„Es ist meine Pflicht, meine Geschäfte auf ethische Weise zu führen und sicherzustellen, dass meine Taten das Wohlergehen der Menschen sowohl innerhalb als auch außerhalb meines Unternehmens positiv beeinflussen.“
Ein hippokratischer Eid für Banker und Banken.
Vorgeschlagen vom britischen ResPublica - einer sozialliberalen Denkfabrik.
Ein Webfehler des Bankensystems ist, dass die Banken keiner Ethik unterliegen, keiner Moral folgen und keine gesellschaftliche Bindung haben. Ein hippokratischer Eid für Banker könnte einen Teil der Lösung darstellen - Paul Chisnall, Chef der britischen Bankenaufsicht.
Am Ausgang der Finanzkrise befindet sich Europa vor einer Finanzkrise II, die geeignet ist, alles bisher Dagewesene weit zu übertreffen.
Euroland - Rekursion geht der Frage nach, dass und warum es zu einer Wiederholung einer Situation kommt, die Europa und den Euro vor eine Zerreißprobe stellt. Die Autoren rekapitulieren das in den vorherigen Ausgaben dargestellte politische Patt und setzen in neuen Kapiteln die Chronologie der Entwicklung fort.
Ist Europa in der Lage, die Krisen zu bewältigen, sein Zusammenleben zu reformieren für Wohlstand und Sicherheit seiner Bürger? Hierbei sind die Banken Teil des Problems und bisher nicht Teil der Lösung.
Rekursion bedeutet Schleife, ein Begriff aus der Informatik. Für eine Schleife wird eine Bedingung definiert, die erfüllt werden muss, um die Schleife zu beenden. Wird die Bedingung nicht erfüllt, muss die Schleife immer wieder durchlaufen werden, es geht nicht weiter im Programm.
Folgt man der Chronologie der Finanzkrise, wird deutlich, dass trotz großer Worte und Ankündigungen nichts geändert und nichts erreicht wurde, nichts in der Ökonomie und nichts in der Politik. Für den Staat ist das Ergebnis „außer Spesen nichts gewesen“.
Erste Stimmen von Wissenschaftlern und Finanzmarktexperten sehen bereits eine Finanzkrise II heraufdämmern, einen wiederholten Schleifendurchlauf.
Die Politik Europas hat sich in einem Patt festgefahren. Die Nationalstaaten achten auf die Wahrung ihrer Interessen. Die Europapolitik besteht in der Wiederholung alter Floskeln: „Man brauche eine Regierung Eurolands“, hieß es mittelbar vor der Krise und heißt es mittelbar nach der Europawahl noch immer. Gleichzeitig achten die Staaten auf ihre Souveränität und wollen eines ganz sicher nicht, eine Regierung Eurolands. Eine solche Regierung ist in Würdigung der Ergebnisse der Europawahl gegen den Widerstand der Bürger in den Staaten Europas auch nicht durchsetzbar.
Trotz der mit Inbrunst durchgesetzten Sparpolitik steigt die Staatsverschuldung weiter an.
Die Lage in Europa gleicht bereits wieder dem Vorkrisenniveau. Die auslösenden Kreditverbriefungen haben nie gesehene Höhen erreicht, die Risikofreude der Kapitalanleger, die Bilanzvolumen der Schattenbanken weisen darauf hin, dass alles beim Alten geblieben ist. Das System wurde nicht reguliert oder reformiert.
Das Bilanzvolumen der europäischen Banken beläuft sich auf 9 Billionen Euro, das ihrer Schattenbanken beträgt 71 Billionen Euro. Die Kurse für Aktien und Anleihen liegen weit über dem Vorkrisenniveau.
Eine nicht unmögliche Finanzkrise II wird alles bisher Dagewesene weit übertreffen.
All das beruht auf der unbegrenzten Garantie der EZB, alles zu tun, um den Euro zu erhalten, einhergehend mit einer weltweiten Niedrigzinspolitik der Notenbanken und unbegrenzten Liquiditätszusagen der Notenbanken gegenüber den Geschäftsbanken.
Trotz allem knirscht es hörbar im Gebälk der Banken. Sehr hohe Strafzahlungen in Milliardenhöhe, die die amerikanische Justiz auch gegen europäische Banken ausspricht, Abwicklung von Banken u.a. in Bulgarien und massive Zweifel wie in Portugal.
Ob die Staaten Europas bisher bei den Angaben zu ihrer Staatsverschuldung getrickst haben, darüber werden erste Zweifel geäußert. Dass die Staaten bereits beginnen, neue Schulden in Schattenhaushalten zu buchen, wird allgemein angenommen.
Im Verlauf der Finanzkrise haben die Staaten Europas Garantien und Bürgschaften im Volumen von 7 Billionen Euro ausgesprochen, Geld, das nicht da ist, es war zu keinem Zeitpunkt vorhanden. Die Finanzkrise II wird noch gewaltiger ausfallen.
Noch die einfachste Bedingung, die erfüllt werden müsste, um einen weiteren Schleifendurchlauf zu vermeiden, wäre, die Kriterien des Vertrages von Maastricht zu erfüllen.
Das wird im Angesicht der bestehenden Staatsverschuldung nicht möglich sein, weder jetzt noch in einer absehbaren Zukunft. Der Versuch erforderte Tilgungen in einer Höhe, wofür kein Geld vorhanden ist und würde die Volkswirtschaften Europas nicht nur in einer Rezession gefangen halten, sondern eine lang anhaltende Depression auslösen.
Wenn die amerikanische Notenbank FED im Herbst ihr Anleihekaufprogramm beendet, wird ein erster Eingang in die Finanzkrise II geschaffen. Erwartet werden Kursverluste für Anleihen, die ein Abschreibungsvolumen von 6 Billionen Dollar zeitigen werden. Die amerikanischen Banken wurden während der Finanzkrise saniert und haben sich ausweislich ihrer Bilanzen deutlich erholt. Im Euroraum ist nichts davon geschehen. Die erwarteten Wertberichtigungen werden deutliche Spuren in den Bilanzen auch der europäischen Banken hinterlassen und deren Eigenkapitalausstattung deutlich beeinträchtigen. Am gefährlichsten wird es, wenn einzelne Banken die Verluste realisieren müssen.
Möglicherweise gepaart mit einem Aktiencrash, wenn die Investoren das Vertrauen in die Gewinnprognosen der Unternehmen verlieren.
Das Vertrauen beruht auf der Annahme, dass ein kräftiges Wirtschaftswachstum einsetzen wird, für das aktuell keine Anzeichen bestehen.
In den nächsten 5 Jahren werden 737 Milliarden hochverzinste Anleihen fällig. Die Verzinsung liegt weit oberhalb selbst der optimistischsten Annahmen zum Wirtschaftswachstum. Das bedeutet, die Unternehmen müssten schneller wachsen als der Durchschnitt des Marktes.
Das in der Euroland-Reihe beschriebene Patt bezieht sich auf die Politik, nicht auf die Ökonomie. Die Ökonomen definieren ideale Bedingungen, unter denen Wirtschaft stattfindet. Da es selten bis nie ideale Verhältnisse gibt, treten auch die von den Ökonomen erwarteten Ereignisse in der Realität nicht ein. Dann kommt es zu Korrekturen in den jeweiligen Märkten. Treffen diese Korrekturen auf die Bilanzen von Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen, ist das der Auslöser einer Finanzkrise, soweit die Banken nicht in der Lage sind, die daraus resultierenden Verluste tragen zu können. Der Staat ist dann gezwungen, das System zu retten.
Soweit bekannt, das war die bisherige Finanzkrise, das System steht an der Schwelle zur nächsten Finanzkrise.
Die Autoren haben einen Teil der Chronologie selektiert, um Anzeichen für eine Rekursion aufzeigen zu können. Die bisher letzte Ausgabe von Euroland - Die Zeitenwende endet mit den dunklen Zeichen, die derzeit am Horizont erscheinen.
Das System erscheint als nicht reformierbar. Den Beleg dafür liefern der Verlauf der Finanzkrise und der damit verbundene Aktionismus der Politik. Geändert hat sich nichts, Europa stand am Abgrund - nun ist es einen Schritt weiter.
Für die zu beschreibende Schleife ist es nicht relevant, wann die Finanzkrise II einsetzen wird, ob nun Ende 2015 oder bis 2020 oder, wie die Optimisten orakeln, gegen Ende der 2020er Jahre, sie wird geschehen.
Die einhergehenden Ereignisse, die Wissenschaftler mit „sehr hässlich“ bezeichnen, sind nicht ferne Geschehnisse der Ökonomie oder der nationalstaatlichen Politik, sondern treffen zuerst die Bürger, denn sie müssen letztlich für das Desaster bezahlen.
Der moralische Vorsatz, „sei ehrlich und ernähre dich redlich“, entfaltet keine Gültigkeit.
Denn anders als Banken rettet niemand die Bürger vor den Folgen. Anders als Staaten können Bürger pleitegehen, selbst dann, wenn sie alles richtig gemacht haben.
Das Gründungsversprechen Europas, „Wohlstand für alle“, verlor seine Glaubwürdigkeit bereits in der Finanzkrise und mithin Europa eine seiner wesentlichen Grundlagen. Mit oder für Europa ist keine glaubhafte Politik zu machen, die den Bürgern an ihren Wahlurnen noch vermittelbar wäre.
Die Chronologie begann mit Euroland - Ein Märchenland ist abgebrannt, erfuhr in den folgenden Ausgaben ihre Bestätigung. Es steht geschrieben - die Aussage, „man habe von allem nichts gewusst“, steht nicht länger zur Verfügung.
Es wird gern der Vorteil des kapitalistischen Systems angeführt, dass es stets lernfähig war und aus den nicht wenigen Krisen sich stets reformiert erhob. Da der Finanzkrise nichts folgte, was könnte denn der Finanzkrise II folgen, die gewaltiger sein wird als alles je zuvor?
Vielleicht doch einen Staat Europa aus der Not heraus geboren? Nicht gegen den Willen der Bürger und nicht, wenn Europa den Bürgern nicht vermittelbar ist. Die Rückkehr der Nationalstaaten? Diese waren nie weg, sie bestehen nach wie vor. Die Einführung einer neuen Währung? Das wäre nicht das erste Mal in der Geschichte des Geldes und keine Seltenheit in der europäischen Geschichte. Vielleicht ein Weimar II und dessen Folgen? Nun, da Weimar möglich gewesen ist, ist auch das nicht undenkbar.
Es ist nicht Aufgabe der Chronisten, die Ereignisse vorwegzunehmen, sondern die Ereignisse zu beschreiben, die stattfinden.
Beginnen wir mit einem Zitat: „Denn es gibt zwei Arten von Deflation, die aber nicht das Gleiche aussagen. Die eine Variante zeugt von Liquiditätsmangel, Nachfrageschwäche und Preisdruck und sie ist für die wirtschaftliche Entwicklung gefährlich. Die andere Variante hängt von Entwicklungen außerhalb der jeweiligen Volkswirtschaft ab. Sie ist grundsätzlich gutartig und fördert Kaufkraft und Wohlstand der Bevölkerung.“ Wallstreet-online
Der weltgrößte Pensionsfonds Government Pension Investment Fund (GPIF) Japan ist 918 Milliarden Dollar schwer und hat seine Anlagen in Staatsanleihen der USA bereits auf 1,21 Billionen Dollar aufgestockt. Die Chinesen halten etwa 1,26 Billionen Dollar, von den 12 Billionen Dollar, die die USA an Staatsanleihen ausgegeben haben.
Der Grund für den GPIF ist die Rendite in den Zinsen. Japanische Staatsanleihen werden mit 0,554 % verzinst, amerikanische Staatsanleihen rentieren mit 2,5 % derzeit. Erwartet wird, dass die Zinsen für amerikanische Staatsanleihen nach der Beendigung des Aufkaufprogramms der FED mit 2,9 % verzinst werden. Dieser Zinsunterschied wandelt sich in Kaufkraft in einem deflationären Land.
Wer aber hält die anderen knapp 9 Billionen Dollar Staatsanleihen der USA?
Bei den erwarteten Kursverlusten amerikanischer Staatsanleihen nach dem Exit-Versuch der FED kann Japan diese preiswerter kaufen von jenen Anbietern, die derartige Abwertungen in ihren Bilanzen rein gar nicht gebrauchen können.
Gleiches könnten natürlich europäische Banken und Pensionsfonds tun, um Wertberichtigungen auszugleichen und über die erwartete Zinsdifferenz zwischen dem Euroraum und den USA Rendite zu erwirtschaften.
Ein Liquiditätsmangel besteht in Europa nicht. Im Gegensatz zu Japan gibt es im Euroraum aber noch Inflation und keine allgemeine Deflation.
Nach der oben ausgebrachten Definition fehlen für eine flächendeckende Deflation in Europa die externen Einflüsse. Es hat im Export keine Nachfrageschwäche, die Exporte verlaufen relativ stabil, der Euro zeigt keine Tendenzen für eine Abwertung. Selbst wenn der Ölpreis sich verbilligen würde, verhilft das bestenfalls, Handelsüberschüsse zu verringern, z.B. in Deutschland.
Nach dem Mantra der EZB und der Ökonomen in Europa gilt Deflation als Menetekel für die Wirtschaft. Was keinesfalls so sein muss, soweit die Kaufkraft im Binnenmarkt steigen würde. Hierfür brauchte Euroland nicht sinkende Reallohneinkommen, sondern Lohnsteigerungen oberhalb der Inflationsrate und der Produktivität, wofür keine Anzeichen bestehen.
Europa setzt auf Reformen mit der Zielrichtung, Löhne zu reduzieren, mithin die Kaufkraft zu reduzieren. Die EZB hat gar zum Ziel, eine höhere Inflationsrate zu erreichen und den Euro zu schwächen. Damit würden die Importe nicht billiger, dafür die Exporte, die Handelsungleichgewichte blieben unverändert. Das genaue Gegenteil dessen das Japan bereits erlebt.
Dafür hat Japan eine Staatsverschuldung von 212 %, einen Yen, der aufwertet, und niemand nimmt an, dass Japan vor einer Staatspleite stehen würde.
Es sind die Glaubenssätze der Ökonomen, die in Euroland eine Deflation als das unsagbar Böse erscheinen lassen.
Weder Europa noch der Euroraum haben Erfahrungen mit einer Deflation gemacht, sie fürchten sie nur wie der Teufel das Weihwasser. Das führt zu einer gegenteiligen Politik. Man sollte meinen, die Politik sei für das Wohlergehen der Bürger zuständig - mithin auf Wohlstandsmehrung orientiert. Das Gegenteil geschieht in Euroland seit Einführung des Euro.
Natürlich kann sich niemand darauf verlassen, dass wirtschaftliche Entwicklungen außerhalb Europas auch so eintreten würden, wie man sie gern skizzieren würde. Jedoch gerade jetzt beginnt das Wachstum in China nachzulassen, eventuell platzt in China eine Immobilienblase mit einhergehender Bankenkrise dort.
Der Export dorthin wird dadurch geringer und das Wachstum in Europa weiter schwächeln lassen. Erste Anzeichen dafür bestehen bereits länger. Wieder eine Ähnlichkeit mit Japan. Gerade dann bräuchte es als Ausgleich eine erhöhte Binnennachfrage und damit eine erhöhte Kaufkraft im Inland sowie billigere Importe.
Zunächst wäre das kein Handlungsfeld der Politik, wären da nicht die Restriktionen der Sparpolitik. Die Politik setzt den Rahmen, innerhalb dessen Wirtschaft stattfindet. In Europa, und ausgeprägt in Euroland, ist die Politik wirtschaftshörig und nicht gestalterisch tätig.
Die zu beobachtende Deflation in Griechenland und Portugal beruht auf der Sparpolitik. Die Löhne wurden reduziert, die Volkswirtschaften befinden sich in anhaltender Rezession, die Kaufkraft ist geschwächt und damit die Nachfrage. Genau die Zutaten für eine schlechte Deflation.
Fortgesetzt ist Europa von nationalen Interessen geprägt, 28 Nationen streben auseinander, nicht aufeinander zu. Den europäischen Gedanken gibt es nur in Sonntagsreden und Pflichtübungen. Zudem wirkt der Euro nicht gleich in Süd- und Nordeuropa. Es komme bloß niemand auf die Idee, von gleichen Lebensverhältnissen im Euroraum zu reden. Die gibt es so wenig wie in Deutschland seit der Wiedervereinigung.
Eine gute Deflation in Nordeuropa kann schon deshalb eine schlechte Deflation in Südeuropa sein, Europa wäre keinen Schritt weiter als jetzt auch. Ein Königsweg ist daher verbaut.
Schlimmer geht natürlich immer, gerade mit Blick auf Einflüsse außerhalb des Euro. Kommt es, wie vereinzelt prognostiziert, tatsächlich zu einem finalen Crash, trifft dieser auf fragile Banken in Europa. Die Staatsverschuldung würde drastisch zunehmen, nur nicht im Kampf gegen eine Deflation und für mehr Wachstum, sondern, um erneut das System zu retten.
Das Bemühen, eine creative Destruction - schöpferische Zerstörung (Schumpeter) zu verhindern, ließe aus einem politischen Patt ein ökonomisches Patt entstehen. Es würde sich einerseits keine Deflation entwickeln, aber auch keine Inflation. Dieser Zustand nennt sich Disflation.
Eine solche Situation lässt nur Gefangene entstehen, keine Gewinner und keine Verlierer. In der Gegenbuchung aber auch Wohlstandsverluste. Einen Schrecken ohne Ende. Dagegen herrschen in Japan geradezu paradiesische Zustände.
Nur eine Wirtschaftskrise später und der vermeintlich wohlige Zustand in Europa kippte, mit ebenso verheerenden Folgen für die Bürger.
Wirtschaft ist Zyklen ausgesetzt von Aufschwung und Abschwung. Ein wie auch immer eingerichteter Status quo bleibt nicht erhalten.
Ab hier möchte man meinen, dass die Politik das Heft des Handelns übernimmt, und wäre sogleich der Frage ausgeliefert, wer in Europa sollte das denn sein?
Allgemein berufen sich nationale Politiker auf europäische Lösungen, also gegen nie.
Es wäre denn wahrlich eine Fiktion anzunehmen, es könnte ein national bedeutender Politiker europaweit Geltung erlangen und für alle sprechen. Oder man brächte eine europäische Regierung zustande, deren Politiker Nationen übergreifend regieren könnten.
Wenn es Deutlichkeit brauchte, die Unterschiede in Europa offenzulegen, dann ist das dem Euro gelungen. Vermittels der Finanz- und Schuldenkrise wird deutlich, dass die einen nicht retten können und die anderen nicht retten wollen.
Eines der Probleme ist, Europa kann Amerika nicht und Japan nicht kopieren, ohne sich selbst zu zerstören, bevor es sich überhaupt gefunden hat. Ein weiteres Problem ist, dass die Nationalstaaten zumindest ohne den Euro auch gut funktioniert haben mit nationalen Lösungen.
Kann ein Nationalstaat auf seine Außenpolitik verzichten zugunsten einer europäischen Außenpolitik? Nein, so viel beweist schon die NSA-Affäre, die USA vertrauen Deutschland nicht. Vertrauten die USA Europa mehr, wenn es unter dem Einfluss der Deutschen stehen würde?
So neu ist diese Frage nicht.
Es war Altkanzler Konrad Adenauer (CDU), der die Westbindung der Bundesrepublik betrieb, während das Pendant DDR unter russischen Einfluss geriet, bekannt als Kalter Krieg. Die DDR gibt es nicht mehr, den Ostblock auch nicht. Dafür die Osterweiterung der EU.
Wohin die deutschen Interessen sich bewegen, weiß die USA nicht und halten deshalb Deutschland für einen unsicheren Partner.
Die Energieabhängigkeit Deutschlands von Russland besteht. Diese wird mit der Ostseepipeline nicht geringer und die USA können diese nicht ersetzen. Womit der Blickwinkel sich um Energieautarkie erweitert. Auch ein Feld nationaler Souveränität. Eine gemeinsame Energiepolitik Europas besteht nicht. Aus deutscher Sicht wechselte man nur von russischem Gas zu französischen Atomkraftwerken.
Oder man betrachte ebenso nationale Souveränität bei Kommunikation und Medien. Über ARTE hinaus ist kein europäischer Fernsehsender entstanden, geschweige denn eine europäische Zeitung.
Ein Nationalstaat kann nicht einfach auf seine Souveränität verzichten oder diese delegieren.
Ebenso untauglich ist, wirtschaftliche Konzepte von anderen zu übernehmen, gleich, ob von den USA oder von Japan, nur weil diese dort funktionieren. Einen gemeinsamen europäischen Weg hat es nicht und einen gemeinsamen europäischen Gedanken auch nicht.
Die USA kennen keinen Sozialstaat, in Japan liegt die Sozialverantwortung bei den Unternehmen. Das eine wie das andere ist für Europa nicht die Verfassungswirklichkeit der Nationalstaaten.
Eine gemeinsame Verfassung hat Europa nicht, auch das gehört zur Rekursion.
Frei übersetzt - geschieht das eine nicht, wird das andere geschehen. Nur nichts gibt es nicht.
Nicht dual - das Ja oder Nein, mehr das Entweder-oder.
Zu Beginn der Eurokrise gab es Reflexionen wie: „Werft die Griechen aus dem Euro!“ Sollen die doch zusehen, mit ihrer Drachme selbst klarzukommen. Auf diese Art könnte man einen nach dem anderen aus dem Euro werfen. Klappen muss nichts, Hauptsache das Prinzip ist richtig.
In der gewohnten Art der Geldautomaten: „Auszahlung heute nicht möglich.“
Eine Aussage, die man den Banken nicht zumuten wollte, diese wurden für systemrelevant erklärt. Den Griechen wollte man die Aussage „eurorelevant“ verweigern - ohne Rechtsgrundlage.
Das war der Zeitpunkt, an dem man den Euro beenden und die Banken in ihre Zukunft entlassen hätte können, wenn es strikt nach einem Ja oder Nein verlaufen wäre, der deutschen Denkweise entsprechend. Statt einem Entweder-oder, denn ohne Euro wollte man nicht.
Erst die EZB durchbrach diesen Imperativ mit ihrer „dicken Bertha“, dass man alles tun werde, den Euro zu erhalten und man glauben soll, dass das reichen wird. Die Spekulation um den Bestand des Euro wurde abgesagt.
Gleichzeitig wurde der Euro angelsächsischer, nicht europäischer.
Den Euro zu beenden, geht längst nicht mehr. Die Summen sind kraft der Rettungsbillionen ausreichend groß, um nationale Mütchen zu kühlen. Den Tag der Abrechnung kann niemand ernsthaft wünschen, die Salden sind unbezahlbar.
Das ist die politische Wirklichkeit. Die Ökonomen werden noch etwas länger brauchen, sich der neuen Realität anzupassen. Es geht globaler zu mit Dollar, Euro, Pfund, Yen und Yuan. Die darin befindlichen Summen sind um einiges größer, ohne Billionen geht es nicht mehr.
Der zu beschreibende Unterschied ist?
Die USA sind eine Nation, Großbritannien, Japan, China sind jeweils eine Nation, Europa nicht!
Kann die Ökonomie eine Staatsgründung erzwingen? Ja, nur nicht notgedrungen einen demokratischen Staat. Das Gegengewicht stellt die Politik dar. Die Erwartung an diese ist nichts Geringeres, als „der Retter der Nation“ zu sein.
Europa wird ökonomisch begründet, eine politische Notwendigkeit besteht nicht.
Eine typische Situation für switch or case (schalten oder fallen), entweder Europa oder Nationalstaat. Eine Bedingung für ein Europa besteht nicht.
Die heute zu betrachtenden Ergebnisse der Ökonomie sind fremd bestimmt. Begründet auf Fehlern des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts, der neoliberalen Irrungen.
Deutlich artikuliert durch die Bürger anlässlich der Europawahl, als sie nationalistische und rechtspopulistische Parteien wählten.
Europa ist nicht die USA. Die amerikanische Ökonomie basiert auf dem Grundsatz „make Money“. Ein Grundsatz, der so nicht auf Europa übertragbar ist. Bestandteil europäischer Ökonomie sind die Sozialsysteme. In den USA gehört „privat vor Staat“ zum erklärten Willen der Bürger. Der Versuch der Politik, diesen Grundsatz in Europa hoffähig zu machen, ist gescheitert.
Die switsch/case-Bedingung würde bedeuten, die Sozialsysteme zu schleifen und einer privaten Vorsorge den Vorzug einzuräumen.
Dass dieser politische Versuch scheiterte, liegt nicht allein am Beharrungsvermögen der Bürger, sondern auch an der unerfüllbaren Voraussetzung der Kapitaldeckung.
Mario Draghi, Präsident der EZB, „wir beseitigen die Fehler des ersten Jahrzehnts seit Bestehen des Euro“, lässt sich nach der gleichen Betrachtung interpretieren.
Der Euro ist nicht der angelsächsischen Ökonomie unterworfen, sondern der Sozialen Marktwirtschaft.
Die hohe Staatsverschuldung mag eine problematische Gegebenheit darstellen, diese aber kann nicht dafür herhalten, die EZB zum Hilfsarbeiter des angelsächsischen Marktes werden zu lassen.
Interpretierten wir Draghis Aussage so, dann ließen sich Gemeinsamkeiten zwischen der Deutschen Bundesbank, der EZB und Kanzlerin Merkel (CDU) - „Deutschland hat eine Soziale Marktwirtschaft“ - herleiten. Nur erzeugen die Genannten diese Gemeinsamkeit in der öffentlichen Wahrnehmung nicht.
Eine Fehlerkorrektur nach Mario Draghis Worten bedingte einen weiteren Schleifendurchlauf. Eine Schleife kann nicht beendet werden, ohne die Fehlerkorrektur im Handeln. Nicht der Markt darf die Währungspolitik der EZB leiten. Die Politik muss ihre Wirtschaftshörigkeit aufgeben und ihr Handeln an der gegebenen Verfassungswirklichkeit ausrichten.
Der heute so benannte Vertrag von Lissabon war nichts weniger als ein Verfassungsputsch. Schon dieser wurde durch das Nein von Irland und den Niederlanden vereitelt. In Deutschland musste das Bundesverfassungsgericht bemüht werden, Altkanzler Schröder (SPD) bei diesem Versuch zu bremsen, d.h., die hier beschriebenen Bedingungen sind nicht erst seit gestern bekannt und nicht erst ein Ergebnis der letzten Europawahl.
Man muss deshalb die Amerikaner nicht verteufeln, sie betreiben Weltpolitik und suchen Teilhaber an ihrem Risiko. Hierzu ist es unbedeutend, ob es sich um China, Japan oder Europa handelt. Europa betreibt keine Weltpolitik und kann diese auch nicht betreiben. Es muss erst einmal den Euro als zweite Leitwährung etablieren. Dazu müsste es sich von den USA emanzipieren, um überhaupt als gleichberechtigt wahrgenommen zu werden.
Das kann nicht bedeuten, eine kompatible Ökonomie einzuführen und die einmal erreichten Errungenschaften auf dem Altar des Marktes zu opfern.
Dieser Tage findet der Begriff von einem Wandel zu einer partizipierenden Demokratie Einzug in die politische Debatte. Ein Begriff, der erst noch reifen muss, aber geeignet erscheint, dem angelsächsischen Modell entgegengestellt werden zu können. Eine partizipierende Demokratie kann für ein Europa stehen, wenn die Nationalstaaten sich auf eine gemeinsame Definition einließen.
Das wäre kein Schnellschuss, da sich hierfür auch die bisherigen Institutionen verändern müssten. Das Europaparlament müsste sich als parlamentarische Kontrolle Europas verstehen und brauchte eine funktionierende Opposition. Ebenso müsste die Versammlung der europäischen Staats- und Regierungschefs, der Europarat, nicht Gipfelpolitik betreiben, sondern sich die Macht mit dem Europaparlament teilen.
Nur auf diesem Weg ließe sich eine europäische Regierung oder wenigstens eine Regierung für Euroland begründen. Wieder eine Bedingung, die erfüllt sein müsste, wollte man die Rekursion beenden können.
Zur Ehrlichkeit gehörte, dass man akzeptiert, dass mit den Staatsschulden zu leben sein wird, da an Tilgungen nicht zu denken ist. Die Finanzkrise ist ein Ergebnis der Fehler, die gemacht wurden, sie kann nicht ungeschehen gemacht werden. Dass die Finanzkrise II höchstwahrscheinlich kommen wird, wird man hinnehmen müssen. Die Geschichte des Euro lässt sich nicht mit einem Federstrich beseitigen. Es braucht alles seine Zeit, das Glück wie auch das Leid.
Die Finanzkrise hat europäische Regierungen reihenweise destabilisiert und die Demokratie merklich ramponiert. So läuft das nicht, Europa! Das ist das politische Ergebnis. Die angelsächsische Ökonomie ist nicht auf Europa übertragbar.
Großbritannien, dieser Art Ökonomie zugehörig, wird sich entscheiden müssen, welchen Weg es gehen will.
Möglicherweise braucht es eine Finanzkrise II, um diese schöpferische Zerstörung herbeizuführen, vor der sich nicht zuletzt Europa gedrückt hat. Wie auch immer, die Schleife wird ein weiteres Mal durchlaufen werden müssen. Die Bedingungen für ein Europa wurden bisher nicht erfüllt.
Nicht die Banken sind systemrelevant, sondern die Schulden. Diese sind, Sparpolitik hin oder her, während der Finanzkrise weiter gestiegen.
Die USA sind mit 350 % im Vergleich zu ihrer Jahreswirtschaftsleistung verschuldet. Die weltweiten Schulden saldieren mit 223 Billionen Dollar oder 313 % der gesamten Jahreswirtschaftsleistung der Welt. Davon entfallen auf die Industriestaaten 157 Billionen Euro oder 376 % von deren Jahreswirtschaftsleistung.
Auch wenn die Politik und Ökonomie noch so laut von Aufschwung und Wachstum faseln, werden diese Schulden nicht bezahlbarer. Wie hoch dürften denn eine Inflation und ein Wirtschaftswachstum ausfallen, um den Glauben an eine Schuldenreduzierung zu erhalten?
Zudem halten allein die 25 größten US-Banken 236 Billionen Dollar an Derivaten in ihren Schattenbanken. Dieses Volumen allein ist bereits 14 Mal so groß, wie die Jahreswirtschaftsleistung der USA beträgt. Auslöser der letzten Finanzkrise waren derartige Finanzderivate, die durch keinerlei reale Produkte oder Produktion gedeckt sind. Es handelt sich hierbei um Spekulationen auf Rohstoffe, Nahrungsmittel, Ernten, Rohöl, Gold und Währungen. Diese Derivate wurden von den Banken entwickelt als direktes Ergebnis des neoliberalen Irrsinns der Deregulierung von Banken. Damit wurde der angelsächsische Anarchokapitalismus entfesselt, der keinerlei Gemeinwohl berücksichtigt und keinem Staat verpflichtet ist.
Der weltweite Bestand an derartigen Derivaten, die von der Realwirtschaft nicht gedeckt sind, wird auf 700 - 1500 Billionen Dollar geschätzt. Auch in den europäischen Schattenbanken befinden sich diese Massenvernichtungswaffen des Finanzmarktes. Weder Europa noch der Euro sind eine Insel der Glückseligen.
Kommt es zur Abrechnung, und dieser Tag wird kommen, wird eine Finanzkrise ausgelöst, die alles bisher Dagewesene weit übersteigt. Die Frage ist nicht ob, sondern wann dieses Ereignis eintreten wird.
Die Politik wird nicht machtlos sein, sie ist bereits machtlos. Im Angesicht der Summen heißt es richtig: „Geld regiert die Welt.“ Würde die Politik heute beginnen, die Finanzmärkte zu regulieren, würde die sie den Tag der Abrechnung provozieren.
Das ist nicht der Kern der Aussage, sondern die Tatsache, dass bei allem Wehklagen über Schulden diese zum kapitalistischen System gehören, sie sind systemrelevant. Der neoliberale Irrglaube von einer Kapitaldeckung hätte nie zur Politik werden dürfen. Dem zugehörig ist die Austerität Kanzlerin Merkels (CDU). Selbst wenn der Staat sparen könnte, änderte das an den Schuldensalden nicht das Geringste und bezahlen müssen diese die Bürger mit Einkommens- und Wohlstandsverlusten.
Finanzkrisen sind im kapitalistischen System die Regel wie Aufschwung und Abschwung der Wirtschaft. Die in den letzten Jahren propagierten Segnungen der Globalisierung haben Finanz- und Bankenkrisen wahrscheinlicher gemacht als je zuvor in der Geschichte.
Allen voran vertrottelte sich die deutsche Politik und Wirtschaft als Musterschüler, dieser Globalisierung Gehör zu schenken und sich als Organisationsplattform anzubieten.
Selbst die Deutsche Bundesbank empfiehlt höhere Lohnabschlüsse oberhalb der Inflationsrate und oberhalb der Produktivität. Wenn auch nicht einer reuigen Einsicht folgend, eher dem Umstand, dass den Schulden eine Deckung gegenüberstehen muss.
Höheren Lohnabschlüssen folgen höhere Einnahmen für den Staat.
Die Empfehlung der Bundesbank ist das Gegenteil dessen, was Kanzlerin Merkel anderen europäischen Staaten wärmstens empfiehlt, Lohnreduzierungen und Wohlstandsverluste.
Sicher, Deutschland steht wirtschaftlich besser da als andere europäische Länder. Vermeintlich weil es sich vor der Finanzkrise umstrukturierte, siehe Euroland - Der Deutschen Weg.
Doch ist es ebenso die s.g. Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die die Probleme innerhalb des Euro noch verschärft. Die späte Einsicht der Bundesbank folgt den Empfehlungen der OECD, für mehr Binnenkaufkraft Sorge zu tragen und den Exportüberschuss zu reduzieren.
Das ist löblich für die Arbeitnehmer, etwas mehr Lohn für ihre Arbeit zu erhalten. Es ist ebenso nationale Verantwortung, dem eigenen Schuldenproblem entgegenzuwirken und es möge Nachahmer in Europa finden. Das Problem besteht weltweit und aus Sicht Eurolands braucht es mindestens eine europäische Lösung.
Der Vertreter des angelsächsischen Kapitalismus in der EU ist Großbritannien, das halbwegs deindustrialisiert ist. Seine Realwirtschaft ist der Finanzmarkt mit seinen Spekulationen. Wenn die Briten eine Lösung suchen, dann meinen sie eine für ihre City of London - für ihre Banken.
Europa ist bei Lösungen immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner angewiesen. Hierbei wollen sich immer auch die Briten darin wiederfinden können oder, wie angedroht, die EU verlassen, wegen einer gegebenen Inkompatibilität.
Das Hintergrundrauschen stellen nicht derartige Befindlichkeiten dar, es sind die Schulden. Gleich, ob auf nationaler, europäischer oder weltweiter Ebene. Die derzeitigen Salden beruhen auf der Annahme einer 10-jährigen weltweiten Wirtschaftsleistung. Die darauf basierende Spekulation besteht darin, dass diese Schulden innerhalb von 10 Jahren erwirtschaftet werden können. Werden sie das nicht, nähert sich der Tag der Abrechnung.
Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Spekulationen nicht aufgehen werden, steigt mit jedem Jahr Wachstumsschwäche oder Stagnation. Die Kennziffer Produktivität, die in dieser Annahme enthalten ist, dient allein der Beschleunigung, auch Turbokapitalismus genannt. Was aber wird sein, wenn das Wirtschaftswachstum ausbleibt und mit ihm die Annahme der Spekulation fehlschlägt?
Dann dreht sich die Zielrichtung der Spekulation in die entgegengesetzte Richtung - George Soros lässt grüßen. Es ist nicht entscheidend, in welche Richtung sich die Spekulanten orientieren, entscheidend ist, wer dann auf den Schulden sitzt und die Position wird ausgleichen müssen.
In der letzten Finanzkrise waren das die Banken, die aber konnten nicht leisten und reichten die Titel durch an den Staat. Genauer - an eine Politik, die Banken für systemrelevant erklärte, statt für geschäftsunfähig.
Selbsterklärend, da wir mangels eines internationalen Insolvenzrechts, das auch für Staaten Gültigkeit haben müsste, keine Insolvenz durchführen können. Ob das letztlich zum Ideal führen würde, stünde auf einem anderen Blatt. Ein solches Insolvenzrecht würde die Spekulation eingrenzen und die Spekulanten an den entstehenden Verlusten beteiligen.
Z.Zt. ist es müßig, über ein solches Insolvenzrecht nachzudenken, es hat keines und es sind keine Anzeichen dafür bekannt, dass es zu einem solchen kommen wird.
Einigermaßen sicher ist, dass die Notenbanken so schnell nicht aus der Niedrigzinspolitik herausfinden können. Schon kleine Erhöhungen würden auf der Schuldenseite zu Verheerungen führen mit ebenso dramatischen Auswirkungen auf die Realwirtschaft.
Es wird gern vergessen zu erwähnen, dass gerade Banken die Shareholder der Schulden sind. Sie sind ebenso Spekulanten wie Eigentümer der Schattenbanken. Wie die Staaten die Vorteilsnehmer der Niedrigzinspolitik sind, nicht die Bürger in ihrer Funktion als Verbraucher.
Das Blatt lässt sich drehen und wenden, wie man will, der Blick fällt immer wieder auf das Patt.
Es ist gefährlich, auch nur den Eindruck zu erwecken, dass die Finanzkrise bewältig sei, das ist sie nicht. Von den Ursachen ist keine behoben, nur die Mittel sind erschöpft. Auf die nächste Finanzkrise sind wir nicht vorbereitet. Was wir sein müssten, falls und wenn Vorsorge nicht eine leere Metapher sein soll.
Was war so schlecht an den europäischen Werten Individualität, Wohlstand und Sicherheit, dass man diese dem Neoliberalismus opfern musste, für Egoismus und Gier? Eine gemeinsame Währung schafft keine gemeinsame Identität. Genau dann nicht, wenn sie nicht gleiche Lebensverhältnisse schafft, was sie nur kann, wenn das Recht im Gebiet der Währung überall gleich ist. Was es nicht ist.
Erreicht wurden gemeinsame Schulden im Euro, aber keine Solidarität und Solidität. Noch bevor wir da herangehen könnten, europäisch, wie wäre es mit Stabilität, am Finanzmarkt zuerst?
Ohne Schulden wird das System nicht funktionieren. Kapitaldeckung ist nicht erreichbar. Noch der beste Begriff, der während der Schuldenkrise eingeführt wurde, ist Schuldentragfähigkeit. Höhere Zinsen machen Schulden nicht tragfähiger. Wenn, lasten die Schulden von heute wie ein Joch auf der nächsten Generation. Die Demografie wird den heutigen Annahmen einen Strich durch die Rechnung machen. Die Nullzinspolitik der Notenbanken führt keineswegs zu einer Nullzinspolitik der Geschäftsbanken, schon deshalb wachsen die Schulden weiter - über die Zinsen und Zinseszinsen.
Wir werden zur Rekursion gezwungen, so ist deren Funktion.
Dantes Inferno: „Wer hier eintritt, lasse alle Hoffnung fahren.“
In den USA mehren sich bedrohliche Anzeichen. Die FED hat einen Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik angekündigt. Früher als erwartet will die FED die Zinsen erhöhen. Offen ist, in welchem Tempo das geschehen wird.
Auslöser sind die Inflationserwartungen. Die Inflationsrate liegt bei aktuell 2,1 %, erwartet werden 3 %. Das allein wäre nicht das Problem, sondern der Boom bei riskanten Hochzinsanleihen, Krediten an Unternehmen mit niedriger Bonität.
Ausgehend davon sind die amerikanischen Unternehmen überschuldet, ebenso die Unternehmen in Euroland. Die Verschuldung beläuft sich auf 78 % in den USA und 88 % in Euroland gegenüber der Jahreswirtschaftsleistung.
Steigen die Zinsen, werden die Unternehmen ihre Kredite nicht refinanzieren können, da es keine neuen Engagements der Kapitalanleger in Unternehmensanleihen geben könnte und bis 2018 etwa 730 Milliarden Dollar an alten Unternehmensanleihen zur Rückzahlung fällig werden. Ohnehin gefährdete Kredite werden faul, da die Unternehmen die steigende Zinslast nicht tragen können und die Investoren sich aus den hochverzinsten Papieren zurückziehen werden.
Erneut sind die Banken beteiligt wie vor der Finanzkrise. So verpacken die Banken erneut Problemkredite in CLO’s Collateralized Loan Obligations. Eine schnelle Erhöhung der Leitzinsen in den USA und vermutlich auch in Großbritannien wird diese nicht besicherten Verbriefungen treffen und zu einer breiten Abwertung führen.
Allein in den USA beträgt der Umfang derzeit 300 Milliarden Dollar. In langfristigen Unternehmens- und Staatsanleihen sind in den USA 7.000 Milliarden Dollar gebunden.
In China hat bereits eine Pleitewelle bei mittelständischen Unternehmen eingesetzt. Im chinesischen Schattenbankensystem befinden sich von 14.000 Milliarden Dollar Unternehmensverschuldung etwa 4.000 – 5000 Milliarden Dollar im ausfallbedrohten Risiko, etwa 10 % der weltweit ausstehenden Unternehmensschulden.
Eine Zinserhöhung wird die Umfinanzierung dieser Schulden erschweren und schlimmstenfalls wird der Kredit ausfallen. Das Beben im Kreditmarkt würde sich weltweit auswirken.
Diese Kredite befinden sich nicht in den Bilanzen der Banken, sondern in den nicht kontrollierten Zweckgesellschaften der Banken. Betroffen wären große Fondsgesellschaften und Kreditversicherer als Gläubiger der Kredite. Kommt es im Zuge von Zinserhöhungen zu einem Vertrauensverlust im Kreditmarkt, nimmt die Finanzkrise II ihren unheilvollen Verlauf.
Anders als in den USA befindet sich die EZB nicht in der Lage, ihre Niedrigzinspolitik zu beenden, da in Euroland kein Inflationsdruck vorherrscht und die EZB gegen den Deflationsdruck kämpft. Zudem sind die Banken in Euroland nicht rekapitalisiert und in nicht geringem Umfang mit nicht ausreichend Eigenkapital ausgestattet. Von den 128 Banken, die dem Stresstest unterworfen sind, wird von 20 - 30 Banken ausgegangen, die den Stresstest nicht bestehen werden.
Die Deutsche Bank hat sich für 8,5 Milliarden Euro frisches Eigenkapital besorgt. Gleichzeitig arbeitet die amerikanische Justiz an einem Strafverfahren gegen die Deutsche Bank mit einem eventuellen Bußgeld von ebenso 8,5 Milliarden Euro. Das soeben gewonnene frische Eigenkapital ginge dadurch verlustig, die Deutsche Bank stünde wieder so geschwächt da wie zuvor.
Unklar ist zudem, woher die betroffenen Banken frisches Eigenkapital erhalten könnten, wenn der Kapitalmarkt das Vertrauen in einzelne Banken verlieren würde.
In
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Franz von Soisses
Cover: Soisses Verlag
Lektorat: Cornelia von Soisses
Tag der Veröffentlichung: 21.12.2019
ISBN: 978-3-7487-2417-9
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