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Zeit der schnellen Schüsse

Weißt du noch, wie wir dasaßen, auf diesen kalten, breiten Stufen, und ich die nicht vorhandene Trommel des Magazins ansah und bedauerte, dass nur Papierstreifen darin waren? Nach Schwefel stank es dennoch, wenn der Schuss lärmend losging. Dieses Imitat eines Knallerbsengeräusches, nur etwas leiser und gedämpfter, wenn der Hahn, der gespannte, schnappte, dann knallte er mit dem Lärmplättchen dazwischen auf einen Auslösestein. Ja, ein Stein. Man konnte die Dinger, diese kleinen Felder, auch mit schnellen Steinschlägen auslösen, wenn man es nur wollte und sich dezidiert damit auseinandersetzte.
Ich sah damals noch aus wie ein Junge und fühlte mich auch wie einer, als ich stets und ständig wie ein schnöseliger Lackaffe an meiner schicken Wumme herumfuchtelte. Allein die Ausschweiffung, das exzessive Gefallenfinden am Glanz und der Farbe der Knarre hätte mich als Mädchen identifizieren könnte. Na ja, und natürlich der Blick unter die Kleidung.
Der Colt jedenfalls war das Überbleibsel eines Karnevalskostüms. Ich hatte es zur damaligen Zeit noch sehr mit solchen Festen und freute mich wie Bolle, wenn ich maskiert und am besten uniformiert ins Geschehen stürmen konnte. Als ich ein paar Jahre vorher noch wie ein Mädchen aussah, ging ich als Wichtel, mit grünem Cape, passender Leggins, wipfeliger Haube und rot geschminkter Nase. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass meine beste Freundin damals mit schwarz geschminktem Gesicht und Baströckchen erschien. Mensch, sahen wir putzig aus! Davon gibt es sogar noch irgendwo ein Bild. Das war ein wundervoller Tag, mit herrlich viel Spaß, tollen Spielgefährten und lecker Naschsachen, die man seinerzeit besonders günstig erwerben konnte.
An die nachfolgenden Feiern erinnere ich mich kaum noch. Ich weiß aber, dass ich zu einer von denen unbedingt als Cowboy gehen wollte. Wobei "unbedingt" relativ ist. Eigentlich stand mir der Sinn eher danach, als Vampir in das Fest zu starten. Das Cape hätte meine Speckrollen ganz gut verdeckt. Blöderweise klappte das mit den Zähnen aber so gar nicht. Wäh, ich hatte eine furchtbare Aversion gegen dieses Plastikgebiss, das den Mund dauerhaft weit aufgespannt hätte. Und so wurde es halt ein langweiligeres Cowboykostüm.
Die Party war mau. Meine beste Freundin ging diesmal als fesche Indianerbraut. Irgendwie sah das viel besser aus. Mir gefiel auch nicht, dass ich das Jeanshemd, das ich unter der Lederweste trug, direkt in den Hosenbund stopfen musste. Wurst!
Immerhin hielt ich von diesem Karneval die schicke Wumme über, während alles andere in der Versenkung verschwand.
Und die Knarre nutzte ich auch nach dem Fest noch lange - als Knallfroschersatz bzw. -ergänzung. Oder einfach um gegen die anderen "Knarrenträger" bestehen zu können.
Irgendwann sah ich dann wieder aus wie ein Mädchen. Von da an konnte ich das Ding nicht mehr gebrauchen.

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Tag der Veröffentlichung: 28.11.2018

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