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Tellerwäscher und andere Liebhaber- Teil 3

Mein großer Tag war gekommen. Wie wunderbar, dachte ich, als ich zum ersten Mal nicht die Treppen nehmen musste, welche in die miefige Küche führten.

Meine Haltung war von Stolz erfüllt, als ich das kleine Büro ansteuerte, indem mich Sergio sehnlichst erwartete.

Ich hatte mir extra einen super kurzen Rock angezogen und meine Bluse war leicht durchsichtig, damit meine teure Spitzenwäsche zur Geltung kam.

„Es ist Zeit für deine Belohnung!“, rief ich überschwänglich, als ich die Tür aufriss.

Zu spät erkannte ich, dass sich nicht Sergio hinter dem Schreibtisch befand, sondern diese doofe Chloe.

Durch mein plötzliches, unerwartetes Erscheinen war sie hochgeschreckt. Sie starrte mich an, als sei ich nicht von dieser Welt.

Hektisch schloss ich die Knöpfe meiner Bluse, um meine üppigen Brüste, welche kokett hervorlugten, schnellstens zu verdecken. Ich sah ein, dass diese Handlung für die Katz war, denn auch mit dem dünnen Stoff darüber, zeichnete sich mein Busen deutlich ab.

„Wo ist denn Sergio?“, fragte ich leicht verunsichert.

„Der hat Zahnschmerzen. Deshalb kommt er später.“

Chloe musterte mich mit leicht zusammengekniffenen Augen. Ein amüsiertes Lächeln kroch über ihre Lippen. „Tut mir leid, dass du vorerst mit mir vorlieb nehmen musst.“

Ihr Blick senkte sich ab, in die Unterlagen, welche sich vor ihr befanden.

„Mal sehen“, tat sie geheimnisvoll und blickte zu mir auf. „Mm! Du bist also die Neue. Eine Tür weiter, kannst du dir deinen Arbeitskittel abholen. Dann gehst du den Gang runter, da befinden sich die Toiletten. Da kannst du gleich anfangen, mit deinem neuen Job“, betonte sie unmissverständlich.

Ganz genau konnte ich die Genugtuung sehen, welche sie in ihrem Inneren entwickelte.

„Und eins sollte dir klar sein, meine Liebe. Sergio ist mit mir zusammen und wird es auch bleiben.“

Ich zuckte unschuldig mit den Schultern.

„Von dem will ich nichts. Der ist doch gar nicht mein Typ“, posaunte ich frei heraus.

„Ach so!“, vernahm ich plötzlich eine Stimme hinter mir, welche wie die von Sergio klang.

Verdammt! Diese Chloe war doch ziemlich durchtrieben. Das hatte die doch mit Absicht gemacht. Ich hasste dieses Weib jetzt schon. Aber noch war nicht aller Tage Abend. Schließlich besaß ich genug weibliche Raffinesse, um jeden Mann, den ich wollte, um den Finger zu wickeln.

Hier und jetzt konnte ich nichts mehr ausrichten, so beschloss ich das Büro zu verlassen, um meine Arbeitskleidung abzuholen.

Ein verschmitztes, zweideutiges Lächeln huschte über meine Lippen, als ich an Sergio vorbei stolzierte. Ich spürte seinen Blick in meinem Nacken. Und als ich die Tür schloss, trafen meine Augen auf eine intensive Weise noch ein letztes Mal die seinigen.

 

Ich nahm meine neue Arbeitskleidung entgegen. Besser gesagt einen Kittel, welcher ziemlich unvorteilhaft geschnitten war. Ich glaubte, um zehn Jahre gealtert zu sein, als ich mir dieses Etwas über der Brust zuknöpfte. Mein Spiegelbild war der Beweis. Mit Erotik hatte das nichts mehr zu tun. Wer sollte sich jetzt noch vorstellen können, dass ich unter diesem Sack sexy Unterwäsche trug?

Welches Elend mich umgab, als ich mit Wischmopp und Eimer bewaffnet den Gang entlang lief. Am Liebsten hätte ich mich jetzt in eine Ecke verzogen, um Rotz und Wasser zu heulen. Aber das kam für mich nicht in Frage, denn ich war mein ganzes Leben lang noch nie eine Memme gewesen.

Und warum sollte ich dies jetzt plötzlich ändern? Ich war es schließlich aus meiner Jugendzeit gewöhnt, immer am Abgrund meines Lebens zu stehen.

Mein Vater war ein Trinker und meine Mutter litt an starken Depressionen. Manchmal war sie einen ganzen Monat in der Klinik. Dann war ich die Hausfrau. Kochen konnte ich nicht besonders. Aber mein Vater aß alles, was ich auf den Tisch stellte.

Ein wenig musste ich schmunzeln. Meine Gerichte waren tatsächlich manchmal ziemlich exotisch gewesen, sodass mein Vater immer eine Flasche Bier zum runter spülen brauchte. Mir machte das nichts mehr aus, denn ich war es nicht anders gewöhnt.

Unser kleines Häuschen, was jetzt wieder notgedrungen mein Zuhause war, kam einer alten Ruine nahe. Mein Vater hatte es damals geerbt. Handwerklich besaß er zwei linke Hände. So blieb der Kasten wie er war und der Verfall war ihm gewiss.

Nachdem mein Vater wieder so einiges an Alkohol indus hatte, wurde er von seiner Vergangenheit eingeholt. Dann heulte er wie ein Kind. Das Haus war voller schlechter Erinnerungen für ihn. Genaueres hatte er mir nie erzählt, so tief saß sein Schmerz.

Meine Mutter ging zuerst von uns. Frühmorgens wachte sie nicht mehr auf. Fünf leere Tablettenschachteln fanden wir unter dem Bett. Sechs Jahre später verstarb dann auch mein Vater. Wie sooft ging er von seiner Stammkneipe nach Hause. Es war dunkel und der Autofahrer hatte ihn nicht wahrgenommen, als er die Straße überqueren wollte. Im Krankenhaus ist er dann verstorben.

So blieb ich allein zurück. Da ich in der Frittenbude nicht viel verdiente, blieb mir nichts anderes übrig, als weiterhin in meinem Elternhaus mein Dasein zu fristen.

Als wieder einmal der Regen auf das Dach prasselte und ich nicht mehr wusste, welchen Eimer ich wo zuerst hinstellen sollte, damit der Boden unter meinen Füssen nicht ganz aufweichte, beschloss ich, dass ich etwas in meinem Leben ändern musste.

Meine Freude damals, war groß, als ich sah, dass ein junger Mann ins Nebenhaus einzog. Felipe gefiel mir auf Anhieb. Blöd war nur, dass er verheiratet war. Doch darum scherte ich mich nicht.

 

Für mich war es nichts besonderes, ein Pissoir zu reinigen. Schließlich war ich das schon von der Frittenbude her gewöhnt. Im Hotel „Silverrose“ war alles viel sauberer. Niemand pinkelte hier daneben.

Ich vernahm, wie sich die Tür öffnete. Meine schlimmsten Befürchtungen wurden wahr. Sergio war mir gefolgt. Mit ernster Miene behaftet, baute er sich vor mir auf.

Ich wünschte mir jetzt einen Heiligenschein, welcher sich über meinem Haupte ergoss. Doch leider erfüllte sich mein Wunsch nicht. So musste mein unschuldig drein blickender Gesichtsausdruck seinen Zweck erfüllen.

„Ist sie immer so herrschsüchtig, diese Chloe? Dachte glatt, dass die mir jeden Moment an die Gurgel springt, so eifersüchtig wie die war. Die macht mir echt Angst.“

Ich trat ein bisschen näher an Sergio heran. „Sie hat mir klar gemacht, dass ihr fest zusammen seid. Was sollte ich da machen? Da habe ich einfach gesagt, dass ich nicht interessiert sei. Was natürlich nicht stimmt“, setzte ich noch einen drauf.

Ich klimperte mit den Augenlidern, sowie es die Diven in den Schmachtfetzen taten, welche in den Kinos die Leute zu Tränen rührten. Welcher Mann war da noch fähig, zu widerstehen.

„Wie fest zusammen?“, ereiferte sich Sergio. „Ich bin mit niemandem zusammen. Hat Chloe etwa schon wieder behauptet, dass ich ihr das Kind gemacht hätte?“

Ich konnte es nicht verhindern, dass mein Kopf ein bejahendes Nicken hervorbrachte.

Ob Chloe nun tatsächlich von Sergio schwanger war, wusste wohl nur sie selbst. Oder gab es da vielleicht mehrere, welche dafür in Frage kamen? Manchmal hatte ich sie doch mit diesem Philipp, welcher im Service arbeitete, gesehen. Sie schienen ziemlich vertraut miteinander zu sein. Vielleicht hatte Chloe mit ihm sogar das Bett geteilt. Vermutungen hin oder her. Jetzt war erst mal Sergio wichtig, denn ich wollte auf keinen Fall zurück in die Küche.

Dieser hässliche Kittel, welcher meinen Körper entstellte, musste weg. Also fing ich an, die ersten zwei Knöpfe zu öffnen. Sergio´s Augen wurden immer größer, als meine hoch gepuschten Brüste ein wenig hervor lugten.

„Möchtest du jetzt vielleicht deine Belohnung?“, hauchte ich verführerisch und leckte mir über Lippen.

Schneller wie erwartet, lagen Sergio`s Hände auf meinen Brüsten. Seine Fingerfertigkeit war enorm, als er beschlossen hatte, mich von meiner unerotischen Arbeitskleidung zu befreien. Den Rest erledigte ich, denn ewig konnten wir uns hier nicht mehr aufhalten. Nicht auszudenken, wenn hier plötzlich einer von den Gästen des Hotels auftauchen würde. Aber um diese frühe Zeit war normalerweise, außer dem Putzpersonal, niemand unterwegs.

Sergio´s Atem wurde schwerer. Seine Hand schlang sich um meinen linken Oberschenkel, dann riss er mein Bein in die Höhe. Auf meiner rechten Zehenspitze, an der Wand gelehnt, bemühte ich mich nun, seiner Gier nach Zweisamkeit zu folgen. Es war nicht einfach für mich, in so einer unbequemen Stellung auszuharren. Doch Sergio´s Wille, mich endlich in sein Inventar aufnehmen zu wollen, war so groß, dass der ganze Akt recht schnell in die Geschichte überging.

Mein Liebhaber wirkte zufrieden, als er seine Männlichkeit zurück in seine Hose packte. Womöglich war ich die Letzte in seiner Putzkolonne, mit welcher er es noch nicht getrieben hatte. Lange genug hatte ich ihn schließlich hingehalten. Nun war seine Sammlung perfekt.

„Sag mal, kann ich bei dir eine Weile wohnen?“, fragte ich ihn sogleich.

Sergio verzog das Gesicht. „Das geht nicht. Ich brauche meine Freiheit. Ab und zu kannst Du bei mir gerne mal eine Nacht verbringen. Aber auf Dauer will ich das nicht.“

Das hatte ich mir schon gedacht. Sergio wollte die Weiber mit nach Hause nehmen, wann immer es ihm gefiel. Aber, das war keine Lösung für mich. Ich musste unbedingt eine neue Bleibe finden. Vorübergehend versteht sich, denn auch ich hatte nicht vor, mich an irgend jemanden zu binden.

Mit Sergio, das wäre für mich sowieso nichts von Dauer gewesen, also blieb mir nichts weiter, als mich umzuorientieren.

In der Eingangshalle des Hotels erblickte ich Chloe, welche die letzten Feinarbeiten vornahm, bevor der eigentliche Betrieb wieder los ging. Obwohl sie hier nicht wirklich was zu melden hatte, fühlte sie sich zu höherem berufen.

„Brauchst du vielleicht Hilfe?“, bot ich mich ihr an.

Chloe schnellte herum. Als sie mich erblickte, zog sie ein süßliches Lächeln auf. „Kontrolliere doch bitte noch einmal die Tische in der Lobby. Ich glaube die Mädels sind Zuhause gründlicher.“

„Mach ich gern“, sprach ich und schnappte mir einen von ihren Polierlappen. „Dieser Philipp, vom Service, kennst du den näher. Wie alt ist der eigentlich?“

Und schon wieder erlangte ich die Aufmerksamkeit von Chloe. „Der ist niedlich, nicht wahr? Er hat gerade bei uns seine Lehrjahre hinter sich gebracht.“

„Was?“, sprach ich etwas irritiert. "Erst die Lehre beendet?" So jung sah der Bursche doch gar nicht aus.

„Es war seine zweite Lehre“, betonte Chloe. „Die Erste hat er wegen Mobbing abbrechen müssen. Der Kleine ist halt zu gut für diese Welt. Besser gesagt zu schüchtern.“

Mobbing war schlimm, aber Schüchternheit konnte man beheben.

„Gefällt er Dir?“ wurde ich direkt von Chloe befragt.

„Ja, ich finde ihn ziemlich niedlich“, sprach ich sogleich.

Was nützte es mir drumherum zu reden. Ich wollte mit Philipp ein Date und Chloe sollte mir dabei helfen, was ihr sicher nicht schwerfallen würde, denn so hatte sie eine Konkurrentin weniger.

„Ich weiß, wo du ihn heute Abend treffen kannst!“, hörte ich mein Gegenüber sagen. „Freitags geht er immer ins Township.“

Mehr der Worte brauchte es nicht. Ich verließ Chloe mit dem Polierlappen in der Hand und machte mich zu den Tischen in der Lobby auf.

Beschwingt ließ ich den Lappen über die Oberfläche gleiten. Verstohlen blickte ich hinüber, Richtung Frühstücksbüfett. Da sah ich ihn, meinen Philipp, wie er das Geschirr zu den Tischen trug, um dann alles akkurat zu verteilen.

Tatsächlich sah er ziemlich jung aus. Vielleicht sogar zu jung für mich? War ich wirklich im Stande, diesen schmal schultrigen Jungen ins Unglück zu stürzen? Der sah doch so lieb aus.

Als Philipp plötzlich meinen Blick erwiderte, zuckte ich zusammen. Schnell bediente ich mich wieder meines Polierlappens. Unkontrolliert verrichteten meine Hände ihre eigentliche Tätigkeit.

„Dein Tatendrang in allen Ehren, aber übertreiben musst du nun wirklich nicht“, sprach mich jemand von der Seite an. Chloe war gekommen, um zu sehen, wie ich zurecht kam.

„Hallo Philipp!“, rief sie plötzlich. „Kannst du einen Moment rüber kommen? Ich möchte dir gern jemanden vorstellen!“

Ich schluckte augenblicklich. Nein, so sollte das nicht laufen. In sexy Klamotten wollte ich ihm doch gegenüber treten und nicht in dieser unerotischen Kluft.

Philipp winkte ab. „Ich habe keine Zeit zum Plaudern. Bin so schon spät dran. Ein anderes Mal gerne.“ Dann verschwand er wieder, um neue Teller und Tassen zu holen.

„Ach, der Kleine traut sich bloß nicht. Wie ich schon gesagt habe, viel zu schüchtern für die Damenwelt.“

Ich grinste in mich hinein. Mir konnte bis jetzt noch kein Mann, ob alt oder jung, widerstehen. Jeder hatte sich in meinem Netz verfangen, da würde auch dieser Philipp keine Ausnahme bilden. Ich war davon überzeugt, dass er selbst nicht in der Lage war, eine Frau anzusprechen. Vielleicht war er gar noch jungfräulich und ich wäre seine Erste. Sicher war der Kleine hochsensibel, sodass ich behutsam vorgehen müsste. Vielleicht erst mal ran tasten, an die Materie. Ein bisschen Petting fürs erste, wäre sicher für ihn schon eine Erfahrung. Beim zweiten Treffen wäre er dann schon flexibler, um seine Männlichkeit auszuleben. Ich konnte mir ein leichtes Kichern nicht verkneifen, als mein Blick erneut zu Philipp hin wanderte. Heute ist Freitag und da bist du fällig, mein Kleiner. Dann werde ich dich mit Haut und Haaren verschlingen. Du wirst zu Wachs in meinen Händen werden und mir eine ordentliche Stelle beim Service beschaffen. Die Mädels dort, waren nämlich alle viel schicker gekleidet, als ich. Weiße Bluse und ein knielanger, schwarzer Rock, das war die Arbeitskleidung beim Service. Und das wollte ich auch unbedingt tragen, nicht diesen dämlichen grün-braunen Kittel, welcher jetzt meinen Leib verunstaltete.

 

Für heute war meine Schicht beendet. Eilig lief ich nach Hause. Gesichts- und Dekolleté Peeling, Maske und Make up brauchten schließlich seine Zeit. Immerhin wollte ich heute Abend jugendlich erscheinen. Niemand sollte es in den Sinn kommen, mich vielleicht als Philipps ältere Schwester zu bezeichnen. Das wäre fatal, denn schließlich wollte ich Philipps Freundin werden.

Als ich das Haus betrat, wurde ich wieder von diesem muffigen Geruch begrüßt, der sich überall in den Wänden festgesetzt hatte.

„Bald bin ich dich los, du Ungetüm, dann wohne ich bei meinem neuen Freund Philipp. Und du wirst dem Erdboden gleich gemacht. Und keiner wird sich je an dich erinnern!“, schrie ich durch das alte Gemäuer.

Ich nahm die kalte Dusche hin, so gut es ging. Mein Körper bibberte, als ich mir schließlich das Handtuch nahm, um meinen Körper warm zu reiben.

Gleich heute Abend wollte ich Nägel mit Köpfen machen. Ein paar Drinks und das passende Outfit würden den Burschen schon gefügig machen.

Ein absurder Gedanke nistete sich plötzlich in meinem Kopf ein. Und wenn er noch bei seinen Eltern wohnte? Die wären bestimmt nicht begeistert davon, wenn ihr guter Junge eine fast zehn Jahre ältere Frau mit nach Hause bringen würde. Nein, nein redete ich mir ein. Philipp besitzt sicher eine niedliche, kleine Zweiraumwohnung, modern eingerichtet, versteht sich.

Nach einem intensiven Verjüngungsprogramm, mit allem, was mein Kosmetikschrank hergab, suchte ich nun nach dem passenden Outfit, was nicht unbedingt einfach war.

Im Township selbst, war ich noch nie gewesen. Wohl mehr was für die Jugend.

Ich kramte mich durch meine Miniröcke durch. Einen roten zog ich heraus. Entschied mich aber dann doch für den schwarzen. Ein lockeres, anthrazitfarbenes Oberteil, welches ich an einer Seite über die Schulter hängen lies, schien das Passende zu sein. Vielleicht stand Philipp ja auf nackte Schultern, dann wäre die ganze Sache einfacher für mich.

Ich rückte mir einen Hocker vor den Spiegel. Dann tat ich so, als säße Philipp mir gegenüber. Sexy Posen mussten einfach seine Schüchternheit durchbrechen. Die und keine Andere sollte auf seiner Stirn geschrieben stehen.

Ob im Township Pumps mit hohen Absätzen angesagt waren, das war mir schleierhaft. Ob ich am Ende overdressed war, das wusste zu diesem Zeitpunkt nur Gott allein.

Der Türsteher glotzte mich an, als sei ich von einem anderen Planeten. Zweimal nahm er mich von oben nach unten genauestens ins Visier. Dann winkte er mich durch.

Ich stolperte hinein, weil eine Nebelwand mir die Sicht nahm. Die Bässe der Musik pochten mir in den Adern.

Die Bar war mein Ziel. Ein Gläschen Sekt zum Einstimmen, war wohl jetzt genau das Richtige. Ein Barhocker wurde gerade frei, wurde aber schon von einem Anderen anvisiert. Doch ich war schneller. Meine Hand platzierte sich auf der Sitzfläche, um meine Besitzansprüche anzumelden. Der Verlierer zog ab.

Sekt schien hier nicht an der Tagesordnung zu sein, also entschied ich mich für einen Cocktail. Der Barkeeper zwinkerte mir zu, als er mir das Glas mit dem buntgefärbten Inhalt auf den Tresen stellte.

Kein Bedarf, dachte ich und drehte mein Gesicht von ihm weg.

Mich traf es wie ein Schlag, als ich Philipp, nicht weit von mir entfernt, am Tresen erkannte. Schüchtern schien der ganz und gar nicht zu sein. Zumindest unterhielt er sich ziemlich angeregt mit einem Kumpel. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Schlechter wäre es, wenn dort eine weibliche Person säße. Dann ständen meine Chancen ziemlich schlecht.

Philipps Gesprächspartner suchte plötzlich das Weite. Oh man, besser hätte es gar nicht laufen können. Ich verließ meinen Platz, schob mich durch die Menschenmenge und ließ mich auf dem Hocker nieder.

„High, wir kennen uns doch“, tat ich überrascht. Beherzt zog ich Philipp ein wenig zu mir heran, um ihm rechts und links ein Bussi zu geben, so wie es gute Freunde taten. Mein Gegenüber wirkte ziemlich irritiert.

„Na, wir sind doch quasi Kollegen. Komm lass uns einen zusammen trinken!“,sprach ich frei heraus.

„Okay, was willst du haben?“, fragte er noch ein wenig benommen, von dem plötzlichen Überfall.

„Was trinkt man denn hier so?“, wollte ich wissen.

„Wie wäre es mit einem Zombie?“

Oh Gott, wieso kam er jetzt gerade auf Zombie? Hätte er denn nicht auch Sex on the Beach empfehlen können? Was für ein Dilemma.

Der Drink kam. „Wollen wir nicht Brüderschaft trinken? So jung kommen wir schließlich nicht mehr zusammen“, frohlockte ich.

Philipp ließ sich darauf ein. Wir verknoteten unsere Arme und prosteten uns zu. Natürlich war das noch nicht alles. Entscheidend war für mich der Kuss. Und jeder wusste doch, dass das dazu gehörte.

Also schloss ich die Augen und spitze meine Lippen. Nichts geschah, rein gar nichts.

So öffnete ich die Augen wieder, um zu sehen, weshalb er meinem Wunsch nicht entsprach. Neben Philipp hatte sich sein Kumpel wieder eingefunden. Der legte plötzlich seinen Arm um meinen Philipp und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Augenblicklich hörte ich auf zu atmen.

„Das ist mein Freund Enrique. Wir sind schon seit einem Jahr fest zusammen.“

„Schön für euch“, sprach ich etwas kleinlaut. Nun war es mit der schönen, gemütlichen Zweiraumwohnung für mich vorbei. Enttäuscht saugte ich mich am Strohhalm meines Cocktails fest.

„Hey, mach nicht so ein betrübtes Gesicht“, meinte der vermeintliche Kumpel von Philipp. „Ich schmeiß ne Runde, dann stoßen wir auf unsere zukünftige Freundschaft an.“

Was soll´s, dachte ich. Philipp war eh zu jung für mich und zu diesem Enrique passte er allemal viel besser. Jetzt brauchte ich wenigstens auch kein schlechtes Gewissen mehr zu haben.

Nach ein paar Gläsern Zombie erschienen die beiden Burschen mir immer sympathischer. Ausgelassen tanzten wir zusammen, als würden wir uns schon ewig kennen.

„Sag mal, weißt du, ob bei euch im Service noch eine Stelle frei ist? Die Putzkolonne von Sergio ist nichts für mich. Ich glaube bei euch wäre ich besser aufgehoben“, sprach ich Philipp an.

„Da bist du eine Woche zu spät. Der Boss hat sich wohl schon entschieden.“

Das konnte ja wieder nur mir passieren. „Kannst du nicht mal ein gutes Wort für mich einlegen? Vielleicht geht da noch was.“

„Mach ich gern, weil ich dich gut leiden kann“, kam es Philipp über die Lippen, bevor er mir einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange drückte.

 

So, ihr lieben Leser. Leider kam es für mich anders als gedacht. Aber, wer jetzt glaubt, ich würde aufgeben, der kennt mich noch nicht gut genug.

- wir lesen uns -

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Tag der Veröffentlichung: 01.10.2015

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