Ein neues Zeitalter ist angebrochen. Ich weiß, im Moment hat das noch keiner mitbekommen, aber es ist so!
Alle 1000 Jahre nämlich, ist es an der Zeit, dass die Herrschaft in der Hölle an einen neuen Teufel übergeht. Und diese Zeit ist jetzt.
Der dritte Teufel ist an der Reihe und man kann davon ausgehen, dass sich die Verhältnisse in der Hölle verändert haben. Ein Teufel kann nämlich nur ein gefallener Engel sein und diese können aus ganz unterschiedlichen Gründen aus dem Himmel verbannt werden.
Wir erinnern uns an den Ur-Teufel, Luzifer, sein Unglück war der Hochmut. Denn er wollte Gott gleich sein und das hat Gott nicht so sehr gefallen, wie man sich vorstellen kann. In der Bibel heißt es: „Gott verstieß ihn daraufhin von seinem Berge, stürzte ihn zu Boden und ließ ein Feuer aus ihm hervorbrechen.“
In Wahrheit war es ein großer Streit, der zu der Erschaffung der Hölle führte. Gott erklärte, dass es wohl Gutes und Schlechtes gäbe und dass nicht nur unter den Engeln. Auch unter den Menschen sei es so und die schlechten Seelen sollten nicht wie die guten in den Himmel auffahren.
„Also werde ich einen Ort erschaffen, an dem die schlechten Seelen für ihre Sünden sühnen sollen! Und weil du doch so sein willst wie ich es bin, wirst du dort sein. Aber denke nicht, dies sei eine Belohnung. 1000 Jahre lang wirst du in der Hölle herrschen, danach wird deine Seele menschlich, du wirst jede Erinnerung behalten, aber keine Macht mehr haben! Wir werden sehen, wie du dich nach den 1000 Jahren als Mensch durchschlagen wirst!“, sagte Gott und wusste bereits, wie es enden würde. Gott hat eine Menge Geduld und die Strafen Gottes können auch mal lange auf sich warten lassen.
Selbstverständlich freute sich Luzifer auf die Macht, die ihm zu Teil werden sollte und hochmütig, wie er war, lachte er über Gottes Mahnung, denn 1000 Jahre waren eine lange Zeit und er dachte, dass er in dieser Zeit sich schon überlegen konnte, wie er Gott überlisten könnte…
Es folgten eine Menge Kriege, die auf Luzifers Mist gewachsen waren. Auch sonst war Luzifer ziemlich beschäftigt, denn er erschuf sich Wesen. Wie er dies tat? Ganz einfach. Luzifer fand heraus, dass der Glauben Wesen erschaffen konnte und dass er die Menschen leicht beeinflussen konnte. Er war maßgeblich beteiligt an der Bibelschreibung. Die apokalyptischen Reiter, bestehend aus Krieg, Hunger, Tod und Krankheit, wurden personifiziert und gingen ihrer Bestimmung nach. Und damit hörte er natürlich nicht auf, aber hier geht es nicht um Luzifer und die schlechten Dinge, die er getan hat.
Sein Ende, jedenfalls, kam schneller, als er es sich hatte träumen lassen. Die 1000 Jahre waren vergangen und er verlor seine Macht und wurde ein Mensch. Ein Mensch, der sich daran erinnerte, dass er einst ein Engel war, der gefallen war und dann 1000 Jahre lang das Schlechte auf der Welt streute und mächtig war und nun ein jämmerlicher, kleiner Mensch, die er inzwischen für ihren Leichtglauben verachtete. Er war nicht lange ein Mensch und noch dazu war er in dieser kurzen Zeit kein guter Mensch und so wurde er selbst zu der Unendlichkeit in der Hölle verdammt. Wie das Sprichwort sagt, Hochmut kommt vor dem Fall!
Luzifer war gefolgt von dem Engel Stephan! Ich weiß, von dem hat nie einer gehört, aber glaubt mir, neben ihm sah Luzifer aus, wie ein kleines Kind mit einer Plastikpistole.
Niemand weiß so wirklich, weshalb Stephan gefallen ist, aber es muss schlimm gewesen sein, denn Gott hatte nicht einmal mit ihm gesprochen, sondern ihn ohne Vorwarnung nach unten geschickt. Nicht, dass Stephan das gestört hätte, auch nicht, dass man ihn nie in der Bibel erwähnte oder auch die Tatsache, dass seine Tat totgeschwiegen wurde, all dies war für ihn vollkommen in Ordnung, denn nun hatte er die Macht, schlimme Dinge zu tun. Und das wollte er wirklich! Stephan verachtete nämlich Gott, denn er meinte, sie sei zu reserviert ihren Schöpfungen gegenüber.
Ja, Gott ist hingegen vieler Behauptungen eine Frau und wie Frauen so sind, war sie einfach nur in einer kreativen Phase.
Wenn ich schon mal dabei bin, sollte ich so einiges aufklären. Gott hat nicht die Erde geschaffen und auch nicht die Menschheit. Wenn sie sich jenes wirklich anmaßen würde, dann wären Buddha und die griechischen Götter wirklich beleidigt. Ja, es gibt sie alle, solange die Menschheit an sie glaubt! Die Welt existierte vor den Göttern und auch die Menschen gab es vor den Gottheiten. Die meisten der Ur-Götter sind bereits wieder verschwunden, denn die ersten waren die der afrikanischen Urvölker und mit den Wanderungen dieser gingen auch einige Überlieferungen verloren, was das Ende der betroffenen Götter bedeutete.
Also Gott, die von einigen Menschen erdacht wurde, entstand vermutlich aus einer anderen Gottheit, die sich lediglich verändert hat. Sie hat Glück, dass sie so mächtig ist, sonst hätte sie sich irgendwann damit abfinden müssen, plötzlich ein Mann zu sein.
Und aus Gottes Kreativität (und vermutlich auch Langeweile) entstand neben Engeln, Erzengeln, und unterschiedlichen Menschen Jesus. Und mit Jesus ging es los, es kam richtig Leben in den christlichen Glauben. Jesus Christ Superstar ist nicht weit hergeholt. Er war schon zu Lebzeiten sehr beliebt und wie sollte es auch anders sein, wenn man doch ein Mensch mit dem Herzen eines Engels ist.
Aber während Jesus auf Erden wandelte trat Luzifer sein Amt an…, was der bewirkt hat, kann man sich vorstellen. Der Mord an Jesus kam nicht von ungefähr.
Oh, ich sollte mal wieder auf Stephan zurückkommen. Heute weiß fast niemand mehr, dass er mal Stephan hieß, prägte er doch die Worte Deivel (heute Teufel), Satan und Belzebub. Letztere Bezeichnung mochte er nicht besonders. Aber er fand sich damit ab, dass die Menschen ihn als Bocksmann ansehen wollten, wusste er es doch besser.
Stephan war verantwortlich für die Pest, die Hexenverfolgung, Sklaverei, die Weltkriege und Terrorismus. Er hatte Spaß daran, den Menschen zu verwirren und dazu zu bringen, sich selbst zu zerstören. Natürlich nutzte er den Wandel der Zeit, er hatte viele Möglichkeiten, aber er war auch nicht unverantwortlich, was einige dieser Veränderungen angeht. Er hatte das Wissen der Welt, auch das, was niemand aussprechen wollte und die Menschen sind oft naiv und beeinflussbar. Ihm war es also ein Einfaches, ihnen die Seelen zu nehmen, sie zu zerstören und sie dazu zu bringen, dumme Dinge zu erfinden, mit denen sie die Menschheit auslöschen könnten.
Gott bereute, Stephan in die Hölle geschickt zu haben, sie wusste, dass er mit der Zeit immer mehr Möglichkeiten finden würde, den Glauben in sie zu schwächen. Es ist ja auch nicht verwunderlich, denn wer möchte an einen Gott glauben, der hilflos zusieht, während seine Schäfchen sich gegenseitig zerstören. Viele Menschen sagten sich von ihrem Glauben los, vor allem während des zwanzigsten Jahrhunderts, in dem die Weltkriege und Terrorismus die Menschheit erschütterten. Doch Gott wusste, dass sie nur warten musste. Sie wusste, dass auch Stephan ihren Fall nicht zu Ende gedacht hat und wie Luzifer als entmachteter Mensch enden würde.
Und so kommen wir zu unserem neuen Teufel. Schon vor 200 Jahren hat Gott entschieden, welcher Engel fallen musste und sie war mit ihrer Wahl diesmal sehr zufrieden. Dieser Engel sollte fallen, weil er sich den schönen Dingen widmete.
Elisabeth war oft auf der Erde, sie trank viel, verführte Männer und verfiel gelegentlich dem Genuss von Drogen. Sie erlag der Wolllust und Gott wusste, dass ein Teufel des Genusses zwar verführerisch sein konnte und auch böse, doch bei weiten nicht so viel Spaß daran haben würde, die Menschheit in Kriege zu stürzen, wie ihre Vorgänger. Gott war klar, dass die Menschheit weiterhin Kriege führen würde, denn ein Teufel war hierzu nicht mehr nötig, doch sie war sich sicher, dass Elisabeth Gott nicht absichtlich stürzen wollen würde.
Nachdem Stephan ein Mensch war und sich ohne seine Macht langsam dem Wahnsinn näherte, kam Elisabeth in die Hölle. Ihre Aufgaben waren ihr klar, sie sollte die Seelen der schlechten Menschen ihrer gerechten Strafe zu führen. Aber Lissy ist ein Teufel, der sich die Hölle etwas anders vorstellt. Das erste, was sie tat war die optische Veränderung ihrer Arbeitsstätte. Statt brodelnder Höllenfeuer und höhlenartiger Innenausstattung kreierte sie eine Art Stadt. Eine Großstadt. In dieser Stadt gibt es viele Gebäude und sie bietet Lissy eine völlig neue Art der Bestrafung. Man stelle sich vor, man verachtet sein Leben im Büro, die Arbeit, die einem so sinnlos vorkommt, die Frau macht einen nicht glücklich und man will nicht mehr. Man bringt sich um! Selbstmord führt zu einem Daueraufenthalt in der Hölle und dann ist deine Strafe, ein Leben in der Ewigkeit, in dem du ins Büro gehst, der Arbeit nachgehst, die dir so sinnlos vorkommt und nach der Arbeit gehst du nach Haus, zu einer Frau, die dich verachtet. Ohne Selbstmord wäre wenigstens das Leben nach dem Tod schön gewesen.
Alles in der Stadt bot Lissy solche Möglichkeiten. Zuhälter, die ihre Huren missachtet haben oder Kinder zur Prostitution gezwungen haben, kommen selbst auf den Strich und müssen sich prostituieren, egal, was für ein Kunde kommt.
Lissy geht ihrer Arbeit nach und interessiert sich nicht so sehr dafür, wie sie die Menschheit oder gar Gott vernichten kann. Eher interessiert sich Lissy für ein Maximum an Freizeit. Sie ist immer noch ein Genießer und das wird sich so schnell auch nicht ändern. Um viel Freizeit zu haben, suchte sie sich Seelen in der Hölle, die ihrer Meinung nach, dort nicht wirklich etwas zu suchen hatten und machte sie zu ihren Angestellten. Der Lohn ist darin zu finden, dass sie wieder leben können, wenn sie nicht gerade arbeiten. Sie dürfen wieder auf die Erde und Seelen locken, sie dürfen die Strafen übernehmen, sie nehmen Lissy halt etwas Arbeit ab und erhalten dafür Macht. Aber nur so viel, dass vernünftig arbeiten, Lissy aber nicht stürzen können. Sie zieht die Hölle auf wie ein Unternehmen und es scheint zu funktionieren. Sie ist nun zwei Jahre dabei und das Grundgerüst des Teufels und der Hölle ist nicht mehr vorhanden. Natürlich ist es noch ein Ort der Verdammnis, an dem die Schlechten leiden. Sie kennt kein Pardon mit Menschen, die sie für verachtenswert hält.
Sie verbringt viel Zeit auf der Erde, sie studiert die Menschen und es macht sie traurig, wie leichtfertig diese ihr Seelenheil aufgeben. Lissy ist nicht wie Stephan und Luzifer, sie verachtet weder Gott noch den Himmel. Ihr war es dort zu langweilig, aber sie erinnert sich daran, wie schön es im Himmel war. Es war ein Ort, an dem jeder glücklich sein konnte. Für sie galten strenge Regeln, da sie ein geborener Engel war und nicht in den Himmel aufgefahren ist, wie die guten Seelen. Diese durften mit ihrem Partner glücklich sein, Spaß haben und tun, was sie wollten, solange sie niemanden verletzten. Aber die geborenen Engel sind so etwas wie Vorzeigeexemplare. Sie haben Aufgaben und sollen als Vorbilder dienen. Aber Lissy hatte Bedürfnisse gehabt und damit das Privileg verloren, im Himmel zu leben.
Die Menschheit heutzutage weiß nicht, wie der Himmel ist und so wissen sie auch nicht, auf was sie verzichten. Elisabeth wünscht sich, dass mehr Menschen in den Himmel kommen, doch sie weiß, dass man sich jenes auch verdienen muss. Das ist der Grund, warum sie trotzdem die Menschen verführt oder verführen lässt, ihr ihre Seele zu verkaufen. Wer sich darauf einlassen würde, hat ihrer Meinung nach nicht verdient, den Himmel auch nur zu erblicken. Und für verwirrte Menschen gibt es in dem Vertrag ein Schlupfloch. Wenn sie barmherzig einen ihrer 4 Wünsche für einen anderen oder viele andere Menschen zu opfern, sind sie aus ihrem Vertrag entlassen.
Lissy ist ein gutherziger Teufel, der an das Gute im Menschen glauben will. Das klingt ziemlich paradox, aber vielleicht ist das der Grund für Gottes Wahl?! Elisabeth war selbstverständlich nicht der einzige Engel, der gegen Gottes Auflagen verstoßen hatte, aber sie war ihre erste Wahl.
Lissy ist der erste Teufel, der emotional handelt und sich aktiv in das Leben der Menschen einmischt, die sie mag. Sie verzichtet auf Seelen, erweckt Tote wieder zu Leben und hat sich sogar ernsthaft verliebt. Ja, der Teufel liebt! Und wie sie das tut. Bei ihrem Geliebten handelt es sich um einen ihrer Angestellten, einem Mann, dessen Tod sie nicht fair fand und zu Beginn handelte es sich auch nur um eine Affäre. Einen Spaß, unkompliziert und unverfänglich, so wie Lissy es mochte.
Jesse und sie waren Freunde und sie mochte seine Familie. Zum einen lag das daran, dass sie von ihnen einige wieder zu Leben erweckt hatte und sie gute Angestellte waren und auch Jesses Vater und sein jüngster Bruder ihr ans Herz gewachsen waren. Sie kümmerte sich um alle Probleme der Familie und half ihnen, soweit es ihr möglich war.
Wie ich es bereits erwähnte, ist Lissy ein netter und verständnisvoller Teufel, doch das alles sollte sich durch die Affäre mit Jesse ändern. Keine Angst, ich spreche nicht von dauerhaften Veränderungen, sondern von einer, die ungefähr neun Monate in Anspruch nahm. Ja, Lissy wurde schwanger. Ich weiß nicht, ob sich jemand vorstellen kann, wie schlecht gelaunt und streng ein Teufel ist, wenn er schwanger ist und bis dato dachte, er könne es nicht werden.
Es dauerte etwas, bis sie es selbst merkte, doch kaum das sie es gemerkt hatte, stattete sie Gott einen Besuch ab. Sie wusste, dass sie als Engel nicht schwanger werden konnte. Sie konnte sich also nicht erklären, womit sie dieses Gottesgeschenk also verdient hatte. Unter den Engeln verbreitete sich eine Menge Schrecken, kaum das Elisabeth im Himmel angekommen war. Sie war der erste Teufel, der sich gewagt hatte, wieder herauf zu kommen und die Angst der Engel wurde größer, als Lissy sie zwischen zusammengepressten Zähnen hindurch fragte: „Wo steckt sie!?“, eigentlich handelte es sich hierbei weniger um eine Frage, als die direkte Aufforderung, sofort zu sagen, hinter welcher Wolke Gott gerade ihrer Kreativität freien Lauf ließ.
Ja, Gott ist noch immer kreativ, aber dadurch, dass sie eher Charakterzüge kreiert und die Evolution ein bisschen antreibt, merkt das kein Mensch. Außerdem überlegt sie sich auch neue Ideen für ihre Gläubigen. Intelligent Design brachte ihr wieder einige Abtrünnige zurück.
Die Engel wagten es nicht, Lissy zu verärgern, denn sie wussten nicht, dass diese einem Engel niemals etwas tun könnte, das hatte Gott sich als Überraschung für den Fall eines Angriffs aus der Hölle aufgehoben. Ja, ich erwähnte doch, dass Gott sich bewusst war, dass Luzifer ihre Macht wollte, oder nicht?
Elisabeth folgte der Beschreibung ihrer früheren Himmelsmitbewohner und fand Gott im Schneidersitz vor einem Schachbrett auf.
„Elisabeth, was führt dich zu mir. Ich fürchtete schon, du würdest mich nie besuchen, so wie deine Vorgänger.“, Gottes Stimme war klar und sanft, aber es flog ein Hauch von Ironie in ihrer Stimmfarbe mit.
„Ist das dein Ernst? Was ist passiert? Als Engel konnte ich nicht schwanger werden. Du hast uns unfruchtbar gemacht. Wie konnte das hier bitte geschehen?“, bei dem „das hier“ deutete sie eindrucksvoll und zugleich entsetzt auf ihren Bauch, der noch immer flach war.
„Schwanger? Das ist doch toll! Ich gratuliere dir! Wer ist der glückliche Vater?“, täuschte Gott Freude vor, doch ihre Lippen waren von einem Lächeln umspielt, dass man in vielerlei Hinsicht interpretieren konnte. Man darf nicht vergessen, Gott ist eine Frau! Eine Frau, kein Mann! Also vergesst die Barmherzigkeit und das „Lieber Gott im Himmel…“ Gerede. Gott ist durchaus barmherzig, aber sie kann auch ganz anders. Lissy war immer ihr Lieblingsengel, niemals hätte sie das auch nur einmal laut ausgesprochen oder sich selbst gegenüber zugegeben, aber so war es. Gott fand auch gut, wie Elisabeth sich die Hölle gestaltet hatte und zum ersten Mal erachtete Gott einen Teufel für würdig, Nachfahren zu zeugen und somit die Möglichkeit zu erhalten, das ganze monarchisch aufzuziehen. So, wie auch der Himmel gestaltet war. Denn für Gott stand fest, wenn sie eines Tages nicht mehr regieren sollte, aus welchem Grund auch immer, dann würde Jesus ihr Nachfolger. Lissy sollte einen Nachfolger haben.
Wenn Gott absolut ehrlich gewesen wäre, dann hätte sie eingeräumt, so die Kontrolle zu behalten. Denn sie wusste, dass Elisabeth ihr nie Probleme machen würde. Elisabeth liebte die Welt und die Menschen und somit würde sie keinen Krieg gegen Gott führen. Eine Monarchie in der Hölle würde bedeuten, dass entweder Lissy für immer den Posten des Teufels bekleiden würde oder das ihr Kind ihre Nachfolge antreten würde und Lissy diesem Kind bestimmt immer im Nacken sitzen würde.
Elisabeth ahnte nicht, was in Gottes Kopf vorging. Sie ahnte es nicht ansatzweise. Sie wusste nicht, dass Gott sie wie ihre Tochter ansah und dass Gott sie als allerersten Engel erschaffen hatte und kein neuer Engel an sie heranreichen konnte, egal was Lissy auch getan hatte.
Also betrachtete Lissy Gott mit einem Blick, der die Pole hätte schmelzen lassen können und das nicht, weil es ein süßer Blick, zum dahin schmelzen war, sondern es ein Blick war, der tödlichen Lasern Konkurrenz machte.
„Oh, dann weißt du es nicht?“, stichelte Gott weiter und sah Elisabeth genau an. „Mit wie vielen Männern hast du denn vor 2 Monaten und 3 Tagen geschlafen? So entstehen doch Kinder, wenn ich mich nicht komplett irre.“
„Hör zu. Wer der Vater ist, ist unwichtig! Wichtig ist, wieso ich überhaupt schwanger bin. Bitte erklär mir, warum du mir die Unfruchtbarkeit genommen hast!“, Lissy empfand das nämlich nie als Strafe oder unnötig, sie sah es als Erleichterung an.
„Du hast doch jetzt genug Macht und ich dachte, du wüsstest, wie man verhütet. Ich meine, Kinder sind doch nun nicht das größte Übel, das durch Geschlechtsverkehr in Erscheinung tritt.“, Gott fand es lustig, Lissy zu reizen. Für sie war Lissy noch immer ein Teeny, der seine Gefühle nicht kontrollieren konnte. Und in gewisser Weise fühlte sich auch Elisabeth gerade so. Sie setzte sich auf den Boden und für einen Augenblick fürchtete Gott, dass sich ihr schöner, gefallener Engel die hübschen, braunen Haare herausreißen würde und in Tränen ausbrechen würde. Doch zur Überraschung beider fasste sich Lissy relativ schnell und stand wieder auf.
„Gut!“, sagte sie geschäftlich und sah Gott an. „Dann gibt es ja wohl neue Spielregeln, nicht wahr?“
Gott erschrak ein wenig und sah ihre Schöpfung an. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sie ihren ersten Engel so sicher und willensstark gestaltet hatte.
„Was für Spielregeln?“, fragte sie Elisabeth.
„Na ja, ich werde in Zukunft ein Kind haben, es wird übrigens ein Junge. Ein Kind, das schon jetzt weiß, was es will, denn er sagt es mir ziemlich genau. Und mir ist klar, dass du nie etwas geschehen lässt, ohne dass du deine Gründe dafür hast. Ich weiß, dass Luzifer und Stephan viele Frauen hatten und ich weiß, dass, hingegen der Behauptungen vieler Horrorfilme, keiner von ihnen je ein Kind gezeugt hat. Und jetzt komm mir nicht mit Verhütung! So was kannte Luzifer gar nicht und auch Stephan lernte Kondome und Pillen erst kennen, kurz bevor er seinen Job an den Nagel hängen musste. Er hatte seinen Spaß mit den Dingern, aber anders als gedacht. Schwangere Teenies, bei denen das Kondom geplatzt war…, wir wissen beide, was er so getrieben hat.
Wenn ich jetzt ein Kind bekomme, dann ist es mein direkter Nachfahre und somit mein Erbe, oder etwa nicht?“
„Elisabeth!“, entrüstete sich Gott. Sie konnte nicht fassen, dass Lissy so berechnend handelte. Sie ahnte, dass Lissy wusste, wie es um Gottes Vorstellung stand und sie wollte sich diesen Status gleich sichern.
„Was ist denn? Ist das denn nicht auch dein Wunsch? Willst du behaupten, dass ich zufällig schwanger bin und dass dir nicht zusagt, wie ich die Hölle handhabe? Findest du nicht, dass ich der fähigste Engel für diesen Job bin?“, Lissy wusste, dass sie Gott in die Ecke getrieben hatte und das sie nun keine Sorgen mehr haben musste, dass sie eines Tages machtlos zum Menschen verkommen würde. Und auch Gott war bewusst, dass ihr keine andere Wahl mehr blieb, als in die neuen Regeln einzuwilligen.
Mit diesem Wissen machte sich Lissy auf, dem werdenden Vater von seinem Glück zu berichten. Jesse ordnete gerade Neuankömmlinge in der Hölle nach ihren Schandtaten und verordnete ihnen gleich ihre Strafen, was zur Folge hatte, dass viele verlorene Seelen weinend von Dannen zogen, dem Ort ihrer Bestimmung entgegen, als Lissy ihn in ihre Räumlichkeiten bestellte.
„Liz,…“, machte er sie mit seinem Spitznamen für sie auf sich aufmerksam. Sie drehte sich zu ihm um und schob einen Ordner zurück in ein Regal und lächelte, als sie ihn bat, sich zu setzen. Er setzte sich, wenn er auch ein wenig nervös war, denn er fand, Liz hatte sich ein wenig verändert, seitdem sie miteinander geschlafen hatten. Und diese Veränderungen waren nicht unbedingt vorteilhaft, sie war launisch und manchmal sehr hart gewesen in den letzten Wochen und bisher fand er keine vernünftige Erklärung dafür.
„Hör zu, Jesse…,“, begann Lissy und überlegte nun ganz genau, wie sie dem jungen Mann vor sich erklären sollte, dass er bald Vater sein würde. Sie wusste, dass sie ihn wirklich als Vaterfigur für ihren Sohn wollte. Sie ahnte, dass dieser einen Vater brauchen würde, denn auch wenn sie ein Teufel war, so war eine Mutter doch oft zu nachsichtig mit ihren Kindern, fand Lissy. Ihrer Meinung nach waren Mütter oftmals nicht unschuldig daran, wenn ihre Kinder gemeingefährlich wurden. Sie konnte noch kein Muster erkennen, denn es betraf sowohl Kinder, die zu viel Liebe erfuhren als auch die, die zu wenig Liebe erfuhren. Lissy wusste, dass sie bei einem Kind, welches so viel Macht wie das ihre haben würde, Hilfe brauchen würde, damit es nicht vollends böse werden würde. Sie war sich auch sicher, dass Jesse ein guter Vater sein würde, sie machte sich diesbezüglich keine Gedanken, doch ihr Problem war, wie er damit umgehen würde. Während Lissy noch zögerte, vernahm sie das leise Flüstern, von dem sie annahm, dass es nun ein ständiger Begleiter sein würde und der Wunsch ihres Sohnes war recht deutlich. Sein Vater sollte endlich von ihm erfahren und er würde Lissy so lange damit nerven, bis sie endlich damit rausrücken würde.
Jesse hatte Liz inzwischen mit wachsender Neugierde beobachtet. Er hatte noch nie erlebt, dass sie so lange haderte, bis sie etwas sagte. Entweder hatte dies zu bedeuten, dass sie ihm eine sehr schlechte Nachricht überbringen musste oder das sie selbst nicht überzeugt war von dem, was sie ihm sagen wollte.
„Okay…, hör zu. Dir ist bestimmt aufgefallen, dass ich in letzter Zeit recht launig war und dass ich nicht wirklich klar kam. Das hat einen Grund! Jesse, ich bin schwanger. Und ich bin mir sicher, dass du der Vater bist.“
Lissy stand etwas unsicher an einem Stuhl. Sie hatte die Hand auf dessen Lehne abgelegt und wartete nun auf eine Reaktion des Vaters ihres Kindes. Sie beobachtete Jesse ziemlich genau und sie wusste, dass es keine Probleme zwischen ihnen und bei der Erziehung ihres Kindes geben würde.
Jesse starrte Liz an. „Bist … wie, ich meine…“, er war vollkommen verwirrt, war er doch immer sicher gewesen, der Mythos vom Kind des Teufels sei wirklich eben nur ein Mythos. Er wusste nicht, was das für ein Kind sein sollte. Engel, Mensch, Dämon, geborener Teufel? Alles war möglich. Liz Antwort auf seine Frage war ein einfacher Blick gen Himmel und Jesse verstand noch weniger als zuvor.
Lissy seufzte leicht und setzte sich, um Jesse alles zu erklären und auch zu erläutern, wie sie sich die Zukunft vorstellte. Sie erklärte ihm, dass sie das Kind mit ihm gemeinsam großziehen wolle und auch, wozu ihr gemeinsamer Sohn bereits jetzt fähig war. Und um so mehr, Lissy von all dem sprach, desto mehr Stolz wuchs in Jesse kombiniert mit etwas Vorfreude.
Die folgenden Monate waren nicht einfach und Jesse und Lissy wuchsen immer mehr zusammen. Doch zu dem Entsetzen ihres Sohnes, welchen sie Blake nennen wollten, waren die beiden nicht darauf aus, eine Familie zu sein oder eben ein Paar. Sie würden ein gemeinsames Kind haben und es gemeinsam aufziehen, aber ihrer Meinung nach war das auch alles. Blake, der bereits im Leib seiner Mutter eine enorme Kraft und ein unglaubliches Wissen besaß, konnte das nicht hinnehmen. Er nahm sich vor, dieses Verhalten seiner Eltern zu ändern, sobald auf der Welt sein würde. Bis dahin strafte er beide mit Abschirmung seiner Kraft vor ihren prüfenden Blicken und dem Unwissen, was er denn nun war.
Als Blake auf der Welt war, war klar, dass er kein reines Wesen war. Er war geviertelt. Ein Viertel Mensch (vom Vater), ein Viertel Engel (von der Mutter, denn auch diese Anlage war in Lissy noch verankert), ein viertel Dämon, denn Kinder des Teufels waren immer dämonisch, die Frage war, zu wie viel Anteil, und ein Viertel Teufel, bedingt durch die Abmachung zwischen Lissy und Gott. Blake neigte jedoch dazu, den Engel in seinen Genen eher zu ignorieren und Lissys und Jesses erste Aufgabe lag darin, ihm beizubringen, dass das Leben der Menschen nicht verachtenswert war und dass auch er Verwandte hatte, die noch lebten.
Blake verstand und bestrafte nur noch Menschen, die verachtenswert waren. Im Gegensatz zu seiner Mutter wartete er jedoch selten, bis sie tot waren. Blake hatte keine Probleme dies zu tun, denn er hatte seine Eltern schnell davon überzeugt, dass er kein überzeugendes Baby war. Er war schneller gealtert und verharrte nun im Körper eines Achtjährigen und er hatte die perfekten Voraussetzungen, seine Eltern zu verkuppeln. Er wusste, dass beide einander sehr attraktiv fanden und auch, dass sich Gefühle zwischen ihnen entwickelt hatten, doch er war nicht sicher, ob sie ihre alten, freizügigen Ichs hinter sich lassen konnten. Er schuf Gelegenheiten und nach einigen Monaten hatte er geschafft, was er so sehr wollte. Seine Eltern waren wirklich verliebt und sie standen dazu.
So etwas hatte es in der Geschichte der Teufel nie gegeben. Ein Teufel, der fähig war, wahrhaftig zu lieben. Nächstenliebe, wie Lissy sie zuvor verbreitete, war schon vor ihr undenkbar, doch wahre Liebe, dass war schier unglaublich. Luzifer und Stephan, also ihre seelischen Überreste, wussten nicht, ob sie weinen oder lachen sollten und wirkten nahezu verzweifelt. Ihnen war klar, dass Elisabeth nicht in ihre Fußstapfen treten würde. Sie wussten, dass sie nicht gegen Gott arbeiten würde und nahmen an, dass dieser Teufel die Hölle nicht mehr leiten könne.
Schlicht und einfach kann man sagen, sie irrten sich. Elisabeth hatte vieles verändert, sie war gerecht und sie war freundlich. Sie veränderte Geschehenes, um das Leben von Unschuldigen zu schützen, wenn diese es in ihren Augen wert waren., doch hatte Lissy nicht vor, die Welt zu retten und alles Böse zu vernichten und auch hatte sie nicht vor, die Seelen ungestraft umherziehen zu lassen. Sie behielt die Form ihrer Hölle bei, sie hatte ein Geschäft daraus gemacht und das schon vor ihrer Liebe und vor ihrem Kind. Sie war nie machthungrig gewesen, sie wollte nur ihren Standard sichern und das für immer und Gott hat ihr genau dafür einen Ball zugespielt, der sich als Lissys größtes Glück herausstellte. Sie liebte ihren Sohn und dessen Vater. Sie liebte es, die Hölle zu führen und sie liebte ihr System, ihre Macht zu teilen, so dass sie Zeit für sich und ihre Familie hatte.
Lissy konnte mit Stolz von sich behaupten, das Gegenteil des Urbilds des Teufels zu sein, ohne das Teuflische zu verlieren.
Tag der Veröffentlichung: 31.05.2011
Alle Rechte vorbehalten