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Kapitel 1 - Erwischt

Die Stadt schlief, selbst die letzten Nachzügler hatten die Pubs längst verlassen, als Emily vor dem großen Gebäude stand und an der Fassade hochsah.
Irgendwo im zweiten Stock war der Safe, dessen Inhalt ihr die nächsten Monate ein halbwegs vernünftiges Leben sicherte. In diesem Tresor befanden sich Wertpapiere und Bargeld von mehreren tausend Euro. Wie immer würde sie nicht alles nehmen, sondern gerade soviel, wie sie brauchte.
Seufzend senkte sie den Blick wieder, ihr Onkel hatte ihr sehr früh beigebracht ein Schloss zu knacken, damals hielt sie es für ein Spiel. Heute war sie schlauer, mit achtundzwanzig Jahren war sie abgeklärter als viele gleichaltrige Frauen. Oft wünschte sie sich, die Zeit umdrehen zu können und sich für einen anderen Weg zu entscheiden, doch gab es keine Möglichkeit für sie.
Ohne weiter darüber nachzudenken, kletterte sie geschickt an der Fassade hoch, die genug Vorsprünge und Fensterbänke bot, um ihren Fingern und Zehen Halt zu geben.
Von ihrem Besuch am Vortag wusste sie, dass die Alarmanlage lediglich die Eingangstür sicherte. Wie einfältig die Leute hier waren, sie gab sich als Polizistin aus, die sich informierte, ob die Bewohner besondere Vorkommnisse bemerkt hatten. Die Uniform besaß sie schon länger und niemandem fiel auf, dass es sich um eine geniale Fälschung handelte, die Hausherrin fragte nicht mal nach einem Ausweis.
Nach einer kurzen Weile kam ein Gespräch auf und Emily erhielt die gewünschten Informationen schneller als sie erwartete, die Hausfrau schien froh zu sein, sich unterhalten zu können.
Immer noch grinsend erreichte sie den zweiten Stock, wo die Frau ihr stolz den Tresor präsentiert hatte. Das Model kannte sie sehr gut und es würde ihr keine Schwierigkeiten machen, es zu knacken. Ihr Werkzeug bewahrte sie in einer Gürteltasche auf, die sie eng an ihre Seite gebunden hatte. Eine kleine Ausbuchung an ihrem schwarzen Catsuit, den sie zur Arbeit meistens trug.
Mit einem Glasschneider schnitt sie ein Loch ins Fensterglas, griff hindurch und öffnete das Fenster. Geschmeidig glitt sie in den Raum, in ihrer Tasche war ebenso eine Taschenlampe, die sie jetzt herausholte und einschaltete.
Natürlich war es ein Risiko in das Haus einzusteigen, während die Familie im unteren Geschoss schlief, aber ihr lief die Zeit davon, in den letzten Monaten war die Beute nicht so üppig gewesen.
Schnell schob sie ein Bild zur Seite und sah sich den Tresor an, dann steckte sie sich die Lampe zwischen die Zähne und nahm ihr restliches Werkzeug aus der Tasche.
Bereits nach wenigen Minuten öffnete sie mit einem triumphierenden Grinsen die kleine Tür und sah sich den Inhalt an. Dieses Mal hatte es sich wirklich gelohnt und sie würde sich in den folgenden Wochen in Ruhe überlegen können, ob es für sie nicht doch eine Alternative gab.
Die Wertpapiere beachtete sie kaum, davon hatte sie keine Ahnung, außerdem lag genug Bargeld herum. Irritiert überlegte sie, wieso jemand so viel Geld im Haus hatte und es nicht zur Bank brachte, energisch schob sie diese Gedanken zur Seite.
Ein Geräusch ließ sie hochfahren, schnell nahm sie einige der sorgfältig aufgeschichteten Bündel, verstaute sie in einen vorbereiteten, frankierten Umschlag und packte ihn zusammen mit ihrem Werkzeug in ihre Tasche.
Leise schloss sie den Tresor wieder, rückte das Gemälde davor und verließ das Gebäude auf dem gleichen Weg, wie sie gekommen war.
Auf dem Boden angekommen lief sie auf direktem Weg zu einem öffentlichen Briefkasten, warf den Brief hinein und verschmolz kurz darauf erneut mit den Schatten zwischen den Häusern.
Nach einigen hundert Metern glitt sie neben zwei Müllcontainer, dort hatte sie normale Kleidung gebunkert und eine große Handtasche, in der sie ihren Catsuit und die Handschuhe verstecken konnte. Eilig zog sie sich um, anschließend sah sie sich vorsichtig um, ob die Luft rein war. Beruhigt stellte sie fest, dass die Nebenstraße immer noch verlassen vor hier lag.
Langsam kroch sie zwischen den Containern hervor und ging dann die Straße runter, so als ob sie gerade von einem amüsanten Abend heimkehren würde. Sie wusste, dass sie ruhig bleiben musste, um sich nicht zu verraten, also lief sie zwar zielstrebig, jedoch nicht zu schnell nach Hause.
Aufatmend zog sie die Tür hinter sich zu, um in die zornigen Augen ihres Bruders zu sehen.
„Wieso? Erklär mir einfach, warum du das tust“, verlangte er leise, aber sein Ton war eiskalt.
Müde rieb sie sich über das Gesicht, ehe sie den Blick hob.
„Weil ich nichts anderes gelernt habe und meine Rechnungen auch bezahlen muss“, bemerkte sie erschöpft, während sie die Schuhe von den Füßen streifte.
„Es gibt bestimmt ehrliche, seriöse Jobs, die du machen könntest“, zischte der Mann empört.
Langsam schüttelte sie den Kopf.
„Nein, Guido und du weißt es besser als ich. Du hast mitbekommen, wie lange ich nach irgendeiner Anstellung gesucht habe, nur fehlt mir eine vernünftige Ausbildung. Und für eine Lehrstelle bin ich leider zu alt“, erwiderte sie müde.
Ihr Bruder seufzte leise und verschwand dann ohne ein weiteres Wort in seinem Schlafzimmer. Unglücklich sah sie ihm nach, vielleicht hatte er sogar Recht, aber sie versuchte wirklich immer wieder eine Stelle zu bekommen, bisher völlig erfolglos.

~~°~~

David starrte auf den Monitor, der einen Teil des Sicherheitszaunes zeigte, der Innendienst ging ihm gehörig auf die Nerven. Im Moment schob er mit seinem Kumpel Logan Nachtdienst, was beiden Gestaltwandlern nicht wirklich schmeckte.
Nachdenklich blickte er zu seinem Freund und wunderte sich darüber, dass dieser keinen Urlaub genommen hatte, immerhin wartete auf ihn seine Freundin, die beinahe gestorben wäre.
Joleen, Logans Gefährtin, war von einem Dämon angegriffen und mit einer vergifteten Klinge schwer verletzt worden. Die Chancen standen extrem schlecht, und als es keine Hoffnung mehr gab, beschlossen Logan und Gerry, der Arzt ihrer Truppe, sie zu wandeln.
Gott sein Dank überstand Jo die Prozedur und unterstützte die Einheit als Hacker, diese Ausbildung hatte sie schon als Mensch begonnen.
„Ich kann deine Gedanken lesen und du hast Recht, ich wäre jetzt auch lieber in meinem Bett“, knurrte sein Freund leise.
David grinste breit, dann sah er wieder auf den Monitor.
„Und wieso nimmst du keinen Urlaub?“, wollte er wissen.
„Weil meine Süße meinte, ich solle die freien Tage aufheben, bis wir uns für eins der Häuser an der Küste entschieden haben. Leider muss ich ihr da zustimmen, zumal ich mich gerne um meine Kleine kümmern werde, sobald der Umzug über die Bühne ist“, erklärte er missmutig.
Der Gedanke an die rothaarige Hexe in seinem Bett half ihm nicht gerade, sein Verlangen nach ihr zu dämpfen.
Verstehend nickte David, bestimmt würde er ähnlich entscheiden, aber dazu musste er erstmal eine Gefährtin finden. Es gab ein paar Frauen in Dublin, die mehr als bereit waren mit ihm zu schlafen, doch danach stand ihm so gar nicht der Sinn.
„Was ist los Kumpel? Du bist unruhig“, hakte Logan nach.
Unwillig zuckte der Anführer mit den Schultern, wenn er das mal selbst wüsste.
„Keine Ahnung, mir geht der Innendienst auf die Nerven. So lange haben wir noch nie hier im Hauptquartier herumgesessen, es scheint fast, als ob die durchgeknallten magischen Wesen eine Pause einlegen würden“, stieß er hervor.
Nachdenklich nickte der Jaguar, es stimmte, innerhalb der letzten Jahre gab es kaum die Gelegenheit mal durchzuatmen. Jetzt saßen sie bereits zwei Monate herum und warteten. Die beiden anderen Einheiten befanden sich ebenfalls im Haus, so dass es auch ziemlich eng war, auf der anderen Seite mussten sie so nicht ewig vor den Monitoren hocken. Im Moment dauerte der Wachdienst gerade mal vier Stunden.
„Denkst du, es braut sich was zusammen?“, wollte Logan wissen.
Langsam schüttelte David den Kopf.
„Nein, glaube ich nicht. Wir waren in der Vergangenheit verdammt effizient und das spricht sich herum. Außerdem gibt es immer mehr von uns. Mittlerweile haben wir drei Außenteams, die alle gut ausgebildet sind“, teilte er ihm seine Überlegungen mit.
Endlich ging die Tür auf und die Ablösung in Gestalt von Tom und Peter aus der zweiten Einheit erschien.
„Gott sei Dank, dass ihr da seid. Ich wäre sonst vor Langeweile bestimmt gestorben“, begrüßte Logan die beiden lachend.
Grinsend tauschten sie die Plätze und David verließ mit seinem Freund den Raum.
„Wir sollten eine Trainingseinheit in die Nachtstunden legen, damit Joleen sich daran gewöhnt ihre Sinne auch im Dunkeln zu trainieren“, schlug sein Anführer vor, als sie im Flur standen.
Nachdenklich nickte Logan, doch es passte ihm nicht, was man ihm deutlich ansah.
„Am liebsten würde ich sie in meinem Zimmer einsperren. Der Gedanke sie mit auf einen Außeneinsatz zu nehmen, behagt mir ganz und gar nicht“, gab er offen zu.
Lachend klopfte David ihm auf die Schulter.
„Ginge mir nicht anders, wenn es meine Gefährtin wäre, deshalb werde ich mir jemanden suchen, den wir in unserer Einheit überhaupt nicht brauchen können“, versprach er grinsend.
Die Freunde schlenderten den Flur entlang, stiegen die Treppe rauf und verabschiedeten sich vor Logans Zimmer.
„Schlaf gut und träum von deiner Traumfrau, die dir treu ergeben ist“, witzelte der Jaguar, dann verschwand er in seinem Raum.
Kopfschüttelnd blickte David ihm nach, ehe er die nächste Tür öffnete und in sein Reich ging. Als er im Bett lag, schweiften seine Gedanken wieder zu seiner Einheit. Er war stolz auf seine Truppe, auf jeden Einzelnen. Ein wenig wehmütig dachte er darüber nach, dass sein bester Freund bald in sein eigenes Haus zog. Natürlich gönnte er es ihm von Herzen, dennoch war es ein eigenartiges Gefühl daran zu denken, dass er in Kürze nicht mehr den Raum neben ihm bewohnen würde. Über diesen Überlegungen schlief er ein.

~~°~~

Verschlafen kam Emily am späten Vormittag in die Küche, wuschelte sich durch die Haare und holte sich einen Kaffee. Die Wohnung war leer und sie genoss es, in Ruhe wach werden zu können.
Die Zeitung lag auf dem Küchentisch und sie warf einen Blick hinein, auch um zu sehen, ob etwas von ihrem Einbruch berichtet wurde.
Langsam blätterte sie die Seiten um, bis sie an einem Artikel hängen blieb, jemand hatte wieder einmal ein paar Vermutungen über das abgezäunte Gelände in der Nähe von Ballyganon aufgestellt.
Jeder hier kannte die Männer dort oder hatte Geschichten von ihnen gehört und seit Jahren rankten sich Gerüchte um diese Leute. Offiziell hieß es, dass es Söldner waren, die von Regierungen auf der ganzen Welt angeheuert wurden, wenn es Verbrecher zu jagen gab, mit denen sie sich nicht selbst anlegen wollten.
Emily hatte die Soldaten einige Male im Hogans, einem angesagten Pub in Dublin gesehen und sie musste zugeben, dass es sich um beeindruckende Gestalten handelte.
Schnell las sie den Artikel, der sich in Spekulationen ausließ, wieso der Besitz der Söldner so extrem bewacht war und was diese Typen verheimlichten. Der Autor ging auch darauf ein, dass es auf dem Gelände eine Klinik und ein Pflegeheim gab, dabei bezweifelte er, dass dort wirklich Patienten behandelt wurden.
Immer wieder gab es solche Berichte in den Zeitungen, allerdings wusste niemand Genaues und so spekulierten die Leute wild herum. Das Krankenhaus versorgte die Opfer, die die Soldaten mitbrachten, es hieß, dass sie es sich zur Aufgabe gemacht hatten, zu helfen.
Über das Pflegeheim war nichts bekannt, aber im Grunde interessierte Emily es auch nicht, trotzdem ging ihr der Artikel nicht mehr aus dem Kopf. Vielleicht gab es dort doch etwas, was verheimlicht wurde.
Nachdenklich nahm sie einen Schluck von ihrem Kaffee, dann faltete sie die Zeitung wieder zusammen. Sollte auf diesem Gelände wirklich ein Geheimnis versteckt sein und sie könnte es lösen, gab es bestimmt eine Möglichkeit damit an Geld zu kommen. Entweder müssten die Soldaten ihr Schweigen teuer erkaufen oder die Presse zahlte ihr einen guten Lohn für einen Artikel mit entsprechenden Fotos.
Bei diesen Überlegungen glitt ein breites Grinsen über ihr Gesicht, wenn das keine Alternative zu ihren Einbrüchen war, wusste sie es nicht. Vielleicht schaffte sie es als freie Reporterin oder Fotografin genug Geld zu verdienen und ihre verbrecherische Karriere an den Nagel hängen. Auf jeden Fall wollte sie es versuchen, gleich in dieser Nacht.
Sorgfältig plante Emily, wie sie vorgehen würde. Schnell öffnete sie am Computer ihres Bruders eine Landkarte und sah sich die Gegend um das besagte Gelände an. Sie konnte mit dem Taxi bis zu einem Kiesweg fahren, der zu dem Gebiet führte. Den Weg schätzte sie auf etwa einen Kilometer, so war es nicht wahrscheinlich, dass man das Auto entdeckte, wenn sie ausstieg. Guidos Wagen fiel da schon mehr auf, da sie es in der Nähe parken musste.
Eine passable Kamera besaß sie bereits seit ein paar Jahren und sie war eine recht gute Fotografin, ebenso hatte sie die Fähigkeit, sich schnell unsichtbar zu machen. Über einen Weg auf das Gelände oder in das Gebäude machte sie sich jetzt noch keine Gedanken. Sie konnte jedes Schloss knacken und durch die lange Erfahrung wusste sie alles über blinde Flecken bei Überwachungskameras.
Die Idee gefiel ihr immer besser und sollte sie nichts finden, würde sie die ständigen Gerüchte stoppen können, was auch nicht das Schlechteste war.
Mittlerweile war sie fest entschlossen in der kommenden Nacht dort nach dem Rechten zu sehen, obwohl sie das missbilligende Gesicht ihres Bruders bereits vor sich sah.

~~°~~

David streckte sich noch einmal, ehe er aus dem Bett sprang, seine Sachen schnappte und unter der Dusche verschwand. Er brauchte nicht so viel Schlaf, allerdings war er ein fürchterlicher Morgenmuffel, sodass ihn alle in Ruhe ließen.
„Das Training verschieben wir auf Mitternacht, damit Jo sich an einen Kampf im Dunkeln gewöhnt“, teilte er seiner Einheit beim Frühstück mit.
Zustimmendes Gemurmel erklang, besonders die beiden jüngsten Gestaltwandler fanden die Idee gut.
„Dann kann sich Jo mit uns zusammen verwandeln, wir sehen sie ja nicht“, schlug Brian, ein Werwolf, vor.
Logan sah ihn nur warnend an, er würde sich nicht provozieren lassen, allerdings hatte er die ständigen Seitenhiebe auch langsam satt.
„Hör auf ihn zu reizen, sonst darf er dir heute Nacht das Fell über die Ohren ziehen“, stoppte David ihn.
Brian grinste entschuldigend, es war nicht so, dass er den Jaguar nicht leiden konnte, aber es machte ihm einfach Spaß, zumal Logan, der einzige war, der bereits eine Gefährtin hatte.
„Ich werde mich, wie immer, in unserem Zimmer verwandeln und die Türen angelehnt lassen. Oder glaubst du, ich finde es schön, wenn ihr mich alle anstarrt, sobald ich nackt bin? Jetzt im Sommer ist es bei weitem nicht dunkel genug, um nichts zu sehen“, konterte Joleen und stieß einen unwilligen Laut aus.
Verlegen zuckte Brian mit den Schultern, manchmal schoss er eben über das Ziel hinaus, aber er meinte es nicht böse.
David beendete sein Frühstück, brachte das Geschirr in die Küche und zog sich dann in sein Büro zurück. Als Anführer einer der drei Einheiten besaß er ein eigenes Reich, in dem er strategische Planungen anstellen konnte oder den Papierkram erledigte, der auch in ihrer Welt dummerweise anfiel.
Die Regierung der magischen Wesen verlangte regelmäßig Berichte über ihre Erfolge, ihre Einsätze und sie mussten Anträge stellen, um notwendige Dinge zu bekommen.
Im Moment lag nichts an und so starrte David eine Zeitlang einfach aus dem Fenster, beobachtete wie Brian und Patrick sich hinter dem Haus verwandelten und über die Wiese jagten.
Hier auf ihrem Gelände konnten sie ihren Instinkten nachgehen, die Sicherheitsvorkehrungen verhinderten, dass jemand etwas mitbekommen würde. Die zwei jüngsten Mitglieder der Einheit benahmen sich nicht nur wie Welpen, sondern waren praktisch gesehen noch welche. Brian zählte gerade mal einhundertzehn Jahre und Patrick feierte demnächst seinen einhundertfünfzehnten Geburtstag, was für einen Gestaltwandler kaum als erwachsen galt.
Beide hatten eine fundierte Ausbildung hinter sich und erledigten ihren Job ebenso perfekt, wie ihre Freunde. Jeder hatte sein Spezialgebiet, in dem er der Beste war, so gab es kein Schloss, dass Brian nicht knackte. Patrick hakte sich in sämtliche Systeme, Gerry wusste alles über Medizin, egal ob es um Menschen oder magische Wesen ging. Logan verkörperte den Kämpfer, er verwandelte sich in eine tödliche Waffe, sobald es nötig wurde.
David selbst besaß den höchsten Intellekt und konnte auf sein fotografisches Gedächtnis zurückgreifen, was er einmal sah, vergaß er nie wieder.
Es gab Tage, da lag die Last des Anführers ziemlich schwer auf ihm, doch in der letzten Zeit war er einfach nur unruhig. Einen Augenblick überlegte er, ob er sich ein wenig im SM-Club in Dublin austoben sollte, dann schob er diese Idee unwillig von sich. Es fühlte sich nicht richtig an, der Gedanke an eine bezahlte Sub oder an eine der Frauen, die ihm in Rudeln hinterher liefen, widerte ihn nur an.
Sein Kumpel Logan war der Einzige, der von seiner Neigung wusste, wobei der Jaguar ebenso dominant und sadistisch war, wie er selbst.
Am Vollmond lag es bestimmt nicht, dass er so unzufrieden und unruhig war, obwohl er sich in einen Wolf verwandeln konnte. Man nannte ihn Werwolf, was genau genommen falsch war, denn seine Verwandlung hing nicht mit dem Mond zusammen, ganz im Gegenteil.
Grimmig schob er die Gedanken zur Seite und griff nach einem Stapel Papiere, ehe er hier die Zeit totschlug, sollte er lieber die Berichte fertig stellen.
Später würde er ein wenig im hauseigenen Fitness-Studio trainieren. Was die Ausstattung ihres Hauptquartiers anging, konnten sie nicht wirklich meckern. Es gab ein Schwimmbad, eine Sauna, eine Bibliothek mit einer Billardplatte, ein Wohnzimmer mit gut ausgestatteter Bar und eben einen kompletten Fitnessraum in dem großen Wohnhaus. Wobei Jo dafür sorgte, dass die Bar immer gut gefüllt war, immerhin hatte sie vor ein paar Monaten noch als Barkeeperin gearbeitet.
Endlich legte er die Papiere zur Seite, ging in sein Zimmer, zog sich die Sportsachen an und überlegte schon mal, welche Trainingseinheit er durchziehen würde.
Als er das Studio betrat, lächelte Jo ihm freundlich entgegen, sie stand auf einem Stepper und wärmte sich offensichtlich gerade auf. Suchend sah David sich um, doch er konnte seinen Kumpel nicht entdecken.
„Hi Jo, Logan hat dich wirklich alleine hergelassen?“, wollte er erstaunt wissen.
„Hey David, das glaubst aber auch nur du. Nein, ich habe meine Wasserflasche vergessen und er holt sie für mich“, antwortete sie seufzend, als genau in diesem Moment die Tür aufging und Logan hereinkam.
Schnell gab er ihr die Flasche und sah sie fragend an, den Seufzer hatte er deutlich gehört.
„Ich kann mir selbst holen, was ich brauche und ich bin in der Lage alleine zu trainieren, Liebling“, erklärte sie, während sie ihr Aufwärmtraining beendete.
Gutmütig nickte ihr Gefährte, ging jedoch nicht weiter darauf ein. Natürlich hatte sie Recht, aber er ab und zu liebte er es, ihr diese Kleinigkeiten einfach abzunehmen. Darüber hinaus verbrachte er seine freie Zeit bestimmt nicht ohne Jo.
David grinste in sich hinein, dann begann er auch sich aufzuwärmen, gleichzeitig beobachtete er seine Freunde. Er gönnte den beiden alles Glück dieser Welt, außerdem erinnerte er sich noch zu genau an die hilflose Wut, mit der er gekämpft hatte, als es so aussah, dass Jo sterben würde.
Energisch schob er diese Gedanken von sich, es war gut ausgegangen und es gab keinen Grund weiter daran zu denken.
Konzentriert lief er in einem moderaten Tempo auf dem Laufband, um sich aufzuwärmen, auch wenn er als Wolf ganz andere Strecken hinter sich bringen konnte. Nach einer halben Stunde stellte er das Gerät ab und ging zu einer Hantelbank. Langsam und geschmeidig stemmte er die Hantel, steigerte das Gewicht und achtete darauf, die Übungen gleichmäßig auszuführen.
Sein Shirt war nass von seinem Schweiß und die Muskeln zeichneten sich unter dem feuchten Stoff ab, als er sein Training beendete und sich genüsslich dehnte. Es tat ihm gut sich auszupowern, besonders wenn er so unruhig war, wie im Moment.
Mit einem Handtuch rieb er sich über den Nacken, zu gerne hätte er sein T-Shirt ausgezogen, aber da Jo noch anwesend war, verzichtete er Logan zuliebe darauf. Manchmal reagierte sein Kumpel ein wenig übertrieben, sobald es sich um seine Kleine drehte, was er zu gut verstand.
Mit großen Schlucken trank er seine Wasserflasche leer, dann grinste er seinen Freunden zu und verließ das Fitness-Studio, um duschen zu gehen. Ellie, die Haushälterin, würde bald zum Abendessen rufen und mit ihr wollte er sich auf keinen Fall anlegen. Jeder hier liebte sie und tat alles dafür, dass sie sich nicht ärgerte, außerdem fühlte sie instinktiv, wenn es ihren Jungs nicht gut ging.
Ohne sich zu beeilen, lief David die Treppe bis zum zweiten Stockwerk hoch, schnappte sich frische Sachen und duschte sich. Das warme Wasser entspannte seine Muskeln und für einen Moment wurde er ruhiger, während er regungslos unter dem Massagestrahl stand.
Das Abendessen nahmen sie alle zusammen im Esszimmer ein, wobei die Stimmung gut war, da es keinen aktuellen Auftrag gab, der ihnen die Laune trübte. Die jüngeren Gestaltwandler versuchten die älteren zu provozieren, was diese mit einem leisen Knurren quittierten, dabei zeigten sie ihnen allerdings genau die Grenzen.
Nachdem Essen räumten sie das Zimmer auf, trugen das Geschirr in die Küche, bedankten sich bei Ellie, anschließend widmeten sie sich ihren Lieblingsbeschäftigungen oder absolvierte seinen Dienst je nach Dienstplan.
David ging zu Gerry und Steward ins Wohnzimmer. Steward gehörte zur Stammcrew des Hauptquartiers, er beherrschte den Computer besser als jeder andere und koordinierte darüber hinaus die einzelnen Einsätze. Ebenso versorgte er die Außenteams mit den neusten Informationen, dabei wurde er von Richie und Peter unterstützt.
Unruhig strich er sich durch die blonden Haare, holte sich einen Whisky und setzte sich zu seinen Freunden.
„Alles in Ordnung mit dir?“, wollte Gerry besorgt wissen.
Nachdenklich sah der Werwolf ihn an.
„Ja, ich bin nur ein wenig unausgeglichen. So lange waren wir noch nie im Hauptquartier, es macht mich fertig“, beruhigte er den Arzt.
Verstehend nickte dieser, doch er schien nicht so ganz überzeugt zu sein.
„Der letzte unserer Einheit, den ich so nervös gesehen habe, traf kurz darauf Jo“, bemerkte Gerry leise.
„Du denkst, wir können es spüren, ehe wir die Person kennenlernen?“, erkundigte David sich ungläubig.
„Keine Ahnung, ich teile dir nur meine Beobachtungen mit, vielleicht war es bei Logan und Joleen auch nur ein Zufall“, antwortete er und zuckte leicht mit den Schultern.
Die Idee auf seine Gefährtin zu treffen, die Frau, die er an seiner Seite duldete, die mit ihm alt werden sollte, gefiel dem Werwolf nicht so richtig. Natürlich wollte er sich irgendwann binden, aber im Moment passte eine feste Freundin so gar nicht in sein Leben.
„Du willst also gleich trainieren? Glaubst du wirklich, dass Jo da noch Hilfe benötigt? Sie hat Brian die letzten paar Male ganz schön das Fürchten gelehrt“, wechselte Gerry geschickt das Thema.
Ein breites Grinsen erschien auf dem Gesicht des Anführers, als er an die Niederlage des jungen Werwolfes dachte.
„Das war ausgleichende Gerechtigkeit, der Welpe hat sie über Gebühr gereizt, es wurde Zeit, dass sie ihm die Grenzen zeigte. Und ja, ich denke, dass sie dieses Training noch braucht und dem Rest schadet es bestimmt auch nicht. Oder erinnerst du dich an den letzten Kampf, der im hellen Sonnenlicht stattgefunden hat?“, antwortete David ruhig.
Sofort hob Gerry beide Hände in einer abwehrenden Geste.
„Ich stelle deine Anweisung nicht in Frage, ich war nur neugierig“, bemerkte er grinsend.
Steward füllte ihre Gläser und verwickelte sie in ein Gespräch über die neusten Vorkommnisse in Dublin, dort war bei einem Großindustriellen eingebrochen worden.
„Glaubst du es war einer, um den wir uns kümmern müssen?“, wollte David sofort aufmerksam wissen.
Stew schüttelte langsam den Kopf.
„Nein, es war zu perfekt, die Polizei tappt völlig im Dunkeln und der Dieb ist lange über alle Berge. Interessant ist nur die Frage, warum dieser Mann so viel Bargeld in seinem Tresor aufbewahrt“, antwortete er offen.
Die Aufgabe des Hackers lag darin immer auf dem Laufenden zu sein und so wunderte es niemanden, dass er vertrauliche Informationen der Behörden besaß. Vor ihm war eben kein Computer sicher.
„Sollte es uns interessieren oder ist es das Problem der Menschen?“, hakte Gerry nach.
„Ich denke, es ist das Problem der Menschen, das was ich über den Typen herausgefunden habe, ist nicht wirklich schön, aber hat nichts mit uns zu tun. Er ist ein übler Drogendealer, im großen Stil“, erklärte Steward.
„Du kannst es einfach nicht lassen oder?“, bemerkte der Werwolf lachend.
Gleichgültig zuckte Stew mit den Schultern, es war nun mal sein Job und er nutzte die Gelegenheit, in Übung zu bleiben.
Langsam wurde es Zeit für Gerry und David zum Training zu gehen, zumal David danach noch Wachdienst hatte. Sie verabschiedeten sich von dem Hacker und machten sich auf den Weg hinters Haus. Joleen verwandelte sich in ihrem Zimmer, da sie komplett nackt sein musste, um die Verwandlung einzuleiten. Logan verbot ihr energisch sich vor seinen Freunden auszuziehen, allerdings war es ihr auch viel zu peinlich.
Der Rest der Gestaltwandler hatte diese Bedenken nicht, die meisten streiften schon ihre Kleider ab, als David und Gerry ankamen.
Der Himmel war wolkenlos und die Sterne funkelten über ihnen. Es war eine warme, klare Sommernacht, sodass es kein Problem werden würde, genug zu sehen, besonders wenn sie auf ihre tierischen Kräfte zurückgriffen.
Endlich kam Joleen um die Ecke gesprungen, mittlerweile bewegte sie sich als Jaguar ebenso geschickt, wie sie es als Mensch tat.
Logan und David leiteten ihre Verwandlung gleichzeitig ein, doch genau in diesem Moment flammte ein Blitzlicht auf. Das deutliche Klicken einer Kamera schallte wie ein Schuss durch die Nacht, jedenfalls für das Gehör der Gestaltwandler.
Sofort nahm David wieder seine menschliche Gestalt an, drehte sich um und rannte los.

~~°~~

Emily beschloss ihrem Bruder nichts von ihren Plänen zu erzählen und so schlich sie sich aus dem Haus, als alle bereits schliefen. Dadurch kam sie zwar später an dem Gelände an, als sie es wollte, doch sie entging den Tiraden von Guido. Natürlich wusste sie, dass er sich nur Sorgen um sie machte, aber manchmal war das einfach lästig.
Schnell lief sie ein paar Meter von dem Mehrfamilienhaus weg, in dem sie wohnten, dann zog sie ihr Handy aus der Umhängetasche und rief sich ein Taxi.
Wie geplant bat sie den Fahrer am Anfang des Kiesweges stehen zu bleiben, bezahlte und stieg aus. Einen Moment sah sie sich um, für diesen Ausflug hatte sie sich für dunkle Turnschuhe, tiefschwarze Jeans und ein schwarzes dünnes Sweat-Shirt entschieden. Ihre Haare trug sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, die Kamera lag in einer Tasche, die sie umgehangen hatte, ebenso wie ein paar ihrer Werkzeuge.
Ohne weiter nachzudenken, was auf sie zukam, joggte sie am Rand des Kieswegs entlang, dabei achtete sie darauf, möglichst keine Geräusche zu machen.
Einige Meter vor dem Zaun blieb sie stehen, gerade so, dass sie die Kameras und Sicherheitsvorkehrungen erkennen konnte, aber nicht Gefahr lief, selbst gesehen zu werden. Mit einem Grinsen bemerkte sie, dass es in der Tat Lücken zwischen den Überwachungskameras gab. Darüber hinaus war sie in der Lage das Haupttor kurzzuschließen, was ihr bewusst wurde, als sie das Kartenlesegerät erkannte.
Hier gab es nicht mal eine echte Herausforderung für sie und sie verzog lächelnd das Gesicht, jetzt würde sie gleich sehen, ob es wirklich etwas zu entdecken gab.
Geschmeidig robbte sie zum Zaun, den blinden Fleck der Kameras ausnutzend, geschickt schnitt sie ein Loch in den Maschendrahtzaun und schob sich auf das Gelände. Vorsichtig kroch sie weiter, immer darauf bedacht, dass die Überwachungskameras sie nicht erwischten.
Gerade als sie sich dem Haus näherte, kamen zwei heraus und gingen zielstrebig auf die Rückseite des Gebäudes zu. Leise folgte sie ihnen, an der Ecke des riesigen Wohnhauses blieb sie im Schatten stehen, zückte ihren Fotoapparat und lugte gespannt zu den Leuten herüber.
Ihre Augen weiteten sich, als sie bemerkte, dass dort fünf große Kerle standen, die in dem Augenblick ihre Kleidung abstreifte. Durch das Objektiv ihre Kamera hatte sie einen perfekten Blick auf die durchtrainierten Körper. Dabei war sie so gebannt, dass sie beinahe den Jaguar übersehen hätte, der ein paar Meter entfernt lauerte und ihnen den Rücken zuwandte.
In Emily Kopf überschlugen sich die Gedanken, irgendetwas war im Gange und sie spürte, dass es sich um das Geheimnis dieses Geländes handelte. Aufgeregt beobachtete sie, was dort vor sich ging.
Fasziniert und entsetzt sah sie, wie die Männer sich langsam verwandelten. Ohne weiter darüber nachzudenken, drückte sie auf den Auslöser, doch im gleichen Moment hätte sie sich am liebsten selbst geohrfeigt, weil sie vergessen hatte, das Blitzlicht auszuschalten.
Den Blitz sah man bestimmt meilenweit und jeder wusste, dass es sich um eine Kamera handelte, da der Himmel sternenklar war. Jetzt war es eh zu spät und so hielt sie den Auslöser gedrückt, während sie sah, wie sich ein blonder Mann aufrichtete, offensichtlich hatte er die Verwandlung abgebrochen.
Seine Augen starrten in ihre Richtung und sie bekam das ungute Gefühl, das er sie ganz genau erkennen konnte. Es wurde höchste Zeit, dass sie wegkam. Eilig entfernte sie die SD-Karte aus dem Gerät und versteckte sie an der Hauswand unter einem Stein. Sie wollte die kostbare Speicherkarte an einem anderen Tag holen, denn ihr war klar, dass es nicht leicht wurde, das Gelände zu verlassen, jedenfalls nicht mit diesem Riesen im Nacken.
Die Kamera fest an sich gepresst rannte sie los, dabei achtete sie nicht mehr darauf, ob sie Geräusche verursachte, sie war so oder so aufgeflogen.
Eine schwere Hand legte sich auf ihre Schulter und riss sie herum, als sie gerade erst ein paar Schritte auf den Zaun zugelaufen war.
Taumelnd kam sie zum Stehen und blickte direkt in die bernsteinfarbenen Augen, des blonden Mannes.
Ohne ein Wort nahm er ihr die Kamera aus der Hand, während er sie gleichzeitig fest am Oberarm packte. Ruhig öffnete er die Nikon und bemerkte, dass die Speicherkarte nicht an ihrem Platz war.
„Gib mir die SD-Karte“, verlangte er, dabei sah er sie eindringlich an.
„Ich hab sie nicht mehr, muss rausgefallen sein“, stieß Emily hervor.
Ihr Herz raste und sie zitterten, die Angst machte ihr zu schaffen, bisher war sie noch nie erwischt worden. Hier hatte sie sich offensichtlich zu weit aus dem Fenster gelehnt.
„Lüg mich nicht an, sonst zeige ich dir, zu was ich fähig bin“, drohte der Kerl ihr.
Mit einer blitzschnellen Bewegung stellte er die Kamera auf den Boden und nahm ihr die kleine Tasche mit ihrem Werkzeug ab. Er warf einen schnellen Blick hinein und legte sie achtlos zur Seite.
Obwohl sie vor Panik zitterte und keine Ahnung hatte, wie sie aus diesem Schlamassel herauskommen sollte, verzog sie abschätzig das Gesicht.
„Du weißt aber schon, dass du völlig nackt vor mir stehst und so nicht gerade gefährlich aussiehst, oder?“, bemerkte sie zickig.
Betont langsam betrachtete sie seinen Körper und bereute es im nächsten Moment sofort. Er war eine Augenweide und sein Anblick ließ sie alles andere als kalt. Emily musste schwer schlucken, dabei unterdrückte sie den Wunsch, ihre Finger über diese Muskeln gleiten zu lassen.
Ganz kurz flackerte Erstaunen in seinen Augen auf, dann schüttelte er leicht den Kopf. Grob zog er sie zu sich, sah sie warnend an und ging mit ihr auf das Haus zu. Sie bemerkte, dass diese Wesen sich zurück verwandelt hatten und nicht mehr nackt waren.
„Logan komm her“, rief der Kerl, der sie immer noch festhielt.
Sofort löste sich jemand aus der Gruppe und kam zu ihnen.
„Halt sie fest, ich ziehe mir was über“, befahl der Typ hart, in dem Moment wurde sie auch schon am anderen Arm gepackt.
Der blonde Mann verschwand, kam aber nach ein paar Minuten angezogen zurück, nickte seinem Kameraden zu und nahm ihre Hand.
„Ich werde sie verhören und sehen, was wir tun müssen. Patrick übernimmt meinen Dienst und Brian soll sich die Tasche ansehen“, ordnete er an, dann zog er sie mit sich, ohne auf ihre Proteste zu achten.
Unsanft schob er sie durch die Haustüre, zog sie weiter einen langen Gang entlang bis zu einem Büro. Immer wieder sah sie sich um, ob es einen Fluchtweg gab, doch solange er ihre Hand umklammerte, ging sie mit ihm, eine andere Wahl blieb ihr nicht.
Grob schubste er sie von sich und deutete auf einen Stuhl.
„Setz dich“, kam sein knapper Befehl.
Emily sah verstohlen zur Tür, schätzte ihre Chance ab, ob sie entkommen könnte.
„Denk nicht mal daran, so machst du mich nur noch wütender“, knurrte der Mann sie an.
Gehorsam setzte sie sich, eine Mischung aus Angst und Erregung tobte in ihr, während sie ihre zitternden Hände in ihrem Schoß faltete.
„Wo ist die Speicherkarte?“, kam die nächste Frage.
Ein wenig genervt verdrehte sie die Augen, als ob sie ihm freiwillig sagen würde, wo sie so ein wertvolles Utensil versteckt hatte.

Kapitel 2 - In der Falle

 

David blickte auf die zierliche Frau vor sich, ihr Geruch flutete seine Sinne, er brauchte verdammt viel Kraft, um sich zu beherrschen und sie nicht über den Schreibtisch zu werfen.
Um sich zu schützen, verhielt er sich betont grob, obwohl er genau wusste, dass seine Gefährtin vor ihm saß. Schon als er zum Training gegangen war, hatte er diesen unglaublichen Duft in der Nase, allerdings erstaunte es ihn, dass sie wagte, bei ihnen einzubrechen.
„Ich frage nicht noch einmal“, knurrte er und blickte sie eindringlich an, dabei nahm er jedes Detail in sich auf.
„Du denkst wohl, ich bin wahnsinnig oder? Die SD-Karte ist meine Lebensversicherung, denn ich glaube nicht, dass ihr mich einfach so gehen lasst“, entgegnete sie ihm, gleichzeitig versuchte sie, kühl und überlegen rüberzukommen.
Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, er roch ihre Panik ganz genau, allerdings war da noch etwas anderes. Er gefiel ihr, das hatte er vorhin bereits gesehen, als sie seinen nackten Körper musterte.
„Und du denkst, ich lasse dich laufen, wenn ich die Speicherkarte habe? Falsch“, donnerte er durch den Raum.
Erschrocken zuckte sie zusammen, doch schnell straffte sie die Schultern und schüttelte leicht den Kopf.
„Ist es zu viel verlangt, mich nicht anzuschreien?“, fragte sie bösartig.
Jetzt brach David in lautes Lachen aus, ihm gefiel diese kleine Wildkatze immer besser. Trotz ihrer Angst griff sie ihn an, tat so, als ob sie im Recht sei.
„Glaubst du wirklich, dass du mit dem Theater durchkommst? Du bist bei uns eingebrochen, hast unsere Privatsphäre missachtet und jedes unserer Gesetze gebrochen“, zählte er gnadenlos auf, wobei er absichtlich übertrieb.
„Einbrechen kann man das nicht nennen, ihr ladet ja geradezu ein das Grundstück zu betreten“, zischte sie leise, dabei sah sie ihn herausfordernd an.
„Gibst du mir die Karte jetzt?“, kam David wieder auf das erste Thema zurück.
Es machte ihm zwar unglaublich viel Spaß mit ihr zu streiten, aber es war wichtig, diese Fotos zu zerstören, zumal er nicht vorhatte, sie ins Krankenhaus zu bringen.
Stumm schüttelte sie den Kopf, hielt seinem Blick stand und versteckte ihre zitternden Finger in ihrem Schoß.
Geschmeidig erhob David sich, umrundete den Schreibtisch und blieb direkt vor ihr stehen. Herausfordernd legte sie den Kopf in den Nacken, um ihn weiterhin anzusehen.
Ohne ein Wort packte er sie an den Schultern und zog sie hoch, seine Pupillen blitzten, während er ihrem Stuhl einen leichten Tritt gab, um sich Platz zu schaffen.
„Ich finde diese Karte“, murmelte er heiser.
Er spürte deutlich, wie ihr Herzschlag sich noch etwas beschleunigte und sie hektisch nach Luft schnappte, doch in ihren Augen las er, dass sie ihm nicht zu glauben schien.
Sanft strichen seine Fingerspitzen über ihre Arme, gleichzeitig fesselte sein Blick sie. Seine Hände legten sich um ihre Taille, hielten sie einen Moment so, dann glitten sie unter ihren Pullover, schoben ihn langsam hoch.
In ihren Pupillen flackerte Unsicherheit auf, trotzdem schluckte sie schwer vor Erregung. Seine Augen zogen sie in diesen lustvollen Bann, während er ihren Pulli weiter hochschob. Erst als er die Außenseiten ihrer Brüste berührte, bewegte sie sich.
Hektisch griff sie nach seinen Unterarmen und versuchte ihn zu stoppen.
„Vergiss es und spar dir die Kraft“, raunte er ihr zu, dabei strich er zart über ihre Brustwarzen, entlockte ihr ein unterdrücktes Stöhnen.
„Hör schon auf, ich hab das Ding nicht“, brachte sie atemlos hervor.
„Ich glaube dir nicht. Heb die Arme“, antwortete David mit einem Wolfslächeln.
Schnell schüttelte sie den Kopf, so sehr ihr die Berührungen dieses Mannes gefielen, so wenig konnte sie darauf eingehen. Auf keinen Fall würde sie sich einfach von ihm ausziehen lassen.
Unbeirrt reizte er ihre Brustwarzen durch den dünnen Stoff ihres BHs, während er ihr tief in die Augen sah.
„Ich kann auch meine Brüder holen, die halten dich gerne für mich fest“, bemerkte er gespielt gleichgültig.
Entsetzt sah sie ihn an und ihre Pupillen weiteten sich vor Angst.
„Das wagst du nicht“, flüsterte sie ungläubig.
„Du hast die Wahl, lass es darauf ankommen oder sei ein braves Mädchen und heb einfach die Arme“, raunte er ihr zu, dabei klang seine Stimme so sexy.
Ergeben schloss sie die Augen, hob die Arme und versuchte die Erregung zu unterdrücken.
David verstand selbst nicht, was ihn ritt, normalerweise war er die Ruhe in Person, der der immer die Kontrolle behielt, nur war es in diesem Fall nicht möglich. Diese Frau reizte ihn zu sehr.
Schnell zog er ihr den Pullover aus, tastete das Kleidungsstück ab, ob es Taschen oder sonst eine Möglichkeit gab eine SD-Karte zu verstecken, dann warf er ihn gleichgültig auf den Schreibtisch.
Die Kleine stand vor ihm, die Arme vor der Brust verschränkt, und reckte ihm ihr Kinn herausfordernd entgegen. In ihren Augen sah er eine Mischung aus Lust und Wut, die ihm unter die Haut ging.
Sanft zog er sie an sich, achtete nicht auf ihre leichte Gegenwehr, sondern drückte sie einfach nur an sich. In seinem Körper tobte die Leidenschaft und seine Gedanken drehten sich darum, wie diese zierliche Frau sich wohl unter ihm anfühlte.
„Gib sie mir freiwillig oder soll ich weiter suchen“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Vergeblich versuchte sie von ihm abzurücken, doch er hielt sie locker an ihrem Platz.
„Ich hab sie nicht, kapier es endlich“, fauchte sie.
Ein breites Grinsen glitt über sein Gesicht, als er einen Schritt zurücktrat und seinen Blick abschätzend ihren Leib entlang wandern ließ. Allein dieses Taxieren bescherte ihr eine Gänsehaut, wobei er sich sicher war, dass sie nicht vor Angst oder Kälte zitterte.
„Du hast es so gewollt“, flüsterte er, zog im gleichen Moment ihre Hände auf ihren Rücken, sodass sie gegen seine Brust gepresst wurde.
Mit einer Hand hielt er ihre Handgelenke fest, routiniert öffnete er ihren BH, was sie mit einem empörten Schnauben quittierte.
„Willst du mich vergewaltigen? Davon bekommst du die Karte auch nicht“, bemerkte sie so kühl sie konnte, aber ihre Stimme klang heiser.
Seine Finger glitten zart ihre Wirbelsäule entlang, drückten sie ein wenig härter an sich und strichen über die weiche Haut.
„Fühlt es sich für dich wie eine Vergewaltigung an?“, konterte er mit einem leisen Lachen.
Sie verkniff sich eine Antwort, zumal sie ihre Empfindungen offensichtlich nicht unter Kontrolle hatte.

~~°~~

Emily kam sich vor wie eine Maus in der Falle, dieser Mann faszinierte sie mehr als er sollte. Seine Berührungen fühlten sich so unendlich gut an, obwohl sie verzweifelt versuchte, gegen ihn anzukämpfen.
Jetzt packte er ihre Handgelenke wieder mit beiden Händen und zog sie nach vorne, dabei glitten die Träger ihres BHs von ihren Schultern. Ein Blick in seine Augen reichte und sie wusste, dass er nicht nachgeben würde, egal was sie ihm sagte. Abrupt ließ er sie los, doch ehe sie sich rühren konnte, streifte er ihr auch schon den BH ab.
Ihre Brustwarzen waren von seiner Berührung steif und reckten sich ihm entgegen, zu behaupten, dass er sie kalt ließ, war lächerlich. Trotzdem fühlte sie die Demütigung, gleichzeitig stellte sie erstaunt fest, dass diese erniedrigende Behandlung sie erregte.
Schnell legte sie ihre Handflächen auf ihre Brüste, um seine Zärtlichkeiten abzuwehren, doch er zog nur eine Augenbraue hoch, während er sie musterte.
„Das werde ich dir noch abgewöhnen“, flüsterte er ihr zu.
„Was?“, stotterte Emily, es klang fast, als ob er sie bei sich behalten wollte, nur ging das auf keinen Fall.
Wieder streichelten seine kundigen Hände sie, sorgten dafür, dass die Gänsehaut stärker wurde und sie sich nach ihm sehnte. Ein leises Stöhnen entkam ihr, ehe sie sich auf die Lippen biss.
Als er ihre Jeans öffnete, stieß sie mit aller Kraft gegen seine Brust, versuchte von ihm wegzukommen, doch er lächelte nur.
„Wollen wir wetten, dass du feucht bist?“, bemerkte er süffisant.
Zittrig atmete sie aus und schüttelte schnell den Kopf. Es gab kein Entkommen, zumal er ihren Jeansbund in beiden Händen hielt.
„Glaubst du, dass du mit dieser Lüge durchkommst?“, erkundigte er sich sanft.
„Lass mich einfach los“, flüsterte sie erstickt.
Im Moment wusste sie nicht mehr, was sie denken oder fühlen sollte. Die Demütigung mischte sich mit der Erregung, ihr Herz raste und am liebsten hätte sie sich in seine Arme geschmiegt. Dabei fragte sie sich, woher diese seltsamen Gelüste kamen.
Sein Arm legte sich um ihre Taille und er zog sie dicht an sich, während seine andere Hand in ihre Hose glitt. Zielsicher schob er seine Finger zwischen ihre Schamlippen und lachte leise auf.
„Bitte“, hauchte sie und schloss schnell die Augen.
Emily wusste nicht mal, worum sie bat, ob sie wirklich wollte, dass er aufhörte oder ob er noch weitergehen sollte.
„Glaub nicht, dass ich diese Stelle auslasse“, raunte er ihr zu.
Seine Fingerspitzen umkreisten gekonnt ihre Klitoris, bis sie erstickt aufstöhnte und sich an seinen muskulösen Arm krallte. Die Lust beherrschte ihre Gedanken und sie dachte nicht mal mehr daran, ihn von sich zu stoßen. Es fühlte sich viel zu gut an, was dieser Muskelmann da mit ihr machte.
Vorsichtig stieß er seinen Mittelfinger tief in sie, gleichzeitig rieb sein Daumen weiter rhythmisch über ihre Klit.
Ihr Körper bebte, während sie sich verlangend an ihn presste. Emily legte ihren Kopf an seine Brust, krallte ihre Fingernägel in seinen Arm und gab sich ihm hin. Ihre Gedanken zerplatzten wie kleine Seifenblasen, in diesem Moment zählten nur seine Nähe und seine Finger, die sie energisch auf einen Höhepunkt zutrieben.
Wieder stöhnte sie laut auf, spürte, wie er tief in sie eindrang und gleichzeitig ihren Lustpunkt massierte. Solche Gefühle hatte ihr noch kein Mann geschenkt, sie schaffte es nicht länger, sich zu beherrschen. Ihr Atem kam hektisch, ihre Lippen waren geöffnet und ihre Hüften drückten sich seinen Berührungen entgegen.
Seine Zungenspitze strich vorsichtig über ihre Mundwinkel, was sie erzittern ließ, dann drang er in ihren Mund ein. Sein Kuss war heiß und verlangend, sein Geschmack flutete ihren Verstand, der sich auch so schon verabschiedet hatte.
Ihre Zunge spielte mit seiner, focht ein wahres Duell mit ihm aus, das sie weiter auf ihren Höhepunkt zutrieb.
Ihr Unterleib verkrampfte sich vor Lust, als er liebevoll an ihrer Unterlippe saugte und die ersten Wellen des Orgasmus schlugen über ihr zusammen.
Der Druck seines Daumens auf ihre Klitoris verstärkte sich etwas, während sein Mund ihren Schrei aufnahm. Fest presste er den zitternden Körper an sich, zog seine Finger aus ihrer Jeans heraus und gab ihr einfach nur Halt.
Beschämt, dass sie sich so hatte gehen lassen, hielt sie die Lider geschlossen, dabei wusste sie genau, dass es kindisch war.
„Sieh mich an Wildkatze“, befahl er ruhig.
Zögernd öffnete sie die Augen und sah direkt in seine bernsteinfarbenen Pupillen. Einen langen Moment versank sie in dem magischen Blick, bis er leise seufzte.
„Zieh die Hose aus, ich muss sehen, ob du die Karte wirklich nicht bei dir hast“, ordnete er hart an.
Wütend blitzte sie ihn an, als er einen Schritt zurücktrat und die Arme vor der Brust verschränkte. Wie konnte er in diesem Augenblick an die blöde Fotokarte denken?
„Arschloch“, zischte sie, dann zog sie die Jeans aus und warf sie ihm ins Gesicht.
Mit einem breiten Grinsen fing er das Kleidungsstück ab, drehte die Taschen um und tastete es ab, ehe er es ihr wieder zurückgab.
„Zieh dich an, wir müssen ernsthaft reden“, ordnete er als Nächstes an.
Emily kochte vor Wut über sich selbst. Was hatte sie denn erwartet, dass er ihr seine Liebe gestand? Dachte sie wirklich, dass er sich etwas aus ihr machte, nur weil er ihr einen Höhepunkt geschenkt hatte?
Schnell sammelte sie ihre Kleidung ein und zog sich an, anschließend lehnte sie sich an die Wand und verschränkte die Arme ebenso vor der Brust.
„Und? Tötest du mich jetzt?“, wollte sie bitter wissen.
Erstaunt über diesen Gedanken schüttelte er den Kopf.
„Wieso sollte ich das tun? Glaubst du im Ernst, dass ich dich kommen lasse, um dich dann umzubringen?“, hakte er ungläubig nach.
Verlegen zuckte sie mit den Schultern, was blieb ihm übrig? Sie wusste zu viel, darüber hinaus gab es diese Fotos.
„Setz dich“, verlangte er, als er sich auf seinen Platz hinter dem Schreibtisch fallen ließ.
Missmutig gehorchte sie, jetzt kam die Panik zurück und sie rieb sich zitternd über die Arme.
Seufzend atmete der Typ auf, dann sah er sie eindringlich an.
„Wie heißt du?“, wollte er wissen.
Eine ihrer schlechten Eigenschaften war, dass sie immer zum Angriff überging, sobald sie Angst verspürte. Genau das tat Emily in diesem Augenblick.
„Denkst du eigentlich, dass ich völlig verblödet bin? Meinst du, ich verrate dir meinen Namen, damit du auch noch an meine Familie herankommst?“, schrie sie ihn an.
Ruhig hielt er ihrem verbalen Ausrutscher stand, zog lediglich eine Augenbraue hoch und schüttelte leicht den Kopf.
„Wenn du es drauf anlegst, versohle ich dir gerne den Hintern, aber ich glaube nicht, dass du es gut finden würdest“, warnte er sie leise.
Wütend stieß sie die Luft aus und versuchte an ihm vorbei zu sehen. Sie nahm sich fest vor, einfach kein Wort mehr zu sagen.
„Ich möchte dich mit deinem Vornamen ansprechen, weil es höflicher ist“, erklärte der blonde Riese ihr ruhig.
In dem Moment kam sie sich unglaublich dumm vor, wieso war sie nicht selbst darauf gekommen?
„Emily“, gab sie leise von sich und starrte auf den Fußboden.
„Freut mich, ich heiße übrigens David“, antwortete er ihr.
Einen Augenblick herrschte eisiges Schweigen, dann atmete er tief durch.
„Pass auf, du steckst in echten Schwierigkeiten und scheinst dir nicht bewusst darüber zu sein“, begann er ernst.
Genervt hob sie den Blick und sah ihn ängstlich an.
„Also müsst ihr mich jetzt doch beseitigen?“, wollte sie wissen, dabei klang sie nicht halb so kühl, wie sie es sich wünschte.
Wieder schüttelte er den Kopf.
„Nein, wir töten keine Menschen und ebenso wenig anderen Wesen, wenn es nicht sein muss. Außerdem könnte ich es bei dir gar nicht zulassen“, bemerkte er leise.
Irritiert sah sie ihn an, spürte er dieses Knistern zwischen ihnen etwa auch?
„Gib mir die Fotokarte und ich verspreche dir, dass niemand dir etwas tut“, verlangte er.
Spöttisch lachte sie auf, er schien sie wirklich für dumm zu halten.
„Und wenn ich sie dir nicht gebe? Dann dürft ihr mir nichts tun, weil ihr nicht wisst, wo das Ding ist“, hielt sie ihm entgegen.
„Du irrst dich, wir bringen dich zu unseren Ärzten, die in der Lage sind, deine Erinnerungen zu löschen“, antwortete er sachlich.
Auflachend warf sie den Kopf in den Nacken, so einen Mist konnte er ihr doch nicht erzählen.
„Das Märchen glaube ich dir nicht. Niemand besitzt genug medizinische Kenntnisse, um Gedanken zu entfernen“, wehrte sie ab.

~~°~~

David strich sich müde über die Augen, so kamen sie einfach nicht weiter. Er musste erfahren, wo diese verdammten Bilder waren, diese Beweise brachten sie in Teufelsküche. Außerdem knurrte sein innerer Wolf bei dem Gedanken daran, dass man ihr die Erinnerung an ihn entfernte.
Zu allem Überfluss wusste er auch noch genau, dass er seiner Gefährtin gegenübersaß und diese würde er in jeder Lage beschützen.
„Emily bitte, ich verspreche dir, dass ich auf dich aufpasse, aber ich muss wissen, wo diese Fotos sind“, versuchte er es erneut, dabei hielt er seine Stimme eisern unter Kontrolle.
„Und das soll ich dir glauben? Du hast mich eben gegen meinen Willen ausgezogen und mich ...“, verlegen brach sie ab.
Ein breites Grinsen glitt über sein Gesicht, das ihre Wangen rot färbte.
„Ich habe dir einen Orgasmus geschenkt und ich hatte das Gefühl, dass du das ziemlich genießen konntest“, bemerkte er süffisant.
„Lass mich einfach gehen, ich verrate niemandem was“, schlug sie pikiert vor, dabei war sie sich sicher, dass er nicht auf ihren Vorschlag einging.
Außerdem klang sein Angebot in ihren Ohren sehr verführerisch, von ihm beschützt zu werden, war bestimmt ein Abenteuer für sich. Zumal er nicht so aussah, als ob er sich nur auf das Beschützen beschränken würde.
„Wieso hast du eigentlich keine Angst vor mir? Immerhin bin ich etwas, das es für euch nicht geben dürfte“, wechselte David plötzlich das Thema.
Auf diese Frage war sie nicht gefasst und so brauchte sie eine Sekunde zu lang für ihre Antwort.
„Natürlich habe ich Angst vor dir, du bist ein Ungeheuer“, stieß sie hervor.
Mit einem Satz sprang er über den Schreibtisch, stützte seine Hände auf den Lehnen ihres Stuhles ab und beugte sich zu ihr.
„Soll ich dir beweisen, wie wenig du dich vor mir fürchtest?“, raunte er ihr zu.
Wie hypnotisiert starrte sie ihn einen Augenblick an, endlich schüttelte sie leicht den Kopf. Dieses Theater hatte sie absolut vermasselt, deshalb beschloss sie die Wahrheit zu sagen, vielleicht ließ er sie dann gehen.
„Ich hatte eine Affaire mit einem Gestaltwandler“, gab sie leise zu.
Erstaunt sah David sie an, damit hatte er nicht gerechnet.
„Wer war das? Wie hieß er und woher kam er?“, wollte er sofort wissen.
Emily lachte hart auf, dieser Mistkerl hatte sie ausgenutzt, bestohlen und war ohne ein Wort verschwunden.
„Ich glaube nicht, dass er mir seinen echten Namen verraten hat. Er nannte sich Pierre und ich habe ihn in Paris kennengelernt. Wo er herkam, weiß ich nicht, aber er hat mir alles gestohlen, was ich besaß, ehe er abgehauen ist“, stieß sie bitter hervor.
Verstehend nickte David, natürlich gab es bei den magischen Wesen auch welche, die sich nicht an die Regeln hielten. Es war klar, dass dieser Mann ihr seine Identität verheimlicht hatte, es war eins der größten Verbrechen den Menschen ihre wahre Gestalt zu zeigen.
„Wann war das?“, fragte er behutsam nach.
„Vor mehr als sechs Jahren, du brauchst dir also keine Gedanken darum zu machen, dass ich etwas erzählten werde“, antwortete sie müde und unterdrückte ein Gähnen.
Ehe sie wusste, was er mit ihr vorhatte, hob er sie auf seine Arme und trug sie aus dem Raum. Erschrocken schlang sie die Arme um seinen Hals, als er loslief.
Schnell ging er zwei Treppen hoch und sie fühlte sich unendlich geborgen. Seufzend legte sie ihren Kopf an seine Brust und schloss die Augen, bis er sie auf einem Bett absetzte.
Fragend sah sie ihn an.
„Das ist mein Zimmer und du bleibst erst mal hier“, bestimmte er, anschließend zerrte er ein T-Shirt aus einem hellen Schrank und warf es ihr zu.
„Zieh dich um oder soll ich das für dich übernehmen?“, bot er grinsend an.
So energisch sie konnte, schüttelte sie den Kopf. Auf keinen Fall durfte sie bei ihm bleiben, zumal sie ein Geheimnis hütete, dass er gegen sie verwenden würde.
„Bitte David, lass mich einfach gehen. Ich lebe in Dublin, du kannst mich jederzeit herbestellen und sichergehen, dass ich nichts verrate“, bat sie leise und blickte ihn bittend an.
Unnachgiebig deutete er auf das Shirt, das Risiko sie nach Hause zurückzuschicken, ging er bestimmt nicht ein. Doch dann kam ihm ein unangenehmer Gedanke.
„Bist du in festen Händen? Gibt es einen Ehemann oder einen Lebenspartner?“, stieß er hervor und hielt die Luft an.
Überrascht von dieser Frage lachte Emily leise auf.
„Nein, ich habe keinen Mann“, antwortete sie ehrlich, um sich direkt darauf auf die Zunge zu beißen.
Wie dumm konnte sie noch reagieren? Wenn sie ihm gesagt hätte, dass jemand auf ihre Rückkehr wartete, würde er Gefahr laufen, dass diese Person auch hier aufschlug. Jetzt war es zu spät ihm diese Lüge aufzutischen.
„Gut“, murmelte er, dabei sah er sie liebevoll an.
Wieder blickte er sie auffordernd an, die Müdigkeit zerrte an ihr und sie gab ehrlich zu, dass sie keine Kraft mehr hatte, sich gegen ihn zu wehren. Am nächsten Tag fand sie bestimmt einen Weg, um nach Dublin zurückzukommen.
„Dreh dich um“, forderte sie.
David lächelte sie an, küsste sie noch einmal auf diese sinnliche, zärtliche Weise, anschließend lehnte er sich an den Kleiderschrank. Die Arme verschränkt sah er auf sie herunter.
„Es gibt nichts, was ich nicht schon gesehen hätte“, bemerkte er.
Wut blitzte in Emilys Augen auf, doch dann streifte sie Pulli und BH ab. Ruhig zog sie das T-Shirt an, das ihr bis auf die Oberschenkel fiel, ehe sie ihre restlichen Kleider auszog.
„Braves Mädchen“, murmelte er, stieß sich vom Schrank ab und kam zu ihr.
Fürsorglich schlug er die Decke zurück, nötigte sie sich hinzulegen und deckte sie zu. Einen Wimpernschlag später lag er neben ihr, nur noch mit einer Shorts bekleidet.
Besitzergreifend zog er sie in seine Arme, dabei war er sich nicht sicher, ob er sich wirklich die ganze Nacht beherrschen könnte, doch im Augenblick brauchte er diesen Körperkontakt einfach.
„Wie bist du eigentlich auf das Gelände gekommen? Die Überwachungskameras müssten dich gefilmt haben“, wollte er wissen.
„Ihr habt eine so weit entwickelte Technik, die sogar Gedanken entfernen kann, und wisst nichts über blinde Flecken? Eure Kameras sind suboptimal ausgerichtet, es gibt überall Stellen, die sie nicht erreichen. Alles andere ist ein Kinderspiel“, antwortete sie ihm träge.
Darüber würde er morgen unbedingt mit Steward und Richie sprechen, wenn die Kleine Recht hatte, waren sie beim Aufstellen der Überwachungskameras nachlässig gewesen. Vielleicht fühlten sie sich auch einfach zu sicher. Über diesen Gedanken schlief er ein, seine Wildkatze fest im Arm.

~~°~~

Am nächsten Morgen wachte Emily erschrocken auf, sie hatte nicht vorgehabt, die ganze Nacht bei den Gestaltwandlern zu verbringen. Sie wollte sich nicht mal ausmalen, welche Sorgen sich ihr Bruder und ihre Schwägerin machten. Außerdem würde es um einiges schwerer werden im Tageslicht abzuhauen.
David hielt sie immer noch umschlungen und sie blickte ihn einen Moment nachdenklich an. Dieser Kerl hatte alles, was sie sich von einem Mann wünschte, aber jetzt war es erstmal wichtiger hier wegzukommen.
Vorsichtig schob sie seinen Arm zur Seite und rückte langsam zum Bettrand.
„Du versuchst doch nicht dich wegzuschleichen oder?“, erklang seine Stimme mit einem amüsierten Unterton.
Genervt blickte sie ihn über die Schulter an.
„Ich dachte, du schläfst“, bemerkte sie mürrisch.
David lag auf der Seite, den Kopf auf eine Hand gestützt und sah sie einfach nur an.
„Dir sollte bewusst sein, dass ich dich nicht mehr gehen lasse. Du gehörst mir“, murmelte er herausfordernd.
Emily lachte spöttisch auf und zeigte ihm einen Vogel, dann stand sie endgültig auf.
„Du musst einen gewaltigen Schaden haben, wenn du denkst, dass ich so einfach hier bleibe“, fuhr sie ihn zickig an.
Eine Sekunde später stand er vor ihr, legte seine Hände auf ihre Schultern und blickte ihr tief in die Augen.
„Pass auf deinen Ton auf, sonst zeige ich dir deinen Platz gerne und versohle dir den hübschen Hintern“, warnte er sie eindringlich.
Sofort zog es verdächtig in ihrem Unterleib, aber sie schob diese Gedanken schnell zur Seite, sie hatte wirklich andere Probleme.
„Du beschließt, dass ich dir gehöre, ohne überhaupt mit mir zu reden. Falls du es noch nicht weißt, in unserer Zeit haben Frauen ein Mitspracherecht“, schoss sie dagegen.
Lächelnd nickte er, zu deutlich roch er ihre Erregung, spürte, wie sie unter seinem Griff bebte und wie sehr sie sich nach Führung sehnte.
„Bist du dir sicher, dass diese Entscheidung nicht schon gefallen ist?“, fragte er leise.
Unsicher zuckte sie mit den Schultern, denn sie musste ihm Recht geben, sie wollte ihn nicht einfach so verlassen, aber ihr blieb keine andere Wahl.
„Ich muss nach Hause, lass mich gehen“, bat sie verzweifelt.
In seinen Augen blitzte es enttäuscht auf, dann schüttelte er langsam den Kopf, eher er sie sanft küsste.
Liebevoll saugte er an ihrer Unterlippe, eroberte ihren Mund und raubte ihr den Atem.
Lust flammte in ihr auf, als sein Geschmack ihre Sinne flutete. Noch nie hatte es ein Mann geschafft, sie alleine durch einen Kuss so willenlos zu machen. Ihre Arme schlangen sich wie von selbst um seinen Nacken und sie schloss genüsslich die Augen.
„Und jetzt sag mir, dass du nichts gefühlt hast“, verlangte er hart, als er sie freigab.
Unwillig schüttelte sie den Kopf, ließ ihn los und trat einen Schritt zurück.
„Darum geht es nicht. Du weißt nichts über mich und mein Leben“, begann sie abwehrend, doch er legte ihr schnell einen Finger auf die Lippen.
„Egal was passiert, ich lasse dich nicht mehr gehen, es sei denn, du sagst mir deutlich, dass du nichts für mich fühlst. Versuch mir zu vertrauen“, bat er ruhig.
Am liebsten hätte Emily losgeheult, wieso musste er diese Gefühle in ihr wecken? Ausgerechnet jetzt, wo sie keinen Mann brauchen konnte, zudem würde er sie sofort verlassen, wenn er wüsste, dass sie von Einbruch lebte, davon war sie überzeugt.

Kapitel 3 - Widerwilliger Ausbruch

 

Schnell blinzelte sie die Tränen weg, sie sollte ihm in diesem Augenblick sagen, dass sie ihn nicht wollte, nur brachte sie das nicht übers Herz. Von Liebe zu sprechen war viel zu früh, aber er war ihr alles andere als gleichgültig, außerdem beherrschte er ihren Körper besser als sie selbst.
Natürlich entging ihm ihre Reaktion nicht, doch er strich ihr nur sanft über die Wange.
„Komm wir besorgen dir ein paar frische Klamotten und nach dem Duschen gehen wir frühstücken“, bestimmte er.
Ehe sie protestieren konnte, packte er ihre Hand, verschränkte seine Finger mit ihren und zog sie aus dem Zimmer. Schnell brachte er sie ein Stockwerk runter, öffnete eine Tür und blieb erst vor dem Kleiderschrank stehen.
„Bitte, du kannst nicht irgendjemandem die Sachen klauen“, wehrte Emily sich.
„Das sind Kleider, die wir für die Opfer aufbewahren, um die wir uns kümmern“, erklärte er, doch sie verstand ihn nicht.
Von was für Opfern redete er und wieso kümmerten sich die Gestaltwandler um sie?
Er reichte ihr ein T-Shirt, Unterwäsche, Socken und eine helle Jeans.
„Das müsste dir passen“, murmelte er.
„Was für Opfer? Und warum versorgt ihr sie?“, fragte sie ihn, ohne die Kleidung anzunehmen.
David beschloss ehrlich zu ihr zu sein, aktuell wusste sie sowieso zu viel, da kam es auf diese Informationen auch nicht mehr an.
„Wir gehören einer speziellen Einsatztruppe an, die magische Wesen jagt, welche gegen unsere Gesetze verstoßen. Oft sind Menschen in Gefahr, wir befreien sie und bringen sie erstmal hier ins Hauptquartier, ehe sie ins Krankenhaus gebracht werden. Dort entfernen die Ärzte den Teil der Erinnerung, der mit der übernatürlichen Welt zu tun hat. Die meisten Leute überstehen die Operation ohne Schaden, die restlichen kommen in unser Pflegeheim“, fasst er kurz zusammen.
Entsetzt sah Emily ihn an.
„Bist du wahnsinnig? Wieso erzählst du mir das alles? Ich dachte, ich bin bereits eine Gefahr für euch. Außerdem glaube ich dir kein Wort, niemand kann Gedanken löschen“, fauchte sie ihn an.
Seine kleine Wildkatze war ganz schön widersprüchlich, entweder sie glaubte ihm nicht, dann war es egal, was er erzählte oder sie machte sich Sorgen, dass sie jetzt zu viel wusste.
Lächelnd legte er ihre eine Hand an die Wange.
„Ich lüge nicht, dazu sehe ich keine Veranlassung. Darüber hinaus habe ich dir bereits gesagt, dass ich dich nicht mehr gehen lasse“, teilte er ihr ruhig mit.
Wütend schlug sie seine Hand zur Seite, griff nach den Kleidern und wollte aus dem Zimmer rennen, doch er stoppte sie sofort.
„Es gibt keinen Grund bösartig zu werden, Kleines“, warnte er sie.
Offen erwiderte sie seinen Blick, in ihr tobten Gefühle, die sie nicht einordnen konnte und das, was sie gerade gehört hatte, überforderte sie enorm.
Emily atmete tief durch, dann schluckte sie schwer.
„Du knallst mir Dinge an den Kopf, die absolut irre sind, und erwartest, dass ich lächelnd nicke?“, wollte sie aufgebracht wissen.
„Nein, das will ich bestimmt nicht. Doch ich verlange von dir, dass du dich gesittet benimmst, falls es dir entgangen ist, ich bin dominant und sadistisch“, erwiderte er kühl.
„Gut, dass du es erwähnst, mein Spatzenhirn hätte es sonst glatt übersehen“, höhnte sie.
In ihren Augen blitzte die Wut auf, aber man sah deutlich, wie sehr sie mit ihren Gefühlen und Gedanken kämpfte. In den letzten sechs Jahren war sie auf sich allein gestellt gewesen, sich jetzt unterzuordnen oder sich helfen zu lassen, schien fast nicht möglich.
Dazu kam die Erklärung von David, die so unglaubwürdig erschien, wobei sie ja bereits wusste, dass es zumindest Gestaltwandler gab. Die Existenz anderer magischer Wesen bezweifelte sie auch gar nicht.
Sanft zog David sie an sich, hielt sie einfach nur fest und strich ihr beruhigend über den Rücken.
„Ich kann mir vorstellen, dass es gerade alles zu viel ist“, murmelte er, als er bemerkte, dass sie kurz davor war, die Fassung zu verlieren.
Es brachte nichts jetzt einen Machtkampf auszufechten, im Gegenteil das würde sie nur von ihm wegtreiben. Ihren Platz zeigte er ihr gerne zu einem späteren Zeitpunkt, im Augenblick war es wichtiger ihr Vertrauen zu bekommen.
Nach einigen Momenten ließ er sie los, sah ihr prüfend in die Augen und schob sie ein kleines Stückchen von sich.
„Besser?“, wollte er wissen.
Seufzend nickte sie, ihre ganze Situation war ein einziges Chaos und sie hatte keine Ahnung, wie sie aus dieser Katastrophe wieder herauskommen sollte, doch seine Umarmung tat ihr gut.
Erneut verschränkte er die Finger mit ihren, brachte sie so zu einem Badezimmer in der ersten Etage, hier ließ er sie los und drückte ihr die Kleider in die Hand.
Es sah so aus, als ob er sie warnen wollte, aber dann deutete er nur auf die offene Tür.
„Geh duschen, danach fühlst du dich bestimmt besser. Ich warte in meinem Zimmer auf dich“, ordnete er ruhig an.
Gehorsam nickte sie, zumal sie ihm zustimmte, außerdem brauchte sie ein paar Minuten für sich.
Als die Tür hinter ihr zufiel, drehte sie den Schlüssel im Schloss herum und atmete tief durch. Einen Augenblick überlegte sie, ob sie eine Chance hatte, aus dem Fenster zu entkomme, nur nach ihrem Einbruch gestern waren die Soldaten gewiss auf der Hut.
Ehrlich gestand sie sich ein, dass David ihr unter die Haut ging und sie ihn gerne besser kennen lernen wollte, aber sie musste auch dringend nach Hause. Die erstbeste Möglichkeit würde sie nutzen, sie konnte ja wiederkommen, bei dieser Idee grinste sie breit. Sein Gesicht war bestimmt filmreif, wenn sie erst verschwand und dann später wieder vor dem Tor stand.
Schnell schob sie diese Überlegungen zur Seite, duschte sich und machte sich für ein gemeinsames Frühstück fertig. Ihr Magen knurrte bereits und für den Augenblick beschloss sie sich zu fügen, bis sie einen Ausweg fand.

~~°~~

David duschte in der zweiten Dusche, dabei dachte er an die faszinierende Frau nach, die letzte Nacht in sein Leben gepurzelt war. Vielleicht hatte Gerry doch Recht und sie spürten instinktiv, dass ihnen die Begegnung mit ihrer Gefährtin bevorstand.
Jetzt musste er nur noch herausfinden, warum sie unbedingt weg wollte und sie dazu bringen, ihm zu vertrauen.
Natürlich war er viel schneller fertig als sie und so wartete er ungeduldig in seinem Zimmer auf sie.
Vorhin hatte er einen Moment überlegt, ob er ihr in Erinnerung rufen sollte, dass er sie überall fand, dann entschied er sich dagegen. Wenn sie überzeugt war, weglaufen zu müssen, würde sie es versuchen, egal was er sagte.
Endlich öffnete sich die Tür und sie stand im Türrahmen. Erleichtert trat er zu ihr, versuchte auszuloten, was in ihrem hübschen Kopf vor sich ging, doch sie trug eine undurchdringliche Miene zur Schau.
„Hunger?“, wollte er wissen.
„Ja, ziemlich“, antwortete sie und zwang sich zu einem Lächeln.
Zusammen liefen sie die Treppe runter und er brachte sie zu einem Esszimmer, in dem bereits einige Männer saßen. Mit einer Hand in ihrem Rücken führte er sie zu einem Platz, an dem ein Gedeck lag, rückte ihr höflich den Stuhl zurecht und lächelte ihr zu.
„Ich bin gleich wieder da“, murmelte er.
Irritiert sah sie ihm nach, versuchte die Blicke der anderen Leute zu ignorieren, aber sie fühlte sich ziemlich unwohl ohne ihn. Bestimmt wusste hier jeder, was sie sich erlaubt hatte und dass sie der Eindringling war.
Eine junge Frau betrat zusammen mit Logan den Raum, ihn erkannte Emily an seinen gescheckten Haaren und weil David ihn gebeten hatte, sie festzuhalten.
Zielstrebig kamen die Zwei zu ihr und setzten sich neben sie.
„Hey, ich bin Joleen und meinen Gefährten Logan, kennst du ja von gestern“, begrüßte die Frau sie gut gelaunt.
Verlegen lächelte sie die beiden an, mit vielem hätte sie gerechnet, aber nicht, dass man sie freundlich behandelte.
„Ja ich kann mich an ihn erinnern, nette Haarfarbe. Ich bin Emily“, antwortete sie mit einem Grinsen.
Logan sah sich im Raum um, ehe er sich neben Jo auf einen Stuhl fallen ließ.
„David ist nicht hier?“, wollte er verwirrt wissen.
In dem Moment kam dieser auch schon zu ihnen, setzte sich zu Emily und grinste seine Freunde breit an.
„Ihr habt euch bereits bekannt gemacht?“, erkundigte er sich.
„Klar, die Frau, die dich bekommt, musste ich unbedingt kennenlernen“, antwortete Jo mit einem frechen Grinsen.
Logan und David hoben gleichzeitig die Augenbrauen, aber sie lachte nur.
„Manchmal ist dieses dominante Gehabe echt nervend“, flüsterte sie Emily zu, was diese zum Lachen brachte.
Sofort griff ihr Gefährte ihr in die langen, roten Haare, zog ihren Kopf in den Nacken und sah sie warnend an.
„Ich glaube, dass du gerade mächtig um eine Bestrafung bettelst“, teilte er ihr leise mit, doch in seinen Augen leuchtete es liebevoll.
Kein bisschen verlegen, erwiderte sie seinen Blick und zuckte mit den Schultern.
„Ich stehe dir gerne zur Verfügung“, antwortete sie.
Logan, der Jaguar, küsste sie auf die Nasenspitze, dann ließ er sie los, damit sie frühstücken konnten.
Die Stimmung war gelöst und Emily wurde ganz natürlich in diese Gemeinschaft aufgenommen, was sie so nie erwartet hätte.
„Du hast eine beeindruckende Sammlung an speziellen Werkzeugen“, bemerkte Brian an Emily gewandt.
Sofort sah sie ihn an, besann sich aber schnell auf ihre Rolle und zuckte gespielt gelangweilt mit den Schultern.
„Dieses Spielzeug bekommt man in jedem gutsortierten Baumarkt“, versuchte sie die Sache herunterzuspielen.
Der junge Werwolf lachte spöttisch und schüttelte den Kopf.
„Na den Baumarkt musst du mir mal zeigen. Nein, Kleine, die Werkzeuge sind von einem Spezialisten und der steht bestimmt nicht im Telefonbuch, glaub mir, ich kenne mich damit aus“, widersprach er ihr grinsend.
David knurrte warnend, er erlaubte nicht, dass jemand sein Eigentum in Verlegenheit brachte, allerdings wüsste er auch gerne, wieso sie dieses Spezialwerkzeug besaß. Etwas was sie später klären sollten.
„Lass sie in Frieden“, befahl er leise, doch seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
Aus den Augenwinkeln sah er, dass Steward seine Kleine nachdenklich beobachtet, es schien, dass er eine Vermutung hatte.
„Die Polizei tappt immer noch im Dunkeln wegen des Einbruchs in Dublin vor ein paar Tagen. Der Dieb muss sehr geschickt gewesen sein und ebenso erfahren. Allerdings gehen sie davon aus, dass der Einbrecher nicht wusste, dass er sich bei einem Drogenboss beliebt macht“, erzählte Steward plötzlich.
David spürte deutlich, wie Emily neben ihm zusammenzuckte, ein Blick in ihr Gesicht zeigte ihm, dass sie blass geworden war.
„Alles in Ordnung, Süße?“, wollte er leise wissen.
Sofort setzte sie ein Lächeln auf und nickte, einen Tick zu schnell. Irgendwas hatte seine Wildkatze mit dem Einbruch zu tun, das war ihm bewusst.
„Wir sollten die Kameras neu justieren, so wie es aussieht, gibt es blinde Flecken“, bemerkte David, auch um das Thema zu wechseln.
Im gleichen Moment lachte Richie laut auf, er war der Sicherheitschef im Hauptquartier und kannte sich gerade mit der Überwachungsanlage perfekt aus.
„Wie kommst du denn darauf? Unsere Technik ist so ausgefeilt, dass die Kameras zwar aussehen, wie normale Überwachungskameras, aber ganz anders funktionieren. Es gibt keine Stelle, die sie nicht abdecken, sie justieren sich auf jede Bewegung und decken den gesamten Zaun ab“, rief er dem Werwolf zu.
David bemerkte sofort, dass die zwei jungen Gestaltwandler, die in der letzten Nacht Dienst hatten, sich auffällig still verhielten. Er wechselte einen schnellen Blick mit Stew, dem es wohl auch aufgefallen war.
„Und wie konnte Emily das Grundstück betreten, ohne den Alarm auszulösen?“, fragte er ruhig nach.
Jetzt wurden die beiden Männer sichtlich unruhig.
„Dean? Gab es gestern irgendwelche Vorkommnisse?“, wollte Steward in dem Augenblick wissen, dabei lag seine Aufmerksamkeit schwer auf dem Gestaltwandler.
„Mir ist nichts aufgefallen, wieso?“, brachte Dean leise hervor.
Alle bemerkten, dass er log, damit ritt er sich nur tiefer in die Sache hinein.
„Mist. Hör auf. Es war meine Schuld, ich hatte ein Kartenspiel und wir haben nicht auf die Monitore gesehen. Die letzten Monate ist nie was passiert, uns war langweilig“, gestand sein Kumpel Laurence.
Beide sahen zerknirscht aus und wussten nicht, was jetzt kommen würde.
„Könntet ihr die Jungs bitte in Ruhe lassen? Es war meine Entscheidung hier einzubrechen, sie können nichts dafür“, mischte Emily sich ein, die Mitleid mit den Gestaltwandlern hatte.
„Halt dich da raus“, knurrte David leise, doch damit erreichte er nur das Gegenteil.
„Ich denke gar nicht daran. Sie werden bestraft, weil ich eine Dummheit gemacht habe“, herrschte sie ihn an.
„Ich sehe euch beide gleich in meinem Büro. Ab sofort tauscht Brian seinen Dienst mit Dean, da ich mich wohl nicht wirklich auf euch verlassen kann“, ordnete Steward an.
Sein Ton duldete keinen Widerspruch und auch Emily traute sich nicht, sich weiter für die zwei Gestaltwandler einzusetzen.
„Und du beneidest mich nicht um mein Temperamentsbündel?“, flüsterte Logan seinem Kumpel zu, doch Emily hatte ihn bereits gehört.
„Was soll das denn heißen?“, giftete sie ihn an.
Lachend hob der Jaguar die Hände in einer beschwichtigenden Geste, anschließend klopfte er seinem Freund auf die Schulter, packte seine Gefährtin am Handgelenk und zog sie von ihrem Stuhl.
„Schön dich hier zu haben, dann bin ich nicht mehr die einzige Frau. Vielleicht können wir später zusammen was unternehmen“, brachte Joleen hervor, ehe Logan sie mit sich zog.
„Geht er immer so mit ihr um?“, wollte Emily irritiert wissen.
David grinste breit.
„Nein, nur wenn sie ihn um eine Strafe anbettelt, so wie vorhin. In dem Fall ist unser Jaguar nicht der Geduldigste“, antwortete er ehrlich.
„Du meinst, er schlägt sie wirklich?“, hakte sie vorsichtig nach.
Erneut nickte er mit einem Lächeln im Gesicht.
„Ja und sie genießt es, sonst würde sie ihn kaum so herausfordern. Dominant, sadistisch, erinnerst du dich?“, raunte er ihr heiser zu.
Verstehend schluckte sie, in ihrem Unterleib pochte es schon wieder verdächtig, als sie daran dachte, wie es sich wohl anfühlte, von David bestraft zu werden.
„Wir finden heraus, wie du dazu stehst. Keine Angst, ich gehe nicht über deine Grenzen hinaus“, versprach er ihr ruhig.
„Wer sagt, dass ich das überhaupt möchte? Außerdem muss ich nach Hause, du kannst mich nicht gegen meinen Willen hier festhalten“, begehrte sie auf.
David seufzte leise, der Waffenstillstand war vorüber. Ohne eine Antwort zu geben, stellte er das Geschirr zusammen, packte ihre Hand und zog sie von ihrem Stuhl hoch.
„Komm“, befahl er, gleichzeitig schnappte er sich die Teller und das Besteck und zog sie aus dem Raum.
Gemeinsam gingen sie in die Küche, wo er ihr Ellie vorstellte.
„Ellie, das hier ist Emily, sie ist bei uns eingebrochen“, erklärte er und seine Wildkatze hätte ihm am liebsten vor das Schienbein getreten.
Die Hausdame umarmte sie herzlich, anschließend sah sie mit ihren flinken, intelligenten Augen von David zu der schwarzhaarigen Frau.
„Sie passt zu dir, mein Junge“, meinte sie schlicht.
Grinsend nickte er, dann legte er einen Arm um Emilys Schultern und brachte sie zu seinem Büro.
„Setz dich, wir sollten endlich offen reden“, schlug er vor, ehe er sich auf seinen Platz fallen ließ.
Zu genau erinnerte sie sich an die vergangene Nacht, in der er die Fotokarte an ihrem nackten Körper gesucht hatte. Ihre Atmung beschleunigte sich allein bei der Erinnerung und sie schloss schnell die Augen.
Energisch schob sie die Bilder zur Seite, öffnete ihre Lider wieder und setzte sich auf den Stuhl, den er ihr zugewiesen hatte.
„Was weißt du über diesen Einbruch, von dem Steward heute Morgen erzählt hat?“, kam David sofort zum Punkt.
Gespielt gleichgültig zuckte sie mit den Schultern.
„Warum sollte ich auch etwas über ein Verbrechen wissen? Bisher wusste ich nicht mal, dass es einen Drogenboss in Dublin gibt“, bemerkte sie so unbeteiligt, wie möglich.
„Lügen akzeptiere ich nicht, also gebe ich dir eine zweite Chance. Was weißt du darüber?“, wiederholte er seine Frage und sah sie eindringlich an.
„Was willst du denn hören? Ich habe keine Ahnung, was da passiert ist, wie kommst du darauf?“, hielt sie ihm stand.
Seufzend atmete er aus, endlich beschloss er, seine Taktik zu ändern.
„Bitte Süße, ich kann dich nicht beschützen, solange du mich anlügst. Dieser Mann ist gefährlich, und wenn du ihn bestohlen hast, dann sag es mir“, bat er leise.
„Da ich bei euch eingebrochen bin, sollte dir eigentlich klar sein, dass ich es nicht war. Oder glaubst du, ich knacke einen Tresor und lasse das meiste Geld liegen, sodass ich schnell wieder einbrechen muss?“, führte sie ihm vor Augen.
In dem Moment als David sie nachsichtig ansah, wurde ihr der Fehler bewusst.
„Und woher weißt du, dass Geld aus einem Tresor verschwunden ist? Steward hat nur von einem Einbruch bei einem Drogenboss geredet“, bemerkte er ernst.
Stotternd suchte sie nach Worten, um ihn zu überzeugen, dass sie nichts mit diesem Verbrechen zu tun hatte, doch ehe sie einen vernünftigen Satz zustande brachte, stand er vor ihr.
Sanft hob er ihr Kinn an und zwang sie ihn anzusehen.
„Und jetzt weißt du nicht mehr, wie du dich rausreden sollst, stimmt es?“, erkundigte er sich leise.
Tränen traten ihr in die Augen, sie atmete zitternd ein, ehe sie stumm nickte. Sie wollte nicht, dass er schlecht von ihr dachte oder sie deswegen verurteilte, aber die ganze Wahrheit konnte sie ihm auf keinen Fall sagen.
„Du bist der Dieb oder?“, hakte er ein weiteres Mal nach.
Wieder nickte sie ohne ein Wort hervorzubringen, dabei sah sie ihn so flehend an, dass er weich wurde. Langsam ließ er ihr Kinn los, blickte ihr erneut tief in die Augen, dann setzte er sich auf den Schreibtisch, direkt vor sie.
„Wieso brichst du ein? Steckst du in Schwierigkeiten?“, wollte er wissen.
„Nein, aber ich muss meine Rechnungen zahlen“, brachte sie leise hervor, während sie verlegen auf den Boden sah.
Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so geschämt, zumal ihr bewusst war, dass sie sich falsch verhielt.
„Bitte, es ist nicht so, dass ich nicht versucht hätte, einen Job zu bekommen. Nur ohne Ausbildung stellt dich eben keiner ein und mittlerweile bin ich zu alt“, schob sie schnell hinterher, dabei sah sie ihn wieder flehend an.
Geschmeidig stand er auf, stützte seine Hände rechts und links auf die Armlehnen ihres Stuhles und sah ihr ernst ins Gesicht.
„Ich dulde nicht, dass meine Gefährtin stiehlt, klar? Wenn du was brauchst, dann sag es mir. Sobald ich dir vertrauen kann, erhältst du eine Kreditkarte“, teilte er ihr bestimmt mit.
Völlig verdutzt schüttelte sie den Kopf.
„Auf keinen Fall, ich lasse mich nicht aushalten, außerdem bin ich nicht deine Gefährtin“, wehrte sie seine Worte ab.
„Dummerweise braucht ihr Menschen immer länger, um das Offensichtliche zu erkennen. Glaubst du wirklich, ich behandele jede Frau so, die hier bei uns einbricht?“, wollte er von ihr wissen.
Natürlich war ihr klar, dass er etwas Besonderes in ihr sah, aber es gab etliche Gründe, warum sie nicht so einfach bei ihm bleiben konnte. Außerdem würde sie sich nicht kaufen lassen.
„Und du bestimmt jetzt über mich und mein Leben? Ich habe kein Mitspracherecht?“, zischte sie ihm zu.
Die ganze Situation wuchs ihr über den Kopf, darüber hinaus war sie hin- und hergerissen. Sie wollte ihn gerne kennenlernen, auch seine sadistische Seite, dabei hatte sie die Gelegenheit herauszufinden, ob er wirklich ihr Gefährte war. Allerdings gab es einige Dinge, die er von ihr nicht wusste und die sie ihm freiwillig nicht sagen würde.
„Du vergreifst dich im Ton und glaub mir, du hast bereits genug verbockt. Eine Strafe ist dir sicher“, warnte er sie leise.
Schnell schüttelte sie den Kopf, hielt seinem Blick stand und versuchte ihn ein Stück zurückzuschieben, damit sie aufstehen konnte, doch er verhinderte es ohne große Anstrengung.
„Vergiss es, ich passe nicht in deine Welt. Bitte lass mich einfach gehen“, stieß sie tonlos hervor.
Eindringlich musterte er sie, las in ihren Augen, die jetzt traurig aussahen, lotete aus, was ihr auf der Seele lag, nur die Lösung blieb verborgen.
„Magst du mich nicht?“, fragte er ruhig.
Emily war sich bewusst, dass sich ihr hier ein Ausweg bot, nur diese Lüge brachte sie keinesfalls über die Lippen. Schnell schüttelte sie den Kopf.
„Nein, obwohl es die dümmste Antwort ist, die ich dir geben kann, aber es liegt nicht an dir“, gab sie leise zu.
Heimlich atmete David auf, alles andere bekamen sie zusammen hin, es gab kein Problem, was sich nicht lösen ließ, solange sie ihm Gefühle entgegenbrachte.
„Trotzdem darf ich nicht hierbleiben, bring mich zurück nach Dublin. Wenn es dir so wichtig ist, können wir uns gerne am Wochenende sehen oder auch heute Abend“, schlug sie ihm vor.
David richtete sich auf, sein Blick war unnachgiebig und im gleichen Augenblick kannte sie seine Antwort.
„Es gibt nur einen Weg dich gehen zu lassen, ich müsste dich ins Krankenhaus schicken. Dort würde man dir die Erinnerungen an mich und die letzten Tage entfernen. Willst du das?“, erkundigte er sich scheinbar ruhig.
„Vielleicht könnten wir uns danach noch einmal kennenlernen, auf einem anderen Weg?“, murmelte sie leise.
„Natürlich wäre das möglich, aber nur, wenn du die Operation gesund überstehst. Solltest du zu den zehn Prozent gehören, die es eben nicht verkraften, wirst du für den Rest deines Lebens als Zombie verbringen. Etwas das ich auf keinen Fall zulasse“, teilte er ihr hart mit.
Damit waren sie wieder am Anfang angekommen, nur mit dem Unterschied, dass sie zugegeben hatte, ihn wiedersehen zu wollen.
„Wieso bleibst du nicht ein paar Tage hier, lernst uns kennen und gibst uns beiden eine Chance?“, erkundigte er sich behutsam.
Gequält sah sie ihn an, den wichtigsten Grund konnte sie ihm nicht nennen, aber es fiel ihr auch keine Ausrede ein.
„Ich kann einfach nicht, bitte frag nicht weiter“, flüsterte sie.
Enttäuscht setzte David sich wieder auf seinen Platz hinter seinem Schreibtisch. Offensichtlich vertraute sie ihm nicht im geringsten und es gab etwas, was ihr ziemlich Angst machte.
„Sag mir wenigstens, wo die SD-Karte ist. Du solltest mittlerweile wissen, dass du keine Rückversicherung bei uns brauchst“, wechselte er kühl das Thema.
Ihr war klar, dass er Recht hatte, niemand wollte ihr was tun und sie wusste instinktiv, dass es auch so blieb, falls sie David nicht als Gefährten akzeptierte.
Seufzend nickte sie leicht.
„Sie liegt unter einem Stein, direkt neben der Hauswand, wo ich euch fotografiert habe“, nuschelte sie, dabei sah sie auf den Boden.
Sofort hellte sich seine Miene auf, er sprang über den Schreibtisch, nahm ihre Hand und brachte sie nach draußen.
Zügig lief sie zu der Stelle, hob den Stein hoch und reichte ihm die Speicherkarte. Erleichtert brach David die kleine Karte in der Mitte durch, niemand würde diese Fotos zu sehen bekommen.
„Musste das sein? Du hättest sie auch einfach löschen können. Das Ding kostet Geld“, beschwerte sie sich leise.
Ohne darauf einzugehen, drückte er sie leicht an sich und ging mit ihr ins Haus zurück. Auf dem Weg zu seinem Büro traf er auf Steward, der ihn direkt ansprach.
„Ich brauche deine Hilfe, kommst du bitte? Wir müssen da etwas besprechen“, bat Stew, doch es war klar, dass es sich um einen höflichen Befehl handelte.
Unsicher blickte David auf seine Wildkatze und wieder auf seinen Kumpel, der diesen Blick genau verstand.
„Joleen wird sich bestimmt gerne um sie kümmern. Sie kann ihr das Haus zeigen“, bemerkte Stew und rief im gleichen Moment nach der Gefährtin von Logan.
Kurz darauf stand Jo vor ihnen und Emily sah sie erstaunt an.
„Kümmerst du dich bitte um unseren Gast? Ich brauche unser Genie“, bat Steward lächelnd.
„Klar, ich führe sie erstmal ein wenig herum, damit sie sich zurechtfindet. Macht euch keine Gedanken“, stimmte Jo fröhlich zu.
David blickte seiner Kleinen tief in die Augen.
„Mach keine Dummheiten, ich finde dich so oder so“, warnte er sie eindringlich.
„Meinst du ich bin so wahnsinnig und laufe den ganzen Weg bis Dublin?“, hielt Emily dagegen, ohne auf die Gewitterwolken in seinem Gesicht zu achten.
Steward packte seinen Kumpel am Oberarm und zog ihn den Gang runter.
„Manchmal sind sie wirklich unmöglich, dabei ist David der Ruhigste und Besonnenste von allen“, bemerkte Jo grinsend.
Ungläubig sah Emily sie an, das konnte sie so nicht bestätigen, aber sie hatte keine Lust auf Diskussionen.
Joleen hakte sich bei ihr unter und führte sie durch das beeindruckende Haus. Sie zeigte ihr das Schwimmbad, die Sauna, das Fitness-Studio und die Bibliothek, während sie ihr von den Jungs erzählte.
„Du bist eine von ihnen oder?“, wollte sie vorsichtig wissen.
Grinsend stimmte die andere Frau zu.
„Ja, obwohl ich vor kurzer Zeit noch ein normaler Mensch war. Ich wäre gestorben, wenn Logan mich nicht gewandelt hätte“, gab sie freimütig Auskunft.
„Deshalb hast du den Kerl vorhin auch gehört, ohne dass der schreien musste“, murmelte Emily fasziniert.
Jo nickte, dann sah sie die fremde Person nachdenklich an.
„Du scheinst ein Problem zu haben, liegt es an David?“, erkundigte sie sich behutsam und zog sie in das Wohnzimmer, in dem sich um diese Tageszeit niemand aufhielt.
Seufzend ließ Emily sich auf einen Sessel fallen und starrte eine Weile auf das grandiose Panorama, welches sich ihr hier bot.
„Nein, er stellt die geringste Schwierigkeit dar. Ich mag ihn, er fasziniert mich, aber ich kann nicht hierbleiben, dafür gibt es etliche Gründe“, antwortete sie endlich.
Verstehend nickte Jo, ihr war es vor einigen Monaten ganz ähnlich gegangen. Einfach eingesperrt und in diese neue Welt geschubst zu werden, war für sie auch schwer zu akzeptieren gewesen.
„Und wenn du ein paar Tage bleibst und schaust, was passiert? Lern David kennen, da er dich schon fasziniert“, schlug sie vorsichtig vor.
„Ich mag mir nicht mal ausmalen, wie viele Sorgen sich mein Bruder und meine Schwägerin machen, weil ich letzte Nacht nicht nach Hause gekommen bin“, rutschte es Emily heraus.
Sie legte sich entsetzt die Hand vor den Mund.
„Keine Angst, ich erzähle niemandem was, aber du solltest mit David reden. Er wird deine Familie zumindest informieren, damit sie wissen, dass du in Sicherheit bist“, beruhigte Jo sie sofort.
Da war das nächste Problem, sie würde die Adresse oder auch die Telefonnummer ihres Bruders nie herausgeben. Er war der letzte Mensch auf dieser Welt, den sie in diese verfahrene Situation reinziehen wollte.
Stumm schüttelte sie den Kopf.
„Kannst du mir nicht helfen? Bitte Joleen, ich sage niemanden etwas von euch, Ehrenwort, aber ich muss nach Hause“, flehte sie die andere Frau an.
Entsetzt lehnte die Gestaltwandlerin ab, auf so einen Vorschlag ließ sie sich bestimmt nicht ein.
„Auf gar keinen Fall, versteh mich nicht falsch, ich unterstütze dich gerne, nur verrate ich unsere Gemeinschaft nicht auf diese Weise“, milderte sie ihre Ablehnung ein wenig ab.
Enttäuscht blickte Emily erneut aus dem Fenster, irgendwie musste sie hier rauskommen. Sobald David wieder bei ihr war, hatte sie keine Chance, zumal er es schaffte, ihren Willen regelrecht zu lähmen. In dem Moment, in dem er erschien, wollte sie sich nur noch in seine Arme werfen und ihm den Rest überlassen.
„Sag mal Jo, ihr habt bestimmt eine Toilette oder?“, fragte Emily plötzlich.
Sofort nickte ihre Begleiterin und stand auf, aber sie schüttelte leicht den Kopf.
„Ich brauche kein Kindermädchen, ehrlich nicht. Sag mir einfach, wo es ist“, bat sie leise.
Ohne weiter darüber nachzudenken, beschrieb Jo ihr den Weg zum nächsten Badezimmer und sah ihr grinsend hinterher, als sie das Wohnzimmer verließ. Sie mochte die Frau und spürte instinktiv, dass sie perfekt zu David passte.
Vorsichtig zog Emily die Tür hinter sich zu und lief so schnell es ging aus dem Haus. Sie verschwendete keinen Gedanken an Jo, die vielleicht Ärger bekam, wenn sie weg war. Es war ihre einzige Chance, denn David ließ sie keine Sekunde aus den Augen.
Jetzt musste sie nur einen Weg finden, das Gelände zu verlassen und ins nächste Dorf zu flüchten. Was gar nicht so leicht war, zumal sie kein Werkzeug besaß und jeder sie sehen konnte.
Vor der Haustüre atmete sie ein paar Mal tief durch, dann verließ sie das Haus, als ob sie einen Spaziergang machen wollte. Langsam schlenderte sie an dem Stacheldrahtzaun entlang, sah sich genau um, ob es irgendwo eine Lücke gab, doch das Loch, welches sie gestern hinterlassen hatte, war bereits geflickt worden.
Sie zwang sich weiter zu schlendern, obwohl sie lieber gerannt wäre, dabei scannte sie das Gelände, um auch nicht die kleinste Chance zu verpassen.
Nach einer ganzen Weile kam sie an einem zweiten Zaun an, der nicht durch Kameras gesichert wurde. Ein Stückchen dahinter erkannte sie ein großes Haus, das musste das Krankenhaus oder das Pflegeheim sein, von dem David gesprochen hatte.
Vorsichtig sah sie sich um, ehe sie geschickt über den Maschendrahtzaun kletterte, vielleicht bekam sie hier die Möglichkeit unerkannt zu verschwinden.
Ruhig lief sie auf das Gebäude zu, dabei unterdrückte sie ihre Nervosität, sie konnte sich keinen Fehler erlauben.
Am Haupteingang angekommen blickte sie auf den Zaun, der natürlich wieder alle Sicherheitsmaßnahmen aufwies, wie sie deutlich erkannte. Leise fluchte sie, wieso gab es keine Lücke?
Müde lehnte sie sich an die Wand des Hauses und schloss für einen Moment die Augen. Der Gedanke, dass es vielleicht Lieferanten gab, schoss ihr durch den Kopf, allerdings war ihr auch klar, dass die Zeit drängte. Joleen würde bestimmt schon nach ihr suchen, wenn sie nicht bereits David informiert hatte.
Ein Lieferwagen hielt vor dem Tor, der Fahrer gab einen Code ein und konnte kurz darauf weiterfahren.
Emily grinste breit, manchmal musste man einfach Glück haben. Schnell ging sie dem großen Van hinterher, wartete, bis der Mann seine Ladung ausgeladen hatte und im Gebäude verschwand.
Jetzt rannte sie das Stückchen, öffnete die hintere Türe und versteckte sich im Innenraum des Wagens. Sollte alles gut gehen, kam sie so unerkannt vom Gelände und sparte es sich bis Ballyganon zu laufen. Stattdessen wurde sie direkt nach Dublin gefahren. Die Aufschrift des Lieferwagens kannte sie, die Firma besaß ein Büro ganz in der Nähe ihrer Wohnung.
Kurz, nachdem sie die Hecktüre zugezogen hatte, startete jemand den Motor und fuhr los. Aufatmend setzte sie sich auf den Boden und betete, dass nichts mehr schief lief.
Die Fahrt dauerte nicht lange und wieder war ihr das Glück hold, als sie die Tür öffnete erkannte sie die Umgebung genau, ein paar Straßen weiter war sie zu Hause.
Schnell stieg sie aus, drehte sich um und schlenderte ganz normal auf das geöffnete Tor zu. Hier gab es keine Sicherheitsmaßnahmen, jedenfalls nicht tagsüber und jetzt zur Mittagszeit lag der Hof verlassen da.
Aufatmend setzte sie ihren Weg fort, dabei ignorierte sie den Stich in ihrem Herzen, als sie an David dachte. Dieser Mann ging ihr entschieden unter die Haut, doch im Augenblick blieb ihr nichts anderes übrig, als zu ihrer Familie zu gehen, die bestimmt schon vor Angst um sie starben.
Schnell lief sie zu der Wohnung ihres Bruders, dummerweise musste sie klingeln, wobei sie hoffte, dass jemand zu Hause war.
Emily war wie erwartet von ihrem Bruder vermisst worden, völlig aufgelöst stand er vor ihr, als sie den Flur betrat. Ihre Schwägerin hatte rote Augen und sah aus, als ob sie geweint hätte.
„Wo warst du?“, stieß Guido hervor und zog sie in eine feste Umarmung.
„Ich habe mich bei den Söldnern von Ballyganon umgesehen“, gab sie leise zu.
Er schob sie ein kleines Stückchen von sich, um ihr in die Pupillen zu sehen.
„Und warum bist du die ganze Nacht und den halben Tag dort geblieben, ohne Bescheid zu sagen?“, hakte er nach.
„Einer der Soldaten hat mich erwischt. Ich brauchte eine Zeitlang, um von dem Gelände herunter zu kommen“, antwortete sie, dabei verschwieg sie die Details lieber.
Seufzend ließ Guido sie los, sah sie eindringlich an und atmete auf. Es war egal, was sie bei diesen Typen gesucht hatte, wichtig war nur, dass sie sich jetzt wieder in Sicherheit befand.

Impressum

Texte: BoFeWo B.V.
Tag der Veröffentlichung: 09.06.2016

Alle Rechte vorbehalten

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