Ich laufe durch eine wunderschöne, grüne Wiese. Lauter bunte, duftende Blumen streifen mich an meinen Beinen. Die warme Sonne scheint mir ins Gesicht und für einen kurzen Moment muss ich die Augen schließen.
Als ich sie wieder öffne steht ein kräftig gebauter Mustang vor mir und schaut mich an. Sein glänzend braunes Fell leuchtet golden in der Sonne und seine dunklen Augen schauen tief in meine, so als würde er gerne all meine Gedanken lesen wollen.
Vorsichtig streichle ich ihn zwischen seine Augen. Er beschnuppert mich erfreut und gibt meiner Hand einen kurzen Stups. Ich gehe zu seiner linken Seite und hieve mich mühelos auf seinen Rücken. Sofort läuft er los und ich klammere mich in seiner Mähne fest.
Der Wind zerzaust meine Haare und ich habe das Gefühl mit dem Mustang über die Erde zu fliegen.
Da überlege ich mir, ihm einen Namen zu geben. Lange brauche ich nicht dafür, sofort schießt mir der Name Blitz in meinen Kopf.
Anscheinend kann er Gedanken lesen, denn sobald ich den Namen auch nur gedacht habe wiehert er erfreut.
Plötzlich dringt ein schrilles Klingeln an mein Ohr.
Langsam öffne ich die Augen und liege in meinem Bett. Ich schaue auf den Display meines Weckers, es ist halbsechs. Mühsam und fürchterlich müde krieche ich aus meinem Bett. Sofort läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken, denn in meinem Zimmer ist es eiskalt.
Meine Mutter kommt ins Zimmer gelaufen und sagt: "Tut mir leid, dass es so kalt ist, aber die Heizung ist kaputt gegangen" .Anscheinend hat sie meinen Gesichtsausdruck bemerkt, als sie in mein Zimmer kam, denn sie schaut mich entschuldigend an. "Ist schon gut Mama, dafür kannst du ja nichts“, gebe ich zur Antwort.
Ich husche zu meinem Kleiderschrank, suche mir passende Kleidung heraus und ziehe mich an. Dann gehe ich in die Küche und mache mir Müsli und setze mich zu meiner zwölfjährigen Schwester an den Tisch. "Ist Papa schon zur Arbeit gegangen?", frage ich sie. Zur Antwort kommt nur ein brummiges Ja.
Als ich mich fertig gemacht habe laufe ich zur Schule. Im Schulflur kommt mir Ben entgegen. Er ist mein heimlicher Schwarm, nur meine Freundin weiß, dass ich total in ihn verliebt bin.
Als er an mir vorbeigeht drehe ich verlegen den Kopf zur Seite, damit er mein Gesicht nicht sieht. Ich atme seinen herrlichen Geruch ein und wünschte mir ihn angelächelt zu haben.
Schnell laufe ich ins Klassenzimmer und setze mich neben meiner besten und einzigen Freundin Laura auf meinen Platz. Diese fragt mich sofort:" Na, deinem heimlichen Schwarm begegnet?" "Warum?", frage ich verwirrt zurück. "Weil du schon wieder voll rot bist", erklärt sie mir. Scherz, hab nur gesehen wir er auf den Flur gelaufen ist." "Oh Gott, ich dacht schon!", sage ich erleichtert.
Als unser Mathelehrer hereinkommt laufen alle schnell auf ihre Plätze und Ben geht direkt an meinem Tisch vorbei. Sein herrlicher Duft verbreitet sich um mich und mir wird ganz warm ums Herz. Mitten in der Mathestunde schaut er mich plötzlich an und lächelt. Mir wird sofort total heiß und meine Handflächen werden schweißig. Ich spüre ein Kribbeln in meinem Bauch und weiß nicht wie ich mich verhalten soll.
Ich bin so in meine Gedanken vertieft, dass ich anscheinend nicht bemerkt habe, dass mich Herr Bauer, unser Lehrer, aufgerufen hat. Laura stupst mich unsanft an, erst da merke ich das mich alle anstarren, auch Ben. Laut räuspere ich mich und denke mir wie peinlich ich doch bin. "Ähm, was war die Frage nochmal?", fragte ich kleinlaut. Herr Bauer antwortet genervt:" Ich möchte wissen ob du eine Idee hast, wie man die Rechnung, die an der Tafel steht, am besten ausrechnen kann."
Nachdem die Stunde endlich zu Ende ist gehen Laura und ich auf den Pausenhof. Dort beobachten mich die Tussen unsere Klasse, vermutlich lästern sie über mich. Es ist irgendwie schon doof, nicht zu ihnen zu gehören. Andererseits sind sie sowieso nur Tussen mit denen ich nichts zu tun haben will. Aber immerhin sind sie mit den Jungs befreundet und können ganz normal mit ihnen reden, ohne dass sie sich gleich über alles lustig machen was man sagt, was man von mir nicht gerade behaupten kann.
Laura und ich unterhalten uns gerade über den Film, den wir letztens zusammen angeschaut haben, als es schon wieder klingelt und alle in das Schulgebäude strömen.
Als es dann endlich in der Physikstunde klingelt stürmen alle aus dem Zimmer. Ich dagegen packe gemütlich meine Sachen zusammen, während Laura sich beschwert wie lahm ich doch sei. Schließlich laufen wir die Treppen hinunter und verabschieden uns, denn sie wohnt in einem Nachbardorf und muss mit dem Bus fahren, während ich nur ein paar Meter bis zu meinem Haus brauche.
Als ich gerade um die Ecke biegen will, ruft jemand meinen Namen und als ich mich umdrehe bekomme ich sofort Panik. Denn es ist Ben. Er kommt auf mich zu gerannt und wedelt mit einem Blatt in der Hand herum. Kurz vor mir kommt er zum Stehen. Ich spüre wie meine Wangen anfangen zu glühen und hoffe inständig, dass sie nicht rot anlaufen. Schüchtern schaue ich auf den Boden, denn ich traue mich nicht ihm in die Augen zu schauen. "Hier deinen Physiktest, den hast du im Zimmer liegen lassen", sagt er. "Ähm...Danke", nuschle ich vor mir hin. Ich nehme ihm das Blatt aus der Hand und schaue ihm dabei direkt in die Augen. Sie sind wunderschön, ein kräftiges dunkelblau, wie ein tiefer See in dem man versinken könnte. Sein Gesicht ist so perfekt, die follen Lippen, die straffen Wagenknochen, die lange Nase und dann seine schönen braunen Haare. Einfach alles ist an ihm perfekt, nicht nur das Gesicht, auch der muskulöse Körper und seine Art, wie er ebenso ist. Und als sich unsere Finger auch nur Sekunden lang berühren, läuft mir ein Schauer über den Rücken und ich fühle Schmetterlinge im Bauch.
" Also dann...bis Morgen", sagt er freundlich, dreht sich um und läuft davon. "Ja", rufe ich ihm noch zu. Dann bleibe noch einen kurzen Augenblick stehen, atme seinen Hinterbliebenen Duft ein und lass den Moment noch mal in meinem Kopf abspielen. Schließlich drehe ich mich ebenfalls um und gehe weiter nach Hause.
Dort angekommen schmeiße ich meinen Rucksack in die Ecke, kicke die Schuhe hinterher, ziehe meine Jacke aus und hänge sie an den Kleiderhacken.
Als ich die Küchentüre öffne kommt mir ein herrlich duftender Geruchsschwall entgegen. Meine Leibspeise, Lasagne, steht schon dampfend auf dem Tisch. „Die hab ich extra für dich gemacht, mein Schatz. Wir hatten Lasagne ja schon lange nicht mehr. Außerdem wollte ich dir eine Überraschung machen“, sagt meine Mutter fröhlich. „ Oh Danke Mama, das wär doch nicht nötig gewesen!“, erwidere ich und falle ihr dabei um den Hals. „Können wir endlich essen, ich hab Hunger!“, quengelt meine Schwester Paula ärgerlich. „Was hast du eigentlich heute?“, frage ich sie verwirrt. Anscheinend sauer auf mich verschränkt sie die Arme vor der Brust und schaut mich finster an. Bevor noch ein Streit zwischen uns ausbricht antwortet meine Mutter schnell: „Du weißt doch, sie hat mit ihrer besten Freundin Streit und ist deshalb ziemlich mitgenommen.“ „Och du Arme, willst du drüber reden. In dem Gebiet kenn ich mich nämlich echt gut aus, Laura und ich streiten uns auch andauernd über jede Kleinigkeit.“ „Wir streiten uns aber nicht wegen einer Kleinigkeit. Sie ist jetzt mit Lukas zusammen und du weißt doch, dass ich total in ihn verknallt bin und sie weiß es genauso gut wie du. Und trotzdem hat sie ihn mir vor der Nase weggeschnappt, so eine blöde Kuh!“
Nachdem wir eine Viertelstunde darüber diskutiert haben, dass ihre Freundin keine blöde Kuh ist und sie sich bei ihr entschuldigen sollte, fangen wir endlich an zu essen. Zum Glück hat meine Mutter die Lasagne nochmal in den Backofen gestellt, nachdem wir angefangen hatten zu diskutieren, sonst wäre sie jetzt nämlich eiskalt.
Nach dem Essen gehe ich nach oben in mein Zimmer und fange an meine Hausaufgaben zu machen. Glücklicherweise haben wir heute kaum was aufbekommen.
Als ich gerade den Stift in die Hand genommen habe klingelt auch schon mein Telefon.
Und natürlich ist Laura dran. Wir quatschen sagenhafte drei Stunden miteinander. Dass ist wirklich ein neuer Rekord.
Als ich dann drei Stunden später auflege, ist es draußen schon dunkel und die Laternen auf der Straße sind schon an und bescheinen einen alten Mann der gerade mit seinem Hund spazieren geht. Weil ich keine Lust habe weiterhin meine Hausaufgaben zu machen und weil es, meiner Meinung nach, jetzt schon zu spät dafür ist, gehe ich nach unten.
Meine Mutter ist gerade dabei die Küche zu saugen, als ich hineingehe. Ich quetsche mich durch die Tür, damit ich sie nicht störe und flitze ins Wohnzimmer. Zum Glück ist Paula bei einer Freundin, denn sonst kann man nicht in Ruhe fernsehen. Also werfe ich mich auf die Couch und schalte den Fernseher ein. Auf Pro7 kommt gerade „How I met your mother“, eine meiner Lieblingssendungen.
Doch nach nur zehn Minuten platzt meine Schwester plötzlich ins Zimmer herein und fragt, was ich geradewohl schon wieder für einen Scheißdreck gucke. Genervt, weil man in meiner Familie anscheinend keine zehn Minuten in Ruhe fernsehen kann, antworte ich: „Was geht dich das denn bitteschön an. Außerdem, warum bist du schon wieder da?“ „Weil ich früher gehen musste, weil Tanja noch zu ihrer Oma muss.“, erwidert sie ebenfalls genervt.
Weil ich nun sowieso keine Ruhe mehr habe gehe ich in die Küche und frage meine Mutter, die mit dem Saugen enzwischen fertig ist, ob ich ihr bei irgendwas behilflich seien kann. Aber diese schüttelt nur den Kopf und geht dann in den Keller.
Müde sinke ich in mein Bett, endlich schlafen. Sofort nachdem ich die Augen schließe gleite ich in einen tiefen Schlaf.
Und als ich sie wieder öffne liege ich in einer wunderschönen Blumenwiese. Die Sommersonne scheint mir ins Gesicht und ich fühle mich so befreit, dass ich am liebsten für immer und ewig hier liegen bleiben möchte. Doch weil ich weiß, dass das Leben weitergeht stehe ich auf und schaue mich um.
Ich stehe in Mitten einer Lichtung, umgeben von einem kleinen Buchenwäldchen. Die Vögel zwitschern und ein paar sehe ich sogar über meinen Kopf hinwegfliegen. Am Waldrand entdecke ich eine Gruppe Hirsche, die mich mit ihren großen braunen Augen beobachten.
Plötzlich spüre ich etwas an meinen Beinen vorbeistreifen und als ich mich erschrocken herumdrehe blicke ich in das süße Gesicht eines kleinen Kätzchens. „Ach Gott, was machst du denn hier?“, frage ich es erstaunt, was natürlich überhaupt keinen Sinn hat, denn es kann ja sowieso nicht antworten. Doch es antwortet mir: „ Ich lebe hier und mein Name ist Dream. Und wie heißt du?“ „Ähm…Ich bin Mia. Warum kannst du denn sprechen?“, frage ich verwirrt. Und Dream antwortet mir: „ Mia, Mia aufwachen! Du hast verschlafen! Mia wach doch auf, du musst gleich los!“
Erschrocken reise ich die Augen auf und sitze senkrecht in meinem Bett. Meine Mutter schaut mich an und sagt: „Schnell Mia, beeil dich, du musst in zehn Minuten in der Schule sein!“ „Was?“, frage ich entgeistert. Ich springe aus meinem Bett, renne zum Kleiderschrank, reiße die Türen auf, zerre Klarmotten aus ihm heraus und ziehe mich hastig an. Danach haste ich ins Bad, putze mir die Zähne und schmiere mir Schminke ins Gesicht, dann betrachte ich mich kurz im Spiegel. Na ja, ich sah schon mal besser aus, aber dafür habe ich jetzt wohl kaum noch Zeit.
In der Küche schlinge ich schnell ein Brot hinunter und packe gleichzeitig meine Tasche.
Endlich fertig renne ich das Treppenhaus hinunter und will die letzten Stufen überspringen. Allerdings verkalkuliere ich mich mit der Weite und knalle auf den Boden. Meine Jeans reist an meinem rechten Knie auf und ich spüre, dass ich eine Schramme an meiner Wange habe, dennoch rapple ich mich auf und reiße die Tür auf.
In der Schule angekommen, merke ich, dass es bereits geklingelt hat, denn ich bin die einzige die noch in den Schulfluren herumläuft. Schnell renne ich die Treppen hoch, in den dritten Stock. Keuchend komme ich oben an.
Als ich an die Klassenzimmertür klopfe und sie langsam öffne, starren mich alle aus meiner Klasse an, wie peinlich! „Ähm…Entschuldigung, dass ich so spät bin. Ich habe verschlafen“, sage ich kleinlaut. Die Deutschlehrerin antwortet genervt:
„Jaja, setz dich einfach auf deinen Platz. Ich werde dein Zuspätkommen allerdings ins Klassenbuch schreiben“.
Schnell husche ich zu meinem Platz und hohle meine Deutschsachen heraus.
Plötzlich verspüre ich ein Stechen in meinem Kopf und stütze ihn mit meinen Händen. „Alles in Ordnung mit dir?“, frägt mich Laura. „Jaja“, gebe ich zurück und konzentriere mich dann auf den Unterricht.
Auf einmal fängt es auch noch an in meinem Bauch zu rumoren. Mein Kopf dröhnt fürchterlich und das Bild vor meinen Augen verschwimmt langsam. Das grün der Tafel vermischt sich mit dem weiß der Wand. Ich fühle mich schrecklich, am liebsten würde ich jetzt auf den Tisch kotzen, aber ich beherrsche mich und folge weiterhin dem Unterricht. Aber mir geht es immer schlechter und in meinem Bauch spüre ich einen stechenden Stich.
Plötzlich schwanke ich auf dem Stuhl hin und her, anscheinend bemerkt mich aber niemand, denn keiner kümmert sich um mich.
Dann spüre ich einen heftigen schlag an meiner linken Schläfe und mein ganzer Körper krümmt sich zusammen.
Anscheinend bin ich vom Stuhl gefallen, denn ich vernehme einen erstickten Schrei und ich spüre einen dumpfen Aufprall.
Sofort dröhnt es wahnsinnig in meinem Kopf und meine Ellenbogen brennen vor Schmerz. Und dann überfällt mich die Panik, denn ich kann mich nicht bewegen. Ich versuche mit allen Kräften meinen rechten Arm zu heben, doch es gelingt mir einfach nicht und er bleibt regungslos liegen. Selbst meine Augen kann ich nicht öffnen und als ich den Mund bewegen will misslingt mir auch dies. So liege ich zusammengekrümmt auf dem Fußboden, mitten in meinem Klassenzimmer.
Da höre ich eine erstickte Stimme: „ Mia, Mia! Steh doch auf! Frau Klein, kommen sie schnell, sie rührt sich nicht mehr!“ Sofort höre ich die hohen Absätze unserer Lehrerin auf dem Boden klacken. Neben mir kniet sie sich nieder und kontrolliert meinen Puls und meine Atmung.
Ich will ihnen gerne sagen, dass es mir so weit gut geht und dass ich mich nur irgendwie nicht bewegen kann, doch das geht natürlich nicht. Auf einmal höre ich erneut eine Stimme und zwar die von Ben: „Frau Klein, sollten wir nicht einen Krankenwagen rufen?“ „Da hast du Recht, ich werde schnell einen rufen. Und jetzt beruhigt euch, ihr geht es gut. Sie atmet ganz normal und ihr Puls ist ebenfalls normal. Wer von euch hat schon mal an einem Erste Hilfe Kurs teilgenommen?“
Sofort kommt die Stimme von Ben: „Ich!“ Oh mein Gott, nein, bitte nicht! Wenn ich mich schon nicht bewegen kann, wird mein Gesicht bestimmt knallrot werden, wenn er sich auch nur neben mich kniet.
Ich bemerke wie sich Frau Klein erhebt und weggeht um einen Krankenwagen zu holen. Plötzlich spüre ich einen Windhauch, der mir verrät, dass Ben sich nun neben mich gekniet hat. Sein Geruch umhüllt mich und sofort und ich fühle mich sicherer und geborgener.
Aus weiterer Entfernung, höre ich meine Lehrerin telefonieren.
„ Mia? Hörst du mich?“, kommt eine Stimme direkt neben mir. Am liebsten würde ich jetzt so laut ich kann JA schreien, aber erstens wäre das total peinlich und zweitens kann ich meine Lippen sowieso keinen Millimeter bewegen.
„Sie reagiert nicht, dass bedeutet nichts Gutes. Vielleicht ist sie in Ohnmacht gefallen. Laura, ist dir in letzter Zeit etwas an ihr aufgefallen?“
Als keine Antwort kommt, vermute ich, dass sie nur den Kopf geschüttelt hat, weil sie momentan nicht im Stande ist, auch nur einen einzigen Pieps von sich zu geben.
Nach etlichen Minuten, die mir wie Stunden vorkommen, höre ich dann plötzlich eine Sirene.
„Jetzt wird alles gut, Mia.“, flüstert Ben beruhigend neben mir. Gott, kann der nicht einfach mal seine Klappe halten. Ich finde es ja total süß, wie er sich um mich kümmert, aber das macht mich total nervös und ich würde am liebsten ganz weit weglaufen. Bestimmt bin ich auch schon rot wie eine Tomate und es bemerkt nur keiner, weil alle so geschockt sind.
Dann fängt er auch noch an meine Wange zu streicheln. Sobald er auch nur meine Haut berührt läuft mir ein kalter Schauer den Rücken hinunter und ich fühle mich wie der glücklichste Mensch der Welt. Am liebsten würde ich jetzt die Augen öffnen und in seine Blicken und ihn küssen.
Wie sich seine Lippen wohl anfühlen würden oder wie würde es sich überhaupt anfühlen jemanden zu küssen? Ich wusste es nicht, denn leider hatte ich noch immer nicht meinen Ersten Kuss gehabt, mit 16! Die meisten Mädchen aus meiner Klasse hatten sogar schon ihr Erstes Mal und ich hatte noch nicht Mal meinen Ersten Kuss! Na ja, ich lasse mir mit so etwas eben Zeit.
All diese Gedanken schossen mir fast auf einmal durch den Kopf.
Seine Hand fühlt sich so weich und warm auf meiner Haut an. Er wäre einfach der perfekte Freund für mich, aber leider unerreichbar.
Ich höre schnelle Schritte auf dem Flur, die in Richtung unseres Klassenzimmers eilen, vermutlich die Rettungshelfer. Als sie in unserem Klassenzimmer angelangt sind, werde ich sofort auf eine Trage gehievt, während meine Lehrerin einem der Rettungshelfer hektisch erklärt was mit mir passiert ist.
Ben verabschiedet sich von mir und drückt mir dann einen Kuss auf die Stirn. Oh mein Gott, hat er das jetzt wirklich getan? Sofort fängt mein Bauch an zu kribbeln und ich schwebe im siebten Himmel. Warum er das wohl gemacht hat? Etwa nur aus Mitleid oder mag er mich vielleicht wirklich? Ich hoffe mal letzteres…
Laura verabschiedet sich ebenfalls noch schnell von mir und sagt sie würde mich gleich morgen besuchen wollen, dann werde ich abtransportiert.
Im Krankenwagen werde ich sofort schon behandelt, ich bekomme eine Nadel in die Vene an meinem Handgelenk und werde an einen Tropf gehängt. Anscheinend ist in ihm ein Beruhigungsmittel, denn ich spüre wie ich sofort ruhiger werde und langsam die Geräusche um mich immer leiser werden, bis ich sie gar nicht mehr höre und gemütlich einschlafe.
Als ich meine Augen das nächste Mal öffne liege ich in einem Bett und schaue an eine weiße Decke. Grelles Licht blendet mich, worauf ich die Augen sofort wieder schließe.
„Na endlich bist du wach, Mia. Wie geht es dir denn?“, frägt mich eine männlich Stimme. Perplex öffne ich meine Augen erneut und blicke in das Gesicht eines jungen Mannes. Er lächelt mich freundlich an und ich antworte ihm: „Eigentlich ganz gut. Wissen Sie, was mit mir passiert ist?“ Sofort verfinstert sich seine Miene und er schaut mich mitfühlend und traurig an. Mit ausdrucksloser Stimme antwortet er mir: „Ja, aber wir warten mal noch bis deine Eltern da sind, ja? Sie werden gleich kommen, solange kannst du dich doch noch ein wenig ausruhen “. Mit diesem Satz dreht er sich um und verlässt den Raum. Hoffnungsvoll bemerke ich, dass ich wieder sprechen kann und mich generell auch wieder bewegen kann. Vielleicht, denke ich mir, ist ja doch nichts Schlimmes mit mir passiert.
Da mir nichts Besseres einfällt schaue ich mich erst mal im Zimmer um. Die Wände sind weiß und es hängen drei Bilder im Zimmer, die trostlose Landschaften darstellen. Rechts neben mir stehen zwei weitere Betten, die allerdings nicht belegt sind. Vor meinem Bett, in der Ecke steht ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen. Auf ihm steht eine kleine orangene Blumenvase mit einem künstlichen Blumenstrauß. Ich liege direkt an einer Wand, mit einem schönen großen Fenster in das gerade die Abendsonne hineinscheint und so den ganzen Raum in einen gelblichen Ton färbt.
Als ich zur Tür blicke, die sich ebenfalls wie die anderen Betten rechts von mir befindet, fliegt diese plötzlich auf und meine Eltern stürmen herein. Meine Mutter kommmt sofort auf mich zu und drückt mich fest an sich.
„Schatz, was ist denn nur los mit dir?“
„Ich hab keine Ahnung“.
Dann kommt auch mein Vater und umarmt mich glücklich. Der Arzt, er heißt übrigens Dr. Peters und ist derselbe wie gerade eben, räuspert sich einmal kurz und fängt dann an zu reden: „Ihre Tochter ist im Schulunterricht zusammengeklappt. Wir wurden sofort alarmiert und haben sie dann mit dem Krankenwagen abgeholt. Es wurden schon einige Untersuchungen mit ihr gemacht und wir gerade eben zu einem Ergebnis gekommen. Würden Sie bitte mal mit hinauskommen?“
Er schaute meine Eltern mitfühlend an, diese gehen langsam auf die Tür zu und verschwinden dann dahinter.
„Deine Eltern kommen gleich wider, ich möchte nur kurz mit ihnen reden.“
„OK“, ist alles was ich zu ihm sage, denn irgendwie kommt mir das ganz schön komisch vor, immerhin geht es ja um mich, da kann er ja auch hier sagen, was mit mir los ist. Naja, muss ich eben so lange warten.
Als meine Eltern nach einer Stunde dann endlich wieder kommen sehe ich ihnen sofort an, dass irgendwas nicht stimmt. Die Panik steht ihnen ins Gesicht geschrieben und meine Mutter hat total verweinte Augen und sobald sie mich erblickt bricht sie in Tränen aus. Mein Vater nimmt sie in den Arm und auch er fängt an zu weinen. Was ist denn nur los?
Dr. Peters kommt ebenfalls mit ins Zimmer und schaut mir direkt in die Augen und an seinem Blick erkenne ich, dass mit mir etwas nicht in Ordnung ist und dass meine Eltern deshalb so aufgelöst sind. Panik überkommt mich sofort und ich kralle mich in der Bettdecke fest und fange leicht an zu zittern. Ich würde gerne etwas sagen, doch meine Stimme ist weg. Mir laufen die Tränen langsam das Gesicht hinunter, ohne zu wissen was überhaupt los ist.
Meine Mutter zittert nun schon so schlimm, dass eine Krankenschwester kommt und ihr eine Spritze gibt und sie aus dem Zimmer führt. Mein Vater kommt langsam auf mich zu und setzt sich neben mich an die Bettkante. Seine Augen sind ganz rot und Tränen laufen seine Wangen entlang. Er nimmt mein Gesicht in die Hände und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Ich spüre wie seine Hände leicht zittern und dass sie schweißnass sind.
„Möchten Sie es Ihrer Tochter selbst sagen, oder soll ich das übernehmen?“, frägt der Arzt meinen Vater, dieser sagt mit leiser Stimme: „Machen Sie das, Ich kann es nicht…“
Mein Herz pocht nun heftig und ich kralle mich immer mehr in die Bettdecke, verängstigt vor dem was Dr. Peters nun sagen wird. Mein Vater nimmt mich in den Arm und drückt mich feste an sich, was mich wenigstens ein wenig beruhigt.
„Nun…, Mia …, die Untersuchungen haben ergeben dass du eine sehr seltene Krankheit hast. Sie ist … leider unheilbar und … nun ja … sie ist auch … tödlich…“
Mein Vater schluchzt bei dem Wort „tödlich“ laut auf und bricht abermals in Tränen aus ebenfalls wie ich. Er drückt mich fester an sich.
„Es tut mir so leid mein Schatz“, flüstert er mir leise zu und erst in diesem Moment registriere ich überhaupt, was Dr. Peters gesagt hat, ich werde sterben, nur wann? Ich will diese Frage eigentlich gar nicht beantwortet haben, aber ich muss es wissen, ich muss es einfach wissen…
Also nehme ich all meinen Mut zusammen und drücke meinen Vater sanft ein Stückchen von mir und schaue in Dr. Peters Gesicht; er hat ebenfalls Tränen in den Augen, unterdrückt sie aber.
„Wwann … wann werde iich ststerben?“, frage ich ihn mit zittrige Stimme. Er schaut mich einen langen Moment an und sagt nichts.
„Es tut mir wirklich sehr leid, … aber dir bleiben nur noch 48 Stunden…“
Das gibt mir den Rest ich fange an laut auf zu kreischen und weine dann hysterisch los. Ich kann einfach nicht mehr, das ist alles zu viel für mich. Bin ich etwa in einem schlechten Horrorfilm gelandet?
Wenige Minuten nach meinem Aufschrei kommt eine Krankenschwester und gibt mir eine Spritze die mich sofort müde werden lässt, dass letzte was ich noch sehe ist das verzweifelte Gesicht meines Vaters.
Die Geschichte wird bald weiter geschrieben. :D
Texte: Alle Rechte liegen bei mir
Bildmaterialien: Bookrix
Tag der Veröffentlichung: 13.02.2012
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