So schnell ich kann renne ich über den nassen Asphalt. In der Dunkelheit kann ich nicht genau erkennen wer mich verfolgt, aber ich weiß dass derjenige hinter mir her ist.
Kalter Regen fällt mir ins Gesicht und vermischt sich mit meinen Tränen. Soeben habe ich erfahren dass mein Vater keinen Unfall hatte, sondern kaltblütig ermordet wurde. Vermutlich ist der Mann hinter mir der Mörder meines Vaters. Ich würde seinen Tod gerne rächen aber ich habe keine Waffe bei mir und könnte es sowieso nicht tun, da mich dann für immer und ewig Schuldgefühle plagen würden. Also renne ich nun verzweifelt um mein Leben und hoffe dass er mich nicht erwischt. Aber er kommt mir immer näher und brüllt meinen Namen: „ Mary! Mary!“.
Keuchend hetze ich durch den Regen in der Dunkelheit und weiß nicht wohin. Nach Hause kann ich nicht, sonst erwischt er auch noch meine Mutter und meine kleine Schwester. Ich haste weiter und weiter und merke dass mein Verfolger langsamer wird. Plötzlich biegt er in eine Seitengasse ein und ist verschwunden. Hilflos schaue ich mich um, Wo ist er hin? Warum rennt er in eine Gasse? Hat er die Verfolgung aufgegeben? Oder plant er einen Hinterhalt? Lauter Fragen die ich nicht beantworten kann, also bewege ich mich nun langsamer fort.
Meine Füße machen viel zu laute Geräusche auf dem Asphalt. Ich unterdrücke mein Keuchen. Auf einmal taucht er plötzlich wieder auf, direkt vor mir. Sofort drehe ich mich um und renne wieder davon. Nun beginnt die Hetzjagd von neuem. Doch diesmal gibt es bestimmt kein Entkommen mehr. Ich spüre seinen heißen Atem in meinem Nacken und ein eiskalter Schauer läuft mir den Rücken hinunter. Ich kann nicht mehr und werde immer langsamer. Ich spüre einen stechenden Schmerz in meiner Lunge und ringe um Atem.
Und da passiert es. Ich rutsche aus und falle. Mit dem Gesicht als erstes lande ich auf dem Boden. Meine Knie, meine Handflächen und meine linke Wange brennen wie Feuer. Ächzend drehe ich mich auf den Rücken und blicke dem Mann direkt ins Gesicht. Glühende, tiefblaue Augen starren mich an. Ich will laut aufschreien doch aus meiner Kehle kommt nur ein schwaches Piepsen. Der Mann grinst hämisch und zieht ein großes, scharfes Messer hinter sich heraus. Ich weiß nicht was ich tun soll, also schlage und strample ich wild um mich. Er schlägt mir ins Gesicht und ein erneuter Feuerschwall zieht sich über meine linke Gesichtshälfte.
Als er merkt, dass ich so schnell nicht aufgeben werde setzt er sich auf mich, sodass ich meinen Unterkörper nicht mehr bewegen kann. Mit meinen Armen schlage ich weiter wild um mich. Anscheinend erwische ich ihn, denn ein Schmerz durchzuckt seinen Körper.
Mein Verfolger steckt das Messer wieder weg und packt mich grob an den Handgelenken und zieht sie hinter meinen Kopf. Sein schweißnasses Gesicht ist nun nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt. Er flüstert: „ Tja Mary, mir entkommst du nicht so schnell. Du fragst dich sicher wer ich bin, woher ich deinen Namen kenne, warum ich dich verfolge und ganz bestimmt willst du wissen ob ich deinen Vater umgebracht habe, nicht wahr?“ Er schaut mir in die Augen, doch ich antworte nicht. Er schreit: „ Nicht wahr, Mary?“ Aber ich antworte nicht. Soll er doch schreien, vielleicht hört ihn ja jemand und kommt angerannt um mir zu helfen, denke ich mir. Doch es kommt niemand und so schreit er wieder:„ Nicht wahr?“
Und als ich ihm diesmal wieder nicht antworte nimmt er meinen Kopf in die Hände und schlägt ihn auf den Asphalt. Ich höre einen dumpfen Aufprall dann verschwimmt das Bild vor meinen Augen.
Mir wird eiskalt und das erste Mal begreife ich in welcher Not ich überhaupt stecke. Ein durchgeknallter Typ, vermutlich der Mörder meines Vaters, versucht mich gerade umzubringen und niemand sieht uns hier in diesem einsamen Dorf.
Ich bekomme noch mit, dass er sein Messer wieder hervorholt und mit letzter Kraft schreie ich so laut ich kann. Ich spüre leicht das Messer an meiner Kehle, dann wird mir schwarz vor Augen.
Als ich die Augen wieder öffne schaue ich in rehbraune Augen. „Hallo, geht´s dir besser?“ Verwundert schaue ich mich um. Ich liege auf einer harten Matratze in einem dunklen Zimmer, ohne Fenster. Ein Junge meines Alters schaut mich an. Ich habe fürchterliche Kopfschmerzen und ein Schmerz durchzuckt meinen Körper, als ich mich aufsetzen will. Der Junge drückt mich sanft in die Kissen zurück und sagt: „Na, na, bleib lieber erst mal im Bett, nicht dass du mir hier noch zusammenbrichst.“ "Ähm, Danke. Wie heißt du? Und was mach ich hier überhaupt? Und vor allen Dingen, wie bin ich hier her gekommen? Und wo bin ich?", frage ich ihn nervös. "Also, ich bin Jake. Du bist hier, damit du dich ausruhen kannst und dich von deinen Verletzungen erholen kannst. Ich habe dich schreien gehört und da bin ich zu die gerannt und habe gesehen wie dich...ein Mann umbringen will. Da habe ich mich sofort auf ihn gestürzt und ihn von dir runter gezerrt. Er hat sich ziemlich heftig gewehrt...da habe ich ihm eine runter gehauen. Wir haben uns geprügelt und...er hat mir gedroht mich umzubringen. Als ich...ihn dann vermöbelt hatte, bin ich schnell zu dir gelaufen, habe dich vom Boden aufgehoben und habe dich hier in mein Zimmer getragen. Ich habe dich versorgt und habe gewartet bis du aufwachst. Naja und dann bist du aufgewacht. Wie gesagt, du bist in meinem Zimmer." "Aha, und warum ist es hier so kalt und warum gibt es hier keine Fenster?", bohre ich weiter. Er antwortet mir weiterhin: „Weil wir in einer kleinen Höhle sind, also nicht in einem richtigen Zimmer. So und nun bin ich dran mit fragen. Wie heißt du eigentlich? Und warum warst du in dieser verlassenen Gegend, nachts im Dunkeln, allein?" Ich antworte ihm: „Ich bin Mary und ich bin nach Hause gelaufen. Wir wohnen auf einem Bauernhof, außerhalb vom Dorf".
Texte: Alle Rechte liegen bei mir
Bildmaterialien: Bookrix
Tag der Veröffentlichung: 11.02.2012
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