Hallo liebe(r) Leser(in),
in meinem ersten geschriebenen Buch möchte ich euch von dem wohl größten Schritt in meinem Leben erzählen.
Alles Begann im Mai 2010.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich beschlossen, meinen Posten als Teamleiterin bei einer Tochtergesellschaft einer großen Telekommunikationsgesellschaft aufzugeben und mich wieder in die Reihe der "Normalos" zu begeben.
Ich hatte mich bereits Monate vorher immer wieder mit dem Gedanken getragen, diese verantwortungsvolle Position nach Jahren hinzuschmeißen und wieder einfach nur meine vorgegebene Arbeit zu tun.
Ohne hin und her, ohne Improvisation, ohne ständig Rechenschaft für die Fehler anderer ablegen zu müssen.
Einfach nur meine Arbeit machen, nichts anderes.
An diesem Ziel war ich nun, am 4. Mai 2010, angekommen. Endlich. Geschafft.
Ich fühlte mich wie von einer schweren Last befreit und frei.
Ich hatte wieder Zeit um Termine wahr zu nehmen und so beschloss ich, nach Jahren mal wieder meine Frauenärztin zu besuchen.
Zu meinem Termin durfte ich auch gleich die komplette Behandlung genießen.
Beim abtasten der Brust verblieben die Hände meiner Frauenärztin verdächtig lange an einer Stelle und ihr Gesichtsausdruck verhieß auch nichts Gutes. Ich fragte Sie, ob da was wäre und Sie meinte nur, dass Sie sich das gerne mal per Ultraschall ansehen würde.
Gesagt, getan.
Sogar ich als Laie konnte diesen Knoten auf dem Gerät erkennen.
Meine Frauenärztin wollte nun auf Nummer sicher gehen und stellte mir eine Überweisung für die Brustklinik aus und vereinbarte umgehend einen Termin dort.
Unruhig saß ich nun am Tag des Termins in der Wartezone der Brustklinik.
Was würde mich erwarten? Was würden die mir sagen? Wie würde ich mit der Diagnose Brustkrebs umgehen? Fragen über Fragen schwirrten mir durch den Kopf.
Und dann wurde ich aufgerufen. Naja dann schauen wir mal.
Gleiche Prozedur wie bei meiner Frauenärztin, jedoch inklusive einer Biopsie, Mammographie und CT mit Kontrastflüssigkeit.
Ergebnis : Fibroadenom.
Gott sei Dank. Nichts Schlimmes. Trotzdem lasse ich alle 6 Monate meine Brust untersuchen, sicher ist sicher.
Nach diesem positiven Tag hatte ich wieder eine Sorge weniger und konnte mich voll und ganz auf meine Arbeit konzentrieren.
Des Weiteren konnte ich auch wieder einem anderen Hobby nachgehen: Hobby Detektiv …
Ich war im Internet auf ein Forum gestoßen, das sich u.a mit ungeklärten Mordfällen beschäftigt. 2009 hatte ich angefangen dort zu recherchieren und mich mit anderen Interessierten über diese Fälle auszutauschen.
Dies gefiel meinem damaligen Freund überhaupt nicht, da ich dort wirklich manchmal stundenlang Berichte, Akten und Videos durch stöberte.
Aber es war nun mal mein Hobby und ich wollte mir das auch nicht nehmen lassen.
Inzwischen war es August 2010.
Ein sehr verlockendes Angebot sprach Mitarbeiter in meinem Alter an.
Ein Abfindung in angemessner Höhe und da mein damaliger Freund und Ich schon etwas verschuldet waren, beschloss ich dieses Angebot anzunehmen.
Anders wären wir auch aus dieser Schuldenspirale nicht mehr raus gekommen.
Und ich konnte einen lang gehegten Traum damit endlich in die Tat umsetzen:
Ein Fernstudium zur psychologischen Beraterin.
Also leitete ich alles in die Wege und so war mein letzter Arbeitstag, der 31.10.2010, im Vertrag angegeben.
Bis dahin hatte ich wahrlich auf Arbeit ein Leben wie Gott in Frankreich.
Ich hatte einen Job der einfach war und mir richtig Spaß machte.
Von meinem Vorgesetzten hatte einen Freifahrtsschein erhalten und ich ging arbeiten obwohl ich auch zuhause hätte bleiben können.
Doch das wollte ich nicht.
1. Wollte ich meine Arbeit bis zum Schluss machen und
2. Wollte ich meinem damaligen Freund aus dem weg gehen.
Der hatte nämlich das Geld das ich aus der Abfindung erhalten sollte und welches Ich bereits zur Schuldentilgung veranschlagt hatte, anderweitig verplant.
Und zwar für ein neues Auto.
Ich hatte ihm klar und deutlich gesagt, dass es kein neues Auto benötigt und trotzdem wurde ich immer wieder damit von ihm konfrontiert.
Und ich weiß nicht ob Sie dieses Gefühl kennen, aber es ist als würden einem die Schuppen von den Augen fallen. Als wenn man endlich klar sieht.
Von ganz alleine kam ich nicht zu der Erkenntnis, dass mein damaliger Freund mich nicht respektiert, mich bei Anschaffungen, Entscheidungen die anstanden überging, schlecht über meine Familie dachte und dies auch meiner Familie gegenüber zum Ausdruck brachte.
Die Augen gingen mir auf, durch einen Menschen, den ich in diesem speziellen Forum im Internet kennen lernen durfte.
Im September 2010 kamen wir im Forum ins Gespräch.
Schnell merkte ich, dass da jemand auf der anderen Seite an seinem PC saß, der mir unheimlich zusagte.
Der interessiert war, der nachfragte, der lobte und kritisierte. Der mir so viel näher war, als mein damaliger Freund.
Da konnte doch etwas nicht richtig sein …
Skeptisch wie ich nun mal bin, checkte ich mein Gegenüber aus dem Forum natürlich komplett ab. Überprüfte die Angaben die er mir aus seinen Erzählungen her übermittelte.
Er könnte ja ein Verbrecher sein. Schließlich lief damals im Fernsehen auch gerade eine Doku Reihe: Tatort Internet!
Ich war hin und her gerissen. Einerseits diese unendliche Neugier, anderseits die Angst vor dem was dabei raus kommen könnte.
Mein damaliger Freund bekam auf jeden Fall mit, das ich doch nun viel mehr am PC im Internet rumhing als vorher. Und bald stellte sich für mich auch raus, dass ich mit dem Mann aus dem Forum mehr teilen wollte als nur den PC.
Ich musste klar Schiff machen und erzählte zuerst meinen Eltern und meiner Schwester von meiner Bekanntschaft. Die waren natürlich alles andere als begeistert als sie erfuhren, dass es sich um eine Internetbekanntschaft handelte, weil: Tatort Internet! im Fernsehen lief.
Nun ging es also darum, meine Familie erst einmal zu beruhigen. Als mir das gelungen war, ging es darum meinem damaligen Freund reinen Wein einzuschenken.
Das ganze möchte ich jedoch nicht erläutern, es wäre zu ausschweifend und ich glaube, jeder weiß oder kann sich zumindest vorstellen, wie das abgelaufen ist.
Fakt ist, ich hatte mich getrennt. Ich hatte bald keinen Job mehr, aber dafür mal ein bisschen Geld um Schulden zu bezahlen. Ich hatte ein Haus und einen Hund, drei Katzen, Schlangen, Ratten, eine Bartagame, eine Schildkröte und zwei Pferde.
Aber ich war endlich frei und ich habe einen ganz tollen Menschen an meiner Seite.
Ich habe eine tolle Familie. Was kann da schief gehen? Nicht mehr als vorher.
Es war eine harte Zeit. Eine Zeit der Entscheidungen und Entbehrungen.
Aber ich habe bis heute nicht einer dieser Schritte bereut.
Manchmal muss man einen auf den ersten Blick ungemütlicheren Weg einschlagen um anschließend zu merken, dass man sich all die Jahre zuvor gequält hat.
Manchmal muss man einem Menschen auf Wiedersehen sagen, um einem anderen ein Herzlich Willkommen zu schenken.
Manchmal muss man Altlasten abwerfen, um für neue Dinge frei zu sein.
Manchmal muss man auch einfach mal an sich denken.
Denn wer immer nur an andere denkt und sich darüber Gedanken macht, wie es anderen bei etwas geht, der verliert sich selbst aus den Augen.
Und wem es selbst nicht gut geht, der kann auch anderen nicht gut tun.
Und manchmal muss man einfach nur Tabula Rasa machen.
Tag der Veröffentlichung: 05.07.2011
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