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Kapitel 1 - Gefangenschaft

Stew trommelte nervös auf der Tischplatte herum, während er zusammen mit seinem Kumpel Richie auf die Überwachungsmonitore starrte.
Sie beide arbeiteten als eine Art Soldaten in Ballygannon, einem Söldnerlager in Irland, in dem die Gestaltwandler auf Einsätze aus der übersinnlichen Welt warteten. Nein so ganz stimmte das nicht, Steward McFlann war der Boss der Söldner. Ihm oblag die Verantwortung für seine gesamten Männer, ebenso wies er auch den drei Einheiten die Aufträge zu.
Die magischen Wesen lebten weitgehend unerkannt unter den Menschen, mit ihrer eigenen Regierung, eigenen Regeln und natürlich den Beamten, die dafür sorgten, dass niemand aus der Reihe tanzte. Genau das war die Aufgabe von Stew und seinen Leuten, durchgeknallte Zauberwesen zur Räson zu bringen.
Dummerweise wurden ständig die Normalen in Mitleidenschaft gezogen, wenn eines dieser Geschöpfe gegen die Gesetze verstieß. Deshalb gab es neben dem riesigen Haus der Söldner ein Krankenhaus und ein Pflegeheim.
Die Technik und die Medizin ihrer Gesellschaft waren denen der Menschen absolut überlegen. Ihre Forscher hatten eine Möglichkeit gefunden, wie man Erinnerungen entfernte. Doch diese Operationen gingen nicht immer gut aus, dann verwandelten sich die Patienten in Zombies, wandelnde Leichen. Daher gab es ebenso ein Heim, in dem diese bedauernswerten Kreaturen bleiben konnten.
Mittlerweile gab es drei Teams, die die Außeneinsätze absolvierten, dazu kamen Richie, das Technikgenie, der sich um die Sicherheitsanlage und alle technischen Dinge im Hauptquartier kümmerte. Peter, der Kämpfer, der auch als Springer bei vielen Einsätzen agierte und eben Steward.
Stew stellte den begabtesten Hacker unter den Gestaltwandlern dar. Es gab keine Firewall, kein Sicherheitssystem, das ihm widerstand. Ebenso unterlag ihm die gesamte Organisation, er verhandelte mit der Regierung, wenn sie weitere Mittel brauchten, und trug die Verantwortung.
„Du machst mich wahnsinnig, musst du so rumzappeln?“, knurrte Richie, dabei sah er seinen Freund grimmig an.
Entschuldigend zuckte dieser mit den Schultern und zwang sich still sitzen zu bleiben, doch lange hielt er das nicht aus.
„Tut mir leid, ich kann mir kaum erklären, was los ist. Seit wir Emilys Sohn befreit haben, hab ich das Gefühl, dass irgendwas passiert“, bemerkte er leise.
Sein Kumpel lachte laut auf.
„Du bist der Nächste, herzlichen Glückwunsch. Wollen wir hoffen, dass deine Partnerin dir weniger Sorgen macht, als es bei den anderen der Fall war“, brachte der Techniker sein Verhalten auf den Punkt.
„Du denkst auch, dass unser Arzt Recht hat? Die Nervosität kündigt eine Gefährtin an?“, erkundigte Steward sich, dabei wusste er nicht genau, was er hören wollte.
„Ja, ich glaube an Gerrys Theorie. Logan war der Erste, der so rumgehampelt hat, dann kamen David, Gerry und Brian. Es besteht gar kein Zweifel, also geh mir nicht auf die Nerven, sondern freu dich lieber. Bist ja alt genug“, fügte er noch neckend hinzu.
Ehe Stew etwas antworten konnte, hielt eine schwarze Limousine mit getönten Fenstern vor dem Eingangstor. Irritiert sah er auf das Auto, denn diesen Schlitten kannte er. Es gab nur einen solchen Wagen, der des obersten Richters der magischen Welt. Ein Blick auf das Nummernschild bestätigte es ihm.
Die Gegensprechanlage surrte und eine Stimme erklang, die Steward auch den letzten Zweifel nahm.
„Hier ist Ronwe, ich möchte mit Steward und der ersten Einheit sprechen“, meldete sich der Erzdämon.
Richie nickte seinem Boss zu und kaum eine Sekunde später schwang das Tor auf.
„Hast du eine Ahnung, warum er herkommt?“, wollte der Techniker wissen, doch Stew zuckte nur mit den Schultern.
„Sollte es länger dauern, schicke ich dir jemanden“, damit verließ der Gepard den Überwachungsraum.
Im Flur rief er leise nach der ersten Einheit, die kurz darauf neben ihm vor der Haustüre stand. Sie alle besaßen ein mehr als perfektes Gehör, sodass niemand schreien musste, um sie zu erreichen.
Ronwe stieg aus seinem Wagen und die Gestaltwandler bemerkten verwundert, dass er seine üblichen Bodyguards und Berater nicht mitgebracht hatte.
„Ihr seid sehr leichtsinnig, Eure Lordschaft“, begrüßte David ihn, als der Richter bei ihnen ankam.
Erschrocken registrierten sie, dass der Erzdämon enorm erschöpft und besorgt aussah. Schnell machten sie ihm Platz, um ihn in Stewards Büro zu geleiten.
„Was können wir für Euch tun, Eure Lordschaft?“, wollte Stew wissen, als sie saßen.
„Ich komme zu euch als Freund, der Hilfe braucht, also lasst bitte die formelle Anrede weg“, bat er müde.
Einen Moment schloss er die Augen, als ob er Kraft sammeln müsse, dann sah er in die Runde. Hier versammelten sich die besten Männer und Frauen der Gestaltwandler.
Sein Blick glitt zu David, dem Wolf, der die erste Einheit leitet. Ein Kerl mit fotografischem Gedächtnis, der auch noch hochintelligent war. Neben ihm stand seine Gefährtin Emily, ein Mensch, doch trotzdem gab es kaum jemanden, der ihr das Wasser reichen konnte, wenn es darum ging, Schlösser, Türen oder Safes zu öffnen.
Brian, ebenso ein Werwolf, hatte ihr die Feinheiten beigebracht, denn sie verdiente ihren Lebensunterhalt mit Einbruch und Diebstahl, ehe sie David kennenlernte.
Sein Blick glitt zu Caitlin, einem Falken, die sich an Brian lehnte. Sie war eine Strategin durch und durch, außerdem hatte sie den großen Vorteil, dass sie in ihrer tierischen Gestalt fliegen konnte. Sie gehörte an die Seite des jungen Wolfs, was man deutlich sah.
Joleen, ein Jaguarweibchen, stand neben Logan, ihrem Mann, der sich ebenso in einen Jaguar verwandelte. Ihr Partner hatte sie gewandelt, weil sie sonst gestorben wäre.
„Ich brauche eure Hilfe“, begann Ronwe erneut, dabei sah er besonders auf Gerry und Lea.
Gerry hatte eine Ausbildung als Arzt, dadurch wusste er alles über Medizin, egal ob es sich um magische Wesen oder Menschen handelte. Der Luchs liebte Lea, einen Erdenengel, die, wie nicht anders zu erwarten war, als Krankenschwester arbeitete.
„Wie können wir helfen?“, erkundigte sich der Engel sofort, während sie dem offensichtlich verzweifelten Mann etwas Trost schickte.
Allein mit ihrem Lächeln schaffte sie es, die Sorgen ihres Gegenübers leichter zu machen. Ihre speziellen Fähigkeiten lagen im Heilen und eben darin, den Wesen Hoffnung sowie Liebe zu geben.
„Meine Enkelin ist entführt worden“, ließ Ronwe die Bombe platzen.
Entsetzt hielten die Gestaltwandler und ihre Gefährtinnen die Luft an. Das war der Super-GAU schlechthin. Egal wer die Verwandte des obersten Richters in seiner Hand hatte, er besaß damit ein verdammt großes Druckmittel.
„Bitte erzähl uns alles, was du weißt“, bat David den Dämon leise.
Der alte Erzdämon schluckte schwer, in seinen Augen sah man, wie enorm seine Sorgen waren.
„Patricia ist als Späherin nach Deutschland geflogen. Sie arbeitet schon lange für unsere Regierung. Es kamen Gerüchte auf, dass die Kirche etwas über die Gesellschaft der magischen Wesen wüsste. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer, und wie das so ist, jeder hat ein kleines bisschen dazu erfunden. Wir haben beschlossen, sie nach Berlin zu schicken. Dort sollte sie mit ihrer Suche anfangen. Es handelte sich nur um Vermutungen und niemand war in der Lage diese zu bestätigen. Aber die Gefahr war einfach zu groß, sodass wir nicht drüber weggehen konnten“, berichtete Ronwe, dabei standen ihm Tränen in den Augen.
Es war für ihn unverzeihlich, dass er selbst seine Enkelin dorthin geschickt hatte.
„Bitte, Eure Lordschaft, Ihr habt doch nur Euren Job gemacht“, bemerkte Lea und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
Dankbar sah er den Engel an.
„Sie sollte nur herausfinden, was es mit diesen Gerüchten auf sich hat. Oder ob es jemanden gab, der uns wirklich verraten hatte. Es ist jetzt fast drei Monate her, seit ich das letzte Mal von ihr hörte. Unsere Späher und Verbündeten haben sie überall gesucht, heute kam ein Hinweis. Ein Geistlicher in Deutschland, besser gesagt in Limburg hat in einer Drogerie ein Päckchen Tampons gekauft, er wurde von unseren Leuten dabei beobachtet. Nach dem sicher war, dass Patricia nicht länger in Berlin ist, sind wir alle in Alarmbereitschaft“, setzte Ronwe den Bericht fort.
„Es ist möglich, dass es eine harmlose Erklärung gibt, nur sagt mir mein Instinkt, dass sich ein Priester kaum Tampons kauft. Zumal er bestimmt keine benötigt. Dieser Kerl ist einer der Exorzisten, die offiziell verleugnet werden“, fügte der Erzdämon schnell hinzu.
„Wir packen und machen uns gleich auf den Weg. Haben wir eine Wohnung in Limburg?“, erkundigte Logan sich, dabei sah er Steward an.
„Leider nicht, aber einer unserer Verbündeten wohnt knappe sieben Kilometer entfernt. Er besitzt ein großes Haus und hat magische Kräfte. Merlin wird euch aufnehmen“, antwortete der Gepard, der wieder auf seinem Schreibtisch trommelte.
„Du bleibst hier“, befahl der Jaguar seiner Gefährtin, die ihn wütend ansah.
„Wir brauchen jemanden, der uns die neusten Informationen durchgibt und hilft zu recherchieren. Außerdem sind die Kinder zu klein“, erinnerte er sie, ehe sie auch nur ein Wort herausbrachte.
„Ich halte die Stellung und passe ebenso auf Billy auf“, gab Jo nach, dabei merkte man ihr an, dass sie gar nicht so böse über diesen Befehl war.
Ihre Zwillinge waren erst im Januar geboren worden, darüber hinaus gab es noch Emilys Sohn, Billy. Er war ein Sonnenschein, der nach den Sommerferien in die Schule kommen würde.
„Danke“, flüsterte Emily, während sie die Freundin kurz an sich drückte.
Sofort machte sich die Einheit fertig, um schnellstmöglich abrücken zu können. Die Paare hatten Zimmer im Hauptquartier, wo sie die wichtigsten Dinge für einen Außeneinsatz aufbewahren, da sie ihre eigenen Häuser besaßen. Caitlin und Brian stellten eine Ausnahme dar, sie fühlten sich noch zu jung, um auszuziehen.
Nach einer guten Viertelstunde stiegen Brian, Cat, Patrick, Gerry sowie Lea in einen großen Van ein, während David, Emily und Logan sich in den Jaguar von Logan quetschten. Gemeinsam fuhren sie zum Flughafen, wo eine Privatmaschine der Regierung für sie bereitstand.
Offiziell gehörte der Flieger einer Firma, die sie den Söldnern zur Verfügung stellte, da diese ihnen schon mehrfach geholfen hatten.
Routiniert checkten sie ein und kurz darauf befanden sie sich in der Luft, wo sie eine erste Lagebesprechung abhielten.

~~°~~

Patricia kauerte sich auf einer Pritsche zusammen, es war kalt, verdammt kalt. Sie trug lediglich eine schmutzige Jogginghose und den passenden, ebenso dreckigen Pulli. Seit sie vor drei Monaten nach Deutschland gekommen war, musste sie Dinge erleben, die sich in ihre Seele einbrannten, sodass sie diese Momente nie vergessen würde.
In ihren Augen glomm ein roter Funke auf, als sie an die vergangenen Wochen dachte, doch sofort erlosch der Anflug von Zorn. Sie resignierte, zog sich in sich zurück und hoffte, dass die Tür dieser Zelle nie wieder aufging.
Zitternd atmete sie durch. Es hätte ein Witz sein können, wenn es ihr nicht so extrem schlecht damit ging, aber der Exorzist und ein paar seiner Gehilfen wollten den Dämon in ihr austreiben. Zumindest war das seine Aussage, als er sie vor drei Monaten in Berlin in Gewahrsam nahm. Mittlerweile wusste sie allerdings, dass seine Helfer annahmen, sie sei bereits wieder zu Hause.
Sie erinnerte sich noch gut daran, wie ihr Großvater zu ihr kam. Sorgenfalten kräuselten sein Gesicht, denn es tauchten besorgniserregende Gerüchte auf, die besagten, dass ausgerechnet die katholische Kirche von der magischen Welt erfahren habe.
In ihrer Eigenschaft als Späherin flog sie in die deutsche Hauptstadt, traf sich zuerst mit verschiedenen Gattungen ihrer Art, darunter einem Nachtalb, einem Dämon und einem Vampir. Niemand konnte ihr etwas Genaues sagen, doch der Klatsch verstummte einfach nicht. Immer wieder hörte sie davon, dass ein Priester ein mystisches Wesen enttarnt hätte. Nur gab es keine Beweise für die Richtigkeit der Meldungen.
Zum Schein ging sie in die Kirche, ertrug einen Gottesdienst und sah sich vorsichtig nach einer Gelegenheit um, mit dem Geistlichen ins Gespräch zu kommen, allerdings bemühte sie sich vergebens.
Sie hielt den Kontakt zu ihren Leuten, aber auch von dort kamen keine klaren Hinweise, sodass sie schon überlegte, ob sie die Weihnachtsfeiertage nicht lieber zu Hause in Bulgarien verbringen sollte.
Endlich ergab sich, kurz vor Weihnachten die Möglichkeit, mit einem Pfarrer in Neukölln zu sprechen. Patricia hatte die Gabe die Gedanken jedes Wesens zu sehen, so gab es niemanden, der sie anlügen konnte. Ebenso wenig schaffte es ein Lebewesen, etwas vor ihr zu verheimlichen.
Bei dem Gespräch mit dem Geistlichen erfuhr sie, dass die Exorzisten von Trier und Limburg erwartet wurden. Deshalb beschloss, diesen Besuch abzuwarten, ehe sie sich endgültig entschied, wo sie die Feiertage verbringen wollte.
Bitter stieß sie den Atem aus, wie dumm diese Entscheidung gewesen war, sah sie ja jetzt. Seit fast drei Monaten saß sie in der Zelle, die nicht einmal ein Fenster besaß.
Kalte Steinmauern umgaben sie, die sich feucht und eisig anfühlten, dazu kam eine altersschwache Glühbirne, die an der Decke baumelte und Tag und Nacht brannte. Nicht, dass es für sie einen Unterschied machte, die Zeit las sie an den Strichen ab, die sie in den Pfosten des Bettes ritzte.
Sie hätte nie gedacht, dass es wirklich jemanden gab, der das tat, es fühlte sich irgendwie unwirklich an.
Einmal am Tag bekam sie etwas zu essen und zwei Flaschen Wasser, die man durch eine Klappe am Boden in ihre Zelle schob. Darüber hinaus besuchte der Priester sie fast jeden Tag.
In ihre Erinnerungen hinein öffnete sich die Tür, der Mann kam herein, als ob die Bilder in ihrem Gehirn ihn herbeigerufen hätten.
„Bist du immer noch nicht bereit zu weichen, Dämon?“, fragte der Kerl hart.
Patricia hob den Kopf und blickte ihm verständnislos ins Gesicht. Sie las in seinen Gedanken, dass er in ihr keineswegs einen bösen Geist vermutete, obwohl er an die Existenz solcher Wesen glaubte. Im Gegenteil, ihm gefiel die junge graziöse Frau, dummerweise verbot ihm das Zölibat jegliche sexuelle Handlung. Er entschuldigte sein Vorgehen damit, dass es ja niemand mitbekam und er darüber hinaus behauptete, dem Dämon die Stirn zu bieten. Sollte jemals jemand erfahren, dass er eine harmlose Frau in der Zelle unter dem Dom gefangenhielt, stellte das seine Rückversicherung dar, denn Exorzismen waren auch heute noch gang und gäbe.
Zu gerne hätte Pat aufgelacht, doch sie wusste, was kam und ihr war kaum zum Lachen zumute.
„Lassen Sie mich gehen, Sie wissen, dass in mir kein böser Geist ist. Ich möchte zu meiner Familie“, bat sie leise.
Eindringlich sah er ihr in die Pupillen, anschließend lachte er höhnisch auf.
„Glaubst du, Sohn des Asmodis, dass ich auf dein Theater hereinfalle? Mich führst du nicht hinters Licht“, rief er dröhnend aus.
Verzweifelt schloss sie die Augen, es gab kein Entrinnen aus dieser Hölle, egal was sie sagte, der Priester interpretierte es in seinem Sinne.
„Ich widerstehe dir auch dieses Mal“, fügte er hinzu, dann trat er vor sie und Gier blitzte in seinen wässrigen hellbraunen Iriden auf.
In seinen Gedanken las sie wie in einem offenen Buch, gleichzeitig musste sie die Abscheu unterdrücken, die sie schüttelte.
Vorsichtig zog Patricia sich, so weit es ging, auf ihrer Pritsche zurück, doch sie wusste, dass er einen Grund finden würde, sie zu missbrauchen.
„Ich fordere niemanden heraus. Es ist nur ihre eigene Geilheit, die sie zu widerlichen Handlungen treibt“, warf sie ihm wütend entgegen.
Die Dämonin in ihr ließ sich kaum noch zurückhalten, so viel Falschheit und Lüge stieß sie ab, sodass der Zorn in ihr hochkochte.
„Du schickst mir die Lust, die mich auf die Probe stellt. Aber auch dieses Mal werde ich nicht gegen meinen Eid verstoßen und mich in dem wunderschönen Frauenleib versenken. Ich beweise es dir, du Dämon“, rief der Priester hämisch.
Hektisch zog er die Hose herunter und sein erigiertes Glied sprang ihr entgegen. So oder so ähnlich ging es jedes Mal, wobei sie sich von Mal zu Mal mehr vor ihm ekelte.
Energisch packte er ihr Handgelenk, zwang sie ihn anzufassen, dabei starrte er ihr ins Gesicht.
„Na los, tu, wozu du hergekommen bist. Bring mich dazu, meinen Eid zu brechen“, verlangte er.
Seine Hand hielt ihre fest, drückte sie hart auf seinen Penis, rieb seinen Schaft und trieb ihn zum Höhepunkt. Tränen traten ihr bei der Demütigung in die Augen, doch er sah nicht mal hin.
Das erste Mal hatte sie sich geweigert ihn anzufassen, er ging und kam kurz darauf mit einem speziellen Weihwasser wieder. Dieses Wasser hatte man mit einer Chemikalie versetzt, die höllisch brannte. Patricia schrie vor Pein auf, als er ihr das Zeug über den Arm schüttete.
Tagelang schmerzte ihre Haut, war rot geschwollen und juckte anschließend, sodass sie es kaum aushielt. Danach traute sie sich nicht mehr, sich zu wehren.
Seine Hand bewegte sich schneller, presste ihre Finger fester um seinen steifen Schaft und ein Stöhnen entkam ihm. Der alte Mann atmete mit offenem Mund, Speichel tropfte heraus und zog eine Spur über seinen schwarzen Pullover. Beschämt wandte sie den Kopf ab, die ganze Situation war so extrem ekelig.
Endlich spritzte er ab, traf ihre Jogginghose, wie jedes Mal und putzte seinen Penis auch daran ab, dann zog er sich wieder an.
„Weiche Dämon, du siehst doch, dass du keine Chance hast“, bemerkte er, ehe er sich umdrehte, um die Zelle zu verlassen.
Patricia brauchte alle Kraft, um sich nicht zu übergeben, angewidert sah sie auf die graue Hose, die jetzt feuchte Spuren zierte. Tränen traten ihr in die Augen und sie wischte hektisch ihre Hand an der rauen Wand ab.
Warum fanden ihre Leute sie nicht endlich? Wieso half ihr niemand? Sie fühlte sich so besudelt, so unendlich alleine.

~~°~~

Im Flugzeug der magischen Regierung saßen die Söldner zusammen und sahen sich eine Karte von Limburg und der Umgebung an. Der Dom stand auf einem Hügel über der Lahn, aber es war kein Problem dorthin zu gelangen. Viel schwieriger war es zu erfahren, ob Patricia wirklich in dem Gebäude gefangen gehalten wurde.
„Merlin wohnt hier, etwa sieben Kilometer von der Stadt entfernt. Stew hat uns zwei Autos besorgt, die wir in Frankfurt bekommen. Zuerst werden wir uns die Gegend um den Dom ansehen. Caitlin, du fliegst, eventuell siehst du etwas aus der Luft oder schaffst es in die Kirche zu kommen. Auf einen Falken achten sie bestimmt nicht“, befahl David ernst.
Cat nickte nur, ihr war die Gefahr bewusst, außerdem tat ihr die Frau leid. Wer wusste schon, was sie mit ihr anstellten, vor allem falls sie erfahren hatten, was sie in Wirklichkeit darstellte.
„Gerry und Lea, ihr haltet euch bereit, es kann sein, dass sie medizinisch versorgt werden muss. Logan, sollte es nötig sein, schalte die Priester schnell, ohne Aufsehen aus und lass sie leben“, ordnete der Wolf weiter an.
Der Jaguar knurrte nur leise, die Kirche war ihm ein Dorn im Auge, zu viele magische Wesen waren von den Monstern getötet worden.
Patrick ließ die Karte wieder verschwinden und tippte kurz auf seinem speziellen Smartphone herum. Mit diesem Minicomputer schaffte er es jede beliebige Landkarte auf eine freie Fläche zu beamen, ebenso wie alle übrigen Informationen. Darüber hinaus kam es einem Hochleistungscomputer gleich, mit dem er die Möglichkeit hatte, sich in ein fremdes System zu hacken, falls nötig. Natürlich konnte niemand es orten, eben sowenig brachte es andere Geräte, wie Herzschrittmacher, aus dem Takt.
Der Flug dauerte nur eine knappe Stunde, sodass die Truppe kurz darauf in Frankfurt in die Autos stieg. Die Autobahn war frei und so kamen sie ohne Verzögerung in der Domstadt an. Hier suchten sie sich zwei Parkplätze, die sie vor dem Haupteingang fanden.
Caitlin kreiste bereits über dem Gebäude und verschwand nach ein paar Sekunden aus ihrem Blickfeld. Besorgt blickte Brian ihr hinterher, es gefiel ihm nicht, dass sie allein in den Dom eindrang.
„Ruhig bleiben, niemand wird in ihr einen Menschen vermuten. Sie ist sicher“, murmelte David, dabei legte er ihm eine Hand auf die Schulter.
Ein leises Knurren war die einzige Antwort, dann machte die Gruppe sich auf den Weg, um sich in dem Gebäude umzusehen.
Der Dom erhob sich vor ihnen und beeindruckte sie mit seinen sieben Türmen, als Bauwerk war es wirklich ein Meisterwerk. Im Gegensatz zu vielen Kirchen oder Kathedralen erstrahlte dieses Gebäude in einer Mischung aus Rotbraun und Weiß.
Die Söldner betraten das Gotteshaus durch das kleeblattförmige Hauptportal, das einen dreifach abgestuften Spitzbogen aufwies, welches ziemlich eindrucksvoll aussah.
Im Inneren war es erstaunlich hell und luftig, ein paar Menschen saßen oder knieten in den Bänken, um zu beten. David deutete auf die beiden Seitenschiffe der Basilika, sofort ging Gerry mit Lea auf den rechten Seitenteil zu, während Logan und Patrick sich nach links wandten. David, Emily sowie Brian liefen weiter geradeaus in Richtung des prächtigen Hauptaltars, gleichzeitig sahen sie sich genau um.
Unbeirrt schlenderten sie an den Holzbänken vorbei, direkt auf das große goldene Kreuz zu, dabei mussten sie aufpassen, dass sie ihr höhnisches Grinsen unterdrückten. Besonders ihr Anführer wusste, wie sehr die Kirche auf Macht aus war, ebenso wie Logan hatte er einiges selbst erleben müssen, immerhin zählte er bereits 513 Jahre.
Vor dem Altar teilten sie sich, Brian ging nach rechts, geschmeidig verschwand er hinter einer der zahlreichen Säulen. David nahm Emilys Hand und lief mit ihr links herum, doch weit kamen sie nicht, denn ein Pater vertrat ihnen lächelnd den Weg.
„Es tut mir leid, aber ab hier ist es nur Geistlichen gestattet einzutreten“, bemerkte er freundlich.
David erwiderte sein Lächeln.
Fragend sah er den Mann an, dann zuckte er mit den Schultern. Natürlich hatte er im Laufe der Jahre auch Deutsch gelernt, nur musste er dem Kerl das ja wohl kaum auf die Nase binden.
Leise bat er ihn, seine Aussage auf Englisch zu wiederholen, was der Pater augenblicklich tat. Seine Sprachkenntnisse waren sehr gut, sodass sie sich bequem unterhalten konnten.
„Das wussten wir nicht, Entschuldigung. Vielleicht können Sie uns etwas über diesen wunderschönen Dom erzählen?“, führte David das Gespräch in seiner Muttersprache weiter.
Der Mann sah ihn erstaunt an, dann schüttelte er bedauernd den Kopf.
„Es gibt Führungen, bei denen Sie alles erfahren, was wissenswert ist. Allerdings ich stehe Ihnen gerne zur Verfügung, wenn Sie Fragen zum Sakrament der heiligen Ehe haben. Oder Dinge wissen möchten, die den Glauben betreffen“, bot er mit einem Blick auf ihre ineinander verschlungenen Hände an.
Natürlich hatte er sofort gesehen, dass sie keine Eheringe trugen.
Einen Augenblick überlegte David, ob er sich auf ein solches Gespräch einlassen sollte. Brachte es neue Erkenntnisse? Er konnte ja schlecht nach einer Dämonin fragen, die hier gefangen gehalten wurde. Aber vielleicht erzählte dieser Pater etwas, das ihnen irgendwie weiterhalf.
„Oh wir sind verheiratet, allerdings haben wir auf Ringe verzichtet, da wir beide in Berufen arbeiten, bei denen das Tragen von Schmuck verboten ist“, erklärte er freundlich.
Der Mann lächelte und nickte ihm verstehend zu, seine Miene entspannte sich zunehmend.
„Wir sind gläubige Katholiken und würden zu gerne einmal mit dem Bischof sprechen. Glauben Sie, dass das machbar ist?“, mischte Emily sich mit einem charmanten Lächeln ein.
„Eine Audienz bei seiner Eminenz ist durchaus möglich, nur jetzt in der Fastenzeit, so kurz vor den Osterfeiertagen wird er keine Zeit haben“, erklärte der Priester geduldig.
„Das ist Pech, wir sind nur auf der Durchreise. Ostern werden wir in unserer Heimat in Irland feiern“, bemerkte Emily und bemühte sich um einen enttäuschten Tonfall.
„Wenn nicht die Feiertage vor der Tür stünden, könnte ich ein gutes Wort für sie einlegen, aber so?“, bedauernd schüttelte der Mann den Kopf.
„Das verstehen wir natürlich, trotzdem ist es schade. Dennoch bin ich neugierig, wie viele Geistliche leben denn hier? Findet jeder Hilfe bei Ihnen oder gibt es auch Probleme, bei denen Sie die Gläubigen weiterschicken müssen“, hakte David etwas ungeschickt nach.
Von Ronwe wusste er, dass der Exorzist von Limburg in Berlin zu Besuch weilte, während Patricia verschwand.
Verwirrt sah der Pfarrer ihn an und runzelte skeptisch die Stirn.
„Wie meinen Sie das? Haben Sie ein besonderes Anliegen?“, erkundigte er sich vorsichtig.
Schnell mischte Emily sich ein, da sie spürte, dass David zu logisch vorging. Im Erfinden von Geschichten war ihr Gefährte eine echte Niete.
„Nein, uns geht es gut, aber meine Schwester benimmt sich sehr eigenartig. Die medizinischen Untersuchungen ergaben, dass sie völlig gesund ist. Es tut mir leid, wir sollten Sie nicht mit so einem Unfug belästigen, es hört sich so abgedreht an“, damit brach sie ab.
Ihre Miene spiegelte ihre Verlegenheit wider und sie vermied es, dem Mann in die Augen zu sehen.
„Wenn Sie auf eine Besessenheit anspielen, das ist gar nicht so selten und für uns auch alles andere als unglaubwürdig. Hier in Limburg ist einer der Exorzisten untergebracht, er könnte Ihnen da bestimmt besser helfen. Sie haben Glück, er wurde erst vor drei Monaten in unsere Hauptstadt gerufen, weil man dort seine Hilfe brauchte. Aber über die Osterfeiertage wird er bei uns bleiben“, gab der Geistliche bereitwillig Auskunft.
Das war der entscheidende Hinweis, wie Patricia von Berlin nach Limburg gekommen war. Der Mistkerl hatte sie entführt, es ergab jetzt einen Sinn.
„Vielen Dank, vielleicht sind Sie so freundlich und sagen uns noch, wann die Führungen stattfinden und wo wir uns dafür anmelden können?“, bat Emily mit einem strahlenden Lächeln.
Der Priester gab ihnen die gewünschte Information, ehe sie sich verabschiedeten. David packte Emilys Hand fester und zog sie fast schon aus dem Gebäude.
Auf dem Vorplatz trafen sie auf den Rest der Gruppe, während Caitlin über ihnen kreiste.
„Wir fahren zu Merlin“, befahl der Werwolf laut genug, sodass auch Cat es hörte.
Kurz darauf saßen sie in den Autos und machten sich auf den Weg zu ihrem Verbündeten, damit sie in Ruhe Informationen austauschen konnten.

~~°~~

Patricia holte sich eine der Wasserflaschen und trank in langen Zügen. Einen Teil des Wassers schüttete sie sich über die Hände, um wenigstens das Gefühl zu bekommen sich von diesem Kerl zu reinigen.
Ihre Gedanken schweiften wieder zurück.
Der Pfarrer in Neukölln hatte ihr unwissentlich verraten, wann der Exorzist seinen Kollegen treffen wollte und ebenso in welcher Kirche er denn anzutreffen sei. Natürlich hätte sie es auch über ihre Leute erfahren, aber so war es wesentlich einfacher.
Noch einmal quälte sie sich durch einen extrem langweiligen Gottesdienst, in der Hoffnung mit einem der Geistlichen sprechen zu können.
Nach dem das Schlussgebet gesprochen war, blieb sie so lange sitzen, bis die Priester aus der Sakristei kamen, dann stand sie auf und ging beherzt auf die kleine Gruppe zu.
Sofort wurde sie von einem der Begleiter gestoppt.
„Bitte, ich muss unbedingt mit einem Exorzisten reden“, bat sie, dabei blickte sie den Mann flehend an.
„Das geht nicht. Sie müssen sich einen Termin geben lassen“, begann der Kerl, doch in dem Augenblick drängte sich ein beleibter Typ mit einem grauen Haarkranz nach vorne.
„Hier wird niemand abgewimmelt“, tadelte er den Messdiener und sah mit gierig blitzenden Augen auf Patricia.
„Was kann ich für dich tun, meine Tochter?“, wollte er wissen, dabei sah er sie bemüht gütig an.
„Könnte ich kurz mit Ihnen sprechen? Alleine?“, bat die Dämonin, während sie die hilflose junge Frau perfekt spielte.
Wie dumm sie gewesen war, sich so einfach in die Hände dieses Lüstlings zu geben. Doch in dem Moment, in dem sie ihn ansprach, bemerkte sie kaum, wie sehr er sie begehrte.
Tränen traten ihr in die Augen und sie schluckte schwer. Vor drei Monaten hatte sie es für eine gute Idee gehalten so zu tun, als ob eine Freundin besessen wäre. Heute würde sie dieses Thema in der Gegenwart eines Kirchenmannes bestimmt nie wieder anschneiden.
Fürsorglich hatte der Priester ihr eine Hand in den Rücken gelegt und sie von der kleinen Gruppe weggeführt. In einer Nische blieb er stehen, während er sie abwartend ansah.
Sein Gesicht verriet nichts von seinen Gedanken, aber Patricia sah deutlich, wie er darüber nachdachte sich von ihr einen blasen zu lassen. Schnell unterdrückte sie einen Ekelschauder, dann erzählte sie ihre vorbereitete Lügengeschichte.
Nachdenklich musterte der Mann sie, anschließend packte er sie am Arm.
„Du lügst“, tadelte er sie.
Erschrocken sah sie ihn an, hatte er sie wirklich durchschaut oder wie kam er auf diese Idee? In seinen Gedanken las sie nur, dass er nicht daran glaubte, dass sie von einem Dämon geplagt wurde, obwohl er eine Teufelsaustreibung plante.
„Wie kommt Ihr darauf, Eure Eminenz?“, hauchte sie entsetzt.
Der dicke Priester lachte leise und sah ihr noch einmal tief in die Augen.
„Nicht deine Freundin ist besessen, du selbst hast das Gefühl. Gib es ruhig zu. Wir werden dir auf jeden Fall helfen“, beteuerte er.
Erschrocken wollte sie zurückweichen, doch da rief er schon nach seinem Stab. Eilig erklärte er, dass man unverzüglich einen Exorzismus vorbereiten solle, da sie dringend Hilfe brauchte.
Was dann geschah, hätte Patricia am liebsten aus ihren Gedanken gestrichen. Sie wurde in das Nachbarhaus gebracht, dort riss man ihr die Kleider vom Leib, gleichzeitig besprenkelte der widerliche Kerl sie mit einer Flüssigkeit, die höllisch brannte.
Sie schrie auf vor Schmerz, wandte sich und versuchte dem Zeug auszuweichen, was den Priestern natürlich zeigte, dass es sich hier um eine echte Besessene handelte.
In den Gedanken des Exorzisten las sie, dass er genau das gewollt hatte, damit er sie mit sich nehmen konnte. Er wusste, dass dieser Exorzismus zu keinem Ergebnis führte.
Jemand hüllte sie gnädigerweise in eine Wolldecke ein, dann begannen die anwesenden Geistlichen, zu beten. Immer wieder wurde sie mit dem Zeug besprüht, das eigentlich Weihwasser hätte sein sollen.
Die Tür öffnete sich erneut und sie zuckte erschrocken zusammen, so sehr war sie in der Vergangenheit gefangen gewesen.
„Hier, das letzte Mal hast du beim Duschen die Duschmatten verschmutzt“, rief der Kerl ihr zu, dabei warf er eine Packung Tampons auf den Boden.
Ohne eine Antwort abzuwarten, verschwand er, was Patricia aufatmen ließ. Langsam erhob sie sich und nahm das Päckchen an sich. Einmal in der Woche holte er sie nachts in seine Wohnung, dann musste sie sich in seinem Badezimmer ausziehen und duschen. Anschließend durfte sie den Jogginganzug waschen und in den Trockner stecken, während die Kleider trockneten, blieb sie nackt. Natürlich war er die ganze Zeit anwesend, um sicherzustellen, dass sie niemandem begegnete, den sie um Hilfe bitten konnte oder um zu verhindern, dass sie sich auf andere Art bemerkbar machte.
Dieser verlogene, widerliche Dreckskerl wollte nur seine perverse Lust an ihr stillen.
Als Dämonin bekam sie keine Blutungen, aber sie wagte es nicht, sich hier zu verwandeln, dazu hatte sie zu große Angst. Die Lebensessenz, die sie dringend brauchte, erhielt sie ja jeden Tag gratis. Sobald sie den Mann berührte, konnte sie sich von seinem Lebenselixier nehmen, auch wenn es ekelhaft schmeckte.
Einmal hatte sie versucht ihm so viel abzuzapfen, dass er bewusstlos wurde, dummerweise spürte er zu schnell, dass etwas nicht stimmte, und floh regelrecht aus der Zelle.
Seufzend setzte sie sich zurück auf die Pritsche, während ihre Gedanken nur um eine Frage kreisten, wieso half ihr niemand? Irgendwer musste sie doch aufspüren können.
Es war ihr klar, dass keiner ihrer Verbündeten gesehen hatte, wie man sie in die Limousine mit den dunklen Scheiben zerrte. Ebenso war ihre Ankunft in Limburg unbemerkt geblieben, da der Wagen an einem Seitenportal parkte und die Dunkelheit alles einhüllte. Dazu kam, dass man sie zu dem Zeitpunkt bestimmt nicht vermisste, sie erinnerte sich zu genau dran, dass sie am Morgen noch mit ihrem Großvater telefoniert hatte.
Nicht mal die Priester, die bei dem Exorzismus geholfen hatten, wussten, wo sie jetzt war. Der widerliche Kerl versprach dafür zu sorgen, dass sie zu ihrer Familie zurückkäme. Nur sein persönlicher Assistent ahnte, dass sie hier eingekerkert wurde, aber auch ihn schickte er vorher weg.
Tränen liefen ihr über das Gesicht, weil sie langsam keine Kraft mehr besaß. Jeden Tag diese Demütigungen über sich ergehen zu lassen, war schlimm genug, dazu kam die Angst, dass er irgendwann seine kranken Fantasien ausleben wollte. In seinen Gedanken ging er viel weiter, was sie erschrocken registrierte.
Müde schloss sie die Augen, rieb sich zitternd über die Arme und wickelte sich in die kratzende, schmutzige Decke, die auf der Pritsche lag.
Trostlos starrte sie an die Wand, dabei betete sie innerlich, dass ihr Großvater die Gestaltwandler informiert hatte. Die bestimmte Gruppe war innerhalb ihrer Gesellschaft dafür verantwortlich für Ordnung zu sorgen, so wie eine Armee oder die Polizei bei den Menschen.
Wenn jemand ihr helfen konnte, dann diese Männer. Aber würden sie auf die Idee kommen, in dem Verlies unter dem Dom zu suchen? Die Wahrscheinlichkeit war extrem gering.
Doch was passierte, sobald der Exorzist genug von ihr hatte oder ihm dieses Geheimnis zu gefährlich wurde? Er durfte sie unmöglich einfach gehen lassen, für ihn stand alles auf dem Spiel.
Ihre Gedanken kreisten ständig um den einen Punkt und verhinderten, dass sie einschlief.

~~°~~

Merlin, der Zauberer und seine Ehefrau erwarteten die Männer aus Ballygannon bereits, weil Steward sie informiert hatte. So war es nicht mal nötig zu klingeln, da die Haustür sich öffnete, als die Motoren verstummten.
Caitlin wartete in ihrer normalen Gestalt am großen Küchentisch der beiden und grinsten ihren Leuten fröhlich entgegen.
„Ich nehme mal an, ihr möchtet auch einen Kaffee?“, bot Merlins Frau, Helena ihnen an.
„Kaffee klingt gut“, bestätigte Patrick, ihm steckte der Kirchenbesuch immer noch in den Knochen.
Kein magisches Wesen fühlte sich in so einem Bau wohl und die Gegenwart der Priester sorgte kaum für ein herzliches Willkommen.
„Wenn wir helfen können, sagt einfach Bescheid“, bemerkte der Zauberer, ehe er sich mit seiner Frau zurückziehen wollte.
„Bitte bleibt. Ihr kennt euch besser aus. Wahrscheinlich wisst ihr auch mehr über den Dom sowie die Leute dort“, bat David, dabei deutete er auf den Küchentisch, an dem seine Männer schon Platz genommen hatten.
Lächelnd holte Helena noch zwei Stühle und sie setzten sich dazu.
„Steward hat uns informiert, wir wissen, was passiert ist“, teilte Merlin den Gestaltwandlern mit.
„Im Dom konnten wir nicht sehr viel ausrichten. Emily und ich haben uns mit einem Priester unterhalten, der uns etwas von einem Exorzisten erzählte“, begann David.
Mit zusammengebissenen Zähnen nickte Helena, auch sie und ihr Mann kannten diesen Mistkerl.
„Pater Martin Matthias Grimm, wir sind uns bereits begegnet. Er hat uns mehrfach die Polizei und das Gewerbeaufsichtsamt auf den Hals gehetzt. Ein mehr als unangenehmer Kerl, der gegen alles vorgeht, was in seinen Augen unkeusch oder ketzerisch ist“, bemerkte Merlin.
Fragend sahen die Gestaltwandler ihn an.
„Meine Kleine hier ist eine Erotik-Schriftstellerin, dazu legt sie die Karten und liest aus der Hand. Ich verdiene mein Geld mit einem Online-Erotik-Shop. Genug Futter für unseren übereifrigen Geistlichen“, erklärte der Zauberer mit einem breiten Grinsen.
„Bist du eine Hellseherin?“, wollte Caitlin fasziniert von Helena wissen.
Die Frau lachte leise auf und nickte verlegen.
„Ich bin zur Hälfte ein Engel, dabei nutze ich meine Fähigkeiten, um Menschen zu helfen, meinen Unterhalt bestreite ich mit den Büchern“, antwortete sie.
„Der Exorzist war jedenfalls vor gut drei Monaten in Berlin. Wenn das kein Zufall ist“, erzählte David weiter.
„Wir konnten keine Spuren von Patricia finden, aber das heißt nichts. Wir sollten diese Nacht einen ausführlicheren Besuch einplanen“, schlug Logan vor.
„Uns sind Lüftungsschächte für die Heizung aufgefallen und im linken Seitenschiff gibt es eine kleine Kapelle, die tiefer liegt. Somit ist es gut möglich, dass sich unter dem Dom noch einige Räume befinden“, mischte Lea sich ein.
Sie lächelte Helena zu, da sie sich auf Anhieb verstanden und nur mit den Augen kommunizieren konnten.
Gerry sah von einem Engel zum anderen, dann hob er den Blick, wobei sein Grinsen breiter wurde.
„Jetzt verstehe ich auch, warum es hier von Anfang an so hell und warm war. Es sieht aus, als ob sich der Sonnenschein von draußen, in eurem Wohnflur verdoppelt“, bemerkte er leise.
Helena lachte, sofort legten sich Frohsinn und Leichtigkeit über die Anwesenden.
„Während ich Trost und Hoffnung senden kann, ist ihr Bereich die Fröhlichkeit und das Lachen“, erklärte Lea.
„Dann kommen wir gerne auf dich zurück, sobald wir Patricia zu euch bringen. Sie wird eine Aufmunterung brauchen“, meinte Gerry ernst.
„Im Kirchenschiff ist jedenfalls kein Hinweis, der auf Ronwes Enkeltochter schließen lässt. Links findet man ein uraltes Grabmal von dem Erbauer des Doms. Die restlichen Türen, die interessant sein könnten, waren abgeschlossen“, bemerkte Brian jetzt.
„Ich habe auch nichts entdeckt. Die Empore ist kaum dazu geeignet, jemanden zu verstecken. Ebenso gibt es von außen keine Anzeichen, dass ein geheimer Eingang oder Ähnliches irgendwo dort ist“, mischte Cat sich ein.
„Trotzdem glaube ich, dass sie im Dom ist. Ein Priester kauft keinesfalls Tampons ohne Grund“, erwiderte Logan.
„Kannst du in die Zukunft sehen? Bist du vielleicht in der Lage zu ermitteln, wo sie ist?“, wollte jetzt David von Helena wissen.
Bedauernd schüttelte sie den Kopf.
„Leider erkenne ich die kommenden Dinge eher schemenhaft und das auch nur, wenn ich direkten Kontakt zu der betreffenden Person habe. Sonst hätte ich Steward schon längst gesagt, wo Ronwes Enkelin ist“, lehnte sie traurig ab.
„Gut, dann gehen wir heute Nacht auf die Jagd. Patrick, such alles raus, was du über den Dom und die Geistlichen dort findest. Wo sie wohnen, was sie tun, ob das Gebäude bewacht wird und so weiter. Ruf Joleen an, sie soll dir helfen“, befahl David.
„Wenn du willst, kannst du meinen Computer nehmen“, bot Merlin sofort an und brachte den jungen Panther in sein Arbeitszimmer.
„Was können wir machen?“, wollte Caitlin wissen.
„Abwarten“, murmelte Brian, dabei legte er einen Arm um sie.

Kapitel 2 - Befreiungsaktion

 

„Wenn ihr möchtet, zeige ich euch die Zimmer, wo ihr euch ausruhen könnt“, bot Helena aufmerksam an.
Logan, Brian und Cat stimmten erfreut zu, während David sich zu Merlin und Patrick gesellten. Gerry und Lea blieben sitzen, dabei nickten sie der Frau freundlich zu.
„Ich bin gleich wieder bei euch, dann können wir uns in Ruhe austauschen“, bemerkte sie, ehe sie die Gestaltwandler auf eine Treppe zu führte.
Kurz darauf war sie zurück und setzte sich zu dem Arzt und seiner Gefährtin an den Tisch.
„Wenn du ein Engel bist, kennst du bestimmt auch Azrael“, begann Gerry mürrisch.
Sofort erschien ein sanftes Lächeln auf ihrem Gesicht.
„Oh ja, er ist gütig, charmant und ein wahrer Freund“, rief sie aus, was Lea leise lachen ließ.
„Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir von dem gleichen Kerl sprechen. Er hat meine Gefährtin in den Himmel geholt und mich unglaublich leiden lassen“, knurrte der Luchs.
Natürlich wusste er, dass das nicht die ganze Wahrheit war, aber diese Aktion hatte er dem Erzengel extrem übel genommen.
„Das glaube ich auf keinen Fall. Er würde dich niemals extra leiden lassen“, entgegnete Helena, dabei sah sie den Mann skeptisch an.
„Stimmt, es lag keineswegs an Azrael. Er war nur der Bote, der einen Befehl ausgeführt hat. Ich habe an mir gezweifelt, so sehr, dass man mich zurückgeholt hat“, erklärte Lea jetzt mit einem tadelnden Blick auf ihren Liebsten.
Aufatmend lehnte Helena sich zurück, mit dieser Version der Geschichte konnte sie leben. Auch sie kannte sich in den himmlischen Gefilden aus, dabei unterlag sie ähnlichen Gesetzen wie Lea.
„Kannst du uns wirklich nicht helfen? Vielleicht siehst du etwas in den Karten?“, bat Lea leise.
Seufzend stand ihre Gastgeberin auf und holte ihre Lenormand-Karten, ebenso wie ein wunderschönes Engel-Kartenspiel.
„Gibt es ein Foto von ihr?“, wollte sie wissen.
Sofort zog Gerry sein Smartphone aus der Tasche und zeigte ihr das Bild einer schlanken, jungen Frau mit blonden Haaren und einem sympathischen Lächeln.
Konzentriert prägte sie sich das Abbild ein. Sie sah den winzigen roten Funken in den Pupillen, den wissenden Blick, der verriet, dass sie weitaus älter war, als man ihr ansah und ebenso den minimalen Graustich in ihren hellen Locken.
„Sie ist älter als sie aussieht, was für eine Dämonin nichts Besonderes darstellt. Wisst ihr, was sie für Fähigkeiten hat?“, wollte Helena wissen.
Bedauernd schüttelte Gerry den Kopf, darüber hatte Ronwe sich ausgeschwiegen. Dämonen waren eigen, was ihre Kräfte anging.
Konzentriert mischte die Frau ihre Wahrsagekarten, sah immer noch auf das Foto von Patricia. Endlich nickte sie dem Luchs zu, dann begann sie mit dem Auslegen der Lenormandkarten.
Stumm starrte sie auf das Blatt, überlegte, wie die Bilder zusammenpassten und was sie daraus lesen konnte.
„Sie ist in einem großen, hohen Gebäude oder Ähnlichem gefangen“, bemerkte sie leise, dabei tippte sie auf eine Karte, die tatsächlich einen Turm darstellte.
„Sie hat Angst, weil sie langsam die Hoffnung verliert. Ein älterer Mann spielt hier eine Rolle“, erklärte sie weiter.
Mit dem Zeigefinger wies sie auf die verschiedenen Bilder, den Mond, die Wolken, den Sarg und die Sterne. Zum Schluss legte sie die Fingerspitze auf eine Karte, die einen Bären zeigte.
„Es kann gut sein, dass man sie im Dom gefangen hält, vieles deutet daraufhin, nur kommen genauso auch andere Gebäude infrage. Ebenso sagt dieses Blatt, dass ihr erfolgreich sein werdet, allerdings kommt euch jemand in die Quere. Ihr solltet gut aufpassen heute Nacht“, warnte sie ihre Zuhörer.
„Was heißt das? Wird uns ein Mensch auflauern?“, erkundigte Lea sich.
„Das erkenne ich nicht, aber ein älterer Mann wird alles tun, um euch zu behindern. Es könnte Grimm sein, dummerweise stehen keine Namen auf den Karten“, antwortete Helena bedauernd.
„Ich weiß nur, dass ihr am Ende erfolgreich sein werdet. Es tut mir leid, doch ich sehe keinerlei Hinweise, die uns weiterbringen. Ich sagte ja bereits, dass ich das so nicht wirklich kann“, damit sammelte sie ihr Deck wieder ein.
„Du hast uns schon sehr geholfen. Wir werden vorsichtig sein“, bemerkte Gerry und schenkte ihr ein Lächeln.
Helena seufzte leise, wie gerne hätte sie ihm genau gesagt, wie und wo er die junge Frau fand, dummerweise reichten ihre Fähigkeiten dazu keinesfalls aus. Schnell räumte sie die Karten weg und ging in die Küche, es wurde Zeit das Abendessen vorzubereiten.
Merlin hatte vorgeschlagen zu grillen, aber es war jetzt Anfang März einfach noch zu kalt. So entschied sie sich für einen Hackfleisch-Auflauf, da sie vermutete, dass die Gestaltwandler sich kaum vegan ernährten.
„Soll ich dir helfen?“, erkundigte Lea sich, die in die Küche kam.
„Nein danke, es ist nicht viel zu tun“, blockte Helena freundlich ab.
„Ich bin fasziniert jemandem zu begegnen, der so ist, wie ich“, gab der Erdenengel offen zu.
„Das geht mir ähnlich. Die meisten Engel sind ein wenig steif und so unendlich perfekt, denen gehe ich ehrlich gesagt lieber aus dem Weg“, flüsterte ihre Gastgeberin verlegen.
Lea lachte auf, ihr ging es ebenso und genau aus diesem Grund fand sie es erfrischend, sich mit Helena auszutauschen.

~~°~~

Patricia hatte sich eng auf der schmalen Pritsche zusammengerollt, auf der einen Seite um sich vor der Kälte zu schützen, andererseits um dem Gefühl der Hoffnungslosigkeit zu entgehen.
Verzweifelt versuchte sie ihre Gedanken auf etwas Erfreuliches zu lenken, doch immer wieder sah sie ihren Peiniger vor sich. Ihre Kleidung roch nach seinem Sperma, dabei erinnerte sie sich zu genau an seine Fantasien. Sobald er sie zwang ihn zu befriedigen, malte er sich aus, wie er sie vergewaltigte.
Tränen schossen ihr in die Augen und sie schluckte hart. Seit drei Monaten hoffte sie, dass ihre Leute sie irgendwie fanden. Ständig horchte sie auf die leisen Geräusche, die ab und zu durch die Steinmauern drangen. Mittlerweile konnte sie zuordnen, wenn die Menschen zum Gottesdienst kamen oder man Besucher durch den Dom führte. Die Lüftung der Heizung trug die Stimmen zu ihr.
Am Anfang hatte sie nach Hilfe geschrien, doch niemand hörte sie. Irgendwann gab sie auf, zog sich in sich selbst zurück. Sie begehrte nur noch auf, sobald sie ihrem Peiniger gegenübertreten musste.
Die Tür wurde aufgeschlossen und sie schrak mit einem angstvollen Blick hoch, ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich, es war tatsächlich der Priester. Müde straffte sie die Schultern, der Kerl sollte auf keinesfalls den Eindruck bekommen, dass er gewonnen hatte.
„Es ist Zeit zu duschen“, befahl er ihr fast freundlich, gleichzeitig packte er sie am Arm.
Beinahe sanft zog er sie von der Pritsche, dabei sorgte er dafür, dass sie ihm nicht zu nahe kam. Auf keinen Fall konnte er es sich erlauben, Spermaspuren auf seinen Kleidern zu haben.
Schnell führte er sie durch ein Gewirr von Gängen und eine Treppe hinauf, ehe sie den Hof betraten. Hektisch zerrte er sie mit sich bis zu seiner kleinen Wohnung im alten Schloss.
Im Badezimmer zog er leise die Tür zu, schloss sie ab, dann wandte er sich mit einem bemüht väterlichen Blick zu ihr um.
„Beeil dich, meine Tochter“, mahnte er und sah gierig auf ihre zierliche Gestalt.
Resignierend streifte sie das Sweatshirt und die Jogginghose ab, weitere Kleider erlaubte er ihr nicht. Den Kopf gesenkt, hob sie die Sachen auf, legte sie in das Waschbecken, streute etwas Waschpulver darauf und drehte das Wasser auf. Konzentriert rieb sie die Flecken aus den Kleidungsstücken, anschließend wrang sie die beiden Teile aus und steckte sie in den Trockner. Die Waschmaschine durfte sie nicht benutzen, was ihr ganz Recht war, denn dann hätte sie noch länger nackt vor ihm stehen müssen.
„So und jetzt komm her“, befahl er und sie blickte ihn irritiert an.
Das war neu, bisher hatte er sich hier im Badezimmer aufs Zusehen beschränkt. Schnell drang sie in seine Gedanken ein und zuckte erschrocken zurück, zu deutlich sah sie ihre eigene Vergewaltigung.
„Komm her Satan oder soll ich nachhelfen“, herrschte er sie an.
Störrisch verschränkte sie die Arme vor der Brust, während sie den Kopf schüttelte.
„Ich lasse mich nicht länger demütigen“, flüsterte sie, dabei war ihr klar, dass er alles gegen sie verwenden würde.
Mit einem großen Schritt war er bei ihr, packte ihre Schulter und drückte sie gewaltsam zu Boden.
„Verfluchter Dämon, heute werde ich dich austreiben. Mit meinem eigenen heiligen Samen bringe ich dich dazu, diese junge Frau zu verlassen“, stieß er geifernd hervor.
Mit einer Hand hielt er sie auf den Knien, während er mit der anderen Hand seine Hose öffnete und runter zerrte.
Verzweifelt wandte sie sich unter seinem Griff, kämpfte wie besessen gegen ihn an, dabei brachte sie ihn sogar aus dem Gleichgewicht. Mit einem Schreckenslaut taumelte er nach hinten, wobei seine Hose, die ihm bis zu den Fußgelenken herunter gerutscht war, ihn weiter behinderte. Er konnte sich gerade an der Wand abfangen, ehe er stürzte.
Patricia sprang auf, ihr war es egal, dass sie nackt fliehen musste. Schnell rannte sie auf die Tür zu, rüttelte an der Klinke und trat panisch dagegen, ehe der Kerl seinen Unterarm fest gegen ihre Kehle presste.
„Still jetzt, sonst knebel und fessele ich dich“, zischte er ihr ins Ohr.
Immer noch zappelte sie in seinem Griff, versuchte mit allen Mitteln freizukommen, doch er drückte ihr kurzerhand die Luft ab.
Endlich erlahmte ihre Gegenwehr und sie sank weinend in sich zusammen. Es gab kein Entkommen, ebenso las sie in seinen Gedanken, dass ihr Aufbäumen ihn nur weiter angeregt hatte. Er würde sie so lange vergewaltigen, bis er eine andere fand, dann musste er sie entsorgen.
Ohne darüber nachzudenken, verwandelte sie sich. Ihre Haut verfärbte sich, hellrote und schwarze Stellen formten sich zu einem dämonischen Muster. Hornige Zacken schoben sich aus ihrer Wirbelsäule, während ihre Ohren Spitzen bekamen, die sich zwischen den Haaren deutlich abzeichneten. Ihre Iriden leuchteten in einem unwirklichen Schwarz, dabei sah man keine Skleren mehr, ebenso gab es keine Pupille, nur diese tiefschwarzen Abgründe mit den hellroten Flecken.
Vorsichtig kroch sie vor ihm zurück, sah ihn verängstigt und gleichzeitig warnend an. Die Dämonin in ihr ließ sich kaum länger bezähmen, sie würde ihre Krallen ausfahren, wenn er ihr zu nahe kam.
Erschrocken keuchte er auf, in seinen Augen flackerte die Unsicherheit, doch viel zu schnell hatte er sich wieder im Griff.
„So, du bist also wirklich ein böser Geist, umso besser, dann kann ich dich benutzen, wie ich will. Mein Gelübde gilt nur für Menschen und eine Seele hast du auch nicht“, rief er erfreut.
In seinen Gedanken las sie, dass er sich darauf freute, es mit einer so außergewöhnlichen Kreatur treiben zu können. Außerdem war er absolut davon überzeugt, dass er mit ihr spielend fertig wurde. Immerhin war er ein ausgebildeter Exorzist, obwohl er bis heute keinem echten Dämon begegnet war.
„Komm mir nicht zu nahe, ich töte dich, Priester“, spuckte sie ihm entgegen.
Leider war das nur eine leere Drohung, da Patricia es kaum übers Herz brachte, jemanden umzubringen. Außerdem fehlte ihr die Kraft oder zumindest das Werkzeug.
„Das wagst du nicht, Satan. Ich bin ein Diener Gottes und dazu ausgebildet deinesgleichen zu vernichten“, rief der Mann selbstgefällig.
Ehe sie sich versehen hatte, schlug er ihr heftig ins Gesicht, sie taumelte zurück, verlor das Gleichgewicht und prallte hart auf dem Boden auf. Schneller als sie vermutete war er über ihr, packte ihre Kehle mit einem schmerzhaften Griff, der sie zum Wimmern brachte.
Wieso hatte sie auch keine übernatürliche Stärke, die ihr half, diesen Widerling von sich zu stoßen? Hilflos schluckte sie, was ihr seine Finger an ihrem Hals verdeutlichte.
„Wenn du nicht tust, was ich sage, töte ich dich. Glaub mir, ich zögere keine Sekunde und zerquetsche dir den Kehlkopf“, warnte er sie.
Zögernd nickte sie leicht, dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen. Tränen liefen ihr über das Gesicht und in ihren Pupillen erlosch das rote Funkeln.
Mit einer Hand hielt der Priester ihre Kehle fest, mit der anderen rieb er seinen halb erigierten Penis. In seiner Miene sah sie nur die Geilheit, die ihre ausweglose Lage noch steigerte.
„Mach den Mund auf“, presste er nach einer kurzen Weile heraus.
Stumm schüttelte sie den Kopf, doch sofort drückte er zu und sie bekam keine Luft mehr. Angstvoll riss sie die Augen auf, nur nutzte ihr das ebenso wenig.
„Bitte“, krächzte sie.
„Mach. Den. Mund. Auf“, stieß er erneut hervor, während er seinen Schwanz fest gepackt hielt.
Sein Atem kam stoßweise, dicke Schweißtropfen liefen über seine Stirn und man sah, dass er nicht in der Lage war, sich allzu lange zu beherrschen.
Endlich gab sie nach, der Druck auf ihren Kehlkopf verschwand augenblicklich und zwei Sekunden später spürte sie seine Eichel an ihren Lippen. Vor Demütigung und Ekel schloss sie die Augen, als er sich mit einem lauten Stöhnen in ihrer Mundhöhle erleichterte.
Ehe sie seinen Samen ausspucken konnte, presste er eine Hand auf ihren Mund.
„Schluck“, fauchte er mit einem irren Blick.
Es blieb ihr kaum etwas anderes übrig, zumal er jetzt auch noch ihre Nase zuhielt. Vor Übelkeit würgte sie, doch sie schluckte das Sperma hinunter.
Endlich ließ er sie los und sie fiel auf den Boden, wo sie sich sofort zusammenrollte.
Patricia wollte nichts mehr sehen, nichts mehr spüren, diese orale Vergewaltigung war zu viel. Ihre Augen schlossen sich, sie tötete alle Gefühle ab, blockte jede Emotion ab und zog sich so weit es ging in sich selbst zurück. Der dämonische Anteil in ihr bäumte sich auf. Ihre innere Dämonin schrie vor Wut und wünschte sich dem Kerl die Eingeweide rauszureißen. Allerdings siegte ihr Verstand, denn gegen den Mann hatte sie keine Chance.
„Steh auf und dusch dich“, befahl der Priester, dabei stieß er sie mit der Schuhspitze an.
Langsam hob sie die Lider, blickte ihn völlig kalt und gleichgültig an, ehe sie sich taumelnd erhob. Mit einem Satz war sie bei der Toilette, riss den Deckel hoch und übergab sich.
Angewidert trat der Exorzist einen Schritt zurück, dann lachte er leise.
„Siehst du, mein Samen reinigt dich“, bemerkte er selbstgefällig.
Während sie sich über die Kloschüssel beugte, nahm sie ihre menschliche Form erneut an, was den Schweinehund nur bestätigte.
Immer wieder würgte sie, selbst als sich nichts mehr in ihrem Magen befand, schüttelte sie weiterhin ein trockenes Würgen. Hilflos klammerte sie sich an dem Toilettenrand fest, die Haare fielen ihr ins Gesicht und sie schob sie fahrig zur Seite.
„Jetzt weißt du, meine Tochter, dass es genau das Richtige war, um dem Dämon Einhalt zu gebieten. Wir werden diese Prozedur noch ein oder zwei Mal wiederholen, dann dürfte der Teufel genug haben“, teilte der Exorzist ihr freundlich mit.
Mit aller Gewalt riss sie sich zusammen und schluckte die höhnische Antwort herunter. Der Kerl würde es nur wieder so auslegen, dass der böse Geist mit ihm sprach.
Endlich hob sie den Kopf, sie war erschreckend bleich, ihre Augen wirkten riesig in ihrem schmalen Gesicht und Tränen benetzten ihre Wangen.
„Das ist richtig, ich fühle mich auch schon viel freier“, stimmte sie ihm zu.
Es gab nur einen Weg heil aus dieser Sache herauszukommen, sie musste sein Spiel mitspielen.
Vorsichtig schob der Mann eine Hand unter ihren Arm und half ihr auf die Beine, anschließend brachte er sie zur Dusche.
„Reinige dich, es wird dir guttun“, befahl er ruhig.
Darin gab sie ihm wirklich recht, da sie sich vor sich selbst ekelte. Schnell betrat sie die Duschkabine, stellte das Wasser an und spülte sich zuerst den Mund aus.
Eine ganze Weile ließ sie den heißen Strahl auf ihren Körper prasseln, während sie sich immer wieder einseifte, so als ob sie alles von sich waschen könnte.
Sie bemerkte, wie der Priester nervös vor der Plexiglaswand hin- und herlief, doch sie wollte die Dusche noch nicht verlassen. Erst als es empfindlich kalt wurde und ihre Haut bereits schrumpelte, stellte sie das Wasser ab.
Ohne den Geistlichen anzusehen, angelte sie nach einem Handtuch und wickelte sich darin ein. Ebenso schlang sie sich ein Tuch um den Kopf, um ihre Haare zu trocknen. Einen Föhn durfte sie um diese Uhrzeit keinesfalls benutzten, da es viel zu laut wäre und sie auffallen mussten.
Endlich war der Wäschetrockner durchgelaufen und sie zog sich erleichtert an, obwohl sich die Sachen noch klamm und feucht anfühlten, doch auch das kannte sie schon. Der Priester erlaubte ihr nur das kürzeste Programm, was nicht mal für die zwei Teile wirklich ausreichte.
Hektisch packte er erneut ihren Arm und brachte sie in die kalte Zelle unter dem Dom zurück.
Sofort wickelte sie sich in die Decke ein, aber er schenkte ihr keinen weiteren Blick mehr, sondern beeilte sich, in seine Wohnung zurückzukommen.

~~°~~

Während die Gestaltwandler darauf warteten, dass die Sonne unterging und auch die letzte Messe im Dom vorbei war, bereitete Helena ein leckeres Abendessen zu. Hilfe von den drei Frauen lehnte sie lächelnd ab, da sie den die Bolognesesoße bereits vorbereitet hatte und sie im Prinzip nur noch aufwärmen musste.
Beim Essen entspannten sie sich, scherzten und lachten, als ob sie sich eine Ewigkeit kennen würden.
„Sag mal Merlin, bist du nicht in der Lage uns ein wenig Klarheit zu bringen? Du hast doch Zauberkräfte“, erkundigte Brian sich, ehe David eingreifen konnte.
Caitlin stieß ihm den Ellbogen in die Seite und verdrehte die Augen.
„Du benimmst dich so unmöglich“, flüsterte sie, aber ihr Gefährte zuckte nur mit den Schultern.
„Ist schon in Ordnung. Es tut mir leid, meine Fähigkeiten beschränken sich darauf, Menschen zu manipulieren. Ich kann dafür sorgen, dass sie Dinge sehen, die es nicht gibt oder sie dazu bringen, jemandem zu helfen. Jedenfalls setze ich die Zauberkräfte für solche Sachen ein. Natürlich könnte ich sie ebenso zu ganz anderen Handlungen zwingen. Es ist ähnlich wie eine Hypnose, außerdem schaffe ich es, mich mit Greifvögeln und Hunden zu unterhalten. Dummerweise hilft das in diesem Fall niemandem“, antwortete der Zauberer bedauernd.
„Das erklärt auch deine Volieren“, bemerkte Lea leise.
Helena hatte ihnen bereits den Adler und den Uhu gezeigt, die beide erstaunlich zahm waren.
„Die Zwei sind gerne bei mir. Hier bekommen sie alles, was sie brauchen, müssen sich keine Gedanken um Nahrung oder Feinde machen, wenn sie fliegen wollen, sagen sie einfach Bescheid“, erzählte Merlin lächelnd.
Verstehend nickten die Gestaltwandler, so etwas nannte man dann wohl perfekte Tierhaltung.
Zusammen räumten sie den Tisch ab, anschließend ging Patrick noch einmal an den Computer, um die neusten Informationen abzurufen. Er druckte für jedes Mitglied die wichtigsten Dinge über den Dom und seine Umgebung aus. Darunter waren Zeichnungen, die die Katakomben des Gebäudes zeigten, ebenso wie die Keller der Nebengebäude.
„Ihr solltet vorsichtig sein, die Pater leben in dem alten Limburger Schloss direkt hinter dem Dom“, bemerkte Helena, als die Söldner sich zum Aufbruch sammelten.
„Ich kann nicht mal vorausfliegen. Im Dunkeln bin ich so gut wie blind“, erklärte Caitlin bedrückt.
„Kein Problem, du fährst mit uns und hältst einfach die Augen offen“, tröstete David sie mit einem Zwinkern.
„Sollten wir sie finden, kommen wir zuerst hierher. Unser Flugzeug wartet zwar in Frankfurt, aber sie bekommen um diese Uhrzeit kaum so schnell eine Starterlaubnis“, teilte der Werwolf seinen Gastgebern mit.
„Ihr seid hier jederzeit willkommen“, versicherte Helena mit einem Lächeln, dass ihre Herzen leichter werden ließ.
Eilig gingen sie zu den Leihwagen und machten sich auf den Weg zum Dom. Da es bereits kurz vor Mitternacht war, dürfte dort keiner mehr sein.
Dieses Mal parkten sie in einem Parkhaus in der Stadt, damit niemand sie hören konnte, dabei hofften sie, dass Patricia in der Lage war, diese Strecke zu laufen, aber zur Not würden sie die junge Frau auch tragen.
Geschmeidig und lautlos liefen sie durch die engen Gassen, die durch die schiefen Häuser noch düsterer aussahen. In der Tat neigten sich fast alle Gebäude zur Straße hin. Es ging stetig bergauf, wobei das Kopfsteinpflaster verriet, dass sie sich hier auf sehr altem Boden befanden.
Endlich kamen sie auf dem Domplatz an, David hob eine Hand und sie stoppten an einem Häuschen, in dem die öffentlichen Toiletten untergebracht waren.
Straßenlaternen beleuchteten den Dom, was ihre Aufgabe deutlich erschwerte, allerdings würden sie bestimmt nicht durch das Hauptportal eintreten. Jeder, der vorbei lief, bemerkte sofort, wenn sich jemand an dieser Tür zuschaffen machte.
„Die Pforte der Barmherzigkeit ist gleich da vorne, ein Stückchen weiter ist der Eingang zum Schlosshof. Brian, du gehst mit Emily rüber. Ihr öffnet die Seitentür. Wir folgen mit einem Sicherheitsabstand, so müssten wir ungesehen in den Dom kommen. Sobald ihr drinnen seid, knackt ihr das Schloss zu der Tür, die in die Katakomben führen. Der Altarraum und die Sakristei heben wir uns bis zum Schluss auf. Es ist unwahrscheinlich, dass Patricia dort ist“, befahl David im Flüsterton.
Brian packte Emilys Hand und zusammen liefen sie zu dem besagten Seitentor. Für einen flüchtigen Betrachter sahen sie aus, wie ein verliebtes Paar, das einen Spaziergang unternahm.
Der junge Werwolf blickte sich noch einmal um, ehe sie in den Schatten der Seitenpforte eintauchten.
„Patrick, Gerry und Lea, ihr geht jetzt“, flüsterte ihr Anführer nach guten zehn Minuten.
Sofort machten die Angesprochenen sich auf den Weg und waren ebenso kurz darauf verschwunden. Wieder wartete der Wolf, ehe er zusammen mit Caitlin sowie Logan loslief.
Im Inneren des Doms gab es eine Tür, direkt vor dem Altarraum, die in den Unterbau führte. Emily öffnete sie geschickt, ohne einen Laut zu verursachen und David lächelte ihr anerkennend zu.
Schnell stiegen sie die Stufen hinunter, wobei Patrick ihnen mit einer Taschenlampe leuchtete.
In den Katakomben angekommen teilte sich der Weg und zwang sie, sich aufzuteilen.
„Hier unten wird uns wohl kaum einer auflauern“, bemerkte Emily, doch sie rieb sich fröstelnd über die Oberarme.
Es roch muffig, gleichzeitig drang die Feuchtigkeit in ihre Kleider, als ob sie sich an ihnen festklammern wollte. Außerdem spürten sie, dass in diesen Kellergewölben grausame Dinge geschehen waren. Die gesamte Atmosphäre in dem Keller fühlte sich düster und stickig an.
David legte einen Arm um seine Gefährtin und zog sie beschützend an sich.
„Logan, Patrick, Emily und ich nehmen den linken Weg, ihr den anderen. Lasst uns gehen, wenn wir keine Spur finden, treffen wir uns in spätestens einer Stunde wieder auf dem Domplatz“, befahl der Werwolf leise und nickte seinen Leuten zu.
Langsam gingen sie den schmalen Pfad entlang, suchten nach versteckten Türen, Abzweigungen oder Hinweisen, dass sich vor Kurzem jemand in dem Gewölbe aufgehalten hatte. Patrick leuchtete mit der Taschenlampe den Weg aus, obwohl seine Brüder diese Hilfe nicht brauchten. Allerdings freute Emily sich über das Licht, da sie sonst bestimmt ständig gegen die Wände stoßen würde. Immerhin besaß sie weder das Gehör noch den Sehsinn der Gestaltwandler.
Unsicher klammerte sie sich an den Arm ihres Gefährten, sobald sie über Unebenheiten stolperte oder sich an den Wandvorsprüngen stieß. Ihr war alles andere als wohl hier in der Gruft.
„Ich sollte wieder nach oben gehen“, wisperte sie ernüchtert.
„Auf keinen Fall, das ist zu gefährlich. Wenn jemand uns entdeckt, dann möchte ich an deiner Seite sein“, zischte David zurück, während er sie um eine Biegung führte.
Lea und Caitlin in der zweiten Gruppe ging es nicht viel besser, da auch der Weg enorm eng und beängstigend wirkte. Irgendwie erwarteten sie, jederzeit auf ein Grab oder ein Skelett zu stoßen.
Cat atmete auf, als sie um eine Ecke bogen und eine offene Tür bemerkten, die wohl zu einer Zelle gehörte. Ein Blick in den Raum bestätigte ihnen, dass dieser Kerker immer noch benutzt wurde. Die Glühbirne brannte, auf der schmalen Pritsche lag eine zerwühlte Decke und die Gestaltwandler nahmen Spermareste wahr, ebenso wie den Geruch der Dämonin.
Außerdem stand eine Flasche Wasser sowie ein Päckchen Tampons neben dem Bett.
„Mist, hier ist sie nicht mehr“, grummelte Brian, aber Gerry schüttelte sofort warnend den Kopf.
Ruhig deutete er auf den Gang und erst jetzt bemerkte der junge Werwolf, dass es noch weitere Zellen gab. Insgesamt zählten sie sechs massive Türen, die der Wolf mit Leichtigkeit aufbrach, doch diese Räume waren definitiv schon seit Jahren leer.
„Schnell wir müssen die anderen warnen und dann raus aus dem Bau. Es kann sein, dass sie Patricia jede Sekunde zurückbringen“, flüsterte Gerry.
Caitlin wollte etwas sagen, aber der Luchs schüttelte nur den Kopf, dabei drängte er sie zurück.
Vor der Treppe in den Dom trafen sie auf David und den Rest der Mannschaft. Sofort legte der Arzt einen Finger auf die Lippen, gleichzeitig deutete er nach oben.
Seine Begleiter verstanden ihn ohne einen Laut, schnell verließen sie die Katakomben und den Dom auf die gleiche Weise, wie sie ihn betreten hatten. Kurz darauf befanden sie sich erneut in der Altstadt, die wie ausgestorben vor ihnen lag. Lautlos schlichen sie durch die Gassen bis zu dem Parkhaus, aber auch jetzt wechselten sie kein Wort, sondern fuhren auf direktem Weg zu Merlin.
Obwohl sie ihren Gastgebern gesagt hatten, dass sie nicht warten müssten und sie einen Schlüssel besaßen, öffnete ihnen Helena die Tür.
„Habt ihr etwas erreicht?“, erkundigte der Zauberer sich, als sie am Tisch saßen.
David sah fragend auf Gerry, denn er wollte erfahren, was eigentlich los war.
„Wir haben eine Zelle gefunden, in der vor kurzem ein Dämon gefangen gehalten wurde. Der Geruch lag so deutlich in der Luft, dass es weniger als eine halbe Stunde her sein müsste. Darüber hinaus fanden wir in dem Raum eine Packung Tampons, daher gehe ich davon aus, dass es sich um Patricia handelt. Keine Ahnung, wo sie im Moment ist, aber ich glaube, dass sie dorthin zurückkehrt“, erklärte der Arzt ruhig.
Nachdenklich sah David in die Runde.
„Wenn sie vor so kurzer Zeit noch in dieser Zelle war, hätten wir sie sehen müssen, falls sie jemand weggebracht hat. Außerdem halten unsere Spitzel an der Auffahrt Wache“, bemerkte der Anführer.
„Wieso befinden sie sich eigentlich nicht in dem Dom oder wenigstens auf dem Domplatz? Könnten sie so eventuell etwas Wichtiges übersehen?“, wollte Lea wissen.
„Sollten sie sich zu dicht an dem Gebäude aufhalten, ist es zu auffällig. Niemand treibt sich ständig nachts am Dom herum. Sie sind so positioniert, dass sie die Zufahrt im Auge haben. Der Priester muss Patricia mit einem Auto wegbringen. Sie wird wohl kaum unerkannt durch die Straßen laufen und schon gar nicht freiwillig“, erklärte Cailtin, die bei ihrem ersten Rundflug bereits einige Verbündete erkannte.
„Und wenn er ein Fahrzeug nimmt, das getönte Scheiben hat? Dann können unsere Wachen die Personen im Inneren schlecht erkennen“, hielt Lea wieder dagegen.
Sie machte sich große Sorgen, um die Dämonin, dabei hoffte sie, dass sie keinen Fehler begangen hatten.
„Jeder Wagen, der zum Dom fährt oder von dort wegfährt, wird von Ronwe und seinen Leuten überprüft. Bisher brachte diese Überprüfung keinen Hinweis. Wir sind absolut sicher, dass Patricia nicht weggebracht wurde, falls sie in dem Dom ist. Tagsüber halten sich auch ein paar Späher im Schlosshof oder in der direkten Umgebung auf. Nur nachts fällt es zu sehr auf“, erklärte David.
„Aber wo ist sie jetzt? Wir hätten sie sehen müssen“, mischte Logan sich ein.
„Es roch extrem nach Sperma in dieser Zelle“, bemerkte Gerry, der angewidert das Gesicht verzog.
„Vielleicht hat der Kerl sie getötet“, vermutete Patrick leise.
„Wieso besorgt er ihr Tampons, wenn er vorhat, sie zu töten? Außerdem gab es keinen Hinweis, Todesangst hinterlässt einen ganz besonderen Geruch. Nein in dem Raum gab es keinen Mord“, wehrte der Arzt ab.
„Was machen wir jetzt?“, erkundigte Logan sich.
„Wir informieren Ronwe, dass er die Spitzel verstärkt und sie sollen sich, möglichst auch im Schloss umsehen. Anschließend gehen wir schlafen. Morgen nehmen wir an einer Führung teil und mit ein wenig Glück können Logan und ich uns im Gebäude verstecken. Wir halten die Augen offen, denn so weit ich es gesehen habe, kommt man aus diesem unterirdischen Gewirr nur über diese eine Treppe raus. Der Rest bleibt in der Nähe, sodass wir euch schnellstmöglich erreichen, falls etwas passiert. Sollten wir nicht anrufen, dann geht ihr in den Dom, sobald es dunkel genug ist. Also nach der letzten Messe um sechs“, antwortete David ernst.
Der Plan klang gut, so müssten sie dahinter kommen, wo genau Ronwes Enkelin steckte, zumal es so aussah, dass sie in die Zelle zurückkehren würde.
Müde verabschiedeten sich die Gestaltwandler von ihren Gastgebern und gingen ins Bett, dabei hofften sie, dass sie die Dämonin endlich befreien konnten.

~~°~~

In Patricia tobte ein innerer Kampf, den sie mit aller Kraft unterdrückte. Sie versuchte sich zum Schein auf den Priester einzulassen, denn wenn er das Gefühl hatte, sie stimme ihm zu, ließ er sie vielleicht doch frei.
Natürlich müsste sie in dem Fall mindestens noch eine orale Vergewaltigung über sich ergehen lassen.
Bei dem Gedanken bäumte sich der dämonische Anteil in ihr auf und sie brauchte jedes Bisschen Selbstbeherrschung, um auf der Pritsche liegen zu bleiben. Ihre innere Dämonin schrie danach, dem Schweinehund den Schwanz abzubeißen, ihm das Herz rauszureißen und an Schweine zu verfüttern. Gleichzeitig wollte sie gegen die Tür ihrer Zelle treten, sich befreien, um endlich Rache üben zu können.
Nur ihr Verstand hielt sie zurück, da sie bei Weitem nicht stark genug war, um es mit dem Kerl aufzunehmen, geschweige denn die Tür aufzubrechen. Außerdem versuchte der menschliche Anteil sich zurückzuziehen, seine Wunden zu lecken und sich nie wieder einem Menschen oder einem anderen Lebewesen zu stellen. Sollte sie wirklich freikommen, würde sie ihre Dämonengestalt annehmen und sich in irgendeiner entfernten Höhle in Rumänien oder Bulgarien verkriechen.
Beide Teile in ihr kämpften um den Vorrang, nur in einem Punkt waren sie sich einig, sie wollte, nein musste fliehen. Auf keinen Fall blieb sie hier und verlor langsam den Verstand, weil sie sich vor dem fürchtete, was noch passierte. Dummerweise kam sie aus dieser Zelle nur heraus, wenn der Priester sie zum Duschen holte.
Völlig erschöpft schlief sie ein, dabei hoffte sie, dass der elendige Schweinehund sie am nächsten Tag einfach in Ruhe ließ.
Ihr Schlaf war unruhig und sehr leicht, sodass sie beim kleinsten Geräusch hochschreckte. Ständig irrte ihr Blick durch den Raum, in der Hoffnung einen Hinweis zu sehen, wie spät es war und wie lange sie geschlafen hatte.
Zu ihrem Leidweisen war es unmöglich, jedenfalls solange ihr keiner etwas zu essen oder zu trinken brachte. Dann hatte sie zwar immer noch keine genaue Uhrzeit, aber sie wusste, dass ein weiterer Tag anfing.
Müde schloss sie die Augen, als sie die leisen Gesänge aus dem Dom über ihr hörte. Es klang, als ob man sie verhöhnen wollte und sie knurrte wütend. Die Lieder von der Barmherzigkeit Gottes ertrug sie kaum. Wo war dieser Gott denn im Moment? Warum half ihr niemand?
Patricia ärgerte sich über sich selbst, dass sie die Beherrschung verloren und ihm ihre echte Gestalt gezeigt hatte. Jetzt fühlte er sich auch noch bestätigt, dass er das Recht besaß, sie festzuhalten. Tränen traten ihr in die Augen und liefen lautlos über ihre Wangen.
Es war alles zu viel für sie, sodass sie einfach keinen Ausweg sah. Allein der Gedanke daran, dass er ihr wieder in den Mund spritzen würde, ließ sie würgen. Ihre Fähigkeiten zeigten ihr nur immer schlimmere Dinge, die er mit ihr tun wollte, sich aber kaum traute. Vielleicht änderte er seine Meinung jetzt, da er wusste, was sie war.
Die Klappe wurde aufgezogen zwei Flaschen Wasser, sowie ein Teller mit einem undefinierbaren Gericht erschien.
„Ich kümmere mich später um dich, meine Tochter“, hörte sie die Stimme des Exorzisten dumpf durch die Tür.
Wie gerne hätte sie genau das verhindert, doch dazu war sie nicht in der Lage. Ihr Magen drehte sich bei dem Gedanken um, dass er sich erneut von ihr befriedigen lassen oder schlimmer noch ihren Mund benutzen wollte.
Angeekelt blickte sie auf den Eintopf, der alles andere als appetitlich aussah. Schnell holte sie sich die beiden Wasserflaschen und stellte den Teller so in eine Ecke, dass sie ihn kaum mehr sah.
Wieder brütete sie vor sich hin, überlegte, ob sie etwas tun könnte, aber es fiel ihr kein durchführbarer Plan ein. Diese Hilflosigkeit zermürbte sie, gleichzeitig stachelte sie ihre Angst an.
Vielleicht ließ der ekelhafte Kerl sie nie gehen oder brachte sie einfach um.
In der letzten Nacht zeigte er ihr sein wahres Gesicht, dabei fühlte sie seine Finger erneut an ihrer Kehle.
Schwer schluckend schob sie diese Gedanken von sich. Es machte sie nur wahnsinnig, wenn sie sich der Furcht ergab, obwohl sie genau wusste, dass er nicht vor einem Mord zurückschrecken würde.
Wieder erklang Gesang aus dem Kirchenschiff und Patricia hielt sich die Ohren zu. Natürlich war ihr klar, dass die Menschen dort oben keine Schuld traf.
Endlich kehrte Stille ein, allerdings war das auch nicht besser, da sie jetzt jederzeit damit rechnen musste, dass der Exorzist zurückkam.
Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich die Tür der Zelle und der Priester kam herein. In seinen Pupillen glitzerte die Gier nach ihr, was sie instinktiv zurückzucken ließ, ehe sie seine Gedanken erkannte.
„Wie geht es dir, meine Tochter?“, fragte er lauernd.
Misstrauisch blickte sie ihn an, dabei zog sie die Knie an ihre Brust und schlang ihre Arme darum. Sie machte sie auf der Pritsche so klein wie möglich, als ob er sie dann übersehen würde.
„Ich möchte zu meiner Familie“, flüsterte sie, wobei Tränen ihren Blick trübten.
Wie oft hatte sie diese Bitte schon geäußert und auch jetzt wusste sie, dass er sie keinesfalls gehen ließ.
„Aber wir haben den bösen Geist noch nicht bezwungen. Du bekommst so keine Ruhe, während du deine unsterbliche Seele riskierst, mein Kind“, ermahnte er sie mit rauer Stimme.
„Ich spüre, dass er verschwunden ist, es fühlt sich ganz anders an“, murmelte sie.
„Das ist gut, sehr gut sogar. Ich muss nach Ostern für einige Zeit ins Ausland, bis dahin bleibst du hier. Wir werden deinen Körper von dem Verführer reinigen, ehe ich gehe“, versprach er und wieder glitzerten seine Augen gierig auf.
Ergeben schloss sie die Lider, es brachte einfach nichts, mit ihm zu reden oder an seine Menschlichkeit zu appellieren.
„Jetzt komm her. Ich will sehen, wie viel Kraft der Dämon übrig hat“, befahl er, während er seine Hose öffnete.
Langsam schüttelte Patricia den Kopf, sie ertrug es keinesfalls länger und sie würde sich wehren.
„Ich wusste es, dass er noch in dir ist“, rief der Mann fast freudig aus. Schnell trat er an ihre Pritsche heran, sodass sie nicht mehr ausweichen konnte. In der nächsten Sekunde streifte er seine Hose ab und zwang sie seinen Schwanz zu umfassen. Ein ekstatisches Stöhnen entkam ihm, ehe er auf sie herunter blickte.
„Ich werde dir erneut widerstehen und heute Nacht, vertreiben wir einen weiteren Teil“, brachte er grunzend hervor, während er ihre Finger hart auf seinen Penis drückte.
Immer wieder versuchte sie ihre Hand wegzuziehen, doch er ließ es einfach nicht zu. Fast wie im Wahn zwang er sie, ihn zu befriedigen, dabei sah sie deutlich, wie er daran dachte, dass er sich später noch einmal einen blasen lassen wollte.
Resignierend beendete sie die Gegenwehr, packte fest zu und schaltete ihren Verstand ab, um diese Szene ausblenden zu können. Es gab nichts, was sie tun konnte, um sich ihn vom Hals zu halten.
Endlich kam er mit einem lauten Grunzen, spritzte wie immer auf ihre Jogginghose und wischte seinen Penis an ihrem Pullover ab.
„Mach dich auf einen harten Kampf gefasst, Dämon. Heute wirst du die zweite Ladung meines säubernden Samens bekommen“, rief er, dann zog er die Hose hoch, schloss sie, anschließend verließ er den Raum.
Weinend sank Patricia zusammen, sie hatte keine Kraft mehr und der Ekel schüttelte sie, wenn sie an die kommende Nacht dachte. Allein der Gedanke, wie sein Sperma sich auf ihrer Zunge angefühlt hatte, brachte sie erneut zum Würgen.
„Wieso hilft mir denn niemand“, flüsterte sie verzweifelt.
Nicht zu wissen, ob es Tag oder Nacht war, die Untätigkeit, sowie die absolute Isolation trieben sie an den Rand des Wahnsinns. Es gab keine Beschäftigung in der engen Kammer, die sie ablenken könnte.
Mit offenen Augen lag sie auf der Pritsche, während sie die Decke anstarrte. Die Tränen waren versiegt, aber genauso erstarrte ihr Herz und ihre restlichen Emotionen, nur die Verzweiflung blieb.
Als sie Schritte auf dem Flur vor ihrer Zelle hörte, hob sie kaum mehr den Kopf. Dieses Mal musste er sie mit Gewalt in seine Wohnung zerren, denn sie nahm sich fest vor, einfach liegen zu bleiben. Selbst wenn er mit dem getürkten Weihwasser kam. Vielleicht brachte er sie um, falls er genug auf sie schüttete.
Der Gedanke hatte etwas ungemein Tröstliches, an dem sie sich festhielt. Endlich nicht länger denken müssen, keine Angst oder Scham verspüren, ebenso würde auch das Gefühl versagt zu haben verschwinden.
Die Tür öffnete sich und sie schloss langsam die Augen.

~~°~~

„Hey Stew, letzte Nacht fanden wir eine Zelle und wir gehen davon aus, dass Ronwes Enkelin normalerweise darin gefangen gehalten wird. Ich habe sofort mit dem Richter gesprochen, damit die Wachen verdoppelt werden. Mit etwas Glück können wir sie in ein paar Stunden befreien oder finden zumindest heraus, wo genau sie ist“, erzählte David am Telefon, als Steward sich meldet.
„Das nenne ich erfreuliche Neuigkeiten, aber passt auf. Der gute Pater Grimm ist entschlossen, alles Unnatürliche zu vernichten. Dabei macht er keinen Unterschied zwischen dem, was er einfach nicht versteht und dem, was er für Böse hält. Er ist ein echter Kämpfer, auch wenn er in die Jahre gekommen ist und mittlerweile einen ziemlichen Bauch vor sich herschiebt“, warnte Stew.
„Keine Sorge wir werden vorsichtig sein. Du weißt genau, dass die Kirche schon immer unser Feind war. In ihrem Glauben sind Dämonen ausnahmslos bösartig, Gestaltwandler ebenso und außer den Engeln erkennen sie keine magischen Wesen an“, antwortete der Werwolf bitter.
„Vielleicht sollte Helena oder Lea mit ihm sprechen. Echte Engel hat der doch bisher nur auf einem Gemälde gesehen“, schlug der Gepard höhnisch vor.
„Das möchte ich den zwei keinesfalls antun, außerdem häutet Gerry mich dann“, blockte David lachend ab.
Der Vorschlag seines Bosses war nicht ernst zu nehmen, sie beide wussten, dass man mit den Kirchenvätern kaum reden konnte.
„Passt auf euch auf und meldet euch, sobald es was Neues gibt“, damit verabschiedete Steward sich.
Der Werwolf atmete tief durch, ehe er zu den anderen ging, die sich zum Frühstück versammelt hatten.
„Nix Wissenswertes vom Hauptquartier?“, wollte Gerry leise wissen.
„Nein, Stew meinte, wir sollen vorsichtig sein und eventuell hilft es, wenn Lea oder Helena mit dem Priester reden. Die beiden haben doch einen direkten Draht nach oben“, antwortete David.
Sofort knurrte der Luchs ablehnen, was seinen Kumpel auflachen ließ.
„Das war ein Spaß, niemand würde ein solches Gespräch einem von uns antun“, beruhigte der Anführer ihn.
Lea legte ihrem Gefährten eine Hand auf den Arm und schüttelte liebevoll den Kopf.
„Du solltest Stew besser kennen, Liebling. Und selbst wenn wir uns mit dem Priester unterhalten, was kann da schon passieren?“, mischte sie sich leise ein.
„Oh mit dem würde ich gerne mal ein ernstes Wort reden, aber mir geht er ja gezielt aus dem Weg“, zischte Helena, die dem Gespräch aufmerksam gefolgt war.
„Wieso meinst du das?“, erkundigte David sich interessiert.
Missmutig zuckte sie mit den Schultern.
„Ich habe ihm mehrfach angeboten, dass wir uns mal zusammensetzen und ich ihm erkläre, wie und womit wir unser Geld verdienen. Ich dachte wirklich, dass es alles ein Missverständnis ist. Aber er hat nie auf meine Mails geantwortet und am Telefon lässt er sich verleugnen. So dreist ihm auf die Pelle zu rücken, bin ich nicht“, erklärte sie seufzend.
Verstehend nickte der Werwolf. So wie es aussah, hatten sie es mit einem besonders engstirnigen Exemplar unter den Geistlichen zu tun.
Es gab natürlich ebenso verständnisvolle, freundliche und durchaus offene Pfarrer. Dummerweise schienen die vom Aussterben bedroht oder verließen den Kirchendienst vorzeitig.
„Wir könnten so ruhig leben. Es nimmt doch niemand dem anderen etwas weg“, flüsterte Lea enttäuscht.
Menschen waren oft nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht, das stellte einen weitverbreiteten Wesenszug dar, nur dass die Priester sich jetzt auch so benahmen, stimmte sie traurig.
Emily lehnte sich an ihren Liebsten und blickte in die Runde.
„Es sind nicht alle so, das wisst ihr genau“, versuchte sie ihre Art zu verteidigen.
„Aber die meisten und das weißt du. Du hast die Ablehnung gegen alles, was anders ist, doch am eigenen Leib spüren müssen“, konterte Brian, was bewirkte, dass sie getroffen zusammenzuckte.
„Er meint es nicht so, du kennst ihn, er ist manchmal ein Elefant im Porzellanladen, besonders wenn es um Feinfühligkeit geht“, mischte sich jetzt auch Caitlin ein.
Für diese Aussage erntete sie einen herzhaften Schlag auf ihren Oberschenkel, der sie leise aufschreien ließ.
„Nein, er hat Recht. Nur fühle ich mich betroffen, sobald ihr so abwertend über die Menschen redet. Immerhin bin ich die Einzige in Ballygannon, die keine außergewöhnlichen Kräfte hat“, bemerkte Emily melancholisch.
David schlang beide Arme um sie und schüttelte leicht den Kopf.
„Du gehörst mir und das sollte reichen, um dich von den anderen abzugrenzen. Mach dir nicht solche Gedanken“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Helena schickte ihr etwas Leichtigkeit, denn sie spürte, dass die junge Frau darunter litt, dass sie eben kein magisches Geschöpf war.
„Lasst uns was essen, dann werden Logan und ich aufbrechen. Die Führung ist um elf, wir müssen pünktlich sein. Ihr könnt euch Zeit lassen, es reicht, wenn ihr gegen Mittag dort seid“, beendete David die unfruchtbare Diskussion.
Während des Frühstücks waren alle ungewöhnlich schweigsam und Logan beeilte sich genauso wie sein Kumpel.
Wie besprochen fuhren sie zum Dom, um die Besichtigungstour mitzumachen und zu sehen, ob sie es schafften, sich irgendwie von der Gruppe abzusondern.
Die Einführung fand über ein Mikrofon direkt im Hauptschiff der Kirche statt. Sie bekamen einen Vortrag über die Bauart des Gebäudes zu hören, wobei man auf den maurischen Einfluss hinwies.
Der Jaguar unterdrückte ein Gähnen und seufzte leise auf, während er an einer Säule lehnte. David versuchte halbwegs interessiert auszusehen, dabei hoffte er, dass sie dem Geistlichen vom Vortag nicht begegneten. Glücklicherweise war von ihm nicht die geringste Spur zu sehen.
Endlich führte die Nonne sie zur Empore, anschließend durften sie die Sakristei betreten. Allerdings gab es bisher kaum eine Chance sich unsichtbar zu machen, daher trabten sie hinter den restlichen Besuchern her. Missmutig blickte Logan sich immer wieder um, aber es bot sich einfach keine Möglichkeit.
Entweder wurden die Räume während des Gottesdienstes noch benutzt oder es standen zu viele Leute in ihrer Nähe. Als die Führung vorbei war, zahlten sie ihren Obolus bedankten sich und David zog seinen Kumpel zu den Kirchenbänken im Hauptschiff des Doms.
Sie setzten sich und der Jaguar unterdrückte nur mit Mühe ein Knurren. Einige seiner Freunde fielen übereifrigen Kirchenmännern im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert zum Opfer. Natürlich gab es keine öffentlichen Verhandlungen oder gar Verteidiger, die jungen Gestaltwandler verschwanden einfach so von heute auf morgen. Wobei niemand sagen konnte, ob die Geistlichen wirklich wussten, wen sie da ermordeten.
David tat so, als ob er beten würde, dabei sah er sich genau um.
„Wir können hier den ganzen Tag verbringen, bei den Menschenmassen, die sich den Dom ansehen, fallen wir gar nicht auf. Wenn der letzte Gottesdienst anfängt, verstecken wir uns auf der Empore. Die Besucher werden kaum auf uns achten“, flüsterte er seinem Kumpel zu.
Entsetzt verdrehte Logan die Augen, einen kompletten Tag in diesem Gemäuer die Zeit totzuschlagen, war alles andere als lustig.
Während der Rest mittlerweile die Altstadt rund um das Gotteshaus beobachtete, verharrten der Anführer sowie sein bester Kämpfer im Dom.
Die Stunden zogen sich, doch endlich lud man die Touristen ein, am letzten Gottesdienst teilzunehmen. Aufatmend schlichen sich die beiden Gestaltwandler zur Empore, setzten sich dort auf die hinterste Holzbank und atmeten erneut tief durch.
Mit halb geschlossenen Augen verfolgten sie weiterhin das Geschehen im Kirchenschiff, allerdings war nicht anzunehmen, dass man Patricia ausgerechnet jetzt hinausbringen würde. Der Schlusssegen ertönte nach einer gefühlten Ewigkeit, die Besucher erhoben sich von den Bänken und strömten auf den Ausgang zu. David und Logan blieben noch etwas sitzen, ehe sie sich hinter den letzten Gläubigen einreihten, um die Treppe hinunterzusteigen. Hier schlichen sie in die kleine Kapelle, die über ein paar Stufen zu erreichen war und somit quasi unter dem Dom lag.
Die Beleuchtung ging aus, was den beiden ihre Situation um einiges vereinfachte. Ihre Raubtieraugen brauchten kein Licht, so liefen sie zu dem antiken Taufbecken im rechten Seitenschiff. Sie kauerten sich nieder, dabei beobachteten sie den Innenraum.
Der Pfarrer verließ mit den Messdienern ebenso die Kirche und der Küster schloss hinter ihnen ab.
„Puh, das wurde auch Zeit, der Rest von uns müsste langsam reinkommen“, bemerkte Logan erleichtert.
Genau in dem Moment drückten sich Brian und Cat durch die Pforte der Barmherzigkeit, dem Nebeneingang.
„Du meine Güte, die brauchen ja ewig, bis die endlich alle weg sind“, murrte der junge Werwolf, als er neben seinem Anführer stehen blieb.
Nach und nach erschienen Lea, Gerry, Emily und Patrick.
„Konntet ihr irgendwas sehen? Oder finden?“, wollte der Arzt wissen.
Bedauernd schüttelte David den Kopf.
„Nein, außer zwei Gottesdiensten und einer ganzen Menge Menschen gab es hier kaum etwas Bemerkenswertes. Ach ja ein paar Nonnen, die uns jede Einzelheit zu dem Gebäude sowie ihrer Religion erzählt haben, mussten wir auch über uns ergehen lassen“, knurrte der Jaguar.
Emily unterdrückte ein Lachen, während Lea ihm mitfühlend über den Arm strich.
„Glaubst du mir, dass die katholische Kirche fürchterlich wenig mit Gott und den himmlischen Helfern zu tun hat?“, wisperte sie.
„Das glaube ich dir nicht nur, das ist mir bewusst“, antwortete Logan, dann gingen sie auf die Tür zum Gewölbe zu.
Emily öffnete lautlos das Schloss und sie machten sich auf den Weg zu der Zelle, die sie gestern bereits gefunden hatten. Logan und Patrick blieben zurück, für den Fall, dass jemand auftauchte und sie stören könnte.
Brian lief voran, um dem Rest den Weg zu zeigen. Vor der Tür horchten sie kurz, ehe sie die leisen Geräusche von innen hörten.
„Betet, dass es die richtige Person ist“, flüsterte Caitlin, als ihr Gefährte das Türschloss aufbrach.
„Ist sie tot?“, erkundigte Lea sich besorgt.
Vor ihnen auf einer schmutzigen Pritsche lag eine junge Frau, aber sie regte sich nicht, hielt die Lider geschlossen und hatte eine blasse Hautfarbe.
Gerry ging zu ihr, legte ihr die Fingerspitzen an die Halsschlagader, ehe er aufatmete.
„Nein, sie lebt, Gott sei Dank“, informierte er seine Leute.
Vorsichtig beugte er sich über sie, hob ein Augenlid an und blickte direkt in die schwarzen Pupillen der Dämonin.
Erschrocken riss sie die Augen auf und fuhr hoch. Der Luchs hob beschwörend die Hände.
„Ganz ruhig, wir sind gekommen, um dich zu befreien, dein Großvater schickt uns“, murmelte er.
Wie ein gehetztes Tier kroch die junge Frau bis zur hintersten Ecke der Pritsche, dort wo die Wand sie stoppte. Es schien, als ob sie ihnen kein Wort glaubte.
„Wir müssen hier raus, ehe jemand kommt“, forderte David jetzt leise.
Verstehend nickte der Arzt, dann drehte er sich mit dem Rücken zu der Dämonin. Schnell zog er eine Spritze, eine Kanüle sowie eine kleine Ampulle aus der Jackentasche. Routiniert bereitete er eine Beruhigungsspritze vor, dabei dankte er jedem Gott, der ihm einfiel, dass er das Mittel nicht in die Vene injizieren musste. Bei Dämonen reicht es intramuskulär, was die Situation extrem vereinfachte.
„Halt sie fest“, befahl er.
David zog sie von der Pritsche und hielt sie eisern umklammert. Ihnen war klar, dass diese Vorgehensweise nicht gerade gut für sie war, aber ihnen lief die Zeit weg. Außerdem war Ronwes Enkelin offensichtlich verwirrt, sodass sie ihr kaum alles vor Ort erklären konnten.
Gerry zog ihr die Jogginghose so weit herunter, dass er ihre Pobacke erreichte. Sofort versuchte sie, sich aus dem Griff der Männer zu befreien. Sie kämpfte wie eine Löwin, dabei schossen ihre Augen Blitze, nur aus ihrem Mund kam kein Laut. David schlang einen Arm um ihren Oberkörper, gleichzeitig presste er ihre Oberarme fest an ihren Körper.
„Still jetzt, wir wollen dir nur helfen“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Mit einer Hand drückte er ihren Kopf an seine Schulter und zwang sie stillstehen zu bleiben.
Entschlossen setzte Gerry die Spritze, während er seinem Anführer zunickte. Es dauerte nur ein paar Sekunden, ehe sie sich nicht mehr konzentrieren konnte. Sie würden sie stützen müssen, wenn sie zum Auto liefen.
„So raus hier, ehe doch noch was schief geht“, ordnete David leise an, gleichzeitig hob er die Dämonin auf seine Arme.
Die ganze Aktion hatte keine Viertelstunde gedauert, trotzdem atmeten sie auf, als sie auf dem Domplatz standen. Patricia wurde von Patrick und Logan aufrecht gehalten. Leas Mantel mitsamt der Kapuze verdeckte ihre Gestalt, ihre Haare und einen Teil des Gesichts.
Immer wieder sackte ihr Kinn auf ihre Brust und ihre Beine gaben nach, aber die beiden Männer hielten sie fest.
„Brian lauf los und hol das Auto“, befahl David, der besorgt auf die betäubte Dämonin blickte.
Langsam bewegten sie sich über den Vorplatz, dabei trugen sie Ronwes Enkelin mehr als sie selbst lief. Zum Glück ging es jetzt nur noch bergab. Auf halbem Weg kam ihnen Brian auch schon entgegen.
Vorsichtig schoben sie Patricia auf den Rücksitz, wo sich Lea und Gerry zu ihr setzten. Patrick schwang sich auf den Beifahrersitz.
„Fahrt los, je eher sie hier wegkommt, desto besser. Wir sehen uns bei Merlin und Helena“, ordnete ihr Anführer an.
Der junge Werwolf zögerte keine Sekunde, sondern wendete den Wagen, um so schnell es ging, zu ihren Verbündeten zu fahren.
Logan, David, Emily und Caitlin folgten ihnen etwas gemächlicher, mit dem guten Gefühl, dass sie erfolgreich gewesen waren.
David rief Steward an, um ihm mitzuteilen, dass sie Ronwes Enkelin in ihrem Gewahrsam hatten.
„Wir bringen sie zu Merlin und Helena, dort werden die Engel ihr über die ersten Probleme hinweg helfen. Morgen fliegen wir heim, falls wir Papiere für sie auftreiben können“, erklärte er seinem Boss.
Stew stimmte ihm zu, dann legte er auf, um den Erzdämon zu informieren, der immer noch bei ihm im Hauptquartier weilte. Außerdem sollte Ronwe sich um das leidige Problem mit dem Ausweis für seine Enkelin kümmern, er hatte da einige Möglichkeiten.

Kapitel 3 - Begegnungen

 

Patricia fühlte sich, als wäre ihr Kopf dick in Watte eingewickelt. In dem Moment, in dem die Männer in ihre Zelle eindrangen, wusste sie nicht, was sie glauben durfte. Einen Augenblick hoffte sie, dann erschien es ihr zu weit hergeholt. Wie sollten die Söldner sie gefunden haben?
Sie erinnerte sich, wie sehr sie sich gewehrt hatte, als man ihr die Jogginghose herunter schob, nur nutzte es nichts. Den Einstich einer Spritze spürte sie noch, aber seit dem Zeitpunkt kam ihr alles unwirklich und wie in dicke Watte gepackt vor.
Sie wollte jetzt nur schlafen, doch man zerrte sie über den Domplatz, bis ein Auto neben ihr hielt. Endlich durfte sie die Augen schließen und ihrem Bedürfnis nach Ruhe nachgeben. Das Letzte, was sie sah, war das helle Lächeln eines Erdenengels.
Immer noch benommen schüttelte sie den Kopf. Wie sollte ein Engel hier herkommen? Dabei fiel ihr ein, dass sie nicht mal wusste, wo genau sie war.
Unsicher sah sie sich um und stellte fest, dass sie in einem bequemen, sauberen Bett lag. Den Raum sah sie zum ersten Mal, da war sie sich sicher. Vorsichtig setzte sie sich auf.
„Langsam, ich musste dir ein starkes Beruhigungsmittel spritzen“, erklang eine tiefe Stimme neben ihr.
Erschrocken drehte sie den Kopf, bereute es jedoch im gleichen Moment, denn ihr wurde schwindelig.
„Leg dich zurück, es wird noch etwas dauern, ehe die Nachwirkungen verschwinden. Leider hast du uns keine andere Möglichkeit gelassen“, erklärte der Mann und fühlte ihren Puls.
Die Dämonin in ihr fauchte, als er sie berührte, doch sie schaffte es mühsam, sie unter Kontrolle zu bringen. Offensichtlich war dieser Kerl ein Arzt, der ihr half.
„Wer bist du?“, brachte sie hervor und erschrak über das Krächzen in ihrer Stimme.
„Ich heiße Gerry. Dein Opa schickt uns. Er hat die Söldner von Ballygannon aufgesucht und um Hilfe gebeten. Wir wollten dich nicht erschrecken, deshalb warten die anderen unten“, antwortete er ihr ruhig.
Verstehend nickte sie leicht, dann legte sie sich zurück, weil sie sich so unendlich zerschlagen fühlte. Langsam sickerten die Worte in ihr Bewusstsein, ihre Leute hatten sie nicht vergessen.
„Du kannst gleich weiter schlafen, aber erst sag mir bitte, wie du dich fühlst“, verlangte der Mann an ihrem Bett.
„Wie betäubt, müde, verletzt und erleichtert“, murmelte sie mit halb geschlossenen Lidern.
Einen Moment musterte Gerry sie, dann sah er ihr fest in die Augen.
„Was ist mit dem dämonischen Anteil? In der Zelle hatte David ganz schön zu kämpfen“, hakte er unerbittlich nach.
Es war wichtig zu wissen, ob sie diese Kräfte unter Kontrolle halten konnte oder nicht.
„Sie tobt und will bittre Rache“, gab sie widerwillig zu.
„Kannst du sie beherrschen? Kontrollierst du sie noch?“, erkundigte sich der Luchs.
Eine Weile horchte Patricia in sich hinein, doch was sie spürte, gefiel ihr keineswegs. Verlegen zuckte sie mit den Schultern.
„Ich bin mir unsicher. Die ganze Zeit habe ich gegen diese Gefühle angekämpft. Keine Ahnung, wie lange ich das durchstehe“, gab sie ehrlich zu.
„Wir bringen dich nach Irland in unser Krankenhaus, dein Großvater wartet dort auf dich“, versprach Gerry, ohne weiter auf das Thema einzugehen.
Sofort riss sie die Augen auf, die sich schwarz verfärbten. Die Skleren verschwanden und er blickte in zwei dunkle Abgründe. Sie richtete sich auf, zitterte am ganzen Körper, dabei schüttelte sie wild den Kopf.
„Nein, ich will ihn nicht sehen“, schrie sie auf.
Erstaunt über diese Reaktion, packte er sie an den Schultern, versuchte sie auf das Bett zu drücken. Patricia kämpfte verbissen gegen ihn, doch das Beruhigungsmittel raubte ihr immer noch viel von ihrer Kraft, sodass sie erschöpft in die Kissen sank.
„Ruhig, niemand tut etwas gegen deinen Willen. Beruhige dich“, murmelte er sanft.
Tränen sammelten sich in den seltsamen schwarzen Pupillen und sie sackte komplett in sich zusammen. Langsam veränderten sich ihre Augen, wobei die Menschlichkeit zurückkam.
„Bitte ich möchte einfach nur weg. Ich werde keinen Ärger machen“, bat sie kläglich.
Gerry unterdrückte den Wunsch sie in seine Arme zu nehmen, denn das würde sie keinesfalls zulassen. Vorsichtig legte er eine Hand auf ihre, dabei ignorierte er, dass sie zusammenzuckte.
„Ich kann es nicht verantworten, dich gehen zu lassen. Außerdem bist du selbst kaum in der Lage einzuschätzen, wie lange du die dämonischen Kräfte unter Kontrolle hältst. Ich verspreche dir, dass du in unserem Krankenhaus bestens betreut wirst, bis du diese Zeit verarbeitet hast“, erklärte er ihr ruhig.
Die Tür öffnete sich einen Spalt und Lea steckte den Kopf herein.
„Brauchst du Hilfe?“, fragte sie, dann lächelte sie Patricia an.
„Vielleicht redest du mit ihr, sie lehnt es ab mit uns nach Hause zu kommen“, antwortete der Arzt, gleichzeitig stand er auf.
Sein Engel setzte sich auf die Bettkante und schenkte der Dämonin erneut ein tröstendes Lächeln.
„Hey, ich bin Lea, die Gefährtin von Gerry. Erzählst du mir, warum du es ablehnst, mit uns nach Irland zu fliegen?“, erkundigte sie sich sanft.
Einen Moment atmete Patricia durch, ließ den Trost des Engels in ihr Bewusstsein, bis sie die Schuldgefühle unter Kontrolle bekam. Ihr wurde klar, dass sie sich keineswegs eingebildet hatte, einen Erdenengel zu sehen, was ihr einen ganzen Steinbruch vom Herzen nahm.
„Es geht nicht um Irland. Ich werde meinem Großvater nie wieder entgegentreten“, antwortete sie hart.
Erstaunt blickte Lea sie an. Diese Reaktion verstand sie keinesfalls. Der alte Erzdämon liebte seine Enkelin und starb vor Sorge.
„Wieso willst du ihm aus dem Weg gehen? Er liebt dich und macht sich große Vorwürfe, weil er dich mit dem Auftrag betraut hat“, hakte sie nach.
„Ich weiß“, flüsterte die Dämonin gequält, während Tränen über ihr Gesicht liefen.
Gerry legte eine Hand auf Leas Schulter und bedeutete ihr, es gut sein zu lassen. Die letzte Zeit war einfach zu viel für sie gewesen. Sie brauchte Ruhe, um das Erlebte zu verkraften.
„Wir gehen, damit du jetzt schlafen kannst, wenn du etwas brauchst, ruf uns. Die Tür werde ich vorsichtshalber abschließen“, bemerkte der Arzt.
Lea stand auf, lächelte Patricia noch einmal an, dann beugte sie sich zu ihr und umarmte sie vorsichtig.
„Alles wird gut, du wirst sehen“, flüsterte sie ihr zu, ehe ihr Gefährte sie aus dem Raum schob.
„Das glaube ich nicht, ich habe versagt“, murmelte die Dämonin zurück.
Einen Moment blieb sie einfach nur liegen, versuchte zu verstehen, dass dieser Mistkerl nie wieder kam, dann wischte sie sich die Tränen von den Wangen. Die Betäubung machte ihr so zu schaffen, dass sie nur in der Lage war, den beiden Gestaltwandlern ein verrutschtes Lächeln zu schenken, ehe die Tür sich hinter ihnen schloss.
Müde vergrub sie das Gesicht in den Kissen und schlief augenblicklich ein.

~~°~~

„Wie geht es ihr?“, erkundigte David sich besorgt, als Gerry und Lea sich zu dem Rest gesellten.
„Ziemlich schlecht. Sie ist traumatisiert und die Dämonin hat Rache geschworen, während der menschliche Teil in ihr sich nur noch zurückziehen will. Außerdem lehnt sie es ab, Ronwe zu sehen“, berichtete der Arzt.
„Wieso?“, hakte der Werwolf irritiert nach.
Gerry zuckte nur mit den Schultern, er hatte den letzten Satz der Frau nicht mehr gehört.
„Sie glaubt eine Versagerin zu sein, allerdings habe ich keine Ahnung, warum sie das annimmt“, antwortete Lea ruhig.
Ihre Freunde sahen sie nachdenklich an, jeder schien ein eigenes Horror-Szenario im Kopf durchzugehen.
„Vielleicht weiß die Kirche wirklich etwas über uns?“, schlug Brian vor.
„In dem Fall hätte sie wohl kaum versagt, sie wüsste es und könnte ihrem Großvater Bericht erstatten“, hielt Logan dagegen.
„Das wird es sein, sie kann die Gerüchte nicht bestätigen, aber ebenso wenig dementieren“, vermutete Caitlin.
„Auch das ist kein Grund Ronwe zu meiden“, murmelte David.
Sie würden in Irland mit ihr reden, dabei hoffte er, dass sie diese Aussage nur aufgrund des Schocks getätigt hatte.
„Lasst uns ins Bett gehen, es ist spät genug“, schlug Gerry vor.
Der Rest stimmte ihm zu, stand auf und verschwand in ihren Zimmern. Es war in der Tat ein langer, anstrengender Tag gewesen.
Die Nacht verlief ruhig und friedlich, obwohl sie fast damit rechneten, dass der Priester ihnen auf die Schliche gekommen war. Irgendwie gestaltete sich diese Befreiungsaktion viel zu einfach, aber vielleicht hatten sie auch nur Glück.
Der nächste Morgen überraschte sie mit strahlendem Sonnenschein, wenn jetzt noch das Problem mit Patricias Papieren gelöst wurde, könnten sie am Nachmittag schon zu Hause sein.
„Meinst du, sie kann mit uns frühstücken? Ich finde es traurig, dass sie alleine im Zimmer eingesperrt ist“, bemerkte Helena, als sie sich am Frühstückstisch versammelten.
„Ich bin mir nicht sicher. Sie hat ihre innere Dämonin kaum unter Kontrolle und ich möchte sie ungern durch die Terrassentür springen sehen“, antwortete Gerry nachdenklich.
„Wir könnten sie auch an das andere Ende des Tisches setzen, bis zur Tür kommt sie dann auf gar keinen Fall. Immerhin sitzen hier einige Gestaltwandler, die sehr schnelle Reaktionen vorweisen“, hielt Patrick grinsend dagegen.
In diese Diskussion hinein klingelte die Türklingel und ein Bote gab einen Umschlag für David ab.
„Das müsste der Ausweis für Patricia sein“, vermutete er, gleichzeitig riss er das Papier auf, welches Merlin ihm reichte.
„Ich gehe sie jetzt holen“, bestimmte Lea und stand auf.
Ihr Gefährte sah sie seufzend an, doch er hielt sie nicht auf. Vielleicht wollte sie auch lieber oben in ihrem Bett bleiben.
Schnell, ehe sie jemand aufhalten konnte, lief der Engel die Treppe hoch, drehte den Schlüssel um, der im Schloss steckte, und öffnete die Tür.
„Guten Morgen darf ich reinkommen?“, erkundigte sie sich höflich.
„Natürlich, ich würde gerne duschen“, antwortete Patricia schüchtern.
Sie war vor einer knappen halben Stunde aufgewacht und stellte fest, dass die Nachwirkungen der Narkose komplett verschwunden waren. Sie überlegte, ob sie nach dem Arzt rufen sollte, doch die Uhr an der Wand zeigte ihr, dass der Tag gerade erst begann. Außerdem hatte man ihr gestern nur ein riesiges T-Shirt und einen Slip von einer der Frauen angezogen. Der Jogginganzug lag nicht mehr vor dem Bett, was sie erleichtert zur Kenntnis nahm.
„Ich denke, das geht klar. Soll ich dir helfen?“, fragte Lea und hüllte den Raum in ihr spezielles Licht.
„Ich weiß nicht, wo das Bad ist“, gab die Dämonin zögerlich zu.
Der Erdenengel erklärte es ihr, dann ging sie, um Duschgel, Zahnbürste, Handtücher und etwas zum Anziehen zu besorgen.
Einen Moment überlegte Patricia, ob sie besser fliehen sollte, immerhin hielten die Männer ihres Großvaters sie hier fest. Schnell schüttelte sie den Kopf, auf keinen Fall würde sie in der Nähe des Limburger Doms ohne Begleitung herumlaufen. Die Gefahr, dass der Schweinehund von einem Priester sie noch einmal in die Finger bekam, war ihr einfach zu groß.
Vorsichtig schlug sie die Decke zurück, rutschte zum Bettrand und stand auf. Ihr Kreislauf bockte und ihr wurde schwindelig, aber das legte sich sofort wieder.
Vor dem Bad kam Lea ein wenig außer Atem auf sie zu.
„Hier, ich denke, das brauchst du“, damit drückte ihr der Engel so ziemlich alles in die Hand, was ihr fehlte.
„Die Jeans, das T-Shirt und die Unterwäsche ist von Emily, sie hat ungefähr deine Figur. Ich hoffe, es passt“, erklärte sie noch, anschließend ließ sie Patricia in Ruhe.
„Danke“, brachte die Dämonin hervor, ehe sie die Tür hinter sich zuzog.
Das heiße Wasser tat ihr unendlich gut, besonders da ihr dieses Mal keiner zusah und sie mit gierigen Blicken auffraß. Einmal glaubte sie, den Exorzisten in einer Ecke stehen zu sehen und sie zuckte zusammen, doch dann sah sie, dass es sich nur um einen Schatten handelte.
Aber allein diese Täuschung zeigte ihr, dass die letzte Zeit ihr mehr zugesetzt hatte, als sie annahm. Es war vielleicht eine kluge Idee sich in dem Krankenhaus behandeln zu lassen, zumal sie bereits viel davon gehört hatte.
Die Dämonin knurrte wild und schüttelte den Kopf, sie wollte Rache. Jeder, sollte so leiden, wie sie, dabei würde sie keinen Unterschied zwischen Freund oder Feind machen. Schnell schloss Patricia die Augen, kämpfte diese Gefühle herunter, anschließend drehte sie das Wasser ab.
Diese brutalen Vorstellungen, wie sie die Menschen ermordete, regelrecht abschlachtete, drängten sich immer öfter in ihr Gehirn und sie wusste, dass sie dagegen angehen musste. Aber wie lange hatte sie noch die Kraft, ehe etwas Schlimmes passierte? In dem Krankenhaus in Irland behandelte man auch die Normalen, das war ihr klar und genau diese Tatsache machte ihr große Sorgen.
Allerdings würde sie mit den Gestaltwandlern fliegen, anders kam sie aus Deutschland kaum heraus. Ebenso glaubte sie nicht, dass sie eine Wahl hatte.
Sorgsam trocknete sie sich ab und schlüpfte in die Kleidung. Anschließend putze sie sich gründlich die Zähne und föhnte ihre blonden, langen Haare, die endlich wieder weich und glänzend über ihre Schultern fielen.
Zögernd öffnete sie die Tür, horchte einen Moment, ehe sie die Stimmen von unten hörte.
Die Unsicherheit hatte sie fest im Griff. Wie gerne wäre sie einfach hinuntergegangen, zumal ihr Magen vernehmlich knurrte, aber was erwartete sie dort? Würden die Gestaltwandler auch über sie herfallen?
Schnell schob sie diese Gedanken zur Seite, denn das war absoluter Unsinn und nur ihrer Entführung geschuldet. Diese Soldaten hielten treu zu ihrem Großvater, dabei riskierten sie vieles, um sie zu befreien. Trotzdem zitterten ihr die Beine, als sie die Treppe runterging und in dem riesigen Wohnflur die Gruppe sah.
„Hey Patricia, schön, dass du zu uns kommst. Magst du dich setzen?“, begrüßte sie ein sehr großer, blonder Mann mit einem Lächeln.
Lea stand auf, kam zu ihr und nahm ihre Hand, so ging sie mit ihr zu dem Tisch, auf dem das Frühstück auf sie wartete.
„Das sind Merlin, unser Gastgeber sowie seine Frau Helena“, damit deutete sie auf ein Paar, dass ihr ebenso ein Lächeln schenkte.
„David unser Boss und seine Gefährtin Emily, Logan, Patrick, Brian und Caitlin und Gerry, den du ja bereits kennst“, stellte der Erdenengel ihr die Leute vor.
„Guten Morgen“, flüsterte sie scheu.
Ohne Zögern wurde sie auf einen Platz am Ende des Tisches geschoben und in dieser Runde aufgenommen. So etwas war ihr auch noch nicht passiert, denn die meisten Lebewesen gingen eher auf Abstand, sobald sie wussten, dass sie eine Dämonin war.
„Bedien dich und lass es dir schmecken“, forderte Helena sie fröhlich auf.
Das ließ sie sich nicht zwei Mal sagen, in ihr tobte der Hunger und die frischen Brötchen dufteten verführerisch. Schnell schnappte sie sich eins, schnitt es auf und belegte es mit Schinken.
Genüsslich schloss sie die Augen, so etwas hatte sie in ihrer Gefangenschaft schmerzlich vermisst.
Die Gespräche rund um den Tisch lenkten sie von ihren düsteren Überlegungen ab und zum ersten Mal seit drei Monaten bemerkte sie den Sonnenschein. Zu gerne würde sie einfach durch die Terrassentür gehen, immer der Nase nach, die Sonne im Gesicht und erst stehen bleiben, wenn sie ganz alleine war. Bei dem Gedanken sah Gerry sie an, dabei schüttelte er leicht den Kopf.
Der Arzt las problemlos in ihrer Miene. Sie schluckte schwer, dann nickte sie ihm zu.
Diese stumme kleine Unterhaltung war seiner Gefährtin natürlich nicht verborgen geblieben, denn auch sie sah besorgt zu ihr rüber.
Der zweite Engel lächelte und überflutete den Raum mit Leichtigkeit und Frohsinn, was ihr guttat. Es war ungewöhnlich gleich zwei Erdenengel in einem Zimmer zu sehen, aber diese beiden verstanden sich blendend.
„Dein Ausweis ist eben angekommen. Ronwe hat sich wirklich selbst übertroffen, damit du ausreisen kannst“, bemerkte David in dem Augenblick unüberlegt.
Ihr Kopf flog bei dem Namen ihres Großvaters herum, dabei taxierte sie den Werwolf mit ihren Dämonenaugen, die langsam immer mehr von der Schwärze ausgefüllt wurden.
„Ganz ruhig, niemand tut dir etwas“, versuchte Helena sie zu beruhigen, da sie direkt neben ihr saß.
„Ich fliege auf keinen Fall zu ihm“, zischte sie und sprang auf.
Sofort war sie umringt von sämtlichen Gestaltwandlern, die ihr genau zeigten, dass sie nirgendwohin ging, solange sie es nicht erlaubten.
„Lasst mich gehen“, verlangte sie, während in ihren Pupillen rote Funken aufglommen.
„Bitte Patricia das bringt doch nichts. Wir haben gestern Nacht darüber gesprochen, erinnerst du dich?“, erkundigte Gerry sich, dabei sah er ihr fest in die Augen.
„Du entscheidest, ob und wann du ihn sehen willst“, versprach Lea, die sich zu ihr durchgedrückt hatte.
Der Engel stand direkt vor ihr und legte vorsichtig eine Hand auf ihren Arm, gleichzeitig sandte sie ihr Trost und Heilung.
Endlich sackte Patricia in sich zusammen, das Schwarze verließ ihre Skleren und sie atmete tief durch.
„Entschuldigung, ich möchte wirklich nur weg. Es wird niemand Schaden nehmen, ich habe die Dämonin unter Kontrolle“, beteuerte sie verlegen.
„Das hat man ja gerade gesehen“, murmelte Brian, allerdings so laut, dass sie ihn hören musste.
Sofort stieß Logan ihm den Ellenbogen in die Seite und sah ihn böse an. Diese Bemerkung war zwar ehrlich, aber absolut nicht hilfreich.
„Wir fliegen nach Irland, dann können wir entscheiden, ob du klarkommst“, bestimmte David und deutete mit dem Kinn auf ihren Platz.
Der Jaguar trat einen Schritt zurück, sodass eine Lücke entstand, damit sie sich auf ihren Stuhl setzen konnte.
Resignierend gehorchte sie, senkte den Kopf und faltete die Hände im Schoß. Es hatte doch alles keinen Sinn, sie musste die Konsequenzen für ihr Versagen tragen. Diese Männer sorgten genau dafür, in dem sie die Dämonin zu Ronwe brachten.
Die anderen setzten sich ebenso wieder, allerdings herrschte jetzt eine angespannte Stimmung, niemand ließ sie aus den Augen.
Endlich befahl David den Aufbruch, Patrick und Brian sammelten die Rucksäcke der Mannschaft ein, verstauten sie in den Autos, dann umarmten sie Merlin und Helena.
„Falls einer von euch mal Urlaub machen möchte, wisst ihr ja, dass hier immer ein Platz für euch ist“, wiederholte Helena und schenkte allen noch einmal ein Lächeln.
Kurz darauf waren sie auf dem Weg nach Frankfurt, wo ihre Maschine stand, die sie schnell nach Hause brachte.
„Kann ich mich drauf verlassen, dass du einsteigst und keinen Fluchversuch unternimmst? Oder muss ich dich betäuben?“, erkundigte Gerry sich ernst, als Brian auf die Autobahn abbog.
„Bitte, ich mache keinen Ärger“, versprach Patricia verschüchtert.
Die Dämonin in ihr schnaubte empört, doch auch sie wusste, dass sie kaum eine Wahl hatte. Aber in Irland würde sie alles tun, um ihre Freiheit endlich wieder zu bekommen.
Im zweiten Wagen telefonierte David mit Ronwe, während Logan fuhr.
„Ich habe keine Ahnung, warum sie dich nicht sehen will. Lea meinte nur, dass sie etwas von Versagen geflüstert hätte“, teilte der Werwolf dem Erzdämon mit.
„Das dumme Kind glaubt wirklich, ihr Auftrag wäre wichtiger als ihr Leben. Was soll ich tun? Ich kann doch meiner Enkelin nicht für den Rest der Zeit aus dem Weg gehen“, flüsterte Ronwe erstickt.
„Vielleicht wartest du erst einmal ab, wie sich die Therapie in unserem Krankenhaus entwickelt. Gerry wird sie betreuen, bei ihm ist sie in den besten Händen. Allerdings halte ich es für keine gute Idee sie direkt heute zu besuchen oder sie im Hauptquartier in Empfang zu nehmen“, riet David vorsichtig.
Er hörte durch die Leitung, wie sehr der Erzdämon unter dem Verhalten seiner Enkelin litt, obwohl er sie offensichtlich verstand.
„Ich reise sofort ab, aber bitte sag ihr, dass ich sie immer noch lieb habe und sich das nie ändert, egal was geschehen ist“, bat er traurig.
„Natürlich, darauf kannst du dich verlassen“, versprach der Werwolf, dann verabschiedete er sich von dem Dämon.
„Dumme Sache zumal wir nicht mal wissen, was sie damit meint“, knurrte Logan.
„Gerry und Lea werden es mit der Zeit herausbekommen, daran habe ich keinen Zweifel. Wir müssen sie nur so schnell wie möglich ins Krankenhaus bekommen und das ohne Zwischenfälle“, brummte David besorgt.
Er traute ihr nicht wirklich zu, ihre Dämonin unter Kontrolle zu halten und wenn diese ausgerechnet auf dem Flughafen anfing zu toben, bedeutete das den absoluten Super-GAU.
Am Flughafeneingang gaben sie die Autos der Verleihfirma zurück, gruppierten sich um Patricia, sodass sie vor den meisten Blicken geschützt war, und machten sich auf den Weg zu ihrem Flugzeug.
Genau in dem Moment in dem sie die Tür der Maschine schlossen, verlor die junge Frau die Kontrolle über die Dämonin. Mit einem lauten Aufschrei stieß sie Lea von sich und rannte auf die Tür zu.
Logan stand hinter ihr und schlang ohne nachzudenken beide Arme um ihren schlanken Körper. Ihre Unterarme drückte er dabei fest an ihre Seiten, gleichzeitig hob er sie ein kleines Stück hoch.
Schreiend strampelte sie mit den Beinen, versuchte ihn zu treten und ihm einen Kopfstoß zu verpassen, doch er wich ihr geschickt aus.
„Verdammt Gerry gib ihr etwas“, schrie der Jaguar, der sich vorkam, als ob er einen glitschigen Fisch festhalten sollte.
Der Luchs kniete noch bei seiner Gefährtin, die unsanft gegen einen Tisch geprallt und zu Boden gegangen war.
„Geh schon, mir geht es gut“, murmelte Lea, dabei stemmte sie sich in eine sitzende Position.
Schnell griff der Arzt nach seiner Tasche, holte eine Spritze, eine Kanüle und das Beruhigungsmittel für Dämonen heraus. Kurz darauf schob er den Ärmel des weiten T-Shirts hoch und spritzte das Mittel in ihren Oberarm.
„Wirkt es auch, wenn du es dort hinspritzt?“, wollte Brian interessiert wissen.
„Natürlich, nur gestern Nacht hatten wir wohl keine Zeit ihr den Pullover auszuziehen. Die Jogginghose bedeutete wesentlich weniger Probleme“, antwortete der Arzt beherrscht.
Logan lockerte seinen Griff, als er spürte, wie sie zusammensackte, und atmete auf. Die Maschine startete und er beeilte sich die Frau auf einen der Sitze zu legen, ehe er sich auch hinsetzte.
„Das wird ein hartes Stück Arbeit“, bemerkte Lea, doch dann lächelte sie in die Runde.
Für sie gab es keine Probleme, sondern nur Herausforderungen und sie war davon überzeugt, dass sie dieser armen Seele helfen konnten.
„Ich habe nur eine sehr geringe Dosierung gewählt, sodass sie wieder fit ist, sobald wir in Ballygannon ankommen. Also sorgt dafür, dass uns keine längeren Aufenthalte im Weg stehen“, informierte Gerry seine Mannschaft.
„Und wieso hast du sie nur so kurz betäubt?“, wollte Brian wissen.
„Erstens ist das Mittel nicht ungefährlich. Ich möchte ihr nur ungern schaden, außerdem brauchen wir sie bei vollem Bewusstsein, wenn wir sie durch den Zoll bekommen wollen“, antwortete der Arzt.
Lea saß mittlerweile neben ihm und er schlang einen Arm um ihre Schultern.
„Alles in Ordnung mit dir? Es sah heftig aus, wie du gegen den Tisch geknallt bist“, murmelte er, wobei er sie eindringlich ansah.
„Du kannst mich ja später untersuchen“, bemerkte sie mit einem zärtlichen Necken.
„Worauf du dich verlassen kannst“, raunte er und küsste sie liebevoll.
Der Flug verging ohne besondere Vorkommnisse und Patricia schlug die Augen auf, als sie gerade gelandet waren.
„Wir sind in Irland. Schaffst du es dich zu beherrschen?“, erkundigte David sich ernst.
„Es tut mir leid. Ich wollte das wirklich nicht“, begann die Dämonin verzweifelt, doch der Werwolf winkte schon ab.
„Ich verstehe, dass das hier für dich nicht leicht ist. Ronwe reist in diesem Augenblick ab, du kannst ihn anrufen, falls du das willst. Aber wir bestehen darauf, dass du dich im Krankenhaus behandeln lässt. Keiner möchte dich aus dem Verkehr ziehen müssen, weil du komplett abdrehst“, teilte er ihr besorgt mit.
„Ich habe sie im Griff“, bestätigte Patricia leise und atmete heimlich auf.
Ihr war das alles unendlich peinlich. Noch nie gab es einen solchen Aufstand wegen ihr. Sie hatte immer funktioniert.
„Gut, wir fahren ins Hauptquartier, damit du dir ein paar Kleidungsstücke heraussuchst. Es gibt dort einen sehr großen Fundus, was man vom Krankenhaus nicht sagen kann“, erklärte Gerry ihr, dann fühlte er erneut ihren Puls und sah ihr in die Augen.
„Das Mittel dürfte bereits aus deinem Kreislauf verschwunden sein, sollte dir doch schwindelig werden, gib auf jeden Fall Bescheid“, warnte er sie eindringlich.
„Mach ich, versprochen.“
Lea legte ihr einen Arm um die Schultern und ging mit ihr zum Ausgang, wo die Gangway herangerollt wurde.
„Ich bin bei dir, wenn du willst, passe ich auch im Krankenhaus auf dich auf“, versprach sie leise.
Dankbar lächelte Patricia ihr zu, dann stieg sie die Treppe herunter. Logan wartete bereits auf sie und wie schon in Deutschland umringten die Gestaltwandler sie, damit es keinen Fluchtweg gab.
Nach dem sie den Zoll passiert hatten, lotste man sie zu einem großen Van, der sie in das berüchtigte Söldnerlager in Ballygannon brachte.
Logan, Brian und Caitlin fuhren in einem schwarzen Jaguar voran. Sie würden Steward Bericht erstatten und dafür sorgen, dass Patricia ohne Störungen die passenden Kleidungsstücke aussuchen konnte.

~~°~~

Die junge Frau nahm kaum etwas von der grünen Landschaft wahr, die an ihr vorbeiflog. Immer wieder erinnerte sie sich daran, wie sehr sie versagt hatte und wie enttäuscht ihr Großvater von ihr sein musste.
Tränen brannten in ihren Augen, doch sie kämpfte eisern dagegen an. Die Dämonin in ihr gab für den Moment Ruhe, aber sie wusste genau, dass das nur eine begrenzte Zeit andauern würde.
Normalerweise gab es diesen Zwiespalt nicht in ihr und es belastete sie, dass jetzt zwei Seelen in ihr wohnten.
Die Bilder ihrer Gefangenschaft kamen in ihrem Bewusstsein hoch, schnell schob sie diese zur Seite. Daran wollte und konnte sie sich im Augenblick bestimmt nicht erinnern.
Der Van bog auf einen Schotterweg ein, hielt kurz vor einem Tor und parkte anschließend vor einer wunderschönen, riesigen Villa. Das musste das Hauptquartier sein.
Gerry stieg aus, reichte ihr eine Hand, doch genau in dem Moment, in dem sie aus dem Auto kletterte, sah sie Ronwe, der aus dem Haus kam.
Ihre Dämonin brüllte auf, getroffen von diesem Verrat, während sich ihre Augen augenblicklich wieder tiefschwarz färbten.
Den Mann neben ihrem Opa beachtete sie kaum, ebenso wenig war ihr klar, dass die Gestaltwandler bei ihr standen. Mit einem verletzten Schrei gab sie dem Arzt einen harten Stoß, ehe sie losrannte.
Sie wollte nur noch weg, besonders, weil sie nicht in der Lage war, unter diesen Umständen ihrem Großvater Rede und Antwort zu stehen. In ihrem Kopf gab es nur einen Gedanken, Flucht.
Patricia rannte wie von Furien gehetzt über den Rasen, bis sie von einem hohen Drahtzaun gestoppt wurde. Auf der anderen Seite des Maschendrahtzauns sah sie ein weiteres Gebäude und ihr war klar, dass es sich dabei um das Krankenhaus handeln musste.
Blitzschnell überlegte sie, ob sie über den Zaun klettern sollte, aber das brachte sie nur schneller in die Obhut von Ronwe. Zumal sie sah, dass das Gelände rund um das Hospital extrem gesichert wurde.
Keuchend lief sie an der Abgrenzung entlang, bis sie am Strand ankam. Die Dämonin zuckte zurück, das Wasser war jetzt im März eisig und ein Blick in die Ferne sagte ihr, dass sie auch hier nicht weit käme.
Wie ein gehetztes Tier rannte sie über den Hügel, in der Hoffnung, dass ihr irgendetwas entgangen war.
Wieso hatte der Werwolf sie angelogen? Warum war sie so vertrauensselig auf ihn eingegangen? Anklagen, Selbstvorwürfe und Fragen donnerten durch ihren Kopf, bis sie das Gefühl hatte, er würde platzen.
Ihr Körper zeigte ihr deutlich, dass das Beruhigungsmittel ihn geschwächt hatte, auch wenn sie keine direkten Nachwirkungen mehr spürte. Langsam fingen ihre Beine an zu zittern, gleichzeitig bekam sie Seitenstechen.
Verzweifelt blieb sie stehen, rüttelte an dem Zaun und sackte dann auf die Knie. Ihr Gesicht vergrub sie in ihren Handflächen, während ihr gesamter Leib vom Weinen geschüttelt wurde.
Ein tiefes, dunkles Loch tat sich in ihrer Seele auf und drohte sie zu verschlingen. Hoffnungslosigkeit schlug über ihr zusammen, wie eine Welle im Meer und sie ergab sich diesem Gefühl. Wie betäubt drehte sie sich um, lehnte sich mit dem Rücken gegen den Zaun, während Tränen über ihre Wangen rannen.

~~°~~

Steward brachte Ronwe gerade zur Tür, als der Van mit Patricia auf den Vorplatz fuhr. Ein schlechteres Timing konnte es gar nicht geben.
Der alte Erzdämon wollte auf den Wagen zueilen, doch der Gepard hielt ihn am Arm fest.
„Du weißt nicht, was sie erdulden musste. Gib ihr etwas Zeit“, mahnte er.
In diesem Moment ging alles ganz schnell, Gerry erschien, kurz darauf Patricia, die allerdings sofort losrannte.
David sprang aus dem Auto, um hinterher zu sprinten, aber Steward stoppte ihn.
„Nein“, bellte er den Werwolf an.
Verdutzt wendeten sich die Blicke zu ihrem Boss um und auch Ronwe sah ihn fragend an. Jetzt bemerkte der Dämon, dass sich die Nervosität des Gestaltwandlers völlig aufgelöst hatte.
„Sie kommt nicht vom Grundstück herunter, also lasst ihr einen Moment. Es muss ein Schock gewesen sein, dass ihr Großvater noch hier ist“, teilte er seinen Leuten mit.
„Ich werde sie gleich holen“, schob er schnell hinter her.
Seine Männer grinsten ihn verstehend an und nickte ihm zu. Sie alle hatten bemerkt, dass er die Ruhe in Person war und somit offensichtlich Patricia seine Seelengefährtin darstellte.
„Sie gehört zu dir oder?“, wollte Ronwe jetzt leise wissen.
Steward war nicht drum herum gekommen ihm zu erklären, woher diese seltsame Unruhe kam, daher wusste dieser sofort Bescheid.
„Ja, sie ist meine Gefährtin. Ich verspreche dir, dass ich auf sie aufpasse“, murmelte er, dabei sah er den obersten Richter eindringlich an.
Ein Lächeln glitt über das alte Gesicht, gleichzeitig sacken seine Schultern etwas nach unten, so als ob eine Last von ihm genommen würde.
„Jetzt kann ich beruhigt zurückfahren. Halt mich auf dem Laufenden und pass auf meinen kleinen Stern auf“, damit drückte er Steward kurz an sich.
Aufatmend sah dieser dem Erzdämon hinterher, als er in sein Auto kletterte und vom Hof fuhr.
„Macht ein Zimmer für sie fertig“, befahl Stew.
„Du weißt nicht, auf was du dich einlässt“, stoppte Gerry ihn vorsichtig.
Fragend sah sein Boss ihn an.
„Sie braucht dringend eine Therapie. Die ist bei Dämonen keinesfalls so einfach, jedenfalls für einen Gefährten. In ihr tobt die Sehnsucht sich für immer zu verkriechen und eine Wut, die ihresgleichen sucht“, erklärte er offen.
„Gut, ich komme mit beidem klar und werde weder zulassen, dass sie sich verkriecht, noch dass sie jemanden umbringt. Wir unterhalten uns später darüber, was ich wissen muss und wie diese Therapie aussieht. Jetzt gehe ich sie erst mal holen, sie hat bestimmt Hunger“, damit drehte Stew sich um und joggte langsam über das Gelände.
Gerry sah ihm lächelnd hinterher, das war natürlich die beste Möglichkeit, wenn er sich um sie kümmerte, doch dann verlosch sein Grinsen, den beiden stand eine harte Zeit bevor.
Steward erkannte die junge Frau schon von Weitem und sein Herz zog sich zusammen. Selbst aus dieser Entfernung sah er, wie sehr sie litt.
Schnell lief er zu ihr und blieb genau vor dem zitternden Bündel stehen.
Erst jetzt hob sie den Kopf, in ihren Augen las er, dass sie überlegte, aufzuspringen, um wegzulaufen.
„Bitte bleib“, bat Stew, während er sich vor sie hockte.
„Lasst mich doch gehen“, flüsterte sie immer noch weinend.
Sein Blick ging ihr bis auf die Seele und für einen Moment fühlte sie Hoffnung. Erstaunt musterte sie ihn, vergaß, in welcher Situation sie sich befand, dabei stellte sie fest, dass er kein Engel, sondern ein Gestaltwandler war.
„Wir müssen sicher sein, dass es dir gut geht, ehe wir dich nach Hause lassen können. Aber ich verspreche dir, dass ich auf dich aufpasse. Niemand wird dir wieder wehtun“, versprach Steward sanft.
Langsam stand er auf, sah, wie sie zitterte. Er spürte, wie sehr sie sich nach Geborgenheit und Ruhe sehnte, und hätte sie am liebsten in seine Arme gezogen.
„Du bekommst ein Zimmer hier im Hauptquartier, dann musst du dich nicht ständig mit neuen Personen abgeben“, teilte er ihr ruhig mit.
„Kein Krankenhaus?“, hakte sie schniefend nach.
„Nein, nur wenn du es unbedingt willst“, bestätigte er lächelnd.
Seine grünen Iriden bohrten sich in ihre und sie fühlte sich endlich in Sicherheit. Zaghaft erwiderte sie sein Lächeln, wobei langsam das Zittern nachließ und sie tief einatmete.
„Kommst du mit mir?“, erkundigte Steward sich sanft, dabei hielt er ihr eine Hand hin.
Einen Moment überlegte sie, dann ergriff sie seine Hand und ließ sich hochziehen. Mit ihren Augen bat sie ihn, sie nicht alleine zu lassen, wieder etwas, was sie sich kaum erklären konnte.
Dieser Mann flößte ihr mehr Vertrauen ein, als Lea, obwohl er keine Engelskräfte hatte, zusätzlich empfand sie seine Berührungen als beruhigend.
Sie schwankte, als sie stand und sofort legte sich ein starker Arm um ihre Taille, aber auch jetzt fühlte es sich nicht bedrohlich an.
„Langsam, komm ich trage dich“, flüsterte der Gepard, als er sie ohne Anstrengung auf seine Arme hob.
Ohne darüber nachzudenken, schlang sie die Arme um seinen Hals, vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter und atmete seinen männlichen Duft ein. Selbst ihre Dämonin schnurrte leise, während sie zumindest für diesen Augenblick Ruhe gab.
Viel zu schnell stieß er die Tür der Villa auf, trug sie die Treppe hoch und setzte sie auf einem Bett ab.
„Ich möchte, dass du dich ausruhst. Gerry wird gleich noch einmal nach dir sehen, anschließend bringe ich dir etwas zu essen. Okay?“, schlug Steward vor, dabei sah er sie fasziniert an.
„Hört sich gut an“, murmelte sie und wich seinem Blick verlegen aus.
Seine warmen Finger legten sich unter ihr Kinn und zwangen sie ihn anzusehen.
„Muss ich die Tür abschließen? Oder bleibst du freiwillig hier?“, wollte er ernst wissen.
Einen Augenblick horchte sie in sich hinein, dann zuckte sie unglücklich mit den Schultern.
„Ich weiß es nicht. Im Moment ist meine innere Dämonin ruhig, aber das kann sich von Sekunde zu Sekunde ändern“, gab sie leise zu.
Es war ihr absolut peinlich, dass sie sich so schlecht unter Kontrolle hatte, nur lügen kam für sie nicht infrage.
„Kein Problem, du hast viel durchgemacht. Ich schließe vorsichtshalber ab, damit wir dich nicht auf dem Grundstück suchen müssen, weiter wirst du nicht kommen. Wenn was ist, dann ruf nach mir, ich höre dich, egal was ist“, versprach er, dann strich er ihr leicht mit dem Daumen über die Unterlippe.
Fast schon mit Gewalt riss er sich von der zierlichen Person los, verließ das Zimmer und schloss von außen ab. Den Schlüssel ließ er einfach stecken, so konnte jeder sie besuchen, aber sie war sicher vor sich selbst.
Fröhlich pfeifend sprang er die Treppe herunter und machte sich auf den Weg, um Gerry zu suchen. Stew fühlte sich wunderbar, es gab nichts, was seine gute Laune störte. Diese lästige Nervosität war weg und in dem Schlafzimmer saß seine Traumfrau. Die Tatsache, dass sie traumatisiert, misstrauisch und im Augenblick auch gefährlich war, ignorierte er gekonnt.
Seinen Kumpel fand er im Untersuchungszimmer, wo dieser gerade seine Nase in ein dickes Buch steckte.
„Hast du einen Moment Zeit für mich?“, erkundigte Steward, nachdem er geklopft und den Raum betreten hatte.
„Natürlich, ich denke, du hast eine Menge Fragen. Außerdem ist es wichtig, dass du weißt, was auf dich zukommt“, stimmte Gerry zu.
Stew ließ sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch fallen und sah seinen Freund aufmerksam an.
„Es wird kein Zuckerschlecken. Ich hoffe, dass dir das klar ist. Ihr seid weit weg vom verliebten Händchenhalten und Kuschelstunden“, begann der Arzt ernst.
„So schlimm kann es kaum sein, du hast bestimmt gesehen, wie ich sie hereingetragen habe“, wehrte der Gepard lächelnd ab.
Nachdenklich nickte Gerry, dann seufzte er leise.
„Pass auf, normalerweise ist sie mit ihrem Dämon im Einklang, sodass sie nicht gegen ihn ankämpfen muss. Doch wenn etwas so Einschneidendes passiert, fühlte es sich für sie an, als ob sie zwei Seelen besäße. In etwa wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Beide kämpfen gegeneinander, weil sie in sich nicht mehr einig ist. Die eine Seite von Patricia ist verletzt, verängstigt, möchte sich nur noch zurückziehen. Ich darf einen Suizid nicht ausschließen, wenn sie die Chance bekommt zu fliehen. Die andere Seite dürstet nach Rache, egal an wem. Die Dämonin will sehen, wie die Menschen leiden, dabei ist es ihr gleich, wen sie dafür benutzt. Was das heißt, brauche ich dir wohl kaum zu sagen. Du wirst sie regelrecht einsperren und überwachen müssen“, erklärte der Arzt.
Verstehend nickte Steward, aber das schreckte ihn so gar nicht ab, ganz im Gegenteil, er würde sich sehr gerne um sie kümmern.
„Die Therapie ist um einiges heftiger, da eine Gesprächstherapie ihr nur bedingt hilft. Sobald sie dich in ihre Nähe lässt, musst du ihr klarmachen, dass Berührungen etwas Schönes sind. Also kannst du sofort starten, denn so, wie es aussieht, ist sie von dir angezogen, warum auch immer“, ordnete der Luchs besorgt an.
„Was meinst du damit, dass ich ihr zeigen soll, dass Berührungen völlig in Ordnung sind?“, hakte Steward unsicher nach.
„Du wirst am Anfang natürlich vorsichtig sein. Sie lediglich in den Arm nehmen, ihr einen Kuss geben. Sie wird sich wehren, aber das darf dich nicht abschrecken. Dann musst du weiter gehen“, antwortete Gerry unbehaglich.
„Du willst mir sagen, dass ich sie vergewaltigen muss?“, stieß Stew entsetzt hervor.
„Nein, das meine ich ganz und gar nicht. Die Dämonin in ihr sträubt sich gegen Zärtlichkeit, ebenso wie gegen Lust und das ist der einzige Weg ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. Natürlich hat das kaum etwas mit einer Vergewaltigung zu tun, weil du sie dazu bringen wirst, es auch zu wollen“, erklärte Gerry umständlich.
Verwirrt sah sein Boss ihn an. Er verstand kein Wort.
„Du meinte Güte, du musst sie verführen. Treib sie an ihre Grenzen, bis sie dich um Sex anfleht. Dürfte dir als Dom doch nicht schwerfallen“, stieß der Arzt hervor.
„Du meinst also, ich sollte sie wie eine Sub behandeln?“, hakte Stew noch einmal nach.
„Im Prinzip ja, allerdings wird sie dir viel Widerstand entgegenbringen, selbst wenn sie es eigentlich will. Dämonen sind kompliziert und in dem Punkt völlig anders als Menschen. Aber du musst auch Rücksicht auf ihre normale Seite nehmen, die sonst wahrscheinlich in eine heftige Depression fällt. Rede mit ihr, gewinne ihr absolutes Vertrauen und führe sie in unsere Welt ein, bis sie ihre Rache ebenso loslässt wie die Selbstmordgedanken“, riet der Luchs ihm.
Na das konnte ja heiter werden, andererseits war es doch genau das, was Steward wollte. Seine Neigung würde er nie ablegen, nur eine Frau dazu bringen, die ihm mit Gegenwehr begegnete, war noch mal eine ganz andere Herausforderung.
„Falls du Hilfe brauchst, bin ich ja auch noch da“, bemerkte der Arzt jetzt und Stew sah ihn verständnislos an.
„Du willst mir helfen, sie ins Bett zu bekommen?“, stieß er hervor.
Laut auflachend schüttelte Gerry den Kopf.
„Natürlich nicht, was denkst du denn von mir? Ich werde dir gerne mit meinem Rat zur Seite stehen. Ebenso beginne ich mit ihr eine Gesprächstherapie, bei der du dabei sein wirst“, stellte er seine Aussage richtig.
„Das hört sich schon anders an. Aber jetzt solltest du noch mal nach ihr sehen. Sie ist vorhin ziemlich wackelig auf den Beinen gewesen“, meinte der Gepard.
„Das ist das Beruhigungsmittel. Ich musste es ihr zwei Mal innerhalb weniger Stunden injizieren. Gut, dass wir sie hier haben, da brauchen wir es nicht mehr. Doch du hast Recht, ich werde nach ihr schauen“, stimmte er zu und stand auf.
Während Steward zu Ellie ging, um etwas zu essen für seine Gefährtin zu holen, machte sich Gerry auf den Weg zu seiner Patientin.

~~°~~

Patricia lag auf dem Bett und blickte verdutzt zur Tür, die sich gerade hinter dem Mann schloss. Sie wusste nicht mal, wer das war oder welche Stellung er innehatte, nur war das im Moment völlig unwichtig.
Ihre innere Dämonin hatte sich beruhigt, sodass sie erst mal aufatmen konnte. Der Schock, dass ihr Opa doch hier war, saß ihr in den Knochen, aber das Problem dürfte jetzt aus der Welt sein. Ihre Gedanken wanderten erneut zu dem fremden Gestaltwandler.
Immer wieder sah sie die grünen Augen, die sie so unendlich liebevoll anblickten. Dieser Blick ging ihr unter die Haut, nur befürchtete sie, dass er sich von ihr abwendete, sobald ihre Dämonin ihre Krallen ausfuhr. Außerdem fürchtete sie, dass er sie verachten würde, wenn er erfuhr, dass sie sich vor einem Normalen verwandelt hatte. Sie hatte die Geheimhaltung missachtet und noch schlimmer, niemandem Bescheid gesagt, doch sie traute sich einfach nicht.
Zum Glück wusste der Priester absolut nichts über die magische Welt. Er glaubte, dass Dämonen direkt aus der Hölle auf die Menschen losgelassen wurden. Trotzdem lastete ihr Versagen schwer auf ihr, weil sie dem Exorzisten ihre wahre Gestalt gezeigt hatte.
Die Selbstzweifel kamen zurück, stärker als je zuvor, nur ihre Dämonin gab immer noch Ruhe. Etwas, dass Patricia verwunderte, aber auch erleichterte.
Die Tür ging auf und Gerry erschien mit einem Lächeln.
„Hey, wie geht es dir? Stew meinte, du seist ein wenig wackelig auf den Beinen“, begrüßte er sie, dabei sah er sie eindringlich an.
Stew hieß der Mann also, wahrscheinlich die Abkürzung für Steward, ein Name, der ihr gefiel.
„Mir war schwindelig, als ich aufgestanden bin, aber ich denke, dass es völlig normal ist, immerhin bin ich komplett durch den Wind“, antwortete sie leise.
Sie kam aus der Verlegenheit kaum heraus, zumal ihr ständig was Peinliches passierte oder sie etwas tat, was als ungewöhnlich einzustufen war.
„Keine Sorge, niemand verurteilt dich. Jeder von uns würde ähnlich reagieren, wenn er in deiner Lage wäre“, versuchte Gerry sie zu beruhigen.
Langsam schüttelte sie den Kopf.
„Nein, das glaube ich dir nicht“, widersprach sie zaghaft.
Auflachend nickte er, während er sie ansah.
„Du hast Recht, wir hätten den Priester längst getötet, als Raubkatze ist das eine Leichtigkeit“, gab er schmunzelnd zu.
Ein winziges Lächeln erschien in ihrem Gesicht, doch es verschwand sofort wieder. Aber es war ein Anfang.
„Darf ich deinen Puls und den Blutdruck messen?“, erkundigte der Arzt sich freundlich.
„Natürlich, du willst mir ja helfen“, stimmte Patricia zu.
Die vorsichtige Berührung des Mannes an ihrem Handgelenk ließ sie unruhig werden, selbst ihre Dämonin meldete sich in dem Moment. Verzweifelt unterdrückte sie jeden bösartigen Gedanken. In einem inneren Disput machte sie ihrer anderen Seite klar, dass er ihr keinesfalls schaden würde.
Gerry spürte, wie sie mit sich kämpfte, und ließ sie augenblicklich los.
„Alles in Ordnung? Wenn du etwas nicht möchtest, musst du es nur sagen“, forderte er sie auf.
„Ich reagiere auf Berührungen extrem empfindlich, jedenfalls sobald es sich um einen Mann handelt“, gab Patricia leise zu.
„Das merke ich, kannst du mir erklären, warum das so ist?“, tastete Gerry sich langsam voran.
Entsetzt schüttelte sie den Kopf, daran wollte sie auf keinen Fall zurückdenken.
„Bitte nicht“, brachte sie ängstlich hervor, während ihre Augen sich schwarz färbten.
„Alles in Ordnung, du bestimmst im Moment, wie weit wir gehen. Es ist einfach noch zu früh für dich über diese Dinge zu sprechen“, beschwichtigte er sie sofort.
Aufatmend schluckte sie, dabei wurden ihre Iriden wieder braun.
„Meine Dämonin tobt, sobald ich mich an die Zeit in der Kirche erinnere. Ich bekomme sie dann kaum unter Kontrolle. Sie will Blut sehen“, flüsterte Patricia entschuldigend.
Gerry lächelte sie an.
„Gar kein Problem, du hast heute auf jeden Fall eine Schonfrist. Nur eins sollte dir klar sein, früher oder später werde ich dich zwingen, alles zu erzählen“, beruhigte der Arzt sie.
„Ja, das weiß ich“, gab sie leise zu.
Vorsichtig holte der Luchs das Blutdruckmessgerät aus der Tasche und hielt es abwartend in den Händen.
Einen Augenblick brauchte die Dämonin, anschließend streckte sie ihm den Arm hin, damit er seine Arbeit tun konnte.
„Soll ich das nächste Mal lieber Lea schicken? Fällt es dir dann leichter?“, erkundigte er sich, als er den Blutdruck gemessen hatte.
„Das ist gut möglich, aber ich weiß, dass du nur helfen willst. Es ist der beste Weg wieder normal mit meinem Umfeld umzugehen oder was denkst du?“, hielt sie dagegen.
Darin stimmte er ihr zu, natürlich war es der direkteste Weg, wenn sie mit ihren Ängsten konfrontiert wurde, allerdings wollte er es ihr gerade am Anfang nicht zu schwer machen.
„Du hast Recht und ich finde, es läuft doch schon sehr gut. Stew bringt dir gleich, etwas zu essen. Er wird sich in den nächsten Tagen um dich kümmern. Leider müssen wir dich unter Beobachtung halten, aber du wirst keinesfalls ständig im Zimmer eingesperrt“, versprach er, als er seine Sachen in der Tasche verstaute.
Schüchtern lächelte sie ihn an.
„Danke“, brachte sie hervor.
„Keine Ursache, wir sehen uns morgen. Tu mir nur einen Gefallen, hör auf Steward“, bemerkte er mit einem Zwinkern.
Patricia verstand sofort, auch sie kannte sich ein wenig mit den Therapien für Dämonen aus. Man hörte schließlich dies und das, dementsprechend konnte sie sich zumindest vorstellen, was auf sie zukam. Nur im Moment erschreckte sie das nicht im Mindesten, ganz im Gegenteil.
Gerry verabschiedete sich und sie war wieder allein.
Träumend lag sie auf dem Bett, dabei schob sie alle Grübeleien über die Zukunft, die jüngste Vergangenheit oder ihr Versagen energisch zur Seite.
Ein leises Klopfen holte sie in die Wirklichkeit zurück.
„Ja bitte“, damit bat sie den Besucher herein, gleichzeitig setzte sie sich auf.
Steward kam mit einem großen Tablett zu ihr, das er auf dem Couchtisch in ihrem Zimmer abstellte.
Die Einrichtung war praktisch, es gab außer dem Bett einen Kleiderschrank, ein Sideboard, einen Schreibtisch samt Stuhl mit Blick auf das Meer, eine Sitzgruppe und eben einen Tisch. Alles war in einem hellen grau gehalten, nur die Vorhänge strahlten in einem fröhlichen Gelb.
„Wie versprochen habe ich dir etwas zu Essen gebracht. Komm ich helfe dir beim Aufstehen“, bot Steward ihr an, als er zu ihr kam.
Schnell schüttelte sie den Kopf, sie war unsicher, wie ihre Dämonin reagieren würde, doch er ließ sich davon kaum abhalten. Ohne auf ihre Abwehr zu achten, trat er an ihr Bett, schob die Arme unter ihren Körper, um sie hochzuheben.
„Ich kann das alleine“, zischte sie.
Zu allem Überfluss erwachte ihre Dämonin mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch. Sie wollte, dass er tat, was sie sagte, dass er ihre Ablehnung ignorierte, erzürnte sie.
„Ganz ruhig, Kleines. Ich setze dich gleich wieder ab“, versprach er sanft.
Steward ließ sich von ihrem Ton ebenso wenig abschrecken, wie von der Tatsache, dass ihre Augen sich bereits schwarz färbten.
Schnell trug er sie zum Tisch, wo er sie auf der Couch absetzte.
„War das jetzt so schlimm?“, erkundigte er sich lächelnd.
Er hatte das Gespräch mit Gerry im Hinterkopf, sodass er wusste, was er tat. Außerdem würde er sich einfach nicht herausfordern lassen.
Verlegen schüttelte sie den Kopf, dabei atmete sie tief ein und aus.
„Tut mir leid, aber ich reagiere im Moment etwas empfindlich, was Männer angeht“, murmelte sie.
„Das verstehe ich absolut, trotzdem schreckt es mich nicht ab. Gewöhn dich besser sofort daran“, hielt er ihr mit einem Lächeln entgegen.
Ohne zu antworten, machte sie sich über den Imbiss her, denn ihr Magen knurrte wie ein böser Kettenhund.
„Wenn du möchtest, können wir heute Abend mit dem Rest essen. Ich leiste dir allerdings auch gerne hier Gesellschaft“, bot er ihr liebevoll an, als sie sich über die belegten Brote und das Obst hermachte.
Einen Augenblick überlegte sie, konnte sie es schon riskieren, mit anderen Lebewesen zusammen zu sein? Die Dämonin blieb ruhig, sie wollte nur Rache an den Normalen.
„Es sind nicht nur Gestaltwandler anwesend oder?“, hakte Patricia vorsichtig nach.
„Nein, es ist auch ein Engel sowie ein Mensch dabei. Außerdem arbeiten im Haus einige Vertraute“, bestätigte Stew ihre Vermutung.
Allein bei dem Wort knurrte ihre zweite Seele, für sie waren alle dieser Gattung bösartig und mussten unschädlich gemacht werden.
„Ich habe keine Ahnung, ob ich sie im Griff behalten kann, sobald ich den Normalen begegne“, gab sie leise zu.
Der Gepard überlegte einen Moment, dann sah er ihr tief in die Augen.
„Und was willst du? Ist es dir lieber hier zu essen oder in Gesellschaft?“, erkundigte er sich.
„Ich war die letzten drei Monate völlig isoliert. Ich würde es vorziehen, zusammen mit allen anderen zu essen, aber ich ...“, weiter kam sie nicht, denn Steward hatte ihr einen Finger auf die Lippen gelegt und schüttelte leicht den Kopf.
„Ich möchte nur wissen, was du willst. Nicht mehr und nicht weniger“, stoppte er sie sanft.
„Ein gemeinsames Abendessen hört sich verlockend an“, gab sie leise zu.
Zufrieden lehnte er sich zurück, während sie hungrig ein Sandwich nach dem anderen verzehrte.
Satt schob Patricia das Tablett ein Stückchen von sich, dann sah sie den Mann an, der sie faszinierte.
„Wer bist du überhaupt?“, erkundigte sie sich jetzt.
Er lachte leise auf und verdrehte für einen Augenblick die Augen.
„Ich bin wirklich kaum noch ich selbst, seit du aufgekreuzt bist. Entschuldige, ich bin Steward MCFlann, der Boss dieses Haufens hier“, stellte er sich grinsend vor.
„Freut mich Steward, ich heiße Patricia, meinen Nachnamen erspare ich dir, den kann außer den Dämonen eh keiner aussprechen“, antwortete sie mit einem winzigen Lächeln.
„Ich weiß, meine Kleine, Ronwe hat viel von dir erzählt“, bei dem Satz beobachtete er sie genau.
Ihre Augen schimmerten traurig, als der Name ihres Opas fiel und sie schluckte schwer. Irgendwas lief extrem schief, das sah er auf den ersten Blick.
„Sagst du mir, warum du ihn nicht sehen wolltest?“, hakte er vorsichtig nach, doch er erntete nur ein Kopfschütteln.
Ehe sie etwas sagen konnte, stand er auf und hielt ihr wieder eine Hand hin.
„Komm, ich zeige dir das Haus, immerhin wirst du die kommenden Wochen bei uns leben“, schlug er vor.
Widerstandslos ließ sie sich von ihm hochziehen, anschließend nahm er das Tablett und brachte sie zuerst in die Küche, wo zu dieser Zeit niemand war.
„Das ist normalerweise Ellies Reich, aber ich weiß, dass sie zum Einkaufen unterwegs ist. Hier triffst du die meisten Menschen“, erklärte er ihr.
Verstehend nickte sie, während sie sich interessiert umsah.
„Wenn du die Küche benutzt, dann solltest du sie ordentlich wieder verlassen, sonst kann unsere gute Seele ziemlich böse werden“, warnte er sie mit einem Lächeln.
Er räumte das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine, anschließend stellte er das Tablett weg und griff erneut nach ihrer Hand.
Er zeigte ihr nacheinander den Speisesaal, das Billardzimmer, das Wohnzimmer, sein Büro, den Computerraum der Hacker, Gerrys Untersuchungszimmer, den Überwachungsraum, das Fitnessstudio, das Schwimmbad und zuletzt die Sauna.
„Ihr habt eine Sauna? Das ist traumhaft. Wir Dämonen lieben die Wärme, oft genug ist uns einfach viel zu kalt“, stieß sie begeistert hervor.
Stew packte sie an den Schultern und spürte, wie sie sich sofort versteifte, trotzdem drehte er sie zu sich.
„Du wirst hier nur mit mir zusammen reingehen oder nach Absprache mit unseren restlichen Frauen. Ist das klar?“, befahl er ihr und in seiner Stimme hörte sie deutlich, dass er da auf keinen Fall drüber diskutierte.
Verschüchtert nickte sie, obwohl ihr eine ganz andere Antwort auf der Zunge lag, aber die letzten Monate hatten sie vorsichtig gemacht.
Sanft nahm er ihr Kinn in die Hand, zwang sie ihm tief in die Augen zu sehen, forderte sie auf diese Weise heraus.
„Hast du mich verstanden, Patricia?“, wollte er wissen.
Ihre Pupillen verfärbten sich sofort, als er sie so bedrängte, doch er ließ nicht locker.
„Nein, du brauchst nicht anfangen zu kämpfen. Ich möchte eine deutliche Antwort und ich lasse mich keinesfalls von dir einschüchtern“, erklärte er ihr ruhig.
„Ich hab es kapiert“, stieß sie gepresst hervor.
Zufrieden nickte er, dann senkte er den Kopf, um sie vorsichtig auf die Lippen zu küssen. Damit nahm er sogar der Dämonin den Wind aus den Segeln und erntete nur einen verwunderten Blick.
Mit einem Schmunzeln ließ er ihr Kinn los, ergriff stattdessen ihre Hand und zog sie aus der Sauna.
„Ich glaube kaum, dass du heute schon einen Saunagang machen solltest. Dein Kreislauf ist ziemlich angeschlagen, aber in den nächsten Tagen stehe ich dir gerne in meiner Freizeit zur Verfügung“, bot er ihr an.
Verlegen zuckte sie mit den Schultern, auf das Angebot wollte sie so lieber nicht eingehen.
„Ich bin unsicher“, wich sie ihm vorsichtig aus, dabei trat sie einen Schritt von ihm weg.
Sofort verstärkte sich der Griff an ihrer Hand und er schüttelte leicht mit dem Kopf.
„Keine Panik, ich zwinge dich keineswegs dazu, noch nicht. Hat Gerry mit dir wegen der Therapie geredet?“, erkundigte er sich.
„Ja, nein, zum Teil. Ich glaube, er wollte mich schonen. Ich weiß, wie ihr vorgehen müsst und auch, dass die Gespräche allein kaum helfen. Du wirst mich bedrängen, an meine Grenzen bringen und mein Weltbild wieder grade rücken“, antwortete sie leise.
„Davor habe ich Angst. Ich fürchte mich, dich zu verletzen und ebenso verletzt zu werden“, fügte sie verzweifelt hinzu.
Tränen standen in ihren braunen Augen, die sie mit aller Macht zurückdrängte.
Stew atmete tief durch, dann zog er sie mit sanfter Gewalt in seine Arme. Schirmte sie regelrecht vor der Umwelt ab und gab ihr die Geborgenheit, die sie gerade brauchte.
„Alles wird gut, mein Herz. Ich passe auf dich auf“, flüsterte er ihr ins Ohr, während er sie fest an sich drückte.
Patricia schmiegte sich in diese Umarmung, schloss die Augen und genoss die Fürsorge sowie die Sicherheit, die der fremde Mann ihr gab. Durch seine Nähe kam sie etwas zur Ruhe, obwohl sie sich immer noch vor den nächsten Tagen fürchtete. Dabei ging es ihr nicht so sehr um sich selbst oder doch, ihre Angst drehte sich auch darum, dass er sie fallen ließ, sobald sie gegen ihn aufbegehrte. Ihre Dämonin würde sich wehren, das war so sicher wie das Amen in der Kirche.
„Komm wir gehen ein Stück, das Wetter ist heute sonnig und trocken“, schlug Stew vor, der ihren inneren Aufruhr deutlich spürte.
Langsam löste sie sich von ihm und stimmte leise zu.
„Gerne, die frische Luft hat mir so sehr gefehlt.“
Sie ließ es zu, dass er einen Arm um ihre Schultern legte und sie zur Haustüre führte. Kurz vor der Tür trafen sie auf David.
„Ehe ich es vergesse, ich soll dir etwas von Ronwe ausrichten. Er liebt dich, egal was passiert ist, daran wird sich nie was ändern. Es tut mir leid, dass ich dir das nicht früher gesagt habe, nur im Flugzeug warst du kaum ansprechbar“, entschuldigte er sich.
„Kein Problem, es hätte nichts geändert. Danke dir“, stieß sie hervor, aber Steward spürte, wie sehr sie bei diesen Worten zitterte.
David nickte den beiden noch einmal zu, dann machte er sich auf den Weg, um Emily und Billy abzuholen, die bei Joleen waren.

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Tag der Veröffentlichung: 06.03.2017

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