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Ein Smartie, damit hatte es angefangen, mit einem kleinen Schokolinsendragee mit 1 cm Durchmesser in der Farbe, die ich bei der leckeren Süßigkeit am Liebsten mochte. Rot. Die meisten mögen die roten am Liebsten und so war es auch bei mir.

Doch ich sollte am Anfang beginnen, denn der Anfang war eigentlich nicht der Smartie, er war der Neuanfang, wenn man so möchte.

Unsere Schule war seit einem Jahr dem totalen USA-Wahn verfallen und so kam es, dass wir alle möglichen Bälle veranstalteten. Ich war immer mit Julie hingegangen. Sie war die typische Homecomingqueen und langsam aber sicher bekam ich immer mehr das Gefühl, in einem schlechten High School Film aus den USA gelandet zu sein. Julie hatte blondes, seidigglattes Haar, eine schlanke Figur und immer die beste Kleidung. Sie hatte einen Hofstaat. Ihre Hofdamen Mandy und Rosa, beide brünett und nicht an Julie heranreichend, aber sie sonnten sich in ihrem Glanz. Dann gab es noch Jan, den Freund von Mandy und Danny, welcher mit Rosa ging. Natürlich hatte Julie auch ihren König und ich hatte die Ehre, mich als diesen sehen zu können. Ich war der Glückliche, wenn man so wollte und ich war blind. Blind vor Liebe und Stolz. Wir waren die Clique schlechthin und jeder wollte sich uns anschließen. Jeder wollte ihre Aufmerksamkeit und wer diese nicht wollte, den mied irgendwann die ganze Schule. Zumindest war das der Plan, den Julie hatte. Doch davon wusste ich nichts. Wieso auch? Ich hatte eine tolle Zeit, ich ging mit dem tollsten Mädchen der Schule und ich war beliebt. Mir standen alle Türen offen, denn ich war gut in der Schule, gut im Sport und sah gut aus. Man sieht, ich hatte alles!

Vor allem aber eine Freundin, die langsam aber sicher die Kontrolle über mein Leben übernahm. Es fing mit Kleinigkeiten an, die Farbe der Kleidung für die Bälle, zum Beispiel. Das machte mir nichts aus, denn ich hatte es eh nie so mit Mode und ich konnte nicht abstreiten, dass sie ein fabelhaftes Händchen dafür hatte. Ich habe Julie immer vertraut und ich bin auch immer gut damit gefahren. Leider habe ich nur nie mitbekommen, wann sie anfing, nicht mehr mein bestes zu wollen, sondern mich zu manipulieren. Und so hatte ich irgendwann den Überblick verloren, weshalb ich nun nur noch mit Jan und Danny wegging und nicht mehr mit meinen alten Freunden. Ich hatte einfach so hingenommen, dass diese beiden nun meine besten Freunde waren, ohne mich auch nur ansatzweise zu wehren. Denn meine besten Freunde waren eigentlich ganz andere Menschen gewesen. Aber Julie vernebelte mir den Verstand, sie hatte mich um den Finger gewickelt und mich in ihren Pantoffelhelden verwandelt, ihr Schoßhündchen, das immer hörte und brav Männchen machte, wenn sie dies verlangte.

Und weil ich ihr vertraute und immer tat, was sie sich wünschte, bekam ich gar nicht mit, wie sich alles veränderte. Ich hatte nicht gemerkt, dass ich ihr zu langweilig geworden war und ich hatte auch nicht gemerkt, dass sie schon seit langem nebenbei einen zweiten Freund hatte. Das Schlimme ist, dass alle anderen es wussten, doch wer hätte es mir sagen sollen? Meine Freunde Tom und Ana hatte ich verloren, unwiderruflich und ich war selbst daran Schuld gewesen. Ich hatte sie immer wieder vor den Kopf gestoßen und nun mieden sie mich. Ana und Tom waren Menschen gewesen, die Julie nie in ihrer Nähe geduldet hätte. Ein Punk und ein Mädchen, das Konkurrenz sein könnte, wenn sie etwas aus sich machen würde und ihre Chucks gegen ein Paar Highheels tauschen würde.

Ich vermisste sie, auch, wenn ich nichts dagegen tat, dass ich sie verloren hatte. Ich hatte sie aufgegeben, um mit Julie zusammen sein zu können und ich hatte gehofft, dass ich beides unter einen Hut bekäme, doch ich hatte ja keine Ahnung, wie Julie tickte.

Im Februar, ich war mittlerweile die Lachnummer der ganzen Schule, ohne es auch nur zu wissen, stand der nächste Ball an. Schließlich war Valentinstag. Der Tag der Verliebten und natürlich ging Julie mit mir hin, denn wir waren ja schon lange ein Paar. Ich hatte nicht geahnt, dass sich dies ändern sollte und dass sie sich diesen Tag auserwählt hatte, um mir zu zeigen, dass ich für sie nur noch eine Marionette war.

Ich war schon den ganzen Abend dafür zuständig gewesen, dass sie immer etwas zu trinken hatte. Und jedes Mal, wenn ich von der Bar zu ihr kam, sah ich, dass Rosa auf sie einsprach und den Kopf schüttelte. Sie sah mich den ganzen Abend traurig an und hielt Abstand zu Julie.

Ich kam gerade von der Toilette, als ich sah, was alle schon wussten. Julie tanzte mit Marc, sie sah im verliebt in die Augen und als sie sich zu mir drehte, hatten ihre Augen einen kalten Blick und ein gemeines Lächeln umspielte ihre Lippen, bevor sie Marc küsste. Ich schluckte meinen Kummer herunter und riss mich noch einen Augenblick zusammen. Ich kannte Julie, es wäre ein Triumph gewesen, wenn ich sauer hinausgestürmt wäre. So kam sie zu mir.
„Doug!? Hast du nicht gesehen, was ich gerade getan habe? Ist dir das einfach egal?“, sie spielte sich auf und sah mich wütend an. Man stelle sich das einmal vor, sie sah mich wütend an! Ich schüttelte den Kopf und sah auf sie hinab. Ich hatte nie gemerkt, wie klein sie wirken konnte. „Wenn du meinst, dass du jetzt einen auf Dramaqueen machen musst, nur zu. Ich spiele nicht mit.“, sagte ich leise und ging betont langsam zur Bühne, an welcher ich mich auf die Treppenstufen setzte. Dort saß ich den ganzen Abend, während Julie sich die Hand schnappte von Marc und mit ihm, schnaubend vor Wut, den Raum verließ.

Ich weiß nicht, wie lange ich dort gesessen hatte, als ich Toms Hand auf meiner Schulter spürte, während er sich neben mich setzte.
„Das hast du nicht verdient, Alter!“, das war alles, was er sagte, aber es reichte. Ich spürte, wie zwischen uns alles wieder in Ordnung war. Ein Jahr war gar nichts und auch ein solcher Fehler war gar nichts für uns beide. Doch da war ja noch Ana.

Tom grinste mich irgendwann an und sagte, dass ich noch was anderes gerade zu biegen hätte, bevor er aufstand und mich wieder allein ließ.

Da traf es mich am Kopf. Klein und hart. In meinem Schoß war ein roter Smartie gelandet. Ich hob den Kopf und sah Ana. Sie stand lässig an eine Säule gelehnt, und kippte sich einige Smarties direkt aus der Packung in den Mund. Sie war das einzige Mädchen, das in Jeans und Chucks auf einen Ball ging und mir fiel wieder ein, dass ich genau das an ihr immer so gemocht hatte.

Sie setzte sich neben mich und sah mich an.
„Na, Dougie? Hat der gereicht, oder braucht der Narr noch mehr Smartness an den Kopf geworfen?“, Ana grinste und hielt mir die Smarties vor die Nase.
„Ich weiß, dass ich dämlich war.“, gab ich leise zu und steckte mir den Smartie, denn sie mir an die Stirn geworfen hatte, in den Mund.
„Einsicht ist der erste Schritt…“, sagte sie und gab mir eine Handvoll Smarties. Sie waren alle rot.
„Das sind doch noch immer deine Liebsten, oder nicht?“
„Ja.“, antwortete ich und lachte.
„Dir ist klar, dass ich das nie wieder zu lasse oder?“
„Das ist gut. Und wenn ich mich noch mal wie ein, wie hast du dich ausgedrückt, ein Narr verhalte, darfst du mir einen ganzen LKW voll Smartness an den Kopf werfen.“
„Ich nehme dich beim Wort!“, sagte Ana ernst und nickte dabei.

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Tag der Veröffentlichung: 08.06.2011

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