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Der eitle Schmetterling




Auf einer wunderschönen Blumenwiese lebte einst ein herrlich anzuschauender Monarchfalter, dessen Name Danaus lautete.
Seine Flügel schimmerten im Sonnenlicht orangerot und waren mit einem Gitter schwarzer 
Farbe durchzogen. Kleine weiße Tupfen vollendeten seine Schönheit und gaben ihm ein herrschaftliches Aussehen.
Nun da er so schön war und er mit dem Wind so wunderbar tanzen konnte, bewunderten ihn Mensch und Tier.
Nun trug es sich zu, dass viele Tiere mit Danaus befreundet sein wollten und brachten ihm, um ihre Freundschaft dar zu bieten süße Leckereien mit, damit er sich daran laben konnte.
Zwar nahm Danaus die Geschenke an und genoss die Bewunderung um seiner selbst, aber kein Tier war ihm für eine Freundschaft gut genug.
So sprach er zum Fuchs, der ihn sehr bewunderte: „Du willst mein Freund sein? Wie willst du denn mit mir tanzen, so ganz ohne Flügel?“
Der Fuchs sah auf seinen Rücken und stellte fest, das der Monarchfalter recht hatte, aber da er schlau war sagte er: „Das stimmt, aber ich habe ein orangerotes Fell, Mein Gesicht hat eine schwarze Maske und meine Pfoten wie auch meine Schwanzspitze sind weiß. Wir beide passen doch gut zusammen!“
Danaus nahm auf der Schnauze des Fuchses platz und sah ihm in die gelben Augen und lachte böse. „Das mag wohl stimmen, aber ich bin leicht und grazil und du bist ein plumpes Pelzgetier. Zudem verbreitest du einen üblen Geruch!“
Flatternd hob sich Danaus in die Lüfte und lies den armen Fuchs weinend zurück.

So ging es Tag ein Tag aus, bis nur noch eine mit ihm befreundet sein wollte. Sie war ein graubrauner Nachtfalter und hieß Tineola. 
Die Menschen mochten Tineola nicht besonders, denn sie war weder bunt noch grazil, 
ihre Flügel waren mausgrau und ihre Fühler mit feinen Härchen besetzt. Die Menschen ekelten sich vor ihr und bedachten sie oft mit dem Namen den kein Nachtfalter gerne hört, nämlich Motte.
Danaus begutachtete Tineola und sah sie herablassend an. 
„Du willst meine Freundin sein? Wie willst du denn mit mir, die Menschen erfreuen mit deinen Farben? So grau wie du doch bist!? Die Menschen trachten nach deinem Leben! Sie hängen Lampen des Todes auf, um deiner eins zu vernichten. Mir droht so eine Gefahr nicht. Geh zurück in deine Kleiderschränke und führe dein tristes Dasein als Motte weiter und lass mich allein! Ich möchte mit dir nichts zu tun haben!“, sagte er überheblich. 
„Findest du nicht, dass man wegen seiner selbst geliebt werden sollte und nicht wegen seinem Aussehen?“, fragte Tineola ungläubig und wich vor ihm zurück.
Doch kaum da Danaus ihr etwas entgegnen konnte, wurde er von einem feinem Schmetterlingsnetz eingefangen. Denn ein kleiner Knabe hatte ein Auge auf ihn geworfen. Tineola allerdings beachtete der Junge nicht. Wild schlug der Monarchfalter mit seinen prächtigen Flügeln umher und versuchte sich aus seinem durchsichtigen Gefängnis zu befreien. Aber seine Kraft neigte sich allmählich seinem Ende zu. Und da erinnerte sich Danaus das er eine Freundin besaß.
„Tineola hilf mir! Du bist doch meine Freundin!“, wimmerte Danaus. „Wenn du mir hilfst, dann werden wir für immer Freunde sein!“
Doch Tineola lachte hohl und sprach: „Du willst nur mein Freund sein und das nur wenn ich dir helfe?“
Tineola flog nach Oben und sah über den Rand des Köchers. Ihr drohte keine Gefahr, da der Junge nur an dem Monarchfalter interessiert war und so sprach sie:
„Du hast mir gesagt, das die Menschen Lampen aufstellen um meiner eins zu vernichten. Aber eitle Schmetterlinge, wie du einer bist, werden aufgespießt und in Kisten gepackt, damit man sie für alle Zeit bewundern kann! Du hast kein gutes Herz, es ist von Eitelkeit geprägt. Du hast mich beleidigt und meine ernst gemeinte Freundschaft in den Schmutz gezogen. So wie die der anderen Tiere ebenfalls. Eines sage ich dir noch, bevor sich unsere Wege für immer trennen: Hochmut kommt vor dem Fall!“

Tineola flog davon und überließ Danaus seinem selbst erwählten Schicksal: Ein einsames Leben hinter einer dünnen Glasscheibe.

Ende

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 20.07.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
„Was ist der Mensch für eine elende Kreatur, wenn er alle Eitelkeit abgelegt hat!“ Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), dt. Dichter

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