Samantha Mae Conelly, kurz Sam, war schon immer ein sehr ruhiges, zurückhaltendes weibliches Wesen gewesen. Schon im Kindergarten hatte sie sich mit einem Mädchen namens Dorothee angefreundet und diese Freundschaft hielt bis heute.
Dorothee nahm sie so wie sie war, während sie von den anderen Kindern immer ins Abseits gestellt wurde, weil sie tollpatschig und ungeschickt war.
Außerdem galt sie während der Schulzeit als Freak. Sie, Samantha, war sehr gut in der Schule.
Das Lernen fiel ihr leicht, was sich natürlich in ihren hervorragenden Schulnoten zeigte. Aus diesem Grund schmeichelten sich immer wieder Mitschüler bei ihr ein , um durch sie bei Referaten, Hausaufgaben und Vorträgen zu glänzen und ihre Noten aufzubessern.
Sie fiel ein paar Mal darauf herein, nur um danach festzustellen, daß diese Mitschüler schlecht über sie redeten und die Freundschaft nur gespielt war. Daraufhin zog sie sich nur noch mehr zurück.
Dann war da noch Brandon McCarthy, er war etwas älter als Samantha und seitdem er sie, gegenüber den anderen Kindern, ein paar mal in Schutz genommen hatte, war er Sam`s heimliche große Liebe.
Brandon hatte einen ausgesprochen großen Gerechtigkeitssinn und nahm auch andere in Schutz und verteidigte sie, aber Sam glaubte fest daran, dass Brandon sie für etwas Besonderes hielt, was er allerdings nicht zeigte und seit früher hatten sie auch fast keinen Kontakt mehr gehabt.
Möglichkeiten gab es sicherlich genug, aber sie traute sich nicht Brandon anzusprechen und er hatte andere Dinge im Kopf, außerdem wurde er als Captain des Football-Teams von hübschen Mädchen nur so belagert. Gegen diese Mädchen konnte sie sowieso nicht ankommen, deshalb versuchte Sam es auch gar nicht erst. Diese Mädchen waren sehr groß, sehr hübsch und sehr sportlich. Sie dagegen war, wie sie fand zu klein, zu pummelig und auf jeden Fall nicht hübsch genug.
Ihre Eltern schimpften jedes mal wenn sie sich selbst bemitleidete und sagten ihr immer wieder,
„Du bist ein schlaues Mädchen und Schönheit ist nicht nur äußerlich, Schönheit kommt von innen und liegt immer im Auge des Betrachters, also mach dich nicht selber schlechter als du bist.“
Leichter gesagt als getan, vor allem wenn man ein graues Mäuschen mit Minderwertigkeitskomplexen war und außerdem noch von einer Katastrophe in die nächste geriet.
Also verkroch Samantha sich die meiste Zeit hinter Bergen von Büchern oder ging in die Bücherei,
in der sie Stundenweise aushalf und manchmal Vorlesestunden für Kinder abhielt. Sie liebte diese Zeit, denn dort konnte sie sie selbst sein und musste nicht darauf achten in irgendwelche Peinlichkeiten zu geraten und musste auch nicht befürchten, dass ihr eine von den hochnäsigen Schönheiten über den Weg lief, denn mit Büchern hatten die nichts im Sinn.
Außerdem liebte sie die Arbeit mit Kindern, wenn sie Abenteuergeschichten von Pipi Langstumpf, Peter Pan und anderen vorlas und in die staunenden, strahlenden Kinderaugen sah, wünschte sie sich manchmal selbst eine ganze Horde Kinder, denen sie vorlesen konnte, wenn sie sie abends zu Bett brachte.
Aus diesem Grunde wurde sie auch Lehrerin.Hier konnte sie Leidenschaft, Beruf und Haushalt unter einen Hut bekommen.
Sie erinnerte sich noch sehr gut an ihre Schulzeit, es war ja auch noch nicht so lange her. Und sie erinnerte sich auch noch sehr gut und sehr lebhaft an den schicksalhaften Abend, der ihr ganzes bisheriges Leben verändert hatte.
An diesem Tag hatte sie eindeutig ein Problem, wenn man bedachte, dass es Teenagerprobleme waren.
Bei ihrer Größe von 1,62m war sie kleiner als die meisten Mädchen ihres Jahrgangs. Sie trug eine Brille, durch die ihre ohnehin schon großen Augen noch größer wirkten, ihre langen dunklen Haare ließen sich durch eine Naturkrause zu keiner vernünftigen Frisur formen,weshalb sie die Haare meistens zum Zopf zusammenband und ihre Figur war alles andere als ein Hingucker. Sie hatte eine große Oberweite, die sie immer durch weite Pullover verdeckte und der Rest, na ja.
Zu allem Übel musste sie eine Zahnspange tragen um eine Fehlstellung der Zähne zu korrigieren. Sie war halt etwas anders als die anderen aber was sollte es, Außenseiterin zu sein war sie ja schon gewohnt.
An diesem speziellen Tag jedenfalls sollte das alljährliche Sommerfest stattfinden. Alle redeten schon seit Tagen von nichts anderem mehr.
Wie würde es wohl werden?
Wer ging mit wem zum Fest?
Was zog man an? …..
Das Begleiterproblem stellte sich gar nicht erst sie hatte keinen Freund und es war auch noch keiner in Sicht. Ihr Freundin Dorothee würde vorbei kommen um sie abzuholen, damit sie nicht allein zum Fest gehen musste. Ihre Eltern waren schon etwas eher gefahren, um noch bei den letzten Vorbereitungen zu helfen. Ihre Mutter hatte mit Engelszungen auf sie eingeredet, dass sie doch bei den Vorbereitungen helfen möge, aber Sam verkroch sich lieber hinter ihren Bücherbergen.
Ihr reichte es schon, wenn sie zu diesem alljährlichen Sommerfest erscheinen musste. Sie lebten in einem kleinen Ort und es wurde viel Wert auf die Gemeinschaft gelegt, davon hatten ihre Mitschüler allerdings wohl noch nichts mitbekommen. Jeder kämpfte nur für sich selbst.
Aber egal, nun ging kein Weg mehr daran vorbei. Sie musste sich endlich entscheiden was sie tragen wollte. Sie inspizierte ihren Kleiderschrank, nur um letztendlich doch wieder ihren dunklen Rock und die altbewährte dunkle Bluse heraus zu kramen. Zur Vorsicht würde sie noch ihre lange dunkle Strickweste darüber tragen, das sollte reichen.
Als es dann endlich klingelte machten sich die beiden Freundinnen auf den Weg.
Das Sommerfest fand in diesem Jahr auf der Ranch McCarthy`s statt. Ihre Ranch war die Größte im Umkreis von vielen Meilen und bekannt für ihre Vieh- und Pferdezucht.
Diesen Sommer nun wurde das Fest hier ausgerichtet.
Als Samantha dort ankam staunte sie nicht schlecht.
Eine große Halle war ausgeräumt und festlich dekoriert worden. Luftschlangen, bunte Lampions und herrliche Blumenarrangements gaben einen großartigen Anblick. Unter der Hallendecke war eine Discokugel montiert, welche leuchtend bunte Reflexe warf in die Halle warf.
An einer Seite der Halle hatte man eine kleine Bühne errichtet, auf der eine Band alte und neue Hits zum Besten gab. Auf einer Tanzfläche davor hatten sich schon ein paar Tänzer eingefunden, an festlich dekorierten Tischen, welche in der Halle verteilt standen, saßen schon viele Gäste und führten angeregte Unterhaltungen.
Am anderen Ende der Halle hatte man ein riesiges Buffet aufgebaut auf dem nun Unmengen an Köstlichkeiten standen, Salate, Brot, Häppchen, Obst und Dessert, sogar ein Schokoladenbrunnen war vorhanden. Auf einem riesigen Grill daneben wurden Bratwürstchen, Steaks und andere Leckereien gegrillt. Sam lief das Wasser im Mund zusammen, denn Essen war eine ihrer Leidenschaften. Sie hielt nichts von diesen dürren Bohnenstangen, die nur von einem Salatblatt lebten.
Samatha`s Eltern hatten sich bereits an einem Tisch niedergelassen und Plätze für Dorothe und Sam freigehalten und unterhielten sich angeregt mit Dorothee`s Eltern und verschiedenen anderen Bekannten. Sie lebten halt in einer kleinen Stadt und jeder kannte jeden.
Nachdem Dorothee und Samantha sich mit Getränken und Tellern voll leckerem Essen versorgt hatten, setzten sie sich zu den anderen an den Tisch.
Das essen war köstlich und der Abend wurde immer ausgelassener, das lag wahrscheinlich auch mit an der leckeren Bowle.
Sam musste ein paar mal mit ihrem und Dorothee`s Vater tanzen, wobei sie hoffte, dass die beiden Männer Stahlkappen in den Schuhen trugen. Sooft wie Sam auf ihre Füße getreten war, hatten sie bestimmt blaue Zehen am nächsten Tag. Sam`s Talente lagen eben nicht im sportlichen Bereich, in keiner Weise.
Während einer Tanzpause wurde ihre Aufmerksamkeit plötzlich auf den Eingangsbereich gelenkt.
Dort kam gerade Bandon McCarthy wieder in die Halle. Captain des Footballteams, Schwarm aller Mädchen und Sohn der McCarthy`s , in deren Halle das Sommerfest heute stattfand. Und an seinem Arm hing, ihn anschmachtend Ashley Burnett.
Während Sam beobachtete wie selbstsicher sich Brandon durch die Halle bewegte, geriet sie ins Träumen.
Was wäre wenn..........
..... sie dieses Mädchen an seiner Seite wäre?
..... sie groß und schlank und blond und sexy wäre?
Alles nur Träumereien. Brandon hatte sie früher ein paar mal in Schutz genommen, wenn die Hänseleien der anderen Kinder überhand nahmen und sie weinend dastand und nicht mehr weiter wußte, aber das war im Kindergarten und schon etwas her. Seitdem hatten sich ihre Wege getrennt.
Er wurde zur Sportskanone und sie zum Freak, aber träumen durfte man ja wohl und das tat sie häufig.
Sam träumte von der einzig wahren, großen, ewigen Liebe, vorzugsweise mit Brandon als Hauptperson. Träume eben.
Sie hatte ihn einige Zeit nicht gesehen, da das Footballteam in einem Tainingscamp war, deshalb erschien es Sam so, als ob er noch besser aussehen würde oder lag das nur am Licht?
Während Sam nun so da saß und träumte, kam ihre Freundin Dorothee atemlos von der Tanzfläche zurück.
„Weiß du schon das Neueste?“ fragte sie aufgeregt.
„Das ist Ashley, sie ist heute zur 1. Cheerleaderin gewählt worden.“ beantwortete sie sich gleich selbst die Frage.
„Ich weiß.“antwortete Sam.
Dorothee machte große Augen. “Woher weißt du das denn jetzt? Du sitzt doch schon eine ganze Weile hier am Tisch und das haben sie gerade eben erst erzählt.“
„Ich weiß nur wer sie ist, weil ich ihr schon bei einem Vortrag geholfen habe.“
Ashley war das sogenannte dumme Blondchen. Sie hatte eine Vorliebe für angesagte Mode,
Make-up, Schmuck usw. Ashley sah zwar sehr gut aus, aber sie war auch sehr eingebildet.
Ein verwöhntes Püppchen, das von den Eltern alles bekam was es wollte.
In der Schule war sie keine große Leuchte, deshalb war sie bei Samantha angekommen, damit sie ihr bei einem Vortrag half.
Sam hatte es gerne getan, weil sie glaubte sie hätte eine neue Freundin gefunden, aber sie musste feststellen, dass Ashley sich das Maul über Sam zerriss. Das veranlasste Sam sich noch mehr zurück zu ziehen.
Dorothee sah Sam an. „Komm, wir lassen uns die gute Laune nicht verderben! Wir gehen jetzt an die Theke, ich hab `nen riesigen Durst und danach tanzen wir.“
Die Band spielte Lieder zu denen man sowohl einzeln als auch als Paar tanzen konnte.
Je später der Abend, um so ausgelassener wurde die Stimmung und auch Sam. Das lag eindeutig nicht nur an den alkoholfreien Getränken. Eigentlich durfte sie es ja nicht aber..... auf dem Sommerfest gab es eine super leckere Bowle und Sam hatte genug davon getrunken und die eingelegten Früchte hatten es mächtig in sich. Jetzt hatte sie einen kleinen Schwipps – na ja – vielleicht auch einen großen.
Wie dem auch sei, es war spät geworden und sie wollte sich auf den Weg nach Hause machen, das Wochenende lag zwar vor ihr, aber trotzdem.
Ihre Eltern waren schon eine Weile fort und Dorothee war vor ein paar Minuten zu ihr gekommen, um zu fragen ob sie mitfahren wolle.Dorothee hatte einen Jungen kennengelernt, der sie nach hause bringen wollte. Sam wollte nicht das sprichwörtliche 5. Rad am Wagen sein und hatte ihrer Freundin versichert, dass sie sich ein Taxi nach Hause nehmen würde.
Nachdem Sam sich von Dorothee mit einer Umarmung verabschiedet hatte,stand sie noch einen Moment etwas abseits der Tanzfläche und beobachtete die Paare, die sich zu einer langsamen Ballade bewegten.Als die Musik wieder schneller wurde, wurde sie plötzlich angerempelt und verschüttete ihr Getränk, welches sie noch in den Händen hielt auf den Boden und auf die einzige Person, auf der es niemals hätte landen dürfen. Brandon. Er und Ashley befanden sich genau in dem Moment vor ihr als das ganze Unglück seinen Lauf nahm.
Ohne das sie hätte etwas unternehmen können, ergoss sich die Bowle auf Brandons Oberhemd und Ashley`s helles Sommerkleid.
Wie schrecklich peinlich!!!
Vor Schreck rutschte Sam auf dem nassen Boden aus, stolperte rückwärts und fand Halt an einer Tischkante. Zu ihrem Pech stand die Bowleschüssel auf genau diesem Tisch.
Und dann geschah es wie in Zeitlupe. Sam fiel, riss die Tischdecke mit sich und damit fiel die Bowleschüssel um und der gesamte Inhalt eben dieser Schüssel ergoss sich über Sam.
ERDBODEN TU DICH AUF!!!!!!!!!!!!!!!!!
Warum passierten ihr immer wieder solche Peinlichkeiten, warum nur??????????
Sam sah aus wie ein begossener Pudel und sie war den Tränen nahe, während Ashley lauthals Mord und Brand schrie und eine Schimpftirade über Sam herabregnen ließ, die selbst einem alten Seemann die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte.
Am liebsten wäre Sam in einem Mauseloch verschwunden. So unscheinbar sie sonst auch war, im Augenblick war es nicht genug. Sie wünschte sich unsichtbar zu sein oder besser noch gar nicht vorhanden, aber das waren fromme Wünsche, die sicherlich nicht erfüllt würden. Warum auch? Mit solchen Situationen musste sie schon ihr ganzes Leben klarkommen.
Als Sam sich endlich wieder aufgerappelt hatte, lief Ashley zu Höchstformen auf. Ihr Gekreische wurde immer hysterischer. Mittlererweile war Sam völlig eingeschüchtert und ließ alles über sich ergehen. Ihr traten Tränen in die Augen und sie wusste nicht, wie lange sie diese Situation noch ertragen konnte ohne loszuheulen. Wäre sie doch nur schon mit Dorothee gegangen.
Am schlimmsten aber empfand sie Brandons mitleidigen Blick, mit dem er sie betrachtete, schlimmer noch als Ashley`s Gekreische.
Was gab sie nur für ein Bild ab? Und das vor ihrer heimlichen Liebe.
Die kleine, pummelige, graue Maus, der Freak der Schule stand völlig durchnässt mitten in der Halle.
Inzwischen liefen ihr Tränen über die Wangen und sie versuchte verzweifelt sich einen Weg durch die Schaulustigen zu bahnen, die in einem Kreis um sie herum standen und lachten.Aber irgendwie konnte Sam nicht durch die Menge zum Ausgang zu gelangen.
Was für ein Gesprächsthema für die nächsten Wochen. Oh Gott wie fürchterlich.
Plötzlich fühlte sie sich in den Arm genommen. Verstört blickte Sam auf und sah in das Gesicht von Mr. McCarthy. Er schimpfte mit den Umherstehenden und forderte sie auf höflicher zu einem jungen Mädchen in so einer Situation zu sein.
Brandon wurde mit einem bösen Blick bedacht, sodass er schnell Ashley`s Arm ergriff und diese zu den Waschräumen zog, wo er sie mitsamt zweier Freundinnen, welche dazugekommen waren, durch die Tür hinein schob.
Mr. McCarthy führte Sam durch die Menge und in Sekunden schnelle hatten sie den Ausgang erreicht.
Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
Jede ähnlichkeit mit realen Personen oder Schauplätzen ist rein zufällig.
Tag der Veröffentlichung: 23.10.2010
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