Kapitel 7
Wie weit ist man bereit zu gehen?
Mittlerweile waren beinahe drei Wochen vergangen, seit Lilly ihn aus ihrer Wohnung geworfen hatte. Als sie an diesem Morgen nach Hause kam, sah sie wieder auf ihrem Handy und ihrem Anrufbeantworter nach, ob er sich vielleicht gemeldet hatte. Aber wieder war kein Anruf oder gar eine Nachricht von ihm vermerkt.
Was hast du erwartet nach dem Rauschmiss? Fragte sie sich. Vielleicht wäre es an der Zeit das ich mich bei ihm melde.
Also nahm sie das Telefon und wählte seine Nummer, sie war sich sicher, dass er zu Hause sein würde, es schien schließlich die Sonne. Sie ließ es insgesamt dreimal durchklingeln, legte dann auf und begann zu überlegen, ob er vielleicht nicht zu Hause war. Vielleicht hatte er den Sonnenaufgang verpasst und er musste irgendwo bleiben und warten, eventuell sogar im Zero. Daher nahm sie ihr Handy und rief ihn auf seinem Handy an, aber auch darauf erreichte sie ihn nicht. Es erklang nur die Ansage: „…nicht erreichbar. Please hold the line, the person ….“ Lilly versuchte auch diesmal ihn dreimal zu erreichen, aber er ging nicht dran. Schon fast wütend fuhr sie ihr Handy, nachdem sie aufgelegt hatte, an: „Weißt du was, wenn du einen auf Stur machst, dann kannst du mich mal. Ich renn dir nicht hinterher!“ Er sah mit Sicherheit ihre Nummer, wollte bestimmt nicht drangehen. Sie wusste ja nicht, was geschehen war.
Frustriert warf sie ihr Handy auf das Bett, ließ sich ebenfalls darauf fallen, schaute an die Decke. Sie war müde, hatte bereits die vierte Nacht und hatte noch zwei weitere, aber dann hatte sie fünf Tage frei. Bis sie einschlief, hatte sie immer noch die Hoffnung, dass doch noch ein Anruf von ihm kam. Aber er meldete sich nicht.
Das Klingeln ihres Weckers holte sie aus einem unruhigen Schlaf, noch im Halbschlaf griff sie nach ihrem Handy und sah nach, ob er sich über Tag gemeldet hatte, aber wieder wurde sie enttäuscht. Schläfrig ging sie ins Bad, machte sich fertig und ging auf die Arbeit. Ab und zu hatte sie wieder dieses Gefühl, dass sie beobachtet wurde. Sie wusste nicht, ob sie sich dabei wohl fühlen sollte, oder besorgt sein müsste. Zwar dachte sie irgendwie das es Luke sein müsste, aber dennoch hinterließ es ein merkwürdiges Gefühl. Denn wenn es Luke war, wieso meldete er sich nicht, oder kam zu ihr. Und jedes Mal wenn sie aus dem Fenster sah, war da nichts, zumindest sah sie nichts.
Am nächsten Morgen ging sie langsam nach Hause, jedoch nicht ohne sich mehrmalig umzusehen. Zu Hause angekommen, verschwand dieses Gefühl, lag wohl daran das die Sonne aufging. War es doch Luke, der nach ihr sah, ohne das er wirklich Kontakt zu ihr hatte. War er vielleicht doch eingeschnappt, wegen dem was war?
Aber warum sollte er dann auf sie aufpassen?
Weil er wahrscheinlich gar nicht anders kann.
Immer noch mit gemischten Gefühlen schlief sie ein.
Am Abend holte sie der Wecker wieder aus dem Schlaf. Und wieder sah sie auf ihr Handy, ob Luke sich gemeldet hatte, aber wieder Mals wurde sie enttäuscht. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sollte sie sauer, enttäuscht oder traurig darüber sein. Langsam stand sie auf, schlurfte ins Bad und ging schließlich zurück zur Arbeit.
Dort angekommen, begann sie unwillkürlich darüber nachzudenken, was sie jetzt tun sollte. Sie beschloss am nächsten Morgen, nach ihrem letzten Nachtdienst, einfach zu ihm zu fahren. Wissen wie sie das fertig bringen sollte, wusste zwar noch nicht, aber im Notfall würde sie ein Taxi nehmen.
Die Nacht verlief ohne große Probleme und dennoch war Lilly froh, endlich ihre Kolleginnen zu sehen, die sie ablösten.
Nachdem sie sich umgezogen hatte, lief sie los, grübelte immer noch, wie sie letztlich zu ihm kommen sollte. Ein Taxi über diese Strecke, würde verdammt teuer werden. Vielleicht ein Bus? Aber fuhr überhaupt ein Bus? Zumindest bis zur nächsten Stadt, vielleicht würde der Fahrer sie in der Nähe von Lukes Anwesen aussteigen lassen.
Plötzlich hielt neben ihr eine schwarze Limousine, die Hintertür wurde aufgemacht und Lilly wurde von hinten gepackt und in den Wagen gestoßen. Unsanft wurde sie von zwei weiteren Händen auf den Wagenboden gedrückt. Lilly begann zu schreien, zu treten. Aber allein gegen die zwei Hände die sie an den Oberarmen bäuchlings auf den Boden hielten, konnte sie nichts machen. Der Wagen fuhr an, Lilly fühlte wie der Boden unter ihr vibrierte. Jetzt wurde sie etwas lockerer gelassen, wurde auf den Rücksitz nach oben gezogen und von einem breitgebauten, jungen Mann fest in die Rückbank gepresst. Irgendetwas in seinen Augen verursachte geradezu Panik, sie wusste sofort was er war. Jetzt sah sie den Zweiten, er war weitaus zierlicher gebaut, aber auch bei ihm hatte sie keine Bedenken, das er kein Mensch war. Er kniete vor ihr, griente sie an und Lilly zog die Beine an und trat mit aller Kraft zu. Der zierlichere Vampir, fiel nach hinten um, schlug die Hände vor sein Gesicht und jammerte: „Oh Gott, meine Nase. Diese kleine… Ahhh… hat mir die Nase gebrochen.“
Lilly hörte wie etwas knirschte und sah, wie er sich wohl selbst die Nase wieder richtete. Der, der sie immer noch am Oberkörper hob, lachte laut auf, sah sie dann an und sagte: „Ganz schön brutal für so ein kleines Menschlein!“ Lilly begann weiter zu schreien, trat um sich, versuchte auch den anderen noch zu erwischen. Aber bevor sie sich weiter wehren konnte, wurde ihr etwas auf ihr Gesicht gedrückt, sie roch den Ether, hielt die Luft an.
„Was glaubst du, wie lang du nicht atmen musst?“
„Ja, irgendwann musst du atmen!“
Lilly wusste nicht wer was gesagt hatte, aber sie wusste, das sie recht hatten. Irgendwann wurde sie nicht mehr kontrollieren können, sie würde ohnmächtig werden, ein Schutzreflex ihres Körpers. Man konnte sich nicht umbringen, indem man die Luft anhielt, man wird ohnmächtig und atmet dann normal weiter. Das heißt, wenn sie es bis dahin aushalten würde, um nicht durch den Ether außer Gefecht gesetzt zu werden, würde sie so oder so ohnmächtig werden. Egal was sie tat, sie würde sich nicht weiter wehren können, ob sie ohnmächtig wurde wegen dem Sauerstoffmangel oder wegen dem Ether, spielte im Endeffekt keine Rolle.
Ihre Lunge schrie förmlich nach Luft, sie gab ihr was sie wollte. Holte tief Luft und spürte sofort, wie der Ether wirkte. Nach nur wenigen Atemzügen, spürte sie wie schwer ihr Kopf wurde, sie begann alles verschwommen zu sehen, hörte das Reden wie durch Watte und schließlich hatte der Ether seine volle Wirkung. Alles herum wurde schwarz.
Irgendein beißender Geruch stieg ihr in die Nase, sie schlug schwach um sich und traf irgendetwas.
„Ah, sie wird wach! Hab ich euch nicht gesagt, ihr sollt nicht zu viel nehmen!“ Lilly merkte wie ihr jemand sanft auf die Wangen schlug, daher trat sie immer noch benebelt um sich.
„Vorsicht!“ hörte sie jemand sagen: „Pass bloß auf, die hat nen Schlag drauf!“
„Das war kein Schlag, das war ein Tritt!“ hörte sie eine amüsierte Stimme.
Nur schwer schaffte sie es die Augen aufzumachen und auch offen zu halten. Sie war immer noch in der abgedunkelten, großen Limousine. Aber die Türen waren auf, sie lag ausgestreckt auf dem Rücksitz und sah wieder den zierlicheren der Vampire vor sich, zog wieder die Beine an und trat zu. Diesmal war sie aber noch zu langsam, der Ether wirkte noch nach, denn er wich aus, griente sie an und wedelte schon fast vergnügt mit dem Finger vor ihrer Nase: „Na na na nana, das machst du nur einmal!“
Der andere lachte wieder, packte sie unter den Achseln und zog sie rückwärts aus der Limousine. Fast schon vorsichtig wurde sie auf die Beine gestellt, aber diese gaben nach. Ihr Kopf schien zu platzen, ihr war schlecht und schwindlig, ihre Beine waren schwach. Die Nebenwirkungen des Ethers. Bevor sie ganz auf den Boden fiel, wurde sie abgefangen und nach oben gezogen. Sie musste halb getragen werden, wurde durch einen dunklen Gang geführt immer noch abgestützt von den zwei Vampiren, die sie ins Auto gezogen hatten. Lilly war zu schwach um sich weiter zu wehren, sie lief einfach, flankiert von den Beiden den Gang entlang. Schließlich betrat sie eine Art Höhle, oder ähnliches. Alte Steinwände, schlecht verputzt, mit großen Rissen. Mehrere alte, hohe Steinsäulen, waren in einem großen Kreis angeordnet. Zwischen den Säulen, stand jeweils jemand, eingehüllt in einen schwarzen Umhang, die Kapuzen tief in die Gesichter gezogen. Das Licht war nur trüb, sie konnte nicht richtig erkennen, wo die Lichtquellen waren. Sie wurde zwischen zwei der Säulen gebracht, immer noch von beiden Vampiren gehalten. Nun konnte sie etwas mehr erkennen: Der Radius des Steinkreises war um die 10 Meter, der Boden war ebenfalls mit den großen Steinen ausgelegt. Gegenüber ihrer Position war eine breite Steintreppe zwischen zwei Säulen, die ins Dunkle verlief.
Plötzlich hörte sie von links einen lauten Tumult, sie sah wie jemand in einem schwarzen Umhang mitten in den Kreis folg. Blieb dort kurz liegen, rappelte sich dann wieder auf und ging wieder zurück und verschwand wieder zwischen den Säulen. Nach ein paar Augenblicken, kam er wieder mit dem Kopf voran in die Mitte des Steinkreises geflogen. Diesmal blieb er länger liegen, auf einmal merkte Lilly wie sie einer, der breiter gebaute, Vampir sie los ließ. Der andere stellte sich nun hinter sie und hielt sie an den Oberarmen fest, drehte sie ihr leicht auf den Rücken. Lilly hörte, wie, nachdem der breitgebaute Vampir, zwischen den Säulen verschwunden war, der Krach lauter wurde. So langsam bekam sie Sorge, was da wohl gebracht wurde, so wie es da hinten abging, dachte sie, war das gefährlich. Vielleicht ein wildes Tier? Wieder sah sie wie ein schwarzummantelter Vampir quer durch den Raum flog. Er blieb liegen, wurde nach einer Weile von zwei anderen aus ihrem Sichtfeld gezogen.
Immer noch kam ein gewaltiger Lärm und immer noch nicht konnte sie erkennen, was genau da los war. Sie sah auf einmal wie eine ganze Gruppe von diesen Schwarzummantelten zwischen zwei Säulen, neben ihr auftauchte. Sie schienen irgendetwas zu tragen, Lilly konnte nur erkennen, wie wohl einer von ihnen getragen wurde und sich entschieden wehrte.
Plötzlich tauchte etwas direkt vor ihr auf, sie sah jemanden in einem roten Umhang, dessen Kapuze ebenfalls tief ins Gesicht gezogen war. Als er den Kopf hob, sah Lilly in ein altes Gesicht. Das ihrer Meinung nach, anfing zu verfaulen. Die Haut hing schlaff nach unten, die Augen waren eingefallen, lagen tief in den Augenhöhlen. Sie hatten einen merkwürdigen Ausdruck, der Lilly Angst machte. Als er den Mund aufmachte, merkte sie, das er genauso roch, wie er aussah. Ihr wurde schlecht, ihr Magen schnürte sich zusammen, ob das noch die Nachwirkungen des Ethers waren oder einfach dieser verwesende Geruch, wusste sie nicht. Der war wirklich alt, dachte sie, das ist bestimmt einer vom Ältestenrat.
„Schluss jetzt, oder es wird Konsequenzen haben!“ harschte er. Lilly war sich sicher, dass er obwohl er direkt vor ihr stand und ihr ins Gesicht sah, sie nicht meinte.
Auf einmal herrschte Ruhe, Lilly schielte nach links, sah wie die schwarzummantelten Vampire etwas auseinander wichen und den Blick freigaben.
Jetzt erkannte sie, wer da mit so vielen, seiner Leute, hereingebracht worden war.
„Luke!“ keuchte sie.
Er sah zu ihr, Lilly sah wie er sich sofort entspannte, er leistete keine Gegenwehr mehr. Nun stand nur noch der breitgebaute Vampir hinter ihm, hielt ihn auf den Knien indem er Luke die Arme auf dem Rücken drehte.
Luke sah sie wieder an, flüsterte: „Es tut mir leid. Ich hätte auf dich hören sollen! Ich hätte dir glauben müssen!“
„Schweig!“ fauchte der Alte.
Lilly sah, wie der breitschultrige Vampir Luke mit der linken Hand an der Kehle packte. Die Fingernägel bohrten sich in Lukes Haut.
Der Älteste kam mit seinem Gesicht ganz nah an ihres, sie roch den säuerlichen Geruch seines Atems: „Ein Menschlein!“ sagte er leise.
Er fuhr mit seiner Nase ganz dicht an ihren Lippen vorbei: „Du riechst nach ihm.“ flüsterte er.
Lilly wusste nicht ob sie sich fürchten sollte, oder einfach nur angewidert sein sollte. Danach ging er vor ihr auf die Knie, legte sein Gesicht an ihren Unterbauch, sog die Luft ein: „Hier auch!“ Er stand wieder auf, roch nun an ihrem Hals, packte sie im Genick: „Ein Menschlein, so…. zerbrechlich! Was machen wir jetzt mit dir?“
„Lass sie in Ruhe!“ fauchte Luke, versuchte aufzustehen. Aber die Hand an seiner Kehle hielt ihn davon ab. Der Älteste drehte ihr Gesicht in Lukes Richtung, Lilly sah wie sich die Finger tiefer in Lukes Kehle bohrten. Unwillkürlich schnappte sie nach Luft, sie fühlte Lukes Wut, aber auch seine Sorge.
„Schweig! Wir wollen doch nicht das ihr etwas geschieht, deinem schwachen Menschlein!“
Fauchte der Alte, immer noch mit seiner Nase an ihrer Halsbeuge.
„Lass sie gehen!“ Diesmal klang es fast schon flehend.
Auf einmal ging der Alte von ihr ein paar Schritte weg, sah wieder Luke an: „Du wagst es dem hohen Rat zu sagen, was er zu tun hat! Du wagst es aufzubegehren! Das wird Konsequenzen haben für dich!“
Lilly sah, wie der Vampir, der Luke hielt seine rechte Hand um Lukes Unterkiefer legte und zupackte. Er musste ihm den Kiefer gebrochen haben, denn Lilly hörte es knacken und knirschen. Völlig erstarrt, konnte sie nur zusehen, war nicht in der Lage sich zu bewegen, oder etwas zu sagen.
Luke wehrte sich nicht mehr, sein Gesicht wurde in ihre Richtung gedreht.
„Will noch einer von euch dem anderen was sagen?“ fragte der Alte und Lilly hörte wie kalt seine Stimme klang.
Bevor Lilly auch nur begreifen konnte, was das heißen sollte, sah sie wie der Vampir der Luke hielt, seine Hand von dessen Kehle nahm, Luke den Arm vorne von Schulter zu Schulter legte. Lilly sah wie Lukes Kopf mit einer schnellen Bewegung zur andern Seite gerissen wurde. Der Alte blockierte ihr jetzt die Sicht, aber sie hörte es erneut knirschen und krachen. Sicher das sie ihn getötet hatten, schloss sie die Augen, schrie auf: „Neeeeeiiiin!“ Sie sackte in dem Griff des Vampires, der sie hielt, nach vorne. Tränen liefen über ihr Gesicht, sie konnte nur noch wimmern: „Luke,...oh Gott…, nein…, Luke.“
Plötzlich hörte sie ein leises, regelmäßiges Geräusch. Trotz der Tränen in ihren Augen, sah sie wie jemand vor sie trat. Ein hellrotes, mit Gold besticktes, Gewand, zwei Füße und einen Gehstock, sah sie direkt vor sich.
„Ein Mensch weint um einen von uns?“ hörte sie eine gebrechliche, aber freundliche Stimme. Eine Hand griff nach ihrem Gesicht, Lilly sah eine Hand, die so aussah, als ob Leder über Knochen gespannt war. Die Hand hob ihr Gesicht am Kinn sanft an, sie sah in ein Gesicht, welches aussah wie das eines Toten. Wenn der andere alt war, dann war dieser hier schon lange tot. Natürlich war er tot, dachte sie, und ich bin es auch bald. Ohne Luke als Beschützer vor denen, hatte sie keine Chance hier lebend herauszukommen, dessen war sie sich sicher. Die Hand zwang sie, weiter in das Gesicht zu sehen. Lilly sah in schon fast sanfte Augen.
„Warum weinst du?“
Lilly konnte kaum sprechen, nur mit Mühe konnte, sie unter Tränen, antworten: „Ihr…er…hat...ihn getötet!“
„Und darum weinst du? Weil einer von uns vernichtet wurde. Ihr seid Beute für uns. Dich weinen zu sehen, ist so als ob eine Maus weint, wenn die Katze stirbt!“
„Ich bin keine Beute für ihn!“ Lilly schaffte es wütender zu klingen, wie sie sich fühlte. Sie fauchte nahezu.
„Nein?“ fragte der Ältere, kam näher zu ihr und roch vorsichtig an ihrem Hals: „Aber er hat von dir getrunken, und noch mehr! Du riechst sehr intensiv nach ihm!“
Lilly hob den Kopf, sah ihn trotzig an: „Er ist mein…mein…“
„Dein was? Ein Mensch glaubt an Vorherbestimmtheit, an einen Gefährten?“
Anstatt einer Antwort, sah sie ihn immer noch an, diesmal überkam sie Wut, Hass und Verzweiflung.
„Willst du uns töten?“
„Nein! Nur den da!“ fauchte sie und sah in die Richtung des Alten und des Breitschultrigen.
„Mmh, ein Mitglied des Ältestenrat zu vernichten ist gefährlich, aber den andern…“ Er winkte den Breitschultrigen zu sich. Dieser musste sich direkt vor sie stellen und Lilly stand auf, stemmte sich gegen den, der sie immer noch festhielt und trat nach dem Anderen. Sie hörte wie Knochen brachen, als ihre Füße sein Gesicht trafen. Der Vampir taumelte etwas zurück, ging auf die Knie und wieder hörte Lilly das Krachen der Knochen, als er sie sich wieder richtete. Ihre Wut wurde nicht weniger.
Ihr seid verwundbar, dachte sie wütend. Und ich ergebe mich nicht. Selbst wenn ich sterbe, nicht kampflos! Du hast ihn umgebracht!
Sie hörte ein Lachen: „Kämpferisches Menschlein!“
Der Breitschultrige stand wieder auf, sah den Älteren an und dieser nickte nur in Lillys Richtung. Wieder stellte er sich direkt vor sie. Mit aller Kraft stemmte sie sich gegen den anderen Vampir, hob wieder beide Füße und trat diesmal mit aller Kraft und vor allem mit aller Wut zu. Sie hörte es knacken, krachen und knirschen. Es fühlte sich an, als ob sie gegen eine Mauer getreten hatte, es stauchte nicht nur ihre Knöchel und Knie, es zog bis in die Hüfte, selbst bis in ihre Wirbelsäule. Aber der Breitschultrige fiel nach hinten um, schlug der Länge nach auf den Boden und blieb liegen. Triumphierend sah sie den Ältesten an, etwas von ihrer Wut war weg, aber dafür hatte sie jetzt ein absolutes Hochgefühl.
Wieder hörte sie das freundlich klingende Lachen des Ältesten: „Ein mutiges, kämpferisches Menschlein hast du da!“
Lilly wunderte sich, mit wem er sprach. Nun ging der andere alte Vampir ihr aus dem Sichtfeld. Sie sah nach links, sah Luke auf dem Boden knien, er wurde immer noch festgehalten. Er sah sie an, Lilly fühlte seine Gefühle wieder: Erleichterung, Freude, aber auch Schuld und Scham und vor allem fühlte sie seine Liebe.
„Luke!“ ihre Erleichterung war nicht zu überhören. Er sah sie immer noch an: „Es tut mir leid.“ Sagte er wieder.
Plötzlich wurde er losgelassen, noch bevor er mit den Händen auf den Boden aufkam, lief er los. Keine Sekunde dauerte es, bis er beide Arme um sie legte. Gemeinsam knieten sie sich auf den Boden.
„Es tut mir leid. Ich hätte auf dich hören müssen. Ich werde nicht zulassen, das dir etwas geschieht. Ich werde auf dich aufpassen, versprochen!“ flüsterte er. Er griff mit beiden Händen an ihr Gesicht, küsste sie innig auf die Lippen. Schon fast verzweifelt packte sie ihn ihrerseits mit beiden Händen im Genick: „Wieso…was sollte das? Warum haben die so gemacht, als ob...“ weiter kam sie nicht, wieder küsste er sie. Fest zog er sie an sich, legte beide Arme um sie und hielt sie an sich gedrückt. Erst jetzt sah sie das er weder Schuhe noch Strümpfe anhatte, auch seine Hose und sein Hemd waren stellenweise zerrissen.
Was haben die mit dir gemacht, fragte sie ihn in Gedanken.
Nach einer Weile, hörte Lilly es knirschen. Diesmal war es aber eindeutig Stein auf Stein. Luke ließ sie etwas los, drehte sich etwas in Richtung des Geräusches und auch Lilly konnte jetzt sehen, was geschah. In der Mitte des Kreises, welcher von den Säulen gebildet wurde, erhob sich eine etwas brusthohe Steinsäule, so dick, dass ein Mensch nicht darum herumgreifen konnte. Die gesamte Säule war mit Spießen gespickt, es sah aus wie ein Igel aus Stein und Metall. Rechts, am Ende des Kreises erhob sich eine über zwei Meter hohe Steinsäule, ganz oben war eine dicke Kette an dessen beiden Enden Handschellen aus altem Metall hingen. Nun öffnete sich über die gesamte Länge des Kreises eine knapp zwei Meter breite Bahn im Boden.
Plötzlich wurde Luke von ihr weggezogen, zwei, mit schwarzen Umhangen bekleidete, Vampire brachten ihn auf die gegenüberliegende Seite. Jetzt wurde sie auf die Beine gezogen und auf die größere, der beiden Steinsäulen, gebracht. Lilly hörte ein rattern, sah wie eine große Axt wenige Zentimeter vor der Säule anhielt. Vergeblich stemmte sie sich gegen den, der sie auf die Säule zuführte.
„Keine Sorge!“ sagte der Alte: „Es wird dich nicht töten, es wird dir nur der Läge nach das Gesicht spalten, aber sterben wirst du daran nicht!“
Lilly sah, wie die Axt wieder nach oben gezogen wurde, jetzt bekam sie wirklich Angst. Mit beiden Füßen stemmte sie sich in den Boden, aber sie wurde einfach weiter geschoben. Als sie mit dem Rücken an der Säule stand, wurde sie mit den Handschellen festgebunden. Die Arme soweit nach oben gezogen, dass sie das Gefühl hatte, ihre Schultern würden herausspringen. Jeder Versuch sich zu bewegen, verursachte ihr ein stechender Schmerz in ihren Schultern. Sie konnte sich nicht wirklich bewegen, nicht nach links oder rechts, nicht nach unten wegrutschen. Vergeblich zog sie an der Kette, versuchte ihre Hände aus den Metallschellen zu befreien.
„Nicht doch!“ sagte der Älteste: „Du willst dich doch nicht verletzten und bluten, oder! Und er wird dir nicht helfen können, er wird selbst Probleme haben sich zu kontrollieren. Weißt du, er bräuchte eigentlich wieder was!“ Obwohl seine Drohung unüberhörbar war, klang seine Stimme schon fast sanft. Sie ließ den Kopf hängen, sah jetzt erst das die Bahn, die sich zwischen ihr und der Steinigelsäule und über die gleiche Entfernung zwischen der Steinigelsäule und Luke erstreckte, komplett mit Spiegelscherben ausgefüllt war.
Aber Spiegel machen ihm doch nichts, dachte sie. Und was meinte er damit, dass er etwas brauchte. Er war doch bestimmt im Zero, was haben die mit ihm gemacht, dachte sie wieder.
Lilly sah Luke an, sah wie die zwei anderen Vampire ihm das Hemd vom Körper rissen.
Was soll das? Fragte sie ihn in Gedanken. Nun merkte sie Bewegung auf ihrer rechten Seite, sie sah wie eine riesige Sanduhr aufgestellt wurde.
Wieder sah sie Luke verwirrt an, merkte wie sich alle anderen Vampire hinter den Kreis der Steinsäulen zurückzogen. Es sah aus, als ob da irgendwo eine unsichtbare Grenze wäre.
Auf einmal hörte sie erneut ein knirschen, als Stein auf Stein verschoben wurde. Dreck rieselte von oben auf sie herab. Irritiert sah sie nach oben, sah wie sich über ihr, über den gesamten Durchmesser die Decke aufging. Sofort strahlte Sonne in den Raum, Lilly sah das die Sonne genau bis zu dem Kreis ging, dahinter war es dunkel. Aber die gesamte Bahn aus Spiegelscherben war ausgeleuchtet. Die Sonne stand hoch am Himmel, wurde durch die Scherben reflektiert. Obwohl sie Sonne vertrug, taten die Strahlen, auch die reflektierten, ihr in den Augen weh. Die Sonne brannte ihr, selbst nach dieser kurzen Zeit auf der Haut, es muss Mittag sein, dachte sie.
Und jetzt verstand sie wozu der ganze Aufbau war. Luke musste durch die Sonne durch, die Spiegelscherben, waren nicht nur dazu da, dass er barfüßig darüber laufen musste. Nein, sie sollten die Strahlen reflektieren, ihm zusätzlich Schaden zufügen. Und er musste über die gesamten 10 Meter durch die Sonne. Das würde er nicht unbeschadet überstehen. Jetzt wurde ihre Angst zur Panik, Panik ihn zu verlieren. Er würde das nicht nur nicht unbeschadet überstehen, er würde im schlimmsten Fall daran sterben.
Sie sah wie Luke zwischen zwei der Säulen hin und her ging, immer schneller, wie ein Tiger im Käfig. Immer wieder lief er auf die Bahn zu, wich dann wieder zurück. Lilly sah wie seine Augen erst grün, dann silbern wurden. Er lief wieder auf die Bahn zu, wich zurück, als ihn die Sonne streifte. Trotz der Distanz sah er ihr in die Augen und wieder fühlte sie seine Schuld, aber auch Angst. Ob vor dem was ihm bevorstand oder um sie, vermochte sie nicht zu sagen.
„Luke! Nein! Bleib weg, bleib im Schatten! Hörst du!“ Sie war verzweifelt und das hörte man auch.
Wieder realisierte sie rechts von sich Bewegung, sie sah wie der Alte die Sanduhr herumdrehte und der Sand begann zu laufen: „Ich würde dir raten, nicht zu viel Zeit vergehen zu lassen. Sollte der Sand durchgelaufen sein, löst sich die Verankerung der Axt und dann…“ weiter sprach er nicht, als Luke sie ansah und den ersten Schritt auf die Bahn machte. Er lief in menschlicher Geschwindigkeit, Lilly konnte ihn sehen. Warum lief er nicht schneller, dann würde ihm die Sonne nicht so viel anhaben können. Schockiert sah sie, wie bereits Rauch von seinem Körper aufstieg.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit erreichte er die Steinsäule, die mit dem Metallspitzen gespickt war. Lilly begann wieder an den Handschellen zu zerren, sie musste nur die Hände da hinauskriegen, dann könnte Luke aus der Sonne. Verzweiflung und Panik verstärkten sich.
Lilly sah wie Luke zum ersten Schlag ausholte, seine Faust krachte auf den Stein. Es knirschte, als der Stein unter seinem Schlag etwas nachgab. Zu ihrem Entsetzten sah sie wie sich die Metallspieße durch Lukes Hand bohrten, eine von ihnen kam oberhalb seines Handgelenkes wieder aus seinem Arm. Lilly sah wie verbrannt sein Körper bereits war, seine Schultern, sein Rücken zeigten bereits erste schwarze Stellen. Und immer wieder schlug er zu, immer wieder bohrten sich die Metallspieße durch seine Haut, kamen an den Unterarmen heraus. Sie hörte wie es krachte und knirschte, zum einen war es der Stein, zum anderen waren es die Knochen seiner Hand, die bei jedem Schlag brachen. Nach unzähligen Schlägen, schlug Luke von oben auf die Säule, sie spaltete sich der Länge nach, seine Hand drang tief in den Stein, dann zog er sie wieder heraus und Lilly sah, wie er etwas Schwarzes in der Hand hielt. Luke kam langsam auf sie zu, immer mehr richtete die Sonne bei ihm an, je näher er kam, je länger er in der Sonne war, umso schlimmer wurde es. Er war noch drei oder vier Meter von ihr entfernt, als sie ihn genauer ansah: Die Spiegelscherben erfüllten ihren Zweck, nicht nur sein Rücken und seine Schultern waren schwarz verbrannt. Seine Arme, seine Brust, sogar sein Gesicht zeigten Verbrennungen. Es war noch nicht schwarz, aber es löste sich teilweise die Haut. Je näher er kam, umso mehr zog sich ihr Herz zusammen. Sie fühlte nichts von ihm, aber sie war sich sicher, dass das mehr wie nur wehtun musste. Als er direkt vor ihr stand, waren es nur noch seine Augen, die ihr verrieten, das er es war. Er stand dicht vor ihr, griff nach oben zu den Handschellen, Lilly sah wie schlimm seine Hände zugerichtet waren. Jetzt erst sah sie den Schlüssel in seiner Hand, allerdings konnte sie kaum glauben, dass er seine Hände überhaupt noch benutzten konnte. Irgendwie schaffte er es doch, die Handschellen aufzuschließen. Obwohl ihre Hände frei waren, konnte sie sich nicht bewegen, schockiert sah sie ihn an, konnte nicht fassen, was er gerade getan hatte.
Plötzlich packte Luke sie im Genick, zog sie auf die Knie. Keine Sekunde später krachte die Axt in den Stein, Lilly sah nach oben, die Axt hätte ihr nicht nur den das Gesicht verletzt. Der Schwung hätte ausgereicht um ihr den Schädel zu spalten. Jetzt sah sie Luke an, man konnte nur erahnen das er es war, der sich hinter den ganzen Verbrennungen verbarg.
Lilly griff nach ihm, versuchte ihn auf die Füße zu stellen, aber immer wieder knickte er ein. Mit aller Kraft zog sie ihn hoch, packte ihn am Hosenbund und schleifte ihn förmlich aus der Sonne. Sie hatte wohl mehr Kraft wie sie gedacht hatte, denn sie hatte so viel Schwung, dass sie an die nochmals drei Meter entfernte Wand knallte. Als sie an die Wand stieß, ließ sie Luke los. Er fiel der Länge nach auf den Bauch, Lilly setzte sich mit dem Rücken an die Wand, zog ihn sich halb auf den Schoß, lehnte seine Schulter an ihre Brust und legte seinen Kopf an ihre Schulter. Auf dem Boden direkt vor ihr, sah sie schwarze Fetzen liegen, zuerst hoffte sie das es verbrannter Stoff war, aber sie wusste, dass es Hautfetzten waren, die sich bereits total verbrannt von seinem Körper ablösten. Sie legte beide Arme um ihn, ob er noch lebte wusste sie nicht. Er atmete nicht, er hatte keinen Herzschlag und die Augen hatte er mittlerweile geschlossen. Lilly hatte keinen Anhaltspunkt.
„Luke. Luke bitte, mach die Augen auf.“ Flüsterte sie. Aber er reagierte nicht darauf, Lilly wusste, das er, wenn er noch lebte nur durch eines gerettet werden konnte. Hektisch sah sie sich um, suchte etwas. Ihr Blick blieb auf den Spiegelscherben haften, sacht ließ sie Luke auf den Boden gleiten, stand auf, lief auf die Bahn zu und griff nach der ersten großen Scherbe. Fest schloss sie ihre Hand um die Scherbe, lief zurück zu ihm, setzte sich wieder an die Wand und zog ihn sich wieder auf den Schoß, lehnte ihn an sich. Vorsichtig legte Lilly seinen Kopf auf ihren linken Arm, hielt immer noch die Scherbe in der linken Hand. Ihren Puls brauchte sie nicht zu suchen, sie sah ihn an ihrem rechten Handgelenk pulsieren. Venöses Blut brachte nichts, es muss arteriell sein, er konnte sie nicht beißen. Das Blut musste von selbst fließen. Lilly nahm die Scherbe fester in die Hand, stach sich mit der Spitze in die Pulsader der rechten Hand. Ein hoher, elektrisierender Schmerz schoss ihr bis in die rechte Schulter, als sie die Scherbe hineinstieß. Sofort sah sie, wie ihr Blut an der Scherbe entlanglief, als sie die Ader weiter aufschnitt.
Das würde eine ordentliche Narbe geben, dachte sie im ersten Moment. Aber es musste sein, sie drückte Luke ihr Handgelenk auf den Mund, aber es geschah nichts. Vorsichtig öffnete sie mit der linken Hand seinen Mund, presste wieder ihr Handgelenk darauf, sie sah wie ein kleines Rinnsal ihres Blutes an seinem Mund entlanglief.
„Bitte, oh bitte, Luke!“ Sie drückte ihn fester an sich, drückte ihr Gesicht auf seinen Kopf, langsam begann sie vor und zurück zu schaukeln. Es geschah immer noch nichts, ihre Verzweiflung, ihre Angst stieg ins Unermessliche. Sie wollte, durfte ihn nicht verlieren und schon gar nicht, nachdem er das getan hatte. Er hatte das durchmachen müssen, wegen ihr. Jetzt kamen noch Schuldgefühle hinzu. Fester drückte sie ihn an sich, drückte ihr blutendes Handgelenk auf seinen Mund, hoffte endlich eine Reaktion von ihm zu bekommen, aber sie spürte immer noch nichts.
Plötzlich geschah alles auf einmal: Sie fühlte wie sie an ihrem Handgelenk gepackt wurde, sie spürte wie Luke zubiss und sich gleichzeitig aufrichtete. Wieder spürte sie wie es durch ihren Körper zog, fast augenblicklich sah Lilly wie Lukes Körper anfing zu heilen. Seine Haut erneuerte sich, schwarze Stellen wurden wieder normal. Lilly konnte zusehen wie er heilte. Auf einmal ließ er sie los, sie merkte wie er mit der Zunge über ihre Handgelenk fuhr. Jetzt hörte Lilly wieder das Reiben von Stein auf Stein, sie sah wie sich die Decke schloss. Sofort waren sie von Vampiren umzingelt. Sie standen im Halbkreis um sie herum. Luke ging vor ihr in die Hocke, er sah aus, wie ein Sprinter der im Startblock stand. Die restlichen Vampire begannen zu fauchen und sie hörte das Luke zurückfauchte. Daraufhin gingen ein paar tiefer in die Hocke, wichen etwas zurück.
Jetzt sah sie wie von rechts und links zwei schwarzummantelte Vampire auf sie zu rannten, Luke sah erst zu einem dann zum andern, stand auf und Lilly sah wie er jeweils einen von ihnen an der Kehle packte, sie hochhob und mit Schwung auf die jeweilige Seite warf. Sie krachten an die Wand, Lilly sah wie etwas von der Wand rieselte, als sie dagegen schlugen.
Wie auf ein unsichtbaren Zeichen, griffen jetzt die anderen nach und nach an, Luke schnappte sich jeden, warf ihn wie eine Puppe durch die Gegend, manche krachten an die Wände, manche an die Säulen.
Einen von ihnen packte Luke an der Kehle und an dem Hosenbund, er presste ihn an eine Säule, Lilly sah, wie Luke den anderen förmlich darum wickelte. Sie hörte das krachen, als sich die Wirbelsäule des Angreifers unnatürlich um die ganze Breite der Säule formte. Der Angreifer rutschte, nachdem Luke ihn losgelassen hatte, einfach herunter, blieb liegen.
Die anderen sahen erst sie, dann Luke an, wichen zurück. Es schien so, als ob keiner mehr angreifen wollte.
Langsam, immer wieder die andere anfauchend, kam Luke rückwärts zu ihr. Erst als er direkt vor ihr stand, drehte er sich zu ihr herum, kniete sich, da sie immer noch mit dem Rücken an der Mauer saß, vor sie hin. Lilly sah, dass seine Augen immer noch Silbern waren, langsam wieder ihre normale Farbe bekamen. Vorsichtig griff er nach ihr, fuhr ihr sanft über die Wangen: „Alles ok.“ Sagte er zärtlich: „Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht!“
Plötzlich sah sie wie Luke von hinten von jemandem an der Kehle gepackt wurde und von ihr weggerissen wurde. Er flog quer durch den Raum, Lilly sah den breitschultrigen Vampir. Er stellte sich direkt vor sie, griff nach ihrem linken Arm, riss ihn hoch. Lilly sah jetzt erst, dass sie sich mit der Scherbe in die linke Handfläche geschnitten hatte. Es blutete zwar nicht mehr, aber das Blut war noch nicht ganz getrocknet. Der Vampir packte sie am Handgelenk, zog ihre Hand vor sein Gesicht und sog die Luft ein. Sofort sah sie, wie die Zähne gebleckt wurden, er zog ihre Hand weiter zu sich. Lilly versuchte verzweifelt ihre Hand aus seinem Griff zu zerren, aber sie hatte keinen Erfolg.
Kurz bevor die Zähne ihre Haut berührten, flog der Vampir wie von selbst nach hinten, landete hart auf dem Boden. Luke stellte sich zwischen sie und den Vampir, knurrte ihn an. Dieser rappelte sich wieder auf und rannte, mit gesenktem Oberkörper, wie ein Stier, auf Luke zu. Luke verschwand zusammen mit dem Angreifer förmlich vor ihren Augen. Immer wieder hörte sie, wie es an verschiedenen Stellen im dem großen Raum krachte. Sie sah wie Dreck von der Wand und den Säulen rieselte, wenn einer von beiden dagegen knallte.
Jetzt sah Lilly wie Luke und der Andere an einer Säule auf der anderen Seite des Raumes auftauchten. Der andere Vampir packte Luke an den Schultern und schlug ihn hart an eine der Säule. Dann drückte er Luke fest dagegen, griff an seine Kehle und schlug seinen Kopf gegen die Säule. Lilly hörte wie es krachte, sah schockiert wie Luke an der Säule nach unten rutschte und liegen blieb. Plötzlich drehte sich der andere Vampir wieder zu ihr, senkte den Oberkörper etwas und rannte, wieder wie ein angreifender Stier, auf sie zu. Gebannt sah sie ihn an, versuchte noch weiter nach hinten zu rutschen, aber sie lehnte ja schon mit dem Rücken an der Wand. Immer näher kam er ihr, Lilly starrte ihn wieder nur an, sah wie immer weniger Abstand zwischen ihnen wurde. Er war schon so nahe, dass sie erkennen konnte, wie seine Zähne gebleckt waren, seine Augen waren silbern. Jetzt stand er direkt vor ihr, kniete sich auf den Boden und wollte sie gerade an dem Handgelenk packen, als er abrupt anhielt. Lilly sah wie sich zwei Hände auf seine Schultern legten, ihn zurückzogen, ihn auf die Knie zwangen. Nun erkannte sie Luke, ebenfalls mit gebleckten Zähnen und silbernen Augen, packte er den anderen Vampir schließlich mit einer Hand an die Kehle, die andere drückte den Vampir noch auf die Knie. Lilly sah, wie Luke den Kopf ruckartig zur Seite drehte, es knackte und der Vampir ließ die Arme schlapp herunterhängen. Luke hatte dem Anderen das Genick gebrochen, sie sah wie schlapp der Vampire von Luke kniete. Sie war sich sicher, dass wenn Luke ihn losließe, er einfach noch vorne fallen würde, sich nicht mehr bewegen konnte. Jetzt packte Luke den anderen wieder an der Kehle und Lilly sah, wie er den Kopf des Vampires, langsam nach oben und nach hinten zog. Immer wieder krachte es, als Luke mehr und mehr Wirbel brach. Lilly sah wie an der Kehle des Angreifers die Haut spannte. Es klang wie das Platzen eines Ballons, als die Haut an der gesamten Kehle aufriss. Lilly glaubte die Luftröhre zu erkennen.
Auf einmal hörte sie ein Klatschen, abwechselnd das Geräusch des Gehstockes auf dem Steinboden. Zögernd sah sie nach rechts, erkannte das der Älteste näher an sie heran kam, schließlich keine drei Meter neben ihnen stehen blieb, wieder klatsche. Dann sah er Luke an: „Und jetzt lass ihn los, du hast gewonnen, ihn zu töten würde nur Konsequenzen haben! Du weißt was geschieht, wenn du einen von uns tötest!“
Luke sah Lilly an, ließ dann den Anderen nach vorne fallen, dieser blieb einfach liegen. Schließlich wurde der Vampir von zwei Schwarzummantelten weggetragen. Langsam kam Luke auf sie zu, kniete sich wieder vor sie hin. Immer noch mit gebleckten Zähnen, sah er sie mit silbernen Augen an.
„Kümmere dich um sie, schau nach ihrer Hand.“ Hörte sie den Ältesten sagen. Unwillkürlich sah sie auf ihre linke Hand, mittlerweile war das Blut ganz getrocknet. Luke nahm sanft diese Hand in seine, leckte darüber. Jeden Finger einzeln schleckte er frei von Blut, auch ihren Unterarm machte er sauber, da daran Blut herabgeflossen war. Immer wieder schielte Luke sie an, während er ihr Blut ableckte. Nachdem er fertig war, nahm sie sein Gesicht in ihre Hände, küsste ihn sanft. Sie fühlte seine spitzen Zähne an ihren Lippen und ihrer Zunge, vorsichtig erwiderte er ihren Kuss. Nun merkte sie wie er seine Zähne zurückzog, sie seinerseits mit beiden Händen packte und an sich zog.
Nach einer Weile, ließ er sie los, diesmal sah sie in blaue Augen. Er stand auf, zog sie mit hoch, Lilly merkte wie kurz ihre Beine zusammensackten. Luke hielt sie fester, drückte sie fest an sich und führte sie in der Mitte des Raumes, gemeinsam stellten sie sich nebeneinander vor die Steintreppe. Oben standen einige Vampire in roten Umhängen, sie sah insgesamt sieben Stück, in der Mitte an der Spitze stand der Älteste. Langsam kam er auf sie zu, wieder hörte sie die sanfte Stimme als er ihr zugewandt, sagte: „Kleines Menschlein, entweder sehr mutig, oder sehr leichtsinnig ist es. Mitten unter Vampiren sich die Adern öffnen! Sag mir, was war es Mut oder Leichtsinn?“
Zuerst wusste Lilly nicht was sie antworten sollte, sie erinnerte sich das Luke ihr gesagt hatte, das man den Hohen Rat nicht anlügen kann oder sollte, also entschied sie die Wahrheit zu sagen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass irgendjemand eh schon wusste, was sie dachte: „Keins von beiden. Wohl eher Verzweiflung!“
Der Älteste sah sie an, lächelte und sagte: „Verzweiflung? Oder Angst um dich?“
„Wenn Angst, dann nicht um mich!“
Wieder lächelte er, sah dann Luke an: „Ein kämpferisches Menschlein hast du da! Und ihr Blut scheint dich stärker, schneller zu machen, außerdem heilst du schneller. Gib gut Acht auf dein Menschlein!“
Dann nahm er Lukes rechte Hand, drehte die Handfläche nach oben, nahm Lillys linke Hand und legte sie, mit dem Handrücken in Lukes Hand. Daraufhin nahm er Lillys rechte Hand, legte sie mit der Handfläche in ihre eigene und Lukes linke Hand obendrauf. Dann zögerte er kurz, schüttelte den Kopf und nahm Lukes obere Hand wieder weg, nahm dann Lillys Rechte. Jetzt nahm er zuerst Lukes linke Hand, legte sie Handfläche auf Handfläche, auf Lillys Linke, dann legte er Lillys rechte Hand und legte sie ganz obendrauf.
„So ist besser! Sonst könnte man meinen nur du trägst Sorge um sie, aber sie beschützt dich genauso! Also ist das so besser!“ Er hielt kurz inne, sagte dann: „Ja, so soll es sein!“ Dann verneigte er sich vor Luke: „Lord Cunningham!“ sah dann Lilly an: „Mylady!“
Daraufhin ging er langsam die Treppe nach oben, stellte sich wieder in die Mitte, sah über Luke und Lilly hinweg: „Bringt sie raus!“
Erleichterung, schon Freude durchströmte Lilly, allerdings waren das nicht ihre Gefühle, sie fühlte sich immer noch verunsichert, wusste schlichtweg nicht was sie davon jetzt halten sollte.
Jetzt tauchte der schmächtige Vampir, der bei ihr im Auto gewesen war, neben ihr auf, sah sie grinsend an: „Ich hab was für dich!“ Sie sah das Tuch in seiner Hand, roch förmlich den Ether.
„Nochmal drückst du mir das Ding nicht ins Gesicht!“ fauchte Lilly sauer.
„So?“ fragte er zynisch: „Na dann komm mal her!“
Luke ließ Lillys Hände los, legte ihr den Arm um den Oberkörper und Lilly hörte wie er fauchte. Langsam drehte sie sich in seiner Umarmung, tätschelte sanft seine Brust, schüttelte den Kopf: „Lass nur!“
Dann drehte sie sich wieder herum, sah den anderen an: „Komm nicht näher!“ sagte sie warnend.
Trotzdem kam er nah zu ihr, hielt ihr das Tuch vor das Gesicht: „Du denkst du kannst was dagegen tun?“
Kaum war er näher bei ihr, holte sie aus und schlug zu. Ihre Faust traf ihn mitten im Gesicht, sie hörte wie Knochen brachen, zeitgleich spürte sie den Schmerz in ihrer Hand.
Der Vampir hielt sich wieder die Nase: „Oh man schon wieder!“
Lilly hörte wie ein Raunen durch den Raum ging, sie drehte sich herum, sah erst Luke, dann in die Richtung der Treppe. Hatte sie einen Fehler gemacht, aber sie fühlte von Luke keine Sorge. Der Älteste blieb stehen, drehte sich etwas herum und lachte wieder: „Kämpferisches Menschlein! Bringt sie nach Hause!“
Der Vampir sah jetzt den Ältesten an, dann nickte er Lilly und Luke zu: „Kommt.“ sagte er knapp, schien wohl sauer wegen Lillys erneuten Angriff. Doch das war ihr egal. Sie hakte sich bei Luke unter und zusammen verließen sie den großen Raum, gingen wieder durch den Gang, durch den Lilly herein gebracht wurde. An beiden Seiten standen schwarzummantelte Vampire, Lilly rückte während des Gehens näher an Luke, dieser strahlte immer noch Freude, Zufriedenheit und Glück aus. Er schien sich angesichts dieser Übermacht keine Sorgen zu machen.
Nach einer Weile sah Lilly wieder eine große, weiße Limousine, mit tiefschwarz abgedunkelten Scheiben im hinteren Bereich. Der Schmächtige drückte Luke ein Hemd in die Hand, hielt ihnen dann die Tür auf. Nachdem Luke sich angezogen hatte, stieg er zu ihr in den Wagen. Kaum war die Tür hinter Luke geschlossen, fuhr der Wagen an. Lilly sah sich, nachdem Luke sich neben sie gesetzt hatte, im Wagen um. Er war genauso groß wie die andere Limousine, Luke hätte sich ohne weiteres der Länge nach auf den Wagenboden legen können, die Rückbank war mit hellem Leder bezogen, der Fahrerbereich war ebenfalls mit dem schwarzen Glas abgetrennt. Aber sie konnte sich denken, dass es nur ein Mensch sein konnte, der fuhr. Sie rieb sich die Hand, mit der sie zugeschlagen hatte. Luke sah es, lehnte sich etwas zu ihr und nahm ihre Hand in seine: „Leichtsinnig, du hättest dir die Hand brechen können!“
„Hab ich aber nicht!“
„Ist alles ok bei dir?“
Lilly nickte zögerlich, spürte seine intensive Gefühle: Freude, Glück, Zufriedenheit und Liebe: „Ich glaube schon. Mir ist etwas komisch, aber sonst!“
„Ich hab zu viel genommen, dein Körper hat den Blutverlust von letztens noch nicht ausgeglichen!“
„Das liegt wohl eher am Ether, vielmehr mit den Nebenwirkungen! Du hast kaum was genommen, warum eigentlich?“
„Ich sagte doch, dein Blut ist intensiver. Selbst wenig von deinem Blut, hat eine enorme Wirkung auf mich. Selbst mein Herz schlägt wieder!“
„Wirklich?“ fragte sie und legte ihm die Hand auf die Brust. Sie fühlte seinen Herzschlag: „Stimmt!“
Luke lachte auf: „Natürlich stimmt das, ich werde es ja wohl merken.“
„Warum bist du, so… erleichtert?“
Jetzt rutschte Luke vom Sitz, kniete sich vor die Rückbank auf den Wagenboden, nahm ihre beiden Hände in seine: „Du hast keine Ahnung, was das gerade war, oder? Was das bedeutet für dich,… für mich,… für uns!“
Lilly schüttelte den Kopf: „Wieso, was meinst du damit!“
Luke richtete sich etwas auf, drückte ihr eine Kuss auf den Mund und flüsterte dann: „Das war der Hohe Rat! Die Tatsache, dass der dich akzeptiert, dich mit mir gehen lässt… verstehst du das nicht, sie akzeptieren das, sie akzeptieren und erlauben es.“
„Und was..?“ fragte sie verwirrt.
Seine Freude überschwemmte sie förmlich, sie konnte nichts dagegen machen. Wieder nahm er ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie zärtlich.
„Verstehst du…so …so etwas gab es, meines Wissens, noch nie…das ein Mensch als Gefährte vom Hohen Rat akzeptiert worden ist, verstehst du denn nicht. Alles…alles ist ok!“
„Wie, alles ok, was meinst du damit?“
„Niemand wird es wagen, niemand von meinen, wird es wagen dir etwas zu tun! Nicht ohne Konsequenzen meinerseits und, ich denke das wird die meisten davon abhalten, Konsequenzen des Hohen Rates!“
„Das heißt,… ja was eigentlich. Ich wüsste nicht, was sich ändern würde, ok, keiner wird mir was tun, aber das würdest du doch eh verhindern, oder?“
„Natürlich, aber du weißt nicht alles!“ sagte er kichernd, dann wurde er wieder ernster: „Aber du weißt, es arbeiten auch Menschen für uns und die können auch bei Sonne nach draußen! Ich hab dir doch gesagt, dass ich dich nicht immer beschützen kann!“
„Heißt das, du wirst mich nicht mehr so bewachen müssen?“
Luke lachte auf: „Bei dir… mmh, ich glaube du bist jemand den man immer beschützen muss und sei es nur vor zu heißem Essen!“ sagte er vergnügt.
Lilly schlug ihn sanft auf die Brust: „Du bist gemein!“ sagte sie kichernd.
„Ich?“ fragte er.
„Ja du! Du hast mich zu Tode erschreckt!“
„Ich dich?“
„Ja, wie kann man so leichtsinnig sein und durch die Sonne gehen?“
„Wieso?“
„Das hätte dich töten können!“
Bevor Luke antwortete, stütze er sich seitlich neben ihr, mit den Händen auf der Rückbank nach oben, bis er mit dem Gesicht auf der Höhe von ihrem war: „Glaubst du mir jetzt, wenn ich dir sage, dass ich tausend Tode sterben würde, bevor ich zulassen würde, das dir etwas geschieht!“
„Aber gleich so...musste das sein?“
„Hätte ich dich….! Nein, da denk ich nicht mal dran, was hätte passieren können.“
„Glaubst du, die hätten das gemacht?“
Luke zuckte mit den Schultern: „Ich weiß es nicht!“ gestand er: „Ich weiß es wirklich nicht, ob sie es soweit zugelassen hätten, aber darauf anlegen, …nein, lieber nicht!“
Lilly wusste nicht wirklich, was sie davon halten sollte. Hätten sie sie wirklich getötet, oder hätten sie sie gerettet, bevor die Axt sie erwischt hätte. Ein Gefühl der Sorge machte sich bei ihr breit, außerdem war ihr immer noch schlecht, ehrlich gesagt ging es ihr schlechter wie zuvor.
„Alles ok?“ fragte er besorgt.
Als Antwort nickte sie zögerlich. Allerdings wusste sie das Luke ihr nicht glaubte.
„Ehrlich? Du siehst nicht so aus!“
„Mir ist nur nicht ganz gut, das ist alles!“
„Komm leg dich hin, die Rückbank ist groß genug. Ruh dich was aus, ist die Mischung zwischen dem Blutverlust, dem Ether und wahrscheinlich dem Abklingen des Adrenalins!“ Dabei hob er ihr die Beine an und legte sie auf die Rückbank, dann setzte er sich vor sie auf den Boden und legte einen Arm um sie herum: „Ich pass auf dich auf!“ sagte er sanft und küsste sie zärtlich auf die Wange. Lilly sah ihn an, strich ihm ihrerseits über die Wange, ließ ihre Hand in sein Genick fahren und dort liegen. Nach einer Weile fing sie an ihm im Genick zu kraulen, Luke lachte leise.
„Was denn?“
„Nichts, schlaf was, es wird ne Zeit dauern, bis wir zu Hause sind!“
„Und wenn ich nicht schlafen kann? Ich bin zu lange wach um schlafen zu können!“
„Wieso zu lange wach?“
„Ich hab doch Nachtdienst gehabt!“
„Wie viele?“
„Wie, wie viele?“
„Ja, ich hab vor ein paar Tagen nach dir geschaut, da hattest du schon Nachtdienst!“
„Ich hatte sechs Stück!“
„Das heißt…“ Er überlegte: „Ich war in deiner ersten Nacht bei dir!“
„Und dann?“
„Dann wurde ich, sagen wir… abgehalten!“
„Von wem?.. Blöde Frage, ich kanns mir denken!“
Als Antwort griente er sie an, auch wenn Lilly irgendwie etwas Betrübtes darin erkannte. Soll ich? Dachte sie. Schließlich fragte sie zögerlich: „Was haben sie mit dir gemacht?“
„Wie kommst du darauf, dass sie etwas gemacht haben!“
„Du warst bestimmt im Zero und der Älteste gesagt hatte, dass du mir nicht helfen können würdest, da du selbst Kontrollprobleme haben würdest, da du was brauchen würdest. Und was das ist, kann ich mir denken!“
„Das willst du nicht wissen!“
Lilly hob etwas den Kopf und sah Luke an, zog ihn am Genick etwas zu sich und küsste ihn. Traurig zog sie eine Schnute: „So? Will ich nicht?“
„Nein, glaub mir, willst du nicht wissen. Ist aber auch egal, es geht dir gut!“
Langsam ließ sie sich von ihm wieder auf die Rückbank drücken, sah ihn aber weiterhin an.
Luke lächelte sie sanft an: „Es ist alles ok, versprochen.“ Träge kraulte sie ihn weiter im Genick. Es dauerte etwas, bis sie schließlich ganz damit aufhörte und einschlief.
„Lilly.“
Lukes leise Stimme drang selbst im Schlaf bis zu ihr. Sie fühlte wie er ihr sanft über den Arm und den Rücken strich. Im Halbschlaf merkte sie, dass der Wagen immer noch fuhr, müde öffnete sie die Augen, sah sich um. Luke kniete immer noch vor ihr auf dem Boden.
Zärtlich küsste er sie auf die Wange: „Bist wach?“
Träge räkelte sie sich: „Nein.“ Sagte sie müde.
Leise lachte er auf: „Dafür das du noch schläfst, gibt’s du aber gut Antwort!“
„Ja!“
Sie sah nach oben, sah zu ihrer Überraschung den Sternenhimmel: „Oh, es ist schon dunkel!...Wieso sehe ich den Himmel?“
„Ich hab das Dachfenster aufgemacht, die Sonne ist untergegangen und da…“
„Wo sind wir?“
„Keine Ahnung, aber wir sind fast zu Hause!“
„Woher weißt du das?“
„Vertraute Gerüche kommen von draußen!“
Kaum hatte Luke es ausgesprochen, sah sie im Dachfenster Bäume vorbeihuschen. Ob sie schon in dem Wäldchen waren, in dessen Nähe Lukes Anwesen war?
Sie sah wie der Wagen langsamer wurde, abbog und nach einer Weile kurz anhielt.
Als der Wagen wieder anfuhr, sagte Luke leise: „Ich hasse es, dass die durch das Tor kommen!“
„Durch welches Tor?“ fragte sie leicht verwirrt.
„Durch das Eisentor zu dem Grundstück… obwohl, sie brauchen eigentlich gar nicht durch das Tor, aber schon die Tatsache, das sie jederzeit überall hinkommen können, nervt mich!“
„Dürfen die das einfach machen?“
„Wenn es der Hohe Rat so will, dann ja. Ansonsten hab ich das Recht mein Grundstück zu bewachen und zu verteidigen! Auch gegen sie und gegen die, die für sie arbeiten!“
„Aber woher willst du wissen, ob sie nicht vom Hohen Rat geschickt wurden?“
„Tja, das ist der Haken an der Sache! Behaupten kann man viel. Ich darf denjenigen halt nicht töten, muss ihn zumindest solange am Leben lassen, bis ich weiß, ob er vom Hohen Rat geschickt wurde!“
„Und wenn nicht?“
„Kann ich eigentlich auch nichts mehr machen, da es ja nicht als Verteidigung gesehen werden kann, wenn er nicht gerade dabei ist, etwas zu machen!“
„Also kannst eigentlich gar nichts machen.“
„Gegen meinesgleichen oder Menschen die für uns arbeiten nicht, aber gegen andere Eindringlinge hilft meist schon ein kleiner Schreck und sie hauen ab und kommen auch so schnell nicht mehr wieder!“
Lilly war sich sicher, etwas Amüsiertes in Lukes Stimme zu hören: „Das macht dir auch noch Spaß!“
„Was?“
„Arme, neugierige Menschen zu vertreiben!“
Luke wiegte den Kopf von links nach rechts, sah sie dann grienend an: „Etwas! Aber sie haben auch nichts auf meinem Grundstück zu suchen!“
Lilly kicherte verschlafen, merkte wie der Wagen wieder langsamer wurde und schließlich stehen blieb. Langsam richtete Luke sich auf, noch bevor er die Tür erreichte, wurde diese von außen aufgezogen. Luke stieg aus, reichte Lilly seine Hand in das Wageninnere um ihr beim austeigen zu helfen. Zusammen gingen sie zum Hauseingang.
Sie betraten das Haus und Lilly merkte wie Luke kurz zögerte, bevor er die Tür hinter ihnen zumachte. Er beschleunigte seine Schritte etwas und Lilly sah, wie er etwas von einem kleinen Tisch, der rechts zwischen zwei Türen stand, nahm. Erst als er an ihr vorbeilief, sah sie das er ein Paar Schuhe und ein zerrissenes Hemd in den Händen hatte. Damit ging er aus der Haustür. Nach kurzer Zeit kam er mit leeren Händen wieder zu ihr.
„Was hast du mit den Sachen gemacht?“
„Weggeworfen!“
„Warum?“
„Waren kaputt, hab genug andere Sachen!“ Damit legte er den Arm um ihre Schultern und ging mit ihr zusammen in das Wohnzimmer.
„Hunger?“ fragte er unvermittelt.
„Was?“
Luke lächelte: „Ob du Hunger hast?“
„Wie kommst du darauf?“
„Nur so, du musst was essen.“
„Ich hab keinen Hunger!“
„Immer noch müde?“
„Etwas.“ gestand sie.
„Willst du ins Bett? Oder hier unten bleiben?“
Sacht lehnte sie sich an ihn, zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht.“
„Wenn du das nicht weißt, woher soll ich das dann wissen!“
Lilly kicherte leise, rempelte ihn an.
„Hey, freches Ding!“
„Ist es noch dunkel?“
„Ja, es ist mitten in der Nacht. Du solltest wirklich etwas schlafen!“
„Ich hab doch im Auto geschlafen!“ quengelte sie.
„Das war eher ein hin und hergewälze, wie ein ruhiger Schlaf!“
„Mmh.“ War alles was sie erwiderte.
Als Antwort darauf, schob er sie einfach weiter zu den Couchen, schubste sie vorsichtig auf eine und legte sie, nachdem sie nur darauf saß und keine Anstalten machte sich hinzulegen, richtig darauf. Dann nahm er eine Decke, legte sie über sie und stopfte die Decke rundherum unter Lilly drunter.
„Hey.“ Quengelte sie: „Ich kann mich nicht bewegen!“
Sie versuchte sich herumzudrehen, oder zumindest ihre Arme zu bewegen, aber Luke hatte die Decke so fest um sich herum gelegt, das sie sich fühlte wie in einem Schlafsack.
Luke lachte: „Du sollst schlafen und nicht rumhampeln!“
„Ich will aber nicht hier schlafen!“
„Wieso nicht?“ Was meint sie damit, nicht hier. Wollte sie nach Hause, oder wollte sie nicht auf der Couch schlafen, fragte er sich.
„Die Couch ist zu schmal, da fall ich bestimmt runter!“
„Wir sind da zu zweit draufgelegen und es ist niemand runter gefallen!“
„Ja.“ quäkte sie: „Aber da hast du mich festgehalten, oder bist vor mir gelegen, da kann ich doch gar nicht runterfallen.“
Luke kicherte leise, setzte sich vor sie auf die Couch und legte die Arme um ihren Oberkörper: „So besser?“
„Mmh,… nein!“
Auflachend rutschte er wieder von ihr weg, sah sie eine Weile an. Er hatte ihr die Decke fast bis zur Nasenspitze gezogen, sie konnte sich wirklich kaum bewegen: „Gut!“ sagte er, griff mit beiden Händen unter ihren Körper und hob sie hoch.
Lilly fing laut an zu lachen, strampelte mit den Beinen, wobei sie beide Beine gleichzeitig bewegen musste, weil selbst, nachdem er sie hochgehoben hatte, war die Decke immer noch fest um sie gewickelt.
„Was machst du da?“
„Ich bring dich jetzt ins Bett und keine Widerrede!“ Fast hätte sie ihm diesen ernsten Ton abgenommen, aber sie sah wie er griente, lachte wieder auf: „Als ob ich mich wehren könnte, so verschnürt wie ich bin!“
„Dann ist ja gut.“ Sagte er und diesmal hörte Lilly seine Vergnügtheit nicht nur, sie fühlte es auch.
Luke trug sie aus dem Wohnzimmer, brachte sie in die Vorhalle und die Treppe nach oben. Zu Lillys Verwunderung lief er allerdings in normaler Geschwindigkeit, unwillkürlich fragte sie sich, ob er nicht schneller laufen konnte, ob er immer noch zu geschwächt war, von dem was geschehen war.
„Worüber machst du dir Sorgen?“ fragte er, als er gerade den rechten Treppenabschnitt nach oben lief.
„Ich frage mich, ob alles ok ist bei dir!“ sagte sie wahrheitsgemäß.
„Warum?“
„Weil du langsam läufst!“
„Geht’s dir zu langsam?“ fragte er kichernd und noch bevor Lilly etwas sagen konnte, merkte sie wie die Luft über ihr Gesicht huschte und sie einen Augenblick später aufs Bett fallen gelassen wurde.
„Aua.“ quengelte sie.
„Was denn?“ fragte er.
„Ich bin doch kein Kartoffelsack.“ Kicherte sie.
„Ach komm, so arg war das gar nicht!“ sagte er vergnügt.
„Do-och!“ erwiderte sie immer noch kichernd.
Luke schielte sie von der Seite an, zog eine Augenbraue nach oben und Lilly konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
„So zimperlich bist du gar nicht,…zumindest bei dem was ich heute gesehen habe..“
„Was meinst du damit?“ fragte sie.
Er zuckte mit den Schultern: „Ach nur so….schlaf was!“
„Wieso soll ich immer schlafen? Ich glaube, du willst nur das ich die Klappe halte!“ sagte sie immer noch vergnügt.
Luke setzte sich zu ihr auf das Bett, beugte sich über sie, küsste sie sanft und sagte dann leise kichernd: „Du hast es erfasst, wenn du schläfst bist du um einiges friedlicher!“
„Boah! Ey, das sagst du nicht nochmal!“
Immer noch über sie gelehnt, flüsterte Luke: „Da bin ich nicht der einzige, der das sagt, du kämpferisches Menschlein!“
Lilly kicherte wieder leise und versuchte sich erneut aus ihrer Wickelung zu befreien, aber selbst jetzt, war das nicht so einfach.
„Ne ne ne, bleib du nur eingewickelt!“
„Warum?“
„Weil du schlafen sollst!“ Damit gab er ihr einen erneuten Kuss auf die Wange.
„Und was machst du?“
Wieder zuckte er nur mit den Schultern, legte sich aber dann zu ihr und drängte seinen Körper eng an ihren. Lilly merkte seine Atemzüge in ihrem Genick, drehte sich herum und schmiegte ihr Gesicht an seinen Brustkorb. Das rhythmische Schlagen seines Herzen machte sie müde. So oft war sie an seiner Brust eingeschlafen, immer hatte sie seinen Herzschlag gehört, zumindest bis zu dem Tag, wo sie erfahren hatte, was er war.
Lilly merkte die Wärme in ihrem Gesicht, blinzelte, da ihr die Sonne ins Gesicht schien. Abrupt richtet sie sich auf: Die Vorhänge waren aufgezogen, von Luke fehlte jede Spur. Unsicher ob sie es wagen sollte, stand sie auf und ging zur Schlafzimmertür. Leise machte sie diese auf und spähte hinaus. Der Rest vom Haus, zumindest den Teil den sie sah, war wie nicht anders zu erwarten, abgedunkelt. Sofort kamen die Bilder ihrer Erinnerung wieder hoch, als Luke das zum ersten Mal gemacht hatte. Angst beschlich sie und sie schloss die Tür wieder hinter sich, tapste zum Bett und setzte sich darauf. Nochmals würde sie ein solches Risiko nicht eingehen, sie hatte gesehen, wozu Luke in der Lage war. Sie würde hier warten. Aber wie lange? Fragte sie sich. Woher soll ich wissen, das ich wieder gefahrlos nach unten kann. Eigentlich erst wenn es dunkel wird und Luke gehen kann, solange muss ich hier oben bleiben, entschied sie.
Sie hörte vor der Tür etwas, als ob etwas oder jemand davor herumlief. War es Luke, ging es ihr durch den Kopf, wägte er ab, was schlimmer wird. Die Sonne oder das Warten.
Jetzt fühlte sie ihn, aber er schien weder hungrig, noch gierig zu sein. Langsam stieg sie wieder aus dem Bett, tapste erneut zur Tür und griff nach der Klinke. Sie merkte wie schnell und hart ihr Herz in ihrer Brust schlug, als sie langsam die Klinke nach unten drückte. Sie zog die Tür auf und Sonne flutete sofort den Bereich des Flures vor der Tür.
„Alles ok?“ hörte sie Lukes Stimme. Langsam drehte sie den Kopf nach links, sah wie er seitlich an der Wand stand. Er hatte sich in den Schatten zurückgezogen. Zögerlich nickte sie: „Und bei dir?“ fragte sie vorsichtig.
Er nickte: „Alles ok! Ich hab dich nur kurz gehört und da dachte ich, das vielleicht was nicht stimmt.“
„Musst du so herumschleichen? Mach das nicht! Und außerdem, warum sind die Vorhänge auf?“
„Ich hab sie aufgemacht, als ich ins Zero gegangen bin, damit du, wenn du wach wirst, dich orientieren kannst!“
„Warum hast du sie nicht zugezogen, als du zurückgekommen bist?“
„Habs vergessen!“
Lilly zog eine Augenbraue nach oben: „Vergessen? Ich dachte wunder was schon wieder ist. Mach das nicht nochmal!“ Sie konnte nicht verhindern, das sie ihn anfauchte.
„Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken, aber ich war noch beschäftigt und als mir eingefallen ist, das ich die Vorhänge aufgemacht habe, war es bereits nach Sonnenaufgang, da konnt ich nicht mehr zu dir rein!“
„Was ist mit dem, lass bloß die Vorhänge zu, mach sie nicht auf, wenn was ist, kann ich dir nicht helfen, bla bla bla!“
„Bist du zickig?“ fragte er leicht vergnügt.
„Nein! Sauer, aber das müsstest du eigentlich merken!“
„Weil ich vergessen hab, die Vorhänge zuzumachen?“
„Weil du mich zu Tode erschreckt hast!“
Luke sah sie an: „Wegen der Vorhänge?“
„Nein!“ sagte sie sarkastisch: „Wegen dem, was letztes Mal passiert ist, als du die Vorhänge hier aufgezogen hast!“
Sofort spürte sie seine Schuldgefühle: „Ich hab dir….“
Lilly winkte ab: „Sei bloß still, sonst… sonst zieh ich hier alle Vorhänge auf und dann…“
Jemand anderer hätte ihr diese Drohung abgenommen, aber Luke fühlte wie ihre Wut verrauchte.
„Es tut mir leid!“ sagte er kleinlaut: „Ich wollte eigentlich verhindern, das du Angst bekommst, deswegen habe ich sie aufgelassen!“
Lilly lehnte sich mit dem Kopf an dir Tür, sah ihn eine Weile an: „Ja ich weiß.“ Sagte sie schließlich und ging zurück ins Schlafzimmer. Dort zog sie die Vorhänge wieder zu und setzte sich aufs Bett. Es dauerte nicht lange, bis Luke vor ihr kniete, seinen Kopf auf ihre Oberschenkel legte. Fast schon geistesabwesend, legte sie ihre Finger in sein Genick und begann ihn wieder zu kraulen. Luke blieb völlig regungslos vor ihr knien, sie ließen sich von den Gefühlen des anderen fluten.
„Es tut mir leid.“ Brach Luke irgendwann das Schweigen.
„Was?“
„Das ich dir nicht geglaubt habe. Gerade ich müsste doch wissen, das es noch was anderes gibt, außer dem was jeder weiß oder glaubt.“
Lilly lehnte sich etwas nach vorne, sodass sie ihr Gesicht in seinen Haaren verbergen konnte: „Es waren ja auch keine Geister.“ Flüsterte sie.
„Nein, was viel gefährlicheres! Es hätte dir fast das Leben gekostet!“
„Wenn ich bei dir geblieben wäre, oder dich nicht rausgeschmissen, wäre das nicht passiert!“
„Doch, irgendwann schon!“
„Wie kannst du dir so sicher sein?“
„Weil ich davon gehört habe, das Gefährten vom Hohen Rat getestet werden!“
„So wie das?“
„Ich weiß es nicht, ich wusste nur, das der Hohe Rat testet, ob es wirklich Gefährten sind!“
„Aber…“
„Ein Gefährte ist dem Anderen das Wichtigste. Verstehst du, jeder von beiden, würde für den anderen sterben. Oder würde sich eher umbringen lassen, als zuzulassen, das dem andern etwas geschieht. Allerdings wusste ich nicht in welcher Art sie das testen.“
„Aber warum haben sie dich viel eher wie mich geholt?“
„Weil es aufgefallen wäre, wenn du plötzlich, während du arbeitest, verschwindest. Sie wussten genau, wo und wie lange du arbeitest. Und selbst wenn sie es nicht gewusst hätten, habe ich sie an dem Abend, an dem ich nach dir gesehen habe, direkt zu dir geführt! Und dann hätten sie nur warten brauchen. Vielleicht hätte ich nicht nach dir sehen sollen, aber…“
„Aber was?“
„Als ich gemerkt…..als mir bewusst wurde das du recht hattest, das uns jemand beobachtet….also ich hab selbst gemerkt, das ich beobachtet werde an dem Abend und als ich denjenigen verfolgt habe, habe ich gemerkt, wie schnell er war und da wusste ich, das es nur einer von Meinesgleichen sein konnte und dann wurde mir klar, das derjenige weiß, das du alleine sein müsstest, da ich ja hier alleine war und….“ Luke hob den Kopf sah ihr in die Augen: „Ich hatte einfach Angst um dich! Ich wusste nicht was geschehen würde, ob derjenige wusste was du bist. Ob der Hohe Rat vielleicht schon wusste, das du ein Mensch bist und warum ich so viel mit dir zusammen bin. Und da ich noch nie gehört habe, das es so etwas, …also die Verbindung zwischen einem von Uns und einem von Euch, gegeben hat, wusste ich nicht ob es der Rat akzeptieren würde, oder was sie mit dir tun würden.“
„Du meinst dieser ganze Aufbau, dieses ganze Szenario, war nur ein Test, um zu sehen, ob ich das bin, was du denkst das ich bin?“
Luke nickte langsam: „Ja, mehr nicht. Sie wollten herausfinden, wieweit ich bereit bin zu gehen und wie weit du gehen würdest!“
„Wussten sie das ich ein Mensch bin… wahrscheinlich schon. Diese Axt benötigt man wahrscheinlich nicht für einen von Euch, wenn er in der Sonne angebunden wird.“
„Ja, sie wussten es, aber nicht von mir. Sie haben es zwar versucht, aber….“ Luke senkte den Kopf, legte ihn wieder auf ihr Oberschenkel.
Lilly fiel wieder Lukes zerrissene Kleidung ein: „Was haben sie mit dir gemacht?“
Langsam schüttelte er den Kopf: „Egal!“ sagte er leise.
Jetzt beugte sich Lilly nach vorne, legte sich auf Luke, so dass ihr Oberkörper auf seinem Rücken lag. Luke schlang seine Arme um ihre Taille, zog sie nah an sich heran und wieder schwiegen beide.
Wieder war es Luke der das Schweigen brach: „Alles ok bei dir?“ fragte er zögerlich.
Lilly nickte: „Ja, es ist nur irgendwie merkwürdig.“
„Was?“ Jetzt hob er wieder den Kopf, sah ihr wieder in die Augen.
„Das alles… ach egal!“ Sie strich ihm mit beiden Händen über die Wangen: „War´s das jetzt?“
„Was war es?“
„Naja, alles! Es gibt Ruhe, keiner beobachtet mehr oder verfolgt!“
Luke zögerte erst, dann schüttelte er langsam den Kopf.
„Aber sicher bist du nicht.“
„Du stehst unter meinem Schutz und dadurch, das dich der Hohe Rat akzeptiert, mehr oder weniger auch unter dessen. Das heißt aber nicht, das sie uns nicht mehr beobachten. Ich hab dir doch erzählt, dass sie selbst mich beobachten. Sie werden bestimmt noch eine Weile ein Auge auf uns haben! Nur zur Sicherheit!“
„Zu meiner?“
„Wohl eher um zu sehen, wieweit du für mich gehst!“
„Haben wir das nicht geklärt?“
„Sie wollen eher wissen, ob du mich deckst. Ob du für mich lügst, wenn ich etwas getan habe, was ich nicht tun darf!“
„Zum Beispiel?“
„Leichen im Keller vergraben, also wirkliche.“
„Wenn du zu weit gegangen bist!“
„Ja, wenn einer gestorben ist, obwohl derjenige es nicht wollte, oder ich etwas genommen habe, was nicht freiwillig gegeben wurde, so was halt!“
„Also beobachten sie eher dich wie mich?“
„Uns beide, nur zur Vorsicht und natürlich um herauszufinden, ob du mein Geheimnis für dich behältst, oder es jemanden erzählst!“
Lilly begann zu Lachen, legte ihr Gesicht an seines: „Klar, als ob mir das jemand glauben würde… ach übrigens, mein Freund ist schon an die 150 Jahre alt und eigentlich tot… Was denkst du, wie schnell ich in der Klappsmühle landen würde!“
Jetzt begann Luke zu Lachen, stutzte dann kurz: „Freund?“ fragte er vorsichtig.
„Lebensgefährte klingt so altertümlich!“ sagte sie wieder kichernd.
„Würde ja glatt zu mir passen.“
Sanft tätschelte sie ihm die Wange: „Hast du auch wieder recht. In deinem Alter!“
„Hey!“ dann rempelte er sie gerade fest genug an, das sie rücklings aufs Bett fiel. Fast schon zögerlich kroch er über sie, stemmte sich seitlich neben ihrem Kopf auf seine Arme hoch und sah ihr wieder in die Augen. Zärtlich strich er ihr über die Wange, ließ seine Finger über ihre Kehle fahren. Küsste sie sanft auf die Lippen: „Wenn ich die Chance hätte dich von alledem fernzuhalten, würde ich es machen!“
„Ich schätze ich häng schon zu tief drin, um da irgendwie nicht hineingezogen zu werden!“
Sie merkte wie er lächelte, legte ihre Arme um seinen Hals und zog ihn fester an sich: „Und vielleicht will ich das ja auch nicht!“
„Leichtsinniges Etwas!“ flüsterte er, immer noch seine Lippen auf ihren.
„Ich bin leichtsinnig? Wer lässt sich hier halb braten!“
Als Antwort küsste er sie wieder: „Ich hab dir doch gesagt, das ich alles für dich tun würde!“
„Ich weiß! Und das macht mir irgendwie Sorgen!“
„Ich merks! Brauchst du aber nicht, ich hab 150 Jahre geschafft!“
„Schon, aber ohne mich, auf die du aufpassen musst!“
„Das mach ich doch gerne!“
„So?“
Wieder küsste er sie: „Weißt du doch!“
Plötzlich hob er den Kopf, Lilly sah wie er die Luft einsog: „Was ist los?“ fragte sie besorgt.
„Wir kriegen Besuch!“
„Aber es ist heller Tag?“
„Kein Vampir!“
„Ein Mensch?“
Luke stand mittlerweile an der Tür, sah sie kurz an und nickte: „Bleib hier und warte.“
Sie nickte knapp als Antwort und Luke verschwand förmlich vor ihren Augen.
Zuerst wartete Lilly im Bett, aber dann wurde sie neugierig. Langsam stand sie auf, ging zur Tür, ging über den schmalen Flur und stellte sich an das Geländer, sah nach unten ins Foyer.
Irgendjemand stand zusammen mit Luke in der Vorhalle, sie redeten miteinander, aber Lilly verstand nichts. Um eventuell doch etwas zu hören, beugte sie sich weiter nach vorne. Sie wurde immer neugieriger, wollte unbedingt wissen um was es ging.
„Fall nicht da oben runter vor lauter Neugierde!“ hörte sie Luke kichernd sagen.
Nun drehte sich der andere herum und verließ das Haus durch die Vordertür. Jetzt kam Luke langsam die Treppe nach oben, sie sah das er etwas Weißes in der Hand trug.
„Was hast du da?“
Luke griente sie an, klopfte ihr sanft mit dem Briefumschlag auf die Nasenspitze: „Ganz schön neugierig! Erst fällt sie fast von hier oben runter und dann will sie alles wissen!“
„Ja.“
Luke lachte auf, hielt ihr das Kuvert vor die Nase: „Da les.“
Lilly schnappte sich das Kuvert und rannte ins Schlafzimmer zurück, ließ sich dort auf das Bett fallen und riss es auf. Ein schön gemustertes Briefpapier kam zu Vorschein, sie nahm es heraus und faltete es auf. Das Papier war geprägt, hatte eine Art Stempel ganz oben in der Mitte. Die Schrift war schwarz, aber so sehr sich Lilly auch anstrengte, sie konnte es nicht entziffern. Viel zu viele Verschnörkelungen an nahezu jedem Buchstaben, machte ihr das Lesen unmöglich. Etwas frustriert hielt sie Luke, der inzwischen bei ihr auf dem Bett saß, den Brief hin.
„Was denn?“ fragte er hörbar vergnügt.
„Ich kann das nicht lesen.“ sagte sie quengelig.
„So?“ Immer noch dieser vergnügte Tonfall: „Soll ich dir vorlesen?“
Als Antwort streckte sie ihm die Zunge raus: „Bläh!“
Luke lachte auf, nahm ihr den hingestreckten Brief ab und las ihn sich durch. Dann sah er sie an: „Kurzfassung?“
„Ja!“
„Also, wir sind eingeladen.“
„Wohin!“
„Zu einem der Älteren!“
„Was? Warum?“
„Weiß ich nicht!“ gestand er: „Ich weiß das Bälle veranstaltet werden!“
Unsicherheit machte sich in ihr breit: „Meinst du das ist der Grund?“
„Was für einen Grund soll es denn sonst haben?“ Er rutschte näher zu ihr, legte die Arme um sie: „Mach dir keine Sorgen, niemand wird dir etwas anhaben, nicht solange ich in deiner Nähe bin!“
„Ja, ich weiß, aber…!“
„Aber?“
„Ach nichts.“
„Lilly raus damit, ich hab dir schon mal gesagt, ich merke was du fühlst, aber ich weiß nicht was du denkst!“
Jetzt merkte er ihre Sorge, sanft küsste er sie auf die Wange, legte beide Arme um sie: „Was ist… befürchtest du, dass du das Büffet wirst?“
„Wenn es so eine Verbindung, also zwischen Mensch und Vampir, wenn es so etwas noch nicht gab, beziehungsweise niemand von so einer weiß, kann… kann es dann nicht sein, das der Mensch zu einem von Euch gemacht wurde?“
Luke zuckte nur mit den Schultern, dann schüttelte er den Kopf: „Glaub ich nicht!“
„Warum nicht? Sicher bist du dir aber nicht!“
„Ich denke schon.“
Jetzt schlug Lillys Sorge in Angst um:„Du denkst!“ entfuhr es ihr scharf.
„Wir haben Regeln, weißt du noch… nichts gegen den Willen, nicht jeder darf verwandeln!“
„Aber ein Ältester darf das doch!“ Immer noch klang ihre Stimme scharf, Luke fühlte ihre Angst, legte seine Arme fester um sie, drückte sie fest an sich.
Sein Gesicht war nah an ihrem, so dass er nur flüstern brauchte: „Ich werde nicht zulassen, dass dir irgendjemand etwas tut! Du weißt doch, es genügt nicht nur ein Biss, derjenige müsste dich nahezu töten und ich… ich werde nicht zulassen, dass auch nur einer in deine Nähe kommt. Geschweige denn dich verwandelt!“
„Aber, wenn das ein Vampirball ist, sind da nicht nur Euresgleichen. Ich meine, kannst du gegen so viele ankommen, wenn sie angreifen!“
„Niemand greift dich an!“ flüsterte er immer noch: „Der Hohe Rat akzeptiert das Uns, versteh doch. Er akzeptiert diese Verbindung zwischen mir und einem Mensch. Sie akzeptieren das du ein Mensch bist, sonst hätten sie dich nicht mit mir gehen lassen. Niemand, aber auch niemand wird es wagen, dich auch nur zu lange anzusehen, geschweige dich anzufassen. Und von anderen Dingen ganz abgesehen. Du bist vom Hohen Rat akzeptiert, das ist sicher und du bist meine Gefährtin und damit habe ich das Recht dich zu verteidigen, bis zum Tod!“
Luke merkte wie bei diesen Worten Lillys Herz schneller schlug, ihre Angst zu Panik wurde: „Nicht meinen, geschweige denn deinen, sondern den des Angreifers. Ich verspreche dir, bei allem was mir heilig ist, dir wird nichts geschehen.“
Ihre Stimme war nur ein Flüstern, als sie fragte: „Müssen wir dahin?“
„Ich weiß es nicht!“ gestand er.
„Wie, du weißt nicht?“
„Ich bin noch nie zu so etwas eingeladen worden.“
„Dann schätze ich… wäre es nicht so gut abzusagen, oder?“
„Ich befürchte auch… ich denke, es wäre besser hinzugehen.“
Lilly nickte zögerlich und Luke drückte ihr wieder einen Kuss auf die Lippen: „Ich werde auf dich aufpassen, versprochen! Dir wird nichts geschehen!“
Er merkte wie sich Lillys Gefühle änderten: Ihre Angst wich etwas, schon fast vergnügt wirkte sie. Leise lachte Luke: „Schon besser!“
„Was?“
„Deine Gefühle.“
„Ach du.“ Sagte sie und rempelte ihn sanft an.
„Ok?“
Lilly holte tief Luft, stieß resigniert die Luft aus: „Also gut, wenn es sein muss!“ Luke merkte, das sie nicht so resigniert war, wie sie sich anhörte.
„Ach komm, vielleicht wird es ganz lustig!“
Jetzt lachte Lilly auf: „Wenn du meinst.“
„Wirst sehen, es wird alles gut!“ Dann küsste er sie erneut.
„Wann?“ fragte sie, als sich ihre Lippen wieder trennten.
„Am Freitag.“
„Heute ist Mittwoch, ist aber kurzfristig!“
Luke lachte: „Was denkst du, wie lange wir brauchen um zu so was zu gehen, uns vorzubereiten. Die wenigsten haben Arbeit oder müssen sich um irgendetwas kümmern, außer sich selbst. Und mehr wie zwei Tage, benötigt niemand, egal woher er kommt. Zumal diese Einladungen per Hand geschrieben wurde, das heißt es werden nur bestimmte eingeladen.“
„Und wer?“
„Weiß ich nicht!“
„Mmh!“ machte Lilly nur.
„Und jetzt?“
Als Antwort zuckte sie mit den Schultern.
„Wenn du wirklich nicht dahin willst, lass ich mir was einfallen!“
„Was denn?“
„Vielleicht Urlaub, weit weg von hier, so das wir einfach nicht hinkönnen!“
„Und du meinst das geht? Der hat dir den Brief in die Hand gegeben und mit dir geredet, es wäre wohl sehr auffällig, wenn wir jetzt plötzlich in Urlaub gehen, nachdem du die Einladung erhalten hast!“
„Wieso ich?“
„Wie, wieso du?“
„Die Einladung betrifft uns beide! Da steht auch dein Name, zumindest so annähernd!“
„Wie annähernd?“
„Naja… das… ist… für… Lord und… Lady Cunningham.“ sagte er stockend.
„Lady Cunningham?“ fragte sie irritiert.
Luke nickte, aber Lilly spürte seine Verlegenheit. Sie fing leise an zu kichern.
„Warum kicherst du?“
„Ich merks!“
„Was?“
Lilly ignorierte seine Frage: „Warum Lady Cunningham?“
Luke griente verlegen: „Weil… weil du zu mir gehörst und das ist der Beweis!“
„Was ist der Beweis!“
„Die Tatsache, das sie dich so titulieren!“
„Titulieren?“
„Das sie dich so bezeichnen!“
Sie knuffte ihn in die Flanke: „Ich weiß was titulieren heißt!“ sagte sie schnippisch.
Luke lachte auf und stupste sie auf die Nasenspitze: „Schnippisch wird sie auch noch!“
„Ja!“
Wieder lachte Luke: „Also eins bist du auf jeden Fall…“
„Und was..?“
„Verdammt ehrlich!“
Jetzt lachte Lilly: „Dafür hast du viele Geheimnisse!“
Wieder flammte Lukes Verlegenheit auf: „Komm schon… du weißt doch jetzt alles.“ Lilly hörte ein Quengeln in seiner Stimme, begann wieder zu kichern: „Wirklich alles?“ fragte sie vergnügt.
Luke holte tief und langsam Luft, sofort fühlte Lilly wie sich seine Stimmung hob. Er schielte sie von der Seite her an, lehnte sich an sie. Sanft rieb sie ihr Gesicht an seinem, legte ihre Arme um ihren Oberkörper. Nach einer Weile begann sie sich mit ihm hin und herzuschaukeln. Irgendwann fing Luke an zu kichern.
„Warum kicherst du?“ fragte sie ihn hörbar vergnügt, schaukelte aber weiter mit ihm.
Auf einmal legte Luke beide Arme um sie und verstärkte ihr schaukeln so sehr, dass sie schließlich beide zusammen auf das Bett fielen. Jetzt kicherte auch Lilly.
„So und warum lachst du jetzt?“
„Weil du es wieder übertreiben musst und jetzt sind wir umgefallen!“ sagte sie immer noch kichernd.
Luke drehte sich mit ihr herum, so dass sie jetzt auf ihm lag, er legte beide Arme fester um sie.
„Lu-uke!“ sagte sie weiterhin kichernd.
„Was denn?“ fragte er vergnügt.
Sie drückte sich mit beiden Händen von seinem Brustkorb ab, schlug ihm dann mit einer Hand darauf.
„Aua! Hey ganz schön frech!“ gluckste er, schlang die Arme noch fester um sie und drückte sie fest auf sich. Vergeblich wehrte sie sich halbherzig, kicherte wieder. Lilly begann mit den Beinen zu strampeln. Und obwohl sie ihn ein paar Mal traf, ließ er sie nicht los, er kicherte nur.
„Ach manno, Lu-uke, lass mich lo-os!“
„Warum denn?“ fragte er leicht süffisant.
„Du bist gemein!“
„Ich lass dich los, wenn…!“
Jetzt drückte sie sich mit etwas mehr Kraft von ihm weg: „Was heißt hier wenn, willst du mich erpressen?“
„Ich doch nicht!“ antwortete er sarkastisch.
„Also gut!“ gab sie ergeben zurück.
Luke lachte wieder auf: „Ich lass dich los, wenn du mitkommst.“
„Ok!“ sagte sie, drückte ihn dann mit beiden Händen von sich weg, ohne Wiederstand ließ er sich von ihr wegdrücken. Als er neben ihr auf dem Rücken lag, stieß sie ihn an und fing an zu kichern.
„Was ist?“ fragte er.
„Ich hab gar nichts anzuziehen.“ Kicherte sie.
Luke fing an zu lachen: „Ich glaube da finden wir was!“
Lilly setzte sich auf und sah ihn an, schließlich stand sie auf und tapste Richtung Schlafzimmertür.
„Wo willst du hin?“
Lilly drehte sich herum, sah ihn an und streckte ihm die Zunge raus: „Da könnt ja jeder kommen!“
Luke lachte wieder auf, hob die Hände ergeben in die Luft: „Schon kapiert. Sag ja nichts!“
„Will ich dir auch raten!“ sagte sie vergnügt.
In der Tür stehend, drehte sie sich nochmals zu ihm herum. Mittlerweile saß Luke am Bettrand und schaute ihr hinterher.
„Ich hab Durst.“ Damit verließ sie das Schlafzimmer und ging die Treppe nach unten.
Noch bevor Lilly das Esszimmer erreichte, sah sie wie von links seitlich der Treppe ein Lichtstrahl ins Foyer fiel. Sie wunderte sich, woher das Licht kommen könnte. Es war doch eigentlich alles abgedunkelt. Zögerlich ging sie auf den Lichtstrahl zu. Dieser kam unter der Tür durch, welche in das alte Wohnzimmer führte. Irritiert blieb sie vor der geschlossenen Tür stehen, wunderte sich immer noch, wieso Licht einfiel. Langsam machte sie die Tür auf: Alle Vorhänge waren offen, das Sonnenlicht flutete den Raum. Sie sah sich genauer um, die Holzwandvertäfelung war ungefähr einen Meter hoch, der Rest der Wand, das obere Teil und die Decke waren weiß gestrichen. Das Holz an den Wänden und des Bodens schien heller zu sein, wie wo sie es zuletzt gesehen hatte. Vielleicht lag das aber an der einfallenden Sonne. Die Möbel waren abgedeckt, standen geordnet in dem großen Raum. Eine beige Couch stand fast in der Mitte des Raumes, die Rückenlehne war zur Terrasse ausgerichtet. Davor stand ein Tisch, als Lilly näher kam, sah sie das die Platte aus dunkelgrünem Stein bestand, die vier bauchigen, runden Beine, waren aus dunklem Holz. An den jeweiligen Stirnseiten stand jeweils einer dieser barocken Hocker. Links an der Wand stand ein Sideboard, fast brusthoch, aus alt aussehendem dunklem Holz. Zwei Türen und sechs Schubladen erkannte Lilly, die Beschläge waren aus silbernem Metall. Über dem Sideboard hingen, jeweils nahe an den Außenkanten, zwei silbermetallene Kerzenleuchter an der Wand. Darauf war jeweils eine dicke, beige Stumpenkerze. Als Lilly sich herumdrehte, sah sie an der anderen Wand den Recamier stehen. Dieser war zur Veranda ausgerichtet, sodass sie, wenn sie darauf saß oder vielmehr lag, in den Garten schauen konnte. Zögerlich ging sie näher an die großen, deckenhohen Fenster. Erst jetzt sah sie, das die Vorhänge nicht nur offen waren, sondern abgehängt. Sie trat näher an eines der Fenster, legte die Hände an das, durch die Sonne gewärmtes, Glas. Die Sonne schien hell, sie wurde von den Fliesen der Terrasse reflektiert. Es war so grell, das es ihr in den Augen wehtat. Lilly ließ ihren Blick in den Garten schweifen und sah, wie die Sonne in dem Wasser des Springbrunnens glitzerte. Wann hatte er das alles gemacht, fragte sie sich. Eine Art Zufriedenheit, gemischt mit Freude durchströmte sie.
Jetzt konnte sie sich richtig vorstellen, wie hell und freundlich dieses große Haus ausgesehen haben muss, bevor Luke gezwungen war, alles abzudunkeln.
Wieder fühlte sie Zufriedenheit, Glück und Liebe. Lilly merke das diese nicht von ihr kamen. Daher drehte sie sich herum und sah zur Tür, hatte irgendwie die Hoffnung Luke bei ihr stehen zu sehen. Als er nicht, wie von ihr erwartet im Raum stand, wurde ihr wieder bewusst, das er das ja aufgrund der Sonne nicht konnte. Also ging sie zurück zur Tür, trat in den Flur und als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, wurde sie beinahe augenblicklich von zwei Armen eng umschlungen. Zärtlich drückte er sie fest an sich, schob sie langsam zu dem anderen Zimmer. Dort entdeckte sie, das er auf dem Couchtisch etwas zu Essen und zu Trinken hingestellt hatte. Langsam ging sie darauf zu und setzte sich schließlich auf eine der Couchen. Lilly nahm die Tasse, trank einen Schluck des lauwarmen Kakaos und sah ihn an. Luke saß links neben ihr auf der Armlehne der Couch, sah sie seinerseits an.
„Wann hast du das gemacht?“ fragte sie zögerlich.
„Was?“
„Den Raum, der sah doch anders aus!“
„Ich hatte Zeit!“
„Warum?“
„Was warum? Warum ich Zeit hatte?“
Lilly überlegte kurz, das musste in der Zeit gewesen sein, nachdem sie ihn bei sich rausgeschmissen hatte: „Die Zeit kann ich mir denken.“ Sagte sie fast kleinlaut: „Aber warum?“
„Ich dachte ich kann es für dich,….also wo ich der Meinung war, dass du hier Angst hast, …also bevor ich erfahren habe, dass….ich hätte dir glauben sollen. Es tut mir leid, hätte ich auf dich gehört, dann…“ Er hatte den Kopf gesenkt, fixierte etwas vor sich auf dem Boden.
Zögerlich griff sie zu ihm herüber, legte ihre Hand auf seinen Unterarm: „Egal… du hast selbst gesagt, dass das irgendwann passiert wäre, also… vergiss es, ok.“
Luke merkte, das sie ihm nicht annähernd böse war, obwohl er sich darüber etwas wunderte.
Wie zu erwarten, merkte sie seine Gefühle, griff nach seiner Hand und zog ihn zu sich auf die Couch. Als er neben ihr saß, lehnte sie sich an ihn: „Das erklärt aber immer noch nicht das warum?“
„Ich dachte es liegt an den düsteren Zimmern, also dachte ich,….wenn ich dir ein Zimmer…. naja herrichte, wo du dich… wohlfühlst, wäre es einfacher für dich. Das du dich hier wohler fühlst!“
„Aber da sind keine Vorhänge mehr dran, was ist aus dem, lass die Vorhänge zu, lass es dunkel, dass ich dir helfen kann, wenn was ist?“
Luke legte seinen Kopf an ihr Gesicht: „In diesem Haus wird dir nichts mehr geschehen, außer du bringst dich selber in Schwierigkeiten!“
„Inwiefern?“
„Zum Beispiel zu heißes Essen!“ Lilly merkte Lukes Amüsiertheit.
Schon fast grob rempelte sie ihn mit ihrer gesamten Seite an: „Ach das findest du auch noch lustig?“ fragte sie ihn zynisch, allerdings merkte er ihre Vergnügtheit.
Luke nickte schnell, stieß sie sanft an: „Nur ein bisschen.“ Gab er zu.
Anstatt einer Antwort schielte sie ihn nur an. Lächelnd lehnte er sich an sie, holte tief Luft: „Ich hab die Vorhänge abgehängt, ich dachte ich finde welche die besser passen. Hellere, die vielleicht auch das Sonnenlicht abhalten, aber bis jetzt…!“
„Der Raum sieht anders aus, heller oder liegt das nur an der Sonne?“
Luke schüttelte den Kopf: „Ich hab die Wandvertäfelung abgerissen und hab nur die Hälfte der Wände mit hellerem Holz verkleidet, außerdem hab ich den Rest der Wände und die Decke nochmals weiß gestrichen. Ich dachte wenn du eine andere Farbe willst, kann man über Weiß besser streichen. Außerdem hab ich den Boden abgeschmirgelt und neu geölt. Außerdem ist der Raum nicht so voll, die Möbel sind anders aufgestellt und ein paar Teile gar nicht mehr hineingestellt. Deswegen sieht es anders aus.“
Lilly sah ihn an: „Und das alles nur…“
„Ich dachte, wenn ich dir ein Zimmer so herrichte, hätte ich die Chance dich dazu zu bewegen, wieder mit hierher zu kommen!“
„Der Springbrunnen läuft auch!“
Er nickte: „Ja, hat dem Monteur einige Arbeit gemacht, das alte Ding wieder zum Laufen zu kriegen!“
Unwillkürlich lachte Lilly, allein die Vorstellung, wie jemand sich abmüht. Allein schon, bis derjenige den Brunnen erreicht hatte.
„Was?“ fragte Luke, der merkte wie es Lilly ging.
„Ach, allein die Vorstellung find ich irgendwie amüsant!“
„Dann hättest du dich wahrscheinlich vor Lachen am Boden gekringelt, wenn du mich beobachtet hättest!“
„Warum?“
„Das hat mich teilweise ganz schön Nerven gekostet, allein das neu verputzen der Wände…“
„So schlimm?“
„Sagen wir so, ich weiß jetzt mehr Varianten wie es nicht geht, wie wie es geht!“
Jetzt lachte Lilly laut auf, fuhr ihm mit beiden Händen über die Wangen: „Oh, du Armer!“ sagte sie sarkastisch.
Luke sah sie an, zog die eine Augenbraue nach oben, grient und stupste sie mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze.
Wieder kicherte Lilly nur, sah ihn dann an: „Weißt du, die Vorhänge sind doch Dunkelrot. Der Raum ist so groß und jetzt so hell, da macht das nichts. Dann wäscht man die halt, aber die kann man lassen. Helle Vorhänge… damit kriegst du nie die Sonne ganz ausgesperrt.“
„Die dunklen Vorhänge machen dir nichts?“
Sie schüttelte den Kopf: „Nein, wie gesagt das Zimmer ist so groß, die Möbel sind überwiegend hell. Außerdem sind es große Fenster, also geht das!“
„Ok, dann wasch ich die und häng sie wieder auf!“
„Mmh!“ machte Lilly nur, rutschte ganz nah zu ihm, drückte ihr Gesicht an seines und nickte langsam.
Nach einer Weile stupste Luke sie mit der Nasenspitze an die Wange: „Wenn du noch länger vor dem Essen sitzt, ist es ganz kalt.“
„Na dann kann ich mich schon nicht in Schwierigkeiten bringen.“ Kicherte sie.
Wieder stupste er sie mit der Nasenspitze an: „So? Kleine, so war das nicht gemeint und das weißt du auch!“
Lilly kicherte: „So? Und das soll ich dir glauben?“
„Ja-ha.“ Flüsterte er: „Und nun iss was.“
Als Antwort, stieß sie ihn ihrerseits mit der Nase an, nahm dann die Gabel in die Hand und rührte damit in dem Kartoffelbrei herum. Schließlich steckte sie sich eine Gabel voll in den Mund, kaute darauf herum. Er war wirklich schon kalt, Luke musste ihren Gesichtsausdruck richtig gedeutet haben. Luke zog ihr den Teller vor der Nase vom Tisch und stand auf. Mit dem Teller in der Hand ging er in die Küche und stellte ihn in die Mikrowelle. Luke blieb in der Küche stehen, bis die Mikrowelle mit einem Pling kundtat, dass sie fertig war. Mit dem Teller in der Hand kam er zurück zur Couch, stellte den Teller wieder auf den Tisch vor sie und setzte sich neben Lilly auf die Couch. Wieder nahm Lilly die Gabel in die Hand, rührte im Kartoffelbrei herum und steckte sich etwas in den Mund. Es war warm aber nicht zu heiß, daher fing sie an zu essen. Luke sah ihr zu, lehnte sich an die Rückenlehne. Erst nachdem sie den Teller leer hatte, brach Luke das Schweigen: „Satt?“
Lilly griente, nickte dann. Gerade als sie nach dem Teller gegriffen hatte und aufstehen wollte, hielt Luke sie sanft fest, zog sie zurück auf die Couch, nahm ihr den Teller ab und ging in die Küche. Lilly sah ihm zu wie er abwusch, sich dann die Hände abtrocknete und zu ihr zurückkam.
„Und jetzt?“ fragte Lilly.
Luke zuckte mit den Schultern: „Weiß nicht, was willst du machen?“
„Mmh, es ist hell draußen, die Sonne scheint, also bleiben wir im Haus.“
„Wir? Blödsinn, du kannst doch raus!“
Lilly schüttelte mit dem Kopf.
„Ach Lilly, pass auf, du kannst raus. Und ich wasch in der Zeit die Vorhänge.“ Luke sah wie Lilly ihn anschielte: „ Also nicht ich, aber die Waschmaschine.“
Sie lachte: „Irgendwie habe ich mir das gedacht.“ Zögernd sah sie sich um, stand schließlich auf und Luke sah, wie Lilly langsam zur Tür ging.
„Wohin willst du?“
„Ich dachte, ich kann machen was ich will und müsse dich nicht fragen?“
„Darum geht es mir nicht, ich will es nur wissen, damit ich weiß wo du bist.“
Als Antwort, zupfte Lilly sich an ihrem Shirt: „Das habe ich schon ne Weile an und außerdem..“ sie schnüffelte an sich. „..muss ich duschen!“
„Warum?“
„Weil ich stinke.“
Luke stand auf, schloss zu ihr auf, legte seine Arme um sie und drückte sich an sie. Er legte sein Gesicht in ihre Halsbeuge und sog die Luft ein: „Du stinkst nicht, du riechst nach dir.“ Sagte er gedämpft, da er immer noch sein Gesicht an sie presste.
„Ich rieche sehr intensiv nach mir, das heißt ich stinke!“
„Das ist gut.“ Sagte er leicht verträumt.
„Was, das ich stinke?“
„Nein, das du sehr intensiv nach dir riechst. Nichts stört deinen Geruch, außer dem Krankenhausgeruch und dem Modergeruch!“
„Krankenhausgeruch? Modergeruch? Hey wer von uns beiden ist… Ich rieche nicht modrig!“
Luke lachte leise, drückte sein Gesicht noch mehr an sie, schlang seine Arme noch fester um ihren Körper: „Ich meine du riechst nach dem Tempel und nach Krankenhaus, aber nicht nach störendem Parfüm oder anderen künstlichen Dingen.“
„Das heißt ich stinke! Ich geh duschen!“ Damit machte sie sich von ihm los und ging zur Tür hinaus, sieg dann die Treppe nach oben und lief durch das Schlafzimmer ins Bad. Dort zog sie sich aus und war gerade dabei das Wasser richtig zu temperieren, als sich plötzlich zwei Arme erneut fest um sie schlossen. Erschrocken zuckte sie zusammen.
„Tschuldigung, wollt dich nicht erschrecken!“ sagte Luke leise.
„Hast du aber. Normalerweise merke ich, wenn jemand hinter mir steht, aber dich merke ich nicht, warum?“
Sie merkte wie Luke mit den Schultern zuckte: „Ich weiß nicht, aber es hat sich als nützlich erwiesen, wenn man nicht bemerkt wird, selbst wenn man nahe hinter jemanden steht!“
„Du kriegst ein Katzenglöckchen von mir umgehängt, damit du nicht so rumschleichen kannst!“
Aufgrund dieser Ankündigung, lachte Luke laut auf: „Ich kann trotzdem rumschleichen.“ Gab er zu bedenken.
„Aber dann hör ich dich, zumindest wenn du im selben Raum bist wie ich!“
„Katzenglöckchen?“ gluckste er.
„Ja, so ein Halsband mit Glöckchen, damit diese Schleichjäger keine Vögel mehr fangen können!“
„Schleichjäger?“ Immer noch klang Luke sehr amüsiert.
„Ja! Katzen sind Schleichjäger, so wie du. Immer durch die Gegend schleichen!“
„Ich schleiche nicht, ich mach nur keinen Krach.“ Sagte er immer noch fröhlich: „Und jetzt bin ich wieder ne Katze?“
„Wieso wieder?“
„Zuerst schnurre ich, jetzt schleiche ich…..miau!“
Lilly kicherte, versuchte sich in seiner Umarmung zu drehen: „Ja, schnurri schnurri, schleichi schleichi!“
Jetzt lachte Luke laut auf, drehte sie zu sich herum, drückte sie fest an sich, legte sein Gesicht an ihres und begann laut zu schnurren. Lilly lachte leise, sah ihn an: „Das ist aber ein anderes schnurren!“
„Wie anders?“
„Es macht mir nichts!“
Anstatt einer Antwort, schob Luke sie unter das immer noch laufende Wasser, stellte sich mitsamt seiner Kleidung zu ihr unter den Wasserstrahl.
Erst als er völlig durchnässt war, begann er sich mit Lillys Hilfe auszuziehen. Schließlich standen beide nackt unter dem Wasserstrahl und Luke zog sie wieder nah an sich, sodass sich ihre beiden Körper an der gesamten Vorderseite berührten. Zärtlich küsste er sie und als sie begann ihn zu streicheln, setzte das, von ihm unkontrollierte, Schnurren ein. Lilly spürte es, spürte wie es wieder durch ihren ganzen Körper zog. Sie intensivierte seinen Kuss und als sich ihre Lippen kurz trennten, sagte Luke: „Ist das das Schnurren, was du willst?“
Lilly zog die Augenbrauen zusammen, wiegte den Kopf langsam hin und her, sagte dann: „Ja, kommt dem ganz nahe. Kannst du das jetzt steuern?“
Luke schüttelte den Kopf: „Ich sage doch, ich merke das nicht mal richtig selbst, ich merke nur deine Reaktion darauf!“
„Aber warum setzte das genau jetzt ein?“
„Weil ich weiß, was ich machen muss, damit du es auslöst!“
Damit sie ihm besser in die Augen sehen konnte, drückte sich Lilly etwas von ihm weg: „Ach, jetzt bin ich schon wieder schuld daran!“ sagte sie gespielt zynisch.
„Natürlich, du bist doch die, die mich…“
„Die dich was?“ fragte sie amüsiert.
„Dazu bringt!“
Keine Antwort abwartend, zog er sie wieder näher zu sich und küsste sie erneut, diesmal aber leidenschaftlicher wie zuvor. Lilly zog ein Bein nach oben, ließ sich von ihm hochheben. Wieder schnappte sie nach Luft, als Luke sie mit dem Rücken an die kalten Fliesen drückte, auch diesmal legte er seine Hände zwischen ihren Körper und den Fliesen. Aber selbst diese Kälte in ihrem Rücken hielt Lilly nicht davon ab ihn weiter darin zu bestärken nicht aufzuhören. Und wieder schaukelten sich ihre Gefühle gegenseitig hoch, bis keiner von beiden mehr klar denken konnte.
Wie lange sie unter der Dusche gewesen waren, konnte keiner von beiden zu sagen, als Luke das Wasser abstellte, ein Handtuch nahm und es um Lilly herumwickelte. Luke ging zurück ins Schlafzimmer, langsam folgte Lilly ihm. Sie wunderte sich im Stillen über sich selbst, eigentlich hielt sie sich für prüde, allerdings schien das durch oder von Luke ausgeschaltet zu werden. Wie sonst konnte sie sich erklären selbst im Bad so weit zugehen. Sie hatte ihre Freundinnen immer belächelt, wenn diese ihr solche Geschichten erzählt hatten und sich gewundert wie wenig Selbstbeherrschung man haben musste um so etwas zu tun. Und nun war sie nicht viel besser.
„Was ist?“ fragte Luke, als sie im Schlafzimmer frische Kleidung zusammensuchte.
„Warum, was soll sein?“
„Irgendwas Merkwürdiges geht von dir aus.“
„Wie jetzt?“
„Ich kann es nicht zuordnen, Verwirrtheit, Sorge….was ist?“
Lilly lächelte sanft, strich ihm im Vorbeigehen über den Oberarm: „Es ist nichts, ich wundere mich nur etwas.“
„Über was?“
„Über mich!“
„Wieso?“
Lilly lachte auf, schüttelte nur den Kopf: „Egal, vergiss es.“
Zu ihrer Verwunderung beließ es Luke dabei, er hakte nicht mehr nach.
Schließlich gingen sie, nachdem sie sich wieder angezogen hatten, nach unten. Lilly merkte wie Luke zuerst vor einem der großen Fenster im Foyer stehen blieb und dann die Vorhänge etwas aufzog. Zuerst erschrak Lilly, aber sie erinnerte sich daran, dass Luke ihr ja gesagt hatte, das er wüsste, was für Wetter draußen sei. Zu ihrer Überraschung war die Sonne bereits fast untergegangen. Solange waren sie also unter der Dusche gewesen, dachte sie.
„Sollen wir noch raus?“ unterbrach Luke ihre Gedanken.
Lilly zögerte erst, nickte dann aber und hakte sich bei Luke unter, als dieser ihr seinen Arm anbot. Zusammen gingen sie die restlichen Stufen nach unten, gingen dann durch das nun renovierte Wohnzimmer und betraten schließlich die Veranda. Immer noch bei Luke untergehakt stiegen sie die Treppe nach unten und liefen zusammen in Richtung des Labyrinthes. Dort angekommen führte Luke sie zielsicher zur Mitte und als sie den Springbrunnen erreichten, zog Luke seinen Arm von ihr zurück. Er deutete auf eine der kleinen Steinbänke und Lilly folgte seiner unausgesprochenen Einladung und setzte sich. Luke folgte ihr, setzte sich vor sie auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken an ihre Beine. Lilly sah dem Wasserspiel zu, beugte sich etwas nach vorne und legte Luke unbewusst ihre Arme auf dessen Schultern. Nach kurzer Zeit ließ Luke seinen Kopf an ihre Knie sinken, überstreckte etwas den Hals und legte seine Kopf auf ihre Oberschenkel. Lilly bemerkte wie er sie ansah, schaute ihn ihrerseits an und begann ihm wieder mit den Fingern durch die Haare zu fahren. Mit geschlossenen Augen rieb Luke seine Wange an ihrem Oberschenkel, Lilly merkte wie seine Gefühle, seine Zufriedenheit sie förmlich durchströmte. Immer wieder strich sie ihm durch die Haare und Luke erwiderte dies durch das reiben seiner Wange an ihrem Oberschenkel. Wieder verging die Zeit und Lilly merkte erst, dass es dunkel war, als es anfing sie zu frösteln. Luke merkte es sofort, stand auf und setzte sich hinter sie, legte beide Arme um sie und fragte: „Ist dir kalt? Sollen wir rein?“
Lilly nickte, stand auf und blieb stehen, sie sah sich um. Erkennen konnte sie nichts mehr und selbst, wenn sie die Wege erkennen könnte, wüsste sie nicht wo lang sie gehen sollte. Sie spürte wie Luke seine Arme um sie legte: „Willst du laufen oder sollen wir die schnellere Variante benutzen?“
„Wenn ich wüsste wo es lang geht.“
„Also die schnellere!“ entschied Luke, hob sie wieder hoch. Schon fast automatisch legte sie die Arme um ihn und schloss die Augen. Nach ein paar Sekunden wurde sie von Luke auf der Veranda abgesetzt. Für Lilly war es jetzt noch dunkler, zumindest glaubte sie das. Wenn sie nicht den Stein unter ihren Füßen spüren würde, wäre sie nicht mal sicher, wo sie sich gerade befand. Sie merkte wie Luke an ihr vorbeihuschte, merkte nur kurz eine Berührung von ihm, als plötzlich Licht aus dem Hausinneren nach draußen drang. Jetzt da sie wusste, wo die Verandatür war, durch die Luke ins Haus gekommen war, ging sie hinter ihm her. Nochmals sah sie sich in dem Raum um. Zögerlich ging sie auf den Recamier zu. Unsicher, ob sie sich daraufsetzten sollte, blieb sie davor stehen.
„Was ist?“ hörte sie Luke fragen. Nach ihrem Gefühl, musste er irgendwo an der Tür stehen: „Ich überleg nur!“
„Was denn?“
„Ob ich mich hierhersetzen soll oder nicht.“
„Und was hält dich davon ab?“
Als Antwort zuckte sie mit der Schulter, wollte sich gerade zu ihm herumdrehen, als sie von ihm gepackt wurde und leicht unsanft mit ihm zusammen auf den Recamier fiel. Es tat zwar nicht weh, da sie auf Luke gelandet war, dennoch entfuhr ihr ein: „Au.“
„Was denn?“
„Bin nur erschrocken!“
„Und da sagst du au?“
Lilly nickte, versuchte sich aufzurichten, wurde jedoch von Lukes Armen, die sie immer noch umschlossen, aufgehalten.
Also blieb sie liegen, ließ sich von ihm noch weiter zurückziehen und legte die Beine auf den Recamier. Luke lag mit dem Rücken an den Lehnen, hatte beide Arme um sie gelegt, damit sie nicht herunter fallen konnte. Dadurch das Lilly vor Luke lag, konnte sie, da ja die Vorhänge immer noch nicht wieder aufgehängt waren, in den Garten schauen. Irgendwie hatte sie das Gefühl das es heller wurde, aber das konnte nicht sein. Solange waren sie nicht draußen gesessen, dessen war sie sich sicher.
„Die Wolken verziehen sich, so langsam kommt der Mond zum Vorschein.“ Sagte Luke, als ob er ihre Gedanken gelesen hatte.
Lilly griente, drückte sich näher an Luke und merkte wie sie müde wurde. Wie spät es war, konnte sie nicht sagen, nicht mal annähernd schätzen: „Was glaubst du, wie spät es ist?“ fragte sie Luke.
„Ich denke es wird bald Mitternacht sein.“
„So spät schon? Ich dachte es wäre noch früher.“
„So kann man sich täuschen.“ Lilly merkte wie Lukes Vergnügen sie streifte.
„Willst du mich veralbern?“
„Nein, warum?“
„Weil ich so das Gefühl habe, das das so ist!“
„Ach, du und deine Gefühle.“ Sagte er vergnügt.
Als Antwort stieß sie ihm ihren Ellenbogen in die Flanke, Luke zuckte kurz zusammen: „Aua!“ sagte er kichernd.
„Das kann gar nicht wehgetan haben!“
„So, wie kannst du dir da so sicher sein?“
„Weil es mir nicht wehgetan hat!“
Jetzt lachte Luke, schlang die Arme fester um sie und legte nun auch ein Bein über ihre. So blieben sie eine Weile liegen. Irgendwann wurde es unbequem für Lilly, sie hatte kein Kopfkissen und die Seitenlehne war zu hoch um sie als solches zu benutzten. Daher nahm sie Lukes Arm, welcher schon die ganze Zeit unter ihr lag, zog ihn etwas nach oben um ihren Kopf auf seinen Oberarm abzulegen. Ein leises Kichern war das einzige was sie von Luke hörte. Er bewegte sich etwas hinter ihr und auf einmal lag sie wesentlich bequemer wie zuvor. Was genau er getan hatte, konnte sie nicht sagen, aber es war nun so bequem, das sie bald darauf einschlief.
Am nächsten Morgen wurde Lilly wach, da irgendetwas im Haus einen furchtbaren Krach machte. Zu ihrer Überraschung lag sie im Bett. Luke hatte sie wohl, nachdem sie eingeschlafen war nach oben getragen. Sie überlegte, ob sie nachschauen sollte, was sie geweckt hatte und da sie Luke nirgends sah, war sie sich sicher, das er es gewesen war, der so einen Radau gemacht hatte. Also stand sie auf, sah das sie ein Nachthemd von sich trug. Verwundert sah sie sich um, fand ihre Sache auf einem Herrendiener liegen. Am Fußende des Bettes lag ein Morgenmantel aus hellem Satin. Sie griff danach, zog ihn sich über und tapste barfüßig aus dem Schlafzimmer. Sie war gerade den einen Teil der Treppe nach unten gegangen, als Luke auf der anderen Seite der Treppe auftauchte.
„Guten Morgen. Hab ich dich geweckt?“
Lilly kicherte: „Bei dem Krach den du machst, würden Tote aufwachen!“ Kaum hatte sie es ausgesprochen, wurde ihr bewusst das sie die falschen Worte gewählt hatte, sofort spürte sie ihre Verlegenheit und auch Luke entging das nicht: „Willst du jetzt jedes Mal bei einer Redewendung die irgendwas derartiges ist, verlegen werden?“
Zögerlich nickte sie, blieb auf der Stufe stehen, auf der sie stand. Luke lächelte sie an: „Ach du, sonst nimmt da auch keiner Rücksicht darauf in meiner Gegenwart.“
„Aber die wissen nicht das was ich weiß, also müsste ich es doch besser wissen!“
Verlegen sah sie ihn an, brachte ein grienen zustande. Als sie kurz nach unten blickte, sah sie auf einmal Füße auf der Stufe vor sich. Sie sah nach vorne, Luke stand so dicht vor ihr, das sich ihre Gesichter fast berührten. Er gab ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen und verschwand genauso schnell, wie er vor ihr aufgetaucht war.
„Was machst du eigentlich?“ fragte sie, sicher das er sie hören würde, auch wenn sie ihn nicht sah.
„Ich such was für dich!“ kam seine prompte, aber leise Antwort.
„Und was?“
„Was zum Anziehen für morgen Abend, da kannst du nicht mit Jeanshose auftauchen, das muss was Standes- und Zeitgemäßes sein!“
„Wessen Zeit?“
„Meiner!“
„Das habe ich befürchtet! Und was genau suchst du?“
„Ein bestimmtes Kleid meiner Mutter, das dir mit Sicherheit passt und auch steht!“ Lilly konnte Luke kaum verstehen, also ging sie die andere Seite der Treppe nach oben, stand dann in dem Flur und sah wie die Tür zum Zimmer seiner Mutter offenstand: „Du suchst was?“
„Ein Kleid, aber ein bestimmtes!“
„Aber die sind doch von deiner Mutter!“ Mittlerweile war Lilly an der Zimmertür angekommen, lehnte sich an den Türrahmen und sah Luke immer noch nicht. Aber sie hörte ihn, schließlich tauchte er rechts von ihr auf. Er hatte etwas in der Hand und obwohl Lilly sich anstrengte, wirklich erkennen was er trug, konnte sie nicht.
„Natürlich eines von meiner Mutter, andere Kleider hab ich doch gar nicht!“
Lilly stellte sich ihm in den Weg, als er aus dem Zimmer wollte: „Du weißt, was ich meine!“
„Ach Lilly, nochmal, dein Geruch wird sich hier verteilen, egal was du tust. Ich kann es nicht verhindern und du auch nicht, also. Außerdem hätte meine Mutter dir es mit Sicherheit auch gegeben!“
„Wie kannst du dir da so sicher sein?“
„Ich weiß es!“
Damit schob er sich an ihr vorbei, Lilly zog die Tür hinter ihm zu und folgte ihn über die Treppe ins Schlafzimmer zurück. Allerdings verschwand Luke in seinem Kleiderschrank, noch bevor sie einen Blick auf das Kleid werfen konnte. Irgendwie machte es sie doch neugierig, sie wollte wissen, was er ausgesucht hatte.
„Neugierde ist manchmal echt quälend!“ sagte er kichernd, immer noch im Kleiderschrank verschwunden.
„Lass das!“ sagte sie vergnügt: „Nicht rumstromern!“
„Rumstromern? Das springt mich förmlich an, das kann ich gar nicht nicht merken!“
„Ach manno, warum darf ich nicht schauen?“
Jetzt tauchte Luke wieder vor ihr auf: „Weil es eine Überraschung ist, deswegen!“
„Aber ich muss es doch anprobieren, ob es passt und ob es mir steht!“
„Nein musst du nicht! Es passt und es steht dir auch!“
„Warum bist du dir da so sicher?“
„Weil du erstens der gleiche Typ wie meine Mutter bist und zweitens ihre Größe und Figur hast, also wird es passen!“
„Sicher? Bist du dir da ganz sicher?“ fragte sie ihn gespielt zynisch.
Zärtlich stupste er sie auf die Nase: „Ja, ganz sicher!“
Ergeben zuckte sie mit den Schultern: „Also gut, wenn du meinst. Muss ich dir halt mal wieder einfach alles glauben und dir vertrauen, ohne…“
Bevor sie den Satz zu Ende sprechen konnte, griff Luke nach ihr, zog sie an sich und küsste sie.
„Das ist gemein!“ sagte er nachdem sich ihre Lippen getrennt hatten.
„Ich bin gemein? Du lässt mich hier zappeln, obwohl du genau weißt, das sich so furchtbar neugierig bin!“ sagte sie mit ihrer quäkigen Kinderstimme.
„Ja, genau das hab ich vor.“ Sagte er mit einem breiten Grinsen.
Anstatt einer Antwort boxte sie ihn leicht in den Bauch, Luke kicherte nur.
Schließlich drehte sie sich herum, ging zurück zu Bett und sah erneut auf ihre zusammengelegte Kleidung.
„Hast du mich ausgezogen?“
„Nein!“
„Wer dann?“
„Du dich selbst, ich hab dich nur hochgetragen, davon bist du wach geworden und hast dich selbst umgezogen.“
„Mmh! So was mach ich, kann mich gar nicht daran erinnern!“
„Manchmal macht man so was im Halbschlaf, da erinnert man sich nicht mehr!“
„Das würde ich jetzt an deiner Stelle auch sagen.“ Lilly schielte ihn an.
„Ach komm schon, was sollte ich davon haben dich aus und vor allem wieder anzuziehen?“
„Ich weiß ja nicht was du noch alles mit mir getrieben hast!“ sagte sie herausfordernd.
„Außer dem, wo du wach warst und mitgemacht hast, hab ich gar nichts mit dir getrieben.“ Antwortete er und sah sie schon fast blasiert an.
Lilly kicherte nur: „Wie gesagt, das würde ich auch sagen an deiner Stelle!“
Noch bevor sie richtig realisierte was geschah, wurde sie von Luke aufs Bett gerissen. Abermals landete sie auf ihm, versuchte sich aus seiner Umarmung zu befreien, strampelte um von ihm loszukommen. Aber es gelang ihr nicht, Lukes Griff war fest wie Stahl, allerdings keineswegs schmerzhaft. Daher entschied sie sich nicht mehr zu wehren und fast augenblicklich ließ Luke locker. Lilly merkte ein aufflackern von Sorge von ihm, um ihn zu beruhigen fing sie laut an zu kichern: „So geht das also bei dir, wie eine chinesische Fingerfalle, wenn ich mich nicht mehr wehre, lässt du locker. Das merk ich mir!“ sagte sie immer noch kichernd und begann sich aus seinem Griff zu winden. Schließlich schaffte sie es sich ganz von ihm zu befreien, aber weg von ihm wollte sie auch wiederum nicht. Also drehte sie sich herum, sah ihn immer noch rücklings auf dem Bett liegen und rutschte wieder näher zu ihm um sich an ihn zu kuscheln. Kaum hatten sich ihre Körper berührt, schloss Luke wieder seine Arme um sie, zog sie sich halb auf den Brustkorb und hielt sie fest. Lilly hob etwas den Kopf, sah ihn an: „Was ist?“ fragte sie.
Luke griente sie an: „Nichts! Bin nur mal wieder auf dich reingefallen. Du legst mich eindeutig zu viel aufs Kreuz!“
„Ach und seit wann stört dich das?“ fragte sie und Luke konnte nicht überhören, wie süffisant das klang. Er wusste genau auf was sie hinauswollte.
„Das..“ sagte er vergnügt: „Das ist eine ganz andere Art einen aufs Kreuz zu legen und dagegen hab ich eigentlich nichts, zumal das ja meist nicht so bleibt!“ Diesmal konnte sie die Süffisanz in seiner Stimme hören. Lilly lachte auf: „Das werde ich auch noch zu ändern wissen!“ sagte sie herausfordern.
Jetzt lachte Luke auch: „Du glaubst, du hättest eine Chance gegen mich. Da spuckt das kleine Menschlein aber große Töne!“
Lilly richtete sich auf, sah ihm in die Augen und verpasste ihm mit ihren beiden Händen einen Schlag auf die Brust. Luke lachte erneut auf: „Wieso glaub ich, das dir das mehr wehgetan hat wie mir.“
„Hah, glaubst du aber nur. Ich hab deinesgleichen schon mehr wie einen Knochen gebrochen!“ sagte sie triumphierend.
Daraufhin zog Luke sie ganz nah zu sich herunter, küsste sie sanft auf den Mund: „Ich weiß!“ flüsterte er: „Ich habs mitbekommen! Das war aber gefährlich, das weißt du!“
„Hätte ich mich nicht wehren sollen?“
„Doch, wehren schon. Ich habe eigentlich gemeint, das du dich dabei hättest verletzten können! Nicht so, das dem anderen der Geduldsfaden reißt und der dir was bricht.“
„Du meinst wegen dem Blut? Ich bezweifle das ich da lebend rausgekommen wäre, wenn sie dich wirklich getötet hätten!“
„Aber der Älteste hatte recht, ich wäre dir keine große Hilfe gewesen, wenn du verletzt gewesen wärst!“
„Aber du warst mir doch auch Hilfe als ich dich hab trinken lassen und das war mehr wie nur ein blutender Fingerknöchel!“
„Ja und es hat mich Überwindung gekostet aufzuhören!“
„Aber du hast, also funktioniert deine Körperbeherrschung auch in diesem Punkt.“
„Das war vielleicht nur Glück!“
„Zweimal hintereinander? Das wäre zu viel Glück, denkst du nicht auch?“
„Vielleicht, aber ehrlich gesagt will ich es, um deinetwillen, nicht nochmals herausfordern!“
„Ich glaube nicht, das du mich töten würdest, du bist… wir sind was wir sind und es wäre doch blödsinnig, das zu töten, was man gesucht hat und nun mit seinem Leben verteidigt, oder?“
Luke zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht und ich will es nicht herausfinden!“ Wieder spürte sie Lukes beginnende Melancholie. Langsam richtet sie sich auf, stütze sich rechts und links von ihm auf ihren Armen vom Bett ab. Lange sah sie ihn an, versuchte seine Gefühle durch ihre zu beeinflussen. Sie holte Erinnerungen hervor, von welchen sie wusste, dass sie ihre Stimmung hoben, Erinnerungen bei denen sie unwillkürlich lächeln oder sogar lachen musste. Irgendwann fing er an zu grinsen: „Lass das.“
„Was denn?“ fragte sie unschuldig.
„Ich merke das!“
„Was merkst du, ich mach doch gar nichts!“
„Du weißt genau das ich das fühle!“
„Was fühlst du?“
„Sieh einer an, du hast gelernt wie es geht!“ sagte er und Lilly glaubte eine Art Vergnügtheit zu spüren.
„Was hab ich gelernt?“ fragte sie mit immer noch mit unschuldiger Stimmlage.
„Wie du mich beeinflussen kannst. Jetzt klappt das sogar auf dieser Ebene auch. Und ich… ich kann gar nichts beeinflussen bei dir.“ Jetzt klang er wie ein kleines Kind.
Lilly lachte: „Ja, zumindest habe ich gehofft das ich das so hinbekomme, aber du kannst das doch genauso!“
„Das vielleicht, aber alles andere nicht!“
„Was denn noch, außer der Körperlichen und der emotionalen Seite, was gibt es denn noch?“
„Das was bei anderen auch geht!“ Jetzt klang er schon fast zickig.
Dadurch lachte sie nur noch mehr: „Was? Meinst du dieses unterschwellige Auslösen von Vertrauen und Angst?“
„Zum Beispiel!“
Wieder lachte Lilly: „Also erstens brauchst du das erstere bei mir nicht und zweitens will ich das zweite gar nicht, also ist es gut so wie es ist. Und das ich das Schnurren in deiner Stimme höre, zeigt mir nur, das du wieder irgendwas mit dem Menschen dir gegenüber vorhast. Auch nicht schlecht, wenn ich das weiß. Und jegliches andere schnurren, beeinflusst mich ja, also was willst du denn noch?“
Ergeben hob Luke die Hände: „Ok, ok hast ja recht. Ist sollte zufrieden sein mit dem was ich hab. Vor allem an dir, da ich dich eh nicht so lange haben werde, wie ich es will!“
„Was meinst du damit?“
„Du bist ein Mensch, du wirst älter und stirbst irgendwann. So wie es ein soll, ich hingegen werde noch ein paar Jahrhunderte hier herumlungern müssen, bevor ich endgültig sterbe. Höchstens ich…“
„Höchstens du, was?“
„Höchstens ich werde getötet! Von wem oder durch was auch immer!“
„Sag so was nicht. Das war mir da schon zu knapp. Was soll ich ohne dich denn machen?“
„Ich sagte dir doch schon, lieber ich wie du!“
Und wieder fühlte sie wie Lukes Gefühle sich änderten: Trauer, Sorge.
„Na toll!“ sagte sie sarkastisch. „Jetzt dachte ich, ich hätte dich aus deinem Gefühlsloch rausgeholt und du manövrierst dich da schnurstracks wieder hinein!“
Jetzt lachte Luke: „Seit wann interessiert dich meine Gefühlswelt so sehr?“
„Seitdem ich alles merke!“
Jetzt umschlang Luke sie erneut mit beiden Armen, drückte sie fest an sich: „Ich versuch es abzustellen.“
„Nein, das will ich gar nicht. So hab ich wenigstens einen Anhaltspunkt, was mit dir los ist. Du bist nicht so leicht durchschaubar, wie du denkst!“
„Da bin ich aber froh, ich hatte schon das Gefühl mir steht, zumindest dir gegenüber, alles auf der Stirn geschrieben!“ Jetzt kicherte er wieder leise.
Lilly legte sich entspannt auf seinen Brustkorb, es hatte den Anschein, das wieder alles ok wäre. Zumindest hoffte sie das, sie überlegte, ob sie nachhaken sollte. Entschied sich aber dagegen, da sie befürchtete ihn wieder trübsinnig zu machen. Unwillkürlich musste sie daran denken, was er gesagt hatte, dass sie ein Mensch sei und sterben werde und er nicht. Was wäre dann mit ihm, gibt es ihn ihrem Fall einen Plan B für ihn. Wird er nochmals eine Gefährtin suchen?
„Was ist los?“ Mit dieser Frage holte Luke sie aus ihren Gedanken.
„Nicht, ich denk nur nach!“
„Über was?“
Lilly überlegte was sie ihm nun als Antwort geben sollte, die Wahrheit bestimmt nicht, entschied sie. Daher sagte sie: „Ob ich mal was essen sollte, oder ob es zu spät dafür ist.“
„Es ist nie zu spät zum Essen, außer… ach egal!“
„Außer was, was hast du schon wieder?“
„Wenn ich dir das jetzt sage, haust du mich wieder!“
„So?“ Damit versetzte sie ihm einen sachten Schlag auf den Oberarm.
„Aua! Warum haust du mich jetzt?“
„Weil du wieder an was denkst, von dem ich nicht will, das du daran denkst. Und da du selbst gesagt hast, dass wenn du mir sagst, woran du denkst, ich dich hauen werden, hau ich dich halt schon vorher, bevor du mir sagst was du denkst!“
„Aber ich wollte dir doch gar nicht sagen, an was ich gedacht habe!“
„Dann ist das halt…, ach egal. Hör auf über was nachzudenken, von dem du weißt, dass wenn ich es weiß, ich dich hauen muss!“
„Wieso musst!“
„Weil es so ist…. Und jetzt geh ich mir was zu essen machen, bevor du wieder irgendwelche kuriosen Gedanken hegst!“
Lilly machte sich von ihm los, krabbelte über das Bett, stand auf und lief, immer noch nur mit Nachthemd und Morgenmantel aus dem Schlafzimmer.
Sie war gerade den ersten Teil der Treppe nach unten gegangen, als sie wieder einen Luftzug spürte: „Luke, ich weiß das du das bist!“ sagte sie gespielt warnend.
Als Antwort hörte sie nur ein Lachen und das kam, wie nicht anders von ihr erwartet, aus der Küche. Sie betrat gerade den Raum, da räumte Luke schon in der Küche herum: „Willst du was Warmes oder …?“
Lilly blieb an der Tür stehen. „Sag ich dir nicht!“ kam herausfordern von ihr.
„Aber wenn du nicht sagst was du willst, kann ich dir nicht machen was du willst!“
„Ich kann das ganz alleine!“ sagte sie gespielt arrogant.
„So? Ganz alleine? Bei dir bin ich mir da nicht so sicher. Weißt, die meisten Unfälle passieren in der Küche!“ Gab er vergnügt zu bedenken.
„Ja und irgendeiner muss die dann auch noch essen!“ erwiderte sie immer noch mit diesem arroganten Tonfall.
„Willst du mir damit sagen, dass ich nicht kochen kann?“ fragte er leicht zynisch.
„Du hast doch mit Unfällen angefangen!“ sagte sie leise kichernd zu ihm.
Noch bevor sie merkte was er vorhatte, wurde sie von ihm gepackt, hochgehoben und auf der Küchenarbeitsplatte abgesetzt. Selbst wenn sie vorgehabt hätte sich zu wehren, es war mal wieder viel zu schnell gegangen. Jetzt saß sie da und sah ihm zu.
„Na was ist jetzt?“ fragte er.
„Was denn?“
„Was willst du?“
„Das du aufhörst zu grübeln!“
„Nein! Was du essen willst!“
Lilly zuckte als Antwort mit den Schultern.
„Das ist wieder so ne aussagekräftige Antwort! Also was willst du… essen!“
„Ich weiß nicht, lass mal schauen was wir noch haben!“
Sie sprang von der Arbeitsplatte und begann im Kühlschrank und den anderen Schränken herumzukruschteln. Irgendwann standen diverse Dosen auf der Platte, Lilly nahm jede nochmals in die Hand und drehte sie herum, stellte alle bis auf eine wieder in den Schrank.
„Dosenfutter?“ fragte Luke leicht ungläubig.
„Ja, warum nicht. Sind doch nur Ravioli!“
„Kann man auch selbst machen!“
„Dauert zu lange, außerdem weiß ich nicht wie es geht! Weißt du es?“
„Ich?“
„Ja, kann ja sein.“ Lilly sah ihn an, irgendetwas irritierte sie an seinem Gesichtsausdruck: „Das war jetzt nicht sarkastisch gemeint, ich hab dich ernsthaft gefragt!“
Jetzt griente Luke wieder: „Ich weiß es nicht, allerdings kann man bestimmt irgendwo ein Rezept nachschlagen!“
„Das dauert….und dauert…Nein!“ sagte sie grienend: „Ich mach jetzt die Dose auf, schütte es auf nen Teller und ab ihn die Mikro… nach 2 bis 3 Minuten… voila ein fertiges Essen!“
Luke hob ergeben die Hände: „Also gut, wenn du meinst!“
„Du isst ja eh nichts, also ..“
„Ja ja ich sag ja gar nichts mehr!“
Luke sah Lilly zu, wie sie die Schubladen durchsuchte.
„Suchst du was?“ fragte er nach einer Weile.
„Ja, nen Dosenöffner!“
„Mmh, ich weiß gar nicht….ich glaub so was hab ich nicht!“
Lilly sah ihn irritiert an: „Wie, du hast so was nicht!“
„Nein, wozu sollte ich so was brauchen?“
„Zum Dosen öffnen!“
„Wozu soll ich Dosen öffnen müssen?“
„Zum…“ Lilly winkte ab: „Vergiss es… mmh wie krieg ich die jetzt auf!“ Langsam drehte sie die Dose in ihrer Hand herum.
„Wie viel Sauerei kann ich machen?“
„Was?“
„Wie viel Sauerei ich machen kann!“
„Bei was?“
„Beim Dosenöffnen!“
„Ist doch deine Küche!“
Luke grinste, nahm ihr die Dose ab und sah sie an: „Willst du da stehen bleiben?“
Kichernd ging sie ein Stück zurück, stellte sich hinter ihn und sah ihm über die Schultern. Wie wollte er das Ding aufbekommen? Fragte sie sich.
Langsam drehte Luke die Dose zwischen seinen Händen: „Das Problem ist einen Anfang zu finden!“
„Und dann?“
„Dann kann ich sie vollständig aufmachen. Entweder ich zerquetsch sie einfach, aber das gibt ne Sauerei ohne Ende und viel hast du dann nicht mehr übrig!“
„Und wie würdest du es machen, wenn ich nicht dabei wäre?“
„Wie kommst du darauf, das ich das dann überhaupt machen würde!“
„Stimmt auch wieder. Was meinst du mit Anfang?“
„Naja, ein Loch, wo ich mit dem Fingernagel reinkomme.“
Luke merkte ihre Verwirrtheit, lachte leise: „Es gibt eine Möglichkeit, aber…“
„Aber was?“
Lilly merkte wie er den Kopf drehte, sie anschielte. Zu ihrer Überraschung sah sie seine Augen silbern glitzern, sah wie er seine Zähne ausfuhr. Wie gebannt stand sie hinter ihm, sah ihm über die Schulter. Geht das, fragte sie sich. Kann er mit den Zähnen die Dose aufmachen?
Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, sah sie wie er in den Rand des Deckels biss.
Schockiert und zeitgleich fasziniert sah sie ihm zu, wunderte sich immer noch, das er das konnte. Tat das nicht weh?
Jetzt sah sie, wie Luke von der Dose abließ und die spitzen Zähne einfuhr. Schon fast angewidert verzog er das Gesicht: „Bääh, das willst du wirklich essen?“
Lilly nickte: „Sofern du es aufbekommst!“
„Kein Problem!“ Jetzt nahm er die Dose, drückte den Fingernagel seines Daumens in das Loch, welchen er mit dem Zahn gemacht hatte. Lilly hörte ein merkwürdiges Geräusch, als Luke den Deckel der Dose mit dem Fingernagel aufschlitzte. Schließlich hob er den Deckel ab und hielt ihr die geöffnete Dose vor die Nase.
„Wow! Ähm… Teller?“
Luke lachte, nahm einen Teller aus dem Hängeschrank und kippte den Inhalt der Dose hinein. Beinahe wäre der Teller übergelaufen, so voll war er. Luke stellte den Teller in die Mikrowelle und die leere Dose in das Waschbecken. Er ließ die Dose mit Wasser volllaufen und schwenkte sie aus. Dann stellte er die ausgewaschene Dose auf die Arbeitsplatte. Lilly griff danach, drehte sie in ihren Händen und fuhr vorsichtig über den Rand des Deckels. Er war scharfkantig.
„Verletzt dich nicht!“ warnte er sie.
„Wie hast du das gemacht?“
Ein Grinsen huschte über Lukes Gesicht, als er ihr die Dose abnahm: „Ganz einfach. Aber ich hätte auch so machen können!“ Während er das sagte, zerdrückte er die Dose mit den Händen. Als er die Hände wieder öffnete, war die Dose kaum höher als ein Bierdeckel: „Das hätte aber wesentlich mehr Sauerei gemacht und viel hättest du dann nicht mehr zum Essen gehabt!“ sagte er immer noch grienend. Jetzt warf er die Dose in den Eimer und bevor Lilly etwas sagen konnte, hörte sie wieder das Pling der Mikrowelle. Luke holte den Teller heraus und schaute kurz auf die Ravioli.
„Was ist?“
„Müssten heiß sein, riecht auch anders!“
Lilly nahm eine Gabel, stocherte in dem Teller herum, spießte eine Ravioli auf und biss hinein: „Ja,“ sagte sie kauend: „Sind heiß!“
„Komm!“
Luke lief vor ihr zur Couch, stellte den Teller auf das Tablett und Lilly setzte sich hin, zog das Tablett etwas näher zu sich und begann zu essen.
Wieder stand Luke neben ihr an der Couch und sah ihr zu.
„Luke setzt dich, bitte!“
„Warum?“
„Ich sagte doch, das macht mich kirre. Als ob du zu Besuch wärst, bitte setzt dich wenigsten hin, wenn du schon nichts isst!“
Luke kicherte, setzte sich neben sie und sah ihr wieder schweigend zu. Erst als sie den Teller leer gegessen hatte und gerade wieder auf das Tablett stellen wollte, nahm Luke ihn ihr ab, um dann scheinbar vor ihren Augen verschwand. Erst als er in der Küche stand und den Wasserhahn aufdrehte, sah sie ihn. Er wusch den Teller ab, drehte sich danach zu ihr herum: „Alles ok?“
„Ja, warum?“
„Nur so. Hast du noch was zu erledigen?“
„Nein, eigentlich nicht. Warum?“
„Weil wir vielleicht noch heute Abend losfahren sollten, sobald es dunkel wird.“
„Heut schon? Ich dachte das wäre erst morgen Abend?“
„Schon, aber wir werden ne Weile fahren und das ist, zumindest für mich, nachts besser!“
Lilly nickte grienend: „Stimmt, das ist mir irgendwie entfallen!“
„Das ist dir entfallen?“ fragte er fassungslos: „Wie kann dir so was entfallen!“
Sie begann zu kichern, zuckte mit den Schultern.
Auf einmal saß es wieder neben ihr, drückte sie fest an sich und küsste sie zärtlich aber intensiv auf die Lippen. Als sich ihre Lippen trennten, flüsterte er: „Ich weiß nicht ob ich darüber froh oder besorgt sein soll!“
„Wieso?“ flüsterte sie zurück.
„Weil es dir entweder so egal ist, was ich bin, oder ob du es wirklich schlichtweg vergessen hast!“
Jetzt lachte Lilly auf: „Als ob ich so etwas vergessen könnte! Es war einfach nur momentane Gedankenlosigkeit vermischt mit Nichtüberlegen!“
„Ach so!“ sagte er und küsste sie erneut: „Ob ich dir das glauben soll?“
„Ja, solltest du!“
„So einfach?“
„Ja!“ sagte sie kichernd: „War doch nur Spaß.“
„So?“ er kicherte leise und küsste sie erneut: „Also, sobald die Sonne untergeht fahren wir los. Dann müssten wir morgen vor Sonnenaufgang da sein!“
„Erst morgen früh? Auch bei deinem Fahrstil?“
Luke lachte: „Ja auch bei meinem Fahrstil!“
„Wie spät ist es eigentlich?“
„Fast halb fünf! Lange dauert es nicht mehr bis die Sonne untergeht!“
„Und was machen wir jetzt bis dahin?“
„Was du machst, weiß ich nicht, aber ich geh mal nen Koffer packen!“
„Wieso nen Koffer?“
„Naja, dein Kleid mit dem Zubehör, meine Klamotten. Sind auch einige!“
„Aber wie lange belieben wir da, du weißt schon, dass ich ab Montag wieder arbeiten muss!“
„Ja weiß ich. Aber selbst für den einen Abend gibt es was zu packen!“
„So viel?“
„Ja, und du bleibst hier. Zumindest so lange bis ich deine Kleider eingeräumt habe!“
„So, wer sagt das?“
„Ich!“
Bevor sie Antworten konnte, küsste er sie nochmals schnell auf den Mund und verschwand wieder vor ihren Augen. Sie stand auf, versuchte ihn einzuholen. Aber sie kam gerade aus dem Zimmer, als sie hörte wie Luke die Schlafzimmertür abschloss.
„Hey!“ rief sie nach oben, sicher das er sie genau hörte: „Das ist nicht nett, das du abschließt!“
Da sie sich sicher war, das Luke sie eh nicht ins Schlafzimmer ließe, tapste sie in das von ihm renovierte Wohnzimmer. Dort setzte sie sich wieder auf den Recamier und sah nach draußen. Die Sonne schien ihr ins Gesicht und sie ließ sich von ihr bescheinen.
Als es Abend wurde, kam Luke zu ihr, setzte sich auf den Boden vor den Recamier und fuhr ihr sanft mit der Hand über die Wange. Lilly sah ihn an, lächelte: „Und fertig?“
„Ja, alles im Auto! Wie sieht es aus, können wir los?“
„Eigentlich schon, ich will nur noch mal kurz ins Bad!“
„Also gut, ich warte an der Haustür!“
Jetzt stand Luke auf und Lilly rutschte vom Recamier, ging durch das Wohnzimmer und lief die Treppen nach oben.
Kurze Zeit später kam sie wieder nach unten, Luke stand, wie er gesagt hatte vor der Haustür und wartete.
Als sie zu ihm ging, sagte er: „Ich hab dir was zu essen und zu trinken eingepackt für unterwegs.“
Lilly nickte ihm zu: „Danke! Aber meinst du ich brauch was?“
„Je nachdem, aber bei einer fast zehn Stunden Fahrt kann es schon sein!“
„So lange?“
„Ja, je nachdem!“
„Geht das bei dir, also ich mein, macht dir das nichts aus?“
„Nein, wieso. Ich brauch nicht schlafen und ob ich jetzt neben dir liege oder sitze und dir beim Schlafen zuschaue oder Auto fahre ist kein großer Unterschied!“
„Aber beim Fahren musst du dich konzentrieren!“
Luke lächelte, als er ihr die Haustür öffnete: „Keine Sorge, das geht schon!“
Schulterzuckend ging sie an ihm vorbei: „Du musst es ja wissen!“
Jetzt lachte Luke erneut: „Ja, und ich weiß das es geht. Ich würde dich nie absichtlich in Gefahr bringen und das weißt du!“
Zusammen gingen sie, nachdem Luke die Haustür abgeschlossen hatte, zum BMW, der auf dem Vorplatz stand.
„Ja, ich weiß!“ sagte sie nach einer Zeit.
Wieder hielt Luke ihr die Beifahrertür auf, damit sie einsteigen konnte, sagte als er zu ihr einstieg: „Also, dann ist ja alles ok!“
Schließlich fuhren sie los, vorbei an den alten Bäumen der Allee, durch das Eisentor. Und erst hier bemerkte Lilly das Luke kein Licht am Wagen anhatte.
„Willst du ohne Licht fahren?“
„Was?“ Luke schien erst jetzt zu merken, dass er kein Licht anhatte, er schaltet es ein und sah sie an: „Hab ich gar nicht gemerkt, du weißt doch ich seh im dunklen!“
„Du vielleicht, aber die entgegenkommenden Autofahrer nicht!“
Jetzt lachte er: „Stimmt! Ist einfach Gewohnheit!“
„Was, fährst du immer ohne Licht?“
„Normalerweise fahre ich nicht. Bin zu Fuß eh schneller!“
Lilly schüttelte langsam den Kopf: „Du bist manchmal echt unmöglich!“
Als Antwort lachte Luke wieder, griff nach ihrer Hand, die auf ihrem Oberschenkel lag und drückte sie zuerst fest, dann führte er sie zu seinem Mund und küsste sie sanft darauf.
Nachdem er ihre Hand wieder losgelassen hatte, schaute Lilly aus dem Fenster, sah wie die Bäume an ihnen vorbeihuschten. Wissen, wie schnell er fuhr, wollte sie nicht. Sie vertraute ihm.
Es dauerte etwas bis Lilly anfing zu frieren, als Luke es bemerkte, schaltet er die Heizung ein und immer noch schwiegen sie. Irgendwie hatte Lilly die Befürchtung, dass wenn sie mit ihm redete er sich weniger auf die Straße konzentrieren würde und das wollte sie bei dieser Geschwindigkeit lieber nicht riskieren. Nach einer Weile wurde ihr es aber zu still im Auto, also begann sie am Autoradio herumzuspielen, es dauerte etwas bis sie einen Sender gefunden hatte, der Musik spielte, die ihr gefiel. Sie sah Luke an: „Stört es dich?“
„Was? Die Musik? Nein!“
„Gut!“ war alles was sie sagte und wieder schwiegen sie.
Es war nach Mitternacht als Lilly einschlief. Sie wurde wach, als Luke ihr über die Wange fuhr, sie zärtlich darauf küsste und flüsterte: „Lilly? Wir sind da.“
Verschlafen öffnete sie die Augen, rieb sich über das Gesicht und erkannte, als sie aus dem Fenster sah eine riesige Steinmauer: „Wo sind wir? Ich meine was ist das hier?“
„Das Anwesen unseres Gastgebers.“
„Sieht aus wie ein alte Burg.“ stellte sie fest.
„Ist es auch!“
„Und jetzt?“
Luke lächelte: „Jetzt steigen wir aus, bevor die Sonne aufgeht!“
„Gute Idee!“
Wieder lächelte er sie an, stieg aus und hielt ihr wieder die Beifahrertür auf. Als sie ausgestiegen war, sah sie sich etwas um: Sie standen auf einem großen Vorplatz, der in ein große, alte, steinerne Burg führte. Um den ganzen Platz war eine mindestens fünfzehn Meter hohe Mauer gezogen, welche genauso alt war, wie das Haus selbst.
Wieder reichte Luke ihr seinen Arm, damit sie sich unterhaken konnte und ging langsam mit ihr in Richtung Eingang. Umso näher sie dem großen Tor kamen umso mulmiger wurde es Lilly.
„Keine Sorge.“ Flüsterte Luke: „Dir wird nichts geschehen. Es ist alles ok!“
Obwohl sie spürte, das seine Gefühle das gleiche ausstrahlten, drängte sie sich näher zu ihm. So ganz geheuer war ihr die Sache einfach nicht.
Sie erreichten die große Tür, diese wurde von innen geöffnet. Ein älterer Herr öffnete ihnen und sah zuerst Luke und dann Lilly an.
„Der Herr erwartet sie schon.“ Sagte er, während er sie eintreten ließ.
Noch bevor sie die Tür ganz hinter ihnen geschlossen war, kam von einer großen Steintreppe, welche inmitten der Vorhalle war, ein Mann mit einem roten Umhang herunter. Zu sehr erinnerte Lilly das alles an das was in diesem Tempel geschehen war, zumal es hier auch noch so ähnlich aussah. Daher drängte sie sich noch näher an Luke, ihre Sorge wurde zur Angst und Luke spürte das. Er legte beschwichtigend einen Arm um sich und drückte sie fest an sich. „Alles gut.“ Flüsterte er ihr ins Ohr.
Irgendwie bekam sie ein Lächeln zustande, als der Ummantelte vor sie trat.
„Lord Cunningham.“ Sagte er mit ruhiger, schon angenehmer Stimmer. Dann verneigte er sich kurz vor Luke. Dieser ließ Lilly los, legte einen Arm auf seinen Bauch, den anderen drehte er auf den Rücken und verneigte sich ebenfalls. Allerdings war Lukes Diener länger und tiefer, wie der des Ummantelten.
Dann sah der Ummantelte Lilly an: „Lady Cunningham. Es freut mich, das sie mitgekommen sind!“ Daraufhin nahm er Lillys Hand und gab ihr einen flüchtigen Handkuss. Lilly war das Ganze immer noch nicht ganz geheuer.
Schließlich drehte sich der Ummantelte etwas zur Seite, winkte jemanden zu sich heran und sagte dann wieder an Luke und Lilly gewandt: „Mein Diener wird euch euer Gemach zeigen und euer Gepäck bringen!“ Damit wand er sich ab und ging die Treppe wieder nach oben.
Der ältere Herr, der ihnen die Tür geöffnet hatte, trat vor sie und deutet ihnen ihm zu folgen. Wieder hakte sich Lilly bei Luke ein und zusammen folgten sie dem Diener. Sie gingen nach rechts, betraten eine langen Gang. Lilly sah sich nur ab und zu etwas um, ihr gefiel die Sache immer noch nicht und daher entschied möglichst nah bei Luke zu bleiben und möglichst wenig ihre Blick schweifen zu lassen. Sie sah nur das der gesamte Flur mit einem Teppich ausgelegt war. In regelmäßigen Abständen sah sie Steinbögen, die sich über die ganze Breite des Flurs spannten, sie war sich sicher, dass diese als Stützen fungierten. An den Wänden waren alte Bilder, Statuen standen auf kleine Säulen und ab und zu sah sie eine Ritterrüstung stehen. In immer wiederkehrenden Abständen sah sie Kerzenhalter an den Wänden, aber sie sah nirgends eine elektrische Lampe. Nach einer scheinbaren Ewigkeit, blieb der Diener vor einer alten, großen Holztür stehen, er öffnete sie und ließ beide in das Zimmer eintreten.
Es war sehr spartanisch eingerichtet: Ein großes Bett mit einem Holzhimmel, Lukes nicht unähnlich, aber mit Sicherheit älter, zwei Nachttische, eine Kommode und einem Teppich auf dem Boden, sowie drei Wandteppichen. Außerdem stand noch ein mannshoher Koffer mitten im Raum.
„Alles zu ihrer Zufriedenheit?“ fragte der Diener.
„Ja, alles in Ordnung!“ sagte Luke. Daraufhin ging der Diener und schloss die Tür.
Lilly sah sich immer noch um. Sie sah keine Fenster. Das einzige Licht erzeugte eine Art Kronleuchter, welcher an der Decke inmitten des Raumes hing. Allerdings war dieser, stellte sie fest, noch mit Kerzen bestückt.
„Alles ok?“ fragte Luke sie nach einer Zeit.
Lilly nickte nur, zeigte dann auf den Koffer: „Was ist das?“
„Unser Gepäck.“ Sagte Luke amüsiert.
„Der ganze Koffer?“
Luke lachte: „Natürlich der ganze Koffer. Was glaubst du denn was da alles zusammen gehört!“
„Wie zusammen gehört?“
„An der Kleidung von damals. Das ist nicht nur ne Hose, ein Hemd und ein Kleid. Früher hatte man jemand der einen anzog!“
Lilly sah ihn mit großen Augen an: „Und wie soll ich das bitte hinbekommen?“
„Keine Sorge, ich hab jemanden der dir hilft!“
„Beim Anziehen?“ fragte sie erstaunt.
Luke nickte, ging zum Fußende des Bettes und ließ sie lang darauf fallen.
„Müde?“ fragte Lilly.
„Nein. Du weißt doch das ich nicht schlafen brauche!“
Langsam ging sie aufs Bett zu: „Stimmt!“ sagte sie als sie sich darauf setzte.
„Wieder was, was du vergessen hast?“
Lilly kicherte, schüttelte dann den Kopf: „Macht der Gewohnheit so etwas zu fragen, wenn man weiß das jemand die ganze Nacht gefahren ist!“
Anstatt einer Antwort griff er nach ihr, zog sie zu sich ins Bett und als Lilly halb auf Luke lag, fragte sie: „Wieso eigentlich nur ein Bett? Hast du mir nicht erzählt, das man früher, selbst wenn man verheiratet war, sogar in getrennten Zimmern geschlafen hat?“
„Wenn du willst kann ich ihn ja fragen, ob er noch ein eigenes Zimmer für dich hat.“ Sagte Luke vergnügt.
„Nein nein, so war das nicht gemeint!“ sagte Lilly schnell: „Ich wundere mich nur etwas!“
„Gefährten sind mehr wie nur verheiratet!“
„Wie jetzt?“
„Bei Verheirateten heißt es bis das der Tod euch scheidet, selbst wenn das bei Gefährten passiert, also das einer stirbt, bleibt der andere ihm verbunden!“
„Also Verheiratet bis über den Tod hinaus?“
Luke lachte leise: „Zumal wir eigentlich alle schon tot sind, also bis auf dich!“
„Hoffentlich bleibt das auch so!“ flüsterte sie leise und Luke merkte ihre neu aufwallende Sorge. Fest schloss er die Arme um sie, flüsterte: „Du weißt das ich nicht zulassen werde, dass dir etwas geschieht. Niemand wird es wagen dich anzufassen, ok? Du bist als Mensch vom Hohen Rat als meine Gefährtin akzeptiert und der einzige der dich verwandeln darf, wenn du es willst, bin ich. Du gehörst mir und ich gehöre dir und niemand wird es wagen das zu tun. Das verspreche ich dir. Der einzige der das tun darf bin ich!“
„Mmh… aber hier sind bestimmt mehr wie nur einer von euch, du kannst nicht alle aufhalten!“
„Wir sind im Haus eines Ratsmitgliedes. Du stehst unter seinem Schutz und er wird nicht gegen selbst aufgestellte Regeln verstoßen! Versprochen du wirst hier so wieder herausgehen wie du hineingegangen bist, als Mensch!“
Träge rieb sie ihr Gesicht an seiner Brust: „Versprochen? Du passt auf mich auf!“
Jetzt schlang er seine Arme noch fester um sie: „Mit meinem Leben werde ich dich beschützen und das weißt du!“
Immer noch auf seiner Brust liegend, nickte sie langsam. Erst nach einer Weile fragte sie: „Und was passiert jetzt? Ich meine, was machen wir jetzt?“
Gedankenverloren strich er ihr langsam über ihren Oberarm: „Nichts, wir könnten etwas hier herumstromern, wenn du willst?“
„Mmh, nein, ich glaube lieber nicht!“ sagte sie schnell.
Leise kicherte er als Antwort: „Also gut!“ sagte er gespielt resigniert.
„Ach Luke.“ Sagte sie leise, schlug ihn sanft mit der Handfläche auf den Brustkorb. Wieder lachte er nur. Es dauerte etwas bis Luke schließlich sagte: „Ja ich versteh schon, du willst hier gar nicht sein und auch so schnell wie möglich weg!“
Fast verlegen nickte sie: „Irgendwie schon.“ gestand sie.
„Ich hab dir gesagt, dir wird nichts geschehen. Ich pass auf dich auf. Und bis die anderen kommen, bleiben wir hier liegen.“
„Einfach so?“
„Mmh… ja!“ sagte Luke leise kichernd: „Zumal du ja erst noch umgezogen werden musst!“
Lilly lachte: „Das klingt so, als ob ich mich nicht alleine anziehen kann!“
Jetzt lachte Luke auch: „Glaub mir, das alles bekommst du nicht alleine an und ich kann dir nicht helfen!“
„So, warum nicht?“
„Weil ich gerade mal weiß, wie es komplett angezogen aussieht. Aber wie man das aus- oder gar anzieht, weiß ich nicht!“
„So, weißt du nicht?“
„Nein, woher denn!“
„Hast du nicht zu der Zeit, also, irgendwie..“
„Das heißt aber nicht, das ich Frauen an und ausgezogen habe!“
Lilly lachte laut auf: „Das würde ich jetzt auch sagen!“
Anstatt einer Antwort begann Luke sie zu kitzeln, Lilly schrie vor Lachen, war sich aber sicher, dass sie durch die dicken Mauern, bestimmt niemand lachen hörte. Sie strampelte, versuchte sich von ihm wegzudrücken. Aber obwohl sie auf seinem Brustkorb lag und er sie nur mit einem Arm festhielt, gelang es ihr nicht von ihm wegzukommen.
„Luke!“ fauchte sie kichernd: „Lass das!“ Immer noch strampelte sie, wehrte sich gegen ihn und bekam kaum mehr Luft vor Lachen.
Plötzlich ließ er sie los, schob sich unter ihr vom Bett und stand schließlich davor. Er hatte Lilly den Rücken zugedreht und sah zur Tür. Noch bevor Lilly etwas sagen konnte, hörte sie wie jemand anklopfte.
Sie merkte wie Luke die Luft einsog, dann zur Tür ging und diese einen Spalt öffnete.
„Hallo.“ sagte er.
Lilly hörte eine Frauenstimme: „Guten Abend Lord Cunningham!“ Luke stand seitlich vor ihr, hielt mit einer Hand die Tür fest und Lilly sah wie er aufgrund der Begrüßung lächelte.
„Wie geht es euch?“ fragte Luke freundlich.
„Gut und ihnen?“
Lilly wunderte sich, wen Luke da siezte.
„Ihr seid gekommen um…!“
„Ja!“ kam die prompte aber freundliche Antwort.
Jetzt trat Luke einen Schritt zurück und öffnete die Tür etwas mehr. Lilly versuchte zu erkennen, wer vor der Tür stand, aber die Tür selbst und auch Luke versperrten ihr die Sicht auf ihren Besucher. Nun drehte Luke sich herum, ging am Bett vorbei, strich ihr dabei sanft über die Wange und blieb vor dem Koffer stehen. Schließlich öffnete er ihn, Lilly hatte so einen Koffer noch nie gesehen. Er ließ sich über die gesamte Länge aufklappen und das obwohl er immer noch auf eine der Stirnseiten stand. Luke nahm mehrere Sachen heraus, legte sie sich über den Arm und ging aus dem Zimmer. Im Vorbeigehen nickte er ihrem Besucher kurz zu, Lilly sah immer noch nicht, wer da in der Tür stand. Erst als Luke die Tür hinter sich zuzog, sah Lilly die junge Frau.
„Ihr seid das!“ hörte sie die melodiöse Stimme. Langsam, elegant ging sie am Bett vorbei und zum Koffer. Lilly, die immer noch auf dem Bett saß, sah ihr hinterher. Sah ihr zu, wie sie etwas im Koffer machte. Sie selbst hatte ein dunkelblaues, barockes Kleid an, sehr ausladend am Rock selbst, aber der Oberkörper wirkte im Verhältnis sehr zierlich. Erst als sich die Frau wieder herumdrehte und sie ansah, erkannte Lilly die Frau. Es war die junge Frau, die sie bei einem Besuch im Zero schon angesprochen hatte.
„Ich dachte mir irgendwie, das Ihr und Lord Cunningham etwas mehr Zeit miteinander verbringt. Allerdings habe ich nicht erwartet, das diese Zeit so intensiv ist.“
Lilly sah sie irritiert an, lächelte sie freundlich an.
Wieder zum Koffer gewandt, sagte die Frau: „Interessant was er eingepackt hat.“
Schließlich sah sie Lilly wieder, streckte ihr die Hand entgegen: „Kommt!“
Zögerlich griff Lilly nach ihrer Hand, ließ sich von ihr vom Bett und auf die Beine ziehen: „Ich werde euch helfen!“
Zuerst gab sie Lilly einen dünnen, weißen Unterrock, den Lilly sich von ihr überziehen ließ. Lilly sah an sich herab, es war merkwürdig, vor allem da sie ja immer noch ihre Straßenkleidung trug.
Die Vampirin lachte leise: „Ich glaube ihr solltet euch zuerst ausziehen!“
„Alles?“ fragte Lilly und befürchtet schon die Antwort.
„Natürlich alles… ok ich denke die Unterhose könnt ihr anlassen, diese Zeiten sind vorbei.“
Unwillkürlich musste Lilly grinsen: „Heißt das, früher hatte keiner Unterwäsche an?“
„Nicht alle, ehrlich gesagt, die wenigsten!“
Lilly Gesichtsausdruck musste mehr verraten haben, wie ihr bewusst war, denn die Vampirin fing an zu lachen: „Tja andere Zeiten, andere Sitten!“
Jetzt kam sie mit einem scheinbar unfertigen BH auf Lilly zu.
„Was ist das?“
„Ein BH.“
„Das seh ich, aber fehlt da nicht was?“
„Was denn?“
„Die Körbchen zum Beispiel!“
Jetzt lachte sie wieder: „Das gehört so! Ihr werdet es verstehen, wenn ihr angezogen seid!“
Sie half ihr sich weiter anzuziehen, Lilly fühlte sich sichtbar nicht wohl in diesem Pseudo-BH. Wieder lachte die junge Frau: „Glücklich seht ihr nicht aus!“
Lilly sah an sich herab: „Ich hoffe mal, er hat noch was eingepackt, wo mehr Stoff daran ist!“
Anstatt einer Antwort, hielt sie ihr eine Korsage vor die Nase. Zögerlich griff Lilly danach und merkte wie hart die eingearbeiteten Stäbe waren. Bequem ist anders, dachte sie. Dennoch ließ sie sich die Korsage anlegen. Die Vampirin zeigte auf das Holzgestänge des Bettes: „Wenn ihr euch daran festhaltet, ist es besser zu schnüren!“
Lilly tat was ihr gesagt wurde, hielt sich mit beiden Händen an einem der Pfosten fest und merkte augenblicklich, wie die Korsage enger und enger gezogen wurde. Irgendwann hatte sie das Gefühl nicht mehr einatmen zu können, so fest schnürte es sie ein. Langsam holte sie Luft, sagte leise: „Ich will mich ja nicht beschweren, aber vergess bitte eins nicht!“
„Was denn!“
„Ich muss noch atmen können!“ Oder war das bewusst so gemacht, ging es ihr durch den Kopf, vielleicht war es ja so gedacht, das sie später nicht mehr atmen müsse. Ein Gefühl der Panik stieg in ihr auf und fast gleichzeitig, spürte sie Lukes Ruhe, seine Gelassenheit. Es durchströmte sie, wie ihre eigenen Gefühle und ihre Panik wurde schwächer. Sie war sich sicher, das Luke genau das beabsichtigt hatte. Zu ihrer weiteren Beruhigung merkte sie wie die Vampirin, die bereits die bis oben geschnürte Korsage wieder etwas lockerte, sodass Lilly wieder atmen konnte, zwar nicht so tief wie sonst, aber besser.
„So, jetzt den Rest!“ sagte die junge Frau und als Lilly sich wieder zu ihr herumdrehte, reichte sie Lilly ein weiteren Rock, der aus mehreren Unterröcken bestand. Auch diesen zog sie sich, mit Hilfe, über und so langsam dämmerte es Lilly zum einem, warum man jemanden zum Anziehen brauchte und zum anderen, wie sie diese voluminösen Röcke hinbekamen. Jetzt reichte sie ihr ein Paar halterlose Strümpfe. Lilly nahm sie ihr zwar ab, merkte aber sehr schnell, dass sie sich mit der Korsage, gar nicht so weit bücken konnte um sich die Strümpfe anzuziehen. Die Vampirin kicherte leise, nahm ihr wieder die Strümpfe ab und kniete sich vor ihr auf den Boden. Sie zog ihr die Strümpfe an, zog sie ihr dann bis zu den Oberschenkeln nach oben und Lilly empfand es als sehr merkwürdig, sich von jemand unter den Rock kriechen zu lassen. Jetzt stand sie wieder auf, ging wieder zum Koffer. Lilly sah an sich herab, unwillkürlich zog sie die Korsage am Dekolleté etwas weiter nach oben, sie hatte die Befürchtung, das ihr sonst was aus dem nicht gerade kleinem Ausschnitt fiel. Sie sah wie die Vampirin etwas Dunkelrotes aus dem Koffer holte. Langsam kam sie auf sie zu, hielt es ihr hin. Lilly nahm es ihr ab, merkte wie schwer dieser Stoff war. Diesmal war Lilly froh, das sie jemand hatte, der ihr half, denn alleine hätte sie dieses Kleid nicht angezogen bekommen. Die Vampirin zog ihr das Kleid über den Kopf, half ihr es richtig anzuziehen und Lilly sah wie an der Vorderseite des Kleides wieder eine Art Korsage war. Diese war weiß abgesetzt, hatte goldfarbene Beschläge und ein goldfarbenes Band. Außerdem hatte es an dem obersten Rand des Ausschnitts viele kleine Rüschen. Vorsichtig schnürte sie auch diese Korsage und schaffte es dadurch Lillys Dekolleté noch üppiger aussehen zu lassen. Lilly befürchtete jetzt noch mehr, das ihr irgendwas, selbst bei kleinster Bewegung, rausfallen würde. Wieder zupfte sie sich am Ausschnitt und versuchte etwas mehr Stoff über ihren Ausschnitt zu bekommen. Allerdings war das, bei dieser Schnürung aussichtslos. Es schien sich, außer dem Rock nichts zu bewegen. Die Vampirin sah sie an, strich ihr eine Strähne ihrer Haare aus dem Gesicht: „Da fehlt noch was. Ich komm gleich wieder!“ Damit verschwand sie aus dem Zimmer und bevor Lilly darüber nachdenken konnte, was sie damit meinte, stand sie bereits mit einem großen Koffer wieder im Zimmer. Als sie ihn öffnete, sah Lilly erstaunt, das bei dem was da alles im Koffer war, jeder Friseur und Kosmetiker vor Neid erblassen würde. „So, jetzt kanns losgehen!“ sagte sie fröhlich. Sie kam auf sie zu, machte ihr die Haare auf und fing leise an zu summen. „Locken, schön, das geht schneller!“ Damit nahm sie eine kleine Sprühflasche und begann Lillys Haare anzufeuchten. Dann knetete sie irgendetwas in die Haare und drehte ihr viele kleine Lockenwickler ein. Nahm einen Fön und begann die Haare wieder zu trocknen. Immer wieder summte sie leise, hielt, da Lilly zusammenzuckte, da sie ihr etwas zu sehr an den Haaren zupfte, inne und fragte: „Alles ok, wenn es zu heiß wird, dann..“ Lilly schüttelte langsam den Kopf: „Ich bekomm nur normalerweise keine Lockenwickler eingedreht!“
„Kann ich mir denken, bei den Locken, aber das kann man noch toppen!“
Es dauerte eine Weile, bis die Haare trocken waren und die Lockenwickler wieder rausgemacht wurden. Die Vampirin steckte ihr die Locken locker nach oben und begann sie zu schminken. Das ging schneller wie Lilly erwartet hatte, dann wandte sie sich wieder Lillys Haaren zu, steckte mit Haarnadeln einzelne Locken nach oben, schob ihr viele Nadeln in die Haare und Lilly zuckte bei manchen zusammen. „Tschuldigung!“ sagte die Vampirin jedes Mal schnell.
„Was machst du da eigentlich?“
„Ha, zu so nem Kleid gehört die passende Frisur!“ sagte sie fröhlich: „Und das passende Zubehör!“
„Zubehör!“
„Ja, Handschuhe, Schuhe, Schmuck, so was halt!“
„Und das..“
Sie zeigte auf den Koffer: „An alles gedacht, alles dabei!“
„Alles da drin? Deswegen der große Koffer!“
„Ja, genau deswegen! So und nun nur noch das Zubehör!“ Damit reichte sie ihr lange, weiße Handschuhe, die Lilly beinahe bis zu den Ellbogen reichten. Zeitgleich kniete sich die Vampirin wieder vor ihr auf die Knie und zog ihr die Schuhe an. Probehalber drehte sich Lilly einmal um die eigene Achse. Obwohl das Zimmer eigentlich groß war, streifte der Rocksaum das Bett, so ausladend war er. Langsam lief sie im Zimmer auf und ab, sie musste sich erst an die Schuhe mit Absätzen gewöhnen. Teilweise musste sie sich a an der Wand festhalten, sie hatte nicht erwartet, dass dieses Kleid so schwer sein würde. Die Vampirin sah sie abschätzend an, nahm dann eine goldfarbene Kette, die wie ein Netz aussah und mit vielen kleinen, roten Steinen übersäht war und hängte sie ihr um. Dann nahm sie die passenden Ohrringe, hielt sie Lilly hin und diese zog sie sich an. Schließlich sah sie Lilly nochmals an und nickte zufrieden, öffnete ihr die Tür. Langsam und immer noch wackelig ging Lilly hinter ihr her, folgte wieder dem Flur und hörte, als sie fast das Ende des Flures erreicht hatte, viele Stimmen leise miteinander reden. Sie sah wie zwei Männer miteinander sprachen und obwohl ihr der eine den Rücken zuwandte, erkannte Lilly Luke. Er hatte einen dunkelroten, langen Gehrock an, der die gleiche Farbe wie ihr Kleid hatte. Eine enge, schwarze Hose und schwarzglänzende, kniehohe Stiefel. Immer noch mit dem Rücken zu ihr gedreht, erkannte sie Luke allein an der Art wie er sich bewegte, seine Gestik und selbst die Art wie er nur dastand, hatte etwas vertrautes. Sie sah wie er kurz den Kopf etwas über die Schulter drehte, aber sehen konnte er sie nicht. Aber sie wusste, das er sie bereits bemerkt hatte. Dann drehte er den Kopf wieder zu seinem Gesprächspartner. Lilly sah, das der andere Mann nicht älter aussah wie Luke, war sich aber sicher, das er wahrscheinlich mindestens genauso alt war wie Luke. Jetzt sah der Andere an Luke vorbei, lächelte erst Lilly an und dann die Vampirin, die immer noch unbemerkt von Lilly neben ihr stehen geblieben war. Diese ging schließlich auf die zwei Männer zu, strich dem Anderen im Vorbeigehen zärtlich über die Wange. Daraufhin wand sich der Andere von Luke ab und lief der Vampirin hinterher. Jetzt erst drehte Luke sich zu ihr herum und verharrte in der Bewegung, als er sie ansah. Lilly sah an sich herunter, strich sich geradezu verlegen an dem Kleid herab und lächelte Luke wieder nur verlegen an. Dieser lächelte sie an, kam langsam auf sie zu. Dadurch konnte Lilly ihn genauer ansehen: Der rote Gehrock hatte goldfarbene Applikationen, hatte erst auf Höhe des Bauchnabels den ersten und auch wahrscheinlich einzigen Knopf, den Luke geschlossen hatte. Das weiße Hemd hatte an der gesamten Knopfleiste Rüschen, zwar weniger wie an Lillys Kleid am Dekolleté, aber auffällig. Der Kragen des Hemdes war hochstehend, reichte Luke bis an den Unterkiefer, war aber vorne am Hals offen. Der Gehrock hatte lange Ärmel an dessen Enden jeweils weiße, lange Rüschen des Hemdärmels hervorragten. Diese Rüschen waren so lang, das sie, wenn Luke die Hände nach unten hingen ließ, seine Finger komplett bedeckt waren. Nun stand er direkt vor ihr, nahm ihre Hand in seine, verbeugte sich kurz vor ihr und gab ihr einen Handkuss: „Mylady.“ Dann sah er ihr in die Augen, lächelte sie sanft an, nahm ihre Hand fester in seine und drehte sie einmal um ihre eigene Achse: „Ich sagte doch es passt und es steht dir. Siehst du, etwas Geschmack hab ich doch!“
Lilly lächelte ihn an: „Das habe ich nie behauptet!“
„Aber du warst dir dabei..“ er zeigte auf das Kleid: „…nicht sicher. Du wolltest es doch unbedingt sehen!“
„Ja, aber aus Neugierde!“
„Nur Neugierde?“
„Ja!“ sagte sie und nickte.
Luke sah sie wieder nur an, strich ihr eine Locke, die beim Nicken nach vorne gerutscht war, hinter ihr Ohr und strich ihr sanft über die Wange. Dann küsste er sie sanft darauf und reichte ihr seinen Arm, damit sie sich unterhaken konnte.
Zusammen gingen sie durch die Vorhalle auf eine hohe, alte, schwere Holztür zu.
„Wohin jetzt?“ fragte sie leise.
„Zu den anderen.“ sagte Luke knapp.
Lilly sah wie dir große Tür von innen geöffnet wurde, zusammen mit Luke ging sie in einen riesigen Saal. Als sie die oberste der insgesamt fünfzehn Stufen erreichten, merkte Lilly wie das Gemurmel und Raunen im Saal sofort verstummte, alle drehten sich zu ihnen herum, sahen sie an und Lilly merkte wie Unbehagen in ihr aufstieg. Luke drückte ihren Arm etwas fester, neigte den Kopf leicht zu ihr, doch bevor Luke etwas sagen konnte, hörte sie eine alte, freundliche Stimme hinter sich: „Lord und Lady Cunningham!“ Lilly wollte sich gerade herumdrehen um zu sehen, wer da hinter ihnen stand, aber Luke zog sie sanft am Arm. Als sie ihn ansah, schüttelte er etwas den Kopf. Sie verstand, sah wieder nach vorne und ging mit ihm zusammen die Stufen nach unten. Kaum waren sie unten angekommen, als Lilly die junge Vampirin zusammen mit dem dunkelhaarigen Mann, der sich zuvor mit Luke unterhalten hatte, auf sich zukommen sah. Sie blieben vor ihnen stehen, der junge Mann, ähnlich wie Luke gekleidet, wie Lilly jetzt erst richtig sah, verneigte sich erst kurz vor Luke: „Lord Cunningham.“ Luke verneigte sich ebenfalls, aber nicht so tief und nicht so lange wie der Andere: „Herzog Eschford!“
Dann streckte der junge Mann Lilly die Hand hin, diese ergriff sie und bekam einen flüchtigen Handkuss: „Mylady!“ Lilly nickte ihm nur kurz zu, sah wie Luke die Hand der Vampirin nahm, ihr ebenfalls einen Handkuss gab: „Herzogin. Ich bin euch zu Dank verpflichtet für eure Hilfe!“
Die Vampirin machte ein kurzen Knicks: „Nichts zu danken Mylord. Es war mir eine Ehre eurer Gefährtin zu helfen!“
Dann machte sie sie von Luke los, kam auf Lilly zu und machte auch vor ihr eine solchen Knicks: „Mylady. Ich hoffe ihr seid zufrieden mit meiner Hilfe und dem Ergebnis!“
Lilly versuchte den Knicks der Vampirin nachzuahmen, war sich aber sicher, nicht annähernd so elegant dabei auszusehen, zumal sie mit diesem Kleid und den Schuhe nicht annähernd so tief kam, wie ihre Gegenüber. Allerdings war sich Lilly sicher, dass das niemand bemerkte. Zumindest schien keiner Anstoß daran zu nehmen. Lilly sah die junge Vampirin an: „Wenn ich irgendwo eine Spiegel sehen würde, könnte ich sagen, ob mir das Ergebnis gefällt. In Bezug auf die Hilfe, muss ich…„ sie sah Luke an: „...Luke recht geben. Ohne Hilfe wäre ich wahrscheinlich noch nicht annähernd fertig!“
„Es freut mich zu hören, dass euch meine Hilfe nützlich war! Und einen Spiegel…“ sie sah sich kurz um: „… ich habe hier noch keinen entdeckt. Aber seid versichert, ihr seht wunderbar aus!“
Lilly lächelte verlegen, sah kurz Luke an, der seinerseits lächelte und ihr zunickte.
„Wie ist es euch ergangen?“ fragte Luke die Vampirin.
„Gut ist es mir ergangen und wie steht es um euch?“
Lilly sah sich kurz um, sah wie voll der Saal war, überall waren Unterhaltungen im Gange. In der Mitte des Raumes stand eine große Tafel, vollgestellt mit Unmengen an Essen. Aber für wen? Fragte sie sich. Waren hier auch Menschen? Also außer ihr.. Oder sollte das alles für sie sein? Das konnte sie sich nicht vorstellen. Sie merkte wie jemand kurz ihren Arm streifte, sah nach links und sah wie Luke sie ansah, kurz mit dem Kopf zur Seite zeigte und ihr wieder den Arm hinhielt. Lilly hakte sich abermals unter und zusammen und in Begleitung der zwei anderen Vampire, gingen sie weiter in den Saal.
Dort stellten sie sich zwischen zwei Gruppen. Zu ihrer Linken standen mehrere Leute die ihrer Meinung nach nicht hierher passten. Sie sah genauer hin, erkannte das die Kleider der Frauen sowie der Männer wie Kostüme aussahen, einige hatten sogar weiße Perücken auf. Sie schnappte ein paar Worte auf: „Na, was geht ab. Krasse Party hier!“
„Ja und hast du das ganze Futter gesehen? Abgefahren!“
Irritiert sah sie der Gruppe zu, jetzt erkannte sie, das sie sich auch anders bewegten. Irgendwie plump. Die Gruppe rechts von ihnen, unterhielt sich ebenfalls und auch hier hörte sie einzelne Gesprächsfetzten.
„Wie ich sehe scheint es euch gut ergangen zu sein.“
„Ich bin erfreut euch nach so langer Zeit wiederzusehen!“
Lilly musste unwillkürlich grinsen. Selbst die Bewegungen, die Mimik und Gestik der Gruppe waren eleganter, anmutiger. Sie wusste augenblicklich, wer Mensch und wer Vampir war. Die Art der Bewegungen, die Art zu sprechen, selbst die Art wie sie in der Kleidung wirkten, war anders. Deswegen gab es hier das Essen, es waren wirklich noch Menschen, außer ihr hier. Aber wozu? Sie sah Luke irritiert an, dieser hatte ihr wieder den Rücken zugedreht und jetzt erst erkannte sie, das er seine Haare im Nacken mit einer schwarzen Schleife zusammen gebunden hatte. Deswegen hatte er sie so lang.
Als er sich zu ihr herumdrehte schien er irritiert, langsam kam er einen Schritt zurück, legte ihr einen Arm um die Schultern: „Was ist?“ flüsterte er.
„Warum sind hier Menschen?“
„Das frägst du wirklich?“ Dann merkte sie seine Irritiertheit: „Woher weißt du das?“
„Was? Das hier Menschen sind? Ich …naja, man kann euch unterscheiden. Also gewisse Dinge sind einfach anders!“
„Und welche?“
„Das Bewegen und vor allem das Reden! Also warum sind hier Menschen?“
Luke sah sie an, zog eine Augenbraue nach oben. Diese Mimik reichte Lilly um zu ahnen um was es ging: „Essen.“ sagte sie leise.
Langsam nickte Luke, bevor er etwas sagen konnte, hörte sie wieder die Stimme des alten Mannes: „Das Büffet ist eröffnet. Bitte bedienen sie sich!!“
Sofort lösten sich einige Gruppen auf, sammelten sich an der großen Tafel und luden sich Unmengen von Essen auf die Teller. Lilly bemerkte wie die, die sich nicht auf das Büffet stürzten, schon fast angewidert zusahen.
„Wie die Wilden.“ Hörte sie jemanden murmeln. Sie versuchte herauszufinden woher die Stimme kam, konnte es aber nicht herausfinden.
„Menschen, wie Tiere fallen sie über das Essen her! Die hier überhaupt einzuladen!“ Lilly hörte nur zu, versuchte nicht mehr herauszufinden, welche Vampirin das gesagt hatte. Luke drückte Lilly fester an sich, flüsterte leise: „Es gibt ein paar die mögen Menschen nicht!“
„Aber…“ flüsterte Lilly zurück: „Sie brauchen sie doch!“
„Das heißt aber nicht, das sie sie mögen!“
Lilly zuckte zusammen, drückte sich an ihn. Plötzlich tauchte der Ummantelte auf, stellte sich genau in die Gruppe Seinesgleichen und winkte sie näher zu sich. Alle folgten seiner Aufforderung, scharten sich im Kreis näher um ihn. Lilly stand zwischen Luke und der jungen Vampirin, fühlte sich wieder mehr wie unwohl.
„Alles ok.“ Sagte Luke leise. Lilly drehte sich etwas zu ihm, konnte dabei in den restlichen Saal sehen und bemerkte, das sich alle Menschen in der andern Hälfte des Saals aufhielten, redeten und aßen. Unwillkürlich wünschte sie sich bei denen zu sein und nicht hier eingezwängt zwischen Vampiren, die wohl nicht alle so gut auf Menschen zu sprechen waren.
„Meine Kinder..“ begann der Ummantelte: „Ich bin erfreut das ihr alle meiner Einladung gefolgt seid. Vor allem sie Lady Cunningham!“ Lilly zuckte zusammen, sah Luke an. Dieser sah weiterhin gerade aus und Lilly folgt seinem Blick. Sie sah wie nah der Ummantelte vor ihr stand, schließlich seine Kapuze nach hinten schlug. Ein altes, aber freundliches Gesicht sah sie an, gütige Augen die sie zu bannen schienen. Der Alte nahm ihre Hand, verbeugte sich kurz vor ihr und gab ihr einen Handkuss. Selbst nachdem er sein Gesicht von ihrer Hand gelöst hatte, blieb Lilly wie angewurzelt stehen. Die Vampirin neben ihr stieß ihr sanft mit dem Fuß in die Kniekehle, so dass Lilly unwillkürlich leicht in die Knie ging. So sah es aus wie ein Knicks, allerdings hatte Lilly Probleme aus dieser Haltung wieder gerade hinzustehen. Leicht schwankend versuchte sie aufzustehen. Aber ganz gelang es ihr nicht, daher zog der Alte sie, an der immer noch in seiner liegenden Hand, etwas nach oben. So kam sie, nicht gerade elegant, aber immerhin wieder zum Stehen. Als der Alte ihre Hand wieder losließ griff Luke sofort nach dieser. Hielt sie fest und drückte sie sanft. Der Alte wand sich von ihr ab. „Danke.“ Flüsterte Lilly kaum für sie selbst hörbar, sie wusste aber, das die Vampirin sie auf jeden Fall hörte. Irgendwie hatte Lilly das Gefühl, das sie sich sonst in irgendeiner Art unbeliebt gemacht hätte, wäre sie vor dem Ältesten stehen geblieben. Luke stieß sie leicht an und als sie ihn ansah, zwinkerte er ihr lächelnd zu.
„Ein Mensch!“ hörte Lilly plötzlich eine Vampirin zischen: „Was macht ein Mensch in unseren Reihen!“ Auf einmal stand eine Frau vor ihr, kaum älter wie Lilly, zumindest sah sie so aus. Braune Haare, nach oben gesteckt, sie trug ein schönes, aber schlichtes Kleid. Sie fauchte sie an: „Was erdreistest du dich hier aufzutauchen!“
Luke schob sich schnell vor Lilly, fauchte leise aber aggressiv: „Lass sie in Ruhe, sie gehört zu mir!“
Die Vampirin fauchte zurück: „Zu dir! Ein Mensch, ein nichtsnutziger Mensch gehört zu dir!“
„Ja...“ sagte Luke immer noch fauchend: „Sie gehört zu mir. Sie ist meine Gefährtin und du wirst sie in Ruhe lassen, sonst...!“
„Sonst was?“
„Du bist kein Gegner für mich. Leg es nicht darauf an, du würdest verlieren!“ fauchte Luke wieder.
„So?“ fauchte die Vampirin: „Willst du es darauf anlegen! Mal schauen wie schnell du bist. Meinst du, du kannst es verhindern?“
Plötzlich tauchte ein kleines Mädchen direkt vor Lilly auf. Ein Mädchen kaum sechs Jahre alt, blonde Locken, strahlend blaue Augen, fixierten Lilly.
„Hallo.“ sagte das Mädchen mit feiner, glockenheller Stimme.
Lilly beugte sich etwas nach vorne: „Hallo.“ Sagte sie.
Gerade als Lilly ihr die Hand hinstrecken wollte, griff Luke nach dieser und zog Lilly etwas unsanft nach oben: „Nehm deinen kleinen Bastard hier weg, sonst nehm ich ihn auseinander!“
Lilly sah Luke schockiert an, wie kann er so was sagen? Das ist doch noch ein Kind.
Er merkte was in ihr vorging, sagte laut: „Diese kleine Miststück hat schon so manchen das Leben gekostet. Fall nicht auf sie herein!“
Jetzt sah Lilly wie die Kleine ihre Zähne fletschte, die Augen wurden silbern und die Kleine fauchte Lilly an, versuchte nach ihr zu schnappen, sie zu beißen. Noch bevor Lilly richtig zurückweichen konnte, packte Luke das Mädchen am Kleid und warf sie, mit einer Wischbewegung an die gegenüber liegende Wand. Dort rutschte die Kleine nach unten, blieb kurz sitzen, stand dann wieder auf und rannte wieder auf Luke und Lilly zu. Wieder wie wild in die Luft beißend, drängte sie sich immer näher zu Lilly. Wieder packte Luke sie, diesmal mit der Hand an der Kehle und hob sie hoch. Jetzt sah Lilly wie silbern Lukes Augen waren. Er fauchte die Kleine an und Lilly sah wie er dem Kind die Kehle zudrückte. Die Kleine strampelte wie wild mit den Beinen, versuchte Luke zu treten. Aber Luke hob sie weit genug von sich weg. Die Kleine brüllte, zumindest versuchte sie es, es klang aber mehr wie ein gurgeln. Die Vampirin begann vor Luke auf und abzulaufen: „Lass sie los!“ fauchte sie.
„Ich hab dir gesagt, halt deinen Bastard im Zaun.“ Fauchte er zurück
Jetzt flehte die Vampirin: „Bitte, bitte, lass sie los.“
„Cunningham.“ Hörte sie die Stimme des Ältesten: „Loslassen, so etwas dulde ich nicht in meinem Haus. Deiner Gefährtin wird nichts geschehen, aber lass das Kind los!“
Sofort ließ Luke das Kind fallen, dieses landete hart auf dem Boden und lief zurück zu der Vampirin. Diese schlang sofort die Arme um sie, schielte Luke böse an und wand sich dann ab.
„Was war das?“ fragte Lilly flüsternd, immer noch nicht ganz in der Lage das Geschehene zu begreifen.
„Der Grund warum nicht jeder aus jedem Grund verwandeln darf!“
„Wie?“
„Das Kind!“
„Wer hat es verwandelt?“
„Die Mutter!“
„Die, die gerade..“
„Ja, ein Vampir hat zuerst sie verwandelt und sie hat später, durch die geringe Kontrolle, fast ihre eigene Tochter getötet. Und um ihr Kind nicht zu verlieren, hat sie es verwandelt.“
„Aus Liebe!“
„Ja, deswegen gibt es jetzt diese Regelung. Kontrolle über alle, mit dementsprechend Strafen!“
„Strafen.“
„Das hab ich dir doch schon gesagt.“
„Ach das getötet werden!“
„Oder bis zum Tod gefoltert zu werden!“
„Autsch!“
„Ja, so ungefähr!“ Luke schielte sie an, küsste sie sanft auf die Wange, strich ihr über den Oberarm.
„Euch wird hier nichts geschehen, Lady Cunningham. Ihr seid, was ihr seid und somit in meinem Haus unter meinem Schutz.“ Sagte der Älteste laut zu ihr und in die Runde: „Haben das alle verstanden?“
Von überall her hörte Lilly gerauntes Bejahen.
„Ich möchte so etwas wie gerade nicht noch einmal erleben.“
Lilly sah Luke verzweifelt an, drängte sich nah an ihn. Sie hatte die Befürchtung, dass er vielleicht doch Ärger bekam.
Aber zu ihrer Überraschung drehte sich der Älteste zu der Vampirin mit dem Kind um: „Verstanden! Lady Cunningham wurde von mir persönlich eingeladen. Und sie ist Lord Cunninghams Gefährtin und er hat das Recht…..nein die Pflicht seine Gefährtin zu beschützen! Zumal sie, wie bereits jeder Anwesende hier weiß, ein Mensch ist und unsereiner nicht gewachsen!“
Wieder zustimmendes Gemurmel. Und jetzt ließ Luke sie los und trat einen Schritt von ihr weg. Hilfesuchend sah sie ihn an, sah auf den Abstand zwischen ihnen.
Luke lächelte sie an, nickte ihr zu und Lilly merkte seine Zufriedenheit. Der Älteste sah wieder Lilly an: „Ihr seht bezaubernd aus. Ein schönes Gewand habt ihr an!“
Wieder versuchte Lilly eine Knicks: „Danke!“
Der Älteste nickte ihr zu und drehte sich von ihr ab um sich mit jemand anderen zu unterhalten.
Jetzt wand sich die junge Vampirin, die ihr beim Anziehen geholfen hatte, Lilly zu: „Alles ok!“
Lilly brachte ein Lächeln zustande.
Auf einmal legte sie den Kopf schräg, griff Lilly in die Haare und zog ihr etwas heraus. Lilly sah eine kleine dunkelrote Rose auf einer Haarnadel. Diese steckte sie Lilly wieder in die Haare: „Das wäre fast herausgefallen!“ sagte sie.
„Danke.“ Erwiderte Lilly.
„Evangelina?“
Die Vampirin drehte sich herum, sah zu ihrem Begleiter: „Ja! Was ist?“
„Kommst du?“
„Ja, Jonathan!“
Jetzt drehte sie sich wieder Lilly zu: „Entschuldigt mich!“
„Evi?“
Lilly erkannte Lukes Stimme.
„Was ist?“
„Alles ok?“
Sie nickte, ging dann zu ihrem Begleiter, er war bestimmt ihr Gefährte.
„Wieso frägst du sie, ob alles ok ist?“
„Weil sie was an dir gemacht hat!“
„Sie hat mir nur eine Nadel neu reingemacht.“
„Oh, ok. Alles ok bei dir?“
Sie nickte langsam, als Luke wieder neben ihr stand. Aber dann fiel ihr etwas ein, sie beugte sich etwas näher zu ihm: „Kannst du die Korsage etwas weiter machen. Irgendwie hab ich das Gefühl nicht so gut Luft zu bekommen, vor allem wenn ich mich hinsetzten würde!“
Sie spürte wie Luke sich etwas hinter sie stellte, merkte wie er ihr etwas am Rücken machte.
Sofort hatte sie das Gefühl besser atmen zu können.
„Danke!“
„Gern geschehen.“ Flüsterte er ihr ins Ohr: „Komm!“
„Wohin?“
„Zeig ich dir!“
Wieder hakte sie sich bei ihm unter und zusammen gingen sie in einen angrenzenden Raum:
Große Fenster mit schwarzen, dicken Samtvorhängen. Links stand ein schwarzer Recamier, mit silbernen Füßen und Abschlüssen. Luke deutet darauf: „Hier kannst du dich hinsetzten.“
„Warum?“
„Damit du etwas weiter weg bist!“
„Von was?“
„Von uns!“
„Warum?“
Bevor Luke antworten konnte, ging eine andere Tür auf und die Menschen kamen herein.
Zeit zum Essen, dachte sie.
Zögerlich setzte sie sich auf den Recamier und sah zu wie die Menschen sich den Vampiren, die mittlerweile auf verschiedenen Couchen saßen, näherten.
Sie fixierte ununterbrochen Luke, sah wie sich ihm eine junge Frau, die sich dann neben ihn setzte und ihm sanft über die Wange bis zur Brust strich. Luke zog sie näher zu sich, schien sich mit ihr zu unterhalten. Dann setzte sie sich auf Lukes Schoß, legte ihre Beine um seine Hüfte. Nun sah Lilly nur noch ihren Rücken, sah aber wie Luke ihre Haare zur Seite strich und schließlich einen Arm um ihren Rücken und eine Hand in ihr Genick legte. Lilly konnte ihre Eifersucht kaum verbergen, sie wusste ja das es sein musste, aber seitdem sie wusste, was es bewirkte, wenn man gebissen wurde, war sie sich sicher, den Grund zu kennen, warum diese Frauen das freiwillig taten. Und das machte sie fast rasend vor Eifersucht. Daher entschied sie sich einfach wegzuschauen, aber sie hatte Luke Gefühle unterschätzt. Lilly spürte seine Gier, sein Verlangen und auch die Befriedigung, als er bekam was er wollte.
Auf einmal sah Lilly vor sich Bewegung, sie sah nach vorne und sah wie der Älteste sich zu ihr auf den Recamier setzte. Lange sah er sie an, bevor er leise sagte: „Eifersucht ist unangebracht. Vertraut mir Lady Cunningham, außer dem was er benötigt, verbindet ihn nichts mit dieser da!“ Dabei sah er ihn Lukes Richtung. Dann wand er sich wieder ihr zu, rutschte etwas näher zu ihr und nahm ihre Hand in seine, führte sie sich zum Mund und roch an ihrem Handgelenk. Lilly rutschte weiter auf dem Recamier zurück, soweit wie es die beiden Lehnen zuließen, aber immer noch war ihr der Älteste, für ihren Geschmack, zu nah.
Leise, fast träumerisch sagte er: „Diese unbeschreibliche Qual eine Menschen zu lieben!“ Jetzt sah er ihr in die Augen, hatte aber immer noch ihre Hand nah an seinem Gesicht: „So schwer die Kontrolle zu halten. Euer Blut reizt ihn mehr wie alles anderen und…“ er roch wieder an ihrem Handgelenk: „…wie es scheint, war er diesem auch schon unterlegen. Es wundert mich das ihr noch lebt, angesichts dieser Tatsache!“
So langsam bekam Lilly Angst, wieder versuchte sie etwas weiter zurück zu rutschen, aber sie war schon so weit weg wie es ging.
„Welches Leid er durchstehen muss, da er in eurer Nähe sein muss. Eurer Blut so nah zu riechen und es doch nicht zu bekommen, euren Herzschlag zu hören. Qualvolles Leid zu wissen, was geschehen wird.“
Die letzten Worte verursachten noch mehr Angst. Was meinte er mit, was geschehen wird. Vorsichtig versuchte sie ihre Hand aus seiner zu lösen, aber es misslang ihr.
„Zu zusehen wie ihr jeden Tag dem Tode näher kommt. Jede Minute die verrinnt, ist eine qualvolle Erkenntnis.“
Unwillkürlich zuckte Lilly zusammen, wieder kam der Älteste etwas näher: „Und umso mehr man versucht, euch zu halten, umso schneller verrinnt die Zeit. Wie Sand den man versucht zu halten.“ Jetzt machte er eine Pause, sah sie an: „Und so zerbrechlich seid ihr Menschen, nur ein zu fester Griff kann euch bereits töten! Wie viel Kontrolle man euch gegenüber halten muss!“
Plötzlich hörte sie einen Radau von der Seite, sie sah hin und bemerkte eine Frau und einen Mann, beides Vampire, dessen war sie sich sicher. Sie küssten sich wild, krachten mit Schwung an die Wand, an welcher der Recamier stand und Lilly sah wie sie sich gegenseitig, die Kleider in Fetzen rissen und sich dabei tiefe Wunden am Körper zufügten. Schockiert sah Lilly zu, hörte auf einmal Lachen und irgendjemand sagte: „Hey ihr zwei, geht in euer Zimmer!“ Auf einmal verschwanden die zwei vor ihren Augen und der Älteste sah Lilly wieder an, schüttelte lachend den Kopf: „Die zwei sind seit fast einem halben Jahrhundert Gefährten und immer noch so.“
„Wie so?“ fragte Lilly.
„So unkontrolliert. So etwas dauert meist eine Zeitlang, wenn Kontrolle überhaupt gewollt wird!“
„Wie so gewollt wird?“
„Nicht jeder möchte Kontrolle, zumal die Verletzungen gut heilen. Für einen Menschen allerdings….wären diese Verletzungen tödlich. Niemals darf Unsereiner die Kontrolle über sich bei einem von euren verlieren. Es wäre tödlich. Allein dabei..“ er zeigt an die Stelle, wo die zwei Vampire eben noch gestanden waren: „...die Kontrolle zu halten ist Folter!“ Wieder kam er näher zu ihr, sog die Luft ein: „Und selbst das hat er unter Kontrolle, zumindest lebt ihr noch und scheint keine bleibenden Schäden davon getragen zu haben!“
Lilly sah wie er in Lukes Richtung sah, dann sie wieder anschaute, immer noch ihre Hand in seinen: „Und ihr ahnt nicht im geringsten was es bedeutet einen Menschen zu lieben.“
Irgendwie glaubte Lilly etwas Trauriges in seiner Stimme zu hören. Sollte sie nachfragen? Aber bevor sie etwas sagen konnte, kam er ihr sehr nahe, ergriff flüsternd das Wort: „Und ich weiß wovon ich spreche!“ Verdutzt sah Lilly ihn an. Noch näher kam er ihr, sie konnte seinen Atem auf ihrer Wange spüren, als er weiter sprach: „Quälende Jahrhunderte sind seither vergangen und noch immer schmerzt die Erinnerung an sie.“ Lilly musste schlucken, wieso erzählte er ihr das? Wieder machte er eine kurze Pause, bevor er weitersprach: „Vor über 300 Jahren verliebte ich mich in eine junge Frau, warum wusste ich nicht genau. Ich war knapp 200 Jahre ein Vampir und wusste genau so wenig wie Luke es wusste, warum das geschah. Aber ich fand sie, schaffte es fast 10 Jahre lang alles vor ihr geheim zu halten. Ich kaufte ein Haus, nahe am Wald, erklärte ihr das ich nachts arbeiten würde, was ich auch tat. Und tagsüber blieb ich im Haus, sie kümmerte sich um das Haus und den Garten. Wir waren Selbstversorger, brauchten niemanden. Ich ging nachts auf Jagd, arbeitete immer wieder auf Werften, die auch nachts Schiffe be- und entluden. Aber eines Nachts war ich zu spät dran, ich musste in unseren eigenen Stall. Getötet habe ich keine Tier, sie hatten auch keine Angst vor mir, aber meine Gefährtin hörte etwas, erwischte mich. Sie rannte weg, zuerst wollte ich ihr gleich nach, aber auch ihr Blut reizte mich zu sehr, so dass ich erst meinen Hunger stillen musste. Schließlich holte ich sie im Wald ein. Sie hatte panische Angst vor mir, warf mir Worte wie Monster, blutrünstig, abartig an den Kopf, sie verfluchte mich, schrie mich an ich solle verschwinden. Sie wusste ja nicht, das mir ihre Worte mehr wehtaten wie alles andere.“
Lilly sah zuerst den Ältesten an und dann Luke. Sie musste daran denken, was sie alles zu ihm gesagt hatte, was sie ihm alles an den Kopf geworfen hatte. Wie er darauf reagiert hatte und bereute jedes einzelne Wort.
„Als ich sie festhalten wollte, ihr erklären wollte was los war, riss sie sich los und rannte wieder fort. Ich folgte ihr, holte sie kaum ein paar Schritte später ein. Als ich nach ihr greifen wollte, machte sie eine so ruckartige Bewegung, das sie einen kleine Abhang hinunterfiel.“
Der Älteste schwieg eine Weile, flüsterte dann weiter: „Ich wusste das sie tot war, noch bevor ich bei ihr war. Sie hatte sich den Kopf an einen großen Stein gehauen, überall lief ihr Blut auf dem Boden, sickerte ins Erdreich und ich….ich konnte nicht mal zu diesem Zeitpunkt Trauer empfinden, viel zu groß war meine Begierde nach ihrem Blut. Selbst wenn sie den Sturz überlebt hätte, ich hätte ihr nicht helfen können. Zu sehr hat mich ihr Blut gereizt. Als ich mich endlich soweit unter Kontrolle hatte um zu ihr zu gehen, spielte ich mit dem Gedanken sie zu einer von uns zu machen, aber es war kein Leben mehr in ihr. Man kann eine Toten nicht verwandeln, es muss noch ein wenig Leben in dem Körper sein.“ Wieder schwieg er und Lilly überkam eine intensive Traurigkeit.
„Ich habe sie nach Hause gebracht, die Tiere frei gelassen und das ganze Haus in Brand gesteckt. Sie zu verlieren, sie sterben zu sehen und dann unter diesen Umständen……..es war als ob ein Teil von mir herausgerissen wurde…..als ob ich einen qualvollen Tod sterben musste. Wissen sie Lady Cunningham, die Zeit heilt nicht alle Wunden, selbst wenn man weiß das Menschen sterben, man versucht die Zeit die man hat so intensiv wie möglich zu nutzen, jedes Jahr, jeden Tag, nein….jede Sekunde die man euch hat, ist gleichzeitig höchste Wonne und tiefste Qual. Denn jeden Tag den man mit euch verbringt, bringt einem dem Unausweichlichen näher. Ich habe sie vor so langer Zeit verloren und immer noch quält mich ihre Erinnerung. Wenn man als Mensch einen geliebten Mensch verliert, dann tut das weh, Jahre, vielleicht auch Jahrzehnte, aber in unserem Fall sind es Jahrhunderte. Jahrhunderte der Qual, des Schmerzes. Man bekommt nur einen Gefährten zugeteilt und auf den passt man auf, man beschützt sich gegenseitig mit seinem Leben um möglichst viele Jahrhunderte einander zu haben, aber euch Menschen…. euch kann man ein ganzes Leben beschützen, aber vor einem kann man euch nicht schützen. Ihr werdet alt und sterbt. Euer Leben, mögen es 80 oder gar 90 Jahre sein, ist im Vergleich zu unserer Existenz auf Erden nicht mehr wie ein Wimpernschlag. Und man weiß, man wird euch verlieren, man hat euch gesucht, dann endlich gefunden und muss sich eingestehen euch nicht annähernd so lange zu haben wie man es sich wünscht. Und dann bleibt nur noch Leere, bodenloses Leid. Es gibt nichts Schmerzhafteres, Qualvolleres und Grausameres als sich als Vampir in einen Menschen zu verlieben und diesen dann noch als Gefährten zu bekommen. Die Kontrolle die man haben muss, um bei euch zu bleiben, um euch nahe zu sein, ja selbst um euch zu lieben ist unbeschreiblich. Euer Blut, euer Herzschlag ist Folter. Und dann, muss man euch gehen lassen, weil man weiß das man es nicht ändern kann.“
„Aber man könnte doch einen Menschen zu einem Vampir machen, man kann doch verwandeln und dann sehe die Sache anders aus.“ Flüsterte Lilly zurück.
Der Älteste sah sie an, schüttelte dann langsam den Kopf. Lilly schaute nach unten, sah das er immer noch ihre Hand hielt, aber Angst hatte sie vor ihm nicht mehr, Trauer durchströmte sie, Sorge und Angst um Luke.
Bevor noch einer von beiden etwas sagen konnte, merkte sie wie sich eine weitere Hand auf ihre legte, sie der Hand des Ältesten entzog. Sie sah nach oben, hatte gar nicht bemerkt das Luke bei ihr stand. Er sah den Ältesten an, dann Lilly: „Alles ok?“ fraget er sie.
Lilly nickte nur, sah den Ältesten an, dann Luke, der ihr mit der anderen Hand über die Wange strich.
Wie lange Luke bereits dagestanden hatte, wusste sie nicht, was er gehört hatte, aber sie merkte seine Sorge. Zärtlich strich er ihr wieder über die Wange, fuhr ihr dann sanft ins Genick und küsste sie. Der Älteste stand auf und ging, Luke sah ihm kurz nach, setzte sich dann zu ihr auf den Recamier. Lange sah er sie schweigend an, hatte immer noch ihre Hand in seiner liegen. Er kam ein Stück näher zu ihr, flüsterte: „Was ist los? Ist wirklich alles ok?“
Wieder nickte sie nur als Antwort, verflocht ihre beiden Hände mit seinen und zog ihn näher zu sich.
Sie sah ihm in die Augen, versuchte irgendwie zu erfassen, was ihr der Älteste erzählt hatte, als es auf einmal lauter im Raum wurde. Lilly sah sich um, sah wie die Menschen wieder aus der Tür verschwanden, manche wankten, manche stützten sich gegenseitig, wieder andere mussten sogar getragen werden, aber sie lebten, dessen war sich Lilly sicher. Plötzlich, als alle Menschen verschwunden waren, hörte sie lautes Fauchen. Zwei männliche Vampire standen sich gegenüber fauchten sich mit gebleckten Zähne an, sahen dann plötzlich in ihre Richtung und kamen langsam auf sie zu.
Luke war bereits in Alarmbereitschaft. Er sprang auf den Recamier, drehte Lilly den Rücken zu, duckte sich etwas nach vorne und schirmte sie mit seinem Körper ab. Und jetzt hörte Lilly auch ihn fauchen, aber die zwei Männer kamen näher. Luke sprang vom Recamier, stellte sich hoch aufgerichtet vor Lilly und fauchte, nein es klang ehern wie ein knurren. Es war tiefer, lauter und vor allem bedrohlicher wie das Fauchen. Wie aus dem Nichts tauchten plötzlich neben ihr Evangelina und ihr Gefährte auf, sie erschrak zuerst, merkte aber schnell das sich die Beiden, neben Luke stellten, ihr ebenfalls den Rücken zudrehten und die Zwei anfauchten. Lilly versuchte zu erkennen, was sich gerade abspielte, sie sah wie einer der zwei Angreifer senkrecht in die Luft sprang, hoch über Lukes Kopf. Dieser sah nach oben, sah dem anderen kurz hinterher und versetzte den Recamier auf einmal einen Tritt. Lilly wurde zusammen mit dem Möbelstück gute fünf Meter nach hinten geschoben und sie wäre bestimmt noch weiter davongerutscht, hätte sie die Wand nicht gestoppt. Luke sprang seinerseits nach oben, packte den, der zuerst gesprungen war am Bein und warf ihn, wie eine Puppe quer durch den Raum. Er krachte gegen die Couchen, bleib dazwischen liegen. Der Anderen kam weiter auf sie zu und wieder stellten sich Evangelina und Jonathan direkt vor sie. Luke landete genau zwischen ihnen, sah kurz über seine Schulter. Lilly sah in silberne Augen. Als der Zweite zum Sprung ansetzte, sprang Luke gleichzeitig nach oben. Ihre Körper trafen sich in der Luft und es klang als ob zwei Autos zusammenstießen. Durch die Wucht des Zusammenpralles wurde der Angreifer aus seiner Sprungbahn gebracht, er knallte zusammen mit Luke auf den Steinboden. Allerdings war Luke in der besseren Position, er war nicht auf dem Boden aufgeschlagen sondern war auf dem anderen gelandet. Nun stand Luke auf dem Brustkorb des am Bodenliegenden, ging langsam in die Hocke und fauchte ihn erneut an. Jeder in dem Raum hatte dem Schauspiel zugesehen und niemand versuchte es zu verhindern, alle standen da und schauten. Schließlich stand Luke auf, der andere kroch wie ein geprügelter Hund in eine der anderen Ecken und blieb dort sitzen. Nun gingen Evangelina und Jonathan an Luke rechts und links vorbei, strichen ihm beim Vorbeigehen über die Oberarme und setzte sich, als ob nichts geschehen wäre auf eine der Couchen. Auch die anderen schenkten ihr und Luke keinerlei weiter Aufmerksamkeit. Luke kam zu ihr zurück, setzte sich neben sie auf den Recamier und strich ihr mit beiden Händen über die Wangen. Sie sah ihn an, sah wieder blaue Augen: „Was war das?“ fragte sie leise.
„Nichts!“
„Nichts?“ fragte sie verunsichert.
Luke sah sie wieder an, lächelte ihr zu: „Ein paar der Menschen hatten zu tief ins Glas geschaut und da der Alkohol durch das Blut übertragen werde kann, wurde die Zwei etwas … sagen wir übermütig! Du hast gesehen, es hat nicht viel gefehlt sie in ihre Schranken zu weisen!“
„Aber warum zu mir!“
„Weil du ein Mensch bist!“
Lilly sah ihn irritiert an.
„Du bist prinzipiell Nahrung so wie alle Menschen, allerdings fanden sie es spannend herauszufinden, wie nah sie an dich kommen würden. Ich sagte doch übermütig!“
„Das war kein Angriff um mich…“
Luke schüttelte den Kopf: „Nein! Ausschließen das sie versuchen wollten von dir zu trinken kann ich nicht. Aber es war nicht wie vorher ein Angriff um dir bewusst zu schaden. Sie wollten herausfinden, wie leicht sie an dich herankommen. Inwieweit ich aufpasse.“
„Du saßt genau neben mir!“
„Ich glaube das haben die zwei gar nicht richtig mitbekommen. Ich sagte doch, falsches Verhältnis von Blut und Alkohol. Was machen Menschen wenn sie betrunken sind.“
„Die blödsinnigsten Sachen!“
„Siehst du, das war nichts anderes. Alkoholbedingter Übermut!“
Jetzt lachte Lilly leise und wieder strich ihr Luke über die Wangen, küsste sie: „Ich sagte doch dir wird nichts passieren, ich pass auf dich auf.“
Als Antwort nickte sie. Luke stand auf, bot ihr seine Hand und als sie sie ergriff zog er sie sanft auf die Beine. Erst jetzt bemerkte sie, dass der Raum leerer war wie zuvor. Luke führte sie zurück in den großen Saal.
Dort angekommen sah Lilly das das Büffet bereits weggeräumt war, auch schienen keine menschlichen Gäste mehr da zu sein. Dafür standen jetzt in einer der Ecken mehrere Musikanten. Lilly sah einen großen Flügel, eine Harfe, Geigen und Klarinetten, außerdem noch Instrumente die sie noch nie gesehen hatte. Sie hörte erst jetzt die gespielte Musik, es erinnerte sie an einen Walzer, allerdings klang es anders wie sonst. Luke hatte immer noch ihre Hand in seiner, als er stehen blieb, legte er ihr einen Arm um die Hüfte, zog sie sanft an sich: „Tanzen?“ fragte er leise. Lilly drehte ihren Kopf zu ihm: „Ich kann nicht tanzen.“ Gab sie zu bedenken.
Luke kicherte leise, stellte sich dann hinter sie, schlang beide Arme um ihre Hüften und begann sich langsam mit ihr zusammen nach links und rechts zu wiegen. Ein Kichern entfuhr ihr, was nur dazu führte das Luke sie beide mehr wiegte.
„Lu-uke.“
„Was denn?“ fragte er leise.
„Nicht!“
Jetzt kicherte er wieder: „Was nicht?“
„Nicht schaukeln.“
„Das ist kein schaukeln, dass ist tanzen.“
Lilly lachte: „Also tanzen nenn ich das nicht!“
„Nein? Rhythmisches Bewegen zu einer bestimmten Musik. Was ist das dann?“
Sie holte tief Luft: „Also gut, hat ja recht.“ Sagte sie gespielt resigniert.
„Siehst du…also was ist?“
Langsam sah Lilly sich um, sah Evangelina und Jonathan, die miteinander redeten. Ehrlich sah es eher wie eine Diskussion aus. Evangelina zupfte immer wieder an ihrem Gefährten, dieser schien nicht so zu wollen wie sie es gerne gehabt hätte.
„Noch so ein Tanzmuffel!“ sagte Luke vergnügt.
„Woher weißt du das?“
„Ich höre was sie sagen!“ flüsterte er: „Du weißt doch, ich hab gute Ohren!“
„Dann tanz du doch mit ihr!“ sagte sie vergnügt, irgendwie froh zu sein, vielleicht doch darum herum zu kommen.
„Diese Variante würde dir auch noch gefallen!“ sagte Luke fröhlich.
„Evangelina!“ sagte Lilly nicht annähernd lauter, wie als ob sie mit Luke sprach.
Dennoch sah die Vampirin sie kurz an und kam dann langsam, mit ihrem Gefährten im Schlepptau, auf sie zu. Erst als sie direkt vor ihnen stand, fragte Evangelina: „Was benötigt ihr?“
„Nehm den da.“ Sagte Lilly mit einem Nicken zu Luke, der immer noch hinter ihr stand.
Sichtlich verwirrt sah Evangelina erst Lilly, dann Luke an: „Verzeiht, wie jetzt?“
„Zum Tanzen!“
„Ach so.“ sagte sie hörbar erleichtert.
Luke lachte: „ Ach Evi. Hattest du die Befürchtung sie wolle mich dir aufs Auge drücken!“
„Nein, das nicht, das würde ja auch gar nicht gehen. Aber wie kommt sie darauf!“
„Sie hat euch gesehen und ich habe ihr nur gesagt, was ich gehört habe. Also ich hab ihr nur gesagt das er nicht tanzen will!“
„Ach…sie möchte wohl auch nicht!“
„Sie behauptet sie könne es nicht!“
Evi sah Lilly an, griente: „Unsinn jeder kann tanzen, zwar nicht unbedingt auf die Art, die wir beherrschen, aber…“
„Wie die Art die ihr beherrscht?“ fragte Lilly leicht verwirrt.
„Naja…“ sagte Luke, immer noch die Arme um sie gelegt, neigte er sie leicht zur Seite um ihr ins Gesicht zu sehen: „Selbst sogenannte Standardtänze ändern sich. Evi und ich sind ungefähr gleich alt, daher haben wir was Standardtänze ungefähr die gleiche Erziehung!“
„Gleiche Erziehung?“ fragte Lilly, lehnte sich weiter in seinen Armen zur Seite.
„Sollen wir es ihr zeigen?“ fragte Evi Luke und zeigt dabei auf Lilly.
„Ja zeig!“ sagte Lilly.
„Du willst nur nicht tanzen, deswegen!“ alberte Luke.
„Genau!“ antwortete sie.
„Ganz schön ehrlich, deine Menschlein!“ meldete sich Jonathan zu Wort.
Lilly war erstaunt wie tief seine Stimme klang, sie hatte so etwas magnetisch Anziehendes. Ein Schaudern durchlief Lillys ganzen Körper. Luke merkte es, lachte leise: „Siehst, wir sind sehr anziehend für euch Menschen!“
„Wieso?“ fragten Evi und Jonathan wie aus einem Mund.
„Ich hab ihre Reaktion auf Jonathans Stimme gemerkt!“
„Aber sie müsste das doch von dir gewohnt sein.“ Stellte Evi fest.
Luke schüttelte den Kopf: „Bei ihr ist irgendetwas anders, ich habe keine Einfluss auf sie durch meine Stimme!“
„Wie du kannst das nicht?“ fragte Jonathan.
Luke lachte leicht verlegen: „Es geht nicht, sie hört eine Art…“ Luke sah sie an: „… schnurren, wenn ich rede!“
Jetzt lachten die zwei anderen auch, sahen Lilly an und schüttelten die Köpfe.
„Du hast ihn durchschaut“ sagte Evi lachend, dann stupste sie Luke mit dem Zeigefinger auf die Brust: „Sie hat dich!“ dann legte sie den Kopf in den Nacken und lachte laut auf.
Schließlich ließ Luke Lilly los und streckte Evi die Hand hin: „Darf ich bitten! Wenn du mich schon veralberst!“ sagte er galant. Evi ergriff seine Hand und zusammen gingen sie nebeneinander her. Jonathan stellte sich neben Lilly, flüsterte: „Zum Glück hat sie jemand anderen gefunden.“
Evi drehte den Kopf nochmals zu ihnen herum und sagte laut genug, das Lilly es hörte: „Das hab ich gehört.“ sagte sie vergnügt: „Aber du weißt ja was man sagt, wer nicht will, der hat gehabt!“
Luke und Evi gingen fast in die Mitte des Saales, stellten sich voreinander, aber leicht versetzt zueinander. Luke machte einen Diener, Evi einen tiefen Knicks, hob dann ihren linken Arm im rechten Winkel nach oben. Luke der seitlich vor ihr stand, hob ebenfalls den linken Arm im rechten Winkel nach oben. Es schien als ob sie sich die Hände reichen wollten, aber Lilly sah, das sich ihre Hände nicht berührten. Nun legte Luke seinen rechten Arm auf seinen Rücken und Evi hob ihr Kleid am Saum, ebenfalls mit ihrer rechten Hand, etwas an. Dann begannen sie sich langsam, im Rhythmus der Musik, umeinander zu drehen. Zuerst waren sie alleine, aber nach und nach kamen immer mehr Paare die sich zu ihnen gesellten. Einige hatte die gleiche Aufstellung wie Luke und Evi, andere eine abgewandelte Version. Aber sie drehten sich nun nicht nur umeinander, sondern auch noch im Kreis durch den gesamten Saal. Es hatte etwas Hypnotisches an sich, dieses Drehen. Die Kleider die sich bewegten, die Eleganz, es schien als ob einige von ihnen förmlich über den Boden schwebten. Jonathan war mittlerweile von ihr entfernt, unterhielt sich mit jemand anderen. So konnte Lilly sich ganz auf das Tanzen der Paare und die Musik konzentrieren. Allerdings war das nicht allzu schwierig, es war, als ob sie gar nicht anders konnte, als dem zuzuschauen.
Wie lange Lilly diesem Schauspiel zugesehen hatte, wusste sie nicht, aber sie spürte das ihr die Füße anfingen wehzutun. Sie sah sich um, entdeckte aber nirgends etwas worauf sie sich setzten konnte. Also verlagerte sie immer wieder ihr Gewicht von einem auf den anderen Fuß. Lilly überlegte ob sie sich die Schuhe ausziehen sollte, entschied sich aber dagegen, da sie sich gar nicht so tief bücken konnte und mit dem ausladenden Kleid kam sie nicht an ihre Füße. Ihre Versuche die schmerzenden Füße zu entlasten, blieben nicht lange unbemerkt. Lilly sah wie Luke Evi kurz zunickte, sich kurz vor ihr verbeugte und auf Lilly zugelaufen kam. Er war gerade in Hörweite, als er fragte: „Was hast du? Wo hast du Schmerzen?“
Erstaunt sah Lilly ihn an: „Woher weißt du…ich meine ich wusste das du meine Gefühle spürst, aber so was!“
„Natürlich spüre ich das! Was ist los?“ er klang beunruhigt und Lilly fühlte, das er es auch war.
„Mit tun nur die Füße weh, ich bin es nicht gewohnt in solchen Schuhen, also mit Absätzen, zu laufen, Und dann noch diese nicht gerade leichte Kleid. Es ist sehr schön, aber….“ Sie strich am Kleid herab: „Aber es hat sein Gewicht!“
„Ich lass dir zum Sitzen bringen!“
„Nein, das musst du nicht. Es geht!“ Doch Luke hatte sich bereits von ihr abgewandt und ging zu einer Gruppe hinüber. Lilly sah schockiert zu, wie Luke mit dem Ältesten sprach.
Die Beiden nickten sich nach einer Weile zu und schließlich kam Luke wieder auf sie zu. Freundlich lächelte er zu, strich ihr beim Vorbeigehen sanft über den Oberarm. Dann ging er an ihr vorbei und verließ den Raum. Kurz nachdem Luke aus der Tür gegangen war, sah Lilly wie Jonathan ihm folgte. Nach kurzer Zeit kamen beide wieder zurück, Lilly sah wie sie den schwarzen Recamier trugen. Kaum waren sie durch die Tür gekommen, drehten sich die meisten Vampire um und sahen ihnen zu. Lilly war das ganze mehr wie nur peinlich, am liebsten wäre sie im Boden versunken. Luke sah sie an, lächelte und trug den Recamier an eine der Wände. Dort stellten sie ihn ab und Luke kam wieder zu ihr.
„So, jetzt hast du etwas worauf du dich setzten kannst und vor allem die Beine hochlegen.“
„Das hättest du nicht machen müssen.“ Sagte Lilly immer noch verlegen.
Mittlerweile stand er direkt vor ihr, strich ihr wieder mit beiden Händen über die Oberarme, küsste sie sanft und sagte amüsiert: „Was wäre ich für ein Gefährte, wenn ich dich hier stehen lassen würde, obwohl es dir nicht gut tut.“
„Nicht gut tun, ist übertrieben. Mir tun nur dir Füße weh!“
„Und selbst das muss nicht sein…komm!“ Damit hielt er ihr die Hand hin und Lilly ergriff sie. Langsam führte er zum Recamier, deutet mit seiner freien Hand darauf, damit Lilly sich darauf setzte. Als Lilly saß, griff Luke an ihre Füße und hob sie ebenfalls auf den Recamier. Nun lag Lilly, versuchte irgendwie ihr Kleid zu ordnen. Immer wieder plusterte sich ihr Rock auf, wölbte sich wie eine Wolke nach oben. Nun begann Luke ihr zu helfen, vorsichtig schob er ihr den Rock unter ihre Beine und unter ihr Gesäß. Klopfte es vorsichtig den Rock nach unten, setzte sich, nachdem sich der Rock nicht mehr so aufplusterte, an ihre Füße. Lilly merkte wie Luke unter den Rock griff und an ihren Füßen etwas machte. Wieder lächelte er sie an und als er seine Hände von ihren Füßen zog, sah Lilly wie er ihre Schuhe in den Händen hatte, diese dann vor ihr auf den Boden stellte.
„Besser?“ fragte er liebevoll.
Lilly lächelte ihn immer noch verlegen an, nickte dann: „Ja, danke!“
„Also!“ sagte er, sah Jonathan an und griente ihn an: „Danke!“
Daraufhin nickte ihm Jonathan zu, drehte sich von ihnen weg und ging zurück zu den anderen. Lilly sah Luke immer noch an, war aber jetzt nun doch sehr froh, dass sie sich hinsetzten konnte und die Schuhe aushatte. Luke lächelte wieder, rutschte etwas näher zu ihr, küsste sie erneut sanft auf die Lippen.
„Jetzt doch froh!“ Sagte er amüsiert: „Du kannst mir ruhig glauben, wenn ich dir was sage!“
„Ich glaube dir ja, aber trotzdem, musste das sein?“
„Wieso nicht? Lilly, wenn du etwas brauchst, dann sag es doch. Du weißt doch, das ich alles für dich mache!“
Jetzt wurde Lilly wieder verlegen und Luke strich ihr wieder über die Wange: „Nicht, ist doch alles ok!“ sagte er freundlich, lachte leise.
„Was hast du ihm gesagt?“ fragte Lilly unvermittelt.
„Wem?“
„Dem Ältesten.“
„Nur ob ich etwas für dich haben kann, damit du dich setzten kannst und er hat mir vorgeschlagen den Recamier zu holen, damit du dich sogar legen kannst!“
„Mmh!“ machte Lilly nur und Luke merkte immer noch ihre Verlegenheit: „Ach komm schon, ist doch normal das man sich setzten muss!“
„Ihr nicht!“
Jetzt kam Luke ihr ganz nahe, flüsterte: „Deshalb sagte ich normal!“
Jetzt lächelte Lilly ihn an, strich ihm mit beiden Händen über seine Wangen: „Sei nicht so!“
„Wie denn?“
„So zynisch über dich und die andern!“
Jetzt lachte Luke laut: „Jetzt sag noch, wir sind normal?“
Lilly drehte langsam die ausgestreckte Hand und sah Luke an: „Es gibt unnormalere!“
Luke lachte auf, küsste sie erneut. Als sich ihre Lippen trennten, sah Lilly wie sich eine Vampirin ihnen näherte.
„Keine Gefahr für dich.“ Sagte Luke leise.
Die Vampirin sah erst Lilly, dann Luke an: „Darf ich euren Gefährten bitten?“
Verwirrt sah Lilly die Vampirin an, Luke griente: „Tanzen. Ich denke du wirst froh sein sitzen zu dürfen!“
Lilly sah Luke an, griente ihn und dann die Vampirin an: „Bitte schön. Ich habe nichts dagegen.“
Die Vampirin streckte Luke ihre Hand entgegen, dieser griff danach, griente beim Aufstehen Lilly an: „Dacht ich mir irgendwie!“
Damit ließ er die Vampirin sich bei ihm unterhaken und zusammen gingen sie in die Mitte des Saales. Lilly sah zu, wie Luke mit der Vampirin tanzte. Und wieder hypnotisierte sie dieses Tanzen und die Musik förmlich.
Bequem lehnte sich Lilly an die Lehnen des Recamiers und merkte wie sie langsam müde wurde. Auch wenn sie mühsam versuchte, die Augen offen zu halten, fielen sie ihr immer wieder öfters und länger zu. Schließlich schlief sie ein.
Als Lilly wieder wach wurde, benötigte sie erst eine Weile um sich klar zu werden, wo sie war. Immer noch spielte die Musik und immer noch tanzten diverse Paare. Lilly richtet sich auf, rieb sich kurz die Augen und sah sich um. Sie suchte Luke, entdeckte ihn aber nirgends. Das machte ihr Sorgen, die Tatsache hier alleine unter Vampiren zu sein, ohne Luke in der Nähe, verursachte ein leichtes Gefühl der Angst. Zudem hatte sie das Gefühl weniger Luft zu bekommen. Sicher das die Korsage verrutscht war, versuchte sie aufzustehen. Das führte aber nur noch mehr dazu, das Gefühl nicht atmen zu können zu verstärken. Jetzt wurde ihre Angst zu Panik, sie spürte wie ihr Herz hart in ihrer Brust klopfte. Schon fast verzweifelt versuchte sie geradezu die Luft einzusaugen, hatte aber nur das Gefühl das sie noch weniger Luft bekam. Als ob sie nicht genug Sauerstoff bekommen würde. Oder, und das verstärkte ihre Panik, nicht mehr genug Blut da wäre um ihn zu transportieren. Unwillkürlich griff sie sich an den Hals, merkte nichts und erinnerte sich, dass Luke ihr ja gesagt hatte, dass es diese auffallenden Bissspuren gar nicht gab.
Endlich auf dem Recamier sitzend, sah sie sich nochmals um, entdeckte Luke immer noch nicht. Er musste doch spüren wie es ihr ging, warum tauchte er dann nicht auf, wie die letzten Male auch. Wurde er abgehalte? Konnte er nicht mehr zu ihr? Konnte er ihr vielleicht gar nicht mehr helfen? Allein diese Gedanken machten ihre Symptome nur noch schlimmer. Lilly hatte das Gefühl, als ob sich ihre Kehle zuzog, ihre wurde schlecht. Sie wollte raus, raus aus dem Saal, raus aus dieser Burg und zwar sofort. Abrupt richtet sie sich auf und ging Richtung Tür. Dort stand der ältere Herr, der ihnen die Tür geöffnet und sie in ihr Zimmer gebracht hatte. Er sah sie an, kam dann auf sie zu und sah sie an: „Ist ihnen nicht gut? Sie sehen etwas blass aus!“
„Mir geht es nicht so gut, ich glaube ich sollte einfach mal an die frische Luft!“
„Wenn sie einfach den Gang gerade ausgehen und dann nach links, kommen sie an eine Tür, dir auf den Innenhof führt. Oder soll ich sie begleiten?“
Lilly schüttelte langsam den Kopf: „Nein, es geht!“
Nachdem er sie nochmals eine Weile angeschaut hatte, öffnete er ihr die Tür und Lilly ging den von ihm beschriebenen Weg. Schließlich kam sie zu einer alten Holztür, die sie aufschob. Sie war schwerer wie sie aussah, vielleicht lag es aber an den verrosteten Beschlägen. Als sie in dem Innenhof stand umfing sie kalte Nachtluft, das einzige Licht, das sie erkennen konnte, war der Vollmond der hoch am Himmel stand. Langsam holte sie tief Luft, spürte wie die Kälte sie durchdrang und hatte endlich das Gefühl besser Luft zu bekommen. Zögerlich ging sie los, erreichte, als sie etwas an der Mauer entlang gegangen war, eine alte, steinerne Treppe. Sie sah sich um, stieg dann die Treppe nach oben und stand schließlich auf der Mauer. Diese war breiter wie erwartet, hier konnten gut drei bis vier Männer nebeneinander Platz finden. Lilly trat näher an den äußeren Rand der Mauer, stütze die Hände auf dem kalten Stein ab und sah nach unten. Das waren mindestens fünfzehn Meter bis nach unten. Dadurch das sie sich nach vorne beugte, hatte sie das Gefühl noch besser Luft zu bekommen. Daher beugte sie sich weiter nach vorne, hatte gerade noch mit ihren Zehenspitzen Kontakt zu dem Boden.
„Mach das nicht!“ hörte sie plötzlich hinter sich jemanden reden.
Erschrocken drehte sie sich herum, sah zu ihrer Überraschung Luke hinter sich stehen.
„Was machst du hier?“
„Ich?“ fragte er, zeigte mit dem Finger auf sich: „Du hängst hier halb über der Mauer, nicht ich!“
„Wo warst du?“ fragte sie scharf.
„Was ist denn los?“
„Als ob du das nicht merken würdest!“ fauchte sie ihn an: „Du kannst nicht einfach gehen, mich zwischen denen alleine lassen! Weißt du was das für ein Gefühl….!“ Sie verstummte, drehte sich von ihm weg und zerrte etwas an ihrem Kleid. Die Korsage war wirklich verrutscht, stach ihr bei jedem Atemzug in die Rippen.
„Lilly.“ Sagte er sanft: „Du hast geschlafen und es passiert dir nichts hier. Niemand wagt es dir etwas zu tun!“
„So?“ fragte sie wieder scharf: „Hast du vergessen, was passiert ist?“
„Ach Lilly, die Sache hat sich geklärt. Du hast gehört was der Älteste gesagt hat und daran wird sich jeder halten.“
„Und da bist du dir sicher?“ fragte sie sarkastisch.
Mittlerweile stand er direkt hinter ihr, legte ihr die Hände an die Taille: „Lilly, wirklich, außerdem war ich nur ein paar Zimmer weiter. Ich hab mich nur mit dem Ältesten unterhalten und als ich gemerkt hab, das was nicht stimmt bin ich zurück. Aber da warst du nicht mehr da, also bin ich dir hinter her.“
„Da hast du aber verdammt lang gebraucht!“
Vorsichtig umschlang er sie mit beiden Armen: „Es tut mir leid!“ sagte er leise.
„Was wenn einer von euch etwas gemacht hätte, während ich geschlafen habe, wo du nicht da warst?“
Sie merkte wie er sein Gesicht in ihre Halsbeuge drückte, flüsterte: „Ich rieche jeden, der dir bis zu einem gewissen Abstand nahe war. Ich rieche Evi, Jonathan, den Ältesten, sowie die Vampirin und das Kind. Wenn dich jemand gebissen hätte, würde ich das sofort merken.“
„Toll!“ ihr Sarkasmus war nicht weniger geworden: „Und was würdest du dann tun. Was könntest du im Nachhinein ändern?“ Ihre Panik war weg, jetzt war sie wütend: „Mach das nie wieder, hörst du. Du hast gesagt du bleibst in meiner Nähe. Glaubst du ich wäre mit hierhergekommen, wenn ich gedacht hätte, das du mich alleine lässt.“ Wieder fauchte sie ihn an, aber sie konnte immer noch nicht richtig Luft holen.
Entweder merkte oder hörte Luke es, denn wieder fragte er leise: „Alles ok,… ich meine außer das du sauer bist, … was mit leid tut, denn ich wollte dich wirklich nicht beunruhigen!“
„Hast du aber!“ Sie schnappte nach Luft, merkte wieder wie es ihr warm wurde.
Luke griff fester nach ihr: „Lilly?“ diesmal klang er besorgt: „Was ist?“
„Mach die Korsage weiter auf, bitte. Irgendwas hat sich verschoben oder sonst was!“
Sofort merkte Lilly wie Luke mit beiden Händen über den Rücken fuhr. Sie spürte wie Luke an ihrem Kleid zog.
„Um die Korsage aufzumachen, muss ich das Kleid ausziehen, das geht nicht. Höchstens..“
„Höchstens was?“ fragte sie.
„Ich mach die Schnürung der Korsage kaputt. Halt still!“
Luke steckte seine Hand von ihrem Genick aus in das Kleid und Lilly hörte wie Stoff riss, sofort wurde die Korsage weiter. Augenblicklich zog sie die Luft ein, sie fühlte wie sie besser Luft bekam.
„Besser?“ fragte er.
Lilly nickte, lehnte sich mit dem Rücken an ihn und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Dadurch das ihr Kopf jetzt etwas überstreckt war, bekam sie noch besser Luft. Sanft legte er ihr wieder die Arme um den Körper, drückte sie zärtlich an sich.
„Besser.“ Sagte Lilly leise. Jetzt drückte Luke sein Gesicht an ihres, küsste sie sanft auf die Wange, flüsterte wieder: „Du weißt, das ich nicht zulasse das dir etwas geschieht. Ich pass auf dich auf, beschütze dich mit meinem Leben. Und du hast gesehen, Evi und Jonathan genauso, selbst der Älteste hat ein Auge auf dich. Du bist was du bist…“
„Ja ein kleiner, schwacher Mensch umzingelt von ihr überlegenen Vampiren!“
„Der Älteste passt ebenfalls auf dich auf, glaubst du, dass irgendjemand nach der Ansage dir irgendetwas tut. Nur weil wir tot sind, sind wir nicht lebensmüde und der Hohe Rat ist nicht gerade für seine Nachsichtigkeit bekannt!“
„Ich weiß, bei dem was er mir erzählt hat, weiß ich auch wieso.“
Luke kam wieder nah an ihr Gesicht, flüsterte er leiser wie zuvor: „Was meinst du mit, was er dir erzählt hat?“
Jetzt flüsterte Lilly kaum hörbar: „Weißt du das nicht, ich dachte du hättest dich mit ihm unterhalten. Hat er es dir nicht erzählt?“
„Was denn?“ flüsterte er immer noch.
„Seine Gefährtin ist vor langer Zeit gestorben!“
„Aber das kann passieren, selbst ein Vampir kann sterben.“
„Sie war kein Vampir!“ Immer noch flüsterten beide. Lilly hörte wie Luke die Luft einsog.
Plötzlich packte Luke sie, hob sie hoch und sprang mit ihr über die Mauer. Lilly sah nach oben, sah wie sie an der Mauer entlangflog. Sie krallte sich in Luke Kleidung, sah nach oben und merkte wie die Luft an ihr zerrte. Obwohl es nur Sekunden waren, war Lilly froh als sie merkte wie Luke auf dem Boden stand, zwar hielt er sie immer noch auf den Armen, aber Lilly sah wieder nach oben, sah wie weit die Mauer nach oben ragte. Ihr Herz begann wieder zu rasen, wenn sie nur daran dachte, von welcher Höhe er gerade mit ihr herunter gesprungen war.
„Alles ok!“ sagte er beschwichtigend: „Ich will nur etwas mehr Abstand bringen zwischen den Anderen und uns.“
„Warum?“ fragte sie leise.
„Wenn dir der Älteste so etwas erzählt hat, dann ist das nicht für alle Ohren gedacht. Und hier haben die Wände Ohren, selbst wenn es unabsichtlich geschieht.“
„Inwiefern?“
„Ich sagte doch wir hören gut, sehr gut. Und ich denke, das was du weißt sollte nicht unbedingt jeder wissen! Er weiß bestimmt, dass du es mir erzählst. Ich glaube sogar, er rechnet damit, aber nicht wenn es andere hören. Also…festhalten, Augen zu!“
„Warum?“
„Wir gehen etwas weiter weg!“
Lilly tat was Luke ihr gesagt hatte, schloss die Augen und merkte wie er zeitgleich loslief.
Es dauerte etwas bis Luke sie wieder absetzte, als Lilly die Augen öffnete sah sie eine Art Klippe die vor ihr steil nach unten abfiel. Weiter sah sie das Meer, das sich weit vor ihr ausbreitete.
„Du hast gar keine Schuhe an.“ Stellte Luke fest, hob sie wieder auf seine Arme.
„Macht doch nichts, hier ist doch Sand, lass mich runter!“
Er tat was sie sagte, stellte sich hinter sie, umschlang sie wieder mit beiden Armen: „Was hat er dir gesagt?“
Lilly drehte ihr Gesicht zu seinem, stupste ihn mit der Nasenspitze an: „Neugierig?“
Als Antwort nickte er, stupste sie seinerseits mit der Nase an: „Nicht mehr sauer auf mich?“
„Etwas!“ gestand sie.
„Mylady ich wollte nicht euer Unwohlsein schüren!“
Ihre Reaktion war lautes Lachen: „Red nicht so, es ist schon ungewöhnlich das die anderen so reden, Ich komm mir vor wie..“
„Wie was?“
„So leicht… wie im falschen Film!“
„Nur weil ihr heutzutage redet wie ..ach was weiß ich. Es klingt in meinen Ohren mindestens genauso ungewöhnlich wie unser Reden in deinen. Also was hat er dir erzählt?“
„Vieles.“ sagte sie knapp.
Sanft rempelte er sie mit seinem ganzen Körper an, packte sie dann an der Taille und zog sie langsam nach unten. Langsam ließ er sie auf seinen Schoß gleiten, als sie fast den Boden berührten: „Komm schon, was hat er dir erzählt und wann?“
„Als er bei mir saß, auf dem Recamier und du und die anderen…. naja du weißt schon.“
Leise kicherte Luke: „Du akzeptierst was ich bin, du weißt was ich tue und trotz allem kannst du nicht aussprechen was ich tue?“
„Ich weiß nicht mal wie ich es benennen soll! Willst du jetzt mit mir darüber diskutieren?“ fragte sie leicht zynisch.
Immer noch die Arme um ihre Körper gelegt, da Lilly auf seinem Schoß saß, sagte er schnell: „Nein, darüber im Moment nicht! Also, was hat er dir erzählt?“
Gespielt resigniert stieß Lilly die Luft aus, rutschte von seinem Schoß, setzte sich zwischen seine Oberschenkel und lehnte sich mit ihrem Rücken an seine Brust: „Du gibst eh keine Ruhe bis ich es dir erzählt habe, oder?“
„Nein! Ich frage mich warum er es dir erzählt aber sonst niemanden?“
„Wie kannst du dir sicher sein, dass es sonst niemand weiß?“
„Das wäre mir schon irgendwie zu Ohren gekommen!“
„Sicher? Also ich denke, selbst wenn es noch jemand wüsste, dieser es bestimmt nicht herausposaunen würde. Ich meine, würdest du es dir mit einem der Ältesten verscherzen wollen?“
Luke zögerte, sagte dann: „Ehrlich gesagt nicht, aber du kannst mir das ruhig erzählen!“
„Sicher?“ fragte sie.
„Ja, Gefährten haben keine Geheimnisse voreinander, wäre zu gefährlich. Und er weiß das, er weiß das du es mir erzählen wirst.“
Lilly zögerte, überlegte erst jetzt, nachdem sie ihre Frage ausgesprochen hatte, ob sie vielleicht doch lieber nichts erzählte.
„Außerdem..“ unterbrach Luke ihre Gedanken: „Glaubst du ich renn nachher durch die Gegend und binde das jedem auf die Nase? Ich kann Geheimnisse bewahren!“
„Oja, das weiß ich, hab ich am eigenen Leib erfahren!“
„Lilly…“ sagte er wieder sanft: „Das war zu deinem Schutz und du hättest es mir nicht geglaubt oder, wenn ich dir falsch….“ Luke schwieg, überlegte: „Naja so wie du es erfahren hast, war nicht unbedingt meines Erachtens nach die richtige Variante, aber daran bist du selbst Schuld. Du hast nicht auf mich gehört, sonst hätte ich es dir anders gesagt.“ Lilly hörte wieder seinen Tadel in der Stimme: „Ach jetzt bin ich Schuld?“ fraget sie sarkastisch.
„Naja, irgendwie schon. Ich hab dir gesagt du sollst bleiben wo du bist und nicht herumlaufen oder mich suchen, aber nein… du konntest ja nicht auf mich hören!“
„So und wie hättest du mir es gesagt, du hattest versprochen es mit bis zum Wochenende zu sagen, weißt du noch? Also raus damit, was ist deine bessere Variante?“
„Ich weiß es nicht.“ gestand er kleinlaut: „ich wusste es zu dem Zeitpunkt nicht und ich weiß es bis heute nicht, was ich gesagt, getan oder dir gezeigt hätte. Ich weiß es einfach nicht. Zu groß war meine Sorge, dass du gehst, das dir etwas geschieht, das ich dich verliere. Ich habe schon einmal alles verloren und dann finde ich dich und muss erfahren…“
„Das ich ein Mensch bin? Ein schwacher, zerbrechlicher Mensch, der, im Vergleich zu dir, ein Leben hat, das so kurz ist, wie ein Wimpernschlag?“ Wieder durchströmte sie Melancholie, als ihr die Worte des Ältesten in den Ohren klangen: Nichts Grausameres, Schmerzhafteres gibt es, als wenn ein Vampir eine Menschen liebt und ihn noch zu seinem Gefährten bekommt. Es gibt nur einen Gefährten und auf den passt man auf, aber auf euch kann man aufpassen und dennoch verliert man euch.
Lilly spürte wie sich Lukes Arme fester um sie schlangen, er drückte sie mit sanfter Gewalt an sich, legte seinen Kopf auf ihre Schulter und rieb seine Wange an ihrer: „So hab ich das nicht gemeint.“
„Wie dann?“
„Natürlich war das wie ein Schlag vor den Kopf, als mir bewusste wurde was du bist. In beiderlei Hinsicht, aber es ist nicht so, das…“
„Das was?“
Bevor er weitersprach holte Luke tief Luft: „Ich habe etwas gefunden, von dem ich nicht wusste wie weitreichend es werden würde. So lange habe ich gesucht, angetrieben von etwas mir unbekannten. Ich wusste nicht warum und wieso, nur das es sein musste. Und als ich dich fand, wurde mir klar, dass ich mehr gefunden hatte, mehr bekam, als ich gedacht habe es jemals zu bekommen. Du bist mir mehr wert wie alles andere auf diese Welt. Mehr wert als all mein Hab und Gut zusammen. Ich hatte alles und jeden verloren der mir lieb und teuer war und an dem Punkt, wo ich eigentlich dachte mich selbst zu verlieren, habe ich mehr gefunden wie ich zu hoffen gewagt hatte. Ja, es wäre einfacher, unkomplizierte, wenn du ein Vampir wärst, aber… jetzt, nachdem ich weiß….oder besser du weißt was die Wahrheit ist und trotzdem bei mir bleibst, ist es mir einerlei ob Mensch oder Vampir. Ein Leben ohne dich ist für mich nicht mehr vorstellbar und schon allein deswegen, werde ich dich mit allem vor allem und jeden beschützen!“
„Und trotzdem wirst du mich verlieren, du kannst mich nicht vor allem beschützen! Irgendwann wird ein Zeitpunkt kommen, an dem nicht mal mehr du mich vor dem Unausweichlichem beschützen kannst!“
Luke merkte ihre Melancholie, spürte ihre Trauer, die so intensiv wurde, dass es seine Gefühle beeinflusste: „Ist es das was er dir erzählt hat?“ fragte er flüsternd: „Das das alles aussichtslos ist, weil ich eh irgendwann verlieren werde?“
„Nicht so, nicht mit diesen Worten.“
„Was dann, was hat er dir gesagt?“
Jetzt holte Lilly tief Luft, konnte nur flüstern, als sie ihm antwortete: „Er hat mir gesagt, was es für einen von euch bedeutet eine wie mich zu lieben….“
„Was hat er gesagt?“ fragte Luke, als Lilly nicht weitersprach.
„Er erzählte mir wie seine Gefährtin gestorben ist, das sie, als sie erfahren hat was er ist, auf der Flucht vor ihm gestürzt ist und daran gestorben ist, was er dann gemacht hat, wie es ihm erging. Und er hat mir vor allem erzählt, welch unbeschreibliche Qual es sei, welches Leid es dir zufügt in meiner Nähe zu sein. Meinen Herzschlag zu hören, mein Blut zu riechen, welches noch so viel reizvoller und verlockender ist, wie alles andere. Wie es sich anfühlt zu spüren, zu wissen wie ich älter werde, jeden Tag mehr sterbe und das du nichts dagegen tun kannst, außer zusehen. Wie viel Kontrolle du halten musst, wie qualvoll es ist, mit mir umzugehen, wie sehr du aufpassen musst, wie du mich anfasst, wie fest du nach mir greifst, mich hältst. Zuzusehen wie die Zeit verrinnt und nicht dagegen tun zu können und wie es sich anfühlt, wenn das Unausweichliche eintritt. Das die Zeit nicht annähernd alle Wunden heilt, vor allem wenn man so lange lebt.“
Lilly merkte wie Luke schluckte, sich noch etwas näher an sie drückte. Nach einer Weile sagte er: „Nicht alles ist so schlimm, wie er es in Erinnerung hat.“
„Nicht alles, aber das meiste?“
„Es stimmt teilweise was er dir gesagt hat. Ja, ich werde nicht gegen jeden Gegner gewinnen und gegen den Tod kann man nicht gewinnen, man kann ihn austricksen, ihm.., wie sagte man, von der Schippe springen, aber er bekommt jeden. Manchen früher, manchen später, manche sehr viel später. Ich weiß das ich dich ehern verlieren werde, wie ich es will, das ich dir zusehen werde, wie du alterst, krank wirst und letztlich auch stirbst. Ich weiß auch, das ich dann alleine bleiben werde, egal wie lang ich noch lebe. Ich kann mir auch ungefähr vorstellen, wie es sich anfühlt dich zu verlieren, denn allein der Gedanke daran, macht mich wahnsinnig. Dein Blut reizt mich mehr wie alles andere, aber auch das weißt du und ich weiß, was ich tun muss, damit dir nichts geschieht. Natürlich muss ich mehr Kontrolle waren bei dir, egal bei was. Du hast gesehen wie Vampire zueinander sind, das würde ein Mensch nicht überleben. Und das, das wäre schlimmer wie alles andere auf der Welt. Ich weiß das du sterben musst, so wie es normaler weise ist, so wie es sein soll, aber niemals durch meine Hand. Das ist das, und da bin ich mir sicher, was ihm so schwer fällt, was ihn so lange schon quält. Sie ist in gewissermaßen durch ihn gestorben, auf der Flucht vor ihm. Wahrscheinlich ist er ihr noch hinterhergerannt, um sie einzuholen um ihr zu erklären, was los ist.“
Lilly nickte nur.
„Siehst du, deswegen habe ich dich fahren lassen, es wäre für mich ein leichtes gewesen dich davon abzuhalten, das Auto wiegt nicht viel. Ich hätte es angehoben oder festgehalten. Ich hätte dir auch ohne weiteres hinterherlaufen können. Aber es hätte nichts gebracht, es hätte dich nur in Gefahr gebracht. Du bist eh schon gefahren wie der Henker, das schlimmste was für mich geschehen hätte können, ist das du die Kontrolle über den Wagen verlierst, einen Unfall baust. Deswegen bin ich auch gegangen, nachdem ich in deiner Wohnung war, dir gesagt hatte, was ich bin. Deine Angst, auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt deine Gefühle nicht gespürt habe, war so greifbar für mich. Aber wiederum wusste ich, das du bist was du bist und das ich eh nicht von dir lassen konnte und das du das irgendwie verstehen würdest. Ja es ist schwer einen Menschen als Gefährten zu haben, qualvoll….manchmal, grausam… ja. Aber es ist das Schicksal was grausam ist, nicht das in deiner Nähe sein. Kontrolle kann man lernen und ich verkrafte deine Nähe jetzt schon besser wie zuvor. Aber nicht in deiner Nähe zu sein, ist das grausamste, deine Abwesenheit ist viel schlimmer für mich. Nicht bei dir zu sein, nicht in deiner Nähe zu sein. Das ist schlimmer für mich, vielleicht liegt es daran, das ich weiß, das jede Minute in der du nicht bei mir bist, eine verlorene Minute ist. Zeit die ich nicht zurückdrehen kann, die ich nicht aufholen kann, die einfach vergeht. Gerade die Zeit mit dir ist so kurz und so kostbar, das das …ja grausam ist. Dich nicht bei mir zu haben. Natürlich muss ich aufpassen, wenn du bei mir bist, was ich wie tue, aber lieber pass ich auf und muss dann gehen, um dir nicht zu schaden, als wenn du gar nicht in meiner Nähe bist. Gefährten sind mehr wie ein Liebespaar, mehr wie Eheleute, es ist als ob sie ein Einziger sind. Was einem unerklärlicherweise gefehlt hat, ein Stück von sich, was man dann beginnt verzweifelt zu suchen. Und wenn man es gefunden hat, ist es als ob man Ganz wäre, alles scheint in Ordnung nichts und niemand kann dir mehr schaden, weil du endlich gefunden hast, was dir gefehlt hat.“ Lukes Arme schlangen sich fester um Lillys Körper, es fühlte sich an, als ob das Korsett wieder zugezogen wurde. Aber selbst wenn sie weniger Luft bekam, so wollte sie nicht, das Luke auch nur etwas losließ. Sie legte ihre Arme auf seine, drückte sich fester an ihn.
„Das hat er mir auch gesagt.“
„Was?“
„Das als sie gestorben ist, es sich anfühlt als ob er den grausamsten Tod sterben müsste, als ob ein Teil von ihm starb und das das selbst nach so langer Zeit immer noch so intensiv schmerzt.“
„Das glaub ich ihm, ich kann und will es mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlen muss, so etwas zu erleben!“
„Aber früher oder später, wirst du..“
Luke unterbrach sie: „Lieber später wie früher. Ich weiß das du sterben wirst, ich weiß das ich dich verlieren werde. Aber bis dahin, werde ich alles Erdenkliche tun um das hinauszuzögern. Ich passe auf dich auf, werde dich beschützen, gegen alles und jeden. Sterben wirst du, den Tod kann ich nicht besiegen, aber ich werde dafür sorgen, das er dich so schnell nicht bekommt!“
In Lillys Ohren klang das wie eine Kampfansage, unwillkürlich musste sie lächeln, obwohl es ihr danach eigentlich nicht war.
Immer noch hielt er sie mit beiden Armen umschlungen, Lilly lehnte sich an ihn, sah hinaus auf das Meer, dessen Wellen immer wieder an die Küste schlugen. Beide schwiegen eine ganze Weile, ließen sich von den Gefühlen des anderen fluten. Die Sorge von ihr, die Kampfbereitschaft seinerseits und vor allem ihre Liebe zueinander.
Irgendwann begann Lilly zu frieren, das Meer brachte kalte Luft zu ihnen herüber. Und trotz der vielen Schichten der Kleidung, spürte sie wie ihr die Kälte förmlich in die Knochen zog. Lilly kuschelte sich enger an ihn, versuchte sich zu wärmen. Sie wollte nicht mehr darüber nachdenken, was alles passieren könnte und vor allem was passieren wird.
„Kalt?“ fragte Luke unvermittelt.
„Etwas.“ Gestand sie, rutschte noch näher an ihn. Daher zog er sie sich wieder auf den Schoß, legte einen Arm unter ihre Knie, den anderen hatte er immer noch um ihren Oberkörper geschlungen und stand mit ihr zusammen auf. Schnell legte sie ihm beide Arme um seinen Hals.
„Wir sollten zurück, bevor es noch kälter wird!“
Lilly nickte nur, legte ihren Kopf an seine Schulter, schloss die Augen und drückte ihn kurz.
„Augen…“
„Zu.“ Beendete sie seinen Satz: „Ja ich weiß, ich muss die Augen zumachen.“
„Du weißt doch, es ist besser. Sonst wird dir schlecht!“
„Ja ja.“ sagte sie kichernd und rieb ihr Gesicht an seiner Schulter.
Jetzt merkte sie wieder wie die Luft an ihn zerrte. Plötzlich blieb er stehen, Lilly öffnete vorsichtig die Augen, sah wie sie wieder vor der Mauer standen. Sie schielte Luke an, sah wie er nach oben sah: „Und was jetzt?“ fragte sie vergnügt-zynisch.
Luke griente, sah sie an: „Na dann pass mal auf!“
Lilly merkte wie er in die Knie ging und absprang. Die Mauer huschte an ihnen vorbei, als Luke senkrecht nach oben sprang, Lilly hielt die Augen offen, sah nach oben und registrierte wie der Rand dieser näher kam. Unwillkürlich krallte sie sich in seinen Kragen. Schließlich landete er wieder auf der breiten, begehbaren Mauer. Zuerst zögerte er, setzte sie langsam ab, hob sie aber wieder hoch, bevor ihre Füße den Boden berührten. Ihm war wieder eingefallen, das sie ja keine Schuhe anhatte und er wollte sie nicht auf die kalten Steine stellen.
„Was ist?“ fragte sie.
„Der Boden ist zu kalt. Ich bring dich gleich ins Zimmer, zumal du da auch Schuhe hast!“
Gespielt resigniert stieß sie laut die Luft aus: „Ok.“
„Wenn du nicht willst, können wir auch wieder zu den anderen, die tanzen immer noch!“
„Woher weißt du das?“
„Erstens ich höre die Musik und zweitens höre ich die Schuhe auf den Boden klacken.“
„Ach so, stimmt ja du hörst gut!“
„Und ich merke wie müde du bist!“
„Ich weiß gar nicht, wie lang ich geschlafen habe, obwohl ich gar nicht schlafen wollte!“
„Wenn du müde bist, dann schläfst du ein, ob du willst oder nicht.“
„Das ist gemein, du wirst nicht müde und musst nicht schlafen!“
Luke kicherte: „Wenn man dich hört, könnte man denken das sei was Positives!“
„Nicht schlafen zu müssen, weil man nicht müde wird? Was ist daran so schlimm!“
Langsam wiegte er den Kopf von links nach rechts: „Ja, vielleicht gibt es schlimmeres…..mmh ok es gibt schlimmeres!“
Als Antwort kicherte Lilly: „Also gut! Ab ins Zimmer. Ehrlich gesagt bin ich ganz froh, wieder was anderes anziehen zu können!“ sagte sie und merkte wie ihr Schamgefühl einsetzte.
Ein Lachen von ihm war die Antwort: „Dafür musst du dich nicht schämen. Du bist diese Kleidung nicht gewöhnt und selbst damals waren die Frauen froh, wenn sie abends ausgezogen wurden. Vieles hat sich geändert im Laufe der Zeit und die Mode wurde zum Glück, zumindest epochenweise, besser. Bequemer auf jeden Fall, obwohl die Mode schöner aussah. Wobei Schönheit im Auge des Betrachters liegt.“
„Es ist eleganter, vornehmer. Aber ganz ehrlich unbequem. Wunderschön zum Anschauen, aber jeden Tag tragen, möchte ich es nicht!“
„Ich selbst kann es mir nicht mehr vorstellen. Ich lauf zwar nicht rum wie wunder was, aber … jeden Tag… und das obwohl ich jahrelang so rumgelaufen bin!“
Wieder kicherte Lilly: „Da bin ich aber froh, dass es dir so ähnlich geht wie mir.“
Jetzt lachte Luke: „Nicht mehr so…schamhaft. Gut dann bring ich dich hoch. Augen zu?“
Lilly nickte, lehnte wieder ihren Kopf an seine Schulter, schloss die Augen.
Schneller wie erwartet wurde sie von Luke auf dem Boden abgesetzt. Als sie die Augen öffnete, sah sie das sie bereits im Zimmer standen. Die Kerzen des Kronleuchters erhellten den Raum, verliehen dem sonst so kargen Raum ein romantischen Touch.
Barfuß ging sie zum Bett, wollte sich gerade darauf fallen lassen, zögerte aber und blieb davor stehen. Zögerlich strich sie über ihr Kleid, sah an ihm entlang nach unten.
„Soll ich dir helfen?“ hörte sie Luke hinter sich fragen.
Lilly drehte sich zu ihm herum, lächelte ihn fast verlegen an, nickte schließlich zögerlich.
„Komm her.“ Sagte er leise lachend.
Müde schlurfte sie etwas näher zu ihm, blieb dann direkt vor ihm stehen. Luke griff an die Schnürung der vorderen Korsage, zog nach und nach das Band aus den Ösen. Nachdem er alles geöffnet hatte, hob er sie an der Taille und drehte sie herum. Jetzt machte er ihr das Kleid am Rücken auf und schließlich rutschte das Kleid an ihrem Körper herab. Es fiel zu Boden, wölbte sich wie dunkelroter Nebel darüber. Nun stand Lilly in dem Unterkleid und der teilweise geöffneten Korsage vor Luke. Sie drehte sich herum, sah Luke an und griff nach seinem Gehrock. Sanft strich sie ihm darüber, öffnete dann den einzigen Knopf und strich ihm den Gehrock über die Schultern. Ungeachtet ließ sie ihn auf den Boden gleiten, strich Luke dann über die Rüschen des Hemdes, begann auch hier die Knöpfe aufzumachen. Erst jetzt sah Lilly das er eine Art Weste darunter getragen hatte, die er offentrug. Allerdings sah Lilly auch keine Knöpfe. Luke legte beide Hände an ihre Hüften, zog sie näher an sich, küsste sie sanft und begann nun die restliche Schnürung ihrer Korsage zu öffnen. Lilly hatte ihm inzwischen die Weste ausgezogen und sein Hemd ganz aufgeknöpft, zärtlich strich sie ihm mit beiden Händen über die nackte Brust. Wieder küsste er sie, allerdings intensiver wie zuvor. Er zog ihr die Korsage aus, ließ sie, wie zuvor das Kleid, einfach auf den Boden fallen. Nun stand sie nur noch im Unterkleid vor ihm, zärtlich fuhr Luke ihr mit den Händen über die Taille, strich ihr über den Rücken und als sein Hände auf ihren Schultern lagen, merkte Lilly wie sich seine Finger an ihrem Hals unter den dünnen Stoff schoben. Lilly griff nach hinten, öffnete zeitgleich den Verschluss des BHs. Dadurch rutschte beides zusammen von ihren Schultern, glitt in ihrem Körper herab. Wieder begann Luke sie zu streicheln, fuhr mit seinen Händen die Konturen ihres nahezu nackten Körpers nach und kniete sich vor sie. Als seine Hände ihre Hüften erreichten, strich er, in seiner Bewegung, auch noch den letzten Rest Stoff von ihrem Körper. Zu Lillys Überraschung blieb diesmal alles ganz, nun drückte Luke sein Gesicht an ihren Bauch, Lilly spürte jeden seiner Atemzüge. Langsam und sie immer noch abriechend, fuhr er mit seinem Gesicht und seinen Händen wieder ihre Körper nach oben. Als er ihre Brüste streifte, merkte Lilly wie er kurz inne hielt.
Luke roch ihren intensiven Geruch, aber hier hörte er ihr Herz so laut und deutlich schlagen, dass es schon fast eine Qual war. Zwar hatte ihr Herzschlag nicht mehr das verhöhnende, wie am Anfang, aber immer noch erinnerte er ihn daran, was sie war. Lilly griff ihm in die Haare, zog ihn sanft höher. Er folgte ihre Aufforderung, stand schließlich vor ihr, hatte sein Gesicht in ihrer Halsbeuge und roch an ihr. Hier roch er nicht nur sie sondern vor allem ihr Blut, hier spürte er es an seinen Lippen pulsieren. Er hatte keinen Hunger, aber die Versuchung war so stark. So nah war er ihrem Blut, so leicht wäre es. Luke hielt plötzlich inne, sah ihr in die Augen.
„Was ist?“ fragte sie sanft.
„Ich will euch nicht verletzten!“ sagte er wahrheitsgemäß.
Lilly sah ihn an, wunderte sich, wieso er wieder in diese Art der Sprache verfiel, aber sie glaubte so langsam zu verstehen, wieso die Sprache so klang und vor allem so wirkte. Sie strich ihm mit beiden Händen über die Wangen: „Wieso solltet ihr mich gerade jetzt verletzten?“
„Weil das Schicksal manchmal grausam ist!“
Lilly ließ ihn los, ging so weit zurück, bis sie an das Fußende des Bettes stieß. Dort blieb sie stehen, sah ihn wieder an und streckte ihm eine Hand entgegen: „Das Schicksal ist heute nicht grausamerer wie zuvor auch. Kommt her, kommt zu mir!“
Zögerlich griff Luke nach ihrer Hand, ließ sich zu ihr ziehen. Mittlerweile kniete Lilly auf dem Bett und Luke sah wie die Kerzen des Kronleuchters ein merkwürdiges Spiel aus Licht und Schatten auf das Bett und auf Lilly warfen, es erinnerte ihn an Sonnenstrahlen. Da er jetzt direkt vor Lilly stand, begann sie ihm das Hemd aus der Hose zu ziehen.
„Kommt, ich helfe euch, euch von diesem Allem zu befreien!“ Luke schloss die Augen und sah wie die Bilder seiner Vision vor seinen Augen auftauchten. Sofort spürte Lilly Lukes Sorge, die nach und nach in Angst umschwang. Er sah sie an, wich zurück und verschwand vor ihren Augen aus dem Zimmer.
Lilly wusste ja nichts von dieser Vision, wusste nicht wie sehr ihn das alles daran erinnerte. Alles war dem zu ähnlich, die ganze Umgebung, die Atmosphäre. Schon allein die Kleidung verursachte ihm Flashbacks, aber das sie dann auch noch so sprach, das war zu viel für ihn geworden. So sehr sie ihn reizte, so sehr er dieses Spiel gerne weiter getrieben hätte. Aber immer noch sah er sie in seinen Gedanken übel zugerichtet auf dem Bett liegen. Ihn mit toten, aber entsetzten Augen ansehend. Und er wusste, das er von ihr wegmusste. Er konnte nicht riskieren das ihr etwas geschieht, er durfte nicht zulassen, das so etwas geschah. Und selbst wenn sie wieder nicht verstand, warum er so handelte, es war besser für sie, sicherer. Sie würde es vielleicht nicht verstehen, aber es musste sein, um ihretwillen. Auch wenn sie mit Sicherheit wieder der Meinung war, das ihr nichts passieren werde, riskieren würde er es nicht. Verlieren würde er sich noch früh genug, aber nicht durch seine Hand.
Mittlerweile saß er auf dem Dach des Turmes in welchem sich ihr Zimmer befand. Es dauerte nicht lange bis er Lillys Geruch wieder stärker wahrnahm. Langsam rutschte er an den Rand des Daches, sah nach unten und entdeckte Lilly auf dem Innenhof. Suchend sah sie sich um, sah nach oben und als sie ihn bemerkte, flüsterte sie: „Was ist los? Warum bist du weg?“ Sie wusste das er sie hörte.
Es dauerte nicht lange, bis Lilly sah wie Luke an den Rand des Daches trat und sprang die über zwanzig Meter nach unten. Landete völlig lautlos keine drei Meter von ihr entfernt auf dem Innenhof.
„Es war besser.“ Sagte er gerade laut genug, das sie es hörte. Zögerlich kam er näher, blieb direkt vor ihr stehen. Luke sah das sie nur einen Bademantel angezogen hatte.
„Warum?“
„Glaub mir einfach. Ich weiß was ich tue und wann es besser ist, wenn ich weg von dir gehe!“
„Musst du dann gleich so flüchten?“
„Flüchten?“
„Ja, zumindest sah es so aus. Also was soll das? Was ist los? Oder willst du es mir nicht sagen!“
Luke sah sich um, sah dann sie an: „Nicht hier.“ Flüsterte er, streckte ihr die Hand hin, die sie ergriff. Langsam zog er sie näher zu sich, legte sich ihre Arme um den Hals und hob sie wieder hoch. Schon fast automatisch schloss Lilly die Augen. Er trug sie etwas näher zu dem Turm, sah dann abschätzend nach oben und nahm etwas Anlauf, sprang ab und landete mit ihr zusammen auf dem Dach, wo er zuvor alleine gesessen hatte. Vorsichtig stellte er sie wieder auf die Füße. Als Lilly die Augen öffnete, stand sie in der Mitte des Daches. Unwillkürlich griff sie nach Luke, hielt sich an seinem Arm fest. Es war für ihren Geschmack zu hoch und sehr groß war das Dach auch nicht, irgendwie hatte sie Angst, das nur ein falscher Schritt, nur ein Sekunde der Unachtsamkeit dazu führen würde, das sie herunter fiele. Zu ihrer Verwunderung, entzog Luke ihr seinen Arm, ging ein paar Schritte zur Spitze des Daches. Dort setzte er sich auf die alten Dachziegel, zog die Beine an und sah ins Leere. Leicht verwirrt davon folgte Lilly ihm mit wackeligen Beinen. Das Dach war alt, die Dachziegel stellenweise kaputt und rutschig. Erleichterung durchströmte sie, als sie direkt vor Luke stand, dieser starrte aber weiterhin Löcher in die Luft, schien sie gar nicht wahrzunehmen. Erst als sich Lilly, immer noch mit wackeligen Beinen, zu ihm setzte und ihn dabei anrempelte, sah er sie an. Schließlich legte er sich der Länge nach auf das Dach, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, die Beine aufgestellt. Zu Lillys Verwunderung schwieg er, selbst nachdem sie sich dazu überwunden hatte, sich ähnlich wie Luke auf das Dach zu legen, sagte er kein Wort.
„Was ist denn los?“ fragte Lilly leise und hoffte damit Luke Schweigen zu brechen.
„Nichts.“ behauptete er.
„Nichts? Und wegen nichts flüchtest du!“
„Ich bin nicht geflüchtet!“
„So, wie nennst du das dann?“
„Möglichst schnell Abstand waren!“
„Flucht!“
Langsam schüttelte Luke den Kopf: „Das würdest du nicht verstehen.“
„Ach, jetzt auf einmal versteh ich mal wieder etwas nicht!“ sie konnte nicht verhindern sarkastisch zu werden. Zuvor hatte sie sich Sorgen gemacht, was los war, wieso er so schnell weg gegangen war, aber jetzt. Jetzt kam er wieder mit irgendwelchen blöden Ausreden.
Luke richtet sich neben ihr auf, setzte sich hin, schaute wieder scheinbar geistesabwesend in die Luft. Und wieder schwiegen sie.
„Du weißt nicht wie gefährlich ich bin.“ Brach er flüsternd das Schweigen: „Es kann dir in meiner Gegenwart so viel passieren. Wegen mir, durch mich. Du hast selbst gesagt, dass es schwierig ist für unsereiner mit euresgleichen umzugehen. Und du weißt nicht, nicht im Geringsten, wie Vampire untereinander umgehen. Das von vorhin, das war nur ein kleiner Ausschnitt von dem, wozu wir in der Lage sind!“
Was meinte er mit vorhin und was sollte das jetzt wieder? Ist ihm eingefallen, das der Älteste recht hatte?
„Luke was ist los?“ fragte sie energischer.
„Du weißt vieles nicht!“
„Dann erklär es mir, sag mir was los ist. Warum, was soll das jetzt wieder. Ich weiß das du gefährlich bist, ich hab gesehen wozu du in der Lage bist. Aber du hast mir nie geschadet!“
„Aber ich könnte. Ich könnte schneller wie du denkst, dir etwas tun!“
„Warum solltest du?“
„Weil ich vielleicht doch nicht so viel Kontrolle habe, wie du denkst!“
Er schien sich wirklich Sorgen zu machen.
„Luke was ist?“ fragte sie nochmals, diesmal aber sanfter.
„Das alles war grad einfach zu viel.“ Sagte er leise.
„Was? Warum? Es war nicht anders, wie sonst auch.“
„Es war anders. Das ganze drum herum, das Ganze!“ Wieder schwieg er eine Zeit bis er weitersprach: „Das war dem zu ähnlich, was ich gesehen habe.“
„Was hast du gesehen, wann?“
„In meinen Träumen….aber da ich ja nicht schlafe, träume ich auch nicht. Also was war es dann…vielleicht eine Vorahnung, eine Vision, von dem was passiert und das darf und werde ich nicht zulassen!“ Umso länger er sprach umso härter wurde seine Stimme.
Lilly sah ihn von der Seite her an, wirklich verstehen wovon er sprach konnte sie nicht: „Von was für einem Traum, oder Vision, oder was weiß ich, redest du?“
Langsam drehte sich Luke zu ihr herum, sah ihr in die Augen. Zärtlich strich er ihr über die Wange, bevor er weiter sprach: „Eines Nachts wo ich bei dir lag, war es so als ob… ja ich eingeschlafen wäre… obwohl das das falsche Wort ist, ich muss ja nicht schlafen….aber es war wie ein Traum… obwohl ich auch nicht träume kann…aber es war so etwas Ähnliches. Vielleicht eine Vision von dem was geschehen wird, wenn ich….“
Als er nicht weitersprach, sah Lilly ihn an, sie merkte Sorge, Kummer und Melancholie: „Wenn du was?“
„Zu weit gehen.“
„Inwiefern?“
Ein Grinsen huschte über sein Gesicht: „Was denkst du denn?“
Lilly begann zu verstehen: „Aber es ist nichts passiert, du hast mir nicht getan!“
„Nichts würde ich nicht sagen!“
Zögerlich rückte sie näher zu ihm, stieß ihn sanft mit der Nasenspitze an die Wange: „Komm schon ich lebe noch!“
„Das hätte aber anders ausgehen können!“
„Wieso, was hast du gesehen?“
„Es gibt Dinge die musst du nicht wissen.“
„Doch, und vor allem wenn es mich betrifft, also was?“ fragte sie energisch.
Sanft sah Luke sie an: „Dich…. Dich habe ich gesehen….mit allem was ich dir zugefügt habe!“
„Was, die blauen Flecken?“
Luke lachte sarkastisch auf: „Das war das geringste.“ Während er weitersprach, strich er ihr mit den Fingerspitzen über die Kehle: „Zerschunden, zerrissen….eine aufgerissene Kehle, starre angstvolle, schockierte aber tote Augen die mich ansahen…“
Für einen kurzen Moment wich Lilly Lukes Berührung aus, ob aufgrund dessen, was er ihr gesagt hatte oder wegen der Art wie er sie ansah, wusste sie nicht.
Zu ihrer Verwunderung lächelte Luke sie an: „Siehst du, selbst dich erschreckt das und du hast es nicht einmal gesehen…..verstehst du jetzt warum ich sage, das ich gefährlich bin, auch für dich. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir nicht vielleicht doch etwas tun würde und das will ich nicht riskieren!“
Intensiv sah Lilly ihn an, überlegte kurz und sagte schließlich: „Es gäbe eine Möglichkeit, dass es weniger riskant wäre.“
Irritiert schaute er sie an: „Was meinst du damit?“
„Na ja, wenn ich eine von euch…“ Weiter kam sie nicht, als Luke sie energisch unterbrach: „Vergiss es! Hast du verstanden, denk nicht mal daran…..Du… du weißt gar nicht was du da sagst!“
„Aber..“
„Kein aber! Ende der Diskussion!“
„Es wäre einfacher Luke!“
Er stieß ihr den Zeigefinger auf die Brust: „Nein! Nein und nochmals nein! Darüber wird gar nicht nachgedacht, geschweige denn in Betracht gezogen!“
Spürte sie Wut die von ihm ausging?
Resigniert ließ sie den Kopf sinken: „Aber warum denn nicht, dadurch wäre vieles leichter.“
„Leichter?“ entfuhr es Luke scharf: „Du hast keine Ahnung auf was du dich einlässt, überhaupt keine, du weißt nicht annähernd was es bedeutet verwandelt zu werden und vor allem hast du keine Vorstellung was es bedeutet so zu sein!“
„Dann zeig es mir, du bist eh der einzige der mich verwandeln darf, dann bring es mir bei!“
Langsam, schon fast traurig schüttelte Luke den Kopf, sah dann vor sich auf das Dach:
„Allein die Verwandlung ist schmerzhaft von dem was danach kommt ganz zu schweigen.“ Sagte er leise.
„Aber…“
Jetzt sah er sie wieder an, Trauer erkannte sie in seinen Augen: „Du weißt nicht was es bedeutet so zu sein wie ich!“
„Aber Luke…wie…dann erklär es mir doch.“
Langsam schüttelte er den Kopf: „Du würdest es nicht verstehen….es ist nicht nur das man nicht mehr in die Sonne kann, das Schlimmste ist die Zeit von der Verwandlung bis zur Kontrolle!“
„Was meinst du damit?“
Luke holte tief Luft, legte den Arm um ihre Schultern und zog ihren Oberkörper sanft auf seinen: „Die Verwandlung ist ab einem gewissen Punkt schmerzhaft….am Anfang ist es nur der Biss, das Trinken selbst…“ Er schwieg kurz: „Aber das weißt du ja selbst…ist nicht schmerzhaft, auch das bis zum Beinahe -Tod nicht, aber das Verwandeln selbst ist es….es …es fühlt sich an, als ob jeder Knochen zu Staub zermahlen wird, als ob jeder Muskel zerreißt, das sind Schmerzen die nicht beschreibbar sind. Ich glaube jeder andere Tod ist angenehmer, wie dieses Sterben, denn du stirbst wirklich. Du merkst wie dein Herz langsamer schlägt bis es Aussetzer hat und schließlich ganz stillsteht. Deine Atmung wird schwieriger, du hast das Gefühl zu ersticken und letztlich kannst du nicht mehr atmen. Irgendwann bist du weg, hörst nichts mehr, siehst nichts mehr. Und wenn du wieder wach wirst, gibt es nur Stille am Anfang, dann wird alles unerträglich laut. Du riechst, hörst und fühlst mehr wie je zuvor. Und schließlich wird dir bewusst, das du nicht sprechen kannst, bis dir bewusst wird, das du nur nicht sprechen kannst, weil du nicht atmest und alles in dir schreit förmlich nach Luft, aber du musst erst lernen wie man atmet.“
Lilly sah nach oben, schaute Luke an, sie merkte wie Lukes Gefühle, spürte wie leichte Panik in ihn aufstieg, wahrscheinlich allein der Erinnerung wegen.
„Und dann…“ sagte er nach einer Weile: „Dann wird es grausam, du spürst nach einer Weile diesen Hunger, diese Gier, und wehe es kommt irgendetwas Lebendes in deine Nähe, und Nähe ist relativ, das können Kilometer sein, dann wird es schlimmer. Dann hast du keine Kontrolle mehr über dich und dann muss der dich unter Kontrolle halten, der dich verwandelt hat!“
„Inwieweit?“
„Mit allen Mitteln!“
„Wie jetzt?“
Langsam drehte sich Luke herum, lag schließlich auf der Seite, legte einen Arm unter Lillys Kopf und zog sie nah an sich, Lilly folgte seiner Aufforderung, drehte sich ebenfalls auf die Seite und schließlich lagen sie dicht voreinander und sahen sich an. Zärtlich strich Luke ihr über die Wange, lächelte sie an: „Schmerzhaft!“
„Was?“
„Um einen Jungen unter Kontrolle zu halten, musst du sehr rigoros sein, du darfst kein Mitgefühl haben.“
Lilly sah ihn wieder an.
„Selbst wenn ich dich verwandeln könnte, dich unter Kontrolle halten, würde ich nicht fertig bringen und das würde heißen, das du auf jeden Fall vernichtet werden würdest, bei mir, würden sie vielleicht nicht so weit gehen, aber ich hätte mit Konsequenzen zu rechnen, wenn sie sich nicht damit zufrieden geben würden, mich zusehen zu lassen wie sie dich vernichten, oder schlimmstenfalls, dass ich dich vernichten müsste!“
Luke merkte wie Lilly schluckte: „Was heißt unter Kontrolle halten?“
„Verhindern das du jemanden tötest, egal ob Mensch oder Tier. Zuerst würde ich dich eh nur auf Tiere lassen, Wildtiere um deinen Jagdtrieb zu besänftigen, wenn du dann Kontrolle darüber hättest, dürftest du näher an Menschen, also Nutztiere die nach Menschen riechen und dann irgendwann an Menschen selbst, aber erst wenn du dich oder ich dich gut genug unter Kontrolle habe und dass würde eine Zeit dauern, je nachdem wie hart meine Strafen bei Nichtbeachten meiner Befehle sind.“
„Wie Befehle, Strafen?“
„Wenn ich dich zum Beispiel an eine Reh, oder ähnliches lasse, musst du dann aufhören, wenn ich es dir sage und wenn du es nicht tust, dann…“
„Dann was?“
„Muss ich dich zwingen aufzuhören….Das beste Verhältnis zwischen einem Verwandler und dem Verwandelten ist, wenn der Junge Angst, besser noch Panik vor dem Altem hat, dann befolgt er jeden Befehl und um diesen Verhältnis zu bekommen, musst du bisweilen brutal sein!“
Lilly riss entsetzt die Augen auf: „Wie?“
„Willst du das wirklich durchspielen?“
„Ja!“
Wieder holte Luke tief Luft: „Also, angenommen du bist an einem Reh und hörst nicht auf, wenn ich es dir sage, muss ich dich stoppen, mit allen Mitteln. Zuerst werde ich dich wegziehen, dich unsanft von dem Reh weghalten, das wirst du aber nicht zulassen, nicht in dieser Phase, also wirst du dich dagegen wehren, du wirst wieder an das Reh wollen, dann müsste ich härter durchgreifen, ich müsste dir anfangen Knochen zu brechen, die Arme, dann die Beine, aber selbst das würde dich nicht davon abhalten, schließlich würde ich dir die Kiefer brechen müssen und wenn das dann nicht hilft, letztlich das Genick.“
Unwillkürlich zuckte Lilly zusammen.
„Und das ist nur das während der Jagd, solltest du mir außerhalb dieser Phasen nicht gehorchen, gibt es noch andere Strafen, ein Ausflug in die Sonne zum Beispiel!“
„Aber du kannst doch nicht raus?“
„Wer sagt das ich rausgehen würde, am Arsch gepackt und rausgeschmissen, die Tür zugemacht und gewartet bis du nahezu tot wärst, bevor ich dich zurück ins Haus lassen würde. Noch mal du musst während dieser Phase Angst und Panik vor mir haben, umso besser, umso schneller hab ich dich unter Kontrolle umso einfacher wird es für dich, dich selbst zu kontrollieren!“
Jetzt richtete Lilly sich etwas auf, sah ihn irritiert und zugleich schockiert an.
„Verstehst du jetzt warum ich sage, ich könnte dich niemals verwandeln, weil ich dich nicht so kontrollieren könnte, ich kann dir jetzt nicht wehtun und da auch nicht!“
„Aber wenn mich jemand anderer….“
„Glaubst du ich würde zulassen, das dir jemand so etwas antut, ich würde ihn vorher töten und das wäre auch dein Tod!“
„Weil mich dann keiner mehr unter Kontrolle hätte.“ Sagte Lilly leise.
Da ihre Gesichter mittlerweile dicht voreinander lagen, spürte sie wie Luke nickte.
Eine Zeit lagen sie da, bis Luke flüsterte: „Weißt du jetzt warum ich sage, das du keine Ahnung hast, was es bedeutet so zu sein wie ich. Selbst wenn ich dich verwandeln würde und dich unter Kontrolle halten könnte, die ersten Jahrzehnte wärst du nicht du. Du wärst angetrieben von Hunger und Gier und keine anderen Gefühle würde es bei dir geben.“
„Auch dir gegenüber nicht?“ fragte sie genauso leise wie er.
„Außer das du mich hassen, oder fürchten würdest…mmh wahrscheinlich würdest du mich außerdem zu gerne umbringen, schon alleine um dein Verlangen, ohne die von mir ausgeführten Bestrafungen, auszuleben.“
„Wie lange?“
„Was wie lange?“
„Wie lange dauert es bis man kontrolliert ist?“
„Das ist unterschiedlich, auf was genau es ankommt kann ich dir nicht sagen, es dauert immer unterschiedlich!“
„Aber bei dir…“
„Du weißt nicht, was sie alles getan hat, um mich zu kontrollieren!“
„Will ich es wissen?“
„Mmh, ich glaube nicht.“ sagte er leise und Lilly merkte wie sich seine Gefühle wieder änderten. Eine Mischung aus Sorge, aber auch, ja was genau, Angst, fragte sie sich.
Anstatt ihn zu fragen, strich sie ihm sanft über die Wange, küsste ihn zärtlich auf die Lippen und konnte sich ein kichern nicht verkneifen, als Luke beide Arme fest um sie schlang und sie an sich drückte. „Wieder besser?“ fragte er leise. Lilly nickte langsam und küsste ihn nochmals sanft. Jetzt strich Luke ihr mit beiden Händen über die Wangen, sah sie an und drehte sich plötzlich um, damit er nach hinten sehen konnte: „Ich glaube wir sollten hier runter!“ „Warum?“ fragte sie leise. „Weil die Sonne am Aufgehen ist.“ „Ja?“ Luke nickte, drehte sich wieder zu ihr herum und griente sie dann an: „Ich mein, ich muss bald rein, du kannst ja noch hier bleiben.“ Schon fast entsetzt riss sie die Augen auf: „Du würdest mich hier oben alleine hocken lassen?“ „Wenn du willst, tu ich alles was du willst, das weißt du!“ „Und wie, deiner Meinung nach, soll ich von hier oben ohne dich wieder runter kommen?“ fragte sie gespielt zynisch. Luke zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung.“ Sagte er, sich ein kichern verkneifend. Bevor sie etwas sagte, boxte sie ihn in den Bauch: „Das hab ich gern, erst so tun, als ob du alles für mich tun würdest, aber mich dann hier oben sitzen lassen!“ Anstatt einer Antwort grinste er nur und stupste sie sanft mit der Nase an, küsste sie dann auf die Wange. Schließlich stand er auf, reichte ihr die Hand um sie auf die Beine zu ziehen. Als sie dann neben ihm stand, legte sie die Arme um seine Hals und ließ sich wieder von ihm hochheben. Luke sah sie an, zwinkerte ihr zu und trat an den Rand des Daches. Lilly sah nach unten, zog sich näher an ihn heran, ihr wurde wieder bewusst, wie weit oben sie waren. Die Arme fester um sie geschlungen, machte er noch einen Schritt nach vorne und trat ins Leere. Es ging zu schnell, als dass Lilly die Augen hätte zumachen können. Ihr entwich ein kurzer Schrei, als sie registrierte, dass Luke ins Leere getreten war und sie beide nun ungebremst dem Boden entgegen fielen. Instinktiv krallten sich ihre Finger in seine Kleidung, sie sah nur den Boden auf sich zukommen. Zu ihrer Überraschung spürte sie kaum, wie Luke auf dem Boden aufkam. Eigentlich merkte sie nur, das der Fall und das Zerren der Luft an ihr aufgehört hatten. Sie hatte erwartet mehr zu spüren, ein Stauchen das durch ihren Körper lief oder mehr von dem Aufprall, aber Luke hatte alles abgefedert. Langsam stellte er sie auf den Boden, legte einen Arm um sie und zusammen gingen sie zurück in das Gebäude. Erst jetzt wo sie wieder ins Dunkle kam, merkte sie wie hell es draußen schon war. Lukes Instinkt hatte wieder Recht gehabt, die Sonne würde bald aufgehen und Lilly wunderte sich wie schnell die Zeit verging. Unsicher ging sie mit Luke durch den stockdunklen Flur, legte einen Arm um seine Taille und orientierte sich nur an ihm. Nach ein paar Metern, zog Luke sie näher zu sich: „Komm her, ich trag dich.“ „Warum?“ „Da kommt eine Treppe und ich will nicht, das du dich stößt oder dich sonst wie verletzt und hier gibt es kein Licht, hier gibt es nicht einmal Stromleitungen, oder fließend Wasser.“ „Benötigt der der hier wohnt ja auch nicht.“ sagte sie leise zu ihm. Lilly merkte wie Luke wieder an ihren Rücken und an ihre Oberschenkel griff und sie schließlich hochhob: „Stimmt.“ Sagte er flüsternd. Jetzt merkte sie wie Luke weiterging, sie spürte wie er die Treppe nach oben stieg. „Aber was ist mit dem Menschen?“ flüsterte sie zurück. „Welche Menschen?“ „Der ältere Mann, ist keiner von euch.“ „Du merkst das wirklich, was Mensch ist und was nicht?“ „Ja, zumindest denke ich es! Also was ist mit dem?“ „Der wohnt nicht immer hier, der wohnt irgendwo in der Nähe in einem neueren Haus, wo alles fließt.“ Lilly kicherte, schmiegte ihr Gesicht an seine Schulter. Sie merkte das er langsam ging, er schien es nicht eilig zu haben. Wie so oft spürte er ihre Irritiertheit: „Was ist?“ fragte er. „Normalerweise läufst du, wenn du mich trägst, schneller.“ „Hast du´s eilig?“ „Nein, aber…“ „Das hat keine Bedeutung, nur wenn du in Gefahr wärst, würde ich schneller laufen, schon um dich in Sicherheit zu bringen. Aber hier…höchstens du hast es eilig ins Bett zu kommen?“ Lilly kicherte: „Nein eigentlich nicht.“ „Also, warum soll ich dann hetzten, wir haben ja noch Zeit.“ „So? Heute nichts mehr vor?“ „Eigentlich nicht und selbst wenn, es gibt hier so gut wie keine Fenster, also ist es egal, wann wir was machen!“ „Aber die Menschen…?“ „Sind längst alle weg!“ Lilly merkte das er stehen geblieben war: „Was ist?“ fragte sie leise. „Nichts. Halt dich gut fest, ich will nur die Tür aufmachen.“ Lilly tat was er ihr gesagt hatte und merkte wie er kurz darauf weiter lief, sie schließlich fallen ließ. Instinktiv wusste sie das sie sicher auf dem Bett landen würde. Ihr entfuhr ein kichern, als sie auf der dicken, weichen Matratze landete. Sie rutschte langsam ans Kopfteil, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und merkte fast augenblicklich wie Luke sich neben sie legte, sanft einen Arm um ihre Hüfte legte und seinen Kopf auf ihre Oberschenkel. Es dauerte nicht lange bis er begann seine Wange an ihrem Schenkel zu reiben und Lilly griff ihm vorsichtig ins Genick, fuhr ihm mit beiden Händen in die Haare und kraulte ihn wieder zärtlich. Nach einer Weile stoppte Luke das Reiben an ihrem Schenkel, blieb einfach ruhig auf ihren Oberschenkel liegen. „Alles ok?“ flüsterte sie. „Ja, alles ok.“ Flüsterte er: „Alles andere würdest du doch merken.“ Leise kicherte sie: „Vielleicht.“ Gab sie zu bedenken. „Glaubst du wirklich, ich könnte es vor dir verbergen?“ Lilly zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht, kannst du es?“ „Ich kann dir gegenüber vieles nicht!“ Wieder kicherte sie, kraulte ihn weiter im Genick und merkte wie er sie langsam nach unten zog, so dass sie letztlich ganz auf dem Bett lag. Sofort legte Luke seine Arme um sie, zog sie fest an sich und kuschelte sich an sie. Lilly hatte immer noch ihre Hände in seinem Genick und zog ihn nah an sich, drückte sich fest an ihn. Und jetzt überschwemmten Lukes Gefühle sie förmlich: Zufriedenheit, Glück, Vertrauen und Liebe. Nachdem sie sich eine Weile in den Gefühlen des andern geaalt hatten, schlief Lilly schließlich ein. Sie wurde wach, als sie bemerkte wie Luke von ihr wegrutschte und leise aufstand: „Was ist?“ fragte sie schläfrig. Luke beugte sich über sie, gab ihr einen kurzen Kuss und sagte leise: „Nichts. Alles ok, schlaf ruhig weiter. Ich muss nur kurz wohin.“ Ihre Irritiertheit blieb von ihm nicht unbemerkt: „Was ist?“ hakte er nach. „Ich frag mich nur wohin du kurz musst.“ „Der Älteste hat uns zusammengerufen.“ „Ich hab nichts gehört.“ „So gut sind deine Ohren nicht. Hab keine Sorge, ich bin bald wieder bei dir!“ Dann stand er auf und Lilly realisierte, dass Luke das Zimmer verließ. Immer noch irritiert drehte sie sich wieder herum, rollte sich zusammen und fiel in einen unruhigen Schlaf.
„…wie ihr seht, haben wir ein Problem mit diesen Unkontrollierten.“ Der Älteste sah alle nacheinander an. Sie saßen in vollkommener Dunkelheit, Licht brauchten sie nicht, sie sahen alles. Luke saß an der Stirnseite des langen Tisches, dem Ältesten gegenüber. An den Längsseiten saßen Evi und Jonathan, sowie vier weitere Vampire, die Luke persönlich nicht kannte, er wusste nicht einmal genau woher sie kamen. Aber sie stimmten dem Ältesten zu. Luke saß, genau wie die anderen, in alten, übermannshohen Holzstühlen. „Und wie der Angriff auf Lord Cunningham zeigt, haben sie keine Angst vor uns oder vor den Konsequenzen, die sie erwarten. Sie jagen in Rudeln und haben schon einige Menschen getötet. Das erzeugt Aufsehen!“ Wieder nickten alle. Luke merkte langsam Hunger der immer stärker wurde. Unwillkürlich griente er. „Lord Cunningham?“ fragte der Älteste. „Alles ok.“ Sagte Luke: „Meine Gefährtin wird nur bald wach werden.“ „Benötigt sie etwas?“ „Sie hat nur Hunger.“ „Ich werde ihr etwas zubereiten lassen!“ Dann klatschte er kurz in die Hände und Luke merkte wie der Diener näher kam. Langsam öffnete er die Tür und Luke sah wie er mit einem fünfarmigen Kerzenleuchter hereinkam. Der würde ihr auch gefallen, dachte er vergnügt. Mittlerweile stand der Diener neben dem Ältesten, ließ sich etwas zuflüstern, nickte dann und verließ wieder den Saal. „Wir müssen etwas gegen diese Jungen machen, bevor wir anderen in Schwierigkeiten kommen!“ Wieder zustimmendes Nicken. Luke drehte sich etwas in seinem Stuhl, sodass er die Beine über eine der Armlehnen legen konnte. Alle sahen ihn irritiert an, für einen Menschen wäre das normal, sogar bequem, aber für einen Vampir war so etwas unnötig. Erst als Luke merkte wie der Älteste ihn ansah, wurde ihm unangenehmer Weise bewusst, das diese Sitzposition unangebracht war. Verlegen räusperte er sich, setzte sich wieder richtig hin und sah den Ältesten an. Zu Lukes Überraschung lächelte dieser ihn an: „Man merkt das ihr viel Zeit mit einem Menschen verbringt.“ Die anderen lachten leise, sahen ihn grinsend an. „Was ist eigentlich mit seiner Gefährtin?“ fragte Evi: „Sollten wir ihr nicht sagen, welche Probleme es gibt!“ Der Älteste sah Luke an: „Ich denke diese Entscheidung sollten wir Lord Cunningham überlassen! Er kennt seine Gefährtin besser.“ Zögerlich wiegte Luke den Kopf von rechts nach links: „Ich weiß es nicht, eigentlich brauchen wir sie nicht zu beunruhigen….ich meine sie ist eh vorsichtiger, seitdem sie weiß, was es noch gibt...“ Diesmal nickte der Älteste: „Verständlicherweise!“ „… und da sie nur dann angreifen könne, wenn ich ebenfalls bei ihr sein kann, hat sie mich ja als Schutz!“ „Was ist, wenn ihr abkömmlich seid?“ fragte der Älteste. „Ja, was ist wenn du im Zero bist und sie von der Arbeit nach Hause geht, oder du einfach aus anderen Gründen nicht in ihrer Nähe bist und beim letzten Mal, war es auch knapp. Also für dich, wenn ich mich recht erinnere!“ hakte Evi zögerlich nach. Luke überlegte kurz: „Vielleicht wäre es nicht schlecht ihr zu sagen, was los ist. Aber ich möchte sie nicht beunruhigen oder gar verängstigen….. obwohl… ich glaube sie hat schon einiges erfahren und scheint es verkraftet zu haben.“ „Aber selbst wenn sie wüsste was los ist, was soll sie dann machen?“ fragte einer der Anderen. „Nicht viel, aber sie erkennt was Mensch ist und was einer von uns ist…vielleicht hat sie bessere Chancen zu entkommen, wenn die ihr nicht erst zeigen was sie sind!“ „Zumal…“ mischte sich der Älteste ein: „Sollte sie bemerken, dass es eben diese Jungen sind, könnte sie euch ehern zu Hilfe holen!“ „Wie das?“ fragte eine der anderen Frauen. „Die Gefühle des Einen sind auch bei dieser Verbindung die Gefühle des Anderen, sonst hätte Cunningham ihren Hunger ja nicht bemerkt.“ Antwortete der Älteste wieder. „Sie meinen, wenn sie merkt, dass es diese Jungen sind, könnte sie schon in Panik geraten, noch bevor sie angreifen?“ fragte Evi. „Genau!“ sagte der Älteste: „Selbst wenn es nur Sekunden sind, wäre es von Vorteil!“ So wie Luke es schon gefühlt hatte, machte Lillys knurrender Magen sie wach. Kaum hatte sie die Augen geöffnet und sich im Bett aufgesetzt, da ging bereits die Tür auf und sie sah als erstes einen mit fünf Kerzen bestückten Kerzenleuchter, der in den dunklen Raum gehalten wurde. „Seid ihr wach?“ hörte sie eine angenehme Stimme. „Ja, gerade eben.“ „Habt ihr Hunger?“ „Ja!“ „Dann folgt mir. Ich werde euch in den Speisesaal führen.“ Immer noch sah Lilly nur einen Arm, der den Leuchter hielt. Der Rest des Dieners stand außen, die Tür als Sichtschutz. Zu Lillys Verwunderung blieb er auch dort stehen, machte keinerlei Anstalten den Raum zu betreten: „Ihr möchtet euch bestimmt erst etwas überziehen!“ An sich herunterschauend, stellte Lilly fest das sie immer noch nicht viel mehr anhatte. Also stand sie auf, nahm sich ihre Jeanshose und ihr T-Shirt, zog sich schnell im Kerzenschein an und öffnete schließlich ganz die Tür. „Fertig? Gut, dann folgt mir bitte. Ich habe etwas für euch angerichtet.“ Als sie neben ihm stand, fragte sie: „Woher wussten sie, dass….“ Sie sah wie er schwach griente: „Luke!“ beantwortete sie ihre eigene Frage. Der Diener nickte langsam, ging dann die Stufen voran hinunter, er hielt den Kerzenleuchter etwas über seine Schulter, damit sie die Stufen gut erkennen konnte. Lilly folgte ihm die Treppe nach unten, ging hinter ihm durch diverse Gänge, bis er schließlich stehen blieb und ihr eine große, schwere Holztür öffnete. Zu Lillys Überraschung war dieser große Speisesaal mit Sonnenlicht geflutet, große Fenster, die von der Decke bis zum Boden reichten, entlang der gesamten rechten Seite, ließen so viel Licht herein, das alles ausgeleuchtet war. Dieser Saal war riesig, sie überlegte ob es derselbe Saal war, wo sie am ersten Abend waren. Jetzt sah sie einen großen, langen Tisch, der für mindestens zwölf Personen gedacht war. Aber sie sah nur einen Stuhl an einer der Stirnseiten, jedoch war der Tisch vollgestellt mit allerlei Nahrungsmitteln. Das reicht für eine Großfamilie und zwar für einen ganzen Tag, dachte sie erstaunt. Der Diener ging an ihr vorbei, zog den Stuhl etwas zurück und deutete mit einer Hand darauf: „Bitte setzt euch.“ Lilly folgte seiner Aufforderung, setzte sich und sah sich nochmals auf dem Tisch um: Dort war alles angefangen von Brötchen helle und dunkle, genauso wie diverse Brotsorten, Marmelade, Wurst, Käse, Honig, aber auch Rühreier, Speck, Braten in Scheiben geschnitten. Alles was man sich vorstellen kann. „Soll das alles für mich sein?“ fragte sie ungläubig. „Natürlich! Außer euch sind hier keine Menschen.“ Damit stellte er sich schräg hinter sie und blieb dort stehen. Langsam griff sie nach einem Brötchen, griff nach dem Messer und hielt, noch bevor sie den ersten Schnitt gemacht hatte, inne. Irritiert sah sie nach hinten, sah den Diener an: „Haben sie schon was gegessen?“ „Wie meinen die Dame?“ „Ob sie mit essen wollen?“ Lilly machte eine ausholende Geste über den Tisch: „Ich meine es ist genug für…. für eine ganze Familie!“ Der Diener lächelte sie an: „Eigentlich ist es für euch und das ihr eine Auswahl habt!“ „Also zwei verschiedene Marmeladen und vielleicht eine Sorte Wurst und Käse ist schon genug Auswahl, aber das…Was macht ihr mit dem Rest?“ Wieder lächelte der Diener. „Bitte setzten sie sich….es reicht das einer immer beim Essen neben mir steht und nicht mitisst!“ Zu ihrer Überraschung lachte der Diener, nahm sich einen Stuhl, den er irgendwo aus einer dunklen Ecke geholt hatte und setzte sich zu ihr.
„Somit haben wir es geklärt, sollte sie die Jungen sehen, bringen sie sie her, wenn das nicht möglich ist, schalten sie sie aus. Noch mehr Menschen dürfen sie nicht töten, sonst wird es schwierig für uns. Also sollte euch etwas auffallen, gebt Bescheid. Und passt in euren Clubs auf, sollte sich einer nicht an die Regeln halten, wisst ihr was ihr zu tun habt!“ Abermals nickten alle. „Ihr dürft nun gehen!“ Beinahe gleichzeitig standen alle auf und gingen Richtung Tür. „Cunningham warten sie. Auf ein Wort!“ Luke blieb stehen, zögerte kurz und ging zurück an den Tisch. Diesmal setzte er sich nicht auf den Stuhl, sondern blieb an der Stirnseite des Tisches stehen. Der Älteste saß an der anderen Stirnseite und sah Luke an. Beide schwiegen und Luke durchfuhr ein merkwürdiges Gefühl. „Was möchtet ihr?“ brach letztlich Luke das Schweigen. „Es geht um eure Gefährtin.“ Jetzt zog sich Lukes Magen zusammen, hatte er einen Fehler gemacht sie hierher zubringen. „Was ist mit ihr?“ fragte Luke und wurde sich kurz darauf bewusst, das sein Tonfall schärfer war, wie beabsichtigt. „Nichts ist mit ihr.“ Beschwichtigte der Älteste: „Es ist nur…sagen wir, nicht einfach einen Menschen als Gefährten zu haben!“ „Ihr müsst es ja wissen!“ Der Älteste lachte leise: „Sie hat es euch gesagt….ich habe nichts anderes erwartet!“ „Geheimnisse unter Gefährten sind gefährlich!“ Wieder lächelte der Älteste: „Stimmt!“ „Also um was geht es?“ „Um ein Angebot!“ Wieder machte sich dieses merkwürdige Gefühl in Luke breit, so langsam machte er sich Sorgen. Was für ein Angebot, irgendwie ließ das Ganze Lukes Alarmsensoren anspringen. „Ihr braucht euch keine Sorgen um euern Menschen zu machen. Ihr wird nichts geschehen, sind ist vom Rat so als eure Gefährtin anerkannt worden.“ „Was für ein Angebot?“ „Ihr werdet zusehen müssen wie sie altert, wie sie sterben wird!“ „Ich weiß!“ sagte Luke: „So wie es sein sollte. So wie es bei Menschen unvermeidbar ist!“ „Eine grausame Vorstellung, eine neue Gefährtin werdet ihr nicht bekommen. Den Rest eures Leben alleine und glaubt mir, dieses Gefühl lässt nicht nach!“ „Besser wie das was ich tun müsste, wenn ich sie verwandeln würde. Hättet ihr das tun können!“ „Deswegen mein Angebot, ich kann sie verwandeln, sie hier kontrollieren. Wir sind hier weit weg von jeglichen Menschen, keine Reize. Und hier ist genug Platz, kaum Sonnenlicht. Hier wäre sie in Sicherheit und ich könnte ihr Kontrolle lernen!“ Für einen kurzen Augenblick wägte Luke dieses Angebot ab, bis ihm klar wurde über was er nachdachte. Sie zu einer von seinesgleichen zu machen. „Nein!“ sagte Luke scharf: „Das gibt es nicht! Sie wird nicht verwandelt!“ „Aber ist es nicht auch ihre Entscheidung?“ Irgendwie war sich Luke sicher, das der Älteste von ihrer Diskussion auf dem Dach wusste: „Sie weiß nicht welche Konsequenzen das bedeutet, selbst wenn man es ihr erzählt. Das ist nicht begreifbar, wenn man nicht fühlt, spürt was es bedeutet!“ „Wie gesagt, es ist ein Angebot. Ihr müsste es nicht annehmen.“ „Ich werde es nicht annehmen!“ Wieder war Lukes Tonfall schärfer, dieses Mal aber beabsichtigt. Der Älteste hob beschwichtigend die Hände: „Ganz ruhig. Es wird nichts ohne Zustimmung geschehen!“ „Dieses Gespräch ist damit beendet!“ sagte Luke und ging zur Tür. Erst als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wurde ihm bewusst, das er sich unangebracht gegenüber eines Ältesten verhalten hatte. Aber selbst ein Eingeständnis dessen oder eine Entschuldigung würde nichts bringen, wenn er den Ältesten verärgert hatte.
Lilly spürte wie sich ihr jemand näherte, noch bevor sie merkte wie sich eine Hand, von hinten, sanft auf ihre Schulter legte, wusste sie das es Luke war. Zärtlich strich er ihr über die Wange. „Alles ok?“ fragte Lilly, sie fühlte momentan nichts von ihm und das machte ihr Sorgen. „Ja, alles ok.“ Sagte er sanft, trat neben sie und als er in der Nähe des Dieners kam, stand dieser auf und verließ das Zimmer. Irgendetwas in seinem Gesichtsausdruck sagte ihr das nicht alles ok war. „Was ist los?“ fragte sie besorgt. Luke lächelte, er konnte es ihr eh nicht verschweigen und außerdem hatte er genug von Geheimnissen ihr gegenüber: „Kleine Probleme.“ „Inwiefern?“ Diesmal spürte Luke ihre Sorge, die in Angst umschwang: „Wegen mir?“ fragte sie zögerlich und sah Luke an, bemerkte wie er sich im Schatten aufhielt und sich nur wenig bewegte. Viel Schatten gab es hier ja nicht. Wieder strich Luke ihr sanft über die Wange: „Nein, nicht wegen dir.“ „Warum dann?“ „Weißt du noch, die Angreifer?“ „Ja!“ Wieder sah sie die Bilder des Angriffs vor sich, fühlte Lukes Biss und griff sich unauffällig an den Hals. „Es waren unkontrollierte Junge, woher sie kommen wissen wir nicht. Aber sie greifen Menschen an, ohne sich an die Regeln zuhalten! „Sie sind gefährlicher!“ „Ja, wesentlich. Keine Regeln, keine Kontrolle!“ „Sie töten die Menschen?“ Luke nickte langsam, setzte sich dann auf den Stuhl auf dem der Diener zuvor saß. „Und jetzt?“ fragte Lilly zögerlich. „Wir müssen aufpassen, sie davon abhalten. Zu eurem Schutz!“ „Und wie, streift ihr um die Häuser und….!“ „Nicht ganz so arg, aber es wird besser überwacht, auch in den Clubs.“ „Und wenn ihr so einen findet?“ „Wird er entweder zum Rat gebracht oder, wenn er sich wehrt auf der Stelle ausgeschaltet!“ „Ausgeschaltet?“ „Getötet!“ Lilly sah ihn an: „Und was hat das für Konsequenzen.“ Luke lachte: „Für dich keine. Ich passe auf dich auf.“ „Die ganze Zeit?“ „Natürlich die ganze Zeit. Und wenn du arbeitest bin ich solange ich kann bei dir. Die sind, was ihre Schwächen angeht wie wir, Sonne vertragen sie nicht, das heißt wenn ich nicht bei dir sein kann, können die dir auch nicht schaden.“ „Und was ist mit den anderen Menschen?“ Luke zog eine Augenbraue nach oben. „Wir können nicht alle schützen, die zu uns in die Clubs kommen schon, aber nicht alle. Deswegen sollen wir ja die Augen offen halten und sie unschädlich für euch machen!“ „Und woher wollt ihr wissen, wer einer dieser anderen ist?“ „Es gibt viele Regeln im Umgang mit euch Menschen, dadurch werden sie sich verraten!“ „Sicher?“ fragte Lilly unsicher. „Ja, sicher! Wir werden nicht zulassen, das sie noch mehr Menschen töten!“ „Noch mehr Menschen?“ Jetzt war ihr ganz der Appetit vergangen: „Wie viele haben sie denn schon getötet?“ „Einige!“ Lilly verschränkte die Arme vor der Brust, sah Luke an. Luke spürte ihre Sorge, ihre Angst. Er stand auf, trat hinter sie und legte seine Arme fest um sie: „Keine Angst, ich pass auf dich auf. Und wir werden sie so schnell wie möglich aufhalten, versprochen!“ Langsam lehnte Lilly ihren Kopf an ihn: „Und was nun?“ „Nichts.“ Flüsterte Luke ihr zu: „Alles ist ok.“ „Wirklich?“ „Ja, wirklich. Ich werde auf dich aufpassen!“ Luke merkte wie sie sich in seiner Umarmung entspannte: „Komm, iss noch etwas.“ Dabei zeigte er auf den Tisch vor ihnen. Lilly lachte: „Nein, ich mag nichts mehr.“ „Da fehlt ja kaum was.“ „Du hast keine Ahnung wie viel da zuvor drauf stand!“ Diesmal lachte Luke: „Also bist du satt?“ Kichernd schielte sie ihn an: „Merkst du das nicht?“ „Schon, aber ich wollt nur sicher gehen!“ Wieder lachte sie, schüttelte langsam den Kopf. Jetzt lachte Luke leise auf. „Und was jetzt?“ fragte Lilly. „Ich denke wir sollten bald los.“ „Warum?“ „Weil du doch wieder arbeiten musst, oder?“ „Wieso ist es schon wieder …mmh irgendwie hab ich hier, ohne Licht oder vielmehr Sonne, kein Zeitgefühl!“ „Na dann sei mal froh, das ich eines habe, sonst würdest du hier ewig sitzen!“ Wieder lachte Lilly: „Naja, irgendwann würde mich das Krankenhaus bestimmt anrufen, wo ich bleibe!“ Langsam wiegte Luke den Kopf von links nach rechts: „Ich bezweifle das.“ „Wieso?“ „Weil ich nicht glaube, das man hier Empfang hat!“ „Meinst du?“ „Ich bin mir ziemlich sicher!“ Diesmal war es Lilly die den Kopf langsam abwägend schüttelte. „Du glaubst mir also nicht?“ fragte Luke amüsiert. Bevor Lilly etwas sagen konnte, wurde sie von Luke hochgehoben und ehe sie irgendetwas tun konnte, ließ Luke sie auf das Bett in ihrem Zimmer fallen. Lilly lachte auf, als sie auf der dicken Matratze landete, sah das die Kerzen am Kronleuchter wieder brannten und etwas Licht erzeugten. Nicht viel, aber genug um etwas zu erkennen. „Also, wo ist denn dein Handy?“ „Irgendwo in meiner Handtasche, denke ich.“ Luke lachte, holte ihre Tasche und warf sie sachte neben Lilly auf das Bett. Diese begann dann darin herumzuwühlen. „Gefunden!“ sagte sie triumphierend und hielt es hoch. „Und?“ fragte Luke: „Was sagt der Empfang?“ Lilly klappte es auf und sah auf den Display: „Tot!“ sagte sie, schlug sich dann die Hand vor den Mund: „Tschuldigung.“ Murmelte sie verlegen. Jetzt lachte Luke auf: „Ich hab dir doch gesagt, das du dir darüber keine Gedanken machen sollst!“ „Trotzdem.“ Sagte sie immer noch verlegen. Wieder lachte er auf, setzte sich neben sie auf Bett und rempelte sie sanft, dann küsste er sie sanft auf die Wange, dann auf die Schulter: „Nicht grübeln, keine Verlegenheit, wegen solcher Floskeln, mmh!“ Wieder stieß er sie sanft mit der ganzen linken Körperseite an, kicherte leise. Lilly drehte ihren Kopf zu ihm, küsste ihn sanft auf die Wange. Ihre Verlegenheit schwand. Luke lachte leise, stand schließlich auf: „Also gut, dann werd ich mal langsam zusammen packen!“ „Wann müssen wir los?“ „Ich denke in ein paar Stunden sollten wir fahren, also wenn die Sonne untergangen ist, damit wir die ganze Nacht zum Fahren haben, man weiß ja nie was auf den Straßen los ist. Du hast Spätdienst, oder?" Lilly nickte. „Gut, dann hast du noch den Vormittag um etwas zu schlafen. Soll ich dich zu dir nach Hause fahren, oder willst du noch mit zu mir?“ Sie schwieg, als sie überlegte: Von mir aus ist es kürzer, also könnte ich länger schlafen, aber ich kann ja während der Fahrt schlafen, also ist es eigentlich egal. Aber von ihm aus, brauch ich ein Auto. „Wenn ich mit zu dir gehe, wie komm ich dann auf die Arbeit?“ fragte sie leicht scheinheilig. „Mit dem Auto.“ „Mmh, aber ich hab doch keines!“ Luke lachte, stupste ihr auf die Nase: „Ach Schatz, du fährst doch nicht zum ersten Mal mit einem meiner Autos, oder?“ „Ja, aber krieg ich denn auch eines?“ Wieder diese Scheinheiligkeit in der Stimme. Jetzt lachte Luke wieder: „Wenn man dich hört, natürlich bekommst du ein Auto von mir, oder denkst du ich lass dich laufen? Für was hältst du mich?“ Lilly lachte auf, wurde dann ernst und sah ihn an: „Was heißt hier eigentlich Schatz?“ Luke sah sie irritiert an. Meinte sie das jetzt wirklich? „Also ok?“ fragte er zögerlich. Lilly sah ihn ernst an, zog die Augenbrauen nach oben, fing dann wieder an zu kichern: „Merkst du denn nichts?“ „Was soll ich merken?“ Jetzt merkte sie seine Unsicherheit. Jetzt lachte sie leise: „Ich veralbere dich doch nur!“ Sofort merkte sie wie seine Unsicherheit weniger wurde, aber ein gewisser Argwohn blieb zurück. „Wieso merk ich das nicht?“ „Was willst du merken?“ „Das du mich veralberst!“ Anstatt einer Antwort zuckte sie mit den Schultern: „Vielleicht weil ich das ernst gemeint hab?“ „Wie, du hast es ernst gemeint? Ich dachte du veralberst mich?" Seine Irritiertheit wurde wieder größer. Wieder kicherte Lilly leise: „Du kannst doch auch das Veralbern ernst meinen!“ Immer noch irritiert sah er sie an, packte dann wieder scheinbar gedankenverloren die Koffer. Nach einer Weile stand Lilly auf, ging zu ihm herüber und legte ihm beide Arme um den Körper. Langsam begann sie sich mit ihm von rechts nach links zu schaukeln. „Ach komm schon.“ Sagte sie, drückte sich näher an ihn: „Was hast du denn, nur deswegen…“ „Es irritiert mich nur, wie kann man veralbern ernst meinen?“ „Ach Luke, so war das doch nicht gemeint.“ „Nicht? So langsam bin ich mir nicht mehr so sicher!“ Jetzt knuffte sie ihn beidseits in die Flanken, kicherte als er zusammenzuckte: „Bist du zickig?“ „Nein bin ich nicht!“ Er drehte sich in ihrer Umarmung, legte ihr seinerseits die Arme um ihren Körper, schaukelte mit ihr zusammen: „Trotzdem irritiert es mich, das du so was tust und kannst, ja das ist ungewöhnlich.“ Lilly lachte laut auf: „Endlich mal etwas, was du an mir ungewöhnlich findest!“ „Der ganze Mensch der vor mir steht ist ungewöhnlich!“ „So? Inwiefern?“ Langsam zog er Lilly näher an sich: „Naja, an dir ist so ziemlich alles ungewöhnlich. Angefangen von dem das du weißt was ich bin und …. zumindest nicht mehr…. schreiend davonläufst. Bis dahin, das du…nun ja, mir zumindest anscheinend genug vertraust, dich in die Höhle des Löwen zu wagen und das du mir glaubst, dass ich dich beschütze. Du bist ungewöhnlich, du bist….“ Luke drehte sich mit ihr zusammen herum, drückte sie nah an sich und küsste sie sanft auf die Stirn: „…du bist ein Schatz.“ „Inwiefern?“ „Du bist mir das Wertvollste auf der Welt, du bist mein Schatz, ungewöhnlich und wertvoll. Und den werde ich gegen alles und jeden verteidigen.“ „Gegen alles und jeden?“ „Gegen alles und jeden, mit allen Mitteln!“ „Sag so was nicht!“ „Warum?“ fragte er leise. „Wenn du so etwas sagst, krieg ich ein schlechtes Gewissen.“ „Wieso?“ „Weil das so klingt, als ob du….“ „Als ob ich was?“ Lillys Stimme wurde ein flüstern: „Als ob du töten würdest, oder schlimmer noch, dich töten lassen würdest!“ Jetzt drückte Luke Lilly sanft auf das Bett, legte sich über sie, stütze sich mit den Armen über ihrem Kopf auf der Matratze ab und sah sie an: „Natürlich würde ich das!“ Sanft schlug sie ihm mit beiden Händen auf die Brust: „Sag so was nicht, ich mag nicht, wenn du so etwas sagst.“ „Wieso denn?“ „Weil ich nicht will, das du so etwas auch nur denkst!“ Jetzt lachte Luke auf, küsste sie zärtlich auf die Lippen und flüsterte, nachdem sich ihre Lippen getrennte hatte: „Man könnte meinen dir liegt etwas an mir. Als ob du dir Sorgen um mich machst!“ Jetzt legte Lilly beide Arme um seinen Hals: „Natürlich mach ich mir Sorgen um dich!“ Leise kicherte Luke, küsste sie wieder zärtlich, machte sie mit sanfter Gewalt von ihr los: „Ich sollte weiterpacken, sonst wird es zu knapp!“ „Knapp?“ „Ja… ich fahr nur ungern bei Sonne!“ Lilly lachte auf: „Also gut….soll ich dir helfen?“ Er drehte sich zu ihr herum, griente: „Nein danke. Ich weiß wo alles war und wie alles hineinpasst!“ Geschlagen hob Lilly die Hände: „Alles klar, schon kapiert. Du willst dir nicht bei allem von mir über die Schultern schauen lassen!“ Plötzlich traf sie etwas mitten im Gesicht, Luke hatte sie mit irgendeinem Teil der Kleidung abgeworfen: „Wenn du dich daran halten würdest, hättest du bestimmte Dinge nicht gesehen und es gibt schlimmeres wie mir beim Packen zuzuschauen.“ Sagte er kichernd. Lilly war zwar immer noch irritiert, lachte jetzt aber auch. Sie warf ihm das was er zuvor auf sie geworfen hatte mit aller Kraft zurück. Und obwohl er mit dem Rücken zu ihr stand, griff er mit der Hand nach Hinten und fing das Kleidungstück ab, bevor es ihn auch nur berührte. Leise pfiff Lilly durch die Zähne: „Gute Reaktion für nen Toten!“ Schlug sich wieder die Hand vor den Mund. Luke drehte sich langsam zu ihr herum, sah sie an und lachte laut auf: „Danke!“ sagte er fröhlich: „Aber die ist auch erst so gut seitdem ich es bin!“ „Seitdem du was bist?“ fragte sie zögerlich, immer noch mit der Hand vor dem Mund. Luke hatte sich bereits wieder herumgedreht und packte weiter: „Tot!“ „Tschuldigung.“ Murmelte Lilly. Wieder kicherte Luke: „Vergiss es.“ sagte er vergnügt, ging einen Schritt vom Koffer zurück und machte ihn zu. Dann drehte er sich einmal um seine eigene Achse und sah sie an: „Haben wir alles?“ Lilly drehte sich ebenfalls im Bett sitzend einmal um die eigene Achse, packte ihr Handy in ihre Handtasche und sah ihn an: „Sieht so aus!“ „Gut dann könnten wir los. Ich schaff den Koffer ins Auto!“ „Ist es schon dunkel?“ Sie sah wie Luke den Koffer mit einer Hand anhob und ihn Richtung Tür trug: „Ja, bin mir ziemlich sicher.“ Sagte er vergnügt. Als Luke gerade die Tür öffnete, sprang Lilly vom Bett und lief hinter ihm her. Selbst mit dem zusätzlichen Gewicht des Koffers war Luke schneller wie sie, obwohl er in menschlicher Geschwindigkeit ging. Der BMW stand mitten im Vorhof der Burg, die Sonne war bereits soweit am Untergehen, dass der gesamte Vorhof in Schatten gehüllt war. Zu Lillys Verwunderung hatte Luke den großen Koffer bereits im BMW verstaut. Wie er das fertiggebracht hatte, wusste sie nicht. Luke sah in den dunkler werdenden Himmel: „Noch ungefähr eine halbe Stunde, dann können wir los!“ Lilly schaute in den Himmel, versuchte einen Anhaltspunkt für seine Behauptung zu finden. Aber es war für sie immer noch schleierhaft woher er das wusste, sie konnte die Sonne hinter den hohen Mauern nicht mal mehr sehen, geschweige denn abzuschätzen wie lange es dauert bis die Sonne ganz untergegangen war. Luke musste ihren Gesichtsausdruck richtig gedeutet haben, denn er sagte: „Noch etwas, was ich erst seitdem kann!“ „Oh!“ war alles was Lilly sagte. Es dauerte nicht ganz eine halbe Stunde bis es stockdunkel war, Lilly konnte den BMW nur noch erkennen, weil sich die Kerzen des Kerzenleuchters im Lack spiegelten. Bevor sie einstiegen, tauchte der Älteste hinter ihnen auf: „Ihr wollt ebenfalls schon aufbrechen?“ Luke drehte sich zu ihm herum: „Ja, wir müssen. Meine Gefährtin muss ab morgen wieder arbeiten und daher..!“ „Ich verstehe!“ sagte der Älteste, verneigte sich kurz vor Luke: „Lord Cunningham…“ dann vor Lilly: „Mylady!“ Luke sowie Lilly erwiderten seine Geste und Luke lies Lilly einsteigen. Langsam fuhren sie los, Lilly war gar nicht aufgefallen das vor ihnen ein riesiges Metalltor das durch riesige Metallräder nach oben gezogen wurde. Luke fuhr eine schmale Straße entlang, Lilly konnte nur Umrisshaft erkennen, das es überall nur flache Ebene gab. Nach einer Weile bog Luke auf eine breitere Straße ab und kaum waren sie ein Stück gefahren, sah Lilly wie ein paar Scheinwerfer hinter ihnen auftauchten und schnell näher kamen. Es dauerte nicht lange bis auf gleicher Höhe ein roter Sportwagen auftauchte. Luke sah hinüber und griente, als der Sportwagen immer wieder kurz Gas gab und den BMW ein paar Meter überholte, sich dann wieder auf Höhe des BMWs zurückfielen lies. „Angeber!“ lachte Luke. „Wer ist das?“ „Jonathan und Evi.“ Lilly sah an Luke vorbei und sah wie ihr jemand im Innenraum des anderen Wagens zuwinkte, zögerlich winkte sie zurück. Und abermals wiederholte der Sportwagen das Spiel von vorhin. Diesmal gab Luke aber ebenfalls kurz Gas und lies den BMW ein paar Meter weiter nach vorne hopsen. Lilly kicherte, schielte ihn dann an: „Du machst jetzt aber nicht das was ich befürchte das du es tun willst, oder?“ „Was denkst du denn was ich vorhabe?“ „Dich auf dieses kindische und gefährliche Wettrennspielchen einlassen!“ Luke schielte sie an, nahm eine Hand vom Lenkrad und richtete einen Finger auf sich: „Ich? Wie kommst du denn darauf?“ Lilly zog die Augenbrauen hoch: „Ach…ich weiß nicht ..vielleicht, weil du schon anfängst…“ Jetzt lachte Luke, sagte etwas lauter wie zuvor: „Ich darf nicht!“ Bevor Lilly etwas sagen konnte, hupte der Sportwagen kurz, gab wieder kurz Gas und lies sich dann wieder zurückfallen. Luke sah Lilly wieder an, blinzelte sich kurz an: „Bitte…“ jammerte er. Lilly stieß resigniert die Luft aus: „Also gut! Mach halt!“ Als Antwort kicherte Luke wie ein kleines Kind, gab kurz Gas und plötzlich hupte der Sportwagen dreimal kurz hintereinander und beschleunigte. Zu Lillys Überraschung beschleunigte Luke kurzdarauf so, dass sie in den Sitz gedrückt wurde. Sie glaubte zwar nicht daran, dass der BMW den Sportwagen einholen könnte, aber Luke schloss schnell auf. Lilly wollte gar nicht wissen, wie schnell er fuhr, aber er schien keinerlei Bedenken zu haben. Nach einer ganzen Weile, als Luke bereits eine ganze Zeit parallel zu dem Sportwagen fuhr, bogen beide Wagen entgegengesetzt zueinander ab und Lilly merkte wie Luke den Fuß vom Gas nahm, der Wagen wurde langsamer. Und mit gemäßigteren Tempo fuhren sie zu ihm nach Hause.
Tag der Veröffentlichung: 22.12.2011
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