Ich war eigentlich nie der Typ, der gern über sich redete. Im Gegenteil. Ich habe immer ein Geheimnis aus allem gemacht, vor allem vor meinen Freunden und irgendwie habe ich es geschafft, dass sie mir glaubten, mein Leben sei in Ordnung. Das war es aber nicht, das merkten meine Freunde, die ich seit dem Kindergarten kannte, aber erst, als wir schon Teenies waren.
Die Situation eskalierte einfach, als mein bester Freund Drake mich plötzlich küsste. Ich bin einfach nur durchgedreht. Wir lebten in einer Kleinstadt, in der es ein absolutes Tabu war, wenn ein Junge einen anderen Jungen küsste und als ich in meiner Panik meinen Freund an alle verriet, verlor ich nicht nur ihn, sondern auch meine drei Freundinnen, die mir nicht verzeihen konnten. Was ich voll und ganz verstehe.
Inzwischen ist eine Menge Zeit vergangen, wir wohnen jetzt in Seattle und meine Freunde und ich haben wieder zusammen gefunden und doch, gibt es einfach Klärungsbedarf...
Ich hatte mir fest vorgenommen, endlich mit dem Psychiater, der mich nötigte, mit ihm zu sprechen, über alles zu reden und ich wollte, dass meine Freunde dabei waren. Ich wollte, dass Drake, Amber, Cat und Roxy endlich verstande, was damals in meinem Hirn durchgebrannt ist.
„Ich hab euch gebeten auch hier zu sein, da ich nicht weiß, ob ich das alles noch einmal so erzählen kann, in einem Zusammenhang, aber ich möchte, dass ihr alle alles erfahrt. Ihr habt das Recht dazu, weil ihr alle vier durch mich mit mir darunter gelitten habt. Der Prof ist dabei, weil auch er mich so weit gebracht hat, dass ich alles endlich sagen will und er es schließlich wissen sollte. Es ist auch alles mit ihm abgesprochen. Ich habe zwei Bitten an euch: Hört einfach nur zu. Bitte keine Kommentare, keine Tröstungen oder so, das können wir alles machen, wenn ich fertig bin. Fertig sind wir an dem Punkt, wo wir alle 5 wieder zusammen waren, ok? Aber ich will auf keinen Fall Mitleid. Ich möchte einfach damit abschließen können und das kann ich nur, wenn ich es ausspreche. Meine zweite Bitte: Wenn es für einen von euch zu viel wird, erwarte ich, dass dieser Jemand einfach geht. Ich will keinem von euch mehr zumuten, als er vertragen kann. Und bleibt dann auch nicht aus Neugierde. Eine einfachere, weniger genaue Ausführung kann ich euch später auch so noch geben. Aber ich möchte es mir einmal von der Seele reden und ich weiß, dass mindestens zwei von euch es genau wissen wollen. Alles. Wenn ihr zwischendurch kurz einen Moment braucht, dann gebt mir ein Zeichen, dann bin ich dann kurz still. Ich weiß, dass ich bei weitem nicht die schlimmste Geschichte der Welt zu erzählen habe, aber ich weiß, was ich euch bedeute und was es bedeutet, dann so etwas zu hören. Und entschuldigt meine Wortwahl zwischendurch. Es gibt Worte, die ich verachte, aber die einfach nur wirklich beschreiben, wie es war.
Ich fange damit an, dass meine Mutter starb, als ich vier war. Ihr erinnert euch daran, aber ich habe euch nie erzählt, wie es passiert ist und warum. Sie hat sich selbst umgebracht, sie hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten, in der Badewanne, weil sie es mit meinem Vater nicht mehr ausgehalten hat. Was genau los war, erfahrt ihr auch an dem Punkt der Geschichte, an dem ich es erfahren habe.
Dann war ich also mit meinem Vater allein...“, ich musste schon hier kurz eine Pause machen, weil ich wusste, dass jetzt der Teil käme, der sie alle vermutlich schocken würde und bestürzen, da sie es damals einfach nicht mitbekommen hatten.
„Mein Vater war schon immer komisch gewesen. Er wollte immer kuscheln und er wollte immer, dass ich ihm einen Kuss gebe. Dafür nahm er sich auch immer Zeit. Als meine Mutter dann tot war, wurde das schlimmer. Er wollte, dass ich bei ihm schlafe, er wollte kuscheln, er wollte Küsse. Er sagte mir immer, dass das alles normal sei. Ich müsse darüber mit niemanden reden, denn es sei bei allen so. Ich fand es komisch, dass er mir die Zunge in den Mund schob, aber ich glaubte ihm, dass es bei allen so war. Was sollte ich auch anderes tun? Man glaubt seinem Vater halt. Ich wurde älter und wir kamen in die Schule, von da an wollte er, dass ich ihn streichel und ich musste mich von ihm streicheln lassen. Ich fand es nicht gut, aber ich hatte inzwischen Angst. Ich hatte doch nur noch ihn von meiner Familie. Ich ahnte, dass es nicht normal war. Ich musste seinen Penis streicheln und wenig später auch küssen. Ich habe euch nie etwas erzählt, weil es mir unheimlich peinlich war. Ich weiß heute, dass mir gar nichts hätte peinlich sein müssen, aber damals war das halt anders.
Als wir zehn waren verlor ich durch meinen Vater meine Unschuld und von da an, entschuldigt bitte, fickte er mich jeden Abend, den ich zu Haus verbrachte. Deswegen war ich immer der erste, der JA! rief, wenn wir Übernachtungsparties machten. Inzwischen wusste ich, dass es falsch war, was mein Vater tat, aber ich wusste echt nicht, was ich tun sollte. Ich blieb oft bis spät in der Nacht weg, auch wenn ich wusste, dass es dann beim nächsten Mal um so schlimmer sein würde, weil er dann seine Wut an mir ausließ. Je mehr ich in seinen Augen falsch machte, desto brutaler war er. Das gefiel ihm, ich weiß es, weil es dann immer länger dauerte. Trotzdem musste ich mir die Abende gönnen, an denen ich meine Ruhe hatte.
Er schaffte es, alles aus mir rauszutreiben. Meine Freude, meine Lebenslust, meine Würde. Nur wenn ich mit meinen Freunden zusammen war, war meine Welt heil und dann war er machtlos.
Niemand merkte etwas, kein Lehrer, keiner der Eltern, ihr nicht. Ich habe mich immer verstellt. Ich habe vergessen, solange ich nicht allein war. Es war dann, als wäre das alles nur ein böser Albtraum gewesen. So, als wäre es ein Film oder als wäre es ein anderer Junge, dem das alles passierte. Ich hatte weiterhin meine Einsen in der Schule, ich war im Footballteam und auch im Baseballteam der Schule. Ich war ein Junge mit der Aussicht auf ein Vollstipendium, mit der Hoffnung, mit 17 meiner Hölle zu entkommen, wenn ich nur brav durchhalte. Und ich hielt durch, ich hielt durch, bis wir 14 waren...“, ich trank einen kleinen Schluck Wasser und hoffte, dass meine Freunde sich an meine Bitten hielten. Ich glaube, sie waren zu geschockt, um diesen kurzen Moment zu nutzen.
„Bis zu jenem Tag... Drake und ich waren allein, wir lachten und hatten Spaß. Dann küsste er mich und zu meinem Erschrecken gefiel es mir. Ich dachte eigentlich, ich würde Schwule hassen, da sie ja so sein mussten wie mein Vater. Anders hätte es nicht sein können und nun waren mein bester Freund und anscheinend ich selbst so. Ich tat das Schändlichste, was ich hätte tun können. Ich ließ meine Wut über alles allein an Drake aus und das in dem ich es allen sagte. Er wurde gemobbt, er wurde geschlagen und dann tötete ihn sein eigener Vater fast. Ich kam damit überhaupt nicht klar. Ich wollte mich bei ihm entschuldigen, ich wollte alles wieder gut machen, aber da warst du schon weg.“, es war das erste Mal, dass ich wirklich aufsah, ich sah Drake an, aber nur kurz, nicht vorwurfsvoll, sondern ehrlich, dann senkte ich wieder den Blick, aber nur um mich besser erinnern zu können.
„Ich heulte jeden Abend, meinem Vater war das egal. Er hatte leichtes Spiel damals und das passte ihm ganz gut. Cat sah mich in der Schule nicht mehr an, nicht mit einem Blick. Roxy versuchte mit mir zu reden. Sie wollte wissen, warum ich so reagiert hatte. Sie machte mir keine Vorwürfe, aber sie war enttäuscht von mir. Ich hörte es und ich sah es ihr an. Und Amber. Ja, Amber schrie mich an, Amber gab mir, was ich selbst wollte zu diesem Zeitpunkt. Ich wollte den Hass, den sie verspürte. Und als sie anfing, auf mich einzuschlagen, war ich froh. Ich wehrte mich nicht, ich hätte es ohne Frage geschafft. Ich war stärker als sie und hätte sie einfach abhalten können, aber ich tat es nicht. Als sie abgehalten wurde, musste ich schon ins Krankenhaus.
Im Krankenhaus wuchs mein Hass auf mich ins Unermessliche. Ich hasste mich für das, was mein Vater mit mir tat. Ich hasste mich dafür, dass ich nichts dagegen unternahm. Ich hasste mich dafür, was mit Drake passiert war und dafür, dass er weg war. Ich hasste mich dafür, dass ich Amber gelehrt hatte, was Hass ist und Roxy bewies, dass auch Freundschaft tiefe Enttäuschungen bergen kann. Ich wollte nicht mehr.“, ich sog kurz meine Lippen ein und kaute auf der unteren, bevor ich weiter sprach.
„Ich klaute mir verschiedene Medikamente. Ich wusste, dass sie gegen Schmerzen waren. Zu Haus schloss ich mich im Bad ein, in dem auch meine Mutter sich das Leben genommen hatte. Ich schluckte die Pillen und schnitt mir dann die Pulsadern auf , bevor ich literweise Alkohol in mich kippte. Ich hatte die Adern verkehrt aufgeschnitten und ich erfuhr dann, als ich wieder im Krankenhaus war, dass ich toxinresistent war. Ich hatte es nicht einmal geschafft, mir das Leben zu nehmen.“, mir entglitt ein leises, bitteres Lachen. Ich konnte noch immer nicht fassen, dass mir das nicht gelungen war, auch wenn ich heute darüber froh war.
„Mein Vater hatte mich angesehen, nein, er hat auf mich herabgesehen mit einem grausamen Lächeln. „So leicht wirst du mir nicht entkommen. Du bist zu schwach, dir das Leben zu nehmen...“, sagte er zu mir und: „Ich warte schon darauf, dass du deinen Hintern wieder heim bewegst...“
Aber ich hatte durch den Versuch gespürt, dass ich alles betäuben kann. Jeden Schmerz und jedes Gefühl. Kaum war ich aus dem Krankenhaus raus, ging ich zu den Dealern unserer Schule. Ich wurde ihr bester Kunde, denn schließlich brauchte ich viel, um high zu bleiben.
Ich ging zu keinem Training mehr, aber meine Noten blieben relativ gut. Ich verlor an Muskelmasse und wurde ein ziemlicher Hering. Meine Haare ließ ich mir einfach wachsen. Ich war der typische Junkie, dürr und abgerissen.
Amber sah mich nicht mehr mit dem Arsch an und auch Roxy gab irgendwann auf. Sogar mein Vater ließ mich endlich in Ruhe. Er konnte nichts tun und meinte dann, ich sei ihm inzwischen eh viel zu maskulin. Manchmal tatschte er mich dennoch an, aber mir machte es dank der Drogen nichts und ihm gab es einfach nichts mehr.
Als dann Chester Cat erpresste, war schon alles zu spät für mich. Ich war tierisch high als sie zu mir kam und meinte Drake sei in Gefahr. Ich hörte es, aber ich konnte nichts sagen. Und als Cat dann enttäuscht ging, schmiss ich ein paar weitere Tabletten und verdrängte meine Unfähigkeit ihr zu helfen. Ich fand es schon schräg, als sie dann mit Chester ging, aber ich hatte nicht das Recht, mich noch bei den Mädels einzumischen. Und ich konnte ja nicht ahnen, dass er ihr drohte, Drakes Vater zu sagen, wo Drake hin war, damit dieser dann sein Werk doch noch vollenden könnte.
Es machte mich traurig zu sehen, dass unsere ganze Gruppe zerbrochen war. Die Mädels gingen alle ihrer Wege. Na ja, Cat verbrachte ihre Zeit fast nur noch mit Chester und Amber in der Bibliothek, in der Rechtsabteilung, ich hatte am Rande gehört, dass sie Jura studieren wolle, um ausgeschlossenen Personengruppen zu helfen. Ich fand das eine gute Idee. Roxy war von da an viel allein, wenn sie mit den anderen Zeit hatte, sagte sie aber nichts und zeigte ihre Einsamkeit auch nicht. Ich sah trotzdem oft, dass sie oft nicht glücklich war. Es tat mir so leid, aber ich konnte nichts tun. Ich wollte mich nicht mehr in ihre Leben einmischen, ich durfte es nicht.
Mein Vater ließ mich ausziehen, als ich 16 war. Ich schaffte irgendwie trotzdem meinen Abschluss und danach verlor ich mich selbst im Drogensumpf. Ich hatte kein Geld, also musste ich mir welches beschaffen. Ich machte Aushilfsjobs, am Anfang, aber durch die Drogen verlor ich sie immer wieder. Also arbeitete ich für meinen Dealer. Ich dealte selbst und manchmal klaute ich. Aber nie was schlimmes, was nichts daran änderte, dass mein Dealer mich irgendwann für etwas auslieferte, was er getan hatte. Ich sollte für ihn in U-Haft und er versprach, mich bald rauszuholen. Aber drei Wochen können lang sein. Man schnitt mir dort die Haare und wusch mich und dann schmiss man mich in eine Zelle mit einem Schwerverbrecher. Er saß schon eine Weile in U-Haft und ich war für ihn einfach nur Frischfleisch.
Beim ersten Mal schlug er mich bewusstlos und als ich zu mir kam, fickte er mich schon ohne Erbarmen. Ich war wieder in meinem alten Albtraum und das jeden Tag und ohne das ich an Drogen kam. Ich musste es ertragen, so wie früher. Wieder fragte ich mich, warum mir das passierte, fand aber einfach keine Antwort.“, ich seufzte. Die Erinnerung war immer noch dunkel und hart. Es fiel mir leichter, mich an meinen Vater zu erinnern, diese Knasterfahrung war einfach noch mal anders und auf ihre eigene Art sogar schlimmer.
„Als ich endlich raus kam, war ich wieder an dem Punkt, dass ich alles beenden wollte. Ich ging erst mal in meine Wohnung, ich war dort das erste Mal ohne high zu sein. Ich wollte meine alten Bilder noch mal ansehen, denn ich wusste, dass ich es diesmal richtig machen würde und dann fand ich den Abschiedsbrief meiner Mutter. In ihm stand, dass meine Mutter alles wusste, aber einfach nicht gegen ihn ankam. Sie hatte nicht die Kraft dafür und auch nicht dafür, es zu überstehen. Sie liebte mich sehr, aber sie hasste sich für das, was mit mir geschah... Unter anderem. Aber es stand auch das ein oder andere darin, was mir zeigte, wie schwach sie war. Ich war selbst nicht stark, aber ich wollte nicht aufgeben. Ich wollte mich verstecken und ich wollte mich vergraben. Aber je öfter ich ihren Brief las, desto weniger wollte ich sterben.
Also schmiss ich mich an jenem Tag nicht vor den Zug und auch an keinem Tag danach. Ich habe den Brief noch heute, ich trage ihn jeden Tag bei mir, was nicht nötig ist, denn ich kenne ihn auswendig. Er ist nicht lang, aber das wichtigste steht drin. Er erinnert mich, dass sie mich liebte, in ihm stehen einige Sachen, die sie mir wünschte. Dinge, die ich in Angriff nehmen sollte, Dinge, die nicht wahr werden. Aber alles in allem ist es einfach ihr Vermächtnis an mich. Eine Din A 5 Seite in ihrer Handschrift.“, erklärte ich, denn eigentlich hatte meine Mutter mich einfach im Stich gelassen und jeder hätte verstanden, hätte ich den Brief vernichtet...
„Ich suchte mir einen einfachen Job, wo meine Drogen nicht störten und ich kam leidlich klar. Ich will nicht sagen, dass ich lebte. Ich existierte, aber das war mehr, als andere an meiner Stelle geschafft hätten oder hatten. Es war mir egal, was aus mir wurde, das gebe ich zu. Ich lebte jeden Tag in der Erwartung, dass es mein letzter sein könnte. Ich schloss meine Tür nie ab. Ich ließ jeden herein und ich nahm alles an Drogen, was ich kriegen konnte. Es war mir egal, ob es gepanscht war oder ob es rein war, Hauptsache es löschte mein Gedächtnis. Wenn ich nichts hatte, erinnerte ich mich. Und Erinnern tat weh. Wenn ich mir keine Drogen leisten konnte, schrieb ich. Ich schrieb Gedichte und Texte. Sie sind nicht schlecht, aber sie taten weh. Es waren Erinnerungen, an meinen Vater, an den Knast, an euch.“, ich sah meine Freunde an und versuchte ein kleines Lächeln. Es gab ihnen leider nichts, ich hatte das Gefühl, sie zerbrachen gerade ein wenig an meiner Geschichte, dabei tat es mir so gut. Ich sah kurz zum Prof, aber nickte, dass ich ruhig weiter machen könne.
„Aber ich wollte mich erinnern können, wissen, dass es möglich ist, es aber nicht tun. Und dann eines Tages, ich war wieder verwahrlost, stand Drake in meiner Tür. Ich war high und Drake war entsetzt. Er holte mich her, nach Seattle, brachte mich auf Vordermann, ließ nicht zu, dass ich mich für das Versauen von allem entschuldigte. Er wusste inzwischen, was damals alles dahinter stand. Ich sagte ihm auch, dass ich entgegen allem, was jeder erwarten würde, auch homosexuell bin. Ich kam damit noch immer nicht klar, aber das änderte sich schnell. Ich weiß nicht warum, letzten Endes. Ich weiß einfach zwei Dinge ziemlich sicher. Die Männer, die mich benutzt haben waren nicht schwul. Mein Vater war pädophil. Er hätte mich auch missbraucht, wenn ich ein Mädchen gewesen wäre. Es ging ihn nur um meine Unschuld, meine Jugend. Der Kerl im Knast war eben genau das: Ein Kerl im Knast! Und zweitens: Dass ich homosexuell orientiert bin, hat nichts mit meinen Erfahrungen zu tun, denn sonst würde ich ja auf alte, brutale Knacker stehen oder so. Es ist einfach wie es ist und damit komme ich inzwischen klar.“, sagte ich ehrlich. Das war es, was ich in den letzten Monaten entdeckt hatte.
„Aber wieder ein Stück zurück: Als Drake dann die Mädels auch nach Seattle holen wollte, bekam ich zunächt Panik. Ich hatte Angst, was passieren würde und ich verstand ohnehin nicht, warum Drake mich wieder um sich herum haben wollte. Ich dachte ehrlich, dass Amber mich killen würde, wenn sie mich noch einmal zu Gesicht bekäme, erst recht, wenn sie sehen würde, dass ich es wagte, mich in Drakes Nähe aufzuhalten. Faszinierender Weise schaffte es Drake, uns alle wieder zu vereinen. Ich bin sehr froh, dass es so gekommen ist.“, schloss ich ehrlich und sah dann auf. Ich wusste nicht, was jetzt passieren würde. Ich wusste nicht, ob meine Freunde was sagen würden oder ob sie Zeit brauchten, was ich verstanden hätte oder ob der Prof was sagen wollte. Aber ich fühlte sich freier, unbelasteter. Ich war nicht unsicher, aber auch nicht happy, einfach erleichtert und das merkte man mir, glaube ich, an.
Natürlich waren vor allem die Mädels hart getroffen, wie gesagt, Drake wusste inzwischen schon, was vorher so gelaufen war. Dennoch war es bestimmt nicht schön, die Einzelheiten zu hören, beziehungsweise noch ein paar Sachen, die einfach noch obenauf lagen.
Der Prof kümmerte sich um alle, auch um mich und er war wirklich gut darin.
Inzwischen ist alles wieder in Ordnung, sogar besser als das. Es ist wie früher, nur dass ich nichts mehr verheimliche. Wir sind jetzt Anfang Zwanzig und genießen das Leben endlich wieder. Roxy wird nie wieder einsam sein und Cat kann endlich mit denjenigen gehen, mit denen sie will. Und Amber hat jetzt wiederentdeckt, wie wichtig auch Freizeit und Freundschaft und sogar Liebe ist.
Ich dachte wirklich zuerst, dass ich alles kaputt mache, wenn ich mich offenbare, aber letztlich..., habe ich das nicht. Ich habe uns alle wieder ins Leben geschubst, nachdem ich von Drake geschubst worden war.
Hm..., Drake. In all den Jahren ist er mir nie wieder aus dem Kopf gegangen und das nicht nur, weil er mein bester Freund war oder wegen der Geschichte..., nein. Ich hatte Gefühle für ihn. Das war wirklich schwer für mich, damals, weil ich sie nicht akzeptieren konnte und dann, als ich wieder mit ihm Zeit verbrachte, erkannte ich, was ich angerichtet hatte.
Drake verschloss sich selbst vor seiner Sexualität. Er küsste Mädchen, damit keiner merkte, dass er schwul war. Er versuchte es sich selbst auszureden, was einfach nur unmöglich ist.
Eines Tages sah ich ihn dann an und schlug vor, dass wir unseren Roadtrip durch die USA machen, den wir schon von klein auf geplant hatte und er willigte auch schnell ein.
Wir fuhren von Seattle runter nach Kalifornien. Wir sahen uns jede Stadt unterwegs an und machten alles, worauf wir Lust hatten und immer mehr wuchs mir Drake ans Herz. Ich erwischte mich dabei, wie ich ihn verstohlen ansah oder morgens an ihn angekuschelt aufwachte, da wir uns in den Hotels die Zimmer teilten.
Inzwischen textete ich darüber mit Amber, denn ich war der festen Überzeugung, dass ich es nach unserer Vergangenheit einfach nicht wagen konnte, Drake meine Liebe zu gestehen oder ihn zu küssen. Das ging einfach mal gar nicht. Aber Amber meinte, ich solle alles auf mich zukommen lassen und mich vor nichts verschließen.
Von Kalifornien aus, setzten wir unseren Weg weiter fort und je näher wir New York kamen, desto aufgeregter war ich, denn dies war mir das wichtigste Ziel von allen gewesen. Drake amüsierte sich darüber immer wieder, aber das machte mir nichts aus. Ich hatte inzwischen wirklich gelernt, das Leben mit allen Gegebenheiten zu genießen und das tat ich jetzt auch offen und gerade heraus, wenn es nicht darum ging, Drake zu sagen oder zu zeigen, wie es in mir in Bezug auf ihn aussah.
Ich wusste natürlich nicht, dass ich Drake nie aus dem Kopf gegangen war. Ich dachte einfach, dass ich damals so etwas für uns beide zerstört hatte. Ich war ja noch immer ganz überrascht, dass wir Freunde sein konnten und er mich nicht hasste, sondern mich gerettet hatte, vor allem. Vor allem vor mir selbst.
Aber in Wahrheit war es wohl so, wie ich erst später erfuhr, dass Drake wegen mir langsam durchdrehte und auch per SMS Rücksprache mit einer Freundin hielt.
Am ersten Abend wollte ich unbedingt aufs Empire State Building, aber wegen Dreharbeiten war es leider verschlossen. Wir hatte ein wenig Glück und zwei Kameramänner gingen raus und sagten was von Feierabend. Ohne lange nachzudenken, schnappte ich Drakes Hand und zog ihn rein, bevor die Tür zu fiel. Drake zögerte, aber ich zog ihn lachend zum Fahrstuhl und fuhr mit ihm nach oben. Wir waren sofort absolut überwältigt von dem Ausblick, der sich uns bot. Wir konnten den Ausblick nicht lange genießen, denn es dauerte nicht besonders lang, bis ein Wachmann und fand und wir fix die Treppen runterrennen mussten. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich seine Hand noch in der Nebengasse fest in meiner hielt.
Nach einem Essen schlenderten wir zurück ins Hotel und telefonierten wegen des jüngsten Ereignisses erst mal kurz mit unseren Freundinnen. Sie hatten nicht viel Zeit und so verabredeten wir uns für den nächsten Abend zum Telefonieren.
Drake schmiss sich dann aufs Bett und seufzte zufrieden. "Man das ist das geilste, was wir je getan haben, glaub ich. So unglaublich das wir das alles wirklich tun und. Nach so langer Zeit!" Ich sah ihn grinsend an. "Meinst du jetzt unseren ganzen Trip oder meinst du, dass wir uns aufs Empire State geschlichen haben?"; während ich mich neben ihn legte.
"Den ganzen, ich mein wie geil kann es noch werden?!" er drehte sich zu mir. "Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich das hier noch erleben darf!", flirtete er da etwa gerade mit mir? Es klang irgendwie so. Nein, ich musste mich irren, dachte ich. "Ich habe es auch nicht gedacht. Ehrlich nicht. Ich habe im Allgemeinen nicht gedacht, dass wir überhaupt mal wieder Zeit miteinander verbringen. Aber ich find das wirklich schön. Ich möchte es auch nie wieder missen.", sagte ich ehrlich.
"Auf keinen, man, wenn ich dich noch mal verliere, dann gebe ich mir die Kugel!" sagte er leise und schaute mir mit einem süßen lächeln in die Augen und hielt inne. Wollte er mich jetzt wirklich wahnsinnig machen? "Darren, ... ich....", setzte er dann an. Ich sah ihn fragend an. „Ja?!“
"Ich...bin, ich....weißt du... ich konnte nie aufhören an dich zu denken und das ich alles vermasselt habe." er sah mich fast bittend an. Ich glaubte nicht, was ich da hörte, er hatte doch gar nichts vermasselt, das war ich. Ganz allein. "Ich liebe dich immer noch, heute mehr den je. Ich will nichts kaputt machen, hab keine Angst ich komm dir einfach nicht mehr einfach zu nahe. Außer wenn ich schlafe, ich.... ahhh man.!", Drake setzte sich auf und hielt sich die Hand vor Augen und versuchte sich zu vergraben. Ich wusste wirklich nicht, was da gerade passierte. Ich fasste mein Glück nicht und fasste erst Recht nicht, dass er so sehr an sich zweifelte.
Ich setzte mich auch auf und sah Drake an. "Nicht du hast es damals vermasselt. Das war ich... Oder wir beide von mir aus. Drake. Der Grund, warum ich damals so durchgedreht bin war, dass ich es gut fand, dass du mich geküsst hast. Ich habe es so sehr bereut, dass du wegen mir fliehen musstest. Ich wusste, dass ich alles kaputt gemacht hatte und deshalb hatte ich mich in die Drogen gestürzt. Du hast mir so sehr gefehlt... Und ich kann mir ein Leben ohne dich gar nicht vorstellen. Ich rede mich hier um Kopf und Kragen, Drake... Nur um dir zu sagen, dass ich dich auch liebe...", ich nahm Drakes Hand und zog sie von dessen Augen weg.
Er blinzelte durch seine Hand und lies sie von mir vor seinen Augen weg nehmen, "Du was... ich versteh nicht ganz, ich hätte nie geglaubt, dass du dich in mich verlieben könntest..." er wirkte nachdenklich und versuchte anscheinend nachzuvollziehen wie das sein konnte. Dann sah er mich allerdings an und fing an zu lächeln, "wow es kann doch noch geiler werden!" grinste er dann und lies sich wieder zurückfallen. „Ja, das denke ich auch.“, sagte ich lächelnd und sah zu ihm. Drake betrachtete mich kurz, bevor er wieder zu mir kam und sich mir langsam näherte, um mich zu küssen. Ich näherte mich ihm dann auch und erwiderte den Kuss nur zu gern. Wie lange hatte ich inzwischen darauf gewartet und ich spürte, dass es Drake genau so erging.
Der Rest unseres Trips war einfach nur traumhaft und auch in Seattle war auch noch nichts von unserer Liebe verpufft oder wurde vom Alltag aufgefressen.
Ich glaube, nach all den Jahren und all dem Mist, der in meinem Leben passiert ist, habe ich tatsächlich einfach mal Glück. Ich will nicht von einem Happy End sprechen, denn eigentlich ist es ein wunderbarer Anfang.
Tag der Veröffentlichung: 16.06.2013
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