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Prolog

 

Mit starrem Blick sitze ich auf dem Sofa vom Heiler Josephe.

Seit drei Stunden sind wir nun schon hier und noch immer hat niemand ein Wort mit mir gewechselt.

Heute um fünf Uhr in der früh hat meine Zwillingsschwester Elyssia einen Anfall bekommen. Wie durch Watte erinnere ich mich, dass ich durch Elyssias schreien aufgewacht bin. Sie hat sich in ihr Laken festgekrallt, ihr Körper hat sich durchgebogen und sie hat schrecklich gezittert.

Ich habe schreckliche angst bekommen. Angst, dass meine Schwester sterben könnte.

Das war nicht ihr erster Anfall, denn diese hat sie seit ungefähr drei oder vier Jahren. Doch heute ist es besonders schlimm gewesen.

Sie hat nicht auf meine Stimme reagiert und hat aus der Nase und aus dem Mund geblutet.

Seit einer halben Stunde unterhalten sich meine Eltern mit Heiler Josephe vor dem Raum, indem meine Schwester liegt. Sie reden in gesenkter Lautstärke und dennoch dringen vereinzelte Wörter zu mir hinüber.

Wenn ich nicht so unglaublich müde wäre, würde ich mit Sicherheit aufpassen. Gähnend lege ich meinen Kopf über meine Arme, die ich auf die Lehne des Sofas gelegt habe.

Mutter und Vater sehen sehr beunruhigt aus. Vater hält Mutter in seinen Armen, während er sich ab und zu verstohlen über die Augen wischt. Er starrt betreten zu Boden.

Mutter dagegen sieht ausdruckslos zu dem Heiler empor und nickt. Immer wieder. Dann sehen alle drei einen Moment zu meinem müden Körper herüber. Wieder nickt Mutter.

„Wir danken Ihnen, Heiler.“ Antwortet Mutter dankbar und schüttelt ihm die Hand. Vater ist verstummt, aber dennoch schüttelt er ihm respektvoll die Hand.

Während Mutter mir fast entgegen rennt, kommt Vater nur sehr langsam heran. Ich richte mich auf, als Mutter sich neben mich setzt und einen Arm liebevoll um mich schlingt.

„Hey mein Schatz“, sagt sie und streicht mir eine blonde Locke aus dem Gesicht. „Geht es dir gut?“

Ich schüttele den Kopf. „Was ist mit Elyssia?“

Mutter lächelt mich mitleidig an und nimmt meine Hand. „Deiner Schwester geht es sehr schlecht, Cassie, dass weißt du doch oder?“ Fragt sie mich. Vater steht teilnahmslos vor einem Sofa neben uns. Er sieht uns nicht an. Niedergeschlagen senke ich den Blick.

„Das ist gut. Wir wollen alle Elyssia helfen, nicht wahr? Ihr helfen gesund zu werden.“ Ich nicke.

Sie sieht mir direkt in die Augen als sie die nächsten Worte spricht: „Cassandra, hier in unserem Distrikt kann Elyssia nicht geholfen werden. Sie braucht Hilfe aus dem Kapitol.“

„Und wird sie die kriegen?“ Meine Stimme bricht und Tränen steigen mir in die Augen. Wenn Elyssia keine Hilfe bekommt, was passiert dann mit ihr? Geht sie dann fort?

Ich brauche meine Zwillingsschwester doch bei mir. Sie gehört zu mir!

Das einzige was ich mir wirklich wünsche ist, dass meine Schwester gesund wird. Das sie leben kann. So wie ich. So wie Mom und Dad. Wie wir alle.

Mutter streicht mir seufzend durch mein kurzes lockiges Haar. „Das hoffe ich“, sagt sie mit brüchiger Stimme. Ihr Blick ist traurig auf mich gerichtet. „Du kannst ihr helfen, Cassie.“

„Und wie?“ Frage ich mit piepsiger Stimme. Das ist es was ich will! Elyssia helfen!

„Wenn du etwas älter bist möchten wir“, dabei sieht sie mit einem strengen Blick zu Dad. „Das du an den Hungerspielen teilnimmst. Wenn du gewinnst, wirst du von dem Kapitol reich belohnt. Du hättest genügend Geld um zwanzig Kinder eine solche Heilung zu gewähren.“

Mit offenen Mund sehe ich sie an. Mutter und Vater wollen mich in die Hungerspiele schicken?

Ich sehe mir die Spiele nun jedes Jahr an, seit ich ein kleines Mädchen gewesen bin. Wer eine reelle Chance hat und wer nicht, dass lässt sich sehr leicht feststellen.

Und ich bin keiner von dieser Sorte.

Die Hungerspiele finden Jahr für Jahr statt und aus jedem der zwölf Distrikte werden zwei Jugendliche die Pflicht haben an diesen Spielen teilzunehmen.

Es ist ein Wettkampf. Ein Wettkampf, bei dem man mit dem Leben bezahlen muss. Oder aber als Sieger hinauskommt und mit Geld und Ruhm überhäuft wird.

Aber Mutter und Vater haben Recht. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Wir haben keine älteren Geschwister, nur unseren 8 Jährigen Bruder Timothy.

„Cassandra?“ Mutter legt mir eine Hand auf die Schulter. Ich sehe zu ihr hoch, sehe direkt in ihre strengen Augen. Es ist nur allzu deutlich, was sie von mir halten wird, wenn ich ablehne.

Ich wäre für den Tod meiner Schwester verantwortlich.

Meine Hände fangen an zu zittern. Das will ich nicht. Das will ich wirklich nicht!

„Wirst du deiner Schwester helfen?“ Fragt sie erneut, diesmal mit Nachdruck. Mein Magen zieht sich ganz schrecklich zusammen und mir wird plötzlich ganz heiß.

Ich will das nicht. Ich will nicht in die Hungerspiele. Mom und Dad starren mich lange an. Mir wird sehr unwohl zu mute. Ich muss es tun. Niemand sonst kann Elyssia retten.

Mutter und Vater würden mich doch niemals dazu zwingen, mein Leben für das meiner Schwester zu lassen, oder? Wenn ich meine Meinung ändere, dann muss ich nicht teilnehmen.

Der Druck von Mutters Hand auf meiner Schulter wird fester.

Ich nicke.

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Tag der Veröffentlichung: 07.07.2014

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