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Kapitel 1 - Ins Exil verbannt

Die Zimmertür flog auf und Cats Mutter stand auf der Schwelle.
„Caitlin, mach endlich die Musik leiser“, schrie sie in den Raum, ehe es ihr die Sprache verschlug.
Caitlin, die sich von ihren Freunden Cat nennen ließ, verdrehte genervt die Augen und erhob sich langsam vom Bett. Ohne die aufgebrachte Frau weiter zu beachten, drehte sie die Anlage etwas runter und stemmte die Arme in die Seiten.
„Was bitte macht der Gnom in deinem Zimmer?“, wollte ihre Mutter entsetzt wissen.
„Was schon? Er räumt auf, wie ich es ihm befohlen habe“, antwortete sie gelangweilt.
„Du lässt dieses unschuldige Wesen sofort gehen, hast du gehört?“, befahl Elvira O´Kelly und atmete tief aus.
Irgendwie hatte sie das Gefühl, das ihr alles über den Kopf wuchs. Seit ihr Mann vor einem Jahr gestorben war, tat Caitlin, was sie wollte, verstieß ständig gegen Regeln und handelte sich mehr Ärger ein, als ihre Familie ausbügeln konnte.
„Erst macht er seine Arbeit fertig, sonst werde ich ihn töten, sobald ich mich in einen Falken verwandelt habe“, widersprach die junge Frau fest.
Ehe Elvira in der Lage war zu antworten, klingelte es an der Haustür und sie sah noch einmal warnend auf ihr Kind.
Schnell eilte sie zur Tür, wobei sie keine Ahnung hatte, wer sie um diese Uhrzeit besuchen wollte.
„Guten Tag Miss O´Kelly, wir müssen uns leider mit Ihnen über ihre Tochter unterhalten“, begrüßte sie ein Typ im Anzug und hielt ihr einen Ausweis unter die Nase.
Seufzend bat sie die beiden Männer herein, die von der Regierung der magischen Welt geschickt worden waren. Die Zauberwesen lebten unerkannt unter den Menschen, besaßen aber ihre eigenen Gesetze und Regeln und ebenso Leute, die dafür sorgten, dass niemand diese Vorgaben übertrat.
Mit klopfendem Herzen führte Elvira die zwei Wächter in die Küche, bot ihnen einen Kaffee an, den sie dankend ablehnten.
„Wir machen es kurz, Caitlin hat bereits zum fünften Mal gegen die Geheimhaltung verstoßen. Immer wieder zeigt sie den Normalen ihre Fähigkeiten, schüchtert sie ein und verschafft sich damit Vorteile. Wir können langsam nicht mehr über diese Vergehen hinwegsehen“, erklärte der Beamte, dem es offensichtlich sehr unangenehm war, das Gespräch zu führen.
„Ich weiß, aber seit ihr Vater verstorben ist, komme ich kaum noch an sie heran“, bemerkte Elvira leise.
„Wir sind hier, um sie abzuholen. Es gibt ein Internat in Pennsylvania, dass unsere Leute genau für solche Fälle eröffnet haben“, fiel der zweite Mann ihr jetzt ins Wort.
Ungläubig und entsetzt schüttelte sie den Kopf, keinesfalls ließ sie zu, dass ihre Caitlin nach Amerika in irgendein Erziehungsheim geschickt würde.
„Es tut uns leid, aber wir sehen kaum eine Alternative mehr, zumal sie keine hundert Jahre alt ist. Noch können wir eingreifen, später bleibt uns nur sie einzusperren“, erklärte der erste Beamte wieder.
„Bitte, es muss einen anderen Weg geben. Ich möchte meine Caitlin nicht komplett verlieren“, flehte Elvira mit Tränen in den Augen.
Der Tod ihres Mannes war schon schlimm genug und sie wusste oft nicht, wie sie alles bewerkstelligen sollte. Egal wie Cat sich gerade benahm, die Vorstellung, dass man ihr Kind gewaltsam von ihr trennte, war zu viel für sie.
„Es gibt einen Ausweg, wenn Sie jemanden haben, der sich um sie kümmern kann. Offensichtlich sind sie kaum in der Lage es alleine zu schaffen“, lenkte der erste Typ jetzt freundlich ein.
Elvira überlegte einen Moment, es gab nur eine Person, die ihr einfiel. In dem Fall müsste sie Cat zwar ebenso wegschicken, aber sie blieb in Irland und es war auch nicht so weit weg. Außerdem wusste sie, dass ihr Bruder Steward alles für ihre Tochter tun würde.
„Ich habe jemanden. Ist es in Ordnung, wenn ich Caitlin zu ihrem Onkel schicke? Er lebt in Ballygannon und heißt Steward McFlann“, hakte sie hoffnungsvoll nach.
„Der McFlann? Der Boss über die Söldner von Ballygannon?“, erkundigte sich der zweite Beamte und sah sie voll Ehrfurcht an.
Schnell bestätigte sie es, denn das war auf jeden Fall eine bessere Lösung als ihr Kind in das Erziehungsheim zu stecken.
„Wenn er die Aufsicht übernimmt, können wir dem nur zustimmen. Wir werden uns in einer Woche erkundigen, ob Sie diese Absprache eingehalten haben Miss O´Kelly“, stimmte der Ältere jetzt zu.
Elvira atmete auf, dann nickte sie lächelnd und begleitete die Regierungsbeamten zur Tür, anschließend ging sie zu ihrer Tochter.
Wütend stieß sie die Tür auf und baute sich vor der jungen Frau auf.
„Ich weiß, dass dir dein Vater fehlt, aber dein Benehmen ist unmöglich. Gerade eben waren zwei Männer von der Regierung hier. Sie wollten dich mitnehmen, um dich in ein Erziehungsheim in Amerika zu bringen“, herrschte sie Cat an, nachdem sie den Stecker der Musikanlage aus der Steckdose gezogen hatte.
Wenigstens sah sie den Gnom nicht mehr und sie ging davon aus, dass er schnellstens das Weite gesucht hatte. Gott sei Dank, war diese Missetat unentdeckt geblieben.
Erschrocken sah Caitlin ihre Mutter an und schüttelte langsam den Kopf.
„Das glaube ich dir nicht. Sie können mich wohl kaum in ein Heim stecken“, flüsterte sie.
Mit so einer Reaktion hatte Cat keinesfalls gerechnet. Natürlich war ihr bewusst, dass sie in der letzten Zeit über das Ziel hinaus geschossen war. Oft genug verstieß sie gegen die Regeln, aber in ihrem Inneren tobte eine seltsame Nervosität, für die sie keine Erklärung fand. Dazu kam, dass sie ihren Vater unendlich vermisste und sich selbst verabscheute.
„Ich konnte es verhindern, in dem ich versprochen habe, dass ich dich in die Obhut von Steward gebe“, erklärte die ältere Frau leise und ließ sich auf das Bett sinken.
Fassungslos starrte ihre Tochter sie an.
„Du schickst mich weg?“, flüsterte sie.
Elvira hob den Blick und sah ihrem Kind in die Augen.
„Nein, ich werde gezwungen dich wegzuschicken, weil du dich einfach nicht an die Regeln hältst. Unsere Regierung bezweifelt, dass ich in der Lage bin, dich unter Kontrolle zu bekommen und darin kann ich nur zustimmen“, stellte sie die Aussage richtig.
„Ich schreibe Steward und du fängst an, zu packen. Wir haben eine Woche, ehe du in Ballygannon sein musst“, damit stand sie auf und verließ den Raum.
Tief in ihrem Inneren wusste Elvira, dass es besser für Caitlin war, wenn sie zu jemandem kam, der die Macht hatte sie an dem ganzen Unsinn zu hindern. Seufzend dachte sie an ihren Bruder, der alles andere als begeistert sein würde, aber er war immer da, sobald sie ihn brauchte.
Schnell schrieb sie eine Nachricht, in dem sie ihm die Situation erklärte, und bat ihre Tochter ihn zur Post zu bringen. Dieses Mal gehorchte sie, dabei verzichtete sie auf einen Widerspruch.
Cat verstand die Welt nicht mehr, in ihren Augen handelte es sich doch nur harmlose Späße. Niemand kam zu schaden, selbst den Gnom hatte sie am Ende für seine Arbeit bezahlt.
Völlig in Gedanken, schob sie den Brief an Steward in die Hosentasche und rannte ohne bestimmtes Ziel die Straße entlang. In Athlone war sie aufgewachsen, hier kannte sie sich aus und sie wollte in ihrer Heimatstadt bleiben. Ballygannon bedeutete für sie das Exil, ein Straflager. Auf der anderen Seite grauste es ihr davor, dass diese Kerle sie wirklich in eine Erziehungsanstalt in Amerika steckten, da blieb sie lieber bei ihrem Onkel.

~~°~~

Brian saß auf der Treppe und wartete darauf, dass Gerry erschien. Er brauchte dringend den Rat des Arztes und wollte verhindern, dass alle mitbekamen, wie er ihn um ein Gespräch bat.
Endlich kam der Luchs, Hand in Hand mit seinem Engel Lea. Die Gefährtin von Gerry war in der Tat ein Erdenengel und wurde nicht nur so bezeichnet, allerdings gab es niemand, der sie nicht mochte. Als sie gezwungen wurde sich von dem Gestaltwandler zu trennen, litt das gesamte Hauptquartier mit den beiden und jeder wünschte sich, dass sie zurückkehrte.
„Hey Brian, wartest du auf uns?“, begrüßte sie ihn freundlich und schenkte ihm ihr besonderes Lächeln.
Sobald sie eine Person auf diese Weise ansah, wurde ihr Gegenüber in Frieden und Ruhe eingehüllt, was auch bei dem Wolf der Fall war.
Schnell nickte er und schluckte, es war für ihn nicht gerade einfach um Hilfe zu bitten. Immerhin war er fast der Jüngste unter den Söldnern in Ballygannon und bisher hatte er so getan, als ob er alles im Griff habe.
„Kann ich dich mal sprechen, Gerry“, bemerkte er verlegen.
Lea klopfte ihm auf die Schulter, zwinkerte ihm zu und ließ die beiden Männer alleine. Sie verstand viele Dinge, ohne dass man sie aussprechen musste.
„Um was geht es, Brian?“, wollte der Luchs aufmerksam wissen.
Der junge Wolf atmete tief durch und sah dem Arzt fest in die Augen.
„Ich muss mit dir reden, denn ich befürchte, dass irgendwas mit mir nicht stimmt, aber ich würde es ungern hier auf dem Flur tun“, brachte er hektisch hervor.
„Natürlich, lass uns frühstücken, danach stehe ich dir gerne zur Verfügung“, schlug Gerry vor und klopfte dem Freund auf die Schulter.
Er konnte sich schon denken, was ihm auf der Seele brannte, allerdings gab es da kein Heilmittel.
Gemeinsam liefen sie ins Esszimmer rüber, wo sie freundlich empfangen wurden. Hier im Hauptquartier ging es zu wie in einer großen Familie, man stritt sich, verfluchte den anderen, aber wenn es hart auf hart kam, standen sie zueinander. Sie alle hatten die Ausbildung zu Elitesoldaten durchlaufen, nur mit verschiedenen Spezialausbildungen.
Brian gehörte zur Einheit, die David der Werwolf anführte und die besten Soldaten vereinte. Mittlerweile vervollständigten die Gefährtinnen von David, Logan und Gerry ihre Truppe. Wobei Emily der einzige Mensch unter ihnen war, sie schaffte es von Anfang an, die herkömmlichen Schlösser zu knacken und den Rest brachte er ihr bei. Dass ihr Boss sich ebenso in einen Wolf verwandeln konnte, führte bei ihm nur dazu, dass er ihn als Leitwolf anerkannte.
Emily hatte das Herz des Anführers im Sturm erobert und ihr Sohn Billy stand ihr darin nicht nach. David war ein hochintelligenter Werwolf mit einem fotografischen Gedächtnis.
Joleen unterstützte das Team im Moment nur sporadisch, da sie vor ein paar Wochen erst Zwillinge auf die Welt gebracht hatte. Sie war durch einen Biss zum Jaguar geworden und liebte Logan, der gezwungen war, sie zu wandeln. Vor einem halben Jahr hatte Gerry seine Lea kennengelernt, die ebenfalls mit ihnen zusammenarbeitete, da sie die Gabe hatte zu trösten, zu heilen und Ruhe in jede Situation zu bringen.
Brian setzte sich auf seinen Platz und ließ den Blick erneut zu seinen Freunden schweifen, dabei versuchte er die Nervosität zu unterdrücken, die ihn schon seit einer kleinen Ewigkeit plagte. Endlich widmete er sich dem Essen und schob die Gedanken energisch von sich. Gleich würde er mit dem Arzt sprechen, der wirklich alles über Krankheiten und Medizin wusste, was ein Lebewesen wissen konnte.
Das Frühstück zog sich für ihn in die Länge und am liebsten hätte er Gerry einfach aus dem Raum gezerrt, aber das verkniff er sich besser. Der Luchs war mindestens ebenso kampferprobt wie er selbst, darüber hinaus wollte er vermeiden, dass der Rest der Mannschaft mitbekam, wie es um ihn stand.
Lea verabschiedete sich als Erste, da sie versprochen hatte im Krankenhaus auszuhelfen. Neben dem Hauptquartier in Ballygannon gab es noch ein Pflegeheim und ein Hospital, in dem jedes Wesen medizinische Hilfe fand, egal ob er normal war oder mit besonderen Fähigkeiten beschenkt. Hier entfernten die Ärzte auch die Erinnerungen der Menschen an die Zauberwesen. Manchmal gingen diese Eingriffe schief, dann versorgten sie die Opfer in dem Heim.
Die Gestaltwandler stellten eine Art Polizei dar, die für Ordnung bei ihren eigenen Leuten sorgten. Sobald es Ärger gab, ein Mitglied der magischen Welt aus der Reihe tanzte, mussten die Soldaten los und die Situation klären. Leider wurden oft genug Menschen in Mitleidenschaft gezogen, sodass diese Operationen notwenig waren. Sie durften nicht riskieren, dass die menschliche Gesellschaft von den Fabelwesen aus den Mythen und Märchen erfuhr.
Gerry nickte Brian zu und stand ebenfalls auf. Er zog sich jetzt in sein Untersuchungszimmer zurück, da man ihn im Krankenhaus gerade kaum brauchte. Natürlich passte es dem Luchs nicht, dass seine Gefährtin trotzdem ihren Dienst absolvierte, denn sie war seine Assistentin. Außerdem mochte es kein Gestaltwandler, wenn sich die Liebste von ihm entfernte.
Nacheinander verließen auch die restlichen Männer und Frauen das Esszimmer, um sich ihren Aufgaben zu widmen. Endlich stand Brian auf und schlenderte zu dem Untersuchungszimmer, in dem der Freund auf ihn wartete.
Nachdem er angeklopft hatte und Gerry ihn hereinbat, ließ er sich auf den Stuhl vor dem großen Schreibtisch fallen. Aufmerksam sah der Arzt ihn an, blieb aber ruhig, da er bemerkte, dass der junge Werwolf offensichtlich noch mit seinen Problemen kämpfte.
Brian holte tief Luft, dann straffte er die Schultern und erwiderte den Blick des Luchses.
„Ich werde wahnsinnig oder so was. Seit fast einem halben Jahr bin ich nervös, so eine innere Unruhe und nichts hilft“, stieß er hilflos hervor.
Verstehend nickte Gerry und lächelte ihm beruhigend zu.
„Ja das weiß ich und ich kann es dir sogar erklären“, begann er vorsichtig.
Brian atmete auf, wenn der Arzt eine Ursache kannte, konnte es keinesfalls so schlimm sein.
„David kennt diese Nervosität genauso gut, wie Logan, und ich mache da auch keine Ausnahme. Meine Theorie ist, dass die Anspannung unsere Gefährtinnen ankündigen“, erklärte er dem Werwolf.
Brian lachte leise auf, davon hatte er gehört, aber er glaubte einfach nicht dran. Er war viel zu jung, um jetzt schon seiner Partnerin zu begegnen. Der Logan war 483, der Arzt und der Chef ihrer Einheit zählten sogar noch ein paar Jahre mehr.
„Das glaube ich kaum, außerdem spüre ich es so verdammt lange. Bei unserem Jaguar, dem Boss und dir ist die jeweilige Dame innerhalb von einer oder zwei Wochen aufgetaucht“, hielt er dagegen.
Nachdenklich nickte Gerry, doch sein Grinsen vertiefte sich.
„Ich habe mir erlaubt mit Lea drüber zu sprechen und ich würde es gerne in ihren Worten erklären“, begann er und seine Augen glitzerten bei dem Gedanken an seine Gefährtin.
„Sie glaubt, dass du kaum in der Lage warst, dein Herz zu öffnen, während ich um meinen Engel trauerte. Wir sind wie Brüder, und wenn einer leidet, leiden alle. Es sollte jetzt nicht mehr lange dauern, ehe du deine Zwillingsseele triffst“, berichtete er ihm lächelnd.
„Das kommt einwandfrei von Lea, du hättest eher gesagt, dass ich leiser heulen soll“, bemerkte der Wolf lachend.
Diese Erklärung leuchtete ihm ein, denn es war in der Tat so, dass das gesamte Hauptquartier mit dem Arzt gelitten hatte, als Lea gezwungen wurde, in den Himmel zurückzukehren. Niemand rechnete damit, dass sie wieder auftauchte und Gerry verbitterte. Gott sei Dank gab es ein Happy End.
„Genau, ich sage dir, reiß dich zusammen und jammer nicht rum. Es sind die gleichen Anzeichen, die wir alle durchgestanden haben. Allerdings könnte es ein, dass du es früher merkst oder länger drunter leidest, weil du jünger bist“, stimmte der Arzt ihm zu.
Erleichtert atmete Brian aus, er hatte sich schon Sorgen gemacht, dass er ernsthaft krank war. Natürlich nervte ihn diese innere Unruhe immer noch, aber nun wusste er, was dahintersteckte und die Neugierde überwog.
„Danke und gib Lea einen Kuss von mir, sie ist echt ein Engel“, damit verabschiedete sich der Werwolf und verließ grinsend den Raum.
Seine Schicht fing erst in vier Stunden an und jetzt wollte er sich im Fitness-Studio auspowern, vielleicht ließ sich die Zeit so ein wenig überbrücken. Auf dem Weg in sein Zimmer malte er sich aus, was für eine Frau für ihn bestimmt war. Eventuell bekam er auch eine menschliche Partnerin oder jemanden aus einer völlig anderen Art.
Ganz in Gedanken stieß er beinahe mit Steward zusammen, der gerade auf dem Weg ins Büro der Hacker war.
Der Boss der Gestaltwandler bemerkte sofort das Grinsen in Brians Gesicht und freut sich mit ihm.
„Hat Gerry dir seine Theorie mitgeteilt?“, erkundigte er sich.
„Ja und ich bin heilfroh, dass es eine so einfache Erklärung gibt. Ich dachte schon, dass ich einen Dachschaden habe oder etwas Ähnliches“, antwortete der Werwolf erleichtert.
„Aber tu uns einen Gefallen und verrenn dich nicht. Es kann immer noch eine Weile dauern, ehe sie auftaucht“, riet Steward ihm, dann klopfte er ihm auf die Schulter und ging weiter.
„Nein, werde ich nicht, versprochen“, rief Brian ihm nach, ehe er die zwei Treppen hinauf rannte, sich umzog und anschließend in Rekordzeit im Fitness-Studio war.
Alle seine Brüder liebten das Training mit den Hanteln und er bildete da keine Ausnahme. Abgesehen von schnellen Fahrzeugen und leistungsstarken Motoren war das Krafttraining für die Söldner ein fester Bestandteil ihres Lebens, darauf verzichtete niemand freiwillig.
Brian wärmte sich auf dem Laufband gründlich auf, ehe er zu einer freien Hantelbank ging und sich seinem Workout widmete.

~~°~~

Cat lief zum Wasser, hier fühlte sie sich nicht ganz so unruhig, außerdem liebte sie den Fluss. An dem Stauwehr setzte sie sich ans Ufer auf eine Bank und starrte eine Weile auf die Wasseroberfläche. Jetzt im Februar gab es noch keine Touristen, die mit ihren Hausbooten auf dem Shannon fuhren und es war herrlich ruhig.
Immer wieder kreisten ihre Gedanken darum, dass sie ihre Heimatstadt verlassen musste und eine Träne rann ihr über das Gesicht. Ärgerlich wischte sie die nasse Spur fort. Auf keinen Fall würde sie Schwäche zeigen, egal wie elend es ihr ging, niemand sollte ihren Zustand ausnutzen.
Ehrlich gestand sie sich ein, dass sie sich in den letzten Monaten unmöglich benommen hatte, aber erst war da der Verlust ihres Vaters, und jetzt diese innere Unruhe. Ständig hatte sie das Gefühl, sich nicht im Griff zu haben und so schaltete sie einfach den Kopf aus. Seufzend dachte sie an ihren Onkel, den sie wirklich mochte und ein kleines Bisschen freute sie sich auch auf ihn. Allerdings würde er ihr ganz schön die Leviten lesen, sobald er wusste, wie sie sich aufgeführt. Steward McFlann konnte ziemlich furchteinflößend sein.
Cat hing ihren Gedanken nach und verstrickte sich immer tiefer darin, sodass sie nicht mal bemerkte, dass es bereits dämmerte. Erst als die Straßenlampe direkt hinter ihr anging, schrak sie aus ihren Grübeleien hoch. Leise fluchte sie, ehe sie aufsprang und nach Hause rannte, ihre Mutter würde vor Sorge außer sich sein. Eine weitere Situation, die sie so nie gewollte hatte.
Vorsichtig öffnete sie die Tür und stand Elvira gegenüber.
„Es tut mir leid“, stieß sie hervor, und ehe sie etwas sagen konnte, lag Cat ihr weinend in den Armen.
„Ich will hier nicht weg“, schluchzte sie.
Behutsam strich Elvira ihrer Tochter über den Rücken, sie wusste, dass die Aufmüpfigkeit keinesfalls böse gemeint war, dennoch hatte sie den Bogen weit überspannt. Langsam gingen sie ins Wohnzimmer und setzten sich auf das Sofa.
„Ich vermisse Papa so sehr und seit fast drei Wochen spüre ich eine Unruhe, die mich wahnsinnig macht“, stieß Caitlin hervor, als sie sich etwas beruhigt hatte.
Lächelnd sah ihre Mutter sie an, diese Nervosität war ihr wohlbekannt, aber sie wollte keine falschen Hoffnungen in Cat wecken. Es konnte tausend Gründe haben, warum sie sich unstet fühlte, wobei die logischste Erklärung ein Gefährte war. Ihr war es damals vor dreihundert Jahren ganz ähnlich gegangen, ehe sie Graham kennenlernte.
„Es ist völlig normal, dass du ihn vermisst, mir geht es genauso“, tröstete sie ihre Tochter und überging das andere Thema geschickt.
„Trotzdem solltest du aufhören dich gegen alles und jeden aufzulehnen. Ich glaube, dass es dir guttut, eine Weile bei Steward zu bleiben“, munterte Elvira sie auf.
Stumm nickte Cat, obwohl sie davon überhaupt nicht überzeugt war. Vielleicht konnte sie ihren Onkel dazubringen, dass er sie umgehend wieder nach Hause schickte? Oder ein gutes Wort für sie einlegte, immerhin war er nicht irgendwer.
Den Abend verbrachten die beiden Frauen vor dem Fernseher und genossen es zusammen zu sein. Am folgenden Tag würde Cat ihre Sachen packen und am Mittwoch zu Steward fliegen. Als Falke war sie schneller in Ballygannon, als wenn sie den Bus genommen hätte. Die Kleider für einen Tag konnte sie in ihren Krallen mitnehmen, den Rest musste sie mit einem Umzugsunternehmen nachsenden.
Müde kuschelte sie sich an ihre Mutter, den Film bekam sie kaum mit, da sie immer noch mit ihrer Zukunft beschäftigt war. Kurz nach Mitternacht gingen sie ins Bett, aber auch jetzt drehten sich ihre Gedanken im Kreis und raubten ihr den Schlaf.
Wie gerädert stand sie am Morgen auf und überlegte, was sie unbedingt mitnehmen wollte. Es musste für mindestens vier Wochen reichen, dabei hoffte sie, dass sie nach diesem Monat zurückkehren durfte.
Schon beim Frühstück war sie in sich gekehrt und still, was Elvira natürlich auffiel.
„Vielleicht lenkt es dich etwas ab, wenn du neue Eindrücke bekommst“, bemerkte sie leise.
Ihre Tochter lachte spöttisch auf.
„Glaubst du wirklich, dass ich Papa dann weniger vermisse? Oder mich komplett ändere, nur weil ich unter der Aufsicht von Onkel Stew stehe?“, erkundigte sie sich.
Von der anschmiegsamen jungen Frau, die einfach nur Angst hatte, war nicht mehr viel übrig geblieben. Jetzt trug Cat wieder die Maske, die ihre Unsicherheit und Sehnsüchte verbarg.
„Ich hoffe es“, murmelte ihre Mutter leise, ehe sie sich auf den Weg zur Arbeit machte.
Mürrisch packte Caitlin ihre Sachen zusammen, was schwieriger zu bewerkstelligen war, als sie gedacht hatte. Ihre Bücher würde sie wohl oder übel zurücklassen, allerdings wollte sie ihren Aktivlautsprecher auf jeden Fall mitnehmen. Ohne ihre Musik konnte sie einfach nicht sein. Dabei hoffte sie, dass es irgendwas in Ballygannon gab, was sie ablenkte, sonst starb sie vor Langeweile.
Einen Moment ließ sie sich auf das Bett sinken und überlegte, was sie mit ihrer Zukunft anfangen sollte. Ihr war klar, dass sie sich langsam um einen Studienplatz oder eine Ausbildung kümmern musste. Das Abitur hatte sie schon seit ein paar Jahren in der Tasche, aber irgendwie fehlte ihr das Ziel. Ihr Vater hatte als Bote für die magische Regierung gearbeitet, bis man ihn einfach erschoss. Niemand wusste, ob es ein Unfall war, oder ob es mit seinem Auftrag zusammenhing.
Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie an ihn dachte. Selbst nach über einem Jahr tat es so unendlich weh. Sie vermisste ihn und sie würde alles tun, nur um noch einmal mit ihm sprechen zu dürfen.
Schnell wischte sie sich über das Gesicht, es brachte nichts herum zu heulen, also widmete sie sich wieder dem Packen.

~~°~~

Brian hatte sich am vergangenen Abend noch ausgiebig mit Lea unterhalten und auch sie war der Meinung, dass diese seltsame Nervosität mit dem Auftauchen seiner Gefährtin zu tun hatte. Jetzt saß er zusammen mit seinem Kumpel Patrick, einem Panther, im Überwachungsraum und schob Wachdienst.
In seinen Gedanken versunken starrte er auf die Monitore, auf denen sich erwartungsgemäß kein Eindringling zeigte. Ihr Hauptquartier war so gut gesichert, dass es eher selten vorkam, dass jemand es schaffte, auf das Gelände vorzudringen.
Das letzte Mal war es Emily gewesen und das lag jetzt schon ein Dreivierteljahr zurück. Die Gefährtin von David wollte damals beweisen, dass nichts an den Gerüchten um die Söldner dran war. Wie sehr sie sich getäuscht hatte, konnte sie kaum ahnen.
Brian holte tief Luft und tippte mit der Fußspitze im Takt auf den Boden.
„Du machst mich wahnsinnig. Was ist nur los mit dir?“, knurrte Patrick und blickte seinen Kumpel an.
„Keine Ahnung, ich bin unruhig, wobei das eine harmlose Umschreibung ist, für das was ich fühle. Gerry und Lea denken, dass dieser Zustand meine Gefährtin ankündigt. Dummerweise ist das jetzt schon so seit Lea abgeholt wurde“, brummte er.
Es gab keinen Grund seinem besten Freund die Wahrheit vorzuenthalten, zumal jeder im Hauptquartier darüber sprach.
„Stimmt davon hab ich gehört, aber glaubst du wirklich, dass du an der Reihe bist? Schau dir mal die anderen an, Logan ist mit seinen 483 Jahren der Jüngste, der seine Partnerin gefunden hat“, entgegnete der Panther.
Unschlüssig zuckte Brian mit den Schultern, er wusste es doch auch nicht. Andererseits was hatten Gefühle und Liebe mit dem Alter zu tun?
Die Zeit zog sich in die Länge und es tat sich, wie erwartet, nichts. Endlich wurden sie von Logan und David abgelöst und beide seufzten erleichtert auf.
Schnell verzog der Werwolf sich ins Fitness-Studio, hier fand er wenigstens ein wenig Ruhe. Immer wieder kreisten seine Gedanken um eine mögliche Gefährtin, dabei fühlte er sich absolut unsicher. Er überlegte ernsthaft, ob er jetzt schon bereit war, sich zu binden. Irgendwie genoss er sein Leben in Unabhängigkeit, allerdings beneidete er Logan, David und Gerry. Die Bindung, die sie eingegangen waren, bedeutete für jeden Gestaltwandler etwas ganz Besonderes.
Während er Gewichte stemmte, bemerkte er nicht mal, dass auch Laurence und Steward den Raum betraten. Erst als der Boss des Hauptquartiers sich auf einer Hantelbank niederließ, hob Brian den Kopf.
„Geht es dir besser?“, wollte Stew wissen.
„Oh Mann, hier bleibt echt nix geheim. Redet jetzt etwa die gesamte Mannschaft über meinen Zustand?“, fauchte der Werwolf genervt.
Steward lachte leise und sah den jungen Gestaltwandler nachsichtig an.
„Wir alle sind fasziniert von Gerrys Theorie und hoffen natürlich, dass er richtig liegt. Allerdings tanzt du etwas aus der Reihe, was unter Umständen an den Geschehnissen in der letzten Zeit liegen kann“, hielt er dagegen, dann widmete er sich seinem Training.
Das verstand Brian sogar, ihm ging es ja kaum anders, wobei es ihm überhaupt nicht behagte, so im Fokus seiner Brüder zu stehen.
Auch diesen Tag brachte er mehr schlecht als recht hinter sich. Am Abend hatte er nicht mal Lust mit den restlichen Gestaltwandlern ins Hogans zu fahren, einem Pub, in dem sie sich öfter vergnügten. Stattdessen zog er sich früh in sein Zimmer zurück und hoffte, dass die Phase endlich ein Ende fand.
Verzweifelt hatte er Steward gebeten ihm irgendeine Aufgabe zu geben, die ihn ablenkte, doch es gab kaum was zu tun. Seine Gruppe wurde wegen Joleen geschont, die gerade erst zwei süßen Zwillingen das Leben geschenkt hatte. Aber auch die zweite Einheit lümmelte sich im Hauptquartier herum, es war wie die Ruhe vor dem Sturm.
Am nächsten Morgen fühlte er sich noch schlimmer, sein Herz raste und seine Hände zitterten, wie bei einem Junkie. Schweiß stand auf seiner Stirn, etwas das er so nicht kannte und langsam machte er sich ernsthafte Gedanken. Vielleicht täuschte Gerry sich und er war wirklich krank?
Auf der anderen Seite wusste er ziemlich genau, dass es sich um keine Krankheit im herkömmlichen Sinne handelte. Bei den Menschen würde man es Liebeskummer nennen, aber er hatte seine Liebste ja bisher nicht mal kennengelernt.
Schnell ging er duschen und hoffte sich bald unter Kontrolle zu bekommen, denn auf die Frotzeleien seiner Brüder konnte er gerne verzichten.
Beim Frühstück rutschte er auf dem Sitz hin und her, was die gesamte Aufmerksamkeit der Männer auf ihn zog.
„Ich glaube, wir checken dich gleich mal durch“, bemerkte Gerry, dem die extreme Nervosität als Erstem aufgefallen war.
„Meinst du, ich bin krank?“, wollte Brian unsicher wissen.
Die große Lippe, die er sonst riskierte, war völlig verschwunden und übrig blieb ein ziemlich verunsicherter junger Wolf.
„Nein, ich denke immer noch, dass du bald einer Frau begegnest, die dich extrem auf Trab halten wird“, zerstreute der Arzt seine Bedenken.
„Aber ich kann nicht in die Zukunft sehen und deshalb ist es meine Pflicht den Dingen auf den Grund zu gehen“, fügte er lächelnd hinzu.
Brian atmete auf, es war ihm auf jeden Fall lieber, wenn Gerry erneut alle Möglichkeiten durchging. Dankbar nickte er ihm zu, dann konzentrierte er sich auf sein Essen. Vielleicht lag es wirklich daran, dass er jünger war als seine Brüder.
Während David und Logan nach dem Frühstück zum Wachdienst gingen, folgte Brian dem Arzt in dessen Untersuchungszimmer. Wobei er froh war, dass Lea sich auch an diesem Tag ins Krankenhaus verabschiedete. Er mochte den Engel, aber das hier war doch sehr privat.

~~°~~

Cat erwachte mit einem dicken Kloß im Hals. Sie wusste sofort, dass sie in weniger als einem halben Tag auf dem Weg nach Ballygannon sein würde. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie schleunigst aufstehen musste, denn der Fahrer, der ihre Klamotten abholte, kam jede Minute bei ihnen an.
Schnell duschte sie, überprüfte erneut, ob sie alles eingepackt hatte, was ihr wichtig war, dann klingelte es auch schon.
Stumm sah sie zu, wie die Männer ihre Habseligkeiten in einen Sprinter verfrachteten und ihr versicherten, dass sie in gut drei Stunden dort sein würden. Auf dem Weg dorthin lieferten sie noch andere Dinge aus, daher brauchten sie länger als normal.
Cat war das egal, Hauptsache ihre geliebte Musikanlage kam unbeschädigt an. Allein die Vorstellung, dass sie in diesem Söldnerlager ohne Musik saß, erschreckte sie.
„Ich hoffe, dass wir uns bald sehen und du einsiehst, dass es das Beste für dich ist“, bemerkte ihre Mutter, als die Männer abgefahren waren.
Traurig sah sie Elvira an, anschließend schlang sie ihre Arme um die zierliche Frau.
„Ich wünschte, ich könnte hierbleiben“, murmelte Cat, dann hob sie den Kopf ein Stückchen höher und schluckte die Tränen hinunter.
Niemand würde sie klein bekommen und schon gar nicht, diese dämlichen Typen ihrer Regierung.
„Bitte Caitlin, hör auf Steward. Er wird dir helfen, wo er kann“, bat ihre Mutter und sah sie besorgt an.
Ohne darauf zu antworten, drehte Cat sich um und ging in den Garten, wo sie ihre Kleidung ablegte und zusammenfaltete. Viel konnte sie als Falke wohl kaum mitnehmen, so beschränkte sie sich auf eine Hose und ein langärmeliges Shirt.
„In der Nähe ist ein kleiner Wald, da ist es möglich, sich zu verwandeln. Stew wird dich erwarten, denn er sollte mein Schreiben bereits bekommen haben“, vermutete Elvira.
Siedend heiß fiel Cat ein, dass sie vergessen hatte, den Brief abzuschicken, aber jetzt war keine Zeit das einzugestehen. Sie verstand ebenso wenig, wieso ihre Mutter Steward nicht einfach angerufen hatte, allerdings interessierte sie im Moment völlig andere Dinge.
Die Frauen umarmten sich stumm, dann leitete sie die Verwandlung ein. Kurz darauf saß ein prächtiger Saker-Falke im Gras, der die Kleidung packte und sich in den Himmel schraubte.
In dieser Form konnte sie die Trauer besser verarbeiten, außerdem fühlte sie sich so endlich frei. Die Nervosität ließ nach, wenn sie auch keinesfalls ganz verschwand.
Immer schneller gewann sie an Höhe und schoss pfeilschnell durch die Luft. Ein heiserer Schrei, ihr Jagdruf, entrang sich ihrer Kehle, während sie sich der Thermik anpasste und der Wind sie mit sich trug.
Unter ihr sah sie den Shannon, der sich träge durch die Landschaft schlängelte, dann drehte sie ab, um zu ihrem neuen Zuhause zu kommen.
Es war ein kalter Wintertag, aber in ihrer Tiergestalt spürte sie das nicht, der Falke in ihr genoss die Freiheit.
Sie bemerkte die Autobahn, die um diese Uhrzeit kaum befahren war. Wieder einmal wurde ihr bewusst, wie sehr sie ihre Heimat liebte. Die grüne Insel gab ihr Kraft, wie so vielen magischen Geschöpfen.
Wiesen und Felder wechselten sich ab, beide lagen im Winterschlaf, der im nächsten Monat beendet wurde, doch noch ruhte die Erde.
Ein feiner Nieselregen benetzte ihre Federn, was sie nicht weiter störte. Kraftvoll schlug sie mit ihren Flügeln, schraubte sich ein wenig höher in den Himmel und genoss es sich an keine Regeln halten zu müssen.
Unter ihr erkannte sie Kilbegan und sie wurde schneller. Dort hatte sie die erste Destillerie Irlands mit ihrem Vater besucht, als sie alt genug war, um den Whiskey auch zu probieren. Die Erinnerungen drangen mit Gewalt in ihr Bewusstsein und raubten ihr die Gelassenheit, die sie in dieser Form verspürt hatte.
Es wurde Zeit nach Süden zu fliegen, obwohl sie es kaum eilig hatte, wollte sie die Begegnung mit ihrem Onkel hinter sich bringen. Er war gewiss nicht sonderlich froh sie unter den Umständen zu sehen, und wenn sie ehrlich war, schämte sie sich, dass es so weit kommen musste.
Noch einmal drehte sie in südliche Richtung und sah vor sich die Wicklow Mountains auftauchen oder besser gesagt einen Teil davon. Die Berge hoben sich ihr entgegen und einen Moment überlegte sie, ob sie eine Pause machen sollte, doch dann entschied sie sich dagegen.
In ihr keimte eine Idee, die ihr gefiel. Da sie schon zum schwarzen Schaf abgestempelt wurde, wollte sie diese Rolle auch übernehmen.

~~°~~

Logan seufzte leise, als er auf die Monitore starrte. Die Zwillinge hatten ihn und Jo die ganze Nacht wachgehalten, so kämpfte er jetzt mit der Müdigkeit.
„Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr“, witzelte David.
„Du musst reden, immerhin hast du Billy ja bereits fertigbekommen“, knurrte der Jaguar, gleich darauf sah er den Kumpel entschuldigend an.
„Tut mir leid, das war unfair“, murmelte, doch der Werwolf lachte nur auf.
„Es hat was, wenn man seinen Sohn mit fünf Jahren bekommt, aber ich möchte schon noch ein oder zwei leibliche Kinder“, zerstreute er die Gedanken seines Freundes.
Ehe Logan antworten konnte, erschien etwas auf dem Monitor, dass seine komplette Aufmerksamkeit fesselte. Ein Bündel Kleider fiel auf die Wiese hinter dem Haus.
„Verdammte Scheiße, was ist das denn?“, rief Logan, gleichzeitig hämmerte der Wolf auf den Alarmknopf.
Innerhalb von Sekunden versammelte sich die erste Einheit zusammen mit Steward um das Kleiderbündel, auf dem sich jetzt ein Falke niederließ. David zog Emily ein Stück zurück, damit sie sich nicht direkt in der Schusslinie befand, während Joleen bei ihren Kindern geblieben war.
Irritiert blickte Stew auf den Vogel und eine Ahnung keimte in ihm hoch, die ihn die Stirn runzeln ließ.
„Verwandel dich“, befahl David, ehe sein Boss etwas sagen konnte.
Vor ihren Augen verschwanden die Federn und die Gestalt verformte sich, bis eine junge schlanke Frau völlig nackt vor den Männern stand.
Stew atmete geräuschvoll aus und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Zieh dich sofort an, Caitlin“, verlangte er äußerlich ruhig.
Geschmeidig drehte die Gestaltwandlerin sich zu ihren Kleidern um und schlüpfte in eine olivfarbene Cargohose und ein schwarzes Longsleeve. Zitternd zog sie die Schultern hoch, als Mensch war es doch empfindlich kalt.
Augenblicklich riss Brian sich den Pullover vom Körper und zog ihn ihr über den Kopf, dabei sah er sie fasziniert an. Ein breites Grinsen glitt über die Gesichter seiner Brüder, nur Steward schloss verzweifelt die Augen.
Das hatte ihm gerade noch gefehlt, dass seine Nichte die Gefährtin des jungen Werwolfs war. Zu gut erinnerte er sich an den Dickkopf und den Starrsinn, den Caitlin oft genug an den Tag gelegt hatte.
Langsam drehte sie sich zu ihm um und lächelte ihn an.
„Hallo Onkel Stew, ich habe leider vergessen den Brief von Mama abzuschicken, deshalb hab ich ihn mitgebracht“, begrüßte sie ihn und hielt ihm ein zerknittertes Stück Papier entgegen.
Steward atmete erneut tief durch, dann packte er sie am Arm und brachte sie in sein Büro.
„Alles in Ordnung, sie gehört zu mir“, rief er seinen Jungs zu, ehe er im Haus verschwand.
Brian sah den beiden immer noch nach, bis Patrick ihn in die Seite stieß.
„Das ist die Verwandte vom Boss, du willst dich doch wohl kaum mit ihr verbinden oder?“, fragte er ungläubig.
„Sie ist perfekt“, murmelte der Werwolf und seine Augen leuchteten.
Die ganze Situation versprach sich aufregend zu entwickeln, zumal jeder darauf brannte zu erfahren, warum Stews Nichte auf diese Weise zu ihnen kam. Ebenso würde es spannend werden zu sehen, wie der Chef damit umging, dass Brian seine Gefährtin gefunden hatte.
Steward brachte Caitlin ohne ein weiteres Wort bis in sein Büro. In ihm tobten tausend Gedanken und keiner davon war wirklich erfreulich. Jetzt musste er nicht nur ein Auge auf den Welpen werfen, sondern genauso auf die eigensinnige junge Frau, dabei fragte er sich, wieso seine Schwester darauf verzichtet hatte anzurufen.
„Setz dich“, forderte er sie ungeduldig auf, gleichzeitig ließ er sich hinter den Schreibtisch fallen und öffnete den Brief.
Das Schweigen breitete sich unheilvoll in dem Raum aus, während Steward die Zeilen von Elvira überflog. Er hatte ja gleich gewusst, dass es keinesfalls etwas Erfreuliches bedeutete, wenn Cat bei ihm auftauchte. Er liebte seine Nichte, allerdings hatte seine Schwester sich oft genug Rat bei ihm geholt und ihm von ihren Streichen erzählt, besonders im vergangenen Jahr.
„Glaubst du im Ernst, dass dein Auftritt so in Ordnung war?“, erkundigte er sich ruhig, ohne sie zu begrüßen.
Cat verkniff sich in letzter Sekunde die Augen zu verdrehen, stattdessen lächelte sie ihn offen an. Die Nervosität war verschwunden, seit der gutaussehende junge Mann ihr den Pullover übergezogen hatte und sie atmete auf.
„Ich konnte kaum ahnen, dass ihr gleich rausstürmt und auf einen Angriff gefasst seid. Tut mir leid, ich hätte klingeln sollen“, murmelte sie, aber man sah ihr an, dass sie sich über ihren Auftritt diebisch freute.
„Wenn ich hier nicht gewollt bin, kann ich auch wieder abhauen“, fügte sie zickig hinzu.
Nachsichtig schüttelte Steward den Kopf. Erst jetzt fiel ihm auf, wie kalt die Begrüßung ausgefallen war und dass sie sich absolut unwillkommen fühlte.
„Nein, du bist bei uns willkommen, allerdings musst du dich an die Regeln halten, was dir wohl etwas schwerfällt oder?“, hakte er sanft nach.
Schnell stand er auf, umrundete den Schreibtisch und breitete die Arme aus.
„Komm her Kleine“, befahl er mit einem Lächeln.
Im gleichen Augenblick lag sie an seiner Brust, überglücklich, dass er sie nicht wegschickte. Tränen sammelten sich in ihren Augen, die sie mit aller Kraft zurückdrängte.
Steward löste sich fast schon mit Gewalt von seiner Nichte, schob sie ein Stückchen von sich und sah sie eindringlich an.
„Was ist los?“, wollte er jetzt von ihr wissen.
Verlegen zuckte sie mit den Schultern.
„Du hast es doch bestimmt gelesen“, murmelte sie.
Mit einer Handbewegung deutete er auf den Stuhl und sie setzten sich wieder.
„Ich möchte es von dir hören. Was ist los? Wieso lehnst du dich so auf?“, hakte er erneut nach.
„Ich bin jung, du meine Güte und es war nur ein Spaß. Niemand ist verletzt worden oder hat gelitten“, entgegnete sie ausweichend.
Nachdenklich nickte er, doch mit diesem Schauspiel kam sie bei ihm keineswegs durch, allerdings wusste er auch, dass es zu früh war, um die ganze Wahrheit zu erfahren.
„Wie gesagt, hier gibt es Regeln und an die wirst du dich halten. Und jetzt zeige ich dir erstmal dein Zimmer, ehe ich Elvira anrufe“, damit stand er auf und drehte sich zur Tür.
„Sag mal, Onkel Stew, wieso telefoniert Mama nicht mit dir? Ich meine, statt diesen Brief zu schreiben, hätte sie dir in ein paar Sätzen erzählen können, was los ist“, erkundigte Cat sich vorsichtig.
Seufzend sah er sie an.
„Glaubst du, dass es für sie einfach ist, bei mir anzurufen und mich um Hilfe zu bitten? Elvira musste sich eingestehen, dass sie kaum in der Lage ist, ihr Kind zu erziehen. Es ist leichter, wenn man so etwas aufschreibt, deshalb hat sie nicht angerufen“, erklärte er leise.
Steward kannte seine Schwester zu gut, auch als ihr Mann gestorben war, hatte sie ihm geschrieben. Sie fand keine Worte in extremen Situationen, das war schon früher so gewesen.
„Ich nehme an deine Sachen kommen noch“, stellte er ruhig fest, während er sie zu einem Zimmer auf der ersten Etage brachte.
„Ja, der Transporter kommt in etwa einer Stunde an“, bestätigte sie seine Vermutung.
„Hier kannst du wohnen, das Bad ist den Gang runter, die zweite Tür rechts, alles andere zeige ich dir, wenn ich mit deiner Mutter geredet habe. Solltest du etwas brauchen, findest du mich in meinem Büro“, damit ließ er sie alleine.
Cat sah sich in dem geräumigen Raum um und atmete aus. Die erste Begegnung war bei weitem nicht so schlimm verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Übermütig warf sie sich auf das Bett und grinste breit, ihr Auftritt war gelungen. Ihre Gedanken schweiften zu dem jungen Mann, der sich so aufmerksam gezeigt hatte. Seinem Pullover, den sie noch trug, haftete sein Geruch an und sie sog ihn tief ein. Gefühle überfluteten sie, die sie so nicht kannte und wie ein Blitz kam ihr die Erkenntnis, dass dieser Gestaltwandler ihr Gefährte war. Allerdings nahm sie sich fest vor, es ihm auf keinen Fall zu einfach zu machen.

Kapitel 2 - Söldnerlager

 

Steward ging nachdenklich in sein Büro zurück und wählte die Nummer seiner Schwester.
„Ich hoffe, dass Caitlin bei dir angekommen ist“, bemerkte sie bedrückt, als sie sich begrüßt hatten.
Ihre Stimme klang müde und resignierend, was ihm sofort auffiel. Elvira war als junge Frau lebenslustig und voller Tatendrang gewesen. Cat erinnerte an ihre Mutter in früheren Zeiten.
„Ja ist sie, allerdings hat sie vergessen, den Brief abzuschicken“, antwortete Stew gefasst.
„Bitte sag, dass das nicht wahr ist. Es tut mir so leid, aber ich wusste mir keinen Rat mehr“, flüsterte sie erstickt.
„Hey Schwesterchen es ist alles gut. Ich werde sie hierbehalten, und sobald sie so weit ist, bekommt sie eine Ausbildung“, beruhigte er sie sanft.
„Sie wird sich auflehnen und jede Regel boykottieren, so wie sie es hier auch gemacht hat. Seit Graham tot ist, habe ich das Gefühl, das sie versucht, sich zu rächen. Außerdem will sie möglichst sofort zurück“, entgegnete Elvira seufzend.
Ein leises Lachen ihres Bruders ließ sie aufhorchen, irgendwas wusste er, was ihr entgangen war.
„Ich glaube kaum, dass sie sich so sehr nach Athlone sehnt. Sie hat ihren Gefährten unter meinen Soldaten gefunden, allerdings bin ich mir unsicher, ob die beiden, es bereits akzeptiert haben. Noch weniger bin ich in der Lage abzuschätzen, wie sie mit der Situation umgeht“, löste Stew das Geheimnis auf.
„Was heißt das? Habe ich einen Fehler gemacht oder muss ich mir Sorgen machen?“, erkundigte Elvira sich leise.
„Brian ist jung, aber er wäre keiner von uns, wenn man ihm nicht trauen könnte. Du kannst aufatmen und den Rest überlässt du einfach mir“, damit nahm er ihr eine riesige Last von den Schultern.
Beruhigt verabschiedete sie sich von ihrem Bruder und hoffte, dass Caitlin sich diese Chance nicht verbaute.

~~°~~

Brian holte sich ein neues Sweatshirt aus seinem Zimmer und überlegte, ob er der jungen Frau einen Besuch abstatten sollte. Bestimmt fühlte sie sich ziemlich allein, außerdem könnte er ihr das Haus zeigen und so ein wenig Zeit mit ihr verbringen. Zu dumm, dass er später noch Dienst hatte, aber nicht mal das störte ihn wirklich. Die Nervosität war verschwunden, so wie Gerry es prophezeit hatte und er sprudelte über vor Glück.
Die Tatsache, dass Steward ihr Onkel war, ließ ihn kurz zusammenzucken, doch dann kehrte sein Grinsen zurück. Niemand suchte sich seinen Gefährten aus und arrangierte Ehe hatte man bereits vor Jahrzehnten abgeschafft.
Trotzdem beschloss er mit dem Boss zu reden und ihm mitzuteilen, wie er zu seiner Verwandten stand, das gebot der Anstand.
Schnell lief er zum Büro von Stew, klopfte an und versuchte verzweifelt das debile Lächeln zu unterdrücken.
Der Gepard bat ihn herein und Brian hätte schwören können, dass er ihn erwartete.
„Du bist hier, um über meine Nichte Caitlin zu sprechen, oder?“, kam sein Boss direkt zum Punkt.
„Ja stimmt. Sie ist perfekt, wunderschön und“, begann der junge Wolf, doch er wurde von einer ungeduldigen Handbewegung gestoppt.
„Bitte keine Lobeshymnen ich sehe es ein wenig anders. Damit du weißt, was auf dich zukommt, erzähle ich dir besser die Hintergründe“, bemerkte Steward besorgt und deutete auf den Stuhl vor dem Schreibtisch.
Brian setzte sich und sah ihn aufmerksam an. Es gab absolut nichts, was ihn überzeugen könnte, dass Caitlin die Falsche für ihn war.
„Ihre Mutter hat sie hergeschickt, nachdem ein paar Leute unserer Regierung bei ihr aufgetaucht sind und ihre Tochter in ein Erziehungslager in Amerika bringen wollten. Cat ist seit dem Tod ihres Vaters auf dem Kriegspfad. Egal, um was es geht, sie rebelliert. Vieles hält sie für witzig, aber diese Streiche gefährden die Geheimhaltung“, berichtete der Gepard.
Nachdenklich nickte Brian.
„Ich verstehe sie vielleicht besser, allein weil ich jünger bin. Wir wollen uns beweisen und keinesfalls brav tun, was ihr Alten uns sagt“, platzte er heraus und sah seinen Boss grinsend an.
„Du machst mir Mut“, grummelte Steward, denn genau so eine Antwort hatte er von dem Wolf erwartet.
„Ich würde ihr gerne das Haus zeigen und sie kennen lernen. Eventuell hört sie auf mich und wenn nicht, gibt es Mittel und Wege sie zu zähmen“, hielt Brian ihm entgegen.
Erstaunt, aber mit einem breiten Lächeln blickte Stew ihn an, dann atmete er tief durch.
„Du auch? Ich hätte es wissen müssen, wir sind alle von der gleichen Art. Denk daran, dass sie von BDSM keine Ahnung hat“, brachte er es auf den Punkt.
„Du erlaubst mir also, dass ich mich um deine Nichte kümmere?“, hakte Brian erleichtert nach.
Ergeben nickte Steward, etwas anderes blieb ihm kaum übrig, außerdem wusste er, dass er sich auf den jungen Werwolf verlassen konnte. Natürlich schoss er ab und zu über das Ziel hinaus, aber er besaß Ehre, Stolz und war absolut loyal, eben einer seiner Männer.
„Ich behalte euch im Auge! Tu mir nur einen Gefallen und lass dich nicht von ihr anstacheln, ein Küken mit dummen Ideen reicht mir“, damit scheuchte er ihn aus seinem Büro.
Die Tür fiel klappernd ins Schloss und Steward ließ sich zurücksinken. Seine Instinkte sagten ihm, dass ihnen allen eine turbulente Zeit bevorstand, dabei hoffte er, dass wenigstens Brian schnell erwachsen wurde.

~~°~~

Auf dem Gang stolperte Brian über Patrick, der ihn kopfschüttelnd ansah.
„Du bist völlig verändert und nervös scheinst du auch nicht mehr zu sein“, stellte der Panther fest.
„Es ist ein tolles Gefühl seine Partnerin gefunden zu haben“, schwärmte sein Kumpel mit einem breiten Grinsen.
„Dann hat Gerry also Recht mit seiner Vermutung?“, erkundigte Patrick sich.
„Ja hat er. Ich bin die Ruhe in Person, seit sie hier gelandet ist und jetzt entschuldige mich“, damit ließ Brian seinen Freund stehen und jagte die Treppe rauf.
Steward hatte ihm mitgeteilt, in welchem Zimmer er sie finden würde und er brannte darauf, sie wiederzusehen. Der Vorteil lag klar auf der Hand, sie waren beide Gestaltwandler und so wusste sie ebenso, dass er ihr Gefährte war, wie umgekehrt.
Gott sei Dank musste er ihr nicht erst beweisen, dass sie zusammengehörten, so wie David seiner Emily oder Logan seiner Joleen. Selbstbewusst klopfte er an und betrat den Raum, als sie antwortete.
„Hey, ich dachte, ich zeige dir mal unser Zuhause, solange deine Sachen noch unterwegs sind“, schlug er vor, als er kurz hinter der Tür stehen blieb.
Aufmerksam musterte Cat ihn, ließ ihren Blick über seine Figur streifen und verkniff sich eine Bemerkung.
Natürlich wusste sie, dass er ihr Gefährte war, aber so leicht wollte sie es ihm auf keinen Fall machen. Außerdem musste sie jede Sekunde daran denken, wie sehr ihre Mutter gelitten hatte, nachdem ihr Dad gestorben war. Vielleicht war es besser ihn gar nicht erst an sich heranzulassen.
„Sorry du hast mich ganz schön aus der Bahn geworfen. Normalerweise bin ich höflicher. Ich bin Brian, Wolf und das jüngste Mitglied der ersten Einheit“, stellte er sich etwas unbeholfen vor.
Immer noch blickte sie ihn ohne ein Wort zu verlieren an, was ihn ziemlich nervös werden ließ.
Endlich erhob sie sich und ging einen Schritt auf ihn zu.
„Freut mich, dich kennenzulernen“, begrüßte sie ihn und grinste ihn breit an.
„So sieht also der Kerl aus, wegen dem ich das letzte halbe Jahr fast Amok gelaufen bin“, fügte sie hinzu und musterte ihn erneut.
Brian hätte sie am liebsten fest in seine Arme gezogen, doch er wollte es auf keinen Fall überstürzen. Nachdem was Steward ihm erzählt hatte, musste er vorsichtig sein, um sie nicht sofort zu verscheuchen.
„Dito, mir ging es kaum anders. Aber jetzt haben wir uns ja gefunden. Komm ich zeig dir, was dich erwartet“, damit hielt er ihr die Hand hin.
Zögernd ergriff sie seine Hand und es fühlte sich wie ein Stromstoß an, der durch ihren kompletten Körper schoss.
Seine Finger schlossen sich sanft um ihre, gaben ihr mit dieser zärtlichen Geste Halt und Geborgenheit.
Einen Moment standen sie sich so gegenüber, loteten ihre Gefühle aus und Caitlin versank in den ungewöhnlich blauen Augen ihres Gefährten.
„Komm“, murmelte er heiser und zog sie mit sich zur Tür.
Seine Finger verschränkten sich mit ihren, während er sie durch das Haus führte. Seine Brüder, die ihnen begegneten, sahen ihm lächelnd hinterher, denn so kannte man Brian nicht. Im Gegenteil, er war der Rebell, der immer seine Grenzen testete. Jeder wusste augenblicklich, dass die junge Frau seine Gefährtin sein musste, so wie er sich um sie kümmerte.
Zuerst stellte er ihr Ellie vor, die sie freundlich musterte.
„Herzlich willkommen, ich freue mich, dich hier zu haben“, begrüßte sie die Gestaltwandlerin.
Mit ihrem geschulten Blick und ihrer Menschenkenntnis sah die Köchin sofort, dass Caitlin einige Probleme mit sich herumschleppte, die sie alle auf Trab halten würden.
„Danke schön“, antwortete Cat höflich.
Die freundliche Art der Haushälterin verunsicherte sie, denn damit hatte sie so gar nicht gerechnet. Irgendwie entwickelte sich ihre Ankunft anders, als sie es sich vorstellte. Sollten diese Menschen hier nicht sauer sein, weil sie einfach so in ihr Leben geschneit war?
Langsam schlenderten sie weiter, besichtigen die Bibliothek, das Wohnzimmer, den Fitness-Raum, die Sauna und das Schwimmbad. Im Moment herrschte kaum Betrieb, da die meisten Gestaltwandler ihren Aufgaben nachgingen, nur im Fitness-Raum stemmten etliche ihre Gewichte.
„Wow das nenn ich mal Luxus. Ich hätte nicht gedacht, dass man euch so gut ausstattet“, bemerkte Cat, als Brian die Führung beendete.
„Wir sorgen dafür, dass sich die magischen Wesen an die Regeln halten und im Gegenzug erhalten wir ein paar Annehmlichkeiten von der Regierung“, erklärte der Wolf lachend.
Für ihn stellte es kaum etwas Besonderes dar, da er mittlerweile schon mehr als zwanzig Jahre in Ballygannon lebte. Wobei es natürlich sehr angenehm war, dass sie nicht nach Dublin zum Training fahren mussten.
„Solange du bei uns bist, steht dir die gesamte Einrichtung ebenso zur Verfügung“, erinnerte er sie.
Ein leises Seufzen entkam ihr, denn sie dachte daran, warum sie hier war. Bestimmt würde Steward verhindern, dass sie nur herumlungerte.
„Alles Okay mit dir?“, erkundigte Brian sich sofort.
Schnell setzte sie ihr harmlosestes Lächeln auf und nickte.
„Klar, ich bin nur ein wenig erschlagen von diesem Haus“, blockte sie seine Besorgnis ab.
Ehe er etwas dazu sagen konnte, hupte es am Tor.
„Ich denke, deine Sachen kommen gerade“, stellte er überflüssigerweise fest.
Gemeinsam gingen sie zum Haupttor, wo bereits Patrick, Logan und David warteten. Damit hatte Caitlin ebenso weing gerechnet, dass die Leute ihres Onkels ihr sofort unter die Arme griffen. Ihr Entschluss sich auf nichts und niemanden einzulassen, kam gehörig ins Wanken.
Irgendwie fühlte es sich wie in einer großen Familie an und der Wunsch, dieser Gruppe anzugehören, keimte in ihr auf. Schnell schob sie die Gedanken zur Seite, sie wollte nie wieder so leiden, wie nach dem Tod ihres Vaters. Sobald man sich auf Gefühle einließ, wurde man verletzt, das hatte sie auf die harte Weise gelernt.
Caitlin nahm sich fest vor auf Abstand zu bleiben, wobei sie noch nicht wusste, wie sie das bei Brian schaffen sollte. Der Wolf ging ihr jetzt schon unter die Haut und in seinen blauen Augen stand ein Versprechen, das ihr die Kehle zuschnürte.
Einen Blick auf den muskulösen Kerl gönnte sie sich trotzdem. Er schien etwa zwei Meter groß zu sein und seine blonden Haare waren militärisch kurzgeschnitten, wie bei fast allen Soldaten. In dem Moment drehte er sich um und hievte einen der Umzugskartons aus dem LKW, seine Muskeln spannten sich an, was sie trotz des Longsleeves sehen konnte. Mit Leichtigkeit hob er das Teil herunter und setzte es neben den anderen Sachen ab, etwas das Cat beeindruckte.
Sein Blick traf auf ihren und seine Augen blitzten amüsiert auf, dabei zog er eine Augenbraue fragend hoch. Ertappt blickte sie zur Seite und versuchte eine der Kisten hochzuheben. Sofort war er bei ihr und nahm ihr die Last ab.
„Lass uns das besser machen, kümmer du dich um die zwei Taschen, die sind leichter“, bestimmte er.
Einen Augenblick wollte sie aufbegehren, aber das wäre mehr als dumm, da sie die schweren Sachen gar nicht tragen konnte.
Zusammen trugen sie die Kartons von Cat in ihr Zimmer, was bei so viel Hilfe keine große Aufgabe darstellte.
„Wenn du uns brauchst, ruf einfach“, damit verabschiedete David sich.
Er schenkte ihr noch ein freundschaftliches Lächeln, ehe er mit Patrick und Logan verschwand.
„Soll ich dir helfen?“, bot Brian an, doch dann fluchte er unterdrückt.
Fragend hob sie den Blick, da sie seine Reaktion nicht verstand.
„Ich muss zum Dienst. Also falls ich dir behilflich sein kann, komme ich nach dem Abendessen wieder“, erklärte er, gleichzeitig sah er sie hoffnungsvoll an.
„Nein danke. Ich schaff das schon alleine, sind ja nur ein paar Klamotten“, damit drehte sie sich zu ihren Sachen um.
Offensichtlich war er entlassen, aber so leicht entkam sie ihm nicht. Mit einem breiten Grinsen ging er zum Überwachungsraum, dabei stellte er sich viele Möglichkeiten vor, wie er diese Zicke zähmen würde.

~~°~~

Endlich fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und sie atmete zittrig ein. Nie hätte Caitlin gedacht, dass die Gefühle für den echten Partner so überragend sein könnten. In dem Moment, als seine Finger sich um ihre legten, brauchte sie ihre ganze Willenskraft, um sich nicht an ihn zu schmiegen.
Auch jetzt spürte sie, dass er ihr fehlte, ein völlig Fremder, den sie vor ein paar Stunden zum ersten Mal gesehen hatte.
Ihre tierischen Instinkte erkannten ihn einwandfrei als Gefährten an, wobei ihr menschlicher Verstand noch mit dieser Erkenntnis kämpfte.
Doch dann erinnerte sie sich an diese unendliche Traurigkeit im Blick ihrer Mutter, die sich bis heute nicht gebessert hatte. Der verzweifelte Schrei, als man ihnen die Nachricht vom Tod ihres Vaters brachte, klang immer noch in ihren Ohren nach.
Tränen traten ihr in die Augen, als sie an den Tag vor mehr als einem Jahr dachte. Für sie war es schwer damit klarzukommen, dass sie ihn nie wiedersah, aber für ihre Mutter musste es die Hölle sein.
Und Brian? Er war sogar ein Söldner, ein Soldat im Auftrag ihrer Regierung, der ständig in Gefahr schwebte.
Auf keinen Fall würde sie sich auf ihn einlassen, nur um irgendwann ebenso zu leiden, wie Elvira.
Erneut atmete sie tief durch und widmete sich anschließend den Kartons, die sich vor ihr aufreihten. Es war immer noch die beste Idee sich abzulenken.
Zuerst packte sie ihre Kleider aus und tauschte das Sweat-Shirt des Wolfs gegen ihr Lieblings-Hoody. Mit leichtem Bedauern drückte sie das Kleidungsstück an sich, inhalierte den männlichen Geruch, der ihm anhaftete, dann faltete sie es zusammen und legte es auf ein Sideboard.
Sehr viel hatte sie nicht eingepackt, wie sie jetzt feststellte, als sie in den leeren Kleiderschrank blickte. Sie würde verdammt oft waschen müssen, andererseits hatte sie so genug zu tun.
Als Nächstes holte sie den Karton mit ihrer Anlage und den CD´s hervor. Eilig überprüfte sie, ob alles heil angekommen war, und atmete auf, als die ersten Klänge von Blutengel durch den Raum schweiften.
Mit einem melancholischen Lächeln drehte sie die Lautstärke auf. Sie wusste, dass gerade die Musik sie tiefer in die Traurigkeit zog, aber sie schaffte es auch nicht, sich dagegen zu wehren. Besonders der Song „Sudden Death“ passte so gut zu ihrer Situation.
Ein Hämmern an der Tür ließ sie zusammenschrecken. Verwundert, wer wohl etwas von ihr wollte, öffnete sie, um direkt in die wütenden Augen von dem Mann mit den gescheckten Haaren zu blicken.
„Würdest du bitte dieses scheußliche Geplärre leiser machen? Man hört das depressive Gejaule durch das ganze Haus“, herrschte er sie an.
„Tschuldigung“, murmelte sie und stellte die Anlage auf Zimmerlautstärke ein.
„Schon besser. Denk daran, dass du nicht alleine hier bist und wir teilen wohl kaum deinen Musikgeschmack“, damit ließ er sie stehen und Cat atmete tief ein.
Einen Moment überlegte sie, ob sie die Funkkopfhörer benutzen sollte, doch dann blitzte es in ihren Augen auf. Sie war bereits als schwarzes Schaf verschrien, also war das ihre Chance sich genauso zu benehmen.
Langsam schloss sie die Zimmertür, ehe sie zu ihrer Anlage ging und sie wieder auf volle Lautstärke aufdrehte. Diese Soldaten bekamen so direkt den richtigen Eindruck von ihr, sie würde vor niemandem kuschen.
Ihre CDs räumte sie in das Sideboard, ebenso wie einige der Bücher, die sie mitgenommen hatte. Das Bild ihrer Eltern fiel ihr in die Hand und sie blickte verloren auf das Paar, das ihr entgegen lächelte.
Sie erinnerte sich noch sehr gut, wie sie das Foto geschossen hatte. Es war vor vier Jahren während eines gemeinsamen Urlaubs in Deutschland gewesen. Ihre Eltern standen vor dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck in Koblenz. Graham hatte einen Arm um seine Frau geschlungen und winkte lachend in die Kamera.
Tränen tropften auf den Glasrahmen, als Caitlin sanft über das Bild strich. Sie fühlte sich in dem Moment so unendlich alleine, das sie fast nach Brian gerufen hätte. Alles war besser als diese Kälte in ihrem Herzen, wenn sie an ihren Vater dachte.
Ehe sie etwas tun konnte, flog die Tür auf und Steward stand im Raum. Ohne ein Wort zu sagen, drehte er die Anlage leise, dann sah er sie tadelnd an.
„Logan hat dich gebeten Rücksicht zu nehmen oder?“, fragte er gefährlich ruhig.
Schnell wischte sie sich über das Gesicht, damit er die Tränen nicht sah, doch da kannte sie ihren Onkel schlecht. Er hatte die Situation bereits durchschaut, ebenso erkannte er das gerahmte Foto in ihren Händen.
Vorsichtig nahm er ihr das Bild ab, legte es auf das Bett und zog sie in eine tröstliche Umarmung.
„Du musst dich fürchterlich alleine fühlen“, murmelte er in ihr Haar.
So sehr Caitlin auch stark sein wollte, jetzt schaffte sie es nicht mehr. Weinend klammerte sie sich an ihn, den einzigen Menschen, der wirklich hinter ihre Fassade blickte.
Sanft streichelte er über ihren Rücken, gab ihr Geborgenheit, die sie dringend brauchte.
Steward wusste, dass seine Schwester kaum in der Lage war, ihre Tochter zu trösten, da sie selbst unter dem Tod ihres Gefährten so unendlich litt. Elvira tat alles für ihr Kind, nur mit einem gebrochenen Herzen war es fast unmöglich ihr den Halt zu geben, den sie benötigte.
Langsam beruhigte Caitlin sich, schniefte noch einmal laut und sah ihren Onkel mit verheulten Augen an.
„Er fehlt mir so sehr“, brachte sie zittrig hervor.
Verständnisvoll nickte er und strich ihr liebevoll über die Haare. Es wurde höchste Zeit, dass sich jemand um sie kümmerte und in diesem Moment war er froh, dass Brian ihr Gefährte war. Obwohl es in den nächsten Wochen bestimmt ziemlich turbulent zuging.
„Ich verstehe dich. Einen geliebten Menschen kann man auf keinen Fall so einfach ersetzen. Dennoch glaube ich kaum, dass Graham es gut findet, dich so rebellisch zu sehen“, murmelte er.
Spöttisch lachte sie auf und befreite sich aus seinen Armen.
„Aber er sieht mich ja nicht. Er ist weg, für immer“, stieß sie verbittert hervor.
„Bist du dir da so sicher? Vielleicht unterhältst du dich mal mit Lea, sie ist ein Engel und kennt sich da etwas besser aus“, hielt er ihr entgegen.
Natürlich war ihm klar, dass Lea keineswegs Kontakt zu Verstorbenen herstellen konnte, eventuell schaffte sie es, die junge verzweifelte Frau zu trösten.
„Netter Versuch, nur möchte ich hier keine Freundschaften schließen. Bitte Onkel Stew, ich gehöre nicht zu euch und werde es auch nie“, stieß sie halb genervt, halb bedauernd hervor.
„Bildest du dir immer so schnell eine Meinung? Vielleicht gibt es bei uns ja etwas oder jemand, der dich überzeugt zu bleiben? Wie ich gehört habe, suchst du noch nach einer Ausbildungsstelle, wir könnten da helfen“, bemerkte er ruhig und lehnte sich gegen den Sessel, der hinter ihm stand.
„Wenn du auf Brian anspielst, dann muss ich dich enttäuschen. Ich weiß, dass er mein Gefährte ist, trotzdem werde ich mich nicht darauf einlassen. Auf keinen Fall will ich so enden wie Mum. Ich möchte mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie sehr sie leidet“, fauchte sie heftiger als beabsichtigt.
Da lag also eins ihrer Probleme, doch das würde sich mit der Zeit von ganz alleine lösen. Kein Gestaltwandler schaffte es, sich von seinem Gefährten fernzuhalten. Caitlin war noch zu jung, um in dem Punkt eine Entscheidung zu treffen, daher war es das Beste sie ihre eigenen Fehler machen zu lassen.
Steward hoffte nur, dass sie Brian nicht leiden ließ, ehe sie zur Besinnung kam. Vielleicht sollte er ihn einweihen, aber diese Überlegung verscheuchte er sofort wieder. Es kam einem Vertrauensbruch gleich, ihre geheimen Gedanken einer anderen Person mitzuteilen.
„Lern Brian doch erst einmal kennen, danach bist du in der Lage eine Entscheidung zu treffen“, schlug er diplomatisch vor.
Schnell wehrte sie ab. Keinesfalls wollte sie auch noch Zeit mit dem Wolf verbringen, dann konnte sie sich überhaupt nicht mehr beherrschen. Es fiel ihr jetzt schon schwer, ihn auf Abstand zu halten.
„Nein danke. Ich bin hier, weil es für mich keine Option gibt, aber irgendwann müsst ihr mich gehen lassen“, entgegnete sie um eine unbeteiligte Stimme bemüht.
Lächelnd schüttelte Steward den Kopf, Caitlin erinnerte ihn in dem Moment so sehr an Elvira. Sie wollte Graham ebenso zeigen, dass sie keineswegs das hilflose Weibchen war. Allerdings beschloss er, seiner Nichte diese alte Geschichte erst einmal vorzuenthalten. Sie war auch so schon aufgewühlt genug.
„Ich muss zu meiner Arbeit. Tu mir einen Gefallen und ärgere Logan nicht wieder. Er ist im Augenblick ziemlich angespannt, da seine Zwillinge ihn nachts auf Trab halten“, bat er und drehte sich zur Tür.
„Wenn er sich unbedingt Kinder andrehen lässt, sollte er seine schlechte Laune für sich behalten“, murrte Cat, doch sie ließ die Finger von dem Lautstärkeregler.
Steward ging in sein Büro zurück und Caitlin blickte einen Moment auf die geschlossene Zimmertüre. Jetzt wusste sie, womit sie die Männer in den Wahnsinn treiben konnte. Die Musikgruppe „Blutengel“ schienen sie jedenfalls zu verabscheuen, zumindest in der richtigen Lautstärke. Ein fieses Grinsen huschte über ihr Gesicht, als diese Gedanken sich in ihrem Kopf formten.
Irgendwie fühlte sich alles so verworren an, denn tief in ihr lauerte die Gewissheit, dass sie gar nicht auf Konfrontation aus war. Nur die Angst, dass ihr etwas Ähnliches passierte, wie ihrer Mutter sorgte dafür, dass sie sich so unleidlich verhielt.
Vorsichtig stellte sie das Bild ihrer Eltern auf den Nachttisch, ehe sie die restlichen Sachen auspackte und dann die Kartons zusammenfaltete. In ihrem Kopf tobten die Gedanken und sie wäre gerne einfach nach draußen gerannt, um diesem Durcheinander zu entkommen, dummerweise befand sie sich etliche Kilometer von Athlone entfernt. Außerdem würde Steward sie kaum weglassen.
Müde, einsam und traurig ließ sie sich auf das Bett fallen. Die Zukunft sah irgendwie nicht gerade einladend aus, und wenn sie ehrlich war, hatte sie keine Vorstellung, wie es weiter gehen sollte.

~~°~~

Während Caitlin mit ihrem Leben haderte, träumte Brian vor sich hin. Die Bedenken, dass er krank sein könnte oder seine Gefährtin doch nicht kam, waren verständlicherweise verflogen. Diese kleine Kratzbürste schickte ihm der Himmel, dabei zweifelte er keinen Moment daran, dass er sie zähmen würde.
„Erde an Brian! Du solltest langsam aufhören zu träumen und der Realität ein wenig Raum geben“, bemerkte Patrick spöttisch.
Erstaunt sah der Wolf ihn an.
„Was ist denn los? Wieso bin ich unrealistisch? Meine Partnerin ist angekommen, ich bin diese dumme Nervosität los und alles ist ruhig“, entgegnete er.
„Deine Gefährtin unterhält uns mit ihrer Musik, was bestimmt niemandem gefällt. Logan hat ihr schon die Meinung gesagt und sie dreht die Lautstärke erneut auf. Wie du auch mitbekommen hast, musste Steward einschreiten, da die Bitte unseres Jaguars nicht gefruchtet hat. Wenn sie so weitermacht, hat sie bald die gesamte Einheit gegen sich“, klärte der Panther seinen Kumpel auf.
Lächelnd zuckte Brian mit den Schultern.
„Sie testet doch nur ein wenig ihre Grenzen. Kannst du nicht verstehen, dass sie uns alle erst mal kennen lernen muss? Außerdem werde ich ihr schon klar machen, wie sie sich zu benehmen hat“, behauptete er großspurig.
Zweifelnd zog Patrick eine Augenbraue nach oben.
„Du glaubst also, dass sie mehr auf dich hört, als auf Logan? Der geschätzte Jaguar ist fast vierhundert Jahre älter als du und wesentlich furchteinflößender, wenn ich das so sagen darf“, erinnerte er ihn.
„Stimmt, nur er ist nicht ihr Gefährte. Joleen lässt sich auch von niemandem etwas vorschreiben, von Emily ganz zu schweigen“, antwortete Brian, doch jetzt klang er ein wenig verunsichert.
Natürlich verschwieg er seinem Kumpel, dass Caitlin seine Hilfe abgelehnt und ihn praktisch aus dem Zimmer geworfen hatte. Trotzdem wollte er die rosarote Brille noch aufbehalten. Bestimmt änderte sich ihr Verhalten, sobald sie sich eingelebt hatte und sie besser einschätzen konnte.
Patrick verzichtete auf eine Antwort, allerdings sprach sein Blick Bände. Für ihn stand fest, dass sein Freund alle Hände voll zu tun bekam, dabei würden ihre Brüder ihn schadenfroh beobachten.
In der Vergangenheit war Brian nicht gerade für seine Zurückhaltung bekannt gewesen, sodass kaum einer Mitleid mit ihm hatte. Ganz im Gegenteil, diese Gefährtin stellte die ausgleichende Gerechtigkeit dar.
„Wenn es wirklich so schlimm wird, dann lege ich sie übers Knie. Glaub mir, auf keinen Fall lasse ich zu, dass sie sich oder einen von uns in Schwierigkeiten bringt“, stieß der Wolf überzeugt hervor.
Patrick lachte leise auf, es war mittlerweile ein offenes Geheimnis, das sie alle eine dominante Neigung besaßen. Im Hauptquartier gab es nur sehr wenig Privatsphäre, auch weil die Söldner über ein perfektes Gehör verfügten. Außerdem verhielt sich die Bedienung im SM-Club in Dublin äußerst indiskret und jeder von ihnen hatte dieser Location bereits einen Besuch abgestattet. Selbst Steward ging dort ein und aus.
„Du weißt, dass ich immer hinter dir stehe, also wenn du mich brauchst, sag Bescheid“, damit beendete Patrick das Thema vorerst.
Nach Leas Rückkehr vor ein paar Wochen hatten sie gehofft, dass Ruhe einkehren würde, aber danach sah es im Augenblick kaum aus.
„Danke Kumpel, ich befürchte, dass ich diese Hilfe dringend benötige“, gab Brian jetzt ehrlich zu.
„Du bist jedenfalls nicht alleine, egal was passiert. Bei Joleen haben wir zusammengehalten, bei Emily und Lea ebenso und deine Cat werden wir genauso überzeugen“, tröstete Patrick, anschließend widmeten sie sich wieder dem Wachdienst.
Brian fühlte sich ziemlich ernüchtert, so hatte er sich das mit der Gefährtin keinesfalls vorgestellt. Wieso bekam gerade er eine Frau, die mit sich und der ganzen Welt haderte? Trotzdem sehnte er sich danach, sie in seine Arme zu ziehen und vor sich selbst zu beschützen.
Die Schicht zog sich wie Kaugummi und zu allem Überfluss hatte David auch noch eine Trainingseinheit für den späten Abend angesetzt. So blieb ihm kaum viel Zeit, die er mit Caitlin verbringen konnte, abgesehen davon, dass sie ihn nicht in ihrer Nähe ertrug.
Endlich kam die Ablösung und die beiden Freunde atmeten auf, es war wirklich ermüdend ständig auf die Monitore zu starren, wenn so gar nichts passierte.
„Gehen wir trainieren?“, wollte Patrick wissen, doch im gleichen Moment winkte er ab.
„Sorry, hab vergessen, dass sich jetzt einiges bei dir geändert hat“, damit lief er grinsend zu seinem Zimmer, um sich umzuziehen.
Brian holte tief Luft und stürmte anschließend die Treppe hoch, vielleicht kam Caitlin ja mit in den Fitness-Raum. Ohne weiter zu überlegen, klopfte er ein paar Sekunden später an ihre Zimmertür.
Die Tür wurde einen Wimpernschlag danach aufgerissen und eine wütende Cat starrte ihn an.
„Das ist wohl kaum noch zu laut“, herrschte sie ihn an.
Lächelnd schüttelte er den Kopf.
„Ich bin mir sicher, dass die Lautstärke völlig in Ordnung ist“, antwortete er, gleichzeitig schob er sie vorsichtig in den Raum zurück.

~~°~~

Catilin lag auf dem Bett und versank in ihren Gedanken, die sich um ihre neue Situation drehten. Angst und Hoffnung wechselten sich im Minutentakt ab. Immer wieder schlich sich der Wunsch ein, sich Brian zu öffnen, ihm eine Chance zu geben, doch dann sah sie erneut die traurigen Augen ihrer Mutter vor sich.
Ein Klopfen an der Tür ließ sie hochfahren und Wut kochte in ihr hoch. Bestimmt war das dieser unerträgliche Logan, dem ihr Musikgeschmack nicht gefiel, aber das war sein Problem. Auf keinen Fall würde sie ihre Musik leiser stellen und genau das wollte sie ihm in aller Deutlichkeit sagen.
Zornig sprintete sie zur Zimmertür, riss diese auf und blaffte den Mann vor ihr an, ehe sie erkannte, dass es sich keineswegs um den Jaguar handelte.
Wie peinlich konnte der Tag noch werden? Statt ruhig und besonnen zu reagieren, ließ sie die Furie frei, die ihre Krallen auch sofort in die falsche Person schlug.
Ehe sie in der Lage war, sich zu entschuldigen, hatte Brian sie ins Zimmer geschoben, dabei spürte sie seine Hände an ihren Schultern überdeutlich. Die Berührung schickte Wärme bis in ihr erstarrtes Herz und Hoffnung keimte auf.
Trotz ihres Vorsatzes, dass niemand ihr zu nahe kommen durfte, erlaubte sie dem Wolf, dass er sie zu der kleinen Couch brachte und sie sanft auf das Polster drückte. Vorsichtig setzte er sich zu ihr und blickte ihr tief in die Augen.
„Du bist mit unserem Jaguar zusammengestoßen, wie ich gehört hab. Es ist bestimmt nicht so leicht, plötzlich mit so vielen Leuten zusammenzuwohnen“, bemerkte er verständnisvoll.
Zu gerne hätte sie sich in seine Arme geworfen, ihm von ihren Sorgen erzählt und den Rest ihm überlassen, nur das verbot sich von selbst.
„Der hasst mich einfach. So ein Theater zu machen, wegen ein bisschen Musik“, murrte sie und rückte noch ein Stück von ihm ab.
„Nein, Logan ist wirklich fair und hilfsbereit. Ich hab Blutengel bis ins Büro gehört, und wenn jeder seine Lieblingsmusik so laut stellen würde, gäbe einen ziemlich wüsten Mix hier“, erklärte er ernst.
„Ich dachte, du wärst auch jung und frei, doch die Alten haben dich schon so geformt, dass du auf ihrer Seite bist“, fauchte Cat und sprang auf.
Natürlich wusste sie, dass sie im Unrecht war, aber so konnte sie es schaffen ihn gegen sich aufzubringen, dann bekam sie endlich ihre Ruhe. Zumindest hoffte sie es.
Nachdenklich sah Brian sie an, dabei erkannte er, dass er sich oft genug genauso benommen hatte. Aus Sturheit rebellierte er oft, wenn Steward, David oder Logan ihn tadelte, obwohl er einen Fehler gemacht hatte und keinesfalls die älteren Gestaltwandler.
„Du machst dir das Leben so nur schwer, glaub mir, ich hab das auch probiert“, entgegnete er ruhig.
Dummerweise machte er keine Anstalten ihr Zimmer zu verlassen, so drehte sie ihm den Rücken zu, eventuell verstand er dann, dass sie nicht länger mit ihm reden wollte. Doch statt zu gehen, stand er auf, stellte sich hinter sie und zog sie mit sanfter Gewalt an seine Brust.
Seine Arme legten sich beschützend um ihren Oberkörper und sie schloss einen Moment die Augen, um diese Nähe zu genießen.
„Ich verstehe dich sehr gut, weil ich mich bis vor Kurzem ähnlich benommen habe. Vielleicht bin ich nicht ganz so weit gegangen wie du, aber ich erkenne mich in deinem Verhalten wieder“, bemerkte er.
Cat versteifte sich bei den Worten in seiner Umarmung, doch Brian hielt sie ohne Anstrengung dort, wo er sie haben wollte.
„Wenn du nur hergekommen bist, um Partei für die Alten zu ergreifen, kannst du gleich gehen“, zischte sie trotzig.
Seine Nähe tat ihr gut und sie fühlte zu deutlich, dass es ihr immer schwerer fiel, ihn auf Abstand zu bringen.
„Nein Kleines, ich bin gekommen, um bei dir zu sein. Du gehörst mir, egal wie sehr du dich dagegen wehrst“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Sein Atem kitzelte sie und in dem Moment spürte sie seine Wärme überdeutlich, was sie schlucken ließ, doch dann begriff sie, was er da gerade gesagt hatte.
„Ich glaube, du bist übergeschnappt! Ich gehöre niemandem und das wird verdammt noch mal so bleiben“, fuhr sie ihn an und kämpfte jetzt ernsthaft darum freizukommen.
„Das werden wir ja sehen und ich freue mich darauf, dir das Gegenteil zu beweisen“, antwortete er lachend, ehe er sie losließ.
Augenblicklich wich Caitlin zwei Schritte zurück und stieß mit dem unteren Rücken an die Fensterbank. In ihren Augen blitzte es vor Zorn auf und ihr gesamter Körper bebte.
„Verlass sofort mein Zimmer“, schrie sie ihn an.
Mit dieser dummen Bemerkung warf er sie völlig aus der Bahn, zumal der Gedanke ihm zu gehören ihr ziemlich einheizte. Schnell schob sie die Überlegung zur Seite und zeigte auf die Tür.
Wie gerne hätte sie ihn eigenhändig rausgeworfen, aber dazu reichte ihre Kraft dummerweise nicht aus. Ihre Pupillen verwandelten sich in die gelben Augen des Falken und aus ihrer Kehle erklang ihr Jagdruf, was sie erschrocken zusammenfahren ließ. So etwas war ihr noch nie passiert, bisher behielt sie sich immer im Griff.
„Du wirst uns schaden, wenn du dich dagegen wehrst, glaub mir“, warnte Brian sie ernst, dann drehte er sich um und verließ den Raum.
Die Tür fiel hinter ihm zu und Cat schloss verzweifelt die Lider. Was hatte sie jetzt schon wieder angerichtet? Statt ihm ruhig zu erklären, dass sie sich nicht auf ihn einlassen konnte, verhielt sie sich wie ein trotziges Kind.
Verwirrt ließ sie sich auf das Bett fallen, zog die Knie an und schlang die Arme darum. Blödsinnigerweise kam ihr das Zimmer leer und einsam vor, nur weil der dumme Wolf gegangen war. Tränen traten in ihre Augen, die erneut in einem sanften Braun schimmerten.
Ihr Leben schien eine einzige Katastrophe zu sein und anstatt etwas richtig zu machen, verschlimmerte sie es nur noch. Vielleicht war es ihr wenigstens gelungen ihren Gefährten zu verscheuchen, dann hätte dieser Ausbruch zumindest einen Sinn.

~~°~~

Brian ging nachdenklich zu seinem Zimmer, das hatte er ja grandios verbockt. Statt Caitlin Zeit zugeben sich an ihn zu gewöhnen, war er mit seinen Vorstellungen herausgeplatzt. So dumm konnte auch nur er sein.
Schnell zog er sich um, anschließend verausgabte er sich im Fitness-Studio. Gott sei Dank bekam er eine weitere Chance, da sie ihm zwangsläufig über den Weg laufen musste und die vergeigte er bestimmt nicht.
Patrick sah ihn fragend an, als er sich auf die Hantelbank neben ihm setzte, doch er schüttelte nur seufzend den Kopf. Im Moment wollte er auf keinen Fall über seine überstürzte Bemerkung reden, obwohl er spürte, dass es genau so war, wie er gesagt hatte. Früher oder später würde sie sich ihm unterwerfen.
Steward besetzte ebenso eine der Trainingsbänke und legte gerade die Hantel auf den Boden.
„Du bist wohl nicht sehr weit mit meiner Nichte gekommen oder?“, fragte er belustigt.
Mürrisch schüttelte Brian den Kopf, er hatte völlig vergessen, dass das halbe Hauptquartier sie hörte. Den Spott musste er jetzt ertragen.
„Ich hab´s verbockt, Stew“, gab er unwillig zu.
Nachsichtig blickte der Gepard zu ihm rüber.
„Nein, so endgültig sehe ich es keineswegs. Caitlin ist intelligent und wird früher oder später einsehen, dass du Recht hast“, entgegnete er.
„Wenn sie klug ist, nimmt sie kaum unseren unsensiblen Angeber hier“, warf Patrick grinsend ein.
Brian knurrte nur leise, dann widmete er sich seinem Training, die Ablenkung brauchte er dringend.
„Eifersüchtig?“, wollte Stew in Richtung des Panthers wissen.
Lachend verneinte dieser und zwinkerte seinem Boss zu.
„Nein, aber Brian hat den Seitenhieb einfach verdient“, stellte er gut gelaunt fest.
Darin konnte Steward ihm nur zustimmen, zu oft machte der Wolf seine Späße auf Kosten anderer. Außerdem schadete es kaum, dass er mal sah, wie es war, wenn man ihn hochnahm.
Trotzdem hoffte er, dass seine Nichte schnell zur Vernunft kam und Ruhe einkehrte, allerdings glaubte er nicht wirklich daran.
„Falls du möchtest, rede ich mit ihr“, bot er leise an, als der Gepard sein Training beendete.
Sofort schüttelte Brian den Kopf.
„Ich ziehe es vor, ihr selbst klar zu machen, dass sie zu mir gehört. Überlass sie bitte mir“, bat er ernst.
Diese Antwort nötigte Steward Respekt ab, einige seiner Brüder hätten sein Angebot angenommen.
„Sehr gerne, doch du weißt, wenn es zu viel wird, bin ich da“, damit nahm er sein Handtuch und machte sich auf den Weg, um zu duschen.
Erleichtert atmete Brian auf, es beruhigte ihn zu wissen, dass Steward hinter ihm stand, sich aber noch raushielt.
Nach einer Weile fühlte er sich auch sicher genug, es erneut mit Caitlin aufzunehmen. Zusammen mit Patrick verließ er das Studio und pfiff ein Lied vor sich hin.
„Ich weiß nicht, ob ich dich bedauern oder beneiden soll“, bemerkte sein Kumpel, als sie die Treppen ins zweite Stockwerk hochliefen.
Fragend sah der Wolf ihn an.
„Na bei der Gefährtin wirst du ganz schön kämpfen müssen. Ich wünsche mir jemanden, der weniger starköpfig ist, da warte ich auch gerne noch“, erklärte der Panther ernst.
Verstehend nickte Brian.
„Du hast Recht, ich werde um sie kämpfen und das nicht mal körperlich. Aber ihr Verhalten zeigt mir, dass ich mich oft genug ähnlich bescheuert aufgeführt habe. Daher kann ich mich gut in sie hinein versetzen“, erwiderte er leise.
Diese Erkenntnis erstaunte seinen Freund, der ein paar Jahre älter war und die Flegelphase bereits hinter sich gelassen hatte. Doch dann grinste er breit und schlug ihm anerkennend auf die Schultern.
„Wenn du Hilfe brauchst, weißt du, wo du mich findest“, damit bog Patrick in sein Zimmer ab.
Es war ein tolles Gefühl, dass er sich so auf seine Brüder verlassen konnte und genau diese Sicherheit wollte er Caitlin vermitteln, nur wusste er noch nicht wie.
Eilig schnappte er sich seine Sachen und sprang unter die zweite Dusche, da der Panther schneller gewesen war und das erste Badezimmer belegte. Die Zukunft versprach aufregend zu werden, allerdings ebenso anstrengend.
Gerade als Brian aus dem Bad kam, rief Ellie zum Essen. Einer Eingebung folgend lief er zu Cats Zimmer, klopfte an und öffnete die Tür, ohne auf eine Antwort zu warten.
„Komm schon, ich nehm dich mit ins Esszimmer“, bemerkte er und hielt ihr eine Hand hin.
„Danke, aber ich finde den Weg auch alleine“, lehnte sie zickig ab, doch dann seufzte sie leise auf.
„Tut mir leid“, damit nahm sie seine Hand, spürte erneut die Wärme, die sich auf sie übertrug, und ließ es zu, dass er sie näher an sich zog.
Sie schaffte es einfach nicht, sich diesem Wolf zu entziehen, egal was sie versuchte. Wieder musste sie sich eingestehen, dass seine Berührung ihr unendlich guttat.
Gemeinsam gingen sie in das Esszimmer, wo Brian ihr galant den Stuhl zurechtschob, ehe er sich an ihre rechte Seite setzte. Natürlich war er sich der Aufmerksamkeit seiner Brüder in jeder Sekunde bewusst, doch seltsamerweise gab es ihm Halt. Er wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte.
Schon bald flogen Scherzworte durch den Raum und selbst Logan schien vergessen zu haben, dass er Caitlin so zusammengestaucht hatte.
Erstaunt blickte sie ihn an, als er ihr zulächelte, dann wanderte ihr Blick zu David und zu Billy. Der kleine Kerl entlockte ihr ein freundliches Lächeln, das er erwiderte.
„Ist das deine Freundin, Brian?“, wollte er wissen.
Emily sah ihn tadelnd an, doch der Wolf sah ihn mit einem liebevollen Grinsen an.
„Ja ist sie Billy, aber sie fühlt sich hier noch fremd, weil sie uns nicht kennt“, antwortete er mit einem Zwinkern.
Sofort nickt das Kind verstehend, dann wandte er sich an Caitlin.
„Ich bin gerne dein Freund, genau wie Papa und Logan. Du brauchst keine Angst zu haben, wir passen alle auf dich auf“, versuchte er sie auf seine kindliche Art zu beruhigen, dabei sah er sie offen an.
„Das ist lieb und beruhigt mich sehr, allerdings bin ich schon ein großes Mädchen, ich bin in der Lage auf mich selbst aufpassen“, blockte sie ihn ungewohnt sanft ab.
„Das glaube ich, Mama kann das ja auch und Joleen erst recht, aber es ist immer gut, wenn man Verbündete hat“, entgegnete der Knirps mit einem breiten Grinsen.
Zu genau erinnerte er sich an die Wasserschlacht im letzten Jahr, was Cat natürlich nicht ahnen konnte. Deshalb lachte sie nur leise über seine Worte. Was wusste dieses Kind schon davon?
„Wir sind gerne für dich da. Solltest du Hilfe brauchen, musst du es nur sagen“, bestätigte Emily das Angebot ihres Sohnes und schenkte der Frau ein freundliches Lächeln.
Sofort gefror Caitlins Grinsen und sie verzog höhnisch das Gesicht.
„Wie gesagt, ich bin ein großes Mädchen und finde das Wir-sind-eine-Familie-Getue unheimlich öde“, antwortete sie eiskalt, ehe sie sich ihrem Essen widmete.
Verunsichert runzelte Emily die Stirn, bei dieser rüden Abfuhr fehlten selbst ihr die Worte.
Beruhigend legte David eine Hand auf ihren Arm und schüttelte unmerklich den Kopf, dann deutete er auf Brian. Seine Gefährtin verstand sofort und verzichtete darauf der Hexe eine passende Antwort zu geben, doch ihre Sympathie hatte sie sich erstmal verscherzt.
„Musste das sein? Emily war freundlich“, zischte Brian Cat zu, allerdings bekam er nur ein genervtes Schulterzucken von ihr.
Nach dem Essen räumten sie den Tisch wie gewohnt ab und Caitlin wollte sich zurückziehen, aber der Wolf packte sie schon am Arm.
„Wir haben noch etwas zu besprechen“, bestimmte er hart und zog sie zur Haustüre.
Verdutzt ging sie mit ihm, bis ihr der Regen ins Gesicht schlug und sie zitternd die Schultern hochzog.
„Sag mal spinnst du? Du hast sie wohl nicht mehr alle, wenn du denkst, dass ich bei diesem Wetter mit dir spazieren gehe“, schrie sie ihn an und wollte sich umdrehen, doch sein Griff um ihren Arm verhärtete sich nur.
Ohne ein Wort schleppte er sie über eine Wiese, bis sie am Strand standen. Die Regentropfen prasselten auf sie runter, durchnässten sie bis auf die Haut, dabei war es bestimmt kaum wärmer als fünf Grad. Die Wellen schlugen hart auf dem Sand auf und sorgte dafür, dass auch ihre Jeans nass wurden.
„Lass mich sofort los, du Idiot“, schrie Cat und trat nach ihm, aber er wich geschickt aus.
„Es dauert nicht lange und du wirst mir jetzt zuhören, klar?“, herrschte Brian sie an und sah ihr ernst in die Augen.
Wütend sog sie den Atem tief ein, doch sie blieb stillstehen, weil sie keine andere Wahl hatte, dieser dämliche Wolf war um einiges stärker als sie.
„Ich erlaube keinesfalls, dass du Emily so behandelst. Sie hat dir ihre Freundschaft angeboten und es gibt keinen Grund sie so anzufahren. Solltest du verlernt haben dich zu benehmen, lege ich dich gerne übers Knie, verstanden?“, fragte er sie bedrohlich ruhig.
Einen Augenblick brauchte Cat, um zu verstehen, dass er ihr tatsächlich eine körperliche Strafe angedroht hatte, dann brach sie in lautes Lachen aus. Das Kribbeln in ihrem Unterleib ignorierte sie gekonnt, denn darauf wollte sie sich unter keinen Umständen einlassen.
„Was bildest du dir eigentlich ein? Glaubst du wirklich, dass du das Recht hast mir so zu drohen?“, höhnte sie.
Cat bemerkte erleichter, dass sie in der Dunkelheit seine Konturen nur erahnte.
Brian hatte dieses Problem keineswegs, er sah sie perfekt, so entging ihm ebenso wenig, dass Caitlin sich von ihm wegdrehte. Sanft legte er seine Finger um ihr Kinn und drehte ihr Gesicht so, dass er ihr in die Augen sehen konnte.
Schmunzelnd stellte er fest, dass sie nicht nur wütend, sondern genauso erregt war, was ihm auch sein feiner Geruchssinn mitteilte.
„Glaub mir, ich wage es und es wird dir ganz bestimmt nicht gefallen“, antwortete er heiser.
In dem Moment knisterte die Luft zwischen ihnen und die Zeit stand still. Caitlin atmete tief ein, versuchte ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen und überlegte angestrengt, wie sie dem Zauber entkommen konnte. Ehe sie einen Ausweg fand, streiften seine Lippen federleicht über ihre. Ohne darüber nachzudenken, schloss sie die Augen und neigte sich ein wenig mehr zu ihm.
Diese Einladung nahm Brian gerne an, sofort ließ er ihr Kinn los und zog sie mit einem festen Griff in ihren Nacken an sich. Seine Hand vergrub sich in ihrem Haar und bog ihren Kopf etwas nach hinten.
Erst jetzt leckte er sanft über ihre Unterlippe, ehe er vorsichtig in ihren Mund eindrang. Mit einem unterdrückten Stöhnen kostete er von ihr, gleichzeitig hielt er sie genau in der Position.
Ein Stromstoß jagte durch ihren Leib, als seine Zungenspitze ihre berührte und sein Geschmack ließ sie leise aufstöhnen. Jeder Gedanke an Widerstand löste sich auf, in diesem Augenblick wollte sie ihn spüren, seine Wärme in sich aufnehmen und ihn nie mehr loslassen.
Fast kam es ihr so vor, dass er in ihrem Kopf lesen könnte, denn sein Kuss vertiefte sich. Immer wieder glitt er sanft über ihre Zunge, ertastete die geraden Zähne und sorgte dafür, dass die Spannung in ihrem Körper anstieg.
Der Regen prasselte auf sie herab, doch das störte sie kaum, ganz im Gegenteil. Knurrend küsste Brian sich einen Weg über ihr Kinn bis zu ihrer Kehle, hier biss er zärtlich in die weiche Haut, so als ob er sie markieren wollte.
Er spürte deutlich, wie sie schluckte, ebenso raste ihr Puls und ihr Atem kam stoßweise. Lächelnd ließ er von ihr ab, löste den Griff in ihrem Haar und strich ihr sanft über die Wange.
„Lass es nicht darauf ankommen“, warnte er sie heiser, dann packte er ihre Hand und lief mit ihr zum Haus zurück.
Kaum fiel die Haustür hinter ihnen ins Schloss, riss Cat sich los und rannte, wie von Furien gehetzt in ihr Zimmer.
Brian sah ihr nachdenklich hinterher, dabei verzichtete er darauf, ihr nachzulaufen. Stattdessen ging er in seinen eigenen Raum, um sich umzuziehen, seine Kleider trieften vom Regen. Anschließend gesellte er sich zu seinen Brüdern ins Wohnzimmer, wo David ihm anerkennend zunickte. Das Training sagte er wegen des Wetters ab, was die gesamte Mannschaft aufatmen ließ.
Caitlin dagegen zerrte sich zornig die nassen Sachen vom Körper, sobald sie in dem Schlafzimmer ankam. Wieso hatte sie diesen Kuss zugelassen? Jetzt wurde es nur noch schlimmer den Wolf aus ihren Träumen zu verbannen, außerdem bildete er sich bestimmt ein, dass er gewonnen hatte.
Wütend über sich selbst, stieß sie die Luft aus, doch augenblicklich schweiften ihre Gedanken zu dem süßen Moment zurück, der sie so in seinen Bann gezogen hatte. Wenn er so küssen konnte, wie war es dann erst, von ihm beherrscht und genommen zu werden? Sofort schüttelte sie diese Wunschträume von sich, das Risiko war ihr einfach zu groß. Schnell rief sie sich wieder die traurigen Augen ihrer Mutter in Erinnerung. So wollte sie auf keinen Fall enden.

Impressum

Texte: BoFeWo B.V.
Bildmaterialien: BoFeWo B.V.
Lektorat: BoFeWo B.V.
Tag der Veröffentlichung: 21.11.2016

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