein Schatz. Wach auf, du hast lange genug geschlafen!“, weckte mich eine Stimme, die mir ziemlich bekannt vor kam. „MAMA!!!“
„Komm Liebling. Das Frühstück ist fertig.“
Ich traue meinen Augen nicht. Meine ganze Familie sitzt wie gewohnt am Frühstückstisch. Mein kleiner Bruder Derek, meine große Schwester Marissa, mein Vater Enric und meine Mutter Darya. Ich setz mich dazu. Auf meinem Platz neben Derek. Die gute alte Zeit. Wie ich sie vermisst habe.
„Mama, welches Datum haben wir heute?“
Meine Mutter wirft einen kurzen Blick auf den Kalender und antwortet: „ Den 24. September.“ Plötzlich reißt jemand unsere Haustür auseinander. Mehrere Männer ,mit Muster im Gesicht und einem`E` im Nacken, stürmen in unser Haus. Es sind Schatten! „Mama, ihr müsst verschwinden!“, schreie ich. Meine Eltern sehen mich Ahnungslos an, währen meine Schwester versucht den weinenden Derek zu beruhigen. Einer der Schatten hebt Blitzschnell seine Hand und Marissa kracht mit Derek gegen die Wand. Die beiden sind bewusstlos. „Wo ist Ria“, fragt einer der Männer mit einem energischen Blick. Meine Eltern haben keine Ahnung, wovon die Männer reden. Als der Mann keine Antwort bekommt, beginnt er die Seele aus meiner Mutter zu saugen. „Neeeeeiiiiiin! Ich bin hier“, mache ich mich bemerkbar und laufe vor ihnen her. Aber sie wirken so, als können sie mich nicht sehen. Ich versuche den Mann von meiner Mutter wegzustoßen, doch meine Hände greifen einfach durch ihn hindurch. „Du kannst sie nicht retten also versuche es nicht:“, flüstert mir jemand ins Ohr.
Ich springe auf. Wo bin ich? Ich blicke herum und merke, dass ich in meinem Bett liege. Ich sehe neben mich. Lillianna und Zara schlafen. Tausende Fragen schießen in meinem Kopf. Was hat das zu bedeuten? War das alles nur ein Traum?
Erleichtert lasse ich mich auf mein Bett fallen und versuche erneut zu schlafen. Der nächste Morgen beginnt. Jemand streichelt meine Wange. Ohne zu wissen wer oder was es ist, öffne ich meine Augen und erschrecke mich total. Denn vor mir stand Lian. „Hey kleine, Zeit fürs Training." Lian muss sich reingeschlichen haben, denn Zara und Lilianna sind schon weg.

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Tag der Veröffentlichung: 05.04.2011

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