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Der Schwur

Vor drei Jahren schwor ich mir nie wieder mit meiner Mutter in den Urlaub zu fahren.

Vor zwei Jahren schwor ich mir nie wieder mit einer schwangeren Schwester in den Urlaub zu fahren.

Vor einem Jahr schwor ich mir nie wieder mit einem kleinen Kind in den Urlaub zu fahren.

Und dieses Jahr?

„ … sollte ich mir wohl besser nichts mehr schwören!“, murmelte ich vor mich hin, als ich mich an ein interaktives Logistikspiel begab.

 

Spielerisch!

Die eine Aufgabe dieses Spiels war ein Schiebepuzzle und bestand darin einen Laptop, ein Satz Trinkpäckchen, zwei Fusselrollen, einen knirpsigen Schirm und einen 669 Seiten Roman von Maeve Binchy so lange in einem Bodenfach hin und her zu schieben, bis der Deckel plan abschloss.

Der andere Teil des Spiels war ein „3D- Tetris“ bei dem - unter humanen Gesichtspunkten - sage und schreibe

- zehn große bunte Taschen (die eckige Version eines bekannten schwedischen Möbelhauses),

- zwei Rucksäcke (mit 20l und 30l Fassungsvermögen),

- eine überdimensionale Handtasche,

- ein Picknickkorb,

- eine Kuscheldecke,

- zwei Kuschelkissen,

- je sechs kleine und große PET-Flaschen Wasser,

- drei Jacken,

- ein Buggy,

- ein römischer Kindersitz,

- zwei Sonnenblenden,

- drei CD-Sammelbehälter,

- eine Straßenkartensammlung,

- eine anderthalb jährige Nichte,

- eine schwangere Schwester

- und eine Mutter mit klaustrophobischen Neigungen

in einen einzigen, zunächst trügerisch großen Opel Meriva zu verstauen waren.

Zusätzlich gab es verschiedene Chancen auf Extrapunkte: Die eine blaue Tasche mit dem weißen Muster und dem weißen Reißverschluss - die sich nur durch den Inhalt von der anderen blauen Tasche mit dem weißen Muster und dem weißen Reißverschluss unterschied - bewahrte Dinge mit besser-nicht-zu-quetschendem Inhalt; war also dementsprechend zu lagern. Die weißgrundige Tasche mit den bunten Blumen und dem pinken Rand musste gut zu erreichen sein, durfte aber nicht die Sicht zur Seite einschränken und war so gepackt, dass sie immer wieder drohte umzukippen. Auch diese Tasche hatte mindestens eine Zwillingsschwester. Die kleinen Flaschen durften ruhig beladen werden, man sollte jedoch möglichst jederzeit irgendwie dran kommen können, am Besten ohne dafür einen Parkplatz ansteuern zu müssen. Mutters Handtasche war im Fußraum beim Beifahrer zu lagern, wo aber auch der Proviant und ungefähr zwei Beine eines Erwachsenen Platz finden sollten. Mein eigener Rucksack musste leider auch noch irgendwie irgendwohin … und so weiter und so fort.

Die übrigen Spielregeln waren unkompliziert: Beachte die Verkehrssicherheit und die Höchstbelastungsgrenze des Fahrzeugs. Denke daran, dass allzu akrobatische Einlagen der Mitfahrer die Straßenlage beeinträchtigen können und absolviere die beiden Level noch vor Ablauf des Countdown. Als Strafpunkte drohen Nieselregen draußen und Gewitterstimmung im Innenraum. Trotz großer Mühen erreichte ich einen recht durchschnittlichen Wert, und bei den Sonderboni bei weitem nicht das gewünschte Ziel.

 

Abgefahren!

 Während mein Schwager noch „Dudidu“ und „Kukuck“ machte, damit meine Schwester ihre lebhafte Tochter in die dafür vorgesehene Halterung spannen konnte, versuchte ich noch schnell den nachträglich hergebrachten Stockschirm so unterzubringen, dass er bei einer abrupten Bremsung nicht zum Geschoss werden würde. Durch diese Sonderaktion hätte ich beinahe die Abfahrt verpasst, wäre ich nicht zufällig als Fahrer auserkoren worden.

Letztendlich brachen wir um 9.03h - same procedure as every year - zwei Stunden nach der Wunschzeit, jedoch ungewöhnlich froh und munter in Richtung Ostsee auf. Ich riskierte die gute Stimmung indem ich schon nach der zweiten Ampel einen Stopp ankündigte, um noch schnell eine Überweisung einzuwerfen und Geld abzuheben. Bei meiner Wiederkehr in unser genügsames Transportmittel war bereits das beliebte Wir-sind-noch-keine-fünf-Minuten-von-zu-Hause-weg-Thema in vollem Gange: Wer hat was zu Hause liegen lassen und lohnt es sich, dafür noch mal umzudrehen? Da mir solche Dinge meist eh erst am Urlaubsort ein- und auffallen, hing ich meinen eigenen Gedanken nach. Fettleibigkeit, Selbstzweifel und etwas unbestimmter Liebeskummer sind immer gute Gelegenheiten eine Weile der Außenwelt zu entfliehen. Nur diesmal wurden sie durch einen viel stärkeren Gedanken verdrängt: Welche Worte würden uns auf BookRix für den nächsten Newbie – Wettbewerb vorgegeben, und wer würde dieses Mal gewinnen? Ich hatte da so meine Favoriten. Dann malte ich mir aus, wie herrlich romantisch es würde bei leichtem Regen oder in der Sonne im Strandkorb zu sitzen, dem Meer zu lauschen und auf meinem neu erworbenen Laptop Wort für Wort über die Tastatur zu jagen…

„Fuhren wir sonst nicht immer da lang zur Autobahn?“, riss mich meine Mutter unsanft aus dem Tagtraum. „Nee, da stand eben auf dem Schild zur A 45 geradeaus! Wir müssen doch Richtung Dortmund?“, beantwortete die gute Schwester an meiner Statt und hatte nicht Unrecht. Genau wie meine Mutter.

„Ich wollt’ heut’ mal nichts riskieren…“, ließ ich meinen sehr schwachen Versuch im Raum stehen nicht zugeben zu müssen, dass ich tatsächlich die Abbiegung zu meiner Lieblingsstrecke verpasst hatte.

Angekommen!

 Obwohl wir mit diesem Auto noch nicht in Dahme gewesen waren, schien es - wie seine Vorgänger - zu ahnen wohin es denn gehen sollte. So verlief die Fahrt sehr unproblematisch. Braves Auto! Wir hielten nicht halb so oft an wie gewöhnlich (Musste man sich Sorgen um Mutters Blase machen?) und kamen ohne Navi, Kartenlesen, Wendemanöver und größeren Disput im gemütlichen Ferienappartement bei unseren Freunden an.

Beim ersten Gang an den Strand stellten wir fest, dass unser üblicher Zugang zum Strand umgebaut wurde. So waren wir gezwungen einen siebenminütigen Umweg durch den angrenzenden Park und den Ort selbst zu machen. Sehr zur Freude unserer jüngsten Mitfahrerin, die einen Gang über die Holzbrücke und am Glockenturm vorbei aus unerfindlichen Gründen spitze fand. So hatte wenigstens eine von unserer Truppe einen Vorteil von der umfassend unschönen Baustelle.

Sandig!

 Zu meiner eigenen, größten, kindlichen Freude mieteten wir für die gesamte Zeit einen Strandkorb. Hier würde ich herrlich nachdenken und schreiben können. Doch zunächst verbrachte ich die Zeit vorwiegend damit als Tante „Keja“ vor dem Strandkorb zu sitzen, meine Hosen und Socken mit Sand berieseln zu lassen und „mogga“ „guche“ zu backen. Ich brauchte einige Zeit um heraus zu finden, dass „mogga“ „noch mal“ hieß. Tatsächlich kam ich schon am vierten Tag für herrlich lange 26 Minuten in den Genuss ihn ganz für mich alleine zu haben. In der Sonne, mit seichtem Wellenlaut und entferntem Möwenkreischen im Ohr, gratulierte ich mir still zu meinem Glück. So würde ich gerne hier sitzen und schreiben. Aber da ich die neuen Stichworte noch nicht hatte – Urlaub! Außerdem lagen weder Block noch Laptop in Reichweite… 

Endlich!

 Zwischendurch fragten mich Mutter oder Schwester, ob es Nachrichten von meinem BookDings gab, was mich freute. Wir saßen gerade im Auto und warteten auf das Erwachen der jungen Dame, die beim Tagesausflug im Kindersitz dem Sandmann zum Opfer gefallen war, da meldete mein Handy die ersehnte Nachricht:

1. mein Favorit hatte gewonnen

2. „Rose“, „Blutgruppe“, „Violine“

„Ach herrje! Was is’ ’n das für ’ne Zusammenstellung?“, fragte meine Schwester amüsiert, die von sich behauptet gar keine Phantasie zu haben.

„Ja nu’. Ein bisschen Herausforderung muss ja schon dabei sein!“, gab ich zur Antwort und dachte, dass man im Notfall einen Violine spielenden Vampir - mit besonderem Geschmack - nur den Opfern mit der richtigen Blutgruppe eine langstielige Rose auflegen lassen könnte. Doch mir schwebte keine Vampirstory vor:

„Wieso? Ist doch kein Problem…“, erörterte ich meine Idee und fuhr fort: „…‚Wissen Sie welche Blutgruppe Sie haben?’, fragte der Notarzt den Patienten. Dieser antwortete benommen mit einer Gegenfrage: ‚Haben Sie meine Violine gesehen?’ Da schob sich eine junge Dame durch die Tür der Notaufnahme und trug eine Rose bei sich… Sowas in der Art dachte ich!“

„Ja, prima!“, meinte mein Schwesterchen begeistert. „Und schön kurz ist die Geschichte auch!“ Leise kicherten und alberten wir noch ein wenig vor uns hin. Leider hatte ich weder Notizbuch noch Läppi dabei, das lag beides im Appartement.

Schnell!

 Die Tage vergingen wie im Flug. Morgens um neun und abends um sechs rannte meine Nichte „Gocke, Gocke!“ mit mir am Schlepptau ins Bad, um durch die Dachluke andächtig der Glocke im gegenüber liegenden Turm zu lauschen. Bimm – bimm – bimm …

Am Strand wurden meine Sandförmchen-Kuchen schneller vernichtet als ich sie herstellen konnte und abends war ich oft schon müde, bevor ich Block und Stift zücken oder den Laptop hochfahren konnte.

Mein Urlaubsgeld verschwand ebenso „schell“, wie mein Nichtchen vom Bett durch den kleinen Flur bis zum Sofa pesen konnte.

Das einzige was überhaupt nicht schnell lief, waren meine schriftstellerischen Gedanken.

Lustig!

Zwei Tage später saßen wir gemütlich im Halbschatten im Park und lauschten dem Plätschern des Springbrunnens. Das schlafende Engelchen schnarchte leise vor sich hin, meine Schwester beobachtete eine andere junge Mutti mit Kinderwagen und ich zückte meinen Notizblock um ein paar Anekdoten und neue Worterfindungen unserer großen Kleinen aufzuschreiben.

„Und?“, fragte mein Schwesterchen fröhlich und begann in ihrer Handtasche zu kramen. „Wie weit bist Du schon mit Deinem Kitsch?“, wollte sie neckend wissen und zückte ein Heftchen, in dem sie zu blättern begann. Ich stöhnte gequält und antwortete wahrheitsgemäß:

„Ach hör’ bloß auf! Ich habe nicht den Funken einer Idee!“

„Schreib’ doch autobiographisch, dass Du hier in einem Park an einem Brunnen sitzt der mit Rosen umringt ist…!“

„Gute Idee! Vor allem weil es ja nur ‚Rose’ heißen darf!“, ließ ich mich vergnügt auf das Wortgeplänkel ein. „Der Brunnen war umringt…“, begann meine Schwester wieder.

„… von einer Rose!“, beendete ich den Satz amüsiert. „… von Narzissen!“, vollendete meine Schwester ihren Satz mit gespieltem Nachdruck und ergänzte:

„In dem ganzen Park war nicht eine einzige Rose zu sehen!“

„Osterglocken im Mai…“, gab ich nicht gerade themenorientiert zum Besten und krickelte weiter auf dem Block herum. Dann wollte ich grinsend wissen: „… und weiter?“

„Und während ich dem Springbrunnen lauschte, las mir meine Schwester ihre Blutgruppe aus dem Mutterpass vor...“, sinnierte meine Schwester, als keinen Wimpernschlag später der Springbrunnen ein schlürfendes Geräusch von sich gab und abrupt versiegte. Wir kicherten los.

„Wie schön es ist dem Springbrunnen zu lauschen!“, gackerte ich und meine Schwester antwortete lachend:

„… Als der Brunnen ausfiel dachte ich bei mir: ‚Jetzt fehlt nur noch eine Violine im Hintergrund!’“ Da behauptet die doch tatsächlich, sie habe keine Phantasie. Ich notierte mir diese Begebenheit noch rasch, falls ich – aus Ermangelung an Ideen - gar keine andere Wahl hatte, als autobiographisch zu werden. Dann packte rasch zusammen, denn besagter Engel erwachte aus der Nachmittagsruhe und forderte Aufmerksamkeit.

Typisch!

 Weitere Tage verstrichen, ohne den Anflug einer Idee. Und wenn mich etwas überkam, was einem Einfall glich, hatte ich Einkaufstaschen über der Schulter, die Nichte auf dem Arm, das Lenkrad in der Hand, Kleber an den Fingern, stand bis zu den Knöcheln im Wasser, hatte den Block im Strandkorb liegen lassen oder der Kuli versagte seinen Dienst….

Peinlich!

Samstag erreichte mich die Nachricht, dass meine Nachbarin heile mit meinem Kater von der Klammerentfernung heimgekehrt war, und so entschloss ich mich aus Dankbarkeit ihr ein Lederband mit Anhänger zu kaufen. Ich ging also in diesen neuen Strandshop. Sofort war eine wirklich hilfsbereite Dame an meiner Seite, die mich mit einer Engelsgeduld beinahe eine halbe Stunde lang beriet, Anhänger abnahm und wieder zurücklegte und Lederbänder miteinander verglich. Ich kam mir vor, als sei ich mit der „Geflügelten Jungfrau“ vor einem Juweliergeschäft gelandet, um ein mit Diamanten besetztes Collier zu erstehen. Zu allem Überfluss gab es an diesem Tag auch noch wegen Neueröffnung Prozente. Als ich dann zur Kasse ging musste ich meine Ausbeute zurücklegen lassen, denn ich hatte natürlich mein Portemonnaie im Strandkorb gelassen.

Als ich dann etwas desolat in den Laden zurückkehrte, hatte ich nicht nur das Geld, sondern auch meine Nichte dabei. Wir tauschten den matschig-klebrigen Eisrest gegen drei Salzstangen, das Geld gegen den Halsschmuck, warfen beim Bezahlen beinahe eine Batterie mit Ohrringen um und blieben beim Verlassen des Geschäftes mit dem Hosenbein in einem kleinen Rosensträuchlein hängen. Kurz vor dem Erreichen der Strandpromenade fiel meiner Nichte eine „Kette“ auf. Es war ein geflochtenes Armband aus pinkem Garn, mit bunten Perlen und kleinen Muscheln dran. Das Kind war sichtlich begeistert und wollte sie so gern „haam“. Also zurück in den Laden, wo man mir schon mit einer kleinen Tüte entgegen kam, in der meine Einkäufe steckten, die ich an der Kasse hatte liegen lassen…

Unerwartet!

Bei unserem Tagesausflug nach Heiligenhafen machten wir an den üblichen Stationen Rast. Parken auf dem Parkplatz am Hafen, anschließend an der Boutique auf der rechten Seite vorbei. Dort werde ich Mutter und Schwester für eine Weile los und steuere direkt auf das Café „Mien Bäcker“ zu, um einen guten Platz zu erhaschen…

So oder so ähnlich hatte das bisher immer geklappt. Egal ob mit Mutter und Schwester im Urlaub oder mit Schwester und Schwester oder mit Tante und Mutter. Zum Glück ging dieses Schema auch dieses Jahr auf. Erfreut stellte ich fest, dass sie im Café eine neue Sitzgruppe aufgestellt hatten.

Und während sich mein Nichtchen von der vierstündigen Schufterei mit Eimer, Schaufel und Förmchen erholte, saß ich bei einer kühlen Cola auf dem bequemen Sofa und lauschte Bob Marley. Das nenne ich wahren Urlaub! Dann bekam ich auch noch einen frischen Erdbeerkuchen als Bestechung um ein wenig länger den Kinderwagenschieber zu spielen.

So schlenderten meine Leute durch das Kaufhaus Richtung Family-Shop und ich eierte mit dem Buggy über das große Kopfsteinpflaster vom großen Turm wo die Glocke viertelstündig schlug, zum kleinen Turm, wo viele kleine Glöckchen hingen, deren Spiel wir jedoch nicht mitbekamen. Zu meinem Lieblingsladen kam ich nicht, weil dort ein stark angetrunkener Typ herum lief, vor dem ich gehörigen Respekt hatte. Als etwas später ein Streifenwagen durch die Seitenstraße fuhr, und ich mich zu meiner Nichte herunterbeugte um ihr die Polizei zu zeigen, machten sie extra für uns das Blaulicht an. Das fand ich so nett und habe mich sehr darüber gefreut. Ganz leer bin ich auch nicht ausgegangen an diesem Tag, denn ich fand eine schöne Weste und ein tolles Mitbringsel für meine beste Freundin. Na, wenn das keine gute Ausbeute ist! Auf der Rückfahrt von Heiligenhafen hielten wir an einer Ampel, direkt neben einem Plakat:

Heiligenhafen – das Sonnendeck der Ostsee.

KlassikJuni 06. / 13. / 20. / 27. Juni 2013

Podium auf dem Binnensee Beginn 19 Uhr

„Feine Klänge in Traumkulisse“.

www.heiligenhafen-touristik.de

Neben einem geschwungenen Notenband war eine Violine abgebildet.

Unmöglich!

Jedes Jahr, egal wie lustig es mit den anderen ist, kommt der Punkt an dem ich denke: AAAMMMOOOOKKKKK!!!!! oder ähnliches.

Dieses Jahr war es, weil ich seit Ewigkeiten versuchte hier einen Text zu verfassen und immer dann und dort, wo ich gerade schreiben wollte, über Themen gesprochen wurde, die ich nicht ertragen mochte. Wenn gelesen wurde, musste absolute Ruhe herrschen, aber wenn ich schreiben wollte war Highlife. Oder es wurde groß angekündigt, dass man mich jetzt in Ruhe schreiben ließe und dann, sobald ich den Laptop hochgefahren und die ersten zwei Worte hinter mir hatte, musste eben noch kurz eine Sache besprochen oder gefragt werden, auch wenn es sich nur um die Frage nach einem Wasserglas, einer Brille, irgendwelchen Socken oder einem Handtuch handelte, oder etwas das jeden Tag gleich gehandelt wurde….

Elendig NERV!!!

Jetzt hatte ich endlich das Schlafzimmer für mich, den Läppi an, die anderen unterhielten sich im Nebenzimmer. Da ging die Tür auf und einer sauste grüßend – ohne eine weitere Reaktion von mir zu erwarten an mir vorbei ins Bad – perfekt! So konnte ich das gebrauchen, so konnte das bleiben! Freudig erregt stürzte ich mich auf die Tastatur, und begann zu schreiben. Da ließ - keine drei Sätze später - Jener auf dem Rückweg die Tür offen, so dass ich wieder alles mitbekam. Schwester lästerte am Telefon, Mutter sang Kinderlieder, die mir wieder für Tage im Ohr bleiben würden und die Lütte kam quietsch vergnügt angerannt um mir zu zeigen, dass sie eine kleine Gummibärchentüte hatte… Verständlich und niedlich, doch trotz allem *nerv*!!! Aber: Wenn ich ein gutes Buch las oder meine Lieblings-Serien im TV schaute, schaffte ich es doch auch den Rest der Welt auszublenden. Also Konzentration! Und dann klappte es recht gut mich endlich zu sammeln. Fast schon wieder im Text, griff ich in meinem Rucksack nach den Notizen … … und stellte fest, dass diese wohl noch im Auto zwischen den Sitzen stecken müssten. Mit einem Riesenseufzer entschloss ich mich dazu, den Akku des Laptops zu schonen, ihn herunter zu fahren und mich über die Handwäsche herzumachen. Morgen vielleicht!

Wehleidig!

Samstagmorgen fühlte ich mich matschig. Seit einer Stunde hatte ich hilflos auf dem Laptop herumgetippt, denn der Urlaub neigte sich dem Ende entgegen und mein Roman-Ultimatum lief ab. Wenn jetzt nicht ein Wunder geschähe, müsste ich tatsächlich die anderen Newbies mit einem Urlaubsbericht langweilen. Auf dem Weg zum Strand wurde mir immer schlechter. Das Wetter hatte gedreht und die Abreise lag mir zusätzlich im Magen.

Ich wollte nicht noch mal ans Wasser. Ich wollte nicht noch mal an den Strand. Ich wollte nicht noch mal in den Korb und ich wollte nicht noch mal zum Eisstand. Ich wollte keinen richtigen Abschied. Ich wollte nicht, dass mein Urlaub schon rum war. Ich wollte nicht, dass die Sonne sich hinter eine Wolkendecke verzog. Ich wollte vor allem nicht nach hause. Ich wollte einfach nur mir selbst Leid tun.

So drehte ich vor dem Deich um und ging in den kleinen Laden gegenüber der Fischbude. Eine Milchschnitte später ging es mir leider schon etwas besser, und als dann der Wind auffrischte und einige Tropfen Regen mich zu einem strammeren Schritt zwangen, fiel mir kein überzeugender Grund mehr ein, warum ich nicht doch einen Urlaubsbericht schreiben sollte. Schließlich war ich beim Einkauf in der Rose hängen geblieben und hatte in Heiligenhafen ein Plakat mit der Violine gesehen. Vielleicht fiel mir auch noch etwas zur Blutgruppe ein. Ich hoffte nur inständig, dass am letzten Tag nicht noch etwas passieren würde, wobei es um Blutgruppen ginge…

Beruhigend!

Während der zwei Wochen kamen immer wieder Situationen auf, in denen ich als Läufer und Träger und Sandkuchenbäcker eingesetzt wurde. Denn Mutter ist schließlich nicht mehr die Jüngste, die Jüngste noch nicht tragfähig und die Dritte im Bunde schwanger. Da blieb nur noch ich. Und wenn ich dann meinen üblichen Satz losließ „Nie wieder!“ beruhigte mich mein Schwesterlein: „Nächstes Jahr bin ich ja nicht mehr schwanger!“ Nein, das wohl nicht…

Heimkehrend!

Beim "Tetris" zur Heimreise knackte ich meine Bestmarke. Wir kamen, dank unserem lustigen Wecker, zehn Minuten vor der geplanten Abreisezeit los. Wir kamen gut voran und hingen erst nach Bremen in Stau und Baustelle.

Während des Stop-and-go verlieh ich mein Handy nach hinten damit mein Schwesterlein kostenlos mit unserer Daheimgebliebenen telefonieren konnte. Mutter döste und Nichtchen schlief, da drangen ein paar Wortfetzen an mein Ohr, die sich entfernt nach Familienplanung anhörten…

Meine Gedanken begannen unwillkürlich Kapriolen zu schlagen. Vor meinem inneren Auge sah ich mich am Steuer eines kleinen Busses, der gebremst von einem überladenen Gepäckträger, besetzt von Mutter, Babys, Kleinkindern, Schwestern und Schwägern einen fröhlich hopsenden Anhänger hinter sich herzog.

Gut, dass ich mir dieses Jahr nichts geschworen habe…

Impressum

Texte: liegt bei mir
Bildmaterialien: liegt auch bei mir
Lektorat: Familie "Dich nehmen wir nicht mehr mit, wenn sowas dabei rauskommt!";)
Tag der Veröffentlichung: 15.05.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Allen Familienurlaubern!

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