Ein fensterloses Zimmer, klein wie ein Abstellraum, ohne Schränke. An der einen langen Seite steht breitlings ein Bett, an der anderen ein karger Schreibtisch samt Drehstuhl. In der Raummitte wirft eine Glühbirne schummeriges Dauerlicht gegen den gilben Wandputz, der von vereinzelten Tapetenresten gesäumt wird.
Im Bett bewegt sich etwas. Springfedern quietschen. Ein Arm ruckt in die Luft, fällt wieder hinab, ein Oberkörper rafft sich auf, Beine kriechen unter einer Decke hervor. Eine Stimme ächzt, Gelenke knacken. Füße berühren den blanken Boden, patschen drei Schritte bis zum Drehstuhl. Es knartscht. Ein Laptop wird aufgeklappt, eine Taste gedrückt. Hochfahren.
Nervöses Gähnen, unruhiges Sitzen, zitterndes Quietschen im Kreis, einmal um die eigene Achse, abermals, und immer noch nicht die Erlösung; die Blase drückt, der Kreislauf rebelliert. Stillstand erzwungen. Finger fahren durchs Haar, kommen ins Stocken, kratzen dann auf verstriemtem Holzimitat herum.
Es tut sich was - Autostart - das Programm! Der Blick huscht fort, ruht sich an der Wand aus. Das Herz hämmert holprig bis ans Ohr, der Schall trommelt durch die Leere. Gewappnetes Durchatmen. Der Kopf wendet sich dem Bildschirm zu, die Augen tauchen in das Pixelmeer ein; die Mundwinkel zucken, die Pupillen tanzen. Als sich das Meer bewegt, setzt der Atem aus. Und geht dann schneller. Das Blut rast durch den Körper in Überdruck. Schießt sich aus Wolken in das Meer hinein. Nur ein Augenblick in Ewigkeit. Ein Hecheln. Und der Blick wird weit.
Ein Moment noch. Dann loslösen und der externen Schlurfspur folgen. Einen Moment noch.
Woanders, ganz fern, inmitten von Metall, in gleißendem Kaltlichtschein, sitzen Gestalten hinter nebligem Qualm und stieren noch gebannt auf den Schirm, als sich da schon längst nichts mehr bewegt. Einer mäkelt:
„Viel zu schnell entladen. Keine Minute! Geht jeden Tag schneller. Kurz vor der Löschung!“
Aufgebrachtes Stimmwirrwarr. Dann ein anderer mit fester Stimme:
„Geduld, Geduld … Ich möchte wetten, dass es morgen wieder mehr als doppelt so lange dauert. Und überhaupt: Einen Blauen drauf, dass in spätestens zwölf Stunden wieder minutenlang die Tränen fließen – wer wettet mit?“
Tag der Veröffentlichung: 05.08.2017
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