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Ich kann mich kaum erinnern, wie alles angefangen hat. Ich glaube, wir waren früher kein Paar, aber es war schon allen klar, dass es so enden würde. Schon im Sandkasten hockten wir immer zusammen und waren immer füreinander da. Früher waren wir nur Freunde, Freunde, die immer zusammen gehalten haben und jeden Mist zusammen gemacht haben. Und mit Mist meine ich wirklich einfach nur Blödsinn. Wir waren leichtsinnig und risikofreudig!

Wir tranken viel zu viel und das fast jeden Abend, wir besprühten eine Polizeiwache, wir sind in leer stehende Gebäude eingebrochen, wir haben gestohlen, haben jede Droge ausprobiert, die es gab und jedes dunkle Geheimnis miteinander geteilt. Ich wusste, dass du deiner großen Schwester jeden Typen ausgespannt hattest, nur um ihn dann gleich wieder in den Wind zu schießen, ich wusste, dass du als Kind einen Jungen in einen Brunnen geschubst hast und der fast ertrunken wäre. Gestanden hast du so etwas immer nur mir. Sonst wusste niemand von solchen Dingen. Natürlich kennst du auch meine Geheimnisse, zum Beispiel, dass ich meine kleine Schwester fast erstickt hätte und nur knapp wieder zur Vernunft gekommen war. Du sagst mir immer wieder, wenn ich deshalb mal wieder down bin, dass ich doch rechtzeitig geschaltet hätte und doch alles nur halb so schlimm sei, da sich die Kleine nicht erinnern könne und es sonst niemand weiß. Du baust mich immer wieder auf, denn ich bin oft down. Du hast eine Menge Geduld und weißt, dass du immer auf mich zählen kannst.

Wir hatten einmal in Chemie gelernt, dass man Kerosin auf keinen Fall trinken sollte, aber einen Witz unserer Lehrerin nahmen wir zum Anlass, es einfach mal auszuprobieren.

„Na ja, wenn man ein wenig Gin dazu gibt, dann schmeckt es bestimmt!“, keiner der Schüler lachte, doch wir beide haben uns angesehen und wussten, Gin und Kerosin! Nach dem Unterricht hast du sie abgelenkt und ich habe das Kerosin aus dem Vorratschrank geklaut. Am Abend brachte ich die Flasche Gin meines Vaters mit und wir trafen uns auf der Brücke. Es war absolut kalt und unser Vorhaben wahnwitzig, aber wir waren fest entschlossen! Das Gemisch schmeckte furchtbar und wir spuckten es von der Autobahnbrücke hinunter auf die vorbeirauschenden Autos und lachten uns schlapp. Am Ende tranken wir nur den Gin und wir waren so voll. Ich weiß nicht, was über mich kam, aber ich beugte mich über dich und küsste dich. Zusammen gekuschelt saßen wir die ganze Nacht auf der Brücke, küssten uns immer wieder und lachten über unsere verrückte Idee. Wir schmiedeten auch neue Pläne, wie wir unsere Beziehung festigen könnten, auch wenn sie von Lebensmüdigkeit begleitet waren.

„Wenn du mich jetzt verlassen wollen würdest, müsstest du nur ein Streichholz anzünden und ich würde in Flammen aufgehen!“, sagte ich lachend. Ich weiß nicht einmal, wie ich darauf gekommen war, aber ich weiß noch heute genau, was ich damit sagen wollte. Wenn du mich jemals verlassen willst, dann kannst du mich gleich umbringen, denn jetzt, wo ich dich habe, werde ich dich nicht einfach gehen lassen.

Vielleicht ist aber genau das, was ich tun sollte, denn ich spüre, dass etwas nicht stimmt. Vielleicht wäre es klüger, einfach zu gehen, anstatt dich dazu zu zwingen, mir treu ergeben zur Seite zu stehen. Als wir nur Freunde waren, da war es für mich okay, dass die Jungs alle auf dich standen und jeder wahrgenommen hat, was für eine Schönheit du bist. Ich war einfach nur dein Freund, ich habe auf dich aufgepasst, die Typen zu Recht gewiesen, wenn sie dich schlecht behandelt haben. Ich habe immer gesagt, dass niemand dich zu etwas drängen könne oder dich ausnutzen könne. Als die Kerle dann beleidigt abgehauen sind, habe ich den Arm brüderlich um dich gelegt, dir ins Gesicht gelacht und den Titel eines tollen Songs zitiert: „Nobody puts Baby in a corner!“. Du hast dann immer gelacht und gesagt, ich solle dich nicht Baby nennen. Es ist noch heute mein Lieblingsname für dich. Ich finde ihn so passend. Deine weichen Gesichtszüge, deine reine Haut, deine Lieblingsfarben, alles macht dich so perfekt und zart wie es sonst nur Babys sind. Ich weiß, dass das nur dein äußerer Schein ist. Ich kenne dich schließlich sehr gut. Du bist kein reines und zartes Wesen, du bist ziemlich berechnend und gemein.

Heute verstehe ich die Jungs, die dich dazu bringen wollten, dass du dazu stehst, dass du mit ihnen zusammen warst. Du hast so eine Art, die mich zur Weißglut treiben könnte. Ich weiß, dass du nur mit mir zusammen sein willst, aber ich verstehe nicht, weshalb du trotzdem mit den anderen Typen kuschelst, dich anlehnst und mich dabei manchmal ganz vergisst. Ich weiß, dass du nur Bestätigung suchst und die erhältst du auch immer. Sie fragen dich, weshalb du mit einem Spinner wie mir zusammen bist, wenn du doch jeden haben könntest. Ich habe mich das auch schon oft gefragt. Aber ich weiß, dass ich dich nicht mehr gehen lassen kann. Ich brauche dich und es zerreißt mich, wenn du die anderen mir vorziehst. Es macht mich verrückt. Am liebsten möchte ich dann schreien und den Typen in Stücke reißen. Ich versuche immer so gut wie möglich zu verstecken, dass ich total eifersüchtig bin, aber ich weiß, dass du genau weißt, was in mir vorgeht. Mir ist bewusst, dass alles an dir allein mir gehört und doch ist es so, als säße ein kleiner Mann in meinem Ohr, der mir sagt: „Und wenn nicht? Und sieh dir an, wie die Typen geifern!“, ich kann dagegen nichts tun. Wir haben schon einmal darüber gesprochen und du hast gesagt, dass du wüsstest, dass man Eifersucht nicht abstellen könnte, aber du wärest glücklicher, wenn ich sie versteckt hielte. Wenn du das wirklich glaubst, dann bin ich nicht der Einzige, der dich anlügt.

Süße, habe keine Angst, bleibe ganz ruhig. Ich kann dich durchschauen wie eine Glasscheibe, niemand ist für mich einfacher zu durchschauen als du. Du brauchst keine Angst haben, ich möchte einfach nur mit dir den ganzen Tag im Bett bleiben! Darf ich das? Ich weiß dein Vater hasst das und denkt, wir seien nur Freunde. Er denkt, du wärst sein unbeflecktes Engelchen, aber selbst du machst Fehler. Ich verspreche dir, er wird mich gar nicht bemerken. Ich werde dein bestgehütetes Geheimnis sein, aber auch dein größter Fehler. Wieso ich das sage? Das solltest du wissen, wir kennen uns doch schon so viele Jahre. Du weißt, dass ich ständig und immer alles falsch mache. Ich verhalte mich falsch, ich bin aggressiv und depressiv und denke nicht, ich wüsste nicht, dass ich Menschen damit verletze. Das ist mir alles klar! Aber ich kann es nicht ändern. Ich kann mich nicht verändern. Oder doch?

Ich verspreche dir aber, dass du nie wieder meine Eifersucht zu spüren bekommst, wenn ich hier mit dir liegen darf. Ich muss dir dann nie wieder etwas vorspielen und du musst dich selbst nicht mehr anlügen. Was sagst du dazu? Wieso hast du denn Angst? Du brauchst keine Angst vor mir haben, du kennst mich doch!

Warum willst du so vernünftig sein? Erinnere dich an all den Mist, den wir angestellt haben. Komm, trinke etwas von dem Gin. Ich habe ihn von meinem Dad geklaut. Komm schon, Baby. Lass mich weiterhin dein größter Fehler sein. Du kannst mir vertrauen, ich werde dir nichts tun. Du erlaubst mir doch, bei dir zu bleiben, oder? Bitte erlaube es mir!

Ich lege dir eine Kette um den Hals, es ist ein Medaillon. Innen ist ein Foto von uns beiden, von damals von der Brücke, wir hatten es mit dem Handy gemacht. Ich weiß, es sieht schlimm aus, aber die Erinnerung ist schön. Der Anhänger ist sehr massiv, pass auf, er ist schwer. Aber er muss schwer sein, er soll doch alles überstehen. Er muss immer heil bleiben! Es drückt ein wenig, nicht wahr? Ist die Kette zu eng? Das macht nichts, Liebling. Ich werde dir beim ersticken zusehen. Du siehst so gut aus, wenn du blau trägst und auch wenn du traurig bist. Aber du brauchst keine Angst zu haben, mein Schatz, Angst steht dir nicht. Ich werde immer bei dir sein.

Deine Augen fallen zu. Ich überprüfe deinen Puls, ich möchte ja nicht, dass wir doch noch getrennt werden. Ich lockere die Kette ein wenig und löse die Fesseln um deine Hand- und Fußgelenke. Du bist so wunderschön, versteh bitte, ich kann dich nicht länger teilen. Du hast nicht gemerkt, wie kaputt mich dein Verhalten macht, du hast nie gemerkt, wie verrückt ich bin? Dass ich einen Hang zur Selbstzerstörung habe? Ich bin wirklich nicht der Einzige, der in dieser Beziehung gelogen hat. Du hast es immer gewusst, vielleicht nie sehen wollen, aber denk doch mal nach. Kerosin trinken? Welcher gesunde Mensch tut das? Ganz genau, kein einziger! Allein das Zeug wäre schon pures Gift. Ich kippe den Rest Gin in die Kerosinflasche und leere das Gemisch. Dein ganzes Zimmer riecht nach dem Treibstoff. Diesmal spucke ich nicht viel aus, nur genug, dass es ordentlich zu Ende gehen wird.


Ich weiß, dass du es beenden wolltest. Erinnerst du dich daran, was ich an unserem ersten Abend gesagt habe? Wenn du mich verlassen willst, entzünde ein Streichholz. Ich gehe dann in Flammen auf! Mir ist klar, dass du das nicht mehr kannst, aber keine Angst, das werde ich für dich tun. Ich entfache das Feuer und wir zwei sind für immer zusammen.

„Niemand drängt Baby in eine Ecke, abgesehen von mir!“

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Tag der Veröffentlichung: 02.06.2011

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