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Begegnung

 

Sie

 

Der Blick auf die Uhr sagt mir, dass es langsam Zeit wird. Die Cocktailbar füllt sich immer mehr. Es ist Samstagabend um kurz nach halb zehn und sie ist immer noch nicht da. Um neun Uhr waren wir verabredet, meine Freundin Hannah und ich. Doch bisher kann ich sie nirgendwo entdecken. Komisch, wir hatten doch heute Nachmittag noch telefoniert. Ursprünglich wollte sie mich abholen, doch da es für sie ein Umweg war und ich sowieso vorher noch etwas erledigen musste, hatten wir ausgemacht, dass wir uns direkt hier im Sunshine treffen.

Meine Freundin Hannah ist meist nicht gerade pünktlich, das bin ich von ihr schon gewohnt, denn normalerweise taucht sie erst um die fünfzehn Minuten später als verabredet auf, aber jetzt hat sie bereits über eine halbe Stunde Verspätung. Wie immer hatte ich mich extra beeilt. Kurz nach neun war ich in der Bar und seither warte ich allein an einem kleinen Bistrotisch auf sie. Irgendwie komme ich mir blöd vor, denn ohne Begleitung in einer Bar zu sitzen, empfand ich schon immer als etwas unangenehm. Das ist einfach nicht mein Ding. Zum Glück passiert mir das normalerweise nicht.

»Möchten Sie gern noch etwas trinken?«, reißt mich eine Kellnerin aus meinen Gedanken. Ich blicke auf und stelle dann erst fest, dass mein Weinglas ja leer ist.

»Oh ja bitte, ich nehme noch ein Glas Weinschorle«, entgegne ich ihr und sie eilt wieder davon. Als sie wieder weg ist, krame ich mein Handy aus der Handtasche. Es blinkt. Bestimmt hat Hannah versucht, mich zu erreichen. Ich gebe mein Passwort ein und sehe, dass ich zwei Nachrichten bekommen habe. Eine ist von Hannah. Na da bin ich ja gespannt, was sie dieses Mal als Ausrede parat hat.

»Sorry Süße, das wird heute nichts bei mir. Ich bin untröstlich. Mein Auto ist kaputt. Es ist einfach nicht mehr angesprungen, als ich vom Einkaufen heimfahren wollte. Nun ist es in der Werkstatt, ich bin genervt und muss jetzt erst mal duschen. Liebe Grüße Hannah.«

Die zweite Nachricht ist von meinem Ex. Der lässt mich einfach nicht in Ruhe. Er will sich mit mir treffen, um zu reden. Ich lösche die Nachricht, denn ich habe absolut keine Lust darauf. Er soll bleiben, wo der Pfeffer wächst. Seit drei Monaten ist es aus und vorbei, doch er gibt einfach nicht auf. Das nervt mich tierisch.

Eigentlich will ich jetzt nur noch nach Hause. Da Hannah nicht mehr kommt, hab ich hier wohl nichts mehr verloren. Schade, denn ich hatte mich auf einen schönen Mädelsabend gefreut.

Die Kellnerin bringt mir mein Glas.

»Hier bitte schön, Ihr Schorle.«

»Vielen Dank, ich möchte auch gleich bezahlen.«

Die Kellnerin nicke, nennt mir den Betrag und ich bezahle. Sie wünscht mir noch einen schönen Abend. Ich ihr ebenso und weg war sie wieder. Und ich sitze allein am Tisch. Ätzend denke ich mir.

Allein hier zu bleiben, darauf habe ich keine Lust, denn ich bin niemand, der einfach mit fremden Leuten schnell ins Gespräch kommt. Nicht dass ich schüchtern wäre, ich würde eher sagen, zurückhaltend. Leider kann ich mein Glas nicht einfach hinterkippen. Doch will ich zusehen, dass ich es schnell leer bekomme, um die nächste S-Bahn noch zu erwischen, die um 21:45 Uhr fährt. Meine Stimmung ist jetzt irgendwie auf dem Nullpunkt.

Eine anstrengende Woche liegt hinter mir und die ständigen Anrufe und Nachrichten von Sven, meinem Ex, gingen mir tierisch auf die Nerven. Er hatte mich mehrmals hintergangen mit irgendwelchen Frauen, die er bei seinen angeblichen Männerabenden aufgegabelt hatte und mir sogar Geld aus meinem Geldbeutel geklaut, wenn er mal wieder klamm war. Das ging einfach zu weit. Irgendwann merkte ich dann, dass er mir nichts mehr bedeutete und so hab ich ihn endgültig rausgeschmissen. Was anderes hatte er in meinen Augen auch nicht verdient.

Drei Jahre habe ich verschwendet an ein Arschloch. Ich könnte mir jetzt noch in den Hintern beißen bei dem Gedanken daran. Immerhin bin ich bereits Mitte dreißig. Und bisher habe ich noch immer keine vernünftige Beziehung vorzuweisen, geschweige denn eigene Kinder. Langsam wird es eng. Doch will ich das alles überhaupt? Eigentlich schon, denn ich habe mir schon immer eine kleine heile Welt gewünscht. Mit einem Kerl, der mich so liebt, wie ich bin und vielleicht ein bis zwei Kindern.

Aber man kann im Leben nichts erzwingen, damit werde ich mich wohl abfinden müssen. Bringt nichts, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was nicht ist, kann entweder noch werden oder aber auch nicht.

Beruflich läuft es ja ganz gut mit meiner kleinen Textagentur. Ich kann von zu Hause aus arbeiten und mir meine Zeit so einteilen, wie ich es möchte. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich genügend Stammkunden zusammenhatte, die mich regelmäßig mit Aufträgen versorgen. Das Beste ist, dass ich mittlerweile davon leben kann. Sicher werde ich nie reich damit, aber das war auch noch nie mein Ziel. Ich wollte immer nur etwas tun, was mir auch Spaß macht. Und das hatte ich nun gefunden. Außerdem kann ich so auch noch nebenher meine Kinderbücher schreiben, was mir unheimlich viel Spaß macht und auch noch ein bisschen Geld zusätzlich einbringt.

Ich leere mein Glas und will gerade aufstehen, da sehe ich DICH! Du schaust im gleichen Moment zu mir an den Tisch herüber, als sich unsere Blicke treffen. Was war denn das? Wie gebannt starre ich dich an, wie du an der Bar stehst, und kann meinen Blick einfach nicht von dir abwenden. Du aber wohl auch nicht. Mit deinem Blick fixierst du mich regelrecht. Wie angewurzelt bleibe ich an meinem Tisch stehen.

Groß und schlank bist du, eine richtig tolle Figur, stelle ich fest. Ich bemerke deine blonden Haare, die schon etwas lichten Stellen auf deinem Kopf. Ich betrachte dich genauer. Du trägst ein weißes T-Shirt und Jeans. Lässig lehnst du mit deinem Bier in der Hand an der Bar.

Ich wollte doch gerade gehen, aber du lässt mich nicht mehr aus den Augen und ich schaffe es nicht, meine Füße zum Gehen zu bewegen. Ich kann mir die Situation einfach nicht erklären, denn alles, was ich wollte, war, nach Hause zu gehen. Doch mein Körper scheint mir nicht mehr zu gehorchen.

Dann kommst du plötzlich auf mich zu. Deine Ausstrahlung zieht mich in deinen Bann. Keine Ahnung, was mit mir passiert, aber ich bin wie hypnotisiert. Ich stehe da wie angewurzelt und du kommst immer näher. Dein Blick hält mich gefangen und deine Lippen umspielen ein Lächeln. Was war das nur? Was hast du für eine Wirkung auf mich?

Noch nie ist mir so etwas passiert. Du strahlst etwas aus, was ich bisher noch nicht kannte. Dann bist du mir ganz nah. Du bleibst vor mir stehen und schaust mir tief in die Augen.

»Du wolltest doch jetzt noch nicht gehen oder?«, fragst du mich.

»Äh doch, wollte ich eigentlich schon«, entgegne ich dir leise.

»Das fände ich aber schade, es ist doch so ein schöner Abend und noch nicht einmal 22 Uhr. Gehe ich richtig in der Annahme, dass du versetzt wurdest?«

Ich nicke nur.

»Welcher Trottel lässt sich denn ein Date mit dir entgehen?«

Wahnsinn, deine Lippen sind so sinnlich, dein Lächeln so verzaubernd. Ich bringe kaum mehr als ein Stottern heraus, als ich dir daraufhin erkläre, das es kein Trottel war, sondern meine beste Freundin.

»Dann möchte ich dich gern noch auf ein Glas einladen. Meinst du, das könnte dich ein wenig darüber hinwegtrösten, dass deine Freundin heute Abend nicht kommen konnte?«

Ich will eigentlich ablehnen, doch dein intensiver Blick und deine Wirkung auf mich lassen dies nicht zu. Die Dominanz, die von dir ausgeht vom ersten Moment, als ich dich ansah, nimmt mich gefangen, sodass ich einfach einwillige und vergesse, dass ich nur noch nach Hause wollte. Ich war vom ersten Moment an gefangen von dir, obwohl wir beide uns zuvor noch nie begegnet waren.

»Setz dich bitte wieder«, forderst du mich auf. Und aus irgendeinem Grund gehorcht mein Körper lieber dir und nicht mir. Ich verstehe nun überhaupt nichts mehr.

Als wir beide sitzen und du die Getränke bestellst, dir noch ein Bier und mir ein weiteres Glas Weinschorle, erst dann stellst du dich mir vor.

»Übrigens ich bin John. Und du?«

»Ich heiße Tara«, entgegne ich dir.

Wir unterhalten uns eine ganze Weile, du erzählst von dir und willst doch auch so vieles von mir wissen. Was so verwirrend für mich ist, dass wir von Anfang an so leicht und selbstverständlich über so vieles reden können. Das ist mir mit einem fremden Menschen noch nie passiert. Es kommt mir so vor, als kennen wir uns schon lange und nicht erst seit heute.

Die Zeit scheint still zu stehen und das Kribbeln in meinem Körper hört einfach nicht auf. Jedes Mal, wenn du mir in die Augen schaust, hab ich das Gefühl, dass ich mich darin verlieren werde. Was passiert nur gerade? Warum ziehst du mich dermaßen in deinen Bann? Ich kenne dich doch gar nicht.

Weit nach Mitternacht ist es Zeit für mich, nach Hause zu gehen. Doch als ich mir ein Taxi rufen will, da die letzte S-Bahn schon weg ist, protestierst du dagegen. Du willst einfach nicht, dass ich alleine gehe.

»Ich begleite dich bis vor deine Haustür.«

»Danke, das ist nett gemeint, aber das brauchst du nicht«, antworte ich dir.

»Keine Widerrede, ich begleite dich.« Und ein Blick in dein Gesicht zeigte mir, dass ich keine Chance habe und du auf jeden Fall darauf beharren würdest. Also gebe ich nach. Doch es schmeichelt mir auch und ich genieße deine Anwesenheit in vollen Zügen.

Irgendwie ist es unheimlich aufmerksam von dir, auch wenn ich oft alleine nach Hause fahre und sehr wohl auf mich aufpassen kann. Noch nie hat mich jemand, den ich erst kennengelernt habe, am ersten Abend nach Hause gebracht. Doch diesmal scheint alles ganz anders zu sein. Du bist anders als alle Männer, die ich vor dir kennengelernt habe. Ich kann nur noch nicht begreifen, was es genau ist, was anders ist.

Aber ich will es unbedingt herausfinden und hoffe, dass du mich auch wiedersehen willst. Ich verschwinde kurz zur Toilette und als ich zurückkomme, hast du bereits bezahlt. Ich wollte meine Getränke, wie ich es gewohnt bin, selbst bezahlen, aber auch hier bleibst du hart und willst mein Geld nicht annehmen. Und wieder sehe ich in deinem Gesicht, das du keinen weiteren Widerspruch dulden wirst, also bedankte ich mich bei dir und folge dir zur Tür.

Das Taxi wartet bereits an der Straße und du hältst mir die Tür auf. Ich nenne dem Taxifahrer meine Adresse und er fährt los, nachdem auch du eingestiegen bist. Was für ein Abend! Neben mir ein Mann im Taxi, der mich total durcheinanderbringt und mir doch so vertraut erscheint. Der in mir Dinge auslöst, die schon lange verborgen sind.

Ganz sanft nimmst du meine Hand in deine und selbst diese zarte, vorsichtige Berührung geht mir durch und durch. Wie elektrisierend wirkt sich dieser unschuldige Körperkontakt auf jede Faser meines Körpers aus. Die ganze Fahrt über schweigen wir und du hältst lediglich meine Hand fest.

Zu Hause angekommen will ich mich von dir verabschieden, einerseits total müde, da es bereits so spät ist und andererseits traurig, weil ich mich von dir trennen muss. Werde ich dich wiedersehen?

Du steigst als Erster aus dem Auto und öffnest mir die Tür, bevor du dem Taxifahrer die Anweisung gibst, kurz zu warten.

Ich krame in meiner Handtasche nach meinem Schlüssel und will mich von dir verabschieden. Ganz nah stehst du nun vor mir, tief ist dein Blick in meine Augen, der Blick, der mich von Anfang an gefangen hielt.

»Wärst du bitte so freundlich und würdest mir deine Telefonnummer geben, meine Schöne?«, forderst du mich auf.

Ja, er will mich wiedersehen, jubelt alles in mir und nur zu gern gebe ich dir meine Nummer. Doch du mir deine nicht. Das lässt mich wieder zweifeln. Die Frage, ob du dich wirklich melden wirst, geistert mir im Kopf herum.

Deine Hände berühren mein Gesicht voller Zärtlichkeit. Deine Lippen nähern sich den meinen, bevor sie in einem sanften Kuss verschmelzen. Sanft und doch so innig. Mir drohen die Knie nachzugeben, doch du hältst mich fest, als hättest du es gespürt. Deine Arme legen sich um meine Schultern und deine Wärme überträgt sich auf mich.

Nach einer Weile lösen wir uns voneinander und dein Blick trifft, wie schon so oft an diesem Abend, meinen.

»Keine Angst meine Schöne, ich melde mich ganz sicher bei dir. Viel schneller, als du denkst. Und jetzt ab ins Bett mit dir und schlaf gut. Ich will, dass du morgen ausgeruht bist.«

Und bevor ich etwas erwidern kann, bist du im Taxi verschwunden. Artig gehorche ich deiner Anweisung, noch immer verwirrt von dem Kuss, der mir fast den Verstand raubte. Ich gehe nach oben in meine Wohnung und ohne Umschweife ins Bad. Mechanisch ziehe ich mich aus.

Als ich dann endlich im Bett liege, kommt mir alles so unwirklich vor wie ein Traum. Ein verrückter Abend denke ich nur noch und schlafe dabei ein.

 

 

 

Er

 

»Was für ein verrückter Abend!«, denke ich so, als ich mich ins Taxi zurück begebe! Dass dieser Abend so verlaufen würde, damit hatte ich im Leben nicht gerechnet. Wahnsinn!

Nachdem der Tag in der Firma so bescheiden verlaufen ist, erst der Ärger mit der Geschäftsführung und dann der Auftrag, der am seidenen Faden hängt, all das ist von einem Augenblick zum anderen unwichtig geworden! Der Moment, als ich dich erblicke, sich unsere Augen treffen, verändert alles. Von nun an soll vieles anders werden in meinem Leben!

Wer in Gottes Namen ist diese Frau, die der Zufall in mein Leben bugsiert hat? Noch ehe ich den Gedanken zu Ende denken kann, hält das Taxi wieder vor »unserer« Bar. Scheinbar habe ich vor lauter Verwirrung dem Taxifahrer meine Adresse gar nicht mitgeteilt! Nun sei es drum, es ist mir ganz recht, so wie ich gerade drauf bin, kann und will ich nicht nach Hause, denn ich hätte sowieso niemals schlafen können. Da ich jetzt schon mal hier bin, beschließe ich, nochmal in die Bar zu gehen, um einen allerletzten Drink zu nehmen aber vor allem, um meine Gedanken zu ordnen!

Ich nehme um mich herum überhaupt nichts mehr wahr! Alles ist verschwommen, all meine Gedanken schwirren nur noch um dich. Ich habe nur noch dein wundervolles Lächeln vor Augen und mein Herz rast!

Es ist wie ein Zauber, der mich gefangen hält. In mir wächst unaufhaltsam die Gier, der Zwang, dich wieder sehen zu wollen! Nein … zu müssen!

Also nehme ich mein Handy und schreibe dir diese Zeilen!

»Hi mein unbekanntes, elfenähnliches Wesen! Es ist alles so unwirklich und ich bin verwirrt, (mehr als sonst). Was hast nur du mit mir getan? Du hast in mir ein Gefühl geweckt, welches ich schon sehr lange in mir vergraben habe! Deine natürliche Demut und dein herzliches wundervolles Wesen lassen mich nicht mehr los! Ich wünsche dir eine traumhafte Nacht! Zartharte Grüße und sehnsüchtige Küsse, dein John!

PS: Du wirst mich am kommenden Freitag, Punkt 22.00 Uhr in unserer Bar erwarten! Widerstand ist zwecklos! Du gehörst mir bereits und du wirst eine Seite in dir entdecken, welche dir anfangs Furcht einflößen, dich aber auch nicht mehr loslassen wird! Und wehre dich erst gar nicht dagegen, es wird nicht funktionieren, glaube und vertraue mir!

Bis Freitag! Kuss John!«

Nachdem ich die SMS auf die Reise geschickt habe, zahle ich und mache mich auf den Nachhauseweg. Ich gehe zu Fuß in der Hoffnung, den Kopf freizubekommen. Denn ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen, ständig blitzen Bildsequenzen vor meinen Augen auf, in denen ich und meine wundervolle Sub zusammen spielen. Sehr aufregende Spiele! Wundervolle Spiele!

Sehr aufregende Spiele! Wundervolle Spiele!

Ich bin mir so sicher, dass du dich meldest und am Freitag kommen wirst. In meinem Kopfkino läuft das wildeste Programm ab. Endlich, völlig durchgefroren zu Hause angekommen, genehmige ich mir noch ein Glas Wein und lasse mich vor dem Kamin, der zum Glück noch leise vor sich hin lodert, nieder.

Wie nur soll ich die Tage bis Freitag überstehen? Ich nehme einen großen Schluck von dem köstlichen Wein und zünde mir eine Zigarette an, doch alle Ablenkung ist zwecklos. Permanent habe ich diese Bilder vor meinem inneren Auge …

Du kniest vor mir. Lediglich bekleidet von einem weißen, glänzenden Höschen, welches mehr zeigt, als es verbirgt! Dein Kopf ist gesenkt, deinen wunderschönen Hals schmückt ein Ring aus Edelstahl, kühl und glänzend. Er schnürt dich ein, nimmt dir ein wenig den Atem und macht dich nervös. Leichte Panik ist in deinen Augen erkennbar, als ich dein Gesicht leicht anhebe. Leise aber bestimmend befehle ich dir, mich nicht anzusehen, den Blick gesenkt zu halten! Denn du gehörst mir und hast mir zu gehorchen!

Mit leiser, zitternder Stimme kannst du nur ein kurzes »Ja, mein Herr«, hervorräuspern.

Schon greift meine Hand fest und bestimmend in deine tollen, glänzenden kurzen Haare! Ich liebe deinen Look! Ich komme dir sehr nahe, dein Duft ist so betörend, ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen!

Deine Aura sauge ich regelrecht in mich auf. Du blickst mich an mit einem Lächeln im Gesicht und wie ein Reflex gebe ich dir eine kleine aber feste Ohrfeige! Ich sehe dein Entsetzen im Blick, deine Augen sind weit geöffnet und du willst etwas sagen, aber mein Zeigefinger verschließt deinen Mund!

Du musst schlucken und ich sehe, wie eine Träne an deiner geröteten Wange herabläuft!

Ich spüre deine Hingabe, doch auch deinen Zwiespalt, deinen inneren Kampf. Sollst du sofort flüchten? Aber dein Körper spricht eine andere Sprache! Dein Unterleib füllt sich mit Blut, deine Nippel werden hart. Du denkst, du wirst verrückt, was tust du nur hier, was ist das für ein Spiel? Es ist um dich geschehen. Dein Blut pulsiert, dir ist heiß und kalt zugleich. Alles fließt und du hast das Gefühl, dir läuft deine Lust an den Innenseiten deiner zarten, weißen Schenkel herunter. Es ist dir sehr peinlich!

Plötzlich wurde ich aus dem Traum gerissen! Oh mein Gott, ich bin eingenickt und ein Doppelpiepston einer, nein, deiner SMS reißt mich aus meiner Fantasie!

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich mit zitternden Händen den Account öffne!

 

Wiedersehen

 

Sie

 

Der Klingelton meines Handys reißt mich aus dem Schlaf. Ich schaue auf die Uhr und es ist genau vier Uhr morgens. Ich habe wohl wieder vergessen, mein Handy auf lautlos zu schalten. Wer will denn jetzt um diese Uhrzeit was von mir? Ist ja wirklich unmenschlich, mitten in der Nacht. Gähnend und total gerädert greife ich zu meinem Smartphone und will nachschauen, wer denn jetzt noch was will. Unbekannte Nummer! Mein Herz beginnt augenblicklich schneller zu schlagen, denn sofort keimt in mir die Hoffnung auf, dass ER es sein könnte. Ich öffne die Nachricht und lese. Einmal, dann noch einmal. Ich bin plötzlich hellwach. Die SMS ist tatsächlich von John! Und was er geschrieben hat, verwirrt mich. Ich verstehe es nicht. Ob es daran liegt, dass ich gerade noch verschlafen bin oder an dem, was da steht, kann ich nicht einsortieren. Aufregung macht sich in mir breit und mein Puls geht viel schneller als sonst.

Was meint er mit dem Satz: »Du gehörst mir bereits und du wirst eine Seite in dir entdecken, welche dir anfangs Furcht einflößen, dich aber auch nicht mehr loslassen wird!« Und wie kommt er darauf, dass ich eine natürliche Demut an den Tag lege? So etwas fiel mir bisher an mir noch nie auf. Bisher habe ich mich für recht selbstbewusst, wenn auch manchmal etwas ruhig, gehalten. Dass an mir etwas Demütiges sein soll, ist mir bisher nicht aufgefallen. Aber gut, wenn er es so sieht, will ich dem mal nicht widersprechen. Ich würde ihn aber sicher beim nächsten Treffen danach fragen, nehme ich mir vor.

Trotz meiner Verwirrung macht sich eine unheimliche Freude in mir breit, Freude darüber, dass er mich wirklich wiedersehen will. Aber auch meine Neugier darüber, was er denn mit der Furcht meinte, ist erwacht. Wovor sollte ich mich fürchten? John wirkt nicht wirklich Furcht einflößend auf mich. Im Gegenteil, er übt eine Anziehung auf mich aus, der ich mich nicht widersetzen kann.

Doch die Art und Weise, wie er schreibt und ein Date mit mir festlegt, zeugt von einer gewissen Dominanz, die wohl keinen Widerspruch duldet. Dies hatte ich ja am Abend schon bemerkt, als es ums Bezahlen ging und dass er mich unbedingt nach Hause begleiten wollte und auch, wie er mich verabschiedete. Doch genau das fand ich so faszinierend an ihm, vom ersten Moment an. Diese Macht, die er ausstrahlt und mit der er mich sofort in seinen Bann zog.

Ich überlege mir, was ich ihm zurückschreiben soll. Doch wie soll ich auf seine Aufforderung reagieren? Dass ich ihn unheimlich gern, ja unbedingt wiedersehen will, ist mir klar. Mehr als das. Ein wohliger Schauer durchströmt mich, wenn ich nur daran denke, an ihn dachte!

Schließlich bringe ich doch eine Antwort zustande: »Lieber John, natürlich werde ich am nächsten Freitag pünktlich in der Bar sein und auf dich warten. Sehr gerne komme ich deiner, für mich etwas verwirrenden, Aufforderung nach. Es freut mich sehr, dass du mich wiedersehen möchtest. Nur frage ich mich, wovor ich mich denn zu fürchten habe? Muss ich Angst vor dir haben oder kann ich mich allein und ruhigen Gewissens zu unserem Date wagen? Liebe Grüße und schöne Träume. Tara«

Ich schicke ihm noch einen Smiley hinterher. Dann kuschle ich mich wieder unter meine Decke und begebe mich wieder ins Reich meiner Träume. Ein Traum entführt mich in eine andere Welt …

Ich weiß nicht genau, wo ich mich befinde und es ist zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen. Verzweifelt versuche ich, meine Augen zu öffnen, bis ich feststelle, dass diese Mühe vergeblich ist, denn meine Augen sind mit einem Tuch verbunden. Ich liege auf etwas Hartem. Es ist totenstill, wo auch immer ich bin. Kein Laut ist zu hören. Angst kriecht meinen Körper hoch. Angst, gepaart mit einer Erregung, die ich noch nicht kenne.

Plötzlich höre ich Schritte. Schritte von schweren Schuhen, die sich mir nähern. Ich bin nackt, deshalb spüre ich einen Windhauch, der mir Gänsehaut verursacht. Immer näher kommen die Schritte, bis sie ganz in meiner Nähe stoppen. Ich halte die Luft an, gebe keinen Laut von mir. Was hätte es auch gebracht, denn mir sind nicht nur die Augen verbunden, sondern meine Hände und Füße sind fest fixiert. An was ich gefesselt bin, kann ich nicht definieren. Ich kann mich nicht bewegen und die Person, die wohl jetzt neben mir steht, gibt ebenfalls keinen Laut von sich.

Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, in der nichts geschieht. Doch dann streift etwas sanft meinen Körper. Ganz sachte ist die Berührung von etwas, was ich nicht deuten kann. Es prickelt auf meinem ganzen Körper. Überall! Es fühlt sich an wie eine weiche, große Feder. Die Person, die sie führt, fängt an, meine Brüste zu streicheln, fährt damit um meine Brustwarzen, weiter über meinen Bauch, bis … mein Atem wird schneller, ja bis zu meinem Dreieck zwischen meinen gespreizten Beinen.

Meine Erregung wächst, trotz meiner hilflosen Situation, in der ich mich befinde. Doch dieses sanfte Streicheln fühlt sich so wundervoll an. Wenn ich nur wüsste, wer mich hier gefesselt hat, wer diese Person ist, die mich so verwöhnte. Immer weiter streichelt mich dieses weiche Etwas und ich spüre die Nässe zwischen meinen Beinen. Wenn ich doch nur sehen könnte, wer da ist. Die Spannung, die in der Luft liegt, raubt mir die Sinne. Ich bin völlig ausgeliefert und doch törnt es mich an. Ich will mehr, will, dass es weitergeht, bin gespannt auf das, was noch kommt.

»Lass uns aufstehen …« Von Ferne höre ich das Lied und will doch gar nicht fort von diesem Traum. Doch unerbittlich klingelt mein Handy. Festhalten will ich diesen wunderschönen Ausflug, doch es geht nicht.

»Verdammter Mist, heute ist Sonntag!«, fluche ich vor mich hin. Ich hatte vergessen, meinen Wecker abzuschalten. Ich öffne verschlafen die Augen. Es ist schon sehr hell draußen. Die Sonne scheint durch mein Fenster und die halb geschlossenen Vorhänge. Meist verzichte ich darauf, die Rollläden zu schließen, denn so werde ich, zumindest am Wochenende, auch mal durch die Sonne geweckt, wenn sie scheint. Doch so früh hätte es heute nicht sein müssen. Wie gerne hätte ich erfahren, wie es weitergegangen wäre in diesem wundervollen Traum. Es reicht doch schon, wenn man unter der Woche immer viel zu früh durch den blöden Wecker aus den Träumen gerissen wird.

Noch ein wenig benommen und enttäuscht lasse ich mich in mein Kissen zurückfallen. Meine Gedanken schweifen zurück zum Vorabend. Zu John! Dieser Typ hat mich doch ziemlich durcheinandergebracht. Und sobald ich an seine SMS denke, bin ich immer noch ziemlich neben der Spur. Meine Gedanken schwirren durcheinander. Was meint er nur damit? Was sollte an ihm Furcht einflößend sein? Naja, ich werde es ja wohl noch herausfinden, denke ich und schließe nochmal meine Augen. Sofort habe ich sein Gesicht vor mir – mit seinem unwiderstehlichen Grinsen.

 

 

 

Er

 

All meine Gedanken kreisen ständig nur noch um dich, dich wundervolle Frau, welche ich kennenlernen durfte! Es war wie einer von diesen magischen Momenten im Leben, die nicht erklärbar sind.

Ich sah dich in der Bar stehen, sah dich an, musterte dich und als unsere Augen miteinander zu tanzen begannen, war es geschehen! Es fühlte sich ab diesem Moment alles leicht und beschwingt an – alles im Fluss, wie man so schön versnobt sagt.

Einzig und allein stellt sich die Frage, wie zum Teufel soll ich die Zeit bis Freitag um 22.00 überstehen? Ich weiß es nicht, nicht im Geringsten!

Dennoch verfliegen all die Tage der Woche, als wären es Stunden. Allerdings gibt es keinen einzigen Augenblick, an dem ich nicht an dich denken muss. Das ist total verrückt!

Heute ist es endlich so weit! Der Tag unseres nächsten Treffens ist nun endlich gekommen! Nachdem ich schon sehr früh morgens wach werde, weil meine Gedanken um dich Tara, du ominöse Frau mir meinen Schlaf rauben, schlurfe ich gedankenverloren in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen! Was hast du nur an dir, dass ich mich dermaßen zu dir hingezogen fühle. Woher nur nimmst du diese natürliche Devotheit? Ich muss und werde dies heute herausfinden, dich studieren – dein Verhalten, deine Gestik und Mimik, all dein Sein werde ich in mich aufsaugen, ganz gewiss.

Die Stunden verfliegen und der Abend rückt immer näher. Nervös, nein so würde ich nun meinen Gemütszustand, meine Verfassung jetzt nicht nennen. Doch ein wenig Vorfreude und ein Kribbeln kann auch selbst ich nicht von der Hand weisen.

Die Zeit rennt, ich bestelle mir ein Taxi. Es ist bereits kurz vor zehn Uhr. Ich plane so gegen 22.20 Uhr in der Bar einzutreffen, denn ich möchte dich ein wenig zappeln lassen. All meine Gedanken kreisen nur noch um dich Tara. Wirst du kommen, ja natürlich wirst du das!

Mein Kopfkino läuft auf Hochtouren, was wirst du tragen, ein Kleid und High Heels? Schon klingelt der Taxifahrer an der Türe und reißt mich aus meinen Tagträumen. Noch schnell werfe ich mir meinen schwarzen Mantel über den Arm und los geht es.

Der Mantel passt perfekt zu meinem schwarzen Anzug und dem mittelalterlich angehauchten, ebenfalls schwarzen Hemd, welches ich sehr lässig und weit geöffnet trage. Ich gebe dir somit einen kleinen Einblick auf meinen ganz rasierten, durchtrainierten Körper. Da ich keine Körperbehaarung an mir mag, ist dies natürlich auch ein No-Go für meine zukünftige Sub. Und genau das sollst du werden!

Als ich an der Bar ankomme und die Tür öffne, wandert mein Blick reihum, doch ich kann dich nicht entdecken. Es macht sich eine Enttäuschung breit, die sich unaufhaltsam in Aggression und Wut umwandelt. Die Bar ist gut gefüllt und an all

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: Franz von Soisses
Lektorat: Cornelia von Soisses
Tag der Veröffentlichung: 13.06.2017
ISBN: 978-3-7438-1832-3

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