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Rennen

 

 

Langsam und stetig stieg der Vollmond über dem Wald. Der dunkle Wolf rannte und rannte. Tief sog er die klare, kühle Nachtluft ein. Sein Atem ging stoßweise im Rhythmus seiner Schritte. Es fühlte sich gut an zu rennen. Der Wolf war lange auf Reisen gewesen, er hatte eine Ewigkeit nicht mehr so frei rennen können. Seitdem er in das Gebiet seines Rudels gekommen war, fühlte er sich endlich wieder richtig frei und vollständig. Ein Wolf war eben nichts ohne sein Rudel. Ein Leben als Mutt käme für ihn nie in Frage. Er liebte sein Rudel, seine Brüder. Er spürte sie in seiner Nähe, auch wenn sie nicht in Sicht waren. Doch ihr Geruch, der ihm so vertraut war, umgab ihn wie eine schützende Hülle.

Sein Herz schlug immer schneller. Die großen Pfoten trommelten auf dem weichen Waldboden einen Rhythmus von Freiheit. Er legte den Kopf in den Nacken und stieß ein lautes Heulen aus, dass von rechts und links vielstimmig beantwortet wurde - der Ruf des Rudels.

Am Ende des Wegs tauchte Stonehaven auf, ein großes viktorianisches Anwesen einige Meilen außerhalb von Bear Valley. Stammsitz des Nordamerikanischen Rudels seit 200 Jahren. Der Wolf gab noch ein letztes Mal Tempo. Er wollte unbedingt als erster beim Haus sein. Schon trafen seine Pfoten auf den hellen Kies auf dem Vorplatz. Die letzten Meter zur Veranda legte er in langen Sätzen zurück. Dann ein Satz um auf die Veranda zu kommen. Er hatte es geschafft. Er war der Erste. Er jubilierte vor Freude. Dann krachte er bäuchlings auf die Verandatreppe. Der Schwarze Wolf über ihm grinste ihn funkelnd an. CLAY...dachte der dunkle Wolf, dann ging er zum Angriff über. Er schnappte nach der Kehle des Anderen. Sie rangen miteinander, beißend, knurrend. Mal war der Dunkle oben, mal der Schwarze.

Fell flog um her, dann jaulte der Dunkle auf. Der Schwarze ließ sofort von ihm ab. Keuchend lag der Dunkle im Gras. Der Schwarze stand hechelnd darüber und blickte ihn besorgt an. Die Verwandlung begann… Unter Schmerzen verbogen sich Knochen und ordneten sich neu an, Fell verschwand und nackte makellose Haut spannte sich über durchtrainierten Körpern.

Clay kniete sich neben seinen Freund nieder. „Nick, bist du Okay?“ fragte er besorgt. Nick lag auf der Seite und krümmte sich vor Schmerzen. „Argh… Ja, vergiss es. Du hast mich nur blöd erwischt,“ antwortete Nick.

Die anderen Wölfe des Rudels kamen auf den Hof. Jeremy, der Alpha, ging voran und kniete neben Nick hin. Er drehte ihn auf den Rücken, so dass alle die Wunde sehen konnten. Unter Nicks Rippen war ein riesiger Bluterguss zu erkennen. „Was ist das, Nick?“ fragte Jeremy streng.

Nick setzte sich auf und verdeckte die Verwundung.

„Das ist nichts. Nur eine Prellung. Ich bin vor ein paar Tagen beim Training irgendwo angeeckt.“  Jeremy runzelte die Stirn. „Das sollte längst verheilt sein…“ Noah warf Nick und Clay T-Shirt und Jeans zu, sie zogen sich an. Die Jungs nahmen sich in die Arme und begrüßten sich. Sie waren schon lange nicht mehr alle zusammen hier gewesen. Besonders Clay hatte Nick sehr vermisst, waren die Beiden doch seit 20 Jahren die besten Freunde.

 

Zusammen betraten sie das Haus. Jeremy folgte ihnen, den Blick nachdenklich auf Nick geheftet. Irgendwas stimmte mit dem Jungen nicht. Er würde ihn im Auge behalten.

Im Haus duftete es bereits nach Gegrilltem. Im Esszimmer bog sich der Tisch von den Massen an Fleisch. Elena Michaels stand am Kopfende und erwartete ihre Jungs.

„Da seid ihr ja endlich… Fast hätte ich ohne Euch angefangen!“ Sie umarmte nacheinander Noah und Nick, für Clay hatte sie einen Kuss. Sie setzten sich und begannen zu essen.

 

„Nick, was hast du in den letzten Wochen getrieben. Du hast dich ganz schön rargemacht“, fragte Elena. Jeremy beobachtete Nicks Reaktion. Der sah Elena kurz an, dann huschte sein Blick über die andern.

und schluckte den Bissen herunter, an dem er zuvor etwas zu ausführlich gekaut hat.

„Er bereitet eine Lüge vor“, dachte Jeremy. „Ach ich habe Vaters Geschäfte auf den neuesten Stand gebracht und dann meinen Club verkauft. Jetzt wo ich für alles zuständig bin, was Dad aufgebaut hat, finde ich keine Zeit mehr dafür.“ Clay schlug ihm auf die Schulter und lachte:“ Ahh Nicky wird erwachsen!“ Nick lächelte verlegen. „Na du weißt ja. Was sein muss, muss sein.“

Elena blickte amüsiert zwischen den Jungs hin und her. Und fragte dann verschwörerisch: „Und die Ladys? Ich wette dein Harem ist wieder um drei, vier Eroberungen angewachsen!“

Nun wurde Nick sichtbar nervös. Er druckste herum und flüsterte hastig: „Ich kann nicht klagen.“

 

Das sah ihm nun wirklich nicht ähnlich. Der hübsche Sonnyboy hielt nie mit seinen Eroberungen hinter dem Berg. Da war was faul und wenn Jeremys Instinkt ihn nicht täuschte, was er nie tat, dann hatte es mit einer Frau zu tun. Jeremy ahnte große Schwierigkeiten auf das Rudel zu kommen.

Er beschloss Clay darauf anzusetzen. Clay und Nick waren die besten Freunde seid sie Welpen gewesen waren. Wenn Nick sich jemandem anvertrauen würde, dann Clay.

 

Als das Mahl beendet war, erhoben sich alle und wendeten sich ihren Aufgaben im Rudel zu.

Jeremy bat Clay noch kurz mit in sein Zimmer zu kommen, sie müssten noch ein paar Dinge besprechen.

 

 

 

 

 

 

 

Geheimnisse


Clay runzelte die Stirn.

Er folgte seinem Vater in dessen Räume und setze sich in einer den alten Sessel.

„Was gibt’s? Wir haben doch eigentlich alles geklärt.“ Jeremy schloss die Tür und lehnte sich an seinen Schreibtisch. Einen Moment überlegte er wie er beginnen sollte. Es war ein heikles Thema und Nick war eigentlich kein Troublemaker.


Er rieb sich das Kinn und begann: „Hast du bemerkt, dass mit Nick etwas nicht stimmt?“

Clay atmete scharf ein. „Ich werde ihn nicht aushorchen!“ Jeremy hob beschwichtigend die Hände. „Das sollst du ja auch gar nicht. Ich traue Nick zu, dass er sich unseren Regeln nicht wiedersetzt. Ich mache mir nur Sorgen um ihn. Da stimmt was nicht. Die Verletzung, sein Zögern. Ich fürchte er hat Probleme. Versuch heraus zu bekommen, ob er Hilfe braucht. Du endscheidest selbst ob es ein Thema für das Rudel ist, oder ob es wirklich nichts ist. Ich vertraue euch.“


Seufzend ging Clay hinaus. Er hatte auch bemerkt, dass sein bester Freund anders war als sonst. Aber er hatte es für sich erklärt, dass Nick sich mit den Aufgaben Antonios vertraut machen musste und das für ihn sehr schmerzlich sein würde. Er hoffte, dass er damit recht behalten würde, denn sein Bauch sagte ihm, dass die Alternative schreckliche Folgen haben könnte.



Er fand Nick auf der Veranda sitzen und in den Wald starren, der auf dem Gelände von Stonehaven wuchs. Nach einer Sekunde des Zögerns trat er neben ihn und setze sich.

„Lange her…“ sagte Clay. Nick sah ihn an. „Was ist lange her?“ fragte er.

Clay legte ihm den Arm um die Schulter und zog ihn zu sich ran. „Das die Familie zusammen war. Du hast mir gefehlt!“ „Ja. Ihr mir auch.“ Sagte Nick leise und Clay konnte eine große Wehmut in diesem kurzen Satz erahnen, die ihn erschauern ließ.

Er stand auf und reichte Nick die Hand. „Komm, lass uns etwas laufen.“ Nick verzog das Gesicht. „Haben wir doch eben erst.“ „Komm schon. Nur laufen. Nicht rennen. Ich glaub wir zwei brauchen etwas Kontakt zum Tier in uns!“



Nick schlug ein und ließ sich hochziehen. Die beiden liefen nebeneinander in den lichten Wald. Schon nach wenigen Metern hatte die Natur sie verschluckt. Sie liefen querfeldein, ohne Ziel. Clay lief vorweg und Nick folgte, wie schon in Kindertagen. Auf einer Lichtung stoppte Clay und wartete auf den etwas zurückgefallenen Nick.


Als dieser ankam, hielt er sich leicht die Seite mit der Verletzung. „Ok,“ Sagte Clay und packte Nick bei den Schultern. „Spuck es aus. Wir alle haben bemerkt das du nicht ganz du bist. Wir sind Freunde. Brüder. Warum vertraust du mir nicht?“ Nick sah zu Boden. „Ich will dich nicht in etwas hineinziehen, was dich in Konflikt mit dem Rudel bringt.“


Clay sah ihn entsetzt an. „Also doch… Jeremy hat so etwas vermutet.“ Nick brauste auf: „Also horchst du mich aus?“ „Nein! Jeremy macht sich nur Sorgen um dich. Genau wie ich. Er hat mich gebeten dir zur Seite zu stehen. Er vertraut dir. Genau wie ich. Sprich mit mir Bruder. Was liegt dir auf der Seele?“  

Nick ging zwei, drei Schritte in den Wald. Er blickte in die Ferne und suchte nach Worten. Dann wandte er sich abrupt um und blickte Clay direkt in die Augen. „Ich habe einen Sohn!“


Regeln


„Du hast WAS?“ spuckte Clay entsetzt aus. Nick stemmte die Hände in die Hüften. Sein Blick war trotzig und wild. „Einen Sohn. Zwei Monate alt. Wir haben ihn Antonio genannt. Nach meinem Vater!“ Herausfordernd wartete Nick Clays Reaktion ab.

Clay wandte sich ab, dann fuhr er sich mit der Rechten durch das lange, blonde Haar und atmete tief ein. „Puh! Ein Sohn… Ausgerechnet DU!“ Dann verdüsterte sich sein Blick… „Bist du wahnsinnig??? Die Hexe???“ Nick winkte ab. „Ich habe Paige seit damals nicht mehr wiedergesehen. Sie ist nicht die Mutter.“ Clay wirkte sichtlich erleichtert.

„Das ist gut. Der Hexe das Kind weg zu nehmen würde schwer werden. Also hast du bei einer kleinen Stewardess nicht genug aufgepasst?“ Nick wirkte verzweifelt. Clay tastete weiter: „Komm schon, du könntest Casanova den Rang ablaufen, du versäumst doch nicht Vorsichtsmaßnahmen zu treffen?“

Nick resignierte. Es war an der Zeit Clay die volle Wahrheit zu erzählen. Er würde sich zuerst Clays Urteil stellen und wenn es sein musste auch Jeremy. Er brauchte sein Rudel. Jetzt mehr denn je.

„Ihr Name ist Lhucia. Sie ist was Besonderes.“ „Das muss sie wohl sein, wenn Nick Sorrentino ein Kind mit ihr haben will.“ Nick zuckte die Schultern. „Es war nicht unbedingt so, dass ich es gewollt hab. Ich wollte eigentlich nur Paige vergessen. Ich bin rumgezogen und hab viel gefeiert. Du kennst mich ja. Irgendwann bin ich in New York in einem kleinen Club gelandet. Ich hatte zwei wunderschöne Schwedinnen bei mir und den Kopf voll Koks und Alkohol.

Ich war drauf und dran die beiden Mädels in unserem Separee zu vernaschen, als auf der Clubbühne ein Liveprogramm begann. Diese Stimme, Clay… ich war sofort nüchtern. Es war wie Magie. Ich habe den Mädels eine Flasche Champagner spendiert und mich entschuldigt. Sie waren etwas enttäuscht, aber ich glaube nicht, dass sie lange allein blieben. Ich konnte mich auf nichts Anderes mehr konzentrieren als auf die Stimme. Es war als ob sie sich in mein Herz gebohrt hätte. Dabei war das Mädchen auf der Bühne eher unauffällig. Auf der Straße hätte ich sie sicher nicht bemerkt…“ Clay runzelte die Stirn. „Wieder eine Hexe?“ „Dachte ich auch erst, aber nein. Sie ist nicht direkt eine Hexe.“ „Nicht direkt?“ Nick hob abwehrend die Hand. „Lass mich zu Ende erzählen. Also ich habe dagesessen und zugehört. Irgendwann haben sich unsere Blicke getroffen und es war um mich geschehen. Ich wollte sie nur noch beschützen. Es war als würde ihre Seele direkt zu meiner sprechen. Sie war so verletzlich, so süß.“ Nicks Augen leuchteten auf.

Clay dachte darüber nach, ob er jemals Nick so verliebt gesehen hatte. Er war nie ein Kind von Traurigkeit gewesen, aber außer der Hexe Paige konnte nie eine Frau sein Herz berühren. Und für diese Lhucia riskierte er sein Rudel zu verärgern. Nick erzählte weiter mit leuchtenden Augen und in glühenden Worten, wie er auf Sie nach dem Auftritt gewartet hatte, wie sie sich näher kennen gelernt und sich verliebt hatten. Für einen Moment waren sie nur zwei Freunde, die einander an ihrem Glück teilhaben ließen. Clay freute sich, für Nick und wünschte ihm alles Glück dieser Welt. Doch dann kam Nicks Geschichte zum Kernpunkt und sie waren wieder in ihrer Werwolf-Welt angekommen.

„Zwei Monate haben wir zusammengelebt, als Sie mich direkt konfrontiert hat. Sie wüsste was ich bin, sie würde unsere Regeln kennen, aber sie könnte ohne mich nicht leben. Ich bräuchte mir wegen ihr keine Gedanken machen. Sie trüge ebenfalls ein Geheimnis, dass uns verbinden würde. Um die Wahrheit die Ehre geben waren es zwei Geheimnisse. Zunächst offenbarte sie mir, dass es noch viel mehr übernatürliche Wesen gibt als bloß Werwölfe und Hexen. Sie sagte es sei nicht an ihr deren Geheimnisse zu enthüllen, aber für ihre eigenen Leute könnte sie das Entscheiden. Lhucia ist eine Xana. Wassergeister, die den Geist mit ihrem Gesang verwirren können. Meerjungfrauen, wenn du so willst.“ Er grinste verschmitzt.

„Ach ja und sie bekommen wahnsinnig schnell Kinder…. Als Lhucia mir an dem Abend sagte sie sei Schwanger, offenbarte sie mir, dass wir schon in 4 Monaten zu dritt wären. Erst dachte ich Puh… nicht von dir, aber sie las meine Gedanken und nahm mir die Illusion. Es wäre mein Kind und es würde ein Sohn werden. Die nächsten vier Monate verbrachten wir mit der Planung und Einrichtung unseres Familiensitzes. Ja, du hörst richtig… ich habe das Loft vermietet und wir haben uns ein Haus gekauft. Es sollte alles möglichst perfekt für den Jungen sein. Wir wollten Euch auch informieren, sobald Antonio geboren war. Es sollte alles nach den Regeln laufen. Naja fast alles.“ Clay horchte auf. „Fast?“ Nick legte ihm die Hand auf den Arm. „Beruhige dich. Ich hätte Tonio nicht ohne das Rudel aufgezogen. Aber weil seine Mutter kein Mensch, sondern Magisch ist, hätte ich sie nicht außen vorlassen können. Der Junge trägt auch ihr Erbe in sich. Ich wollte eine Lösung mit Jeremy finden, mit der wir alle leben können. Lhucia ist schließlich kein Mensch. Unsere Regeln wurde gemacht ohne andere Arten zu berücksichtigen, weil wir nicht wussten, dass es sie gibt…. und es gibt unendlich viele Supras, wie die Gemeinschaft sich wohl selbst nennt. Wenn man hört, wie die untereinander arbeiten, Krieg führen, fusionieren, ist es ein wunder, dass wir Werwölfe bisher von ihrer Existenz nichts mitbekommen haben.“

„Ok, soweit kann ich folgen, aber… Was ist mit der Verletzung und die Geheimniskrämerei…?“ fragte Clay. Er konnte nicht begreifen, warum Nick nicht zu Jeremy gekommen war. Jeremy war kein Despot, mit dem man nicht sprechen konnte. Das Auftauchen der Hexen hatte die Welt der Werwölfe geöffnet und Jeremys Sicht auf die alten Werte etwas geändert.

Nicks Gesicht verdüsterte sich. „Das lag nicht wirklich an mir. Als der Kleine geboren war, haben wir in unserem Haus die Reise nach Stonehaven vorbereitet. Wir haben Nächte lang gesprochen und uns Argumente für die Diskussion mit dem Rudel überlegt. Dann kam eine Cousine von Lhucia zu Besuch. Ihre Familie ist wie unsere sehr eng miteinander verbunden, vielleicht sogar noch mehr. Sie hatten die Geburt gespürt und eine Abgesandte geschickt, der ein Ritual für den Kleinen ausführen sollte. Irgendwas über Schutz und willkommen in der Familie. Ich versteh es noch nicht ganz, aber es fühlte sich gut an. Mitten in das Ritual platze dann ein Kerl herein, der Lhucias Cousine mit einem Schwert geköpft hat. Es passierte so schnell, ich konnte ihn nicht aufhalten. Dann griff er Lhucia an, aber das konnte ich verhindern. Lhucia nahm den Kleinen und lief in das Schlafzimmer, während ich kämpfte. Der Typ war stark, so eine Kraft habe ich noch nie gespürt. Ich schaffte es irgendwie den Kerl zu Boden zu ringen und hatte ihn fast besiegt, da verschwand er plötzlich ins Nichts. Ich Hatte sein Schwert in der Hand und versuchte meinen Gedanken zu ordnen, als ich Lhucia aus dem Schlafzimmer schreien hörte.“

Ich rannte ins Schlafzimmer und sah gerade noch wie der Typ Lhucia zu Boden stieß und mit Tonio verschwand. Die Beiden waren einfach weg.“ Clay atmete scharf ein. „Ich hasse Magie!“ Nick nickte zustimmend. „Wie lange ist das jetzt her?“ fragte Clay. „Drei Tage. Wir haben versucht Tonio aufzuspüren, aber bisher ohne Erfolg. Lhucia ist jetzt in New York bei ihrer Familie. Sie warten auf ihren Rat, den Lhucia um Hilfe gebeten hatte. Mich hat sie hergeschickt, weil ich Jeremys Ruf nicht ignorieren sollte und weil sie sicher ist, dass das Rudel uns nicht im Stich lassen würde. Wir brauchen Euch!“

Clay zog Nick an sich. „Wir holen den Kleinen zurück. Los lass uns zurückgehen. Jeremy und die anderen sollten nicht länger warten müssen.“

 


Familie

Jeremy saß an seinem wuchtigen Schreibtisch und blickte grübelnd ins Leere. Nicks Geschichte hatte ihn genauso erschüttert, wie das erste Auftauchen der Hexen. Die klare Aufteilung in Werwolf und Mensch verschwand immer mehr. Er würde sich mit den anderen Alphas beraten müssen, wie man der neuen Situation entgegensehen würde. Allerdings nicht sofort. Jetzt war erstmal wichtig Nicks Sohn wieder zu bekommen. Nicks Sohn! Er konnte es noch immer nicht glauben. Antonio hatte zum Schluss also doch einen Enkel bekommen. „Schade alter Freund, dass du es nicht mehr erleben konntest. Aber ich schwöre dir, für deinen Enkel an deiner statt da zu sein.“ Der Gedanke an seinen alten Freund, den sie auf so widerwärtige Art verloren hatten, schmerzte. Umso erleichterter war er, dass Nick nicht gegen, sondern wie immer fest zum Rudel und Jeremy stand.

Der Rest des Rudels saß mit Nick zusammen im Wohnzimmer und wartete auf Jeremys Entscheidung. Es war still. Erstickend still, doch keiner traute sich das Schweigen zu brechen. Die Situation war zu heikel. Einerseits hatte Nick dem Rudel etwas so Wichtiges wie die Geburt seines Sohnes verschwiegen, andererseits war dies nicht aus Böswilligkeit geschehen und nur durch widrige Umstände auch nicht wie beabsichtigt aufgelöst worden. Dann hatte Nick die Existenz der Art der Werwölfe offenbart, aber nur gegenüber einem Wesen, das selbst im Geheimen lebte und zudem noch schon wusste, dass es Werwölfe gab. Wie würde Jeremy reagieren? Würde er verständnisvoll sein oder würde er Nick bestrafen? Lhucias Schicksal wäre in dem Fall der Tod.

Die Tür zum Arbeitszimmer öffnete sich und Jeremy kam ins Wohnzimmer. Nick sprang vom Sofa auf und erwartete sein Urteil. Jeremy ging in die Mitte des Raums. Er stand nun direkt vor Nick und sah ihm tief und unergründlich in die herzzerreißenden braunen Augen. Dann legte er seine Hände auf Nicks muskulöse Oberarme und drückte ihn freundschaftlich. „Antonio wäre stolz auf dich und das bin ich auch. Du hast für deine Familie getan was das Beste ist, und doch hast du das Rudel nicht hintergangen. Ein Drahtseilakt, den nicht viele Wölfe hinbekommen.“

„Ich hatte einen guten Lehrer.“ Alle wussten inzwischen von Antonio und seiner Verbindung zu Nicks Mutter und dass er sich über die Regeln hinweggesetzt hat und Nicks Mutter regelmäßig Bilder von Nick geschickt hatte. Sie hatten keinen physischen Kontakt, aber sie hatte Teil am Leben ihres Sohnes und hat seine Geheimnisse gehütet. Es funktionierte.

„Lasst uns besprechen, wie wir Antonio zurückbekommen. Was weißt du Nick?“ sagte Jeremy und sie setzen sich.

„Lhucia könnte das besser erklären, für mich ist das alles noch sehr wild. Laut Lhucia ist der Angreifer ein Abeo-Halbdämon. Ein Teleporter. Die Dämonen suchen wohl nach den Xanas, weil sie sehr selten sind. Ein Baby muss extrem wertvoll sein. Ob sie wissen, dass er ein Werwolf ist, wissen wir nicht. Vielleicht hat es den Wert für sie auch noch mehr gesteigert. Lhucia ist zurzeit bei ihren Leuten und versucht mit dem Rat der Xanas Kontakt zubekommen um Hinweise zu finden, wer unseren Kleinen hat und wo er hingebracht wurde. Sobald sie kann, will sie herkommen. Dazu bittet Sie dich als Alpha um deine Erlaubnis, Jeremy. Sie würde unser Gebiet nicht ohne deine Zustimmung betreten.“ Jeremy überlegte nicht lange: „Richte ihr aus, sie ist willkommen. Wir erwarten ihre Ankunft und stehen Euch zur Seite. Sie kann sich auf das komplette Rudel verlassen. Was habt ihr bisher unternommen?“

Nick rieb sich das Kinn: „Nicht viel außer kopflos ein paar Dämonen aufs Dach zu steigen. Das gute alte Türeinschlagen und Bedrohen… Werwolf-Manier, aber mit wenig Erfolg. Entweder die Kerle wussten nichts oder sie hatten mehr Angst vor den Entführern als vor mir. Lhucia hat eine Liste gemacht, welche Halb-Dämonen wir besucht haben, und mit wem sie in Beziehung stehen.“ „Habt ihr die Hexen gefragt?“ fragte Elena. „Paige wird dir sicher helfen und ich habe das Gefühl, dass die Hexen weit mehr wissen, als sie uns bisher eröffnet haben!“

Jeremy nickte zustimmend: „Ja, das sollten wir tun. Ich werde Paige anrufen und herbitten. Wir sollten uns kundig machen, was uns erwartet bevor Lhucia hier ankommt. Ich möchte nicht ganz so unwissend sein.“

Nick zögerte. „Jer, lässt du mich Paige bitte anrufen? Ich habe seit damals nicht mit ihr gesprochen und ich habe das Gefühl, ich müsste ihr selbst von Lhucia und meinem Sohn erzählen.“ Man sah Jeremy an, dass er es Nick eigentlich lieber verwehrt hätte. Der Kontakt von einem Alpha zum anderen lief normal nicht über Untergebene, aber Paige war kein Alpha in dem Sinne und Ihre frühere Beziehung zu Nick könnte in diesem Fall Schwierigkeiten bedeuten. Vielleicht wäre es wirklich besser, Nick vorzulassen. Außerdem kannte er die Wirkung des Jungen auf die Damen. Und Paige war ihm damals total verfallen. „Ja,“ stimmte er zu. „Du hast recht. Ruf du sie an und auch Lhucia, wann sie hier sein kann. Wir müssen uns beeilen. Ich will den kleinen nicht länger als unbedingt nötig in den Händen der Fremden wissen. Kein Mitglied des Rudels wird zum Spielball irgendwelcher Dämonen.“

Das Rudel trennte sich und ging zunächst den gewohnten Aufgaben im Haus nach. Noch gab es nichts Anderes für sie zu tun, also erledigten sie ihren Alltag um bereit zu sein, wenn die Zeit zum Handeln käme.

Clay und Elena gingen in den Keller um im Archiv die letzten Daten zu den Mutt-Bewegungen einzutragen. Als sie allein waren, fanden sie jedoch kein anders Thema als Nicks Enthüllungen. „Kannst du das fassen?“ fragte Elena. „Nick und Vater?“ Clay lachte auf. „Nein, nicht wirklich. Zumindest nicht als treusorgender Familienvater… Ich hatte immer die Befürchtung, dass er einen Haufen Junge zeugt ohne es zu wissen, obwohl er dafür einfach zu akribisch und vorsichtig ist. Aber, dass ihn mal eine Frau an sich bindet und bewusst mit ihm ein Kind zeugt… unvorstellbar.“

Elena knuffte ihn in die Seite. „So schlimm ist er auch wieder nicht. Ich glaube er gäbe einen sehr guten Vater ab. Immerhin hatte er ein Tolles Vorbild.“ Clay nickte. Die Erinnerung an Antonios Tod war noch frisch und sie schmerzte beide. Antonio war für das Rudel und vor allem die Jungen ein wertvoller Lehrer gewesen. Der beste Kämpfer des Rudels und ein wacher Geist. Klug in seinen Entscheidungen und immer auf das Wohl des Rudels bedacht. Er hatte sie alle das Kämpfen gelehrt, die Jagd und das Überleben. Und nebenbei war er für Nick der Beste Vater, den man sich wünschen konnte. Liebevoll hatte er Nicks Eskapaden geduldet und all seine Geschäftspleiten finanziert. Geld hatten die Sorrentinos genug. Selbst nach dem Tod seines Vaters, würde Nick niemals Geldsorgen haben müssen. Auch wenn er nun zwingend Geschäftssinn entwickeln musste, würde er niemals so viel Verlust machen können um das Familienimperium ernsthaft in Gefahr zu bringen. Der kleine Antonio hatte Glück. Nick würde für ihn da sein und sein Großvater hatte seine Zukunft gesichert. Ein Sorrentino zu sein, hatte wirklich Vorteile. Auch als Danvers brauchte man sich keine Zukunftssorgen zu machen, aber an den Reichtum der Sorrentinos kam nichts heran.

„Ich bin gespannt auf Lhucia. Was ist das für eine Frau, die einen Casanova wie Nicholas Sorrentino zähmt und ihm einen Halfter anlegt?“ sinnierte Elena. Clay antwortete darauf eher nüchtern: „Der Gedanke daran ist mir irgendwie unheimlich. So wie er das geschildert hat, könnte e auch einfach nur ein Zauber sein. Vielleicht hat sie ihn nur unterworfen?“ Elena runzelte die Stirn.

„Das ist nicht dein Ernst oder?“ erklang Nicks Stimme von der Tür. „Nick!“ rief Elena. „Natürlich nicht. Clay macht sich nur Sorgen. Ist doch so, Clay?“ „Natürlich. Verzeih mir, das war dummes Zeug.“ erwiderte Clay. „Komm und setz dich Bruder. Wie können wir dir helfen?“

Nick setze sich und atmete tief durch. „Ich brauche eure Hilfe... Speziell deine Elena… Ich habe zugegebener Maßen etwas Angst davor Paige anzurufen…“ Clay lachte, doch Elena verstand was Nick meinte. „Das letzte Mal als wir uns gesehen haben habe ich ihr mehr oder weniger eine kleine Szene gemacht, weil sie nach Portland zu ihrem neuen Freund gezogen ist. Ohne mir etwas zu sagen. Ich meine, ich hatte keinen Anspruch auf sie, aber wir waren ja doch irgendwie zusammen. Eine Weile… Ich glaub ich war etwas gekränkt. Und nun bitte ich sie so ohne Weiteres um Hilfe für meinen Sohn. Ich habe keine Ahnung wie ich beginnen soll.“
Elena überlegte einen Moment. Sie hatte selbst wenig Erfahrung im Zwischenmenschlichen. Wieso erwarteten alle immer, dass sie für Mädchenkram eine Lösung hatte? Überaschenderweise war es Clay, der antwortete.

„Fang mit der Bitte um Hilfe an. Sie mag dich, sie wird dir nicht absagen.“ Elena und Nick starrten Clay überrascht an.

„Das war wirklich hilfreich!“ stutze Nick. „Danke!“

 

Überwindung



Nick atmete tief durch. Mit Herzklopfen sah er sein Handy an und sammelte Mut, seine Exfreundin anzurufen. Es klingelte ein, zwei Mal dann erklang Paiges Stimme. „Nick, lange nichts gehört. Was kann ich für dich tun?“ Sie wirkte fröhlich, Nicks Nervosität sank sofort. Er atmete tief ein und antwortete: „Ich könnte sagen, dass ich deine Stimme vermisst hätte, aber das wäre nicht ganz aufrichtig. Wir brauchen dich in Stonehaven. Ich brauche dich!“ Am anderen Ende der Leitung herrschte einen Moment Stille. Nick konnte sich vorstellen, was gerade in Paige vor sich ging. Dann antwortete sie: „Ich habe hier einiges um die Ohren, ich hoffe es geht um etwas wirklich Wichtiges. Ich kann nicht meinen Zirkel im Chaos verlassen um einem von euch ein Wehwehchen wegzumachen.“

„Ein Werwolf-Baby wurde entführt. Wahrscheinlich von Halbdämonen. Es ist halb Xana.“ Sagte Nick. Das hatte gesessen. Man konnte Paige am anderen Ende der Leitung stutzen hören. „Woher wisst ihr von den Halbdämonen? Und wieso ist das Baby halb Xana?“ Nick war nicht ganz wohl dabei, dass er sie so köderte, aber hier ging es um seinen Sohn. Alles andere war ihm jetzt unwichtig. „Kommst du? Dann können wir alles in Ruhe besprechen?“ fragte er vorsichtig.

„Natürlich. Ich glaube ihr steckt in größeren Schwierigkeiten, als ihr euch denken könnt. Allerdings komme ich nicht allein…“ tastete sie sich vor. „Ich weiß nicht ob Jeremy das zulassen wird.“ Erwiderte Nick nachdenklich. Paige prustete verärgert: „Jeremy… Ja ich weiß, er hat bei euch das Sagen. Ich werde also erstmal allein kommen und mit ihm reden. Wenn er sein Baby wiederhaben will, wird er schon darauf eingehen müssen.“ „Mein Baby…“ flüsterte Nick. „WAAAS???“ entfuhr es Paige.

Nick wappnete sich, holte tief Luft und wiederholte dann fest: „Es ist mein Baby. Mein Sohn Antonio.“ Einen Moment herrschte Stille am anderen Ende, dann antwortete Paige: „Ich komme. Ich brauche nicht lange, zwei drei Stunden vielleicht. Mach dir keine Sorgen!“ Dankbar schloss Nick die Augen und richtete ein Stoßgebet in den Himmel. Was immer er erwartet hatte, diese Reaktion, war besser, als er sich erhofft hatte. „Danke Paige. Ich weiß das zu schätzen.“ Sagte er und sie beendeten das Gespräch.

Danach ging Nick zu Jeremy ins Arbeitszimmer und informierte ihn, dass Paige sich auf dem Weg machen würde und dass gegebene Falls mehrere weitere Hexen in Stonehaven eintreffen würden. Dieser Aspekt gefiel Jeremy ganz und gar nicht, aber er wollte abwarten bis Paige da war und mit ihr darüber reden. Er schätzte die Hexe mittlerweile sehr und vertraute ihr bis zu einem gewissen Punkt. Als Anführerin ihrer Gruppe war sie ihm in gewisser Weise gleichgestellt und als Zivilisierte Wesen würden sie einen Weg finden die beiderseitigen Interessen zu wahren. Zumal die Wölfe auf die Hilfe der Hexen angewiesen waren.

Paige erreichte Stonehaven am Abend. Nick und Jeremy empfingen Sie allein, um in Ruhe die Sachlage zu klären. Clay und Elena würden später zur Beratung dazu stoßen. Jeremy ging auf Paige zu und drückte sie kurz an seine Brust. „Danke, dass du sofort gekommen bist. Wir haben nicht wirklich Ahnung, womit wir es zu tun haben.“

Paige hielt seine Oberarme fest und sah ihm tief in die Augen. „Danke, dass du mir vertraust. Ich hoffe wir können das Kind zusammen zurückholen. Wenn alles zutrifft, was Nick am Telefon erzählt hat, dann haben wir wirklich Probleme.“ Jeremy runzelte besorgt die Stirn. Er hatte im Stillen gehofft, dass Paige ihn etwas beruhigen könnte.

Sie gingen ins Arbeitszimmer und Jeremy bat Nick die Begebenheiten seid Tonios Geburt zu schildern. Nick konzentrierte sich und erzählte langsam und detailreich was sich zugetragen hatte. Er hoffte kein kleines Detail zu vergessen, dass Paige helfen konnte, Tonios Kidnapper zu identifizieren. Paige hörte aufmerksam zu und unterbrach nicht einmal. Sie zeigte auch keine größere Reaktion auf Nicks neuen Beziehungsstatus.

Als Nick fertig war mit seinen Schilderungen, saß Paige eine Weile nur schweigend da und dachte nach. Man konnte ihr ansehen, dass es in ihr arbeitete. Jeremy wurde langsam ungeduldig, sagte aber nichts. Er hasste es, nicht Herr der Lage zu sein. Aber er wusste auch, dass er in diesem Fall nun mal nicht in der Position war den Vorgang zu beschleunigen. Auch schätzte er Paige nicht so ein, dass sie unnötig verzögert, auch nicht, falls ihr Nicks neue Liebe nicht gefallen sollte.

Plötzlich stand Paige auf und begann nachdenklich auf und ab zu laufen. „Ein Xana-Baby wäre eine Sensation. Unglaublich wertvoll…Sie können Menschen beeinflussen und sind sehr friedfertig. Sie wurden in der Vergangenheit immer wieder von Kriminellen für deren Geschäfte missbraucht. Seit 50 Jahren hat niemand mehr eine Xana gesehen. Sie sind irgendwann einfach verschwunden. Man dachte sie wären ausgestorben. Ein herber Verlust für die Magische Welt. Sie sind wie Einhörner… reine Wesen. Die Hexen haben immer versucht sie zu schützen, aber auch unter uns gab es jene, die die Xana für ihre Ziele einsetzen wollten, das hat die Xana vertrieben. Ich hätte nie damit gerechnet mal ihre Rückkehr zu erleben.“ Ihre Augen leuchteten vor Aufregung.

„Wer könnte Interesse an dem Baby haben?“ fragte Jeremy. Paige sah ihn an und überlegte etwas. „Das ist schwierig zu sagen. Im Grunde jeder, der nach Macht strebt. Natürlich sind da einige Arten von Supras spezieller als andere, aber es kommt auch noch auf das individuelle Wesen an. Es gibt Dämonen die direkt aus der Hölle kommen, die aber vom Wesen total freundlich sind. Andere stammen von Engeln ab und sind abgrundtief schlecht. Fraglich ist auch das Motiv des Entführers. Hat er Antonio für sich selbst geraubt oder will er ihn verkaufen. Beides sehr lukrativ.“ Nick atmete scharf ein. Paige sah ihn entschuldigend an. „Nick, entschuldige, aber so sieht die Lage aus. Du kannst zumindest sicher sein, dass der Kleine lebt. Tot ist er nichts wert. Sie werden sehr gut für ihn sorgen.“

„Das ist ungeheuer tröstlich.“ Knurrte Nick. Jeremy legte ihm seine Hand auf die Schulter um ihn zu beruhigen. „Ich bin sicher, dass Paige dich nur beruhigen wollte. Siewollte deinen Schmerz sicher nicht herunterspielen.“ Nick sah schuldbewusst zu Boden. „Du hast recht. Entschuldige Paige. Ich bin für deine Hilfe dankbar. Ich fühle mich nur so hilflos. Das macht mich fertig. Noch dazu bin ich unruhig, weil Lhucia noch nichthier ist. Sie ist zwar auf dem Weg, aber ich habe Angst, dass man ihr auflauert.“ Paige drückte Nick und flüsterte ihm ins Ohr: „Sie ist sicher bald da. Wenn du willst kann ich einen Schutzzuber sprechen, aber dafür brauche ich etwas von ihr.“ Nick sah sie dankbar an. „Ich hoffe das wird nicht nötig sein. Ich weiß nicht was Lhucia davon halten würde.“ Paige nickte, dann fuhr sie fort mit ihren Überlegungen. „Ich werde meine Kontakte im Rat anrufen, sie sollen sich umhören, ob jemand eine Auktion startet oder ob jemand mit größeren Ambitionen aufgefallen ist. Die Sache ist zu groß, als dass einer sie allein durchgezogen hat. Es muss Spuren geben.“

„Gut, tu das. Wir werden auf Lhucia warten und dann schnellst möglich wieder zusammenkommen und einen Schlachtplan aufstellen“ sagte Jeremy und löste damit die Rund auf. Nick brachte Paige zu ihrem Auto, er war sehr verlegen, als sie alleine im Hof standen um sich zu verabschieden. „Wie geht es dir Nick?“ fragte sie. Es war klar, dass es keine einfache Frage nach seinem Befinden war. Nick sah ihr in die tiefgründigen braunen Augen. „Ich habe eine Scheißangst. So hilflos habe ich mich noch nie gefühlt. Bisher war ich immer in der Lage jeder Situation zu meistern… Es war so ein wunderbares Gefühl meinen Sohn zu halten und dann von einer Sekunde zum anderen ist er fort. Und meine ganze Welt steht Kopf…“ Paige zog ihn an sich und legte ihm die Hand auf den Hinterkopf um ihn an ihre Schulter zu legen. „Alles wird wieder gut. Zusammen sind wir noch jeder Situation Herr geworden. Wir stehen auch das durch und holen den kleinen zurück. Du wirst sehen.“ Ihre leise Stimme beruhigte ihn und lies seinen Kopf leichter werden. Nick ahnte, dass es ein Zauber war, doch das war ihm im Moment egal. Er brauchte einen Moment der Ruhe, ein wenig Zuversicht und Erholung um wieder klar denken zu können.

Paige küsste ihn sachte auf die Wange, ohne die frühere Leidenschaft, pure Freundschaft lag in diesem Kuss. Unschuldig und wohltuend. Nick war so erleichtert, dass damit alles was er befürchtet hatte in Bezug auf Paige geklärt und verschwunden war. Er sah ihr nach, als sie einstieg und langsam die Auffahrt hinunterfuhr. Als ihr Auto außer Sicht war, fühlte er sich leer und sehnte sich nach Lhucia. Wenn sie doch bloß endlich ankommen würde. Doch noch war es nicht so weit. Er ging zurück ins Haus und gesellte sich zu Clay und Elena, die in der Küche dabei waren, das Abendessen vorzubereiten.



Lhucia

 

„Wie lief es?“ fragte Clay. „Wird sie uns helfen?“ Nick setzte sich an den Tisch und nahm sich ein Glas Whiskey. Nach dem ersten Schluck antwortete er: „Ja, selbstverständlich. Sie ist unterwegs um Nachforschungen anzustellen. Wenn alles gut läuft wissen wir sehr bald, wer dahintersteckt.“ „Und dann beenden wir es.“ Sagte Clay, dabei hielt er Nick mit beiden Händen an den Schultern und sah ihm eindringlich in die Augen. Nick lächelte zuversichtlich. „Ja, zusammen bringen wir es zu Ende. Ich hol mir meinen Sohn zurück. Wer immer ihn hat, sollte schon mal sein Testament machen.“ Elena gab Clay und sich selbst auch ein las Whiskey und sie stießen an: „Auf eine erfolgreiche Jagd!“ sagte sie und die beiden Wölfe wiederholten den Trinkspruch.

 

Kurz vor Mitternacht klingelte das Telefon. Nick nahm ab. Sein Herz klopfte bis zum Hals. Wer war am andern Ende der Leitung? Hatte Paige bereits Ergebnisse? Hörte er endlich von Lhucia? Ja. Endlich! Lhucias Stimme erklang aus dem Hörer: „Nick?“ Eine Woge der Erleichterung durchfuhr Nick und er antwortete mit belegter Stimme: „Ja Liebes, ich bin dran. Wann kommst du?“ Sie atmete tief ein. „Ich bin schon da. Ich bin vor einer halben Stunde in Bear Valley angekommen. Ich warte im Diner auf dich.“ „Ich bin gleich da.“ Sagte Nick und legte sofort auf. Er konnte es nicht abwarten, seine Lhucia endlich wieder bei sich zu haben. Die Tage ohne sie waren die Hölle, doch das lag jetzt in der Vergangenheit. Nur eine kurze Fahrt nach Bear Valley lag zwischen ihm und seiner großen Liebe.

Er ging in die Halle und rief nach Jeremy: „Jeremy? Lhucia ist da.“ Innerhalb weniger Sekunden kamen Jeremy, Clay und Elena zusammen. „Wo ist sie?“ fragte Jeremy. „Im Bear Valley Diner. Ich fahr sie abholen.“ Er strahlte über das ganze Gesicht. Elena musste lächeln, so hatte sie Nick noch nie gesehen. Jeremy legte väterlich den Arm um Nick. „Ich freue mich für dich Nick und ich bin gespannt auf deine Lhucia. Nicht nur weil sie ein neues Magisches Wesen ist, viel mehr, weil sie unseren Womanizer praktisch zum braven Mann verwandelt hat. Aber fahr nicht allein. Nimm Clay mit, wer weiß ob ihr jemand gefolgt ist. Wir wollen Sie doch heil herbekommen.“ Nick nickte, stupste Clay in die Seite und eilte zur Haustür. Clay nickte Jeremy zu und folgte Nick zum Parkplatz.

Nick lief zu seinem Sportwagen. „Nick!“ rief Clay. „Wir sollten Jeremys Wagen nehmen!“ Irritiert hielt Nick an und sah zu Clay zurück. „Wieso? Meiner ist viel schneller!“ Clay verstand, was in Nick vorging, aber der hatte in seiner Aufgewühltheit einen entscheidenden Faktor vergessen. „Nicky… du hast einen Sportwagen. Ja der ist sehr viel schneller als der SUV, aber er hat nur 2 Sitze.“ Nick rollte mit den Augen und folgte Clay dann zu Jeremys SUV. Clay stieg auf dem Fahrerplatz ein und startete den Motor. Sobald Nick die Beifahrer geschlossen hatte, gab er Gas. Er wusste, dass sein Freund keine Sekunde länger ohne seine Frau sein wollte und er selbst war auch sehr gespannt. Normal bekam er die Eroberungen Nicks ja nicht so oft zu Gesicht. Und Lhucia war jetzt Familie.

 

In Rekordzeit schafften sie es nach Bear Valley und zum Diner. Sie parkten möglichst nahm am Eingang und stiegen aus. Den Weg zum Eingang sondierten sie die Umgebung und prüfen ob irgendwas ungewöhnlich wäre, doch sie nahmen nur die üblichen Nachtschwärmer des Ortes war.

Und… eine weitere Anwesenheit. Etwas Besonderes. Clay konnte es nicht einordnen. Den Duft hatte er noch nie war genommen. Das musste Lhucia sein, denn es kam aus dem Diner und war definitiv Weiblich. Er sah kurz zu Nick rüber, der lächelte und nickte. Dann gingen sie hinein.

 

Nick ging gleich mit schnellen Schritten auf Lhucia zu und zog sie an sich. „Du hast mir so gefehlt“ flüsterte er ihr ins Ohr. Sie lag an seiner Brust und sog seinen Duft ein. „Du mir auch. Ich will nie wieder so lange von dir getrennt sein.“ Nick nahm Lhucias Kinn in die Hand und zog ihr Gesicht zu sich hoch, bis er ihr direkt in die Augen sah: „Wenn wir unseren Kleinen wiederhaben, werden wir uns auch nie wieder trennen. Wo immer wir hingehen, werden wir das gemeinsam tun.“ Sie barg wieder ihr Gesicht an seiner Brust und umklammerte ihn. Der Gedanke an ihr Kind, irgendwo bei Fremden, das war kaum zu ertragen. Aber hier in seinen Armen fühlte sie sich zuversichtlich. Sie würden ihren Sohn zurückholen… und furchtbar Rache nehmen dachte Lhucia. Zu dem Gedanken schossen ihr grauenhafte Bilder durch den Kopf, in denen Sie den Entführer in Stücke riss und alles im Umkreis in Schutt und Asche legte. Das erschreckte sie etwas, denn sie war eigentlich nicht gewalttätig. „Das muss noch die Verbindung zu Antonio sein“ dachte sie. Sein Werwolf-Anteil hatte ihr auch einige Eigenschaften der Werwölfe übertragen. Es wurde zwar nach der Geburt immer weniger, aber manchmal spürte sie noch den Wolf in sich.

Nick küsste Lhucia und drehte sich dann zu Clay um. „Clay, das ist Lhucia.“ Clay grinste. „Wäre ich nicht draufgekommen!“ dann ging er zu den beiden und reichte der jungen Frau die Hand. „Wäre schön gewesen, dich unter besseren Umständen kennenzulernen. Aber ich bin trotzdem sehr erfreut. Willkommen in der Familie.“ Nick sah Clay verdutzt an. So charmant hatte er ihn sonst nur zu Elena sprechen gehört. Es freute ihn, dass Clay Lhucia direkt in die Familie aufgenommen hatte. Seine Meinung war ihm sehr wichtig. Lhucia nahm Clays Hand lächelnd und antwortete: „Ich habe viel von dir gehört Clay. Nick spricht viel von euch. Ich bin froh euch endlich kennen zu lernen. Auch wenn du mit den Umständen recht hast. In unserer Welt gibt es wohl sonst auch nicht viel günstigere Umstände.“ Clay schmunzelte. „Sie wird Jeremy gefallen,“ sagte er. „Sie ist deutlich zu klug für dich, Bruder!“ Die drei lachten, dann nahm Clay die große Reisetasche, die neben Lhucias Stuhl stand und sie verließen das Diner. Die Fahrt über sprachen sie nicht sehr viel. Clay fuhr und Nick war mit Lhucia hinten eingestiegen. Die beiden hielten sich in den Armen. Hin und wieder warf Clay einen Blick in den Rückspiegel. Es berührte ihn Nick mit Lhucia zu sehen. Nick war nach dem Tod seines Vaters und der Unruhe im Rudel verloren gewesen. So viele Brüder hatten sie in kurzer Zeit verloren und dann noch Paige. Trotz dem Unglück um ihn herum wirkte Nick jetzt glücklich. Dafür war er Lhucia dankbar und er würde tun, was in seiner Macht stand den beiden zu helfen.

 

Sie fuhren vors Haus und stiegen aus dem Auto. An der Tür warteten Jeremy und Elena. Inzwischen waren noch andere Wölfe eingetroffen. „Jeremy hat das Rudel und seine Verbündeten zusammengerufen. Mach dich bereit einen wilden Haufen Testosteron zu treffen.“ Grinste Nick und nahm Lhucias Hand. Sie atmete kurz heftig durch und wappnete sich.

Um zu zeigen, dass sie bereit war, drückte sie Nicks Hand und zusammen gingen sie die Veranda hoch. Oben nahm sie Jeremy lächelnd in Empfang. Er reichte Lhucia die Hand und umfing sie mit seiner zweiten. „Willkommen auf Stonehaven, Lhucia. Und willkommen in unsrer Familie. Komm bitte herein, wir haben einiges zu besprechen.“ Lhucia strahlte Jeremy an. Die Erleichterung über diesen warmen Empfang war ihr deutlich anzusehen. Die Gruppe ging ins Haus und direkt in das “Große Zimmer“. Zu den Danvers und Elena hatten sich noch Joey Stilwell, Zachary Cain und Karl Marsten, sowie Michele und Matteo Sorrentino, Nicks Cousins, gesellt. Jeremy hatte die fünf bereits informiert, als er sie angerufen hatte, dass das Rudel Schwierigkeiten hatte und alle gebraucht würden. Und sie waren sofort nach Stonehaven gekommen. „Wenn Jeremy ruft, dann kommen wir!“ Das Motto des Rudels.

Als alle einen Platz gefunden hatten, begann Jeremy dem Rudel die Situation zu erläutern: „Das hier ist Lhucia, Nicks Partnerin und Mutter des jüngsten Mitglieds unseres Rudels.“ Das schlug ein. Die neu dazu gestoßenen hatten bisher ja noch nichts von Nicks kleiner Familie gehört. Aber alle waren erfreut und gratulierten Nick und Lhucia.  Besonders die beiden Sorrentinos waren begeistert. Sie umarmten nacheinander Lhucia und Nick und wünschten beiden das allerbeste. Doch Jeremy musste die Feierlichkeiten unterbrechen um zum schwierigen Kern der Situation vorzustoßen. „Ja, das ist eine erfreuliche Entwicklung, sicher, aber sie bringt auch dunkle Wolken mit. Sicher fragt ihr euch, warum Lhucia hier ist, obwohl unsre Regeln die Mütter normal fernhalten.“  Zustimmendes Nicken in der Runde. „Lhucia ist…“ begann Jeremy, doch Lhucia legte ihm die Hand auf den Arm. Jeremy sah sie an und lächelte. „Ich weiß, das ist schwierig, aber das ist unsere Familie. Sie müssen alles wissen. Wir haben kein Geheimnis in der Familie. Und gerade jetzt brauchen wir alle Informationen die wir bekommen können. Wenn du möchtest, überlasse ich dir die Eigentliche Erklärung, aber etwas muss ich ihnen sagen.“ Er lächelte sie aufmunternd an und sie verstand, dass es keine Bedingung war, sondern eine Bitte. Lhucia nickte. „Ok, dein Haus, deine Regeln und für Antonio.“ Jeremy nickte und fuhr dann fort. „Wir haben im letzten Jahr erfahren, dass es Hexen gibt. Schockierend genug, aber sie sind nicht die einzigen Übernatürlichen Wesen. Lhucia hier repräsentiert eine weitere Rasse, weswegen sie nicht unter die Regeln für Menschen fallen kann. Das ist eine neue Situation, aber wir werden das bei Zeiten regeln. Wichtiger ist, dass es noch viele andere Rassen gibt und einige sind eher nicht freundlich gesinnt. Vor zwei Wochen kam jemand, von dem wir noch nicht wissen, wer er ist, in Nicks Haus und hat das Baby entführt.“ Die Sorrentinos sprangen entrüstet auf, auch Marsten und Cain sah man an, dass sie geschockt waren. Es war noch nie vorgekommen, dass es irgendwer gewagt hatte, ein Werwolf Baby vom Vater zu stehlen. „Beruhigt euch, wir werden ihn zurückholen, darum seid ihr hier. Wir bündeln unsere Kräfte mit den Hexen, mit Lhucias Familie und allen, die uns noch hilfreich sein könnten. Jetzt tragen wir erstmal Informationen zusammen um die Lage klar zu stellen. Wir müssen den Feind kennen. Paige Winterbourne wird bald wieder zurückkommen und ich hoffe, dass Lhucia auch Informationen hat, die uns weiterhelfen.“ Damit nickte er Lhucia zu und sie wappnete sich.

„Ok, danke Jeremy für die Gelegenheit. Und auch euch allen Danke, dass ihr uns helfen wollt. Es wird nicht einfach. Einfach zu erklären für mich, einfach zu verstehen für euch und noch viel weniger einfach Antonio zurück zu bekommen. Die Leute, mit denen wir es zu tun bekommen sind weit mehr als Menschen, oder auch Werwölfe. Ich weiß, ihr seid unglaublich stark, aber wir werden es mit Dämonen, Schamanen, Hexern und sogar Halbgöttern zu tun bekommen. Und … alles ist meine Schuld. Sie waren hinter mir her. Das sind sie immer. Dass sie mein Kind mitgenommen haben, liegt nur daran, dass es leichter zu kontrollieren sein wird.“  „Was wollen diese… Wesen von dir?“ unterbrach Matteo Sorrentino. Lhucia nickte. „Ja, was wollen die von mir. Es geht dabei nicht so sehr um mich persönlich, als um meine Familie, meine Art. Wir sind Xana. Die Sirenen aus der Odyssee, das sind wir.“  „Meerjungfrauen?“ fragte Karl Marsten. „Nein, nicht ganz jedenfalls. Meerjungfrauen leben ja im Wasser, wir brauchen Land. Xana beeinflussen die menschliche Gefühlswelt mit ihrer Stimme. Ich könnte, wenn ich es wollte, jeden hier dazu bringen sich gut zu fühlen, zu lachen oder zu weinen. Ich könnte euch dazu bringen, mir all euer Geld zu überschreiben oder es kranken Kindern zu geben. Für einige ist das eine Waffe, die sie nur allzu gern in ihren Besitz bringen würden. Daher jagen sie uns seit jeher. Meine Vorfahren wurden oftmals gezwungen bei Geschäftlichen Treffen im Hintergrund dabei zu sein und die eine Partei nach dem Willen der andren zu beeinflussen. Die Medici, die Fugger, Alle hielten sich einen oder mehrere Xana als Sklaven. Viele überlebten diese Gefangenschaft nicht, denn um uns dazu zubringen anderen Schaden zuzufügen, muss an unseren Starken Geist brechen. Wir sind von Natur aus unbedingt friedlich. Wir trachten nicht von selbst nach Bösem. Das hat es in der Geschichte noch nie gegeben. Doch hinter jeder grausamen Epoche verbergen sich versklavte Xana. Das letzte Mal als Xana gezwungen wurden sich am Bösen zu beteiligen, kamen Millionen Juden in Gaskammern.“

„Die Nazis?“ fragte Clay. „Ja,“ nickte Lhucia. „Einige Halbdämonen hatten sich diese kleine Partei ausgesucht um ihre Herrschaft aufzubauen. Mit Hilfe eines ganzen Dorfes von Xana haben sie nach und nach ganze Bevölkerungsstriche unter ihrem Banner vereint. Natürlich mussten nicht alle überzeugt werden, viele sind wohl auch freiwillig beigetreten, aber dass die Massen ihnen gefolgt sind, das waren Xana-Kräfte. Damals starben 300 von unsren Leuten unter dem Zwang. Unser Volk zog sich daraufhin zurück. Verzeiht, wenn ich unser Refugium nicht preisgebe, aber es ist das größte Geheimnis unserer Art und es liegt nicht an mir das zu entscheiden. Einige von uns hielten es aber nicht aus so abgeschieden zu leben.  Wir haben immer wieder das Refugium verlassen und eine Weile in der Menschenwelt gelebt. Mich hat es nach New York gezogen. Ich wollte Sängerin werden und der Broadway war mein großes Ziel. Bei den Rehearsals muss ich dann irgendwen aufmerksam gemacht haben. Ich wurde angegriffen und hab mich versteckt. Leider nicht gut genug. Ich konnte nicht auf die Bühne verzichten und so habe ich ja auch Nick getroffen.“  Nick legte den Arm um sie und zog sie an sich. „Wer immer hinter ihr her war, muss uns verfolgt haben. Wir waren ja immer zusammen und ich vermute, man wollte nicht riskieren Lhucia anzugreifen, solange sie einen Werwolf zum Schutz bei sich hatte.“ Lhucia stimmte zu: „Ja, das meint auch mein Ahn, der Älteste unseres Volkes. Er vermutet, dass sie einen günstigen Moment abgewartet haben und als ich dann Antonio geboren hatte, wussten sie, dass wir verwundbar waren. Werwolf hin oder her. Solange das Kind in Reichweite wäre, würden wir nichts tun um es zu gefährden.“

Jeremy fasste sich ans Kinn. „Das hört sich nicht gut an. Jetzt begreife ich langsam, warum das Baby so wertvoll für sie ist. Das Baby müsste man nicht unbedingt zwingen, man kann es dazu erziehen… Und mit der Aggressivität der Werwolf-Gene könnte das viel leichter fallen. Wir müssen ihn dringend finden. Hatten deine Leute irgendwelche Hinweise?“ Lhucias Blick wurde traurig. „Nein, zu lange habe wir uns aus der Welt herausgehalten. Es gibt natürlich die üblichen Verdächtigen und die Tatsache, dass ein Abeo Antonio geholt hat, deutet auf Dämonen, aber ob es ein Auftrag war, oder ob es bald eine Auktion geben wird, können wir nicht sagen.“

„Dann hoffen wir auf die Hexen. Beten wir, dass deren Kontakte zu anderen Wesen besser sind, als die unseren.  Für heute sollten wir es gut sein lassen und zu Abend essen. Ich bin sicher, du kannst auch einen Happen vertragen und meine Jungs brauchen definitiv was auf die Rippen. Morgen beginnen wir mit allgemeinem Training.“ 

 

 

Spurensuche

 

Lhucia wachte am nächsten Morgen durch Bewegung im Bett auf.  Nick war schon angezogen und krabbelte gerade zu ihr zurück unter die Decke. Verschlafen lächelte sie ihn an. „Guten Morgen. Du warst schon auf?“  Er küsste ihre Nasenspitze. „Ein Weilchen. Das Rudel ist heute Morgen zusammen gerannt. Ich wollte dich nicht wecken. Du hättest eh nur hier gewartet.“ Lhucia richtete sich auf: „Ach ja? Und mehr hätte ich nicht tun können?“ Sie lachte.
„Ich hätte das Frühstück machen können! Das wäre das mindeste um mich zu revangieren.“  Nick kitzelte Sie und sie zog ihn lachend auf sich. „Weißt du was?“ flüsterte sie. „Ich habe, seit ich hier in Stonehaven bin, ein richtig gutes Gefühl. Ich glaube nicht nur, dass wir Antonio zurückbekommen, Ich weiß es! Vielleicht liegt es daran, dass ich wieder bei dir bin, vielleicht ist es Jeremy und das Rudel, dass mir diese Zuversicht gibt. Ich weiß es nicht, aber ich habe keine Angst mehr.“ Nick sah ihr tief in die Augen. „Ich weiß, wie du dich fühlst. Mir geht es genauso. Mit der Familie im Rücken fürchte ich nichts mehr.“ 

Er küsste sie. Zärtlich zu Beginn, doch die Leidenschaft, die ihn beiden brannte wuchs und wuchs. Lhucia begann Nicks T-Shirt auszuziehen und streichelte über seine muskulöse Brust. Sie warf ihn auf den Rücken und setze sich rittlings auf seinen Schoß. Als sie ihre Hand seine Brust hinab gleiten ließ und liebevoll seinen Bauchnabel umkreiste, schloss Nick die Augen und genoss die Berührung. Scharf sog er die Luft ein, als Lhucia ihre Zungenspitze um seine Brustwarzen kreisen ließ.er fuhr durch ihr Haar und zog sie zu sich hoch um sie wieder zu küssen. Er legte die Arme um sie und drückte sie an sich so fest er konnte…

Tock. Tock. Tock… Ausgerechnet in diesem Moment klopfte es an der Tür. Nick und Lhucia erstarrten… seufzend stand Nick auf, griff nach seinem T-Shirt und öffnete die Tür, während Lhucia unter der Bettdecke verschwand. Auf der anderen Seite der Tür stand Clay mit einem leicht anzüglichen Lächeln. „Ich stör doch nicht oder?“ Nick rollte mit den Augen. Musste aber grinsen, denn nur allzu oft hatte er Clay und Elena in der gleichen Lage auf die gleiche Weise genervt. „Was gibt’s denn Clay?“ fragte Lhucia aus dem Hintergrund. Clay drängte sich an Nick vorbei und ließ sich zu Lhucia aufs Bett fallen. Nick machte eine übertrieben genervte Geste und schloss die Tür.

„Ich wollt eigentlich nur unser neuestes Familienmitglied näher kennenlernen. Was ist diene Lieblingsfarbe, deine Lieblingseissorte? Was findest du nur an Nick?“ Nick knuffte Clay in die Seite. Lhucia lachte und schubste beide Männer aus dem Bett. „Husch verschwindet, ich möchte mich anziehen.“ Clay und Nick sahen sich an und antworteten fast gleichzeitig. „Ach das stört hier niemanden. Elena ist auch oft nackt!“

„Hey!! Benehmt euch!“ klang es von der Tür her. Elena stand mit dem Arm voller Wäsche da und lachte. Sie trat in den Raum und jagte Nick und Clay lachend mit einem Fußtritt hinaus. „Gebt der Dame etwas Privatsphäre ihr Rüpel. Und ich bin NICHT oft nackt. Tz.“ Sie schloss hinter den Männern die Tür und setzte sich zu Lhucia. „Wie geht es dir?“ fragte sie. „ist bestimmt schwer für dich, das alles.“  Lhucia legte Elena dankbar ihre Hand auf den Arm. „Danke, lieb das du fragst. Bis gestern hätte ich noch gesagt, dass ich total fertig wäre, dass ich wütend, ängstlich und verzweifelt bin. Bei meiner Familie war das noch so. Dort ist keine Hilfe zu finden. Die meisten haben sich so lange versteckt, dass sie von der Außenwelt nichts mehr wissen. Es war frustrierend. Aber seit ich hier bin. Das habe ich grad auch zu Nick gesagt. Ich bin euch so dankbar. Eure Familie, dieser Zusammenhalt, dieses Bereitsein für den anderen Einzustehen. Ein unbekannter Feind steht vor der Tür und ihr überlegt nicht tagelang ob es sicher wäre die Tür zu öffnen. Ihr macht auf und stellt euch dem Ganzen. Das ist etwas, was mir schon bei Nick allein aufgefallen ist. Von der ersten Sekunde hat er mir da Gefühl gegeben, absolut sicher zu sein.  Vermutlich habe ich daher meine Wachsamkeit etwas schleifen lassen. Mein Armes Baby. Ich hoffe es geht ihm gut.“  

Elena nahm Lhucia in den Arm. „Alles wird gut. Ich bin sicher er wird gut versorgt. Und er wird nicht mehr lange fort sein. Wir werden alles dafür tun, dass er wieder zu dir und Nick zurückkommt.  Und jetzt geh ich schon mal vor. Jeremy hat die Sorrentinos zum Kochen verdonnert und ich habe etwas Angst um unseren Kühlschrank. Diese Italiener kochen immer mehr als gut wäre. Und das will bei einem Werwolf schon was heißen.“

Sie lachten und standen auf. Elena verließ den Raum und Lhucia zog sich an. Ein übles ziehen in der Magengrube quälte Sie. Was sie vorhin gesagt hatte, entsprach nicht ganz der Wahrheit. Ihre Familie konnte ihr nicht „nicht helfen“, sie wollten nicht. Sie waren so sehr auf die Sicherheit des Volkes gesamt bedacht, dass sie diese Sicherheit nicht für ein Halbblut riskieren würden. Wäre es ein reinblütiges Xana, wäre die Situation anders, aber die Chance, dass er die Xana-fähigkeiten erbte waren eben nur fifty-fifty und das rechtfertigte laut Ahnenrat keine Exposition…. Die Worte des Rats stachen ihr immer noch ins Herz. Umso wärmer war das Gefühl hier beim Rudel. DAS war eine Familie. Sicher, Nick hatte von den strengen Regeln erzählt, aber im Endeffekt waren sie doch immer bereit einem der Ihren zur Seite zu stehen. Ein letzter Blick in den Spiegel und zufrieden ging Lhucia dann hinunter in die Küche.

Auf dem Weg dahin traf sie Jeremy, der aus seinem Arbeitszimmer kam. Er lächelte sie an. „Guten Morgen Lhucia. Hast du gut geschlafen?“ Er küsste sie auf die Wange und streichelte väterlich ihren Arm. „Danke ja.“ Zusammen betraten sie die Küche, wo die restliche Familie bereits versammelt auf sie warteten.

Elena hatte nicht übertrieben. Der große Tisch bog sich fast unter der Menge an Speisen. Und fast alles waren Massen an Kalorien. Sie schmunzelte. Nick hatte zu Hause auch immer gut reingehauen, aber wenn sie diese Mengen sah, vermutete sie, dass ihr Schatz bei ihr vor Rücksichtnahme fast verhungert wäre.

Während des Frühstücks plauderten das Rudel über allgemeine Geschehnisse, Neuigkeiten über Freunde, neue Projekte. Lhucia hatte einmal mehr das Gefühl, endlich eine Familie gefunden zu haben. Sie lauschte den Geschichten aus Nicks Kindheit, mit denen Clay und die Sorrentinos aufwarteten und plauderte mit Jeremy über Musik.

Dann klopfte es an der Haustür. Zacchary Cain, der gerade aufgestanden war, um sich noch einen Kaffee zu holen ging zur Tür. Er kam recht schnell zurück, in seiner Begleitung betrat Paige die Küche. Nick wurde etwas nervös, würde seine Ex doch jetzt auf seine Freundin treffen. Doch Jeremy stand sofort auf, ging zu Paige und begrüßte sie.
„Paige, das ging ja schnell. Schön, dass du zurück bist. Setz dich und iss mit uns. Anschließend reden wir.“ Er machte eine einladende Geste auf einen der freien Stühle, Paige lächelte, nickte und setze sich neben Marsten und Matteo Sorrentino, der sie fasziniert ansah. Cain brachte ihr einen Teller, Besteck und Jeremy brachte einen Becher Kaffee.

Dann stellte Jeremy Paige die neuen Gesichter vor: „Paige, Marsten und Cain hast du ja schon kennengelernt, neben dir, dass ist Matteo und Michele Sorrentino, Nicks Cousins aus New Jersey und die junge Dame hier dir gegenüber ist Nicks Verlobte und die Mutter unseres Vermissten Welpen, Lhucia.“ Alle hielten den Atem an, doch Paige reichte Lhucia freundlich lächelnd die Hand und sagte ohne Umschweife: „Freut mich dich kennen zu lernen. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal die Ehre haben würde eine echte Xana zu treffen. Es tut mir leid, was dir und Nick wiederfahren ist, aber ich habe alles in die Wege geleitet um euch bestmöglich zu unterstützen.“ Lhucia lächelte sie an und dankte ihr. Dann fuhren die Gespräche am Tisch fort, als hätte keine Unterbrechung stattgefunden. Matteo Sorrentino setzte seinen ganzen Charme ein um mit Paige ein Gespräch zu beginnen und er war sehr erfolgreich damit, denn die Hexe vertiefte sich voll und ganz in seine Geschichten und Anekdoten über das Leben an der Ostküste und Reisen in die „alte Heimat“. Nick entspannte sich und legte den Arm um Lhucia. Sie griff nach seiner Hand, drückte sie und sah ihm verliebt in die Augen. Wenn man den Rahmen der Versammlung außer Acht lassen würde, war es ein rundum harmonisches Bild.

Nach dem alle ihren Hunger gestillt hatten und die Gespräche langsam abebbten, hon Jeremy die Tafel auf und bat alle in das große Zimmer um zu besprechen, was nun weiter passieren würde. Still folgten alle dem Befehl und versammelten sich dann im Wohnzimmer.

„Also, die Lage ist euch ja nun bekannt. Gibt es irgendwas, von den Xana was uns weiterhelfen würde?“ fragte Jeremy an Lhucia gewandt. Die errötete, weil sie nun eingestehen musste, dass ihr eigenes Volk keine Finger rühren würde um einen der Ihren zu retten. Angesichts des Zusammenhalts im Rudel, fühlte sie sich durch ihr eignes Volk verraten und gedemütigt. Aber für ihren Sohn musste sie Farbe bekennen. Wenn die Xana sich gegen ihren Sohn endschieden, dann würde sie sich gegen die Xana endscheiden. Also sprach sie: „Die Xana werden nicht helfen. Sie haben seid zu langer Zeit keine Verbindung mehr mit der Außenwelt und fürchten alles von außen. Sie empfinden das Leben meines Sohnes als nicht so wertvoll um sich aus der Sicherheit zu wagen. Es tut mir leid, dass ich gestern nicht direkt etwas gesagt habe, aber wir Xana werden zu extremer Vorsicht erzogen und ich hatte schon einmal meine Deckung fallen gelassen, was zu Antonios Entführung führte. Außerdem ist es nicht leicht zuzugeben, dass die eigene Familie nicht hinter einem steht. Vor allem, wenn ich erlebe, wie sehr sich hier jeder auf den anderen verlassen kann.“  Eine Träne rann ihr über die linke Wange und sie lächelte wehmütig in die Runde.

„Dies ist jetzt auch deine Familie. Du und Antonio seid ein Teil des Rudels. Das ist zwar auch für uns eine neue Situation, aber dennoch wird dich jeder von uns bis zum Tod unterstützen.“ Jeremy sah Lhucia fest in die Augen. Sein Blick strahlte Stärke, Entschlossenheit, Rohe Wildheit aber auch unendliche Güte und Fürsorge aus. Lhucia lief ein leichter Schauer über den Rücken. DAS ist also ein Alpha. Bisher war dieser Begriff so abstrakt für sie gewesen, wie Kaiser, König oder Präsident. Einfach ein Name für einen Anführer. Doch Jeremy hatte nicht einfach eine Position inne. Er WAR ein Alpha.  Sie nickte ihm dankbar zu. Dann wandte sich Jeremy an Paige, die interessiert der Szene gefolgt war: „Paige, was hast du rausgefunden? Gibt es irgendeinen Erfolg?“

Paige nickte. „Ja, ich konnte tatsächlich eine ganze Menge in Erfahrung bringen.“ Sie sah Nick und Lhucia an und lächelte zuversichtlich. „Euer Baby wird New Orleans festgehalten. Wo genau wissen wir noch nicht, aber der Zirkel dort sucht mit Hochdruck.“ Dann wandte sie sich wieder an Jeremy: „Ein guter Freund unseres Zirkels hat über Kontakte erfahren, dass ein Konsortium den Auftrag gegeben hat, Lhucia zu fangen. Dieses Konsortium hat nun das Baby. Uns sind 4 der 5 Mitglieder bekannt, die meisten sind Geschäftsmänner ohne Skrupel und wir könne sie gut einschätzen. Ihre Fähigkeiten sind eher im Bereich Business als im Übernatürlichen zu suchen. Der 5. aber ist unbekannt und genau der ist es, um den wir uns Sorgen machen müssen. Er muss derjenige sein, der mit dem Übernatürlichen behaftet ist. Er muss etwas sehr Mächtiges sein, denn die gesamte Übernatürliche Unterwelt ist in heller Aufregung. Die kleinen Ganoven zittern und die mächtigen sind Fuchs Teufels wild bis stark besorgt. Es war leicht an Informationen zu kommen, denn das Konsortium versteckt sich nicht. Das deutet einfach daraufhin, dass sie sich nicht fürchten.“  

Matteo war aufgesprungen, mit wütend funkelnden Augen stieß er hervor: „Dann werden wir dafür sorgen, dass Sie anfangen sich zu fürchten.“ Zustimmend nickten Michele, Cain und Marsten, Clay richtete sich zur vollen Größe auf und Jeremys Augen blitzen gefährlich. Lhucia lief ein Schauer den Rücken hinunter. Diese freundlichen, gutaussehenden Männer, die sie so herzlich aufgenommen haben, wie eine Schwester, zeigten plötzlich die Bestie, die in ihnen wohnte. Auch Elena zeigte in ihren Augen und ihrer Köperhaltung, dass sie etwas ganz Anderes war, als eine zarte kleine Frau. Wehe dem, der sich diesem Rudel in den Weg stellt. Wenn Lhucia bis jetzt noch einen klitzekleinen Zweifel hatte, dann war das nun vorbei. Sie würde ihren Sohn wiedersehen. Und ihre Feinde würden für dass, was sie ihr angetan hatten, bezahlen.

„Was schlägst du vor, wie wir an den 5. Mann herankommen?“ fragte Jeremy Paige. „Ich bin noch nicht sicher, ich würde vorschlagen über einen der 4 Menschen. Die sind sein Schwachpunkt. Und sie sind für uns leicht zu überwinden. Wenn wir es schaffen würden einen von ihnen fort zu locken aus dem Einflussbereich des 5.  Manns, würden wir ihn sicher zum Singen überreden können.“ Jeremy nickte zustimmend. „Ja, das würden wir ganz sicher. Du sagst wir müssen ihn aus dem Einflussbereich herauslocken. Was meinst du genau damit, womit müssen wir rechnen?“

Paige überlegte kurz, wie sie das am besten erklären sollte, dann fuhr sie fort:
„Also, ihr wisst, das ich als Hexe mein Ziel sehen muss. Direkt vor Augen, oder aber vor dem geistigen Auto. Ich kann nichts mit Magie berühren, was ich nicht kenne. Ich kann auch nichts verändern oder manipulieren, dessen Aufenthaltsort ich nicht kenne. Also ich wüsste zwar, wie Clay aussieht, aber wenn er sich an einem Geheimen Ort aufhält, wäre er vor meiner Magie sicher. Das ist ein Gesetz der Magie. Das gilt für alle. Egal ob Schwarze oder Weiße Magie. Linke Hand, rechte Hand… man kann es nicht umgehen. Der Einflussbereich des 5. Mannes beschränkt sich darauf, dass er immer genau weiß, wo die anderen Konsortiums-mitglieder sich aufhalten. Das müssen wir ändern.“ 

Elena überlegte: „Wir könnten einen von ihnen in Mata Hari Manier irgendwie weglocken?“ Clays Unmut stand ihm ins Gesicht geschrieben, aber Jeremy und Paige fanden die Idee nicht ganz so schlecht wie er. „Ja, dass könnte klappen, allerdings müssten wir verhindern, dass der 5. Mann mitbekommt, wohin wir ihn locken. Wenn sie telepathisch verbunden sind, würde er mitbekommen, dass sein Mann vom bekannten Ort verschwindet.“ „Liquid Extacy!“ Ertönte es aus den Tiefend es Raums. Alle wandten sich um. Karl Marsten hatte, die Beine übereinandergeschlagen und die Hände verschränkt auf dem Schoß diesen Vorschlag gemacht. „Schaut nicht so entsetzt, ihr wisst, dass ich mal ein Gauner war.“ Nick verzog zweifelnd das Gesicht. „Na gut, ein Gauner bin.“ Lachte Marsten. „Aber das ist ja jetzt auch nicht das Thema. Aber wenn man eine Person ausschalten will, ohne dass derjenige das mitbekommt, dann sind ein paar Tropfen ins Glas sehr hilfreich.“ Matteo nickte zustimmend. „Das ist wohl das Beste, aber wie kommen wir so schnell daran?“ Marsten rollte mit den Augen „Wir haben doch gerade festgestellt, dass ich ein schlimmer Finger bin… Ich habe was wir brauchen.“ Er hielt eine kleine Ampulle mit einer klaren Flüssigkeit in die Höhe. Als er die teilweise entsetzten Blicke der anderen Sah, zuckte er endschuldigend mit den Schultern und sagte: „Alte Gewohnheiten lassen sich schwer ablegen. Ich habe halt noch Restbestände.“ Jeremy trat auf ihn zu, nahm die Ampulle entgegen und sah Marsten eindringlich an. „Wenn das hier vorbei ist, unterhalten wir uns mal über deine Restbestände.“ Marsten nickte untergeben und errötete leicht.

„Gut.“ Sagte Jeremy. Das wäre geklärt, wir müssen endscheiden, welchen der 4 Männer wir ins Auge fassen. Wen haben wir das und was wissen wir über sie?“

Paige stand auf, holte aus ihrer Tasche eine Akte. Darin befanden sich Fotos und kurze Dossiers über die 4 Konsortiumsmitglieder. Clay brachte eine Rolltafel aus einem Abstellraum und Paige heftete die Bilder der 4 Männer daran.

„Das hier“, sie zeigte auf den ersten Mann. „das ist Marcus Walsh. Ein Investment-Banker. Schwer reich und recht einflussreich in der Menschenwelt.
Verheiratet, zwei Kinder auf Eliteschulen.

Der zweite ist Jacob Kern. Ehemaliger CEO eines Stahlriesen hat sich mit 46 zur Ruhe gesetzt und lebt seitdem ohne Sorgen. Er ist ein Lebemann und nimmt mit, was sich ihm bietet.

Die anderen Beiden sollten schwer zu knacken sein. Beide kommen aus Mafia – Familien. Andrea Basile ist aktives Mitglied der Führungsriege der Amerikanischen Cosa Nostra und Hiro Nakamura für die Japanische Mafia. Die beiden werden zusätzlich noch von ihren Organisationen geschützt. Da kommt man kaum ran.“

Michele erhob einen Einwand: „Wir haben einen italienischen Mafia-Boss in der Auswahl? Ehrlich, ich würde dort ansetzen. Unsere Familie hat recht gute Kontakte.“ Matteo nickte zustimmend. „Ja, wir sollten dort Kontakt aufnehmen. Wenn La Cosa Nostra erfährt, dass der Typ den Enkel von Antonio Sorrentino gefangen hält, dann ist er seinen Schutz schnell los.“

Jeremy schüttelte den Kopf: Nein, nein. Paige hat recht. Da sollten wir die Finger von lassen. Vielleicht als letzten Ausweg. Wenn wir ihm seinen Schutz wegnehmen, wird er nur aufmerksam. Ich denke wir werden die beiden anderen eine Weile beobachten und Ihren Tagesablauf überwachen und sehen, wen wir am besten ins Visier nehmen. Clay, Cain und Nick, Ihr werdet Walsh beschatten. Matteo, Michele und Marsten werden sich an Kern hängen. Wechselt euch ab. Elena und Lhucia bleiben hier und nehmen eure Berichte entgegen." Ihr erstellt einen detaillierten Ablauf. Paige du kehrst zum Zirkel zurück, bestell ihnen wie dankbar wir für Ihre Hilfe sind. Halt uns auf dem Laufenden, wenn ihr irgendetwas neues erfahrt.“ Paige nickte. „Wenn ihr mich braucht, ruft an. Wir stehen euch bei. Da sind wir uns alle einig.“ 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 16.08.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Nick - bite me

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