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Prolog




Sie lag ganz still, selbst das Zucken hatte aufgehört. Ganz still. Drew lächelte, setzte sich auf einen Sessel und schaltete den Fernseher an.
Sie genoss die Ruhe und sah einen Moment aus dem Fenster. Die Sonne schien durch das Fenster.
Schließlich griff sie zu Rose' schwarzen Smartphone, sah einen Moment ihr Gesicht in dem Glas und tippte dann die Nummer von Polizei und Notarzt ein.
Als sie den Notarzt anrief zögerte sie einen Moment, was sollte sie denen auch sagen, schließlich rührte sie sich schon seit mindestens einer halben Stunde nicht mehr.
Ihre immer schnelleren keuchenden Atemzüge verstummten irgendwann einfach. Und das laute Bumm bumm hörte auch auf.
Drew war erleichtert als es zu Ende war. Es hatte seine Zeit gedauert, aber sie hatte nichts Besseres als Eisenhut gefunden. Und selbst um daran zu kommen hatte sie schon einige Tricks anwenden müssen.
Der Zaun darum hatte Schwierigkeiten bereitet, aber als sie schließlich ein Blütenblatt in der Hand hatte, war es ganz leicht. Sie musste einfach nur ein Blättchen unter die Pfefferminze in dem Tee mischen.
Nachdem sie aufgelegt hatte, setzte sie sich zu ihr auf den Boden. Ihre Hand war noch warm.
Und für einen Augenblick genoss sie die himmlische Ruhe.


1. Kapitel




1. Kapitel
Sie schaltete das grelle Licht an und sah sich um. Wie gestern.
Mrs. Kaufmann lag noch immer auf dem eisernen Tisch. Harry fragte sich, ob sie wohl friere.
Schnell verwarf sie die Idee wieder.
Sie zog sich den weißen Kittel über und zog sich ein paar Gummihandschuhe an.
Mrs. Kaufmann war ein besonders schwieriger Fall. Bis jetzt hatte Harry noch keine Todesursache finden können.
Sie nahm das Skalpell in die Hand und betrachtete das geronnene Blut. Das Herz hatte sie sich schon vorgenommen, auch einige andere Organe. Noch wartete sie auf die Blutprobe vom Labor.
Ein Giftmord wäre nett. Mal wieder Abwechslung. Die meisten, die bei ihr ankamen, waren der Fehler eines Arztes. Sie waren ihr schon immer zu wider.
Ärzte hielten sich für Götter. Sie konnten sich Fehler leisten und zwischendurch sogar einen toten Patienten. Ein oder zwei Tote waren zu verschulden, denn sie retteten ja so viele Leben.
Harry hasste das. Und wenn Mal einer nicht damit klar kam, dann musste sie ihn trösten.
Sie schüttelte den Kopf und seufzte.
Der Darm war in Ordnung, keine Schäden oder Ähnliches. Nicht einmal ein Schönheitsfehler.
Leider musste sie sagen, dass auch Mrs. Kaufmann ihr zu wider war.
Ihr perfektes Gesicht ließ die Frauen erblassen. Doch sah man genauer hin, entdeckte man den Fehler. Nicht eine Falte bildete sich auf ihrer Stirn, um die Augen. Schaute man sich dagegen ihren Hals an konnte man nur in Staunen verfallen. Die Haut war schlaff und es waren viele winzige Risse zu erkennen. Vielleicht sollte man mal Botox für den Hals erfinden.
Die Möglichkeit, dass Mrs. Kaufmann an einer Überdosis davon gestorben ist, hatte sie vorsichtshalber schon mal nachgeprüft. Schade, dass das nicht der Fall war.
Es hätte die Frauenwelt in hämisches Grinsen versetzt.
Gestern waren die Familienmitglieder hier. Ihre Schwester hatte es tatsächlich geschafft mehr Schimpfwörter in einen Satz zu packen, als Mrs. Kaufmanns Mutter. Und das war so gut, wie unmöglich.
Ihr Bruder hat sie immer wieder als Schimpansen bezeichnet, daraufhin hat sie ihn gefragt
wie er denn darauf komme. Er sagte er habe ein Gespräch belauscht, da hat sie wohl gesagt, sie sei vom Staat unter Drogen gesetzt worden und jetzt ein Schimpanse.
Harry hatte ihn bloß angesehen und den Kopf geschüttelt. Darauf hin, hat er ihr eine Ohrfeige gegeben.Und still und heimlich kam dann noch: „Wenn sie mir nicht glauben wollen, muss sie doch jemand aufrütteln.“
Harry versuchte nicht zu lachen, was sich als sehr schwierig herausstellte.
Doch ein winziger Teil ihres Gehirns dachte an ihre eigene Familie. Für einen kurzen Moment dachte Harry an ihre eigene Familie.
Ihre eigene Familie verachtete Harry, genauso wie Mrs. Kaufmanns Familie sie verachtete.
Sie verscheuchte die Gedanken, schließlich hatte sie sich die letzten zehn Tage nicht um ihre Familie geschert. Warum sollte sie es jetzt tun?
„Scott, das toxikologische Gutachten ist da.“, weckte sie Mrs. Carter aus meinen Gedanken.
Harry blinzelte ein Mal und ging dann zu ihrer Gehilfin und nahm das Blatt.
Sie überflog die ersten paar Absätze und blieb schließlich bei dem Ergebnis hängen.
Eisenhut. Dämlich.
Weiß doch jeder, dass man das im Körper auf einfachste Art und Weise feststellen kann.
Wer ist schon so blöd.
Aber tief im Inneren freute sich Harry, sie hatte schon lange genug keine Giftleiche mehr gesehen.
„Wollen sie Mrs. Kaufmann bestatten?“
„Ganz bestimmt nicht.“, platzte ihr Bruder heraus. Jetzt war Harry nah dran ihn zu Ohrfeigen.
„Wie heißt du denn?“, fragte sie den Jungen.
„Geht dich gar nichts an.“
„Okay also, Gehtdichgarnichtsan, dann sag ich dir jetzt Mal, was mit deiner Schwester passiert ist. Sie hat Eisenhut im Organismus. Ihr Tod war mit Sicherheit schmerzhaft.
Weißt du, das ist aber nichts allzu Besonderes. Aber soll ich dir noch was sagen?
Ich kennen 274 Arten Menschen umzubringen. Sehr viel schmerzhaftere und vor allem sehr viel langwierigere Todesarten.“ Sie lächelte ihn giftigsüß an und drehte sich Mrs. Kaufmanns Schwester zu.
„Wollen sie Mrs. Kaufmann nun bestatten?“
Sie warf mir einen bösen Blick zu und schüttelte ruckartig den Kopf.
„Wie mein Bruder schon gesagt hat, wir wollen sie auf keinen Fall bestatten.“
„Nun von mir aus, dann wird sie als Übungszweck für die Anfänger dienen.“
Harry zog eine Braue hoch. Die Anfänger waren die einzigen in diesem Krankenhaus, die ihr nicht auf den Geist gingen. Sie waren noch nicht von diesem Größenwahnsinn erfüllt, noch nicht so arrogant und vor allem haben sie meistens noch keinen Menschen umgebracht.
Harry seufzte und wollte sich wieder Mrs. Kaufmanns Schwester zuwenden, doch die war tatsächlich verschwunden. Die Tür schwang noch hin und her.

Impressum

Texte: ©Janie Ni, 2012
Bildmaterialien: ©Matoxvisual, 2010
Tag der Veröffentlichung: 03.06.2012

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