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Violette Träume

„Am besten wir versuchen erst gar nicht, dass Leben perfekt zu gestalten, wir brauchen auch keine langfristigen Ziele, letztendlich wird sich schon alles irgendwie ergeben, häh?!“, ich schlage beide Hände vor meinem Gesicht zusammen. Das ist unsinniger Quatsch. Wo bist Du überhaupt in Gedanken? Das kann man sich ja nicht mit anhören. „Katja, wo bleibst du?“, ruft meine Mutter und ich zucke zusammen, als ich auf meine Armbanduhr schaue. Es ist bereits halb acht. Die Gäste von meinen Eltern kommen. Die Gäste von mir kommen. Alle die mich sehen wollen, nach so langer Zeit. Meine Eltern haben extra eine große Feier organisiert. In unserem großen Garten wurde es alles aufgebaut. Ein großes weißes Zelt, zum Eingang des Zelts reihen sich Fackeln aneinander, direkt ab unserer Nebeneingangstür. Hortensien in zartem rosa und zartem blau blühen am Wegrand entlang. Eine Zitruspflanze steht direkt am Nebeneingang. Der Pflanztisch, der oft als Ablage für Mutters Gartenutensilien dient, leuchtet heute in voller Blüte. Ein großes Holztablett, auf dem sich einzeln Gläser befinden, in diesen Gläsern schwimmen zarte Edelrosen. Ich beuge mich vor und rieche an eine der Edelrosen. „Welch Freude, dich mal wiederzusehen.“, Tante Ingrid umarmt mich so stürmisch, dass ich um mein Kleid fürchte. Ich halte einen Moment inne, zupfe dann mein Kleid zurecht, streiche mir mein Haar aus dem Gesicht hinters Ohr und lächle sie an. „Ich freu mich auch,“, erwidere ich. „Mir tut das ja so leid für deinen Freund, aber Mama sagte, dass er sowieso nicht gepasst hat.“, plappert Tante Ingrid weiter. „Ich würde vorschlagen, du bleibst einige Zeit lang hier und dann kannst du mich ja auch noch besuchen kommen.“

„Ein paar Tage bleibe ich.“, ich nicke Tante Ingrid an und wende mich dann an meine Mutter. „Das kann noch amüsant werden.“, lacht meine Mutter und zwinkert mir zu. Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Ich kann nur hoffe, dass es nicht ausartet. Ich begleite meine Tante Ingrid zum Festzelt, indem sich schon einige Gäste tummeln. Im Zelt stehen lange Tische, eigedeckt mit weißen Tischdecken, sowie jeweils mit Gläsern und Edelrosen darauf. Rechts im Zelt vom Eingang aus, befindet sich eine kleine Bar. Dort steht mein Bruder Ralph und unterhält sich gerade mit unserem Onkel Ulf. Ich lasse Tante Ingrid zurück, gehe den Weg entlang zum Haus, da mein Vater neben dem Pflanztisch den Gasgrill aufgestellt hat. „Warte, ich helfe dir.“, sage ich und hole das Tablett mit dem Fleisch aus dem Haus. Ich stehe gerade am Hintereingang und will die Türe öffnen, da pralle ich fast mit Jemandem zusammen. „Hoppla,“, die männliche Stimme hält zeitgleich das Tablett mit mir fest, denn ich hätte es fast fallen gelassen. „Sorry, ich hab dich nicht gesehen.“, er schwingt mit der anderen Hand eine Kiste. Dann hält er mir galant die Tür auf, ich tapse hinaus, er hinter mir her und ich schaue ihn einmal an. „Danke.“, sage ich und übersehe dann noch fast den Zitrusstamm. Der Typ mit seinen blauen Augen grinst mich an, fährt sich durch sein blondes Haar und geht an mir vorbei. „Wo bleibst du denn Katja!“ Mein Vater schüttelt den Kopf. Ich stelle das Tablett neben dem Gasgrill auf den kleinen Beistelltisch ab und schaue nochmal in die Richtung des Fremden. Ich sehe nur noch seine blaue Jeans und sein weißes Shirt, dann ist er um die Ecke verschwunden. Wahnsinn. Toller Typ, denke ich mir. Ob ich gleich hinterher sollte? Was macht der hier überhaupt?

Ich laufe den Fackelweg entlang, feinste Kieselsteinchen zieren den Weg, kurz vor dem Festzelt, was auf unserem Rasen steht, steht noch ein Pavillon aus Eisen, sehr alt, romantische Rosenstöcke und blühende Hängepflanzen zieren das Pavillon. Innen stehen alte weiß lackierte Stühle, auf denen meine Mutter ebenfalls Blumentöpfe gestellt hat. Nur die weiße Bank ist noch frei. Schönes Ambiente. Um den Pavillon herum wachsen Sonnenhüte in sonnigem gelb mit schwarzem Kopf. Üppig gefüllte hohe Stauden zieren das Pavillon. Ich setze mich für einen Moment auf die weiße Bank und lausche den Stimmen der Gäste. Monika kommt zu mir. „Hallo meine Liebe, schön, dass du da bist.“, sie umarmt mich erfreut und ich erwidere ihre Umarmung. „Ich freue mich auch, dass ich hier bin.“, antworte ich und schaue mich um. „Wo ist der Rest deiner Familie?“ Monika zieht die rechte Augenbraue hoch. „ Okay, da du es noch nicht weißt.“, flüstert sie etwas leiser und räuspert sich. „ Ich bin getrennt von Tom.“ Ich schlage die Hände vor den Mund zusammen und reiße die Augen weit auf. „Ach was! Echt jetzt? Wieso?“ Monika winkt ab und verzieht das Gesicht. „ Ach weißt du, es hat irgendwie immer wieder Streit gegeben, nix hat gepasst und ich hatte letztendlich auch keine Lust mehr nur wegen der Kinder zusammen zu bleiben.“

„Wow“, ich nicke anerkennend. „ Ich finde, dass ist eine ehrliche und gute Einstellung.“ Monika lächelt und atmet auf. „ Na zumindest findest du es gut.“ Sie spielt mit ihrer blonden Haarsträhne, die sich aus ihrem Zopf gelöst hat.

„Die meisten lehnen es ab und finden es schlecht, dass ich Tom verlassen habe und das die Jungs bei ihm geblieben sind. Leif und Marek sind 12 Jahre alt und sie wollten es so.“ Ich nehme sie wortlos nochmal in den Arm und drücke sie.

„ Das ist vollkommen in Ordnung. Ich weiß, wovon du sprichst. Meine Kinder leben doch auch bei ihrem Vater, also mach dir keinen Kopf.“, flüstere ich ihr mutig zu. Monika und ich gehen gemeinsam zurück zum Haus und bereiten in der Küche Fladensandwiche zu. Während ich die Fladenbrote viertel, wäscht Monika die Hähnchenbrustfilets. „Weißt du, ich konnte Toms Eifersucht einfach nicht mehr ertragen.“, erzählt Monika. Ich nicke, während ich den Frischkäse und den Quark aus dem Kühlschrank hole. „Verstehe.“ Monika legt die Hähnchenbrustfilets auf ein Brett, tupft sie trocken und schneidet sie in Streifen. „Es war ja egal, worum es ging, er kontrollierte ja nur noch. Egal, ob ich wegwollte oder ob ich mit meinem Handy irgendwas schaute, er kontrollierte es und spionierte mir nach.“ Monika schüttelt den Kopf. Katja, dass kannst du dir wirklich nicht vorstellen, wie schlimm es war.“ Ich schnitt die Tomaten in kleine Stückchen. „Das klingt sehr schlimm. Hast du ihm denn mal einen Anlass zur Eifersucht gegeben oder woran lag es?“ Monika nimmt eine Gurke, halbiert sie längst und schneidet sie dann in kleine Scheiben. „ Ich weiß es nicht mehr. Es fing an, als ich wieder arbeiten ging, vor fast 2 Jahren. Letztes Jahr war es dann so schlimm, dass ich nur noch mit Tom am streiten war und ich habe mich auch nicht mehr wohl gefühlt. Schlafen konnte ich auch nicht mehr und frag mich mal, wie ich auf der Arbeit aussah.“ Ich lege die Fladen in den heißen Ofen und dann verrühre ich den Frischkäse mit dem Quark. „Das glaube ich dir. Oh je.“

Während die Fladen im Ofen liegen, schenke ich uns ein Glas Prosecco ein. „Auf uns!“, sage ich, hebe mein Glas und wir lachen und prosten uns zu. „ Du warst immer meine allerliebste Freundin.“, sagt Monika und umarmt mich. Ich lächele sie an.

Wenige Zeit später bringen wir die Fladenbrotsandwiche auf einem Tablett ins Zelt. Monika entdeckt einige Nachbarn die sie kennt und unterhält sich mit ihnen, während ich mich an meinen Bruder Daniel wende. „Und? Hast du genug Musik vorrätig für die Zeit, wo hier nachher vielleicht getanzt wird?“, frage ich ihn. „Ja, aber hallo, na sicher.“, grinst Daniel: „hab mir extra noch von Christophs Bruder CDs bringen lassen, Christoph selbst muss arbeiten.“ „Den kenne ich überhaupt nicht. Wohnt der hier im Ort?“, frage ich, als Daniel in die Richtung von dem Typen zeigt, der gerade am Musikpult, wo die Anlage steht, die CDs sortiert. Das war genau der gleiche Typ, der mich fast umgerannt hat. Jetzt schaut er auch noch in unsere Richtung. Und er grinst. Mein Bruder winkt ihm lässig zu indem er einfach kurz die Hand hochhält und ich, ich die große Schwester, die 3 Jahre älter ist, schaut verlegen zur Seite. Mir fällt einfach nichts ein. Außerdem ist unser Vater nicht weit und ich hab keine Lust auf Aufsehen. Des weiteren bin ich schon etwas älter, also die 30 habe ich schon vor einiger Zeit hinter mir gelassen und wenn mein Bruder vor wenigen Wochen seinen 35. Geburtstag gefeiert hat, ist es ja nicht schwer zu erraten, wie alt ich bin. „Er ist geschieden.“, sagt Daniel und sortiert die Gläser. „Wie bitte?!“, frage ich und schaue ihn irritiert an. „Also ich habe kein Interesse an ihm.“ ,sagt Daniel und lacht, „aber du schaust schon sehr neugierig aus. Er heißt Alexander.“ „ Und wie alt ist er?“, nun bin ich wirklich neugierig. Nicht, dass ich es nötig hätte, aber er sieht schon ganz interessant aus in seiner lässigen Jeans, dem einfachen weißen Shirt, dem leichten braunen Hautton, dazu seine blonden Haare, interessant. Daniel lacht nun. Er schenkt zwei Gläser Sekt ein und drückt sie mir in die Hand. „Am besten, du gehst jetzt einfach mal zum Alexander und trinkst was mit ihm.“ Ich zucke die Schultern, grinse dann aber zurück. Kann nicht schaden. Ich habe nichts zu verlieren. Also nehme ich die beiden Gläser an mich und mache mich auf den Weg die paar Schritte zum Musikpult. Während ich nur noch wenige Zentimeter von Alexander entfernt bin, steuert Monika auf uns zu, genauer gesagt, direkt auf Alexander. Er lächelt sie an und ich bleibe stehen. Zu spät. Monika hat mich gesehen. Sie zieht mich am Arm zu sich und neben Alexander. „ Wo willst du denn damit hin?“, fragt sie mich und lächelt. Alexander schaut mich an. Er ist ziemlich groß, fällt mir nun auf. Ich lächele ihn an und dann reiche ich aber Monika das Glas. „ Das ist für dich. Wollte mich grad auf die Suche nach dir machen.“ Monika beugt sich vor und haucht mir ein Küsschen auf die Wange. „ Danke Süße.“

Alexander zuckt die Schultern. „Ja Ladys, dann trinkt ihr mal. „ Er wendet sich wieder den CDs zu. „Halt, ich habe doch eine Bitte.“, sagt Monika. Alexander schaut sie fragend an. „Kannst du zuerst mit irgendwas von Robbie Williams anfangen? Das wäre schön.“ Alexander nickt. „ Klar!“ „ Oh ha, willst du mit jemandem hier Arm in Arm tanzen?!“, frage ich Monika und grinse sie an. „ Ach Quatsch, hier ist ja niemand interessantes.“, sagt sie und flüstert weiter: „ Außer er hier vielleicht.“ Ich lache. Alexander schaut mich an, unsere Blicke treffen sich und es fühlt sich einen Moment ganz merkwürdig an, aber schön. Meine Mutter kommt auf uns zu. „ Katja, hast du die Servietten alle aus dem Schrank geholt oder sind noch welche dort, ich denke, wir könnten noch ein paar falten.“, sagt sie und schaut leicht besorgt. „ Kein Problem, ich mach das.“, sage ich und nicke Monika zu. „ Kann ich dich für eine kurze Zeit alleine lassen?“ Sie lacht. „ Ja gewiss, ich mache schon keinen Blödsinn.“ Dabei zwinkert sie mich an und schaut wieder in die Richtung von Alexander. Der aber hat sich abgewandt und verlässt zügig auf der anderen Seite das Zelt. Ich tapse zügig durch den Garten, vorbei am Grill, wo mein Vater steht, winke ihm zu und husche dann ins Haus. In der Diele hole ich die Servietten aus dem obersten Schrankregal. Dann setze ich mich in die Küche an den Tisch und beginne sie zu falten. Da ich beruflich schon lange in der Gastronomie tätig bin, macht mir das Servietten falten, in unterschiedlichen Variationen nichts aus und schnell bin ich darin auch. Die Hintertür schließt sich und ich rufe nur ein kurzes „ bin in der Küche.“ Große Schritte kommen zur Tür herein, es ist Alexander, der im Türrahmen lehnt, eine Hand in der Hosentasche, mit der anderen zeigt er auf die Servietten. „ Sieht super aus. Scheinbar machst du das nicht zum ersten Mal.“ Ich schüttele mit dem Kopf. „Nein, ich mache das ziemlich oft bei mir in der Arbeit.“ Ich falte zügig weiter und bin irgendwie völlig in den Gedanken meiner Arbeit gefangen. „Wusste gar nicht, dass Daniel so ne verdammt hübsche Schwester hat.“ , spricht Alexander weiter und geht dann neben mir in die Hocke. „Können wir später zusammen tanzen oder magst du mit mir später durch den Garten spazieren?“ Ich drehe meinen Kopf zur Seite und mein Herz rast plötzlich schneller. Mich irritiert, dass Alexander neben mir hockt und mir so nahe ist. Seine dunkelblonden Haare, seine blauen Augen, er hat ein markantes Gesicht, eine dunkle ruhige Stimme, leichte erste Fältchen zieren seine Augen und auch seine Stirn. Er trägt einen 3 Tage Bart, vielleicht hatte er keine Zeit sich zu rasieren. Und er hat so einen angenehmen bräunlichen Teint. Ich traue mich fast nicht, ihn anzuschauen, mache es ganz kurz und falte dann die letzten zwei Servietten. „ Nun, du bist doch hier zum Musik auflegen. Da weiß ich nicht, ob es klappt mit tanzen, weil ich auch nicht besonders lange wach sein werde.“ Ich falte die letzte Serviette, Alexander seufzt einmal, stellt sich wieder gerade hin, lehnt sich dann allerdings in den Türrahmen und beobachtet mich, wie ich aufstehe und die Servietten in einen Korb lege, damit sie nicht wieder ihre Form verlieren. Ich versuche Alexander anzulächeln als ich an ihm vorbeigehen will. Er hält auf einmal beide meine Schultern, aber ganz vorsichtig und beugt sich zu mir runter. „ War das eben eine Abfuhr?“, fragt er mich etwas hoffnungslos. „ Nein“, antworte ich und zucke die Schultern hoch, dass er mich bitte loslassen möge. Er beugt sich zu mir vor und drückt mir seine Lippen auf den Mund. Ich ziehe meinen Kopf zurück. „ Was soll das? Das machst du doch bei jeder Frau? „, schimpfe ich plötzlich empört und lasse fast den Korb fallen. „ Lass mich endlich los.“ Energisch schüttel ich seine Hände ab und schiebe ihn von mir, gehe an ihm vorbei und flitze zügig hinaus. Er läuft mir nach, aber er begegnet meinem Vater auch im Garten und wagt es nicht, mich nochmal anzusprechen. Ich eile zum Zelt, atme ruhig und verteile die restlichen 988z

 

Drei Stunden später, es ist bereits schummerig, die Gäste sind gut gesättigt, es tanzen einige auf der Tanzfläche im Zelt, sitzen Monika und ich im Pavillon auf der weißen Bank und schauen in den Himmel zu den Sternen. „ Ach Monika, es ist schon verrückt, oder? So viele Jahre sind schon vergangen.“, ich seufze und Monika stupst mich an. „Ja, wahnsinnig wie schnell die Zeit vergeht, es ist unglaublich.“ Gedanken verloren schauen wir hinauf. Monika und ich kennen uns seit der ersten Klasse. Damals ist sie mit ihrer Familie in unser Dorf gezogen. Es hat zwischen uns beiden sofort gut gepasst. Sie zog dann mit 18 zu ihrem Freund weiter weg und ich machte es ihr nach, indem ich auch weiter wegzog. Während sie zwei Jungen hat, habe zwei Jungen und zwei Mädchen.

Während ihre Zwillinge Leif und Marek 12 Jahre alt sind, sind meine Kinder Xenia 15, Aaron 13, Mirko 11 und Pascal 4 Jahre alt.

……

Die Zeit vergeht, wir reden noch bis tief in die Nacht hinein, irgendwann schlafen wir ein.

Tag später …

Daniel hat im Zelt geschlafen in einem Schlafsack. Die Sonne scheint sehr warm, es ist angenehm. Ich trage ein weißes Tshirt, eine Joggingpants, dazu Schlappschuhe, zum reinschlüpfen. Meine Haare habe ich zu einem leichten Dutt zusammengeknotet. Einzelne Haarsträhnen hängen raus und umranden mein Gesicht. Ich trage ein Tablett auf dem Arm. Darauf steht ein Glas mit Orangensaft, ein Teller, mit Rührei und Speck und ein Teller mit einem Brötchen, bestrichen mit Nutella. Ich weiß, dass mein Bruder das mag. Die extra große Kaffeetasse trage ich beim zweiten Gang durch den Garten extra. Im Zelt angekommen, erschrecke ich mich erst einmal, denn nicht nur Daniel liegt dort, sondern auch Alexander. Zwar im Schlafsack und einen halben Meter von Daniel entfernt, dennoch habe ich nicht mit ihm gerechnet. Daniel schnarcht, während Alexander sich reckt, die Augen öffnet und mich von unten bis oben mustert. „Wow.“, murmelt er. „Guten Morgen Schöne.“ Innerlich bin ich stark verunsichert, da ich furchtbar aussehe mit meinen Haaren, dazu noch komplett ungeschminkt und einen BH trage ich auch nicht, es ist einfach nur sehr unangenehm. Ich stelle schnellst möglichst das Tablett ab und eile aus dem Zelt heraus. Im Haus angekommen, verschwinde ich erstmal in mein ehemaliges Zimmer und ziehe mir einen BH drunter an. Dann eile ich wieder in die Küche. Ich packe alles nochmal auf ein Tablett und dazu zwei Tassen voll Kaffee. Ich bin zwar überrascht, dass Alexander hier über Nacht geblieben ist, zumal ich auch nicht weiß, mit wem er gestern noch zu tun hatte und ich eigentlich gar nichts über ihn weiß, obwohl er mich geküsst hat gestern, aber verhungern lassen möchte ich ihn auch nicht. Also gehe ich wieder zum Zelt. Daniel und Alexander sind nun beide wach und sitzen in Shorts mit nacktem Oberkörper auf den Hockern am Bartresen. Daniel hat bereits sein Rührei verschlungen und macht sich nun über das Nutellabrötchen her. „ Guten Morgen Katja, oh danke, für den Kaffee. Danke für alles Schwester.“ sagt er, als er mich sieht und nickt in Alexanders Richtung. „ Hey, schau mal, du bekommst auch etwas.“, anerkennend klopft er Alexander auf die Schulter. Der zeigt mir den Daumen. Ich lächele verlegen. „ Das schafft ihr ja beide gut, solche Portionen.“, sage ich. „ Locker.“ lacht Alexander und reibt sich den Bauch „ Mmmh, dass schaut aber wirklich lecker aus.“ Er zwinkert mich an und ich lächele zurück. Daniel schaut von mir zu Alexander und von Alexander zu mir. „ Ich werd kurz raus, ich muss mal schiffen.“ Daniel grinst mich an. „ Ich geh dann auch mal wieder ins Haus.“, sage ich und möchte gerade auf den Absatz kehrt machen, als Alexander meinen Arm hält. „ Darf ich dich heute zu einem Spaziergang, ein Eis, Kino, shoppen, irgendwas einladen.“, fragt er mich und schaut mich dabei sehr intensiv an. Ich könnte auf der Stelle zerfließen und doch bin ich innerlich gehemmt. Ich hab so richtig starkes Bauchkribben. Er sieht gut aus, er hat eine nette Stimme. Sein Blick durchbohrt mich. Ich drohe in Ohnmacht zu fallen. Mein Herz beginnt wie wild zu hämmern. Ich kann ihn riechen und er riecht verdammt gut. Ich dreh grad innerlich durch. Mir wird heiß. „ Ja, mal sehen.“, stammele ich und fall beim rückwärts laufen fast über eine Kiste Bier. „ Wann heute ?“, fragt er mich und seine Augen beginnen zu leuchten. Ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel. „ Ab frühen Nachmittag, okay ?“, ich streiche mir verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr. „ Ich freu mich.“, sagt Alexander und zwinkert mich lächelnd an. Ich nicke und kann mir ein grinsen nicht verkneifen. Bin ich etwa rot geworden ? Innerlich glühe ich vor Aufregung. Wegen was eigentlich ? Daniel kommt wieder dazu und schaut mich verdutzt an. Ich nicke ihm zu und verlasse dann das Zelt.

 

Später, nachdem ich mich geduscht habe, helfe ich meiner Mutter das Geschirr zu einzuräumen.

Das Zelt wird auch bereits wieder abgebaut. „ Wirst du heute noch mit Monika was zusammen machen ?“, fragt meine Mutter mich. „ Ja, wir werden heute Abend zusammen treffen.“, antworte ich. „ Bist du nachher hier oder musst du fort ?“, fragt meine Mutter weiter. Ich schau sie an. „ Was gibt’s denn ? Ich wollt eigentlich fort, aber wenn du mich brauchst ..“, meine Mutter winkt ab, lässt mich nicht ausreden. „ Ist schon in Ordnung.“, sagt sie leise.

Ich beobachte sie, während sie den Stuhl an den Tisch rückt. „ Fertig.“, strahlt sie und klatscht erfreut in die Hände. „ Komm, lass uns einen Kaffee trinken.“

„ Schieß los, was möchtest du von mir ?“, frage ich sie, während ich die Tassen aus dem Schrank hole. Meine Mutter presst die Lippen fest aneinander.

Sie schaut mich eingehend an. „ Ich weiß nicht, wie ich dir das am besten sagen soll.“, beginnt sie und setzt sich auf einen Stuhl. „ Ich möchte mich nach langen Überlegungen auf eine Reise begeben.“

„ Wie bitte ?!“, ich reiße die Augen weit auf und starre sie fragend an. „ Was denn für eine Reise ? Mit Papa ? Allein ? Wohin ? Wieso ?“

Meine Mutter atmet tief durch, schließt die Augen für einen Moment, lehnt sich zurück und öffnet die Augen wieder. „ Katja bitte.“, seufzt sie. „ Ich möchte mir Gedanken über mein Leben mit Papa machen. Allein.“

Während ich den Kaffee vorbereite, erzählt mir meine Mutter von ihren unterschiedlichen Emotionen, von all den Jahren, von der Zeit, wo sie alles alleine gemacht hat. Als ihr die Tränen übers Gesicht laufen, beuge ich mich zu ihr herunter und umarme sie. Es ist bereits früher Nachmittag, als wir nach zwei Tassen Kaffee unser Gespräch beendet haben. Ich bin noch nicht vorbereitet, eile ins Bad, während Alexander mich schon im Garten erwartet.

Meine Mutter bietet ihm eine Tasse Kaffee an, die er dankend annimmt.

Mit rosigen Wangen und über das ganze Gesicht strahlend rausche ich in den Garten, wo Alexander mich mit einer sanften Umarmung begrüßt.

„ Du siehst wundervoll aus Katja.“, raunt er mir ins Ohr.

Er nimmt meine Hand und wir gehen gemeinsam zu seinem Auto. Er fährt einen silbernen Audi. Gepflegter als mein Auto denke ich mir leise und setze mich hinein, als Alexander mir die Beifahrertür öffnet.

Ich liebe Gentleman like. Ich bin begeistert.

Es ist perfekt. Er fragt, was für Musik ich mag und bittet mich, etwas rauszusuchen. Ich fühle mich wohl in seinem Auto. Anzeichen auf Kuscheltierchen oder irgendwas, was auf eine andere Frau hindeutet, finde ich auf Anhieb keine.

„ Was möchtest Du machen ?“, fragt Alexander mich und schaut mich mit einem sanften Blick an.

„ Am liebsten wäre es mir, wenn wir was essen könnten, um ehrlich zu sein.“, antworte ich, zucke mit den Schultern und grinse ihn an.

„ Abgemacht.“, sagt Alexander „ Was magst du ? Wonach ist dir ?“

Sehr aufmerksam von ihm. Ein weiterer Pluspunkt. „ Ist mir egal. Entscheide du.“, antworte ich, denn es ist mir tatsächlich egal, ich möchte gerne wissen, was ihm gefällt, wo er mich hinführen wird.

Und als wir nach einer gefühlten halben Stunde ankommen, werde ich tatsächlich nicht enttäuscht.

Der Kellner erscheint recht schnell an unseren Tisch, als wir uns ins Restaurant setzen. Wir sitzen am offenem Terrassenfenster mit Blick auf das weite grüne Feld. Der Himmel ist strahlend blau. „ Hallo Alex, lang nicht gesehen.“, begrüßt der Kellner Alexander. Alexander und der Kellner nicken sich zu. „ Hi Ralf, na alles gut bei dir ?“, fragt Alexander und zeigt auf mich „ Darf ich vorstellen ? Das ist Katja, meine Begleitung.“ Ralf nickt mir ebenfalls zu. Ralf reicht uns die Speisekarten. „ Darf ich euch schon was zu trinken bringen ?“, fragt er und zückt seinen Notizblock.

Wir trinken beide eine Cola.

„ Und ? Was machst du so in deiner Freizeit ?“, frage ich, nachdem Ralf unsere Essensbestellung ebenfalls aufgenommen hat.

„ Ehrlich gesagt habe ich gar nicht so viel Freizeit. Während meines Studiums hatte ich noch alle möglichen Hobbys, inzwischen gehe ich nur noch ganz selten mal schwimmen.“, antwortet er. „ Und wie ist es bei dir ?“

„ Nun, ich habe schon viele unterschiedliche Interessen, so richtig Hobby, mmmh,… nun, da wäre vielleicht mein Volleyball einmal die Woche.“, Ralf bringt uns den Salat. Ich bin hungrig und greife beherzt zum Besteck. Während ich den Salat esse, merke ich, wie Alexander mich eindringlich mustert.

„ Du hast schöne Augen.“, komplimentiert Alexander, als wir unseren Hauptgang zu uns nehmen.

„ Dankeschön.“, murmele ich und lächele ihn an.

Charmant ist er ja schon irgendwie.

Nachdem wir zu ende gegessen haben, besteht Alexander darauf, dass Essen zu bezahlen. Ich bedanke mich mit einem Lächeln.

Wir spazieren noch die lange Allee entlang. Alexander nimmt meine Hand und ein warmer Schauer überkommt mich. Als wir an der großen Brücke ankommen, bleiben wir stehen, um ein paar Enten im Wasser zu beobachten. Alexander streicht mir sanft über den Kopf. Ich drehe mein Gesicht zu ihm, er beugt sich zu mir runter, unsere Lippen suchen und finden sich und verbinden sich zu einem langen Kuss. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und ziehe ihn dichter an mich, während Alexander das gleiche mit meiner Taille macht.

Eng miteinander verschlungen küssen wir uns leidenschaftlich. Unsere Zungen kreisen umeinander. Mir wird heiß und kalt. Irgendwann lösen wir uns voneinander, ich schaue auf seine Uhr und wir kichern beide. Hand in Hand laufen wir über die Brücke.

Ich glaube, ich könnte mich an Alexander gewöhnen.

ENDE

 

 

 

 

 

Impressum

Texte: Skysky
Bildmaterialien: SkySky
Cover: Skysky
Lektorat: Skysky
Tag der Veröffentlichung: 15.10.2018

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