Cover




Die Kameras stehen in Position, der Tontechniker gibt
per Nicken sein Ok, die Moderatoren stehen bereit, das Licht geht an. Die Show kann also beginnen. Eigentlich sollte jetzt die Musik laufen und die Moderatoren sollten ihren Platz einnehmen und den Text vom Teleprompter ablesen. Stattdessen hörte man ein schrilles Pfeifen und zu allem Überfluss ging auch noch die Nebelmaschine los.Das wäre nicht wirklich ein Problem, wenn nicht irgendein Idiot statt dem üblichen Propylenglykol-
Wasser-Gemisch etwas anderes eingefüllt hätte. Der Wirkung nach zu schließen, müsste es sich um Distickstoffmonoxid (auch als Lachgas bekannt) handeln. Die junge Moderatorin, die sich lieber als Vjane bezeichnen ließ, fing unkontrolliert an zu kichern und fiel von ihrem Stuhl. Ihr Kollege war gleich ohnmächtig geworden. Um die Situation nicht eskalieren zu lassen und vor allem um die technischen Dinge im Studio vor jeglichen Gefahren zu retten, ließ die Regieleitung die Nebelmaschine kurzerhand nach draußen schieben, da ein Abschalten aufgrund irgendeines Defektes nicht mehr möglich war.
Cassie war Regieassistentin und obwohl ihr der Job die meiste Zeit Spass machte, mochte sie solche Situationen überhaupt nicht. Es blieb nämlich stets an ihr hängen, sich um die Angelegenheiten zu kümmern. Also rief sie sogleich den Notarzt, den PR-Futzi und natürlich die Anwälte an.
Solche Vorkommnisse durften nicht an die Öffentlichkeit gelangen, also mussten entsprechende Schritte eingeleitet werden. Die Anwälte dienten nur dazu jeden Mitarbeiter daran zu erinnern, was ihm blühen würde, wenn irgendetwas ausgeplaudert werden sollte.
Sie arbeitete jetzt seit 8 Monaten für GHY. Der Sender für Götter, mythologisches und alles andere auch. Er kam gut an und die Einschaltquoten waren sehr hoch, was wohl auch an ihren Förderern lag. Der Rat der Götter saß nämlich im Vorstand des Senders.
Im Studio selbst war der Empfang immer schrecklich, also war sie nach draußen gegangen.
Sie stand unter einem kleinen Vordach und besah sich die herannahenden Wolken. Es würde regnen, vielleicht auch stürmen und ausgerechnet heute hatte sie keinen Schirm dabei, aber da sie sich die meiste Zeit sowieso wie ein begossener Pudel vorkam, war das nichts neues für sie. Als sie sich gerade umdrehen wollte, um wieder herein zu gehen, bemerkte sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Ein Schatten verschwand gerade hinter einer Ecke. Neugierig folgte sie ihm. Falls es ein Unbekannter war, konnte sie vielleicht an ihm ihren Frust auslassen.
Der Schatten gehörte einer schwarz gekleideten Person, die mit verschränkten Armen vor dem Regisseur stand und dabei ungeduldig mit einem ihrer Stiefel auf den Boden klopfte. Cassie schlich vorsichtig näher. Der Regisseur stand mit hochrotem Kopf da und gestikulierte wild.
„Es wurde mir zugesagt! Sie können jetzt nicht einfach aussteigen.“ Die Person schien nicht beeindruckt von seinen Worten zu sein. Cassie konnte nun erkennen, dass die Gestalt eine junge Frau war. Sie hatte kinnlanges schwarzes Haar, wobei je eine weiße Strähne ihr Gesicht umrahmte.
„Ich bin nicht deswegen hier und das habe ich Ihnen bereits gesagt. Sie stehen auf der Liste und müssen mich jetzt begleiten!“ Der Regisseur hatte ihr nicht zugehört, wie sonst auch. Er massierte sich genervt die Schläfen, das war eine seiner neuesten Angewohnheiten. Cassie hasste ihn aus tiefster Seele und hoffte jeden Tag, dass sein Kopf explodieren würde. Sie hatte schon Zeichnungen dazu angefertigt, die sie vorsorglich jedoch immer verbrannte.
„Wenn Sie die Show machen, warum sind Sie dann hier?“ Die junge Frau verdrehte die Augen, nahm ihr Smartphone aus einer Innentasche ihres Kurzmantels und wählte eine Nummer. Sie lächelte den Regisseur kurz an und drehte sich dann zur Seite.
„Jack, hol ihn ab! Der ist mir wirklich zu blöd. Ach ja und nimm die Sense mit. Vielleicht hört er ja dann mal zu! Bis später!“ Sie legte auf, musterte den Regisseur nochmal und ging. Sie lief ausgerechnet auf die Stelle zu, an der Cassie sich an die Wand gelehnt hatte, um zu lauschen. Nervös sah die Regieassistentin sich um. Panisch suchte sie nach ihren Zigaretten, dann fiel ihr jedoch ein, dass diese friedlich in ihrer Tasche lagen, die sie im Studio gelassen hatte. Resigniert schloss sie für einen Moment die Augen und hoffte, dass die junge Frau einfach an ihr vorbeigehen würde.
„Keine Sorge, er weiß nicht, dass Sie gelauscht haben!“ Cassie riss die Augen auf und starrte die Frau nur an. Als sie sich etwas gefasst hatte, räusperte sie sich kurz.
„Ähm, also, ich habe nicht, also ähm, wissen Sie, hm, nein, ich habe nicht...gelauscht!“ Innerlich schalt sie sich eine Idiotin. Nach diesem Satz war es mehr als offensichtlich, aber der Frau schien das egal zu sein. „Falls dieser Mistkerl da hinten dir irgendwas bedeutet würde ich hingehen und mich verabschieden!“ Sie lächelte dabei freundlich. Cassie sah nur kurz zu ihrem Chef und verzog angeekelt den Mund. „Wer sind Sie eigentlich? Ich habe Sie hier noch nie gesehen!“
Anstatt auf die Frage zu antworten, klopfte ihr die Frau nur aufmunternd auf die Schulter und stellte sich direkt neben Cassie. „Wer ich bin spielt für dich noch keine Rolle. Genieße einfach die Show!“
Und was für eine Show nun folgen sollte. Im Fernsehen hätte sie wohl hohe Einschaltquoten erreicht.
Um den Regisseur bildete sich langsam ein feiner Nebel und eine Art von Dämmerung setzte ein. Aus dem Nebel materialisierte sich eine Gestalt in einem schwarzen Umhang mit Kapuze. Ihre Augen glühten rötlich und in der Hand hielt sie eine große, sehr beeindruckende Sense. Langsam hob die Person diese in die Luft. Cassie hielt den Atem an und wartete gespannt auf den vernichtenden Schlag. Die Sense hob sich noch ein weiteres Stückchen und auch die Zeit schien sich langsamer zu bewegen. Wie in Zeitlupe drehte ihr Chef den Kopf zum Umhangträger. Als er die Sense sah, stieß er einen spitzen Schrei aus, machte auf dem Absatz kehrt und rannte weg. Die Gestalt ließ den Arm sinken und drehte sich zu Cassie und der jungen Frau um. Sie erkannte nun, dass es ein Mann war, da er seine Kapuze abgenommen hatte. Er machte eine fragende Geste. Die Frau verdrehte nur die Augen und rief: „Na, lauf schon hinterher. Meinetwegen kannst du ihm die Sense auch in den Rücken werfen.“ Sie wandte sich wieder Cassie zu. „Verzeih mir. Ich hätte mehr erwartet, so als Regisseur. Wie auch immer, hätte ja auch eine gute Show werden können.“ Sie zuckte die Achseln und warf neugierige Blicke zur Studiotür.
„Da drin gibst doch bestimmt was zu essen, nicht wahr?“ Cassie nickte nur langsam und ließ sich dann in das Gebäudeinnere ziehen. Es gab tatsächlich ein kleines Buffet mit Fingerfood, Sandwichs und einer überdimensional großen Schüssel Obstsalat. Die junge Frau leckte sich die Lippen, schnappte sich einen Teller und ging zügig zum Tisch. Genüsslich biss sie in ein Sandwich, packte sich noch drei weitere auf ihren Teller und besah sich das Fingerfood genauer. Sie winkte Cassie zu sich und zeigte auf das Buffet. „Einfach herrlich. Hast du die schon probiert? Lecker,wirklich. Was ist das da?“ Cassie blickte auf das Fingerfood. Eher desinteressiert meinte sie: „Chickencrossies, Wasabi-
Stäbchen, Calamari-Ringe und Kartoffelhäschen!“ Beim zuletzt genannten sah die junge Frau fragend auf. Die Regieassistentin hielt eins der Produkte hoch. „Sie werden mit einem Häschenausstecher gemacht und danach frittiert, soviel ich weiß!“ Die junge Frau schnupperte kurz daran und steckte sich dann eines der Häschen in den Mund. Sie schien zufrieden.
Cassie beobachtete die Frau und wurde dabei immer misstrauischer. Aufgrund ihres Arbeitsplatzes war sie sowieso an vieles gewöhnt, dass für die meisten eher merkwürdig, skurril oder abartig erschien, aber irgendetwas an der Frau schien nicht ganz zu passen. Und diese Aktion draußen mit der Sense? War diese Frau womöglich ein Seelensammler?
„Nein, ich sammele nicht, ich verwalte. Seelensammeln klingt immer so abgedroschen und ich muss dann immer an Ü-Eier denken!“ Die junge Frau stellte sich mit ihrem vollen Teller vor Cassie und sah sie erwartungsvoll und kauend an. Cassie war überrascht, konnte diese Frau Gedanken lesen und warum gefiel ihr der Begriff nicht? War sie eventuell sogar...?
„Cassie, liebes, mach dir bloß nicht zu viele Gedanken darüber und nein, ich kann nicht Gedanken lesen. Ich bin doch kein Medium, aber dein Gesicht sagt mir alles. Ich bin schon eine Weile hier und da sieht und hört man einiges. Aber diese Kartoffelhäschen sind wirklich lecker!“
Cassie setzte sich irritiert auf einen Stuhl, der neben dem Buffet stand. Wer zum Geier war diese Frau und was wollte sie? Sie sah hoch und hoffte, dass ihr Gesicht die richtige Formulierung fand.
„Ok. Gut. Ich bin der Tod. Dein Chef stand auf meiner Liste. Eigentlich kümmere ich mich gar nicht mehr um diese Dinge, aber ich wollte mir diesen Laden mal ansehen!“ Der Tod grinste sie kurz an und nahm dann noch ein Kartoffelhäschen. Cassie wusste immer noch nicht, was sie davon halten sollte. Vor ihr stand der Tod und aß Fingerfood. Der Tod, nicht irgendein Mitarbeiter oder gar ein Mensch, nein, der Tod. Also vollkommen normal, wenn man gerade dabei war seinen Verstand zu verlieren, dachte Cassie. Sie fragte sich immer öfter, warum sie diesen Job eigentlich mal angenommen hatte.
„Weißt du, ich hatte Aphrodite versprochen bei dieser neuen Doku von euch mitzumachen und weil sich das so schön verbinden ließ mit meinem Job, bin ich mal eben vorbeigekommen.“
Klar, genau. Ist ja auch völlig logisch. Den Tod hatte sich Cassie immer anders vorgestellt. In den ganzen Filmen, Geschichten und Darstellungen war es ein Mann. Ein hagerer, eher älteren Kerl oder auch ein Skelett in Kutte, aber dieser Tod war weiblich, hatte eine schwarze Nadelstreifenhose, ein dunkles Oberteil und einen schwarzen Kurzmantel an. Außerdem manikürte Fingernägel, nicht zu vergessen das Smartphone und einen erstaunlichen Hunger!
„Eigentlich muss ich nicht essen, aber das ist einfach köstlich und Jack kocht miserabel! Falls du dich wunderst, wie ich aussehe. Ich brauchte mal eine Veränderung und die heutigen Möglichkeiten sind fantastisch.“ Sie schob sich dabei immer mal wieder einen Happen in den Mund. Verstohlen blickte sie zum Buffettisch.
„Du willst mir wirklich erzählen, dass du der Tod bist. Der Tod?“ Tod nickte kauend.
„Ok, ähm, und wer ist eigentlich Jack?“ Cassie saß etwas belämmert auf dem Stuhl und sah die Frau fragend an.
„Jack ist einer meiner Assistenten. Sehr zuverlässiger Kerl und er weiß, wann er die Klappe halten muss. Du wirst das aber alles noch genau erfahren, denn immerhin machst du ja die Doku!“
Cassie sah überrascht auf. „Hä? Ich meine, wie bitte?“
Tod grinste nur. „Ist doch ganz einfach. Da dein Chef nicht mehr ist, wirst du befördert und du wirst dich wohl nicht so dämlich anstellen! Ich schicke nachher Lisa vorbei. Sie wird mit dir die Einzelheiten besprechen und dann sehen wir uns morgen früh!“
Mit diesen Worten verschwand Tod einfach ins Nichts. Cassie sah sich verwirrt um, aber außer ihr hatte scheinbar niemand Tod bemerkt. Als sie gerade aufstehen wollte, um sich über die neue Doku-Serie zu informieren, tauchte Tod wieder auf. „Ähm, entschuldige, ich nehme mir nur noch was für unterwegs mit.“ Sie schnappte sich die ganze Schüssel mit den Kartoffelhäschen und verschwand nun endgültig. Cassie schüttelte nur den Kopf, griff sich ihre Tasche und ging zielstrebig ins Büro ihres mittlerweile verblichenen Chefs. Wo sollte sie nur anfangen? Der Regisseur hatte nicht viel von Ordnung gehalten und ein System, etwas im Sinne eines geordneten Chaos, konnte sie auch nicht erkennen. Auf dem Schreibtisch türmten sich Anfragen, Notizen und jede Menge Essensrechnungen von Restaurants, deren Name sie nicht mal aussprechen konnte, geschweige denn je besuchen würde.
Sie schob den größten Stapel, der die Tastatur bedeckte einfach beiseite und fuhr den Computer hoch. Irgendwo musste doch etwas zu finden sein. In seinem E-Mail Postfach wurde sie fündig.
Es sollte eine neue Doku-Serie geben. Alle möglichen Personen, die vorher von Aphrodite genehmigt werden mussten, sollten interviewt werden. Dabei sollte man sie zu Hause besuchen und ihren Alltag näher beleuchten. Also, so eine Art Mtv Cribs, nur nicht mit Menschen. Das konnte lustig werden, dachte sich Cassie und las sich die Informationen in aller Ruhe durch.
Später würde sie das gesamte Team zusammenrufen und ihnen die Neuigkeiten berichten.
Gesagt, getan. Ihre Kollegen, jetzt ihre Angestellten, waren mit der Entwicklung mehr als zufrieden. Für den nächsten Tag stand das Team bereit, deshalb hatte sie alle in den Feierabend geschickt.
Sie musste jetzt nur noch auf diese Lisa warten. Wer das wohl war? Hatte Tod eine Managerin oder einen PR-Berater? Brauchte Tod überhaupt so etwas? Sie grübelte fröhlich vor sich hin, als sie plötzlich ein Klopfen hörte, dass aber nicht von der Tür kam, sondern aus der Wand hinter ihr. Vorsichtig drehte sie sich um, konnte aber nichts erkennen. Wieder klopfte es.
„Ja? Ist da jemand?“ fragte sie etwas ängstlich die Wand. Neben der Tür entstand langsam eine schwarze Masse, die sich zu einem Durchgang formte. Aus dieser Dunkelheit kam nun eine Frau mit knallroten Haaren, die sie zu zwei Zöpfen hochgebunden hatte, aber nicht die Langstrumpfart. Sie trug Jeans, ein graues HelloKitty T-Shirt und schwarze Schnürboots.
„Hi, ich bin Lisa. Tods neueste Assistentin. Du musst Cassandra sein. Ich dachte, ich klopfe lieber vorher, damit du keinen Schreck bekommst, wenn auf einmal jemand wildfremdes in deinem Büro steht!“ Sie lächelte freundlich und hielt ihr den ausgestreckten Arm hin. Cassie ergriff reflexartig die Hand und schüttelte diese selbstbewusst. Sie musste sich zusammenreißen und die Assistentin wirkte sehr sympathisch.
„Hallo Lisa. Setz dich doch! Ich habe mich in das Projekt eingelesen und das Team ist auch schon bereit. Was muss noch beachtet werden?“ Cassie öffnete kurz ein Fenster und schmiss zwei Kartons mit undefinierbarem Inhalt heraus, um überhaupt erst einmal einen Platz für Lisa zu schaffen.
Tods Assistentin setzte sich und zog sofort einen Ordner aus ihrer schwarzen Fellumhängetasche. Cassie sah sie skeptisch an: „Ist das Katze?“ Lisa fing an zu lachen. „Nein, Kunstfell, aber sieht toll aus, oder?“ Cassandra nickte und setzte sich in ihren Bürostuhl. Sie versank fast darin, so riesig war er, aber ein richtiger Chefsessel musste groß und beeindruckend sein.
Lisa klappte den Ordner auf, nahm einen Stift zur Hand und lächelte freundlich: „Es gibt nur ein paar einfach Regeln an die ihr euch halten müsst. Regel Nr. 1: Keine Religion!“ Cassie hob fragend die Augenbrauen. „Tod mag diese Fragen einfach nicht. Es ist so, alle Toten kommen zuerst zu ihr und werden dann an die religionsspezifische Abteilung weitergeleitet und falls du Fragen zu den Atheisten hast. Es gibt keine. Menschen glauben immer an irgendetwas und wenn es keine Religion ist dann glauben sie eben an Geld, Macht oder Gummibärchen!“ Cassie nickte und Lisa fuhr fort: „Regel Nr. 2: Keine Fragen zu Todeszeitpunkten! Das ist ganz wichtig. Niemand sollte genau wissen, wann er stirbt.“ Die Assistentin hielt kurz inne, als Cassie jedoch keine Fragen dazu stellte machte sie einfach weiter: „Regel Nr. 3: Frag niemals warum! Wir bilden eine Instanz der Dualität. Kein Leben ohne Tod. Der Grund warum dieser und nicht jener ist überflüssig in unserer Branche.“
Sie klappte den Ordner wieder zu und sah erwartungsvoll auf. Cassie atmete tief durch. Mit den Regeln kam sie zurecht und alles andere würde schon gut gehen, immerhin war sie ein Profi.
„Gut, wenn das dann alle Regeln wären, hätte ich noch einige Fragen!“ Sie holte keinen Ordner heraus, sondern nahm nur einen Post-it-Zettel zur Hand, den sie an den Bildschirm geklebt hatte.
Auf diesem standen nur drei Dinge: Anreise, Verpflegung, Versicherung. Für sie war es wichtig diese Dinge zu klären, denn sie hatte weder vor ihren Job noch ihr Leben in Gefahr zu bringen.
„Da es noch nicht lange her ist, dass ich noch am Leben und ein Mensch war, kann ich deine Bedenken nachvollziehen. Für die Anreise habe ich dir extra Dunkelheit mitgebracht. Ist von Hades und erleichtert das Reisen wirklich. Ein Portal ist nämlich nicht erlaubt bei uns, hat etwas mit der Sicherheit zu tun. Verpflegung solltet ihr besser selbst mitbringen,wir sind eher spärlich ausgestattet.“ Lisa schien etwas eingefallen zu sein. Sie kramte intensiv in ihrer Tasche. Cassie besah sich währenddessen misstrauisch die Flasche Dunkelheit. Die Beschreibung auf der Rückseite konnte sie allerdings nicht entziffern. Zum einen war die Schrift sehr klein und dazu auch noch griechisch. Sie musste sich einfach drauf verlassen, dass alles passte.
„Lisa! Was ist eigentlich mit der Versicherung? Wird meinem Team und mir garantiert, dass wir auch alle wieder lebendig und unversehrt zurückkommen?“ Lisa nickte und triumphierend hielt sie ein einzelnes Blatt Pergament in die Luft.
„In diesen Dingen sind wir sehr altmodisch. Hier steht alles drauf. Ich muss dann auch wieder los. Ich digitalisiere immer noch die Listen. Stell dir vor, da gab es vorher nur Bücher. Riesige, schwere Bücher. Reihenweise, wie in Matrix!“ Sie stand auf, schulterte ihre Tasche und ging zur Wand. Cassie stand auch auf. „Ähm, warte noch. Wie funktioniert Dunkelheit?“ Sie hielt fragend die Flasche hoch. Lisa deutete auf ihre eigene Flasche und warf sie an die Wand. Es erschien eine wabernde schwarze Masse, die sich wie vorhin zu einem Durchgang formte. „Bis morgen um 8:13 Uhr!“ Dann verschwand sie und die Dunkelheit gleich mit ihr. Hätte ihr jemand vor 8 Monaten erzählt, dass sie ein Interview mit dem Tod führen würde und zu allem Überfluss auch noch in dessen Unterkunft, Heim oder Domizil oder wie auch immer man das nennen konnte, dann hätte sie denjenigen wohl ausgelacht.Wie wohnte Tod? Brauchte man ein Schlafzimmer nur, wenn man auch schlief?
Am nächsten Tag waren alle gerüstet. Sie standen vor dem Studio und warteten auf Cassie, die gehetzt mit einem Coffee to go und ihrer Tasche, die ihr am Ellbogen hing, angerannt kam. Ihre Haare sahen nach Vogelnest aus und sie wirkte gehetzt und verschlafen zugleich. Ihre Mitarbeiter schien das nicht zu stören. Sie begrüßte sie kurz und warf gleich die Flasche Dunkelheit an die Wand. Beeindruckt wich das Team zurück, sie waren zwar schon einiges gewohnt, aber wabernde schwarze Masse, die sie auch noch betreten sollten, war doch etwas ungewöhnliches. Cassie schritt selbstbewusst voran und versuchte noch schnell ihre nicht vorhandene Frisur zu richten. Die Reise währte nur kurz. Auf der anderen Seite wurden sie bereits freudig von zwei ausgewachsenen, aber toten, Dobermännern begrüßt. Am Bauch hing ihnen die Haut in Fetzen herunter und ihre blanken Knochen blitzten verstohlen heraus. Alle schluckten erst einmal den ersten Schock herunter. Sie standen in einer Art riesigen Höhle, die nur dürftig beleuchtet war. Cassie versuchte einen Schritt nach vorne zu machen, da fing einer der Hunde an zu knurren. Sie zog ihren Schuh wieder zurück und grinste ihre Mitarbeiter aufmunternd an. Bevor sie jedoch alle in Panik verfallen konnten, kam Lisa aus einem Schatten und winkte ihnen zu. Sie warf einen Blick auf die beiden Dobermänner und schnalzte kurz mit der Zunge.
„Missy! Herbert! Bei Fuß!“ Die Hunde folgten aufs Wort und trotteten gemächlich zu Lisa, an deren Seite sie sich niederließen. Sie kam auf die Gruppe zu und reichte jedem die Hand zur Begrüßung. „Hi, Leute. Die Beiden sind harmlos, nur Herbert sabbert manchmal zu viel. Schön, dass ihr her gefunden habt. Leider hat sich eine Planänderung ergeben. Wir haben momentan wahnsinnig viel zu tun und müssen auch gleich wieder los.“ Cassie schüttelte Lisas Hand und sah sie fragend an: „Sollen wir vielleicht einen anderen Termin ausmachen?“ Die Assistentin schüttelte den Kopf: „Nein, nein. Tod will das ihr mitkommt. Allerdings nur zwei, sonst wird es zu umständlich.“ Cassie nickte. Bis auf den Kameramann schienen alle erleichtert. Die anderen drei Mitglieder ihres Teams verschwanden wieder durch die Dunkelheit. Cassie und der Kameramann folgten Lisa. Sie liefen durch einen langen Gang, der ebenfalls nur spärlich beleuchtet war. An dessen Ende traten sie durch einen gleißend hellen Eingang und standen auf einer Straße.
Lisa lächelte: „Ja, das war der berühmte Tunnel. Ich frage mich immer warum die Leute glauben, dass dieses Licht den Tod bedeutet. Es führt sie eigentlich nur wieder zurück. Wir müssen jetzt hier entlang zu dem Gebäude.“ Sie zeigte auf ein Mehrfamilienhaus ein paar Meter weiter. Der Kameramann setzte sich die Kamera auf die Schulter und fing an zu filmen. Cassie folgte den beiden. Den Text würden sie bei der Nachbearbeitung einbauen. Erstmal waren die Aufnahmen wichtig. Tod wartete an der Haustür auf sie. „Oh hallo. Wir besuchen heute eine alte Dame, deren Zeit gekommen ist. Sie wohnt im ersten Stock, ist 76 Jahre alt und eine Katzenliebhaberin. Ihr müsst euch keine Gedanken machen, sie kann euch nicht sehen.“ Sie nickte kurz und alle folgten ihr die Treppe hinauf. Die alte Frau saß in einem Sessel vor dem Fernseher und strickte. Als sie eintraten hob sie nicht mal den Blick. Tod hatte mit der Sichtbarkeit nur teilweise Recht. Menschen konnten sie nicht sehen, aber Tiere durchaus. Die Frau besaß 5 Katzen und alle starrten sie mit gesträubtem Fell auf die Ankömmlinge. Cassie fühlte sich unwohl, die anderen irgendwie nicht. Tod ging an den Katzen vorbei und setzte sich auf einen Hocker, der direkt neben dem Sessel stand. Der Kameramann ging näher heran. Ihn beachteten die Katzen auch nicht wirklich. Lisa stand an der Tür und schien irgendwas in ihrem Smartphone zu überprüfen.
„Hallo Margarete!“ Tod sprach mit sanfter Stimme, um die Frau nicht zu erschrecken. Diese ließ genervt die Stricknadeln sinken. „Du bist zu früh!“ Cassie blickte überrascht auf. Das hatte sie nicht erwartet. Tod verdrehte nur die Augen: „Margarete, es ist Zeit!“ Diesmal sprach Tod etwas eindringlicher. Die alte Dame schien sich jedoch nicht dafür zu interessieren. Sie drehte den Fernseher lauter und widmete sich wieder ihrer Strickarbeit. „Nein, ich habe meiner Enkelin versprochen, dass sie diesen Schal bekommt. Ich gehe erst, wenn er fertig ist. Basta!“ Tod seufzte, stand auf und ging zu Lisa herüber. Sie blickte nun auch auf das Display des Smartphones.
„Wie lange noch?“ Die Assistentin sah kurz zur alten Frau. „Zwei Minuten!“
Tod ging wieder zum Hocker und setzte sich. Sie schlug die Beine übereinander und lächelte Cassie an. „Das kann manchmal passieren. Wir haben immer einen gewissen Puffer musst du wissen.“
Cassandra nickte etwas abwesend. Die Katzen hatten sich mittlerweile in ihre Richtung bewegt und das nach wie vor gesträubte Fell machte sie nervös.
Der Kameramann sah kurz zu ihr herüber. Cassie winkte nur ab. Er konnte ruhig weiterfilmen. Dafür wurde er ja bezahlt und schneiden konnte man immer noch. Die alte Dame schien mit ihrer Arbeit fertig zu sein. Sie faltete behutsam den Schal und legte ihre Stricknadeln darauf, anschließend schaltete sie den Fernseher aus und blickte ungeduldig zu Tod. Diese nickte. „In Ordnung. Lisa! Es ist Zeit. Bist du bereit?“ Lisa nickte, packte ihr Smartphone in ihre Tasche und nahm eine winzig kleine Sense heraus. Als sie das niedliche Ding etwas mehr als 30cm von ihrem Körper weghielt, fing es an zu wachsen. Es vergrößerte sich so lange bis es die angemessene Sensenhöhe erreicht hatte. Damit ging Lisa auf Margarethe zu, um sie damit zu berühren.
Cassie und der Kameramann starrten gebannt auf die Szenerie. Selbst die Katzen schienen wie hypnotisiert hin zu starren. Tod ging langsam ein paar Schritte zur Seite.
„Lisa muss lernen, wie man das professionell erledigt. Das gehört nämlich auch zu den Aufgaben eines Assistenten. Jetzt kommt der wichtigste Teil.“ Lisa ging stolz erhobenen Kopfes immer näher an die alte Frau heran. Margarethe schien das alles zu lange zu dauern. Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah skeptisch mit erhobener Augenbraue die Sense an.
„Na, komm schon, Mädchen! Das kann doch nicht so schwierig sein!“ Tod verschränkte die Arme vor der Brust: „Margarete! Sei ruhig und lass sie machen!“ Lisa ließ sich nicht beeinflussen. Sie kannte ihre Aufgabe und hatte wochenlang dafür trainiert. Für Außenstehende mag es einfach aussehen, eine Sense in die Hand zu nehmen und jemanden damit zu berühren. Das war es aber ganz und gar nicht. Die Sense musste geführt werden, wie ein störrischer Esel und wem das nicht gelang, der konnte durchaus auch mal den falschen treffen. Das bedeutete vor allem mehr Arbeit für Tod und aus diesem Grund wählte sie ihre Assistenten sorgfältig aus, damit das auch nicht vorkam.
Lisa stand nun direkt vor der alten Dame und begann den üblichen Text: „Margarete! Deine Reise auf dieser Welt ist beendet!“ Mit diesen Worten berührte sie die Frau mit der Sense an der Schulter. Eine Art Nebel löste sich und verschwand in der Klinge der Sense. Margarete sank auf ihren Sessel und schloss zufrieden ihre Augen. Die Sense verkleinerte sich wieder und Lisa steckte sie weg. Tod klopfte ihrer Assistentin auf die Schulter und wandte sich der Kamera zu. „Die Aufgabe ist erfüllt. Wir können nun zum nächsten Kandidaten reisen!“
Cassie nickte dem Kameramann zu und dieser nahm die Kamera wieder von der Schulter. Lisa grinste über beide Ohren und schien sehr zufrieden mit sich zu sein.
„Wohin geht es jetzt?“ Cassandra war neugierig geworden und wenn die nächsten auch so waren, wie diese Frau, dann versprach die Doku hervorragend zu werden. Tod wollte gerade antworten, als sie von einer Mundharmonika unterbrochen wurde. Cassie erkannte die Melodie sofort. Sie hatte sich genügend Western mit ihrer Urgroßmutter angesehen.
Tod griff sich ihr Smartphone: „Was denn? Ich arbeite.“ Eine Weile hörte sie nur zu und nickte. „Ihr habt was? Was ist mit den zusätzlichen Räumen?“ Der Tod wirkte aufgebracht. Genervt seufzte sie kurz. „Gut, dann fragt bei Lu nach, ob er sie solange zwischenlagern kann. Wir kommen zurück. In der Zwischenzeit soll Jack sich um die Liste kümmern.“ Sie legte auf und schritt den Raum ab. Niemand sagte ein Wort. Mag es die Präsenz des Todes sein oder auch nur die Tatsache, dass keiner so recht wusste, was er sagen sollte. Tod sah Cassie kopfschüttelnd an. „Ihr Sterblichen. Es ist mir schleierhaft, dass ihr immer noch existiert. Wenn dieses Logistik-Problem nicht wäre, würdet ihr nicht so lange leben.“ Zu Lisa gewandt meinte sie: „Bring die beiden zurück und wartet im Wohnzimmer auf mich. Wir sehen dann weiter.“ Die Assistentin nickte und bugsierte Cassie und den Kameramann zu einer Wand, warf ein Fläschchen Dunkelheit dagegen und schob sie einfach durch. Auf der anderen Seite kam einer der Dobermänner auf sie zu getrottet. In seinem Maul transportierte er einen Oberschenkelknochen. Lisa entschuldigte sich kurz und ging auf den Hund zu. „Herbert, wo hast du den schon wieder her? Nein, ich spiele jetzt nicht mit dir.“ In diesem Moment trat auch Jack mit Missy im Schlepptau durch eine Tür. Lisa atmete erleichtert auf.
„Jack, wunderbar. Kannst du Herbert mitnehmen, wenn du gehst und vielleicht kannst du herausfinden, wem ein Knochen fehlt. Danke sehr!“ Jack nickte nur und nahm den Hund am Halsband mit. Missy blieb da und schnüffelte interessiert am Kameramann, der nicht allzu glücklich darüber wirkte. Lisa wies auf eine schwarze Couch. „Setzen wir uns doch. Ich glaube, dass es noch eine Weile dauern könnte. Kann ich euch etwas anbieten oder habt ihr noch irgendwelche Fragen?“ Cassie und der Kameramann warfen sich kurz einen Blick zu und setzten sich dann auch auf das Sofa. „Dieses Logistik-Problem besteht das schon lange?“ Lisa seufzte über die Frage. „Naja, ein paar Jahrhunderte geht es gut, dann gibt es wieder ein paar kritische Momente, aber in der letzten Zeit. Ich weiß auch nicht. Es ist eigentlich ganz gut, dass die ganzen Gottheiten wieder aufgetaucht sind. Immerhin können wir jetzt einige der Kandidaten abgeben. Lu kann auch nicht alle aufnehmen.“ Cassie blickte irritiert auf. Sie hatte Missy beobachtet, deren Augen ungewöhnlich rot leuchteten. „Bitte? Lu? Wie in Luzifer?“ Lisa nickte und grinste. „Jap, er ist wirklich in Ordnung. Wenn man ein riesiges weltumspannendes Unternehmen leitet, dann glauben die Leute immer man müsste ein Monster sein oder abgrundtief böse, aber so ist er nicht. Gut, man sollte sich nicht mit ihm anlegen und er weiß definitiv, wie man Feinde vernichtet, aber sonst ist er wirklich nett!“ Cassie sah nur skeptisch in Lisas Richtung. Das mochte durchaus alles stimmen, aber sie wollte Lu doch lieber nicht begegnen. Andererseits zeigte sich auch Tod anders als erwartet.
Jetzt saßen sie alle schweigend nebeneinander und warteten. Nicht gerade spannend, also sah sich Cassie ein bisschen um. Das „Wohnzimmer“ war recht groß und erinnerte an ein Loft. Das riesige schwarze Sofa stand fast in der Mitte des Raumes, sie erkannte aber auch diverse Sessel an einem Kamin in einer Ecke und gegenüber zwei überdimensionale Sitzkissen an einem sehr hohen Bücherregal. Was Tod wohl gerne las? Lisa bemerkte ihren Blick und grinste: „Keine Todesanzeigen! Sie liest wahnsinnig gerne Krimis. Außerdem ist sie immer neugierig, wenn es neue Theorien über sie gibt. Manche sind ganz gut, andere weniger.“ Cassie nickte nur und sah sich weiter um. Direkt gegenüber des Sofas befand sich ein Torbogen, der in einen anderen Raum führte. Allerdings war es zu dunkel, um etwas zu erkennen. „Wohin führt dieser Durchgang?“ Lisa sah nun auch in die Richtung. „Zu Leben! Sie sehen sich nicht all zu oft. Sie sind einfach zu gegensätzliche Persönlichkeiten!“ Klang irgendwie logisch. Wenn es den Tod gab, musste es scheinbar auch das Leben geben. Wie das wohl aussah? Lisa lächelte, als schien sie Cassies Gedanken lesen zu können. „Weißt du, als ich hier anfing, hatte ich die gleichen Fragen. Ich könnte euch noch ein bisschen hier herumführen. Vielleicht ist Tod dann wieder da.“ Lisa sah auf die noch unschlüssigen Gäste herab. „Kommt schon! Hier entlang!“ Der Kameramann ging wieder seinem Job nach und Lisa führte sie zu einer Tür neben dem Kamin.
„Spielen wir ein bisschen Mtv. Das ist die Küche. Keiner von uns muss wirklich essen, aber ich kann ohne Schokolade nicht arbeiten und Tod liebt Popcorn und neuerdings Kartoffelhäschen.“ Die Küche hatte mehrere Arbeitsplatten. Eine zog sich an der Wand entlang, die andere stand in der Mitte einer großen Kochinsel. Sie bestanden aus schwarzem Marmor mit kleinen Sprenkeln, die das Licht reflektierten. Ein riesiger Doppelkühlschrank dominierte die rechte Seite.
„Sehen wir doch mal hier hinein. So läuft das doch bei Mtv auch immer ab.“ Er war gefüllt mit jeder Menge Flaschen und Behältern, die unterschiedlichste Flüssigkeiten enthielten. Auf der anderen Seite türmten sich Tupperware-Dosen in den vielfältigsten Farben und Größen. „Jack kocht leidenschaftlich gern. Er kann es zwar nicht und niemand will es essen, aber er tuts trotzdem. Manchmal bekommen die Hunde etwas davon, wenn sie nicht brav waren!“ Sie grinste und führte sie weiter. Sie gingen eine gewundene Treppe hinauf und kamen in einen breiten Gang an dem verschiedene Türen abgingen.
„Die wichtigsten Assistenten haben hier ihre Räume. Wir haben nämlich auch Freizeit und dann können wir tun, was wir wollen. So ziemlich zumindest. In eure Welt dürfen wir ohne Auftrag allerdings nicht.“ Sie gingen weiter und blieben vor einer Doppeltüre stehen.
„Das ist ein ganz besonderer Raum.“ Lisa sprach ehrfürchtig und betätigte einen Knopf, woraufhin sich ein Tastenfeld öffnete. Sie gab einen ungeheuer langen Code ein und die Türen gingen zischend auf. „Das ist der Serverraum. Habe ich mir ausgedacht. Digital ist die Zukunft und viel praktischer. So konnten wir zusätzlichen Raum gewinnen und den brauchen wir, wie ihr ja vorhin mitbekommen habt.“ Lisa winkte sie herein und die Beiden folgten vorsichtig. Plötzlich hörten sie eine Melodie und wieder erkannte Cassie sie auf Anhieb. „Tomoyasu Hotei, nicht wahr?“ Lisa sah sie überrascht an und nickte. „War doch ein geiler Film? Ich dachte, der passt ganz gut zu meinem Job!“ Diesmal nickte Cassie und auch der Kameramann schien zu wissen, welcher Film gemeint war, denn er grinste. Lisa griff in ihre Hosentasche und ging gleich ans Handy. Eine Weile hörte sie zu und ihr Miene verfinsterte sich zusehends. „Klar, ich bin gleich unten.“ Cassandra sah sie fragend an. „Ihr beide kommt auch mit. Das könnte der perfekte Abschluss eurer Doku sein!“ Auf die fragenden Blicke ging Lisa gar nicht ein. Sie verschloss die Tür wieder und ging zu einem riesigen Schacht, der aus der Wand ragte. „Das ist wirklich der schnellste Weg. Geht direkt in die Zentrale.“ Mit diesen Worten schubste sie Cassie und den Kameramann einfach den Schacht hinab. Kurz darauf sprang sie hinterher. Sie landeten sicher auf einer Matratze und standen etwas unbeholfen auf. Der Kamera war nichts passiert, trotz der rasanten Fahrt und der unsanften Landung. Tod stand etwas abseits mit verschränkten Armen und genervtem Blick vor einem Fließband auf dem vier Leichen standen und sangen.
Cassie musste sich das Grinsen verkneifen, hatte aber sichtlich Schwierigkeiten damit: „Habt ihr öfters solche Probleme?“ Lisa fing nun auch an zu grinsen. Es war zwar ganz hilfreich, dass die Gottheiten aufgewacht waren, jedoch waren alle anderen mythologischen Wesen auch wieder mit vollem Einsatz unterwegs. „Das war eine Fee. Sie finden das total witzig.“
Es war ja auch durchaus lustig. Es erinnerte ein bisschen an Corpse Bride, auch wenn sie „Flowers on the Wall“ der Statler Brothers sangen und gekonnt dazu tanzten. Woher einer von ihnen ein Banjo hatte, wusste keiner. Tod kam nun auch zu ihnen herüber. „Ich würde sagen, für heute sind wir fertig. Die Aufnahmen sollten eigentlich reichen. Ich wünsche euch noch eine gute Heimreise. Sobald sehen wir uns nicht mehr!“ Dabei zwinkerte sie ihnen zu und ging wieder Richtung Fließband.
Die Aufnahmen waren im Kasten und Aphrodite hatte auch schon alles gesichtet und war mehr als zufrieden. Cassie war jetzt offiziell Regisseurin und verdiente sehr gut. Sie leitete mehrere Shows und ihr erster Film sollte auch bald erscheinen. Sie hatte eigens einen Elfen mit hervorragenden Ideen zu ihrem Assistenten ernannt. Der Kameramann hatte für seine Aufnahmen sogar einen Preis gewonnen. Tod, Lisa und Jack hatten sich nach erfolgreicher Jagd der Fee eine Pause verdient. Ein DVD-Abend in kleiner Runde soll ja auch entspannend wirken. „Jack, das sind meine Kartoffelhäschen!“

Impressum

Texte: Copyright Bild und Text liegen beim Autoren
Tag der Veröffentlichung: 16.01.2012

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /