Cover


Kapitel 5
Die Gefühle spielen verrückt!

Die Sonne schien ihr mitten ins Gesicht, als Lilly auf der Couch wieder wach wurde. Auf einmal hörte sie einen hellen Glockenklang. Sicher, dass sie davon geweckt wurde, stand sie auf und ging zurück ins Foyer. Sie sah sich in dem Raum und schließlich auch in der abgedunkelten Vorhalle um. Erst nach ein paar Sekunden, wusste Lilly wieder wo sie war, sie sah sich nach Luke um. Wurde aber wieder von diesem hellen Glockenspiel in ihren Gedanken unterbrochen. Langsam ging sie Richtung Eingangstür, als plötzlich Luke unvermittelt neben ihr stand. Er griff nach etwas, was in die Wand eingelassen war, betätigte einen kleinen Knopf und Lilly sah, wie ein kleiner Bildschirm mit einer Schalttafel, in der Wand direkt neben der Eingangstür erschien. Luke stellte sich hinter Lilly und sagte: „Fernsprechanlage! Das werde die Lieferanten sein, aber wenn sie wissen, dass ich hier bin, werden sie sich bestimmt wundern, warum ich nicht mithelfe oder auch nur in der Nähe bin!“
Lilly nickte, drückte dann auf die Taste, auf die Luke gezeigt hatte und merkte wie Luke sich neben sie stellte, damit er nicht in dem Bildschirm zu sehen war.
„Ja, hallo?“ fragte Lilly.
Sie sah einen älteren Herrn, dessen Gesicht den gesamten Bildschirm ausfüllte, als er direkt hineinsah: „Wie bringen ihnen ihre gekauften Sachen!“
„Ok!“ Lilly sah wie Luke an ihr vorbei griff und einen anderen Knopf drückte, sie hörte wie das alte Eisentor aufschwang: „Fahren sie einfach den Weg entlang!“
Der Mann nickte und Lilly hörte wie er anfuhr.
„Geht das alleine zu?“ fragte sie an Luke gewandt.
„Was? Das Eisentor, ja und das…“ er zeigte auf die Schalttafel: „..geht dadurch zu!“ Wieder drückte er einen anderen Knopf und die Holzvertäfelung schob sich wieder vor die Schalttafel.
„Ich geh nach oben. Zieh hier alle Vorhänge auf. Die zwei neben der Tür und die zwei an dem Treppenplateau. Damit müsste genug Licht hineinkommen!“
Damit drehte er sich herum und lief die Treppe nach oben, verschwand förmlich vor ihren Augen.
Sie tat was er gesagt hatte, ging zuerst zur Tür und zog die ersten Beiden, neben der Eingangstür auf, danach lief sie quer durch den Vorraum und ging die Treppen nach oben. Zog zuerst den rechten, dann den linken Vorhang auf. Als sie sich wieder herumdrehte, sah sie in das Foyer. Die Sonne schien scheinbar von allen Seiten in das Haus, brach sich in dem riesigen Lüster und warf überall in den Raum kleine Regenbögen. Fasziniert sah sie sich im Foyer um, überall glitzerte und schimmerte es.

Ihre Gedanken wurden abermals von dem Glockenspiel unterbrochen, sie sah nach vorne, sah auf die große Eingangstür.
Sie lief die große Treppen herunter, zog die schwere Tür auf und sah zwei Männer davor stehen. Der eine, den, den sie schon in dem Bildschirm gesehen hatte, war älter, etwas zu klein für sein Gewicht. Der andere hingegen war keine Zwanzig, groß aber schlaksig. Beide sahen sie an.
„Guten Morgen!“ sagte Lilly.
„Wohin kommt das alles?“ fragte der Ältere hörbar gelangweilt.
Lilly überlegte, wohin sie alles stellen sollten.
„Gleich da vorne links in den Raum, ich zeig es ihnen!“
Lilly drehte sich herum und ging voraus, in den Raum der Luke als Wohn-, Esszimmer und Küche diente, obwohl er es nicht wirklich benötigte. Aber es war im Moment die einzige Möglichkeit, die Lilly erkannte. Sie hörte wie einer der beiden Männer hinter ihr tief Luft holte, als sie nach ihr das Foyer betreten hatte.
Sie folgten ihr in den großen Raum und wieder zog einer scharf die Luft ein, als sie hinter ihr diesen Raum betreten hatten.
Lilly lief voraus, zog die restlichen drei Vorhänge auf und sah sich um: „Ich denke den Fernseher da an die Wand…“ Sie zeigte an die Wand die gegenüber der Tür war.
„Aber?“ sagte der Ältere: „Ich glaube die Anschlüsse sind hier, neben der Tür, da wo die eine Couch steht!“
„Mmh!“ machte Lilly, fuhr sich über das Gesicht.
„Hah!“ sagte der Jüngere: „Dann stell ma halt die Couch darüber!“ Jetzt zeigte er auf die Wand die der Tür gegenüber war.
„Ja, klar warum nicht!“ sagte der Ältere: „Das müssen wir aber dann zuerst machen!“
„Also gut, mach ma schnell!“
Beide gingen zur Couch, stellten sich jeweils rechts und links an die Armlehnen, gingen in die Knie und packten beide an die Unterseite der Couch, wollten beide aufstehen und schafften es nicht. Beiden entfuhr fast gleichzeitig ein: „Uff!“ als sie versuchten die Couch anzuheben.
„Gott ist die schwer, ist die aus Blei?“ fragte der Ältere.
„Ähm, ich glaube schieben wäre besser!“ sagte Lilly.
Die beiden Männer sahen sie an, dann sich gegenseitig und nickten sich zu. Also stemmten sie sich gegen die Couch und schafften es die Couch mit ganzem Körpereinsatz Zentimeterweise von der einen Wand zur anderen zu schieben.
Nach einer ganzen Weile hatten sie es endlich geschafft, schließlich sahen sie Lilly an und gingen wieder nach draußen. Lilly folgte ihnen, sah wie sie zu dem Lkw gingen und begannen die Laderampe herunter zulassen. Sie verschwanden im Lkw und Lilly hörte wie sie wieder aufstöhnten, als sie etwas anhoben. Lilly sah wie sie zu zweit einen riesigen Karton herausschleiften, ihn mit der, am Lkw, integrierten Ladewagen, herunterließen und schließlich begannen den Karton Richtung Eingang zu schieben.
Lilly ahnte, dass sich darin der Fernseher befand und der war sichtlich schwer. Die zwei Männer schleiften, schwitzten und keuchten, als sie den Karton in das Wohnzimmer trugen. Sie stellten den Karton an die Wand gleich links neben der Tür, begannen ihn auszupacken. Als sie fertig waren, nahm der Jüngere den Karton mit nach draußen: „Ich bring das Kino und den Player mit rein!“ rief er dem Älteren zu, während er aus der Tür ging.
Lilly sah sich den Fernseher genauer an, sah die ganzen Anschlüsse an der Rückseite und der Ältere musste ihr angesehen haben, was sie dachte: „Ich kann ihnen alles gleich anschließen und einstellen, wenn sie möchten!“
„Oh ja das wäre sehr nett von ihnen, ich habe davon keine Ahnung!“
„Also gut, dann soll mein Kollege den Rest reinbringen und ich schließ ihnen alles an!“
„Danke schön!“ sagte Lilly, ging zur Küchenzeile und fand Lukes Geldbeutel darauf liegen, sie nahm ihn, sah hinein und fand zwei Zwanziger. Diese nahm sie heraus, steckte sie sich ein und ging zurück zu dem Älteren. Der Jüngere schleppte gerade etwas hinein, stellte es neben seinen Kollegen auf den Boden und begann es auszupacken. Lilly erkannte nur viele Kabel und kleine schwarze Kästchen, welche die zwei Männer gekonnt anschlossen und verkabelten. Sie sahen Lilly an: „Sollen wir den ganzen Raum ausfüllen oder reicht der Wohnzimmerbereich?“ fragte der Jüngere.
„Ich glaube der Wohnzimmerbereich langt, ich hab ja noch den Turm!“
Der Jüngere griente sie an, begann damit die kleineren Lautsprecher im Raum zu verteilen.
Nachdem das geschafft war, gingen sie abermals zu zweit raus und trugen wieder etwas herein, Lilly sah, nachdem sie es ausgepackt hatten, das es der Turm war.
„Wohin soll der?“ fragte sie der Ältere.
„Mmh!“ Lilly drehte sich herum, sah sich nochmals um und sagte schließlich: „Da zwischen die Fenster, genau gerade aus!“
Beide nickten ihr zu, trugen ihn an die gewünschte Stelle, dann drehte sich der Ältere zu dem Jüngeren und sagte zu ihm: „Ich schließ das an, du holst die Mikro!“
Der Jüngere nickte, verschwand wieder aus der Tür und Lilly ging ihm kurz nach, sah oben an dem Geländer des Obergeschoßes Luke im Schatten stehen. Ihm schien es nicht zu gefallen, das Fremde hier drin waren, dessen war sie sich sicher.
Hatte er ihr deswegen gesagt, sie solle alle Vorhänge aufziehen?
Sie hörte wie der Ältere im Zimmer herumhantierte, sie ging wieder zurück und sah wie er die vier großen Lautsprecher, die wirklich über Funk zu funktionieren schienen, im Raum verteilte.
Jetzt kam der Jüngere zurück, die Mikrowelle in den Armen: „Wohin?“
Lilly grinste: „Küche?“
Der Ältere fing an zu lachen: „Blöde Frage!“
Lilly sah wie der Jüngere die Mikrowelle zur Küchenzeile trug: „Oh, hier gibt es ja ne Aussparung für ne Mikro!“
„So erstaunt? So alt ist die Küche nicht!“
„Oh so hab ich das nicht gemein!“ sagte er entschuldigend.
Lilly kicherte: „Schon klar!“
Der Jüngere baute die Mikrowelle ein, drehte sich dann zu seinem Kollegen: „Fertig?“
„Scho lang, Jungspund! Geh ma?“
„Ja!“
Der Jüngere wollte gerade an Lilly vorbeilaufen, als ihn der Ältere aufhielt: „Hey, nimmste mal den Müll mit!“
„Oh!“ Sagte der Jüngere, drehte sich wieder herum und half dem Älteren die Verpackungen zusammen zu räumen.
Nachdem sie alles aufgeräumt hatten, nahmen sie alles mit hinaus, warfen alles auf den Lkw. Bevor sie einstiegen, hielt Lilly sie auf: „Warten sie kurz! Sie sollten glaub ich bloß anliefern, von Aufbauen und umräumen, war glaub ich, keine Rede gewesen. Hier hab ich was für euch!“
Sie zog die zwei Zwanziger aus der Hosentasche, gab jedem von ihnen einen Zwanziger.
„Dankschön!“ sagte beide fast zeitgleich.
Lilly lächelte sie an, sah zu wie sie einstiegen und losfuhren. Langsam ging Lilly zurück ins Haus, begann, nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, die Vorhänge zuzumachen.
Erst die neben der Tür, danach lief sie die Treppe nach oben, zog auch dort beide zu. Jetzt erst kam Luke langsam die Treppe hinter ihr nach unten, blieb aber im Foyer stehen. Lilly ging in das Wohnzimmer und zog auch dort alle Vorhänge zu, sodass es fast dunkel war. Luke kam jetzt zu ihr, legte seine Arme um ihre Taille: „Henn se alles umgeräumt?“ fragte er zynisch.
„Nein! Nur die eine Couch und da hatten sie zu kämpfen!“ sagte Lilly amüsiert. Sie registrierte wie Luke die Luft einsog
Luke schüttelte langsam den Kopf, löste sich von ihr und ging zur Couch, die jetzt auf der anderen Seite des Zimmers stand.
„Sieht komisch aus!“
„Ungewohnt! Wie lange stand das schon so?“
Luke sah sie an: „Ne Weile!“
Wieder sah er die Couchen an: „Die müssen anders stehen!“
„Wie denn?“
Luke ging zur Couch, die immer noch mit dem Rücken an der linken Wand stand und die Rückenlehne zum Fenster hin ausgerichtet war.
Er schob sie etwas weiter nach rechts, näher zu der Außenwand, wo die zweite Couch jetzt stand. Diese schob er, ohne geringste Kraftanstrengung, weiter nach links, sodass sich die Couchen an den vorderen Ecken der Sitzflächen berührten. Jetzt sah es so aus, als ob die Couchen einen rechten Winkel bildeten, er schob beide ganz in die äußere Ecke des Raumes, allerdings waren die Seitenlehnen zu hoch, sodass man nicht über Eck liegen konnte. Irgendwann würde sie da eine große Eckcouch hinstellen, vielleicht, wenn er es zuließe. Aber soweit wollte sie dann doch noch nicht gehen. Später, entschied sie. Vorerst hatte sie genug geändert.
„Alles ok?“ fragte Luke.
„Warum?“
„Du schaust so merkwürdig!“
Lilly lächelte ihn an: „Ich hab dir einiges geändert, vielmehr gewollt!“
„Ich hab doch gesagt du bekommst was du willst! Egal was! Ich will das du dich hier wohlfühlst, egal was dazu geändert werden muss!“
Sie sah ihn an. „Wieso bist du so versessen darauf, dass ich mich hier wohl fühle?“ Sie ging an ihm vorbei, ließ sich auf die eine Couch fallen und sah ihn wieder an.
Er griente sie nur an, zuckte mit den Schultern: „Musst du das wirklich fragen?“
Ein Grienen huschte Lilly über das Gesicht, eigentlich konnte sie es sich denken, aber irgendwie war ihr danach ihn noch etwas zu ärgern: „Weißt, ich hab ne Wohnung in der ich mich wohl fühle, ich brauch doch keine zwei Orte, oder?“
Luke schielte sie von der Seite her an: „Wieso denkst du ich lass dich in…“ Langsam setzte er sich neben sie: „Wieso hab ich das Gefühl du willst mich noch mehr ärgern?“
Lilly zeigte mit dem Finger auf sich: „Ich?“ fragte sie unschuldig: „Wann hab ich dich denn geärgert?“
„Du nicht! Kannst du mir einen Gefallen tun?“
„Mmh, was?“
„Greif hinter die Vorhänge und mach die Fenster auf!“
„Warum?“
„Die zwei Kerle haben einen schon widerlichen Geruch hinterlassen!“ sagte er und rümpfte die Nase.
Lilly schnuppert in die Luft: „Also ich riech nix!“ sagte sie mit einem Anflug von Sarkasmus in der Stimme.
Ohne ein weiteres Wort griff Luke zu ihr herüber, hielt ihr mit Daumen und Zeigefinger die Nase zu: „Die da…“ sagte er während er vorsichtig an ihrer Nase zog: „ist nicht annähernd so gut wie meine! Und es stinkt hier nach, …bäh.. allem möglichem. Kalter Rauch, Schweiß und außerdem nach fremden Menschen!“
Lilly kicherte, wobei es sehr komisch klang, da Luke ihr ja immer noch die Nase zuhob: „Leicht Hypochondrisch veranlagt?“
Jetzt ließ er sie los, rempelte sie mit seinem ganzen Körper sanft an: „Nein bin ich nicht, zumal ich ja gar nicht krank werden kann…..Lilly bitte mach die Fenster auf!“
Er klang wirklich angewidert.
„Du magst keine Fremden in deinem Haus, oder?“ fragte sie, während sie aufstand und ein Fenster nach dem anderen öffnete. Dabei war sie sehr vorsichtig, sie wollte ja nicht das die Vorhänge aufgingen.
„Die meisten davon sind mir einfach zu neugierig, überall lochen sie herum, nehmen Dinge mit, die ihnen nicht gehören, hinterlassen Chaos. Nein, ich mag keine Fremden in meinem Haus, wenn ich hier bin nicht und wenn ich nicht hier bin, schon gar nicht!“
Lilly griente ihn an. „Heißt das ich flieg hier raus, wenn du abends weggehst?“
Luke stand so plötzlich hinter ihr, das sie zusammenzuckte, legte seine Arme um ihren Oberkörper: „Du bist nicht fremd, außerdem hab ich dich mit hierher genommen und dein Geruch, kann von mir aus, das ganze Haus fluten!“
Lilly kicherte, ließ sich von ihm langsam nach hinten, zurück zur Couch ziehen. Als sie an der Couch ankamen, ließ Luke sich samt ihr einfach darauf fallen, die alte Couch knarrte unter ihrem Gewicht.
„Hey, wenn die kaputt geht!“ Sagte Lilly immer noch kichernd.
„So schnell geht die nicht kaputt, da muss man schon einiges drauf treiben!“
Lilly überstreckte den Hals, schielte ihn an. „War das jetzt ein Angebot?“
„Nein!“ sagte er schnell. „Nur ne Tatsache!“
„Ach so!“ sagte Lilly und Luke glaubte eine Art Betrübtheit in ihrer Stimme zu hören.
„Hör doch! Es wäre zu gefährlich für dich. Ich will dir nichts tun, dir nicht schaden und ich weiß einfach nicht was passieren würde!“
Doch, du weißt sehr wohl was wahrscheinlich passieren würde, sagte er zu sich selbst. Wieder flackerten Bilder seiner Vision vor seinem inneren Auge auf. Das durfte es nicht geschehen lassen. Egal wie sehr sie es wollte, es wäre zu gefährlich für sie. Gefährlicher wie sie es sich bewusst war.
Lilly saß immer noch auf seinem Schoß, lehnte ihren Rücken an seine Brust und Luke merkte und hörte wie sie fast schon enttäuscht die Luft ausstieß.

Schließlich merkte er wie Lilly versuchte aufzustehen, da er aber immer noch beide Arme fest um ihren Oberkörper gelegt hatte, blieb es bei dem Versuch.
„Was ist?“ fragte er vorsichtig.
„Ich muss mal wohin!“
„Wohin?“
Lilly drehte den Kopf herum, sah ihn an, verdrehte die Augen: „Auf die Toilette!“
„Ach so!“
„Ach so?“ machte sie ihn nach: „Hast du so was? Oder muss ich irgendwo… weiter weg?“ fragte sie ihn amüsiert.
„Mmh, lass mal überlegen, hab ich so was?“
Lilly sah ihn mit großen Augen an, Luke konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: „Ja ich glaub so was hab ich, aber….!“
„Aber was?“ entfuhr es ihr.
„Nur im Obergeschoß!“
Jetzt fing Lilly an zu kichern: „Hey, verarscht wird hier nicht!“
„So, merks dir!“
„Und wo im Obergeschoß?“
„Komm!“ sagte er stellte sie vor sich auf die Füße, legte einen Arm um ihren Rücken und griff mit dem anderen unter ihre Oberschenkel.
„Hey!“
„Psst!“
„Aber ich kann selber laufen!“
„Mmh, nö!“
Lilly streckte ihm die Zunge raus, während er sie hochhob.
„Und jetzt?“ fragte sie.
„Augen zu!“
„Warum?“
„Ach mach doch einfach.“
Kaum hatte sie die Augen zu, merkte sie einen Luftzug, der über ihren ganzen Körper lief. Noch bevor sie richtig realisierte, woher der Luftzug kam, wurde sie auf die Füße gestellt.
Langsam öffnete sie ihre Augen und stand in einem zartblau gefliesten Raum. Er war fast so groß wie ihre Wohnung. Links, neben der Tür, vor welcher sie stand, waren zwei große, runde Waschbecken, mit vergoldeten Hähnen. Sie sahen nicht so aus, als ob sie dafür gedacht waren, eingefliest zu werden. Mitten im Raum stand eine große, weiße, ovale Badewanne, ebenfalls mit vergoldeten Armaturen, sowie vergoldeten, verzierten Füßen. Die Wanne war groß genug, das zwei Erwachsene gut Platz darin hatten. Da würde ne kleine Familie reinpassen, dachte sie.
Ganz an der linken Wand, war ein Fenster, ebenfalls mit einem schweren dunkelblauen Vorhang abgedunkelt. Aber Luke hatte bereits, bevor sie die Augen geöffnet hatte, zwei kleiner Wandleuchter, die dem großen Deckenlüster sehr ähnlich waren, angeschaltet.
Auf der, von ihr aus, rechten Seite, sah sie zwei abgetrennte kleine Bereiche.
Sie ging näher zu dem einen. Dieser war nahe des Fensters, sie sah das die kleine brusthohe Mauer die Toilette vom Rest des Bades abtrennte. Der andere Bereich, war nahezu auf der anderen Seite des Raumes, war höher eingefasst. Die geflieste Wand reichte fast bis zur Decke, also mindestens drei Meter hoch. Die Vorderseite war mit einer großen geteilten Glastür abgetrennt. Sie konnte sich fast denken, wozu er diente, sah, als sie näher darauf zuging, einen großen Duschkopf von der Decke hängen.
„War die einfachste Variante, als wieder mal umgebaut wurde!“ sagte Luke hinter ihr.
Unwillkürlich zuckte sie zusammen, sie hatte vergessen, das er hinter ihr stand. Normalerweise merkte sie, wenn jemand hinter ihr stand, aber bei Luke schien das nicht zu funktionieren. Lilly drehte sich herum, sah ihn auffordernd an: „Willst du da stehen bleiben oder darf ich hier alleine sein?“
Luke hob abwehrend die Hände: „Schon kapiert, bin draußen!“
Er öffnete die dunkle, hohe Holztür, schlüpfte hinaus und schloss sie hinter sich.
Lilly sah sich nochmals um, sie konnte immer noch nicht richtig fassen, wie es hier aussah.
Wie in einem Museum, sagte sie zu sich. Bitte nicht berühren!, dachte sie und musste grinsen.

Als sie fertig war und auf die Tür zuging, wurde diese wieder von Luke geöffnet.
„Sogar fließend Wasser und ne richtige Spülung!“ sagte sie neckend zu ihm. Luke griente, schüttelte langsam den Kopf: „Wenn man dich hört, könnte man meinen wunder wie ich hause! Etwas Zivilisation braucht man!“
Lilly kicherte, wollte bereits aus der Badezimmertür schlüpfen, als Luke sie abermals festhielt, sie wieder auf die Arme hob.
„Warum darf ich nicht laufen?“
„Du bist viel langsamer wie ich, außerdem kannst du dich auf so kurzen Wegen daran gewöhnen!“
„Wieso daran gewöhnen?“
„Ich bin zu Fuß schneller, denkst du ich fahr dich ins Krankenhaus, wenn wir so schneller sind!“
„So du willst mich also schneller loshaben!“
„Nein! Dich länger hier behalten!“
Wieder kicherte Lilly leise: „Und warum soll ich die Augen zumachen? Was darf ich nicht sehen?“
„Du kannst von mir aus alles sehen, aber dein Gehirn könnte die Geschwindigkeit nicht ausgleichen, dir würde schlecht werden! So schnell schafft es dein Gehirn nicht die Bilder zu verarbeiten, dir würde mit Sicherheit schwindelig werden!“
„Ach so! Ich dachte du willst nicht das ich sehe, wo das Bad ist, oder was auf dem Weg dahin ist!“
„Das würdest du, selbst wenn du die Augen offen hättest, nicht erkennen können!“
„Also gut!“ sagte sie resigniert, lehnte ihren Kopf an seine Schulter, schloss die Augen. Wieder fühlte sie den Luftzug und wieder wurde sie auf die Füße gestellt, bevor sie richtig wusste, was geschehen war. Als sie die Augen wieder öffnete stand sie bereits im Wohnzimmer.
„Ich glaube ich muss die Augen gar nicht zulassen, ich hab das Gefühl es würde reichen, wenn ich blinzle!“ sagte sie zu Luke, der in der Küche stand und irgendetwas aus den Schränken kramte.
„Auf der kurzen Strecke wahrscheinlich schon, aber bei längeren nicht!“ sagte er immer noch mit dem Rücken zu ihr.
Langsam ging Lilly zu ihm herüber: „Was machst du da?“
„Frühstück!“
Sie stand jetzt neben ihm, sah wie er Brötchen in den Backofen legte, Marmelade, Wurst, Käse und sonstige Sachen auf ein Tablett stellte.
„Willst du am Tisch essen oder auf der Couch?“
Lilly griente, lehnte sich an seinen Rücken, legte ihren Kopf auf seine Schulter und umschloss mit ihren Armen seinen Oberkörper: „Woher willst du wissen, das ich Hunger habe?“
„Du bist ein Mensch du musst essen!“
„Du nicht?“
„Schon, aber was anderes!“
„Das weiß ich, so war das auch nicht gemeint!“
„Wie dann?“
„Weil es so klingt, als ob nur ich das machen müsste! Und du nicht, zwar was anderes, aber du musst auch!“
„Ja, stimmt schon!“
„Wie oft eigentlich? Ich meine normaler weise!“
„Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, bin ich verletzt worden, war ich nicht schnell genug aus der Sonne, bin ich viel unterwegs gewesen. Es ist eigentlich so wie bei euch, wenn man viel macht, braucht man mehr Energie, macht man nichts, weniger! Aber eine bestimmten Zeitfaktor gibt es eigentlich nicht, es kommt auch darauf an, ob ein Angebot da ist, wenn nicht, kann ich auch mal ein Monat nichts brauchen, allerdings, dann wird es …sagen wir schwierig!“
„Inwiefern?“
„Kontrolltechnisch!“
„Also umso länger du nichts bekommst umso schwieriger ist es Kontrolle zu halten!“
„Ja!“
„Wie gravierend kann das werden?“
„Heutzutage passiert das nicht mehr!“
„Warum?“
„Weil immer Angebot da ist! Früher konnte es passieren, das derjenige es nicht überlebt hat, aber da musste ich schon sehr lange nichts mehr bekommen haben! Meine Kontrolle ist eigentlich gut!“
„Eigentlich?“
„Ja! Bei dir ist es etwas schwieriger!“
Lilly holte tief Luft: „Ja, ich weiß!“
Luke drehte sich herum, legte seine Arme auch um sie, drückte sie an sich. „Aber keine Sorge, ich weiß wie weit ich gehen kann und das ich bestimmte Dinge einfach zu deinem Schutz nicht tun darf. Zum Beispiel mit Hunger zu dir gehen oder vielmehr in deine Nähe kommen, aber das verursacht mir genug Qual, das ich schnell Abstand zu dir wahre!“
„Toll!“ sagte sie sarkastisch: „Meine Nähe verursacht dir Qualen!“
„Nur wenn ich Fehler mache und dir zu nahe komme, obwohl ich es weiß. Es ist ein Schutz für dich, mein Körper hat seitdem ich dich gefunden habe und weiß das du ein Mensch bist einige dieser Schutzfunktionen für dich aufgebaut! Welche brauchst du gar nicht fragen, ich weiß selbst bestimmt noch nicht alle!“
„Mmh!“ machte Lilly, rieb ihr Gesicht an seinem Brustkorb.
„Komm schon hör auf, dir meinen Kopf zu zerbrechen!“
Lilly brachte ein Lächeln zustande. Luke drückte sie langsam zurück zu den Couchen, ließ sich abermals mit ihr auf eine sinken.
„Mach ich doch gar nicht!“ sagte sie: „aber…“
„Aber was?“
„Woher weißt du was gefährlich für mich ist, woher weißt du wieweit deine Kontrolle reicht?“
„Ich weiß es einfach. Ich weiß das ich dir einfach manchmal nicht so nahe kommen darf wie ich oder du es gerne hätten!“
„Wie kannst du dir so sicher sein, dass es … das es richtig so ist, was, wenn deine Vorsicht nicht begründet ist, wenn es stimmt was du sagst, ich das bin, was du denkst, dann…dann bin ich doch für dich …ja was… bestimmt?“
„Ja, nenn es Bestimmtheit, oder wie auch immer, aber ich weiß das du zu mir gehörst!“
„Also, warum …wieso kann es dann sein, das du eine Gefahr für mich bist, das ergibt keinen Sinn! Wenn wir füreinander …oder zueinander gehören, wieso dann das?“
Sie merkte wie Luke mit den Schultern zuckte: „Ich weiß es nicht, aber ich merke es, so wie ich gemerkt habe das du die Richtige bist, so merke ich das ich eine Gefahr für dich bin, nicht immer, aber in manchen Situationen. Und das merke ich und deswegen versuche ich solche Situationen zu verhindern!“
„Mmh!“ machte sie.
Lilly merkte wie er wieder sein Gesicht in ihre Haare drückte, sie merkte jeden seiner Atemzüge.
Auf einmal stand er auf, ging zur Küche und Lilly hörte wie er am Backofen hantierte. Luke kam mit dem Tablett zurück in ihre Richtung und als er halb bei ihr war, roch sie die frischen Brötchen. Unwillkürlich fing ihr Magen an zu knurren. Luke lächelte: „Siehste! Doch Hunger!“
„Ein bisschen!“ gestand sie.
Luke hielt das Tablett vor sie und Lilly sah wie sich vier Beine nach unten schoben. Jetzt stellte er das Tablett direkt vor der Couch auf den Boden. Das Tablett reichte bis über ihre Knie und hatte somit eine gute Höhe um es als Tisch zu benutzten. Luke setzte sich wieder neben sie, zog die Beine an und lehnte sich mit dem Rücken an die hohe Seitenlehne der Couch.
Lilly nahm zögerlich ein Brötchen, ließ es aber sofort wieder fallen: „Heiß!“ entfuhr es ihr.
„Ach du!“ sagte Luke, griff mit beiden Händen nach ihren, umfasste sie, führte sie sich zum Mund und blies vorsichtig in ihre Hände: „Wie kann man sich an nem Brötchen die Finger verbrennen. Wenn du bei so was schon in Gefahr kommst dir weh zu tun, bin ich mir gar nicht so sicher, ob das zwischen uns eine gute Idee ist!“
Lilly sah ihn erschrocken an, zog ihre Hände zurück.
Jetzt sah er sie fast schon wehmütig an: „Ach, was bild ich mir ein, als ob ich eine Möglichkeit hätte dir fernzubleiben!“
Lilly sah ihn traurig an: „Das klingt so als ob du das wolltest!“
„Was?“
„Mir fernbleiben!“
„Zu deinem Schutz wäre es das Beste, aber ich könnte, selbst wenn ich es wollte, nicht. Du bist wie eine Droge für mich, von der ich, nachdem ich sie ausprobiert habe, nicht mehr lassen kann, selbst wenn sie mich umbringen würde!“
„Droge?“
„Ja, je näher ich dir gekommen bin, umso schwieriger war es, dir wieder fern zu bleiben! Es war…ist als ob ich nicht von dir lassen kann, am liebsten würde ich dir…“ er rutschte näher zu ihr, drückte sein Gesicht an ihre Halsbeuge. Lilly merkte wie er sie wieder abschnüffelte: „…am liebsten würde ich dir unter die Haut kriechen oder dich mir unter die Haut ziehen um dich immer bei mir zu haben! Und das macht irgendwie Angst!“
Er hatte immer noch sein Gesicht an ihrem Hals, fuhr mit der Nase in ihr Genick, wieder nach vorne, über ihre Schulter, zu ihrem Arm. Schließlich hielt er ihre Hand mit seiner vor sein Gesicht. Lilly fühlte wie Luke intensiv die Luft aufsog.
„Dir?“ fragte sie ihn ungläubig.
„Ja!“ sagte er gedämpft durch ihre Hand: „Weil ich so etwas von mir nicht kenne. Nicht so intensiv, nicht so…..bedingungslos!“
Lilly entzog ihm, schon mit sanfter Gewalt, ihre Hand, sah ihn an und sah, als er ihr in die Augen sah, wie seine Augen einen grünlichen Schimmer hatten.
Ihr Herz schlug schneller, nicht vor Angst aber irgendwie war es merkwürdig, dieses Gefühl was ihr durch den Körper zog.
Bedingungslos, hatte er gesagt, gibt es so etwas bedingungslose Liebe?

Er hatte die Veränderung ihres Herzschlages gehört, sah sie irritiert an: „Was ist?“
Lilly sah ihn an: „Deine Augen….sie werden grünlich!“
Luke schloss kurz die Augen, holte kurz Luft, danach schien er nicht mehr zu atmen. Nach einer Weile öffnete er die Augen und sie waren wieder Blau.
„Besser?“ fragte er vorsichtig.
Sie nickte: „Du kannst das steuern!“ stellte sie fest.
„Ja, aber nur mit viel Mühe!“
„Heißt, mit viel Kontrolle deinerseits?“
Jetzt nickte er nur.
Vorsichtig griff sie mit beiden Händen zu ihm, legte sie ihm an die Wange und zog ihn etwas zu sich. Sanft drückte sie ihm ihre Lippen auf seine. Luke hielt einfach nur still, keine Reaktion kam von ihm. Lilly merkte nur wie er ruhig und tief atmete, sie hatte das Gefühl, das er die Luft, die sie ausatmete, einatmete. Langsam fuhr sie mit ihren Händen in sein Genick, verschränkte ihre Finger in seinem Nacken. Sie fühlte die Spitzen seiner Haare, die sie an den Händen kitzelten und begann schließlich wieder damit ihn sanft im Genick zu kraulen. Sie merkte wie er begann in kurzen Stößen auszuatmen, merkte dann wie das Schnurren, welche ihren Körper zu vibrieren brachte, einsetzte und das obwohl sie sich nur die Lippen aufeinander drückten. Außer dem Kraulen ihrer Finger bewegte sich nichts.
Dann zog Luke seinen Kopf zurück, soweit, das ihre Hände von seinem Genick auf seine Schultern rutschten.
Wieder sah sie wie seine Augen begannen grün zu werden.
„Tu das nicht!“ sagte er heiser.
„Warum?“ fragte sie leise.
„Nicht gut!“ flüsterte er.
„Lügner!“
Luke lächelte: „Schuldig!“
Lilly sah ihn an, wollte wieder ihre Hände in sein Genick fahren lassen, aber er bremste sie ab, hielt ihre Arme fest: „Für dich nicht gut!“ flüsterte er wieder.
Langsam rutschte sie näher zu ihm: „Woher willst du das wissen?“
Er zog ihre Hände ganz nach unten, sodass sie zwischen ihnen auf der Couch lagen. Luke verschränkte seine Finger mit ihren: „Glaub mir, es würde nicht gut enden für dich!“
Seine Augen wurden wieder blau, als er sie ansah.
„Du glaubst es, aber wissen tust du es nicht!“ Immer noch flüsterten sie.
„Ich bin mir ziemlich sicher, das ….!“
„Das was?“
„Wenn du wüsstest was du für mich bedeutest! Ich kann, …will kein Risiko eingehen dich zu verlieren. Ich habe schon so vieles, eigentlich alles verloren. Dich darf ich nicht auch noch verlieren und schon gar nicht durch meine Hand!“
„Wieso denkst du das?“
Luke schüttelte nur den Kopf.
„Du weißt es gar nicht, oder?“
„Ich weiß,“ sagte er betrübt: „das ich eine Gefahr für dich bin. Wenn ich meine Kontrolle verliere, verliere ich dich. Und damit mein ich nicht, dass du davonrennst, obwohl das nicht das Schlimmste wäre. Du…du bist ein Mensch, du hast, …hättest kein Chance gegen mich. Du könntest dich nicht wehren!“
„Aber wenn ich das bin, was du denkst, oder was du weißt, was ich bin, warum solltest du mir dann schaden?“ fragte sie verzweifelt.
„Wenn du einer von uns wärst, würde sich diese Frage gar nicht stellen. Dein Geruch würde mich mit Sicherheit auch anziehen, aber ich höre dein Herz schlagen, ich rieche dein Blut, ich ….ich weiß nicht,… ich weiß nicht ob das normal ist, oder nicht, ob… ob das anderen auch so geht!“
„Aber, von deinesgleichen riechst du das Blut nicht?“
„Nein! Ich rieche, wenn sie erst getrunken haben, aber dann rieche ich das Blut des Menschen. Darum können wir ja unterscheiden zwischen euch und uns. Wir riechen euer Blut an uns und unseren Geruch an euch!“
„Du… du würdest mich töten?“ Sie sah ihn an, aber Luke schaute nur auf ihre immer noch verflochtenen Finger. Er zuckte mit den Schultern: „Im schlimmsten Fall….ja!“
Lilly zog ihre Finger von seinen zurück, sah ihn immer noch an, schließlich nahm sie sein Gesicht wieder in ihre Hände, hob seinen Kopf hoch, damit er ihr ins Gesicht schauen musste.
„Was wäre der schlimmste Fall?“
„Dein Blut….außerhalb deines Körpers! Dabei könnte ich für nichts mehr garantieren!“
„Mmh!“ war alles was Lilly sagte, ließ sein Gesicht los und drehte sich etwas von ihm weg.
Bevor sie etwas sagen konnte, sagte Luke: „Komm ess was, sonst sind die Brötchen ganz kalt!“
Lilly griente: „Dann verbrenn ich mir wenigstens nicht die Finger!“
„Gib her, ich schneid sie auf!“
Luke griff nach dem Messer und nach einem Brötchen, schnitt es ihr auf und sie sah wie immer noch Dampf aus dem Brötchen aufstieg. Luke legte wieder alles auf das Tablett und stand auf.
„Wohin willst du?“ fragte sie leise.
„Du hast nichts zu trinken! Kaffee oder was anderes?“
„Kakao!“ sagte sie schnell, griente ihn an. „Bitte.“
Luke huschte ein Lächeln über die Lippen, er drehte sich herum, ging in die Küche und Lilly sah wie er eine Tasse, das Kakaopulver aus dem Schrank und die Milch aus dem Kühlschrank holte.
„Wie viel Pulver macht man da rein für ne Tasse?“
Ihr leises Kichern drang zu ihm herüber und wieder wurde ihm bewusst, wie wenig Mensch er doch war, nicht einmal so was zu wissen.
Er hörte wie sie näher kam, ihre Arme um ihn schlang und ihm über die Schulter sah: „Bei der Tasse, drei oder vier Teelöffel müssten reichen!“
„Müssten?“
„Je nach Kakao und Tassengröße variiert das, man kann ja immer noch Pulver nachträglich reinmachen, also mach drei!“
Luke tat was sie sagte, machte dann die Tasse voll mit Milch: „Warm oder Kalt?“
„Mmh?“
„Warm ist besser!“ entschied er: „So kalt aus dem Kühlschrank ist bestimmt nicht gut!“
Also stellte er die Tasse in die Mikrowelle und schaltete sie an, dann drehte er sich herum, sah sie an, legte seinerseits seine Arme um sie und drückte sie an sich heran.
Lilly legte ihren Kopf auf seine linke Brust und hörte nichts, kein Herzschlag, keine Atmung. Es war totenstill in seiner Brust und wieder beschlich sie ein merkwürdiges Gefühl. Sie merkte wie Luke wieder mal sein Gesicht an ihren Haaren rieb und jetzt hörte sie seine Atemzüge.
Doch bevor sie etwas sagen konnte, tat die Mikrowelle mit einem Pling kund, dass sie fertig war. Luke löste seine Umarmung, holte die Tasse aus der Mikrowelle und hielt sie ihr hin: „Die ist warm genug!“ sagte er.
„Ja?“
„Ja, fass an…oder lieber nicht!“
„Warum?“
„Einmal Finger am Frühstück verbrannt reicht!“
Lilly fing an zu kichern, froh darüber, dass dieses Gespräch nicht ganz melancholisch nachschwang.
„Hast ja recht!“ sagte sie und lief vor ihm zurück zur Couch.
Noch bevor sie sich darauf gesetzt hatte, stellte Luke bereits die Tasse auf das Tablett.
Fast schon zögerlich stand er neben ihr, Lilly sah ihn an, klopfte mit der Hand neben sich. „Komm, oder hast du noch was vor?“
Luke schüttelte den Kopf, setzte sich neben sie und sah ihr zu, wie sie sich das Brötchen schmierte.

Nach einer ganzen Zeit, Lilly hatte bereits ein Brötchen gegessen, brach Luke das Schweigen, welches zwischen ihnen herrschte: „Funktioniert das eigentlich?“
„Was?“ fragte Lilly immer noch kauend.
„Der Fernseher!“
Sie zuckte mit den Schultern: „Kein Ahnung, probier’s doch aus, dann wisse mas!“
Luke griente sie an, stand auf und holte die Fernbedienung, welche immer noch auf dem Fernseher lag.
Er schaltete den Fernseher ein und setze sich wieder neben sie, noch bevor das Bild richtig zu sehen war.
„Was kommt?“ fragte er sie.
„Schalt durch, dann wissen wirs!“ sagte Lilly leise kichernd.
Also begann Luke langsam durch alle Kanäle zu schalten, sah Lilly jedes Mal an und wartete darauf ob sie ihm sagte, dass er weiter schalten solle. Während Luke alle Sender durchschaltete, schmierte Lilly sich ein zweites Brötchen, schaute immer wieder auf den Fernseher. Schließlich sagte sie: „Lass den Musiksender drin, sonst läuft nix g´scheits. Talkshows oder Gerichtshows, furchtbar.“
„Aber wieso schaust du Musik an?“ fragte er hörbar irritiert: „Du hast doch ein Radio?“
Lilly fing an zu lachen: „Ich schau ja nicht Musik, ich schau die dazugehörigen Videoclips an!“
„Mmh!“ machte Luke und Lilly war sich sicher, dass er es immer noch nicht wirklich verstand.
Erst als die ersten Videos über den Bildschirm liefen, sah Lilly in Lukes Augen, wie er zu verstehen begann. Sie griente ihn an, rempelte ihn mit ihrem Körper an: „Jetzt klar was ich mein?“
Luke nickte und schien irgendwie merkwürdig zu werden.
„Was ist?“ hakte sie nach.
„Nichts!“ sagte er traurig. Zumindest klang es für Lilly so.
Diesmal rempelte sie ihn sanfter an, legte ihren Kopf an seinen Brustkorb und rieb ihr Gesicht an ihm. Sie sah ihn an, lächelte ihm zu und Luke begann wieder ihr mit einer Hand über die Wange zu streicheln: „Immer mehr Unterschiede.“ War alles was er sagte.
Sie nahm ihm die Fernbedienung aus der Hand, machte den Fernseher leiser, drehte sie ganz zu ihm herum, legte ihre Beine auf die Couch und kuschelte sich an ihn: „Wie war das Leben früher?“
„Früher?“
„Ja, wo du klein warst und danach, wie bist du aufgewachsen, wie war das Leben?“
„Das interessiert dich?“
Lilly nickte: „Ich bin sicher du hast so viel gesehen, soviel erlebt, von dem ich nur aus Büchern weiß. Ja, ich finde das interessant, so vieles..“
„Glaub mir nicht alles war annähernd so schön wie es geschrieben steht!“
„Trotzdem! Irgendwie beneide ich dich, du hast mitbekommen, es war Zukunft, Gegenwart für dich, was für mich nur Vergangenheit ist!“
„Nicht annähernd die Hälfte davon ist beneidenswert! Kriege sind einfach, teilweise schockierend, wenn man nur über sie liest, aber nichts im Vergleich, wie wenn man selbst auf dem Feld steht, oder sieht das Menschen immer wieder die gleichen Fehler machen, obwohl sie aus ihrer Vergangenheit doch so vieles lernen könnten. Vieles hätte verhindert werden können, wenn Menschen dazulernen würden, aber sie tun es nicht. Ich wäre froh ich könnte vieles vergessen, aber leider vergesse ich das Falsche!“
„Was meinst du damit, du vergisst das Falsche?“
„Das Gehirn ist dazu da, Erinnerungen von einem Menschenleben, sagen wir achtzig Jahre plus minus ein paar, ich lebe mehr wie ein Menschenleben und so langsam beginne ich mein Menschenleben zu vergessen.“ Wieder wurde seine Stimme traurig: „Manchmal weiß ich nicht mehr wie meine Mutter hieß, meine Geschwister. Ich kann mich manchmal nicht einmal daran erinnern wie sie aussahen. Alles verschwindet und je länger ich lebe umso mehr davon verschwindet aus meine Erinnerung. Das was ich nach meiner Verwandlung gelernt habe, das ist fest verankert, nicht in die Sonne zu gehen und ähnliches, aber ich weiß nicht mal mehr was in meiner Kindheit passiert ist, wenn ich nicht in diesem Haus, mit den ganzen Erinnerungen leben würde, hätte ich wahrscheinlich mein Leben schon längst vergessen. Hier sind Bilder und sonstige Sachen, an denen Erinnerungen haften, so dass ich sie noch abrufen kann, aber ich befürchte lange genügt das auch nicht mehr und ich vergesse mich ganz!“
Lilly konnte nicht anders, sie griff nach oben, legte ihm ihre Hand ins Genick und zog ihn langsam zu sich herunter. Sanft küsste sie ihn, Luke legte beide Arme um sie und ließ sich nach hinten sinken, so dass er auf der Couch lag und sie auf ihm. Immer wieder streichelte er ihren Rücken, während sie ihn immer noch sanft küsste. Als sich ihre Lippen lösten, flüsterte sie: „Das lass ich nicht zu!“
Luke lächelte, auch wenn Lilly seinen Schmerz darin erkennen konnte: „Verspreche lieber nichts, was du nicht halten kannst!“
„Ich halte immer, was ich verspreche!“
Eine Weile blieben sie schweigend aufeinander liegen. Dann fragte Lilly: „Heißt du wirklich Lukas oder..?“
Luke nickte: „Ja, ich bin als Lukas Cunningham geboren worden, seither ist aber viel Zeit vergangen!“ Immer noch hörte sie die Melancholie in seiner Stimme.
„Aber du bist es immer noch!“
„Wohl eher wieder!“
„Wie meinst du das?“
„Naja, ich bin offiziell zusammen mit meiner Familie gestorben! Nach ein paar Jahren, ich glaube fast ein halbes Jahrhundert später, bin ich hierher zurück und hab mich als ein entfernter Verwandter der Familie ausgegeben. Damals war es einfacher, ich sah meinem vermeintlichen Großonkel sehr ähnlich, war ja auch mein Vater und als sie mich nach meinem Namen fragten, nahm ich einen meiner Brüder…“
Lilly sah ihn an, immer noch streichelte er ihren Rücken, jetzt aber mit beiden Händen. Sie fuhr ihm sanft über die Wange, sah wie er die Augen schloss.
„..also lebte ich eine Zeitlang als Nathan Cunningham, so wie mein ältester Bruder, danach, also nachdem ich offiziell im Krieg gefallen bin, lebte ich als Ben, der Zweitname meines anderen Bruders, obwohl eigentlich beides auch meine Zweit- beziehungsweise Drittname ist.“
„Das heißt, du heißt…?“
„Auf meiner Geburtsurkunde steht Lukas Nathaniel Benjamin Cunningham!“
„Mmh!“ machte Lilly: „Warum gerade diese Namen, wenn deine Brüder schon so hießen?“
„War früher so, meine Mutter hieß Katharina, ihre Tochter hätte, da ihre Mutter Sofia hieß, Sofia Katharina geheißen. Mein Vater hieß Nathaniel, also auch der Erstgeborene Sohn, als Zweitnamen noch den Namen des Opas väterlicherseits, also William. Der Zweitgeborene den Namen des Opas mütterlicherseits also Thomas, sowie den, also in dem Fall Zweitnamen vom Vater, Benjamin. Und bei mir wurden wahrscheinlich die Namen genommen, die beiden Namen meines Vaters als Zweit- und Drittnamen und wieso meine Mutter Lukas wählte weiß ich nicht, aber daher halt diesen Namen.“
„Das heißt du hast eigentlich nie als jemand andere gelebt als du selbst, nur mit anderem Rufnamen!“
„Ja und etwas zeitgemäßer angepasst!“
„Das heißt aber, dass du dich nie vergessen kannst, weil du immer deine Namen benutzt!“
„Wenn du es so siehst, eigentlich nicht, zumindest die aktuelle Version Meinerselbst nicht!“
„Also!“ wieder richtete sie sich auf und küsste ihn sanft, flüsterte wieder: „Dann kannst du dich gar nicht vergessen!“
Luke streichelte Lilly immer noch: „Ich muss sowieso bald wieder sterben, sonst wird es auffällig, so langsam müsste ich aussehen wie Mitte dreißig,…“ Lilly sah ihn an: „Nimmt dir das einer ab? Ich hab mich schon gewundert das du Ende zwanzig sein willst!“
„Ich seh halt aus wie 18 und früher sah man wirklich noch jünger aus, heutzutage ist das schwer zu sagen, wie alt jemand ist, die meisten sehen älter aus. Vor allem die bis 20.“
„Stimmt! Das heißt du stirbst und dann?“
„Steht das Haus ein paar Jahre leer bis ich als mein eigener Sohn wieder auftauche. Die Papiere und alles hab ich ja, ich lass mich halt neu ins Grundbuch eintragen und damit hat sich die Sache! Meist versuch ich immer gerade so alt zu sein, wie es nötig ist. Also Volljährig, beim letzten Mal war das noch 21, mittlerweile ist es 18, immerhin drei Jahre!“
„Und das geht so einfach?“
„Es wird schwieriger, früher war es leichter!“
„Wieso hast du das Haus damals eigentlich bekommen?“
„Niemand wollte ein Pesthaus, es stand leer und bevor die Gemeinde dafür aufkommen muss, waren sie froh es mir einfach zu überschreiben, wie gesagt dieses Haus wollte keiner. Warum sollte also jemand es wollen, wenn er nicht zur Familie gehörte. Zumal ich alle Fragen, die sie hatten beantworten konnte.“
Luke huschte ein grienen über das Gesicht: „Fragen über die Familie, wer wie hieß, wer wie alt war und so weiter, waren kein Problem, logischer weise! Heute wäre es, glaub ich schon schwerer für mich!“
„Erzähl mir!“
„Was?“
„Alles was du noch weißt!“
„Warum?“
„Warum nicht?“
„Willst du das wirklich wissen?“
„Ja, ich will wissen wer du bist, was du alles angestellt hast und was du alles weißt!“
Luke drückte sie noch näher an sich, rieb wieder sein Gesicht in ihren Haaren: „Wo soll ich anfangen?“
„Was war vor deiner Verwandlung, was weißt du davon noch?“
„Richtige Erinnerungen,… ein paar, hauptsächlich Gefühle, Nichtigkeiten, die für ein Kind wichtig waren!“
„Erzähl!“
„Ich glaube das wäre zu viel für heute, sei mir nicht böse, aber ich glaube wir haben noch genug Zeit, du wirst das was ich noch weiß nach und nach erfahren!“
„Du magst nicht mehr! Zu viel für dich!“
„Im Moment, ….ja..! Es gibt Phasen, da hab ich so intensive Träume oder Erinnerungen während meiner Regenerierungsphasen, das ich manchmal wach werde und denke es war nur ein Traum, manchmal, wenn ich in bestimmte Zimmer gehe, hab ich das Gefühl sie noch zu riechen. Obwohl es sehr viel schwächer geworden ist. Als ich zum ersten Mal hierherkam, roch ich meine Familie so intensiv, aber auch den Tod in diesem Haus. Nach und nach verschwand der Geruch des Todes und in den jeweiligen Zimmern roch es dann nur noch nach demjenigen der darin gewohnt hatte.“
„Hast du alle Zimmer restaurieren lassen?“
„Nein, nur ein Gästezimmer, was mir jetzt als Schlafzimmer dient, das Bad, sowie dieser Raum hier. Alle anderen hab ich so belassen, manche Dinge untergestellt in ihnen, aber die alten Kinderzimmer von uns, sowie die Schlafzimmer meiner Eltern, sind noch so wie damals, in ihnen gibt es nicht einmal Strom.“
„Gehst du da noch hinein?“
„Manchmal, wenn ich merke das ich beginne alles zu vergessen. Manchmal weiß ich nicht einmal mehr wie meine Mutter aussah, geschweige denn wie sie gerochen hat, dann gehe ich in ihr Zimmer und kann sie wieder riechen. Dann häng ich auch eins der Familienportraits auf, aber manchmal kann ich das dann nicht mehr sehen, zu sehr daran erinnert werden, was man verloren hat, kann weh tun.“
Sie merkte wie er tief Luft holte und wieder hörte sie die Trauer in seiner Stimme als er weitersprach: „Früher hieß es die Verstorbenen warten im Himmel auf einen, so lange bis die Familie wieder beisammen ist, damit man im Himmel wieder vereint ist. Es machte es den Verbliebenen einfacher, sie würden sich ja alle wieder sehen, nur ob sie auch so lange warten bis ich mal sterbe, weiß ich nicht, könnte einige Jahrhunderte dauern. Ich bezweifle es!“ Jetzt hörte sie nicht nur Trauer, sie hörte wie Tränen mitschwangen und musste ihre eigenen unterdrücken.

Was ist das für ein Gefühl, alles verloren zu haben, was man liebte, eigentlich völlig allein zu sein, dazu noch anders als alle anderen. Allein daran zu denken, sich das nur vorzustellen, löste bei Lilly Kummer aus, wie er sich fühlen musste, konnte sie sich nicht annähernd vorstellen und das wusste sie.
Anstatt etwas zu sagen, presste sie sich nur näher zu ihm, drückte sich an ihn und jetzt merkte sie, was er damit gemeint hatte, er würde ihr am liebsten unter die Haut kriechen. Genau das wollte sie im Moment, sie wusste, das nichts was sie sagen würde, ihm irgendwie helfen könnte. Wie hieß es, manchmal war Schweigen mehr wert wie Worte. Und genau daran hielt sie sich jetzt, sie kuschelte sich nur näher an ihn, fuhr mit ihren Armen unter seinen Oberkörper und drückte ihn an sich.
„Mach dir nicht weh!“ sagte er leise.
„Wieso weh, ich mach doch gar nichts!“
„Aber wenn ich mit meinem Gewicht auf deinen Armen liege, tut das bestimmt weh!“
„Dann zieh ich sie wieder unter dir raus!“
Als Antwort drauf, presste Luke seine Arme um ihren Körper und drehte sich mit ihr so herum, dass er mit dem Rücken an der Rückenlehne lag und sie vor sich liegen hatte. Um zu verhindern, dass sie von der Couch rutschte, obwohl diese breit genug war, legte er noch ein Bein über ihre Hüfte, hielt sie damit auch fest.
Lilly kicherte: „Wenn ich runterfall bist du schuld!“
„Du fällst nicht runter, versprochen!“
Lilly zog ihren Arm unter ihm heraus, legte ihm beide Arme um den Hals und zog sein Gesicht näher zu sich. Sanft rieb sie ihre Nasenspitze an seiner Wange, an seiner Nase und Luke entfuhr ein fast kindliches Kichern.
„Soll ich aufhören?“ fragte sie flüsternd.
„Um nichts in der Welt!“ kam seine prompte Antwort.
Lilly kicherte ebenfalls, rieb weiter seine Nase an seinem Gesicht. Irgendwann begann Luke sie sanft zu küssen: Auf die Nasenspitze, auf die Stirn, auf ihr Kinn. Immer nur kleine, zärtliche Küsse. Aber sie verleiteten Lilly dazu ihr Gesicht mehr an ihm zu reiben. Er küsste sie auf ihr Ohrläppchen, auf ihr Lid und diese Zärtlichkeiten gefielen ihr. Gerne ließ sie ihn gewähren. Sie begann schließlich ihm sanft mit den Fingerspitzen über sein Gesicht zu streicheln. Er nahm ihre Hand in seine und zuerst dachte sie er würde sie stoppen wollen, aber er nahm ihre Hand und begann jeden ihre Finger einzeln zu küssen. Küsste ihre Handfläche, ihren Handrücken, langsam fuhren seine Lippen zu ihrem Handgelenk, küssten die Innenseite, dann ihren Unterarm. Auf einmal ließ Luke los, sah sie an, fuhr ihr mit seinen Fingerspitzen über ihre Wange, nahm dann ihre anderen Hand und machte mit dieser das gleiche wie mit der andern Hand zuvor. Sie sah ihm nur zu, sah wie er ihr immer wieder in die Augen schaute, bevor er den nächsten Kuss auf ihre Haut drückte. Schließlich ließ er auch diesen Arm wieder los, Lilly legte ihn Luke wieder um den Hals zog ihn ganz nah zu sich und diesmal war sie es die ihn küsste. Erst sanft auf die Lippen, dann aufs Kinn, auf jede Wange, die Nasenspitze und letztlich auf die Stirn. Luke hatte die gesamte Zeit die Augen geschlossen, er braucht nicht sehen was sie tat, umso intensiver war das was er fühlte.
Irgendwann hörte Lilly auf ihn zu küssen, sie legte ihr Gesicht nah an seines, merkte jeden seiner Atemzüge.
„Wieso atmest du?“
„Angewohnheit, in deiner Nähe ist das so!“
„Warum? Du musst doch nicht mehr, ich weiß doch was du bist!“
„Das wird noch ne Weile dauern, bis ich mir das wieder abgewöhnt habe, aber eigentlich will ich das gar nicht!“
„Was atmen oder es dir abgewöhnen?“
„Es mir abgewöhnen, mit jedem Atemzug kann ich dich riechen, spüre deinen Geruch in mir und das gefällt mir!“
Wieder entfuhr ihr ein Kichern.
„Was denn?“ fragte Luke.
„Nichts!“
Lilly drückte sich fester an ihn, genoss seine Nähe, wie lange er diese noch ertragen konnte, wusste sie nicht.

Eine ganze Zeit lagen sie so verschlungen miteinander da, als Lilly Musik hörte. Zuerst wunderte sie sich, woher diese kam, dann fiel ihr aber wieder ein das der Fernseher ja immer noch lief. Nach den ersten paar Takten, erkannte sie das Lied, drehte sich in Lukes Armen, damit sie fernsehen konnte.
„Mmh!“ machte sie.
„Was ist denn?“
„Dieses Lied ist so schön!“
Sie merkte wie Luke hinter ihr etwas nach oben rutschte um selbst zu schauen.
„Meat Loaf, I do anything for love! “
Luke sah über ihre Schulter hinweg auf den Fernseher, nach ungefähr ein Drittel des Videos, merkte Lilly wie er sich weiter nach oben schob, sie ansah: „Das gefällt dir?“
„Ja!“ Lilly nickte: „Ich finde das schön, das Lied und den Videoclip!“
„Warum?“
„Warum? Weil es schön ist, eine Art Die Schöne und das Biest –Geschichte, dieses Prinzip der Liebe wider jeder Norm, die Tatsache das Liebe keine Grenzen hat, sich nicht an Regeln hält, egal ob er sich in die Schöne oder sie sich in das Biest verliebt, außerdem find ich dieses Haus cool!“
„Cool? Manche würden das als Geisterschloss bezeichnen! Die würden da keinen Fuß reinsetzten!“
„Ich schon, ich würd mich wahrscheinlich dabei, also spätestens wenn die Tür hinter mir zufällt, nahe an einem Herzinfarkt bewegen, aber da sind ja dann viele Kerzen, also auch Licht. Ich hätte wahrscheinlich dann schiss eine davon umzuwerfen und das ganze Haus abzufackeln, aber ich mag so alte Häuser irgendwie, so geheimnisvoll, so…!“
„Düster, erschreckend, unheimlich?“
„Nein, so etwas weckt meine Neugier, ich würde wahrscheinlich überall rumlochern, mich zwar bestimmt irgendwie gruseln, aber ich wäre viel zu neugierig! Ich würde zu den Fremden gehören, die du nicht leiden kannst. Mitnehmen, also stehlen würde ich, denke ich, nicht. Obwohl so ein großer Kerzenleuchter, den man rumtragen kann, hätte schon einen gewissen Reiz auf mich. Ok, wahrscheinlich würde ich ihn auch mopsen, aber wenn man in so ein Haus kommt, denkt man ja nicht daran, dass da noch einer ist, der Anspruch auf das alles erhebt!“
„So?“ Sanft stupste er sie an: „Mopsen würdest du das Ding, mmh, wenn du einen willst, hier steht bestimmt noch irgendwo einer. Lieber Gold oder Silber, wie viele Arme dürfen es denn sein, Mylady!“
Lilly fing an zu kichern: „Wo bleibt denn da der Reiz des ….mmh, Verdorbenen, wenn ich so ein Ding geschenkt bekomme?“
Luke fing leise an zu kichern, aber irgendwas war anders, es klang merkwürdig. Lilly merkte wie er sich dich an sie drängte, merkte seine Atmung in ihrem Genick.
„Ist das dein Ernst?“
„Was, das mit dem Reiz der Verdorbenheit?“
„Nein, das dir das gefällt, was du da siehst!“ dabei zeigte er auf den Fernseher.
„Ja!“
Jetzt drückte Luke sich noch fester an sie: „Wenn ich je daran gezweifelt hätte, dass du bist was ich denke, spätestens nach den vergangenen fünf Minuten, würde ich nicht mehr zweifeln!“
„Warum?“
„Du findest diese Geschichte schön, du magst Gruselhäuser!“
Lilly fing an zu lachen, drehte sich in seinen Armen: „Also als Gruselhaus würde ich das hier nicht bezeichnen. Das ist doch schön, ok ein bisschen groß, aber gruselig?“
„Hier drin soll es spucken!“
„So? Soll es das? Wieso glaub ich das das der Hausherr ist, der Fremde abschrecken will!“
Ein Lächeln huschte über Lukes Gesicht.
„Du warst noch gar nicht in allen Flügeln, sonst würdest du nicht sagen, das es nicht gruselig ist!“
„Soll ich mal rumlochern?...Nein lieber nicht!“
„Ha, doch Angst!“
„Nein! Aber vielleicht willst du es nicht!“
„Als ob ich dich davon abhalten könnte, sobald ich hier aus der Tür draußen wäre, könntest du machen was du willst!“
„Schon, aber du würdest mich riechen, oder? Du würdest wissen wo ich überall war?“
Luke nickte.
„Siehst du! Und das will ich nicht! Du sagst, du riechst deine Familie in manchen Räumen und da selbst nur noch schwach, wenn ich da rein gehen würde, würde doch mein Geruch den anderen überdecken, oder?“
Wieder nickte Luke.
„Also!“ sie strich ihm über die Wange, küsste ihn zärtlich auf die Lippen und flüsterte, als sich ihren Lippen kaum getrennt hatten: „Das würde ich dir nie antun! Die einzige Möglichkeit zu nehmen um dich besser zu erinnern, überdeckt von meinem Geruch. Nur wegen meiner Neugier, dir deine Familie zu nehmen!“
Plötzlich packte Luke sie mit einer Hand im Genick, die andere drückte er an ihren Rücken, er setzte sich mit ihr auf.

Lilly saß auf seinem Schoß, merkte wie er seine Hand in ihre Haare grub, seine andere in den Stoff ihres Tops krallte und ihre Lippen auf seine drückte. Keine Leidenschaft lag in diesem Kuss, es war Verzweiflung, pure Verzweiflung. Und auf einmal schmeckte Lilly etwas auf ihren Lippen.
Salz, zumindest schmeckte es salzig. Luke hatte immer noch seine Finger an ihr verkrallt, als Lilly ihm mit beiden Händen über die Wangen fuhr und Nässe merkte.
Das was sie schmeckte, was sie spürte waren seine Tränen die ihm leise über die Wangen liefen. Er atmete nicht, kein Laut drang aus seiner Kehle. Nur seine Finger krallten sich immer wieder in ihre Haare und in ihre Kleidung, aber er tat ihr nicht weh. Dennoch tat seine Reaktion ihr weh, so etwas hatte sie nicht erwartet, sie hatte nicht einmal gewusst, das er weinen konnte.

Langsam, aber mit Mühe, drückte sie sich von ihm weg, als sich ihre Lippen trennen, zog sie die Luft förmlich auf, obwohl sie durch die Nase atmen konnte, schien ihr das nicht gereicht zu haben. Sie schnappte nach Luft, sah ihn an. Luke saß still vor ihr, hatte immer noch die Augen geschlossen und immer noch liefen lautlose Tränen seine Wangen hinab. Sanft fuhr sie ihm über die Wangen, wischte immer wieder die neuen Tränen ab.
Seine Reaktion verunsicherte sie. Bin ich daran schuld? Fragte sie sich.
„Wenn ich was Falsches gesagt habe, dann tut es mir leid, ich wollte dir nicht….“
Luke unterbrach sie indem er ihr einen Finger über die Lippen legte. Langsam schüttelte er den Kopf, flüsterte kaum hörbar und immer noch mit tränengeschwängerter Stimme: „Nichts Falsches, nur ein weiterer Beweis, das du bist was ich denke, oder besser was ich jetzt weiß, das du es bist!“
Wieder drückte er sich an sie, oder besser gesagt sie an sich, schlang beide Arme fest um sie und hielt sie fest. Lilly legte ihr Gesicht auf seine Haare, legte ihm ihre Arme auf die Schultern und legte ihre Unterarme an seinen Hinterkopf, ließ ihre Hände auf ihren Haaren liegen und drückte ihn mit sanfter Gewalt fester an sich.
Lukes Gesicht lag an ihren Brüsten, sie merkte durch ihr Top seinen warmen Atem und merkte schließlich wie er wieder begann an ihr zu riechen.
„Dein Geruch!“ sagte er, gedämpft durch seine Position: „Wird sich eh im ganzen Haus verbreiten. Ich riech dich ja schon in der Vorhalle, ohne das du dich in ihr befindest!“
„Du riechst mich ja sogar auf offener Straße und das obwohl ich da weiß der Geier wann langgelaufen bin, oder nicht? Und von anderen Gerüchen ganz zu schweigen, die sich mit meinem vermischen!“
„Und trotzdem rieche ich dich, ich würde dich auf der ganzen Welt finden, dein Geruch hat sich in mein Innersten eingebrannt, aber es wird besser, schwächer, vielleicht liegt es daran das ich mich daran gewöhne, weil ich öfters mit dir zusammen bin! Und trotzdem zieht er mich so sehr an, dass ich nicht genug davon bekomme!“
Lilly merkte wie er intensiver an ihr roch, sein Gesicht an ihren Körper presste, die Luft einsog.
„Und genau deswegen werde ich nur in Zimmer gehen, wo du es mir erlaubst!“
Er nickte langsam: „Trotzdem werde ich und auch du nicht, verhindern können das dein Geruch alles andere überdeckt!“
„Aber doch nicht so schnell, oder?“ Ihre Frage klang besorgt.
Sie wollte ihm das nicht nehmen, wollte nicht das er das auch noch verlor.
„In ein paar Jahren bestimmt!“ sagte er wieder leise.
„Kann ich das verhin..“
„Nein!“
Lilly überlegte: „Doch! Wenn ich nicht hierher komme, dann kann sich mein Geruch nicht ausbreiten!“
„Das will ich aber nicht, bitte Lilly tu mir das nicht an!“
„Aber dadurch….“
„Der Geruch wird eh schwächer, bald werde ich sie nicht mehr riechen können, aber dann hab ich deinen Geruch, verstehst du nicht. Ich brauche dich wirklich, ich hab alles verloren und kann nichts mehr davon zurückholen, aber jetzt hab ich dich gefunden!“
Er hob seinen Kopf, sah ihr in die Augen: „Und du bist alles für mich!“
Er hatte immer noch beide Arme um sie gelegt, küsste sie wieder, diesmal aber intensiver, nicht verzweifelt, liebevoll aber leidenschaftlich.
Wieder machte sie sich nach einer Weile los, rutschte von seinem Schoß und setzte sich neben ihn auf die Couch. Fast schon mitleidig sah sie ihn an, legte sich ohne ein weiteres Wort mit ihrem Kopf auf seine Oberschenkel. Lilly blieb einfach liegen, überlegte, was sie tun sollte.

Nicht hierher zu kommen wäre vielleicht das Beste, aber dann müsste er zu mir, und da war er in gewisser Weise gefangen. Aber wenn sie hierherkam, würde er wirklich alles verlieren.
Sie erinnerte sich daran, als sie von zu Hause ausgezogen war. Ihre Mutter hatte ihr, weil es kalt gewesen war, einen Schal von sich mitgegeben. So viele Nächte lag sie manchmal da, den Schal vor ihrem Gesicht, nur um etwas Vertrautes zu haben und wenn es nur der Geruch ihrer Mutter war. Sie hatte damals festgestellt, wie furchtbar es war zu merken, wie der Geruch nachgelassen hatte und schließlich ganz verschwunden war. Nun roch der Schal nach ihr und nicht einmal Luke könnte ihre Mutter daran riechen, zumindest war sie sich dessen sicher. Also wenn sie ihm das jetzt auch noch nahm, was hatte er dann noch?

Lilly merkte wie Luke sich langsam auf sie herabließ, seinen Oberkörper auf ihren Bauch legte, sein Gesicht auf ihre Hüfte: „Nicht grübeln!“ sagte er leise zu ihr: „Es wird daran nichts ändern. Du kannst die Vergangenheit nicht ändern und die Gegenwart auch nicht, denn wenn dir bewusste wird das es die Gegenwart ist, ist sie längst Vergangenheit. Du kannst nur die Zukunft ändern, je nachdem wie du dich entscheidest, welchen Weg du einschlägst. Ob die Zukunft aber besser wird, oder schlechter, kannst du auch nicht beeinflussen! Also lass es darüber nachzudenken, was du hättest tun sollen, was du tun sollst und was du vorhast zu tun! Es bringt nichts!“
„Mmh!“ machte Lilly und merkte wie Luke wieder an ihr schnüffelte. Jeden seiner Atemzüge merkte sie durch ihr Top, wie er sein Gesicht auf ihren Bauch presste.
Unbewusst begann sie ihm durch die Haare zu fahren und Luke schnüffelte immer mehr und intensiver an ihr. Er sog dir Luft so tief ein, dass Lilly merkte wie sich ihr Top immer wieder etwas anhob.
„Was ist?“ fragte sie, als er sein Gesicht auf ihren Bauch presste, aber nicht mehr atmete.
„Nichts!“ sagte er gedämpft: „Du riechst nur gut!“
Lilly fing an zu kichern, begann ihrerseits an ihm zu riechen, dabei zog sie sein Hemd aus der Hose und als ihr Gesicht seine Haut berührte, hörte sie wie er scharf die Luft einsog.
Es gefiel ihr, sie wollte ihn endlich dazu bringen weiter zugehen, sie hatte keine Angst vor ihm. Sie glaubte nicht das er ihr was antun würde. Also zog sie sein Hemd noch weiter nach oben, rieb ihre Nase und ihr Gesicht an seinem Bauch, da Luke immer noch mit seinem Gesicht auf ihrem Bauch lag, merkte sie wie er anfing nach Luft zu schnappen.

Langsam zog er ihr Top weiter nach oben, roch mehr an ihr, entblößte immer mehr Haut, an der er riechen konnte. Luke merkte jeden ihrer Atemzüge, merkte wie sie ihr Gesicht mehr und mehr an ihm rieb und da er immer noch verkehrt herum an ihr lag, konnte er sie gar nicht wirklich daran hindern. Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, wollte er es auch gar nicht.
Er drehte sich etwas mit ihr, sodass er mit dem Rücken ganz an der Rückenlehne lag, mit seinen Händen unter ihre Oberschenkel fahren konnte und Lilly lag ganz ausgestreckt vor ihm, hatte immer noch ihr Gesicht an seinen Bauch gedrückt und begann nun Luke abzuschnüffeln, fuhr ihm langsam mit der Nase und jetzt auch mit ihren Fingerspitzen über den Bauch, zupfte immer mehr sein Hemd aus der Hose, bis sie es ihm fast bis zur Brust nach oben gezogen hatte. Er ließ es geschehen, zuerst hatte sie erwartet, dass er sich wehren würde oder aufstehen würde, aber er blieb relativ ruhig bei ihr liegen, fuhr nur seinerseits immer wieder über ihren Bauch, von dem er mittlerweile ebenfalls das Top nach oben geschoben hatte.
Ihr Geruch war anders, stellte er fest, umso mehr er an ihr roch, intensiver, reizvoller. Luke wusste nicht warum das so war, vielleicht weil sie ihm so lange so nahe war. Solange war er noch nie am Stück bei ihr geblieben, und schon gar nicht so nahe. Und obwohl er wusste, dass die Sache aus dem Ruder laufen könnte, konnte er nicht aufhören. Er wollte auch nicht das sie aufhörte, auch wenn er merkte das sein Körper begann darauf zu reagieren.

Nun fing sie erneut an ihm durch die Haare zu fahren, drückte sein Gesicht noch mehr an sich, Luke roch sie immer mehr ab, ihren Bauch, mittlerweile war er an ihrem BH angekommen, hatte das Top soweit nach oben geschoben, das er auch hier ihre nackte Haut abriechen konnte. Sein Gesicht fuhr wieder tiefer, wieder über ihren Bauch, aber diesmal hielt er hier nicht, tiefer wanderte sein Gesicht und immer intensiver, verlockender und reizvoller wurde ihr Geruch. Er merkte bereits den Stoff ihre Jeanshose, aber dennoch war es im Moment zu unkontrollierbar für ihn.
Alles ihn ihm, jede Alarmglocke die er besaß, sprang plötzlich an, als er merkte wie Lilly wieder auf sein Schnurren, was irgendwann, ohne sein Zutun begonnen hatte, reagierte. Sie presste ihr Gesicht mehr an seinen Unterbauch, begann ihn sanft zu küssen.
Luke wusste, dass er es beenden musste, jetzt sofort, bevor etwas geschieht. Nein, bevor ihr etwas geschieht.
Lilly merkte wie er sich plötzlich so schnell zurückzog. Er war schneller von der Couch unten wie sie schauen konnte. Sie setzte sich auf, sah sich um und sah wie er in der Küche stand. Zumindest glaubte sie das, denn das einzige was sie sah, waren zwei silber-grün glitzernde Augen, die auf sie gerichtet waren.
Er muss ganz in einer der Ecken stehen, dachte sie.
Aber mit Gewissheit sagen, konnte sie es nicht. Es sah wirklich so aus, wie die Augen einer Katze, welche von irgendeinem Licht angestrahlt wurden.
„Luke?“ fragte sie fast zögerlich: „Was ist...“
Sie war sich sicher die Antwort zu kennen und irgendwie reizte sie die Vorstellung ihn so weit gebracht zu haben.
Aber ist das wirklich Erregung oder Hunger? Ging es ihr plötzlich durch den Kopf. Jetzt wo sie das sah, wusste sie nicht mehr ganz so sicher, was sie davon halten sollte.
Langsam stand sie auf, wollte näher zu ihm.
„Nicht!“ hörte sie ihn sagen.
„Warum?“
„Zu gefährlich für dich!“
Lilly schüttelte den Kopf: „Glaub ich nicht!“
„Glaub mir!“
Auf einmal verschwanden die Augen, sie ging zur Tür, schaltete das Deckenlicht an und sah wie Luke wirklich in der Küche stand. Er lehnte sich an die Küchenzeile, hatte die Augen geschlossen und stand völlig regungslos da.
Lilly konnte dem Drang nicht widerstehen, ging langsam zu ihm herüber.

Als sie direkt vor ihm stand, fuhr sie ihm sanft mit einer Hand über die Wange: „Es tut mir leid! Ich hätte das nicht so weit treiben dürfen.“
Erst nach einer Weile öffnete Luke wieder die Augen, sie waren wieder blau, sah sie an: „Nicht deine Schuld! Ich hätte wissen sollen, dass….“
„Nein, meine Schuld, ich wollte es so weit treiben! Ich hätte nicht damit anfangen sollen!“
„Ich hab angefangen an dir zu riechen, nicht anders herum!“
„Schon! Aber ich …ach vergiss es.“
„Böse?“ fraget er kleinlaut, sah zwischen ihnen auf den Boden.
„Nein und wenn dann auf mich!“
Wieder fuhr sie ihm über die Wange, diesmal aber mit beiden Händen.

Lilly ging zurück zur Couch, setzte sich und schaute fern. Kurz darauf folgte Luke ihr, setzte sich neben sie, bedacht darauf sie nicht zu berühren.
Etwas war anders heute, er hatte keinen Hunger, aber sie reizte ihn so sehr. Mehr als je zuvor. Er konnte es sich nicht erklären. Eine Zeitlang saßen sie schweigend nebeneinander, bis Lilly ihn ansah, dann auf den Abstand den er wahrte: „Bist du böse?“
Luke sah sie an, schüttelte den Kopf. Daraufhin rutschte Lilly näher zu ihm, sah ihn an: „Darf ich?“
Er nickte, also lehnte sie sich mit ihrem Oberkörper an ihn, zog die Beine auf die Couch. Wie spät es war wusste sie nicht, aber als sie den Vorhang hinter sich etwas vom Fenster wegzog, sah sie nur vollkommene Dunkelheit, nur der Halbmond erleuchtet etwas die Nacht. Und so hoch wie der stand, war es schon spät. Lilly gähnte, als sie den Vorhang losließ, sich näher an Luke kuschelte.
Wieder verging eine Zeit bis Luke eine Arm um sie legte, sanft mit der Hand über ihren Oberarm strich und sofort merkte er, wie selbst durch diese Berührung sein Verstand zu rotieren begann, sein Körper reagierte sofort darauf. Er ließ seinen Herzschlag stoppen, hörte auf zu atmen und hoffte dadurch wieder klarer Denken zu können. Aber allein ihre Nähe machte ihm das unmöglich. Er musste etwas Abstand zwischen sich und Lilly bringen, bevor er überhaupt nicht mehr wusste was er tat und das, und dessen war er sich sicher, hätte schlimme Folgen für sie.
Also stupste er sie an: „Komm du schläfst schon fast!“ Luke stand auf, reichte ihr eine Hand und zog Lilly, nachdem sie nach seinen Hand gegriffen hatte, von der Couch hoch. Langsam schlurfte sie hinter ihm her, raus aus dem Zimmer bis ins Foyer.
Er führte sie die große, breite Treppe herauf. Der dunkelblaue Teppich, der über die Stufen lief, kontrastierte sehr zu dem weißen Marmor der Treppe. Führte sie, an dem Plateau nach rechts die Stufen herauf und dann nach links in einen schmäleren Gang, der auf beiden Seiten von fünf großen, schweren Holztüren gesäumt war. Zwischen den Türen hingen Bilder oder standen brusthohe, kleinere Marmorsäulen, auf denen bestimmt normalerweise eine Büste oder ähnliches stand. Luke öffnete die erste Tür rechts und führte sie in einen großen Raum. Die Wände waren ringsherum mit dunklem Holz getäfelt, auf der linken Seite stand ein großes Bett, mit einem hölzernen Rahmen, der auf den Pfosten des Bettes montiert war. Alles aus dem gleichen, dunklen Holz. Der beige Stoffhimmel der darüber gespannt war, hing an allen Seiten wie Vorhänge herab. Jeweils die Hälfte des Stoffes von jeder Seite, war an einem Bettpfosten locker festgebunden.
Als Lilly sich herum drehte, sah sie das selbst die Tür die gleiche Farbe hatte wie die Wände, sodass es aussah, als ob gar keine Tür da sei. Auf der rechten Seite des Zimmers stand eine große helle Kommode und ein großer Standspiegel. An den großen Fenstern hingen dunkelrote, lange, schwere Samtvorhänge. Luke führte sie zum Bett, schlug die helle Tagesdecke zurück. Die großen, hellen Kopfkissen waren vor dem hölzernen Kopfteil drapiert. Luke zog die Bettdecke zur Seite, deutet mit seiner Hand auf das Bett.
„Bitte schön! Hier kannst du schlafen!"
„Und wo schläfst... also du weißt was ich meine!"
„Das ist eigentlich mein Schlafzimmer, aber du kannst hier schlafen. Ich bin ja auch in deinem gewesen."
„Und du?"
„Ich kann unten auf der Couch bleiben!"
„Was! Nein! Das Bett ist größer wie meins und da haben wir auch zusammen drin geschlafen! Also?"
„Okay! Aber ich glaube das wäre im Moment keine gute Idee?"
„Warum nicht?" Lilly setzte sich auf die Bettkante, sah nach oben, drehte sich herum um sich umzuschauen. "Wow! Das ist ..."
„...düster?"
„Nein! Riesig, schön. Das dunkle Holz und der helle Stoff. Das sieht schön aus. Dazu das dunkle Rot."
Luke fing an zu lachen: „So! Das gefällt dir wirklich?"
„Ja, wirklich! Es ist gemütlich, zwar groß aber..."
„Dann wirst du ja keine Probleme haben, schlafen zu können."
„Willst du wirklich unten schlafen?"
„Ich muss nicht schlafen, das weißt du! Ich w..wei..weiß nur nicht, ob...ob das eine gute Idee ist, heute Nacht so nah bei dir zu sein!"
„Warum nicht?" Sie klopfte neben sich auf das Bett. „Hunger? Deswegen!"
„Nicht solchen, wie du denkst!"
„Was meinst du damit?"
„Du hast mich so langsam genug gequält!"
„Ich hab was?"
„Weißt du noch? Liebe? Auch körperlich!"
Lilly sah ihm in die Augen, er stand direkt vor ihr. Sie sah wieder den grünlichen Schimmer in dem Blau.
„Zu...zu gefährlich!"
„Aber du..." Sie holte tief Luft.
Luke kniete sich vor sie hin: „Lilly bitte. Ich will dir nichts tun! Ich…ich..." Er ließ den Kopf hängen.
Sie strich ihm mit beiden Händen durch die Haare: „Warum gerade heute?"
„Ich weiß es nicht. Irgendetwas hat sich an dir geändert!"
„Was meinst mit geändert? Was?"
„Dein Geruch! Ich kann’s dir nicht sagen, aber es reizt mehr wie vorher. Ich kann für nichts garantieren. Schon unten auf der Couch hab ich gemerkt das was anders ist. Deine Nähe reizt mehr wie sonst! Und ich kann keine Kontrolle versprechen!"
„Was ist, wenn ich gar keine Kontrolle mehr will! Ich habe keine Angst vor dir! Wie lange willst du noch warten, ich altere im Gegensatz zu dir!" Das letzte klang fast sarkastisch.
Luke fing an zu lachen, es klang traurig: „Ich bin gefährlich! Und für dich besonders!"
„Ich glaube ich bin der einzige Mensch, oder was auch immer, dem keine Gefahr von dir droht!" Sie fuhr ihm immer noch durch die Haare, nahm dann sein Gesicht in die Hände und sah ihm in die Augen.
„Immer noch grünlich!" Sagte sie zu ihm.
„Wird sich auch nicht ändern, solange ich in deiner Nähe bin!"
„Bleib heut Nacht bei mir, bitte."
Sie küsste ihn sanft, er erwiderte den Kuss intensiver wie sie erwartet hatte.
Ihre Hände gruben sich in seine Haare, zogen ihn zu ihr. Lilly ließ sich nach hinten sinken, zog ihn mit. Er stützte sich auf seine Arme ab, Lilly kroch rücklings weiter in die Mitte des Bettes. Ihre Hände in seinen Haaren, erlaubten es nicht, das er ihr nicht folgte.
„Lilly... warte....!" Sie küssten sich immer noch.
„Luke, bitte?" Langsam rutschte sie weiter ins Bett, legte sich hin. Ihr Kopf und ihr Oberkörper versanken fast in den großen, weichen Kopfkissen.
„Ich will dir nicht wehtun!“
Lilly streckte ihm die Hand entgegen, er ergriff sie und sie zog ihn zu sich ganz ins Bett. Luke legte sich der Länge nach seitlich neben sie, stützte sich auf einen Arm ab und sah sie an.
Langsam und vorsichtig begann er mit einer Hand über ihren Körper zu fahren, streichelte die weiche Haut ihres Armes. Seine Fingerspitzen kreisten über ihren Oberarm. Lilly fühlte wie sich seine Finger immer weiter zu ihrem Hals bewegten, über ihr Gesicht fuhren und langsam über ihr Kinn zu dem Ausschnitt ihres Tops glitten.
Nachdem er mit seinen Finger über ihr Schlüsselbein bis zu ihrer Schultern gestreichelt hatte, drehte sie sich auf die Seite, stützte sich, wie er, auf den Ellenbogen ab und legte ihre Wange auf ihre Hand. Sie sah ihn an, begann mit einem Finger über sein Gesicht zu fahren. Das Blau seiner Augen war fast verschwunden, seine Augen waren nahezu Grün. Sie fühlte seine Blicke auf ihrem Körper, sah wie seine Pupillen immer größer wurden. Seine Hand wanderte von ihrem Oberarm zu ihrer Taille, blieb da liegen. Ihre Finger streichelten sein Gesicht, fuhren über seine Brust, langsam zu seinem Bauch. Auf einmal hielt er ihre Hand fest.
„Warte, bitte Lilly. Es ist zu gefährlich für dich!"
Mehr wie ein Kopfschütteln bekam er nicht als Antwort, sie entzog ihm ihre Hand und fuhr ihm wieder über seinen Brustkorb.
Luke legte sich auf den Rücken, hielt wieder ihre Hand fest, dieses Mal drückte er sie aber auf seine Brust. Langsam zog er sie weiter zu sich herüber, sie ließ es geschehen. Als sie fast auf seiner Brust lag, drückte sie sich hoch und küsste ihn erneut leidenschaftlich. Auch diesmal erwiderte er ihren Kuss, legte beide Arme um sie und ließ ihre Beine zwischen seine rutschen. Lilly fühlte wie seine Hände unter ihr Top fuhren, langsam ihren Rücken streichelten. Da sie nur eine Hand brauchte um sich abzustützen, fuhr sie mit der anderen über seine Brust, seinen Bauch und zog ihm sein Hemd wieder nach oben. Vorsichtig ließ sie ihre Fingerspitzen über die nackte Haut seines Bauches fahren und hörte wie er scharf die Luft einsog. Plötzlich hörten seine Hände auf sie zu streicheln.
„Was ist?" fragte sie atemlos.
Als Antwort darauf hörte sie nur, wie Stoff zerrieß. Sie sah an sich herunter, ihr Top war der Länge nach aufgerissen. Seine Augen waren grün, zumindest das, was noch, trotz der geweiteten Pupille, sichtbar war.
Er schnappte hörbar nach Luft, packte sie mit beiden Händen im Genick und zog sie nach unten. Sein Kuss war intensiver wie je zuvor. Sie musste sich förmlich von ihm losreißen um atmen zu können.
Als sie sich aufgerichtet hatte, zog sie seinen Oberkörper so weit nach oben, das er saß, zog ihm sein Hemd aus, packte ihn ihrerseits im Genick und drehte sich mit ihm. Jetzt lag sie unter ihm, schlang die Beine um seine Hüften und hielt ihn fest. Wieder hörte sie Stoff reißen, diesmal war es ihr BH. Er lag auf ihr, stütze sich mit den Armen seitlich ihres Brustkorbs ab. Nur auf seine Ellenbogen abgestützt, umfassten seine Hände ihre Brüste, er drückte seine Lippen auf ihre. Langsam schob er ihr seine Zunge in ihren Mund und sie erwiderte dieses Zungenspiel mit Freude.
Sie hatte es geschafft, hatte ihn so weit gebracht.
Seine Hände massierten sanft ihre Brüste, währenddessen zog er seinen Kopf zurück, ließ seine Zunge über ihren Hals gleiten. Lilly vergrub ihre Finger in seinen Haaren, drückte sein Gesicht näher an ihren Hals.
Angst davor das er sie biss, hatte sie keine. Keinen Gedanken verschwendete sie daran, nicht jetzt.
Seine Lippen, seine Zunge wanderte weiter über ihren Körper. Sie war nicht in der Lage zu agieren, ihr Körper war zu sehr von ihm abgelenkt, sie reagierte nur auf seine Liebkosungen.

Als sie aufwachte, wusste sie nicht wie spät es war. Die Vorhänge waren zugezogen, wahrscheinlich war es Tag, dachte Lilly.
Sie fühlte sich irgendwie merkwürdig, es fühlte sich an, als ob ihr Körper irgendwie taub wäre. Aber es fühlte sich gut an, sie merkte das sie mit ihrem Oberkörper auf seinem Brustkorb lag. Es war vollkommen still, keinen Herzschlag hörte sie. Langsam rieb sie ihr Gesicht an ihm.
„Es tut mir leid! Ich habe dir gesagt das es nicht gut ist!"
Lilly hob den Kopf, sah ihn an: „Was ist denn?"
Er drehte sich auf die Seite, sah sie an und strich ihr vorsichtig über den Arm: „Ich hätt es besser wissen müssen. Ich hätte mich nicht darauf einlassen dürfen."
Mit diesen Worten drehte er sich von ihr weg, stand auf, zog sich seine Hose an und ging aus dem Zimmer.
Verwirrt sah sie ihm nach, dabei rutschte die Decke von ihrem Oberkörper.
Er war übersäht von Blutergüssen, an ihren Oberarmen sah man die Abdrücke seiner Hände, seiner Finger. Überall an ihrem Brustkorb sah sie runde, blaue Flecken. Sie sahen aus wie Bisse, aber keiner war so fest, das sie geblutet hatte. Als sie tief Luft holte, merkte sie ein Stechen in ihrem Brustkorb. Ein Blick auf ihre Rippen, erklärte ihr warum. Man sah einen Handabdruck auf beiden Seiten, er hatte ihr wohl eine der unteren Rippen an- oder sogar gebrochen.
Schnell zog sie die Decke ganz von sich herunter, an ihren Beinen zeichnete sich ein ähnliches Bild ab. Langsam stand sie auf, ging zum Spiegel und sah hinein. An ihrem kompletten Körper waren Handabdrücke und vorsichtige Bissspuren von ihm. Sie drehte sich nochmals vor dem Spiegel, nur an ihren Händen, Füßen und in ihrem Gesicht waren keine Blutergüsse. Auch ungefähr eine Handbreit links und rechts, ihrer Wirbelsäule entlang waren keine zu sehen und an ihrem Genick, dessen war sie sich sicher, waren auch keine. Er war ihrer Wirbelsäule nicht mal zu nahe gekommen.
Wut und Zorn stieg in ihr auf, aber nicht wegen den Blutergüssen, sondern weil er einfach gegangen war. Dieses Gefühl das sie beim Aufwachen gehabt hatte, hatte er ihr durch seine Flucht genommen. Langsam ging sie zurück zum Bett, setzte sich darauf. Sie kramte das Bettzeug zur Seite.
Eigentlich wollte ich noch mit ihm liegen bleiben, einfach nur etwas beisammen liegen, kuscheln und er steht einfach auf, zieht sich an und geht. Wie wenn ich eine weiß- der- Geier -was bin. Fehlt nur noch das er Geld auf dem Nachttisch liegen gelassen hätte. Ihre Wut wurde nur noch größer, aber irgendetwas sah merkwürdig am Bett aus.
Jetzt sah sie was sie störte, das Bettlaken war zerrissen, aber an mehreren Stellen, aber auch die Matratze selbst war kaputt. Das Holzkopfteil hatte tiefe Kratzer, immer vier Stück parallel. Sie legte ihre Hand über die Kratzer.
Die sind von seinen Fingern, dachte sie erschrocken, jetzt sah sie auf den Boden. Meine Kleider! Sie hob ihr Top auf. Das das zerrissen ist hab ich gehört. Ihr BH war nicht nur zwischen den Körbchen, sondern auch an den Träger zerrissen. Was zum.., sie fand ihre Jeanshose. Die auch? Wie kann man Jeansstoff zerreißen. Ihr Slip bestand jetzt wirklich nur noch aus Fäden. Er hatte ihn, so wie alles andere auch zerrissen.
Und was soll ich jetzt anziehen?
Sie sah sich um. Irgendetwas muss er doch zum Anziehen haben.
Sie stand wieder auf, sah sich um. Irgendwo war doch die Tür!
Dadurch das die Tür die gleiche Farbe hatte wie die Wand, suchte sie die Türklinke und die Beschläge.
Da ist eine, aber durch die sind wir nicht gekommen, stellte sie fest. Diese Tür war auf derselben Seite wie der Spiegel.
Sie ging auf die Tür zu, machte sie auf und stand in seinem Badezimmer, in welches er sie gestern gebracht hatte.
Hier finde ich bestimmt nichts zum Anziehen, höchstens ein Handtuch. Sie ging zurück ins Zimmer, sah sich weiter um. Keine drei Meter nebendran war eine weitere, sie öffnete sie und stand in einem begehbaren Kleiderschrank.
Das Ding ist größer wie mein Schlafzimmer!
Es hingen mehrere Kleider darin, sie ging hinein und stellte fest, das er wohl von jeder Epoche Kleidung hatte. Ganz vorne waren T-Shirts und Jeanshosen. Weiter hinten fand sie Klamotten der 80er, 50er, 30er und so weiter, zwischendrin hingen Uniformen, sie erkannte nicht alle, aber er hatte wohl schon in einigen Kriegen gedient. Fast ganz hinten fand sie Gehröcke, Zylinder, Handschuhe, Rüschenhemden, die nicht nur an den Ärmeln, sondern auch über die gesamte Knopfleiste Rüschen hatten, Schuhe in jeder Variante, Stiefel, Slipper, alles.
Dieser Kleiderschrank ist wie eine Zeitreise anhand der Mode und irgendwie, stellte sie fest, wiederholen sich manche Sachen. Sie fing an zu kichern, nahm ein T-Shirt zog er an und wollte gerade eine Jeanshose nehmen, als sie etwas hörte. Sie ging zurück ins Zimmer, sah eine ihrer Taschen auf dem Bett stehen.
Aber sie hatte doch gar keine mitgenommen.
Lilly ging zum Bett zurück und als sie sie öffnete, fiel ihr auf das sie nass war, und sie war gefüllt mit ihrer Kleidung. Die Vorhänge waren offen, es war Tag aber es war diesig. Es regnete in Strömen, der Himmel war voller Wolken. Schnell zog sie sich fertig an.
Ist er deswegen so schnell weg? Ich weiß es nicht!
Irgendwie war ihre Wut weg, sie fühlte Schuld, aber warum?
Es irritierte sie, es fühlte sich merkwürdig an, als ob es nicht ihre Gefühle waren.
Sie setzte sich wieder auf die Bettkante, legte ihre Arme auf die Knie und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen. Ihr Zorn über ihn, über das was er getan hatte, vermischte sich mit Schuld, Scham, aber wieso?
Auf einmal ging die Tür auf, Luke kam herein: „Was ist los?" fragte er besorgt. Sie zuckte mit den Schultern.
„Hab ich dir so weh.." seine Stimme versagte ihm.
„Nein! Es ist nur ich... es ist im Moment nur etwas... merkwürdig. Was ist fühle, es ist so als ob es nicht....
„.. deine sind!" Er kniete sich vor sie, fuhr ihr durch die Haare.
„Was...woher... weißt du...was!"
„Ich wusste nicht das das bei Menschen auch passiert!"
„Was passiert!"
„Wenn Vampire sich vereinigen, also körperlich gesehen, passiert es das sich auch ihre Gefühle zusammen schalten."
„Was meinst du mit zusammen schalten?"
„Ich hab dir doch gesagt, dass ich fühle. Und jetzt ist es so, dass du fühlst was ich fühle und anders herum. Verstehst du!"
„Das heißt, ich fühle was du fühlst? Diese merkwürdigen Gefühle, kommen von dir. Kannst du das Abstellen?"
„Ich weiß es nicht. Ich weiß nur das ich deinen Zorn, deine Wut auf mich fühle, weil ich dir ...weh.."
„Ich bin nicht deswegen sauer, ich bin sauer weil du einfach verschwunden bist. Aufgestanden und verschwunden, ohne.. ach vergiss es. Also fühle ich deine Gefühle, diese..... Schuld, dieses...Scha.."
„Ja, ich hab dich ordentlich zugerichtet!" Er fuhr ihr vorsichtig über die Arme.
„Das hab ich gar nicht gemerkt, ich hab erst bemerkt, als ich es gesehen hab. Es tut nicht weh!"
„Außer das du Schmerzen hast beim Atmen."
Sie nickte: „Aber nicht arg!" sagte sie schnell.
„Ich hab dir ein paar üble Prellungen zugefügt, vielleicht sogar ein paar Rippen angeknackst. Es tut mir leid!"
„Was ist jetzt, kannst du das Abschalten?"
„Ich glaube nicht, es wird nur mehr in den Hintergrund rücken. Du wirst den Unterschied bald deutlicher merken, was deine und was meine Gefühle sind. Denk ich!"
„Denkst du?"
„Ja!" Er sah sie an, nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie sanft. Auf einmal fühlte sie eine ungeheure intensive Liebe, sie raubte ihr den Atem, ihr Herz zog sich zusammen, es fühlte sich an, als ob sie daran sterben müsse. Sie zog den Kopf schnell zurück.
„Was ist?" fragte er.
„Fühl doch!" sie legte seine Hand auf ihre Brust, er fühlte ihr rasendes Herz.
„Das hab ich schon gehört! Aber warum?"
„Als du mich geküsst hast, hat es angefangen, als ob sich mein Herz zusammen schnürt, als ob ich nicht atmen könne!"
„Du fühlst was ich fühle! Wie sehr ich dich liebe, was es in mir auslöst! Deswegen auch diese immense Gier nach dir, dieses Verlangen. Ab dem Zeitpunkt, wo sich unsere Körper...., na ja du weißt schon..., hab ich nicht nur mein Verlangen sondern auch deines gefühlt, ab da war keine Kontrolle mehr möglich für mich!"
„Aber ich bin am Leben, du hast mich nicht wirklich verletzt, ok ein paar blaue Flecken, aber nichts Gravierendes. Wenn du gar keine Kontrolle gehabt hättest, wäre ich..., also nachdem ich das hier sehe..." sie zeigte in die Runde, das zerstörte Bett, ihre Klamotten: „...bin ich noch gut davon gekommen!"
„So siehst du das!"
„Ja! Es ist soweit alles ok, außer das ich Gefühle habe, die nicht meine sind. Das ist etwas irritierend!"
„Versteh ich, aber es hat den Zweck, das ich weiß, wann du in Gefahr bist, wann du Angst hast. Einfach um dich besser beschützen zu können. Ich versuch es zu drosseln, zumindest was dein Fühlen meiner Gefühle angeht!"
Lilly legte ihm die Hände ins Genick: „Du fühlst was ich fühle, ja?"
Er nickte.
„Dann weißt du auch das ich keine Angst vor dir habe, oder? Das ich fühle nie in Gefahr gewesen zu sein, oder?"
„Ja, das heißt aber nicht, das du nie in Gefahr warst!"
Er sah ihr in die Augen, seine waren wieder Blau.
Sie fühlte Erleichterung, ihre Erleichterung, ihre Liebe, sie vertraute ihm: „Ich war nie in Gefahr bei dir, die Gefahr mir das Genick zu brechen, bestand nie, du warst nicht mal in der Nähe meiner Wirbelsäule, ich hab das gesehen im Spiegel!"
„Vielleicht hab ich mehr Kontrolle wie ich dachte!" sagte er mehr zu sich wie zu ihr.
Er fühlte was sie fühlte und es tat gut. Sie hatte wirklich keine Angst vor ihm, vor dem was er war. Sie liebte ihn, nicht so sehr wie er sie, aber das würde sie wahrscheinlich auch nie können. Zu lange, länger wie ein Menschenleben, hatte er nach ihr gesucht. Und jetzt, da er sie hatte, würde er sterben, tausend Tode wenn man es von ihm verlangen würde, nur um sie zu schützen. So intensiv kann das ein Mensch nicht fühlen. Aber das war ihm egal, sie liebte ihn, so sehr wie sie konnte und das reichte ihm. Sie vertraute ihm, obwohl sie wusste was er war, was er tat und was er ihr antun könnte.
Auf einmal viel etwas von Bett, ihre Tasche. Sie sahen nach unten.
Lilly zeigte auf die Tasche: „Hast du die geholt?" Sie überlegte kurz: „Blöde Frage wer denn sonst! Schon klar!"
Luke lachte: „Ich weiß was mit deinen Sachen passiert ist, die konntest die nicht mehr anziehen. Und da es schüttet wie aus Eimern, es also bewölkt ist, bin ich kurz zu dir nach Hause und hab was eingepackt!"
„Wie kommst du....?" Wieder winkte sie ab: „Vergiss es!"
„Ich komm in deine Wohnung, bin ich vorher auch!"
„Ich weiß!"
Sie sah ihm wieder in die Augen, legte ihm die Hände auf die Schultern, zog ihn sanft zu sich, rutschte nach hinten ins Bett. Er blockte ab.
„Komm!" sagte sie: „Komm schon, bitte! Ich .. ach Lukas..!" quengelte sie.
„Jetzt nennst du mich nicht mehr Luke?"
„Mmh, ja. Vielleicht kommst du dann zu mir!"
„Warum?"
„Weißt du das nicht?"
Luke lächelte, ließ sich langsam von ihr aufs Bett ziehen: „Ich weiß was du fühlst, nicht was du denkst!"
„So, ich dachte du würdest es riechen?"
Luke ließ sich von ihr ganz nah an ihren Körper ziehen, schnupperte an ihrem Hals. Ein kichern entfuhr ihr: „Hey, das kitzelt! Und was riechst du?"
„Nicht viel, ....also nicht mehr wie sonst!"
„Und das sagt dir was!"
Langsam drehte er sich mit ihr auf die Seite, schlang einen Arm um sie und legte sein Bein über ihre Hüfte.
Lilly kuschelte sich eng an ihn, Zufriedenheit strömte durch ihren Körper.
Sanft fuhr er ihr über die Wange, ihren Oberarm, er küsste sie zärtlich auf die Stirn, ihre Zufriedenheit durchströmte ihn. Er wusste das es ihre Gefühle waren, aalte sich seelisch förmlich darin. Es tat so gut, das zu fühlen, das zu spüren. Auf einmal war er froh, das sie ihn dazu gebracht hatte, doch so weit zu gehen.
Sie spürte das: „Nicht mehr böse auf mich?"
„Was? Warum? Ich war nie böse auf dich!"
„Obwohl ich dich dazu, in gewisser Weise, gezwungen habe?"
„Gezwungen klingt irgendwie so hart! Überredet den letzten Schritt zu tun, kommt dem wohl näher!"
„So?"
Er rieb sein Gesicht an ihren Haaren: „Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, das ich es jetzt bereue."
„Jetzt?"
„Als ich gesehen habe, wie du .... wie ich dich zugerichtet habe, ja, da hab ich es bereut. Aber jetzt bin ich ganz.."
„Froh?"
„Warum frägst du mich, du fühlst es doch!"
„Ja! Und das find ich immer noch etwas merkwürdig!"
„Beruhigt es dich, das es mir genauso geht?"
Lilly kicherte an seiner Brust, er merkte wie sie nickte: „Fühlst du doch!"
Luke lachte: „Ja tu ich und noch mehr!"
„Heißt das Fragen wie, liebst du mich? Vertraust du mir? Oder wie geht es dir? Gehören der Vergangenheit an?"
„Mmh, nicht unbedingt! Ich will ja nicht die ganze Zeit in deiner Gefühlswelt rumstreunen!"
„Als ob ich dich davon abhalten könnte!"
„Wahrscheinlich nicht! Aber ich glaube, das ich, wie bei deinem Geruch, gewissermaßen desensibilisiert werde. Ich schätze, ich werde irgendwann nur noch sehr intensive Gefühle merkte, oder wenn du sie mir schickst. Frag mich aber bitte nicht wie!"
Lilly kicherte wieder nur als Antwort.
„Müde?" fragte er.
„Merkst du das?" Beide schwiegen eine Zeit lang
„Ein bisschen!" gab sie schließlich zu.
„Hunger!" das war keine Frage von ihm.
„Ist das meiner oder deiner?"
„Glaub mir, meiner fühlt sich anders an!"
„Mmh"
Luke ließ sie los, sie raunte leise, er stand auf: „Ich will dir nur was zu essen machen!"
„Kannst du das? Du brauchst doch nichts essen!"
„Da heißt nicht, das ich nicht weiß wie man das macht. Nur was den, ..wie soll ich sagen,.. Geschmack ist der falsche Ausdruck,.... du musst schauen ob es dir schmeckt. Ich riech ja was ich koch und kann mir ungefähr denken wie es schmeckt."
„Kannst du essen?"
„Im Prinzip schon, aber warum etwas tun, was nicht nötig ist?"
Noch während er redete, war er schon an der Tür und verließ das Zimmer.

Lilly drehte sich herum, döste ein. Nach einer Weile, sie wusste nicht wie lange, stieg ihr ein verlockender Geruch in die Nase. Sofort fing ihr Magen an zu knurren.
Schnell stand sie auf, folgte dem Geruch zur Tür hinaus, die Treppe runter und in die Küche.
Sie sah Luke am Herd stehen, in irgendetwas herumrühren. Noch bevor sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, hörte sie Lukes leise Stimme: „Ja schau mal an, wer da aus dem Bett gefallen ist!“
Sie kicherte leise, ging näher zu ihm herum, legte ihm, als sie hinter ihm stand die Arme um den Oberkörper. Luke merkte, wie sie versuchte ihm über die Schulter zu schauen.
„Was ist?“
„Nix, ich will nur schauen was du da machst?“
Es sah aus wie Rühreier, aber da war noch einiges anderes mit in der Pfanne.
„Mmh!“ machte sie.
„Was?“
„Was machst du da?“
„Essen.“
„Haha, ich will wissen was du da alles reingemacht hast?“
„Alles!“ sagte Luke kichernd.
„Wie alles?“ fragte sie leicht entsetzt.
Jetzt lachte Luke auf: „Bevor du meckerst, probier erst mal!“
Er nahm eine Gabel, spießte etwas auf und hielt es ihr, über seine Schulter, vor die Nase.
Als sie nicht sofort darauf reagierte, drehte Luke seinen Kopf etwas zu ihr herum, zog leicht die Schulter, auf der ihr Kopf lag, nach oben: „Was denn? Da probier! Oder traust du mir nicht!“
„Was hast du da alles drin?“
„Probier!“
Lilly griente, machte den Mund auf, ließ sich das Mischmasch in den Mund stecken und begann langsam darauf herum zu kauen.
„Und?“ fragte er nach einer Weile, als sie immer noch nichts gesagt hatte
„Mmh, naja, man kanns essen!“
„Man kann? Also wenn man muss! Wenn du es nicht willst, dann…“ er nahm die Pfanne vom Herd, machte mit dem Fuß den Mülleimer auf, der neben ihm stand und kippte die Pfanne leicht zur Seite.
„Nein!“ Sie hielt ihm den Arm fest: „Nicht! So war das nicht gemeint!“
Luke fing an zu lachen: „Ach jetzt so?“
„Lu-uke!“
„Ja-ha!“
Er stellte die Pfanne wieder auf den Herd: „Was jetzt?“
„Was ist da drin?“
Luke lachte wieder auf: „Vieles!“
„Aha und was, also Eier, dann Rot….Paprika?“
„Paprika, Tomate,…“
„Und grün... Gurke, nee, oder?“
Luke schüttelte den Kopf: „Zucchini!“
„Mmh, die hast du nach den Eiern reingemacht?“
„Ja, warum?“
„Dann musst du etwas höher schalten und noch etwas anbraten lassen, damit sie etwas weicher werden!“
„Mmh!“ war alles was Luke von sich gab, aber er drehte den Herd heißer, rührte nochmals um und sah sie dann an: „Ok, wenn du es sagst!“
Lilly kicherte, ging etwas zurück und wollte sich auf die Arbeitsplatte setzten. Als sie die Arme hinter sich abstützte und sich hochdrücken wollte, spürte sie wie es an ihren Rippen stach, ein kurzes „Uff!“ entfuhr ihr und Luke stand plötzlich vor ihr, legte seine Hände an ihre Hüfte und hob sie nach oben, setzte sie auf der Arbeitsplatte ab und sah sie an.
„Schau nicht so!“
„Wie denn?“ fragte er kleinlaut und seine Stimme klang genauso trübsinnig wie er aussah.
„So traurig! Lass das mit den Schuldgefühlen!“
„Wie kommst du darauf, dass ich …“
Lilly legte den Kopf schief, sah ihn an, legte ihm die Arme auf die Schultern: „Hast du was vergessen?“
„Nein!“
„Warum frägst du dann!“ sagte sie leise.

Luke strich ihr wieder über die Arme, Lilly merkte wie er sie wieder ansah und sofort spürte sie wieder wie leid es ihm tat.
Sie sah an sich herab, nur mit einem T-Shirt von sich bekleidet, sah man die blauen Flecken an ihren Beinen, bis zu den Oberschenkeln hinauf. Luke strich zärtlich über ihre Oberschenkel und sofort verstärkten sich seine Gefühle.
Lilly seufzte auf: „Ach Luke.“ Sanft strich sie ihm durch die Haare, fuhr mit beiden Händen in sein Genick und zog sein Gesicht ganz nah an ihres: „Tu das nicht, es ist nichts passiert!“ flüsterte sie.
„Das nennst du nichts?“ fragte er leise, strich wieder über die blauen Flecken an ihren Beinen.
Lilly lächelte sanft: „Ich bezweifle das ich das einzige weibliche Wesen bin, was je blaue Flecken bei so was abbekommen hat!“ sagte sie amüsiert.
„Vielleicht! Aber bestimmt nicht beim ersten Mal!“
„Wieso…woher..? Ach vergiss es, ich habs dir ja erzählt!“
„Außerdem würde ich es riechen, wenn jemand anderer dir so nahe gekommen wäre!“

Lilly wusste nicht einmal warum, aber sie begann nachzudenken:
Ja, es war das erste Mal, aber….
„Wie viel Blut müsstest du riechen, oder merken und was passiert wenn du mein Blut riechen oder schmecken würdest?“
„Bei deinem Blut würden Milliliter, wahrscheinlich schon Tropfen reichen, dann wäre….“
„Was?“
„Keine Kontrolle mehr möglich, ich würde dich..!“
„Töten.“ Sagte sie leise.
Luke, der immer noch sein Gesicht an ihres gelehnt hatte, nickte langsam.
„Aber wieso…ich meine normalerweise blutet es…“ Wieder schwieg sie.
Was hatte ihre Frauenärztin sie damals gefragt, ob sie wirklich noch nie mit einem Mann geschlafen hatte. Als Lilly dies nochmals verneint hatte, hatte sie hatte gefragt, ob sie viel Sport triebe. Lilly hatte ihr gesagt, dass sie als Kind angefangen hatte zu reiten und das eigentlich auch mehrere Jahre gemacht hatte. Ihre Frauenärztin hatte damals nur genickt, ihr gesagt, dass das davon auch kommen könne.
„Was ist?“ wurde sie von Luke in ihren Gedanken unterbrochen.
„Warum?“
„Weil du so irritiert bist!“
„Ich… wann wird das bestimmt?“
Luke zog seinen Kopf zurück, sah ihr in die Augen: „Was?“
„Wer zusammen gehört?“
„Ich weiß nicht, in wie weit?“
„Diese Vorherbestimmtheit, wann ich meine als Mensch warst du das noch nicht, logischerweise!“
„Nein!“
„Wann hat das angefangen?“
„Eine Zeit nach meiner Verwandlung. Ich wurde umtriebig, ich wusste nicht warum oder was ich machen musste. Ich konnte nur nicht lange an einem Ort sein, immer unterwegs. Ich wusste nicht warum, ich bin fast ein ganzes Jahrhundert umhergezogen, angetrieben von irgendetwas. Erst als ich deine Spur gefunden habe und selbst da wusste ich noch nicht genau warum, aber ich konnte es mir denken. Irgendetwas in mir wusste, dass es so sein musste.“
„Aber warum ich, ich meine was wäre gewesen, wenn du mich ehern, sagen wir fünfzehn Jahre oder noch früher gefunden hättest, hättest du es auch gewusst?“
„Der Geruch eines Menschen ändert sich so gesehen nicht. Klar riechen Säuglinge, Kinder und Erwachsene anders, aber im Grund bleibt der Geruch der gleiche.“
„Das heißt?“
„Ich wäre dir nicht mehr von der Seite gewichen, ich hätte dich beschützt, solange bist du alt genug gewesen wärst. Ich hätte dir nichts getan, ich wäre dir gar nicht aufgefallen, oder als…“ er malte Gänsefüßchen in die Luft: „unsichtbarer Freund! Weil außer dir hätte mich niemand gesehen!“
„Also heißt das, du warst seit meiner Geburt auf mich fixiert?“
„Wahrscheinlich schon! Ich weiß es nicht!“ gestand er.

Wieder begann Lilly nachzudenken. Sie hatte ihre Periode nicht bekommen, oder erst sehr spät, sie war fast zwanzig und dann nur unregelmäßig. Alle drei oder vier Monate, deswegen hat ihre Ärztin ihr auch die Pille verschrieben um das wieder regelmäßig zu bekommen.
Die Pille, sie hatte sie nicht dabei, hatte sie zu Hause vergessen. Sie würde ihre…sie musste weg von ihm.
Luke merkte sofort das etwas nicht stimmte: „Was ist?“ fragte er besorgt.
Sie sah ihm in die Augen, sprang von der Arbeitsplatte, wollte sich an ihm vorbeidrängen, aber er hielt sie fest: „Lilly was ist?“
„Ich muss weg!“
„Warum?“
„Luke ich muss!“ Er spürte ihre Unruhe, ihre Sorge.
„Lilly bitte, was ist denn!“ Immer noch hielt er sie am Arm fest.
„Luke!“ sie machte sich los, drehte sich herum und legte beide Arme um ihn: „Bitte, du hast verlangt das ich dir Vertrauen, ohne Wenn und Aber und jetzt bitte ich dich mir zu vertrauen, bitte Luke ich muss weg, jetzt!“ Er hörte ihr drängen in der Stimme.
Sie machte sich von ihm los, drehte sich von ihm weg und lief aus dem Zimmer. Sie rannte die Treppe nach oben, kramte etwas zum Anziehen aus ihrer Tasche, zog sich schnell an und rannte wieder zurück in die Vorhalle.

Luke wartete dort, sah sie an, kam auf sie zu und legte beide Arme um sie: „Ich fahr dich heim!“
Schnell drehte sie sich herum: „Nein! Luke ich muss weg von dir, ich muss Abstand zu dir bekommen, schnell!“
„Warum? Lilly bitte sag warum!“ flehte er.
„Weißt du noch, der schlimmste Fall!“
Luke nickte: „Dein Blut außerhalb deines Körpers!“
„Ich muss weg!“ drängte sie wieder.
Luke merkte, fühlte das sie recht hatte, ihre Angst, ihre Sorge, er ließ sie los.
„Ich kann dir den Mercedes geben, aber den BMW brauch ich!“
Lilly nickte. „Jetzt!“
„Aber?“
„Luke bitte!“ Sie flehte ihn an, Luke spürte ihre Unruhe, hörte ihr jagendes Herz.
„Ok! Komm mit!“
Er nahm sie wieder beim Arm, führte sie an der linken Seite der Treppe vorbei nach hinten. Es wurde dunkler und Lilly realisierte wie anders es hier roch, irgendwie modrig, alt.
Sie mussten sich in einem Teil des Hauses befinden, welches er noch nicht hatte renovieren lassen. Sie sah kaum etwas, ließ sich aber von ihm ziehen. Schließlich erreichten sie eine alte Holztür. Luke zog sie auf, griff nach rechts und Lilly sah wie Licht anging. Sie stand in der Tür, sah in einen großen Raum, der von der Größe her fast das ganze Haus unterkellerte. Sie sah den schwarzen BMW stehen, daneben das rote Cabrio, weiter hinten sah sie noch mehrere abgedeckte Dinge stehen. Zu gerne hätte sie darunter nachgeschaut. Aber im Moment drängte die Zeit, sie hatte seit drei Tagen ihre Pille nicht genommen, Das heißt, bald würde es anfangen und dann musste sie weg von ihm sein, weit weg. Er blieb stehen, zeigte auf das Cabrio: „Schlüssel steckt!“ sagte er knapp.
Lilly merkte wie sich seine Gefühle verstärkten, Kummer, Sorge, Traurigkeit, ihr war gar nicht bewusst, wie viele Gefühle man auf einmal haben konnte.
Lilly drehte sich zu Luke herum, strich ihm über die Wange, küsste ihn sanft auf die Lippen.
„Hör mir bitte zu, bleib von mir weg, bis ich mich melde und dir Bescheid gebe, ok, bitte Luke!“
Er nickte, auch wenn sie merkte wie sich seine Gefühle überschlugen, sie fluteten sie förmlich.
Langsam ging sie von ihm weg, strich im Vorbeigehen an der Motorhaube das Cabrios entlang, sie drehte sich nochmals zu ihm herum, griff nach dem Türöffner: „Und wie komm ich raus?“
„Fahr bis zum Tor und hup einfach, ich mach dir auf!“
Langsam stieg sie ein: „Luke bitte, hör auf mich, bleib weg von mir, bis ich dir bescheid gebe, ok!“
Wieder nickte er nur, lief an ihr vorbei und zog das alte Holztor auf, damit sie raus fahren konnte.
Langsam fuhr sie rückwärts, fuhr an ihm vorbei, sah ihn dabei an: „Bitte hör auf mich!“
Wieder nickte er: „Fahr vorsichtig, ok!“
Jetzt nickte sie: „Mach ich!“ Sie fuhr auf den Hof, danach die Allee entlang und als sie vor dem eiserenen Tor stand, drückte sie auf die Hupe.

Luke hatte das Garagentor wieder zugemacht, war langsam zurück in die Vorhalle gegangen und wartete jetzt darauf, es hupen zu hören. Er konnte nicht aufhören zu grübeln, warum wollte sie so schnell weg, warum hatte sie es so eilig. Irgendwie fühlte er jetzt, wie er ihr wohl die ganze Zeit gegangen war, wenn er einfach gehen musste, ohne Erklärung.
Nach einer Weile hörte er die Hupe, drückte auf den Türöffner und merkte wie ihre Gefühle schwächer wurden, allerdings wusste er das er sie nie ganz verlieren würde.

Lilly fuhr nach Hause, auf eine Art froh Abstand zu ihm zu haben, obwohl sie es nicht wollte, aber sie wusste das es im Moment das richtige war.

Nach ein paar Tagen, es war bereits Abend, merkte sie, als sie im Bett lag wie sehr sie ihn vermisste. Es wurde immer mehr, umso länger sie von ihm getrennt war. Plötzlich klingelte das Telefon, sie erschrak, tapste barfuß ins Wohnzimmer, griff nach dem Hörer: „Ja!“
„Warum tust du das dann?“
Sie griente: „Was mach ich Luke?“
„Abstand halten, obwohl du es nicht willst!“
„Weil es im Moment besser ist, glaub mir!“
„Warum?“ quengelte er.
„Weißt du noch, Blut außerhalb meines Körpers?“
„Ja!“
„Im Moment ist das aber so, ich will nicht…ich will dich nicht noch mehr…also ich will nicht das du die Kontrolle verlierst oder auch nur mehr um sie ringen musst, verstehst du!“
„Mmh!“
„Ich meld mich, wenn es wieder geht, versprochen!“
„Wie melden, ich dachte du kommst zurück, du hast immer noch ein Auto von mir!“ Sagte er amüsiert.
„Ja, ja ich weiß!“ sagte sie kichernd: „Ich denke Ende der Woche wird es wieder gehen!“
„Ok! Ende der Woche!“
„Ja, dann kriegst du dein Auto wieder!“
„Ach Lilly!“ sagte er vergnügt.
„Du merkst das?“ fragte sie unvermittelt.
„Was?“
„Das ich dich…“
„Vermisse?“
„Ja!“
„Natürlich, zwar nicht so stark, wie wenn du bei mir bist, aber ich fühle alles!“
„Na toll, du sollst nicht stromern!“
Luke fing an zu lachen: „Mach ich nicht!“
„Machst du wohl!“ konterte sie.
„Also gut, bis dann, ich lass dich dann schlafen!“
„Woher..? Vergiss es! Gute Nacht!“
Wieder hörte sie Luke nur lachen.
„Ja ja lach du nur!“
„Gute Nacht!“ sagte er leise.
Lilly legte auf, tapste zurück ins Bett, legte sich hin und war irgendwie beruhigter, komischerweise ging es ihr besser. Nach einer Weile schlief sie ein.

Nach weiteren drei Tagen entschied Lilly lang genug von ihm getrennt gewesen zu sein. Sie hatte etwas länger gewartet, da sie befürchtete, Luke würde selbst die geringste Spur ihres Blutes wittern und das was dann wahrscheinlich passieren würde, wollte sie auf keinen Fall provozieren.
Sie packte ein paar Sachen in eine weitere Tasche und ging langsam die Treppe nach unten, sie ging zum Cabrio, das immer noch vor ihrer Haustür stand. Sie warf die Tasche auf den Beifahrersitz, die nächsten zwei Wochen hatte sie Urlaub. Lilly hatte sich dazu entschieden zu versuchen, diese Zeit bei ihm zu bleiben, ob er es wollte oder ertrug wusste sie nicht. Aber wenn nicht konnte sie ja immer noch weg von ihm.
Sie stieg ein, das Verdeck hatte sie die ganze Zeit offen gehabt, erstens hatte es nicht geregnet und zweitens wusste sie nicht wirklich wie es ganz zu ging und kaputt machen wollte sie nichts. Langsam fuhr sie stadtauswärts, sie hatte ehrlich gesagt Gefallen daran gefunden mit einem Cabrio durch die Gegend zu fahren.
Als sie den Wald erreicht hatte, fuhr sie etwas langsamer, ganz sicher wo sie abbiegen musste, war sie sich nicht. Sie wusste nur das ungefähr in der Hälfte abfahren musste. Schließlich sah sie den kleinen Weg, zumindest hoffte sie das er es war. Sie stand unschlüssig auf der Straße, überlegte ob es der richtige Weg war.
Falls nicht, dachte sie, verfahr ich mich und bleib dann halt irgendwo im Wald stehen bis es dunkel wird und dann wird er mich finden. Sie musste über sich selbst grinsen, langsam fuhr sie weiter. Nach einer ganzen Weile war sie sich nicht mehr sicher, ob sie wirklich richtig war. Der Weg hatte sich zwar langgezogen, aber so lang, fragte sie sich. Erst als sie vor dem überwachsenen Tor stand, war sie sich sicher das sie den richtigen Weg genommen hatte.
Soll ich hupen? Fragte sie sich, aber bevor sie sich entschieden hatte, hörte sie wie das schwere Tor langsam aufschwang.
Woher..? Irgendwie wirst du mir unheimlich, dachte sie. Woher wusste er, was hatte sie verraten? Das musste sie ihn fragen.

Sie fuhr die Allee entlang, blieb auf dem Vorplatz stehen und überlegte wo die Garage war. Irgendwo hinter dem Haus, zumindest glaubte sie das. Sie hatte nicht darauf geachtet, als sie von ihm weggefahren war. Also entschied sie das Auto einfach da zu parken, wo sie gerade stand. Sie sah zu dem Haus hinüber und wieder beschlich sie ein merkwürdiges Gefühl. War sie zu schnell zu ihm, was, wenn er noch etwas roch, was sollte sie dann machen. Kam sie dann schnell genug von ihm weg? Er hatte recht das sie sich nicht wehren konnte gegen ihn.

Langsam stieg sie aus, das Gefühl wurde stärker, je näher sie der Haustür kam. Noch bevor sie die Klinke in der Hand hatte, merkte sie wie die Tür aufgezogen wurde.

Luke hatte sie schon gespürt, ihre Gefühle. Noch bevor sie das Tor erreicht hatte,wusste er das sie nah war, ihre Gefühle hatten sich verstärkt und selbst wenn er sie immer gefühlt hatte, verstärkten sie sich umso näher sie ihm kam. Aber jetzt hatte ihre Angst gemerkt, aber den Grund wusste er nicht und das machte ihm Sorge. Nichts auf seinem Gelände konnte ihr Angst machen, oder war eine Gefahr für sie und außer ihr war niemand anderer hier. Deshalb war an die Tür gekommen und hatte sie aufgemacht. Allerdings konnte er nicht vor die Tür, die Sonne stand zu hoch. Die Strahlen reichten bis in die Mitte des Foyers, also blieb er hinter der Tür stehen, wartete bis sie eingetreten war.
„Alles ok? Was ist?“ fragte er hörbar besorgt.
Lilly spürte seine Sorgen: „Ja, ich glaube schon!“
„Du glaubst?“
„Ich hoffe es!“

Sie kam auf ihn zu, umarmte ihn zögerlich.
„Alles ok?“ fragte er wieder, als er seine Arme um sie legte.
Lilly lehnte sich in seiner Umarmung zurück, sah ihm in die Augen: „Merkst du etwas?“
„Was soll ich merken? Außer deinen Gefühlen!“
Sie legte den Kopf zur Seite, stieß mit dem Fuß die Tür zu: „Ich meine riechst du etwas?“
Luke kam näher an sie, zog sie enger an sich, legte sein Gesicht in ihre Halsbeuge und Lilly merkte wie er die Luft einsog. Nach einer Weile zog er den Kopf zurück, sah sie wieder an: „Nichts, also nur das was ich sonst auch rieche!“
„Keine…. Kontroll….probleme?“
Luke schüttelte den Kopf: „Nein! Warum?“
„Nur so!“
„Komm schon was ist los? Warum musstest du so schnell weg?“
„Ach, jetzt frägst du mich das?“ Sie lehnte sich wieder in seiner Umarmung zurück: „Und wie fühlt sich das an, nicht alles zu erfahren?“
„Als ob du das nicht merken würdest! Ich geb ja zu, das war nicht fair von mir, aber ich hatte keine Wahl!“
„So wie ich!“
„Aber warum?“
Lilly fing an zu lachen, machte sich aus seiner Umarmung los und ging in das Wohnzimmer, setzte sich auf eine Couch, zog die Beine an und wartete das er ihr folgte. Was er auch tat, langsam, geradezu zögerlich kam er auf sie zu, setzte sich neben sie: „Also, meinen Grund weißt du, was ist deiner?“
„Mmh!“ machte Lilly, konnte sich nur schwer ein grienen verkneifen: „Vielleicht sollte ich so lange warten wie du mich hingehalten hast!“
Luke holte tief Luft: „Ach Lilly komm schon, bitte.“
Sie grinste: „Hach, also gut, pass auf…“ sie holte tief Luft: „Ich weiblich, ich Mensch!“ Sie zog jedes Wort in die Länge, sah ihn an, kicherte leise, als Luke sie ziemlich irritiert ansah.
„Ich… hatte... meine… Periode und in der Zeit ist es vielleicht, oder wahrscheinlich besser, wenn ich von dir fernbleibe, weil wie hast du gesagt, Blut außerhalb meines Körpers ist gravierend. Also war das der beste Weg und wahrscheinlich der einzige, der mir in der Zeit bleibt!“
Luke sah sie an und lächelte: „Ach so!“ sagte er zögerlich.
„Verstehst du jetzt warum ich so schnell weg musste?“ Wieder nickte er.
„Heißt das, das du jetzt jeden Monat für ein paar Tage weg bleiben musst?“
„Ich weiß nicht!“ sagte sie. „Aber ich glaube du müsstest es vorher riechen, wenn ich….also…kurz vorher!“
„Das ist das was sich geändert hat, oder?“
„Wie?“
„An deinem Geruch, oder. Deswegen, aber wieso hab ich das nicht schneller gemerkt, wieso erst so spät, müsste ich das nicht vorher merken?“
„Ich denke, also du riechst die Hormonveränderung, aber dadurch das ich die Pille nehme, wirst du den Unterschied nicht so deutlich wahrnehmen. Wahrscheinlich erst dann, wenn ich kurz davor bin!“
„Das heißt also…?“
„Das du mir sagen musst, wenn sich mein Geruch wieder auf diese Weise ändert, damit ich von dir wegkomme, bevor es zu spät ist!“
Luke nickte, strich ihr sanft über den Oberarm: „Wenn es sein muss!“
„Ja, muss es! Schon allein um dich nicht….!“
„Wohl eher damit es für dich nicht gefährlich wird!“
Lilly zuckte mit den Schultern: „Zumindest weiß ich, dass die nächsten drei Wochen ungefährlich sind, zumindest in dieser Hinsicht!“
„In dieser Hinsicht?“
„Ja-ha!“
„Ich weiß nur nicht, ob ich das wirklich so registriere wie du das denkst!“
„Ich bin mir fast sicher, ich hab nachgedacht! Und vieles, was ich weiß, was mir gesagt wurde und was normalerweise ist, ergibt Sinn, wenn ich es mir recht überlege. Und wenn ich so darüber nachdenke, bin ich mir ziemlich sicher, das ich wirklich das bin, was wir glauben!“
„Wieso erst jetzt?“
„Weil es eigentlich der einzige Grund ist, warum manche Dinge so sind wie sie sind!“
„Inwiefern?“
„Naja, zum Beispiel warum ich mit dir schlafen konnte, ohne das es naja…du weißt schon und warum ich meine Periode nur ab und zu bekommen habe, zumindest bevor ich die Pille, deswegen bekommen habe.“
„Was meinst du mit ab und zu?“
„Naja, alle drei oder vier Monate einmal, das würde heißen ich bräuchte nicht so oft von dir weg sein!“
„Zumindest nicht jeden Monat eine Woche, sondern wenn nur…“
„Drei oder viermal im Jahr, ja, genau das mein ich. Wieso ist mein Körper so. Außer ich bin dafür vorgesehen mit jemanden…“
„Mit jemanden wie mir zusammen zu sein!“
Lilly sah ihn an, strich ihm über die Wange, flüsterte: „Ja genau.“
Luke lachte leise: „Wolltest du deswegen wissen, wann wir theoretisch für einander ….bestimmt wurden?“
Langsam nickte Lilly, ließ sich von ihm an seine Brust ziehen. Luke legt beide Arme um sie, drückte sie nah an sich. Lilly zog die Beine auf die Couch, legte sich bequem hin.
Nach einer Weile, merkte sie wie es ihr irgendwie langweilig wurde.
Sie wusste das die Sonne schien und irgendwie wollte sie nach draußen, zu gerne wollte sie alles erkunden, aber sie wagte es nicht, Luke zu fragen. Irgendwie hatte sie das Gefühl es wäre falsch, jetzt wo sie wieder bei ihm war, wollte sie einfach durch die Gegend streifen. Ihn alleine lassen, in der Sonne herumstreifen und ihn hier drinnen lassen. Er durfte ja nicht raus.

Sanft stupste er sie an: „Was ist? Was ist los?“
„Nichts! Warum?“
„Weil ich etwas fühle, irgendwie merkwürdig, ich weiß es nicht richtig, deine Gefühle sind irgendwie verworren! So als ob du selbst nicht weißt, was du fühlst!“
Lilly kicherte: „Wahrscheinlich weiß ich es wirklich nicht!“
„Wahrscheinlich? Ok, du weißt nicht was du fühlst? Was denkst du?“
Lilly fing an zu lachen.
„Warum lachst du?“
„Normalerweise fragen Frauen immer Männer so was!“
Jetzt kicherte Luke: „Mag ja sein, aber mich interessiert es einfach!“
„Ich denke….ich würde gerne…“ Sie winkte ab: „Vergiss es!“
Luke drückte sie fester an sich, drückte sein Gesicht in ihre Haare: „Komm schon, was denn, raus damit!“
Sie hob den Kopf, sah ihn in die Augen: „Ich …würde gerne wissen, wie es draußen aussieht. Wie groß ist das Gelände? So was halt!“
Luke richtete sich auf, strich ihr mit beiden Händen über das Gesicht: „Dann geh doch! Ich halt dich nicht auf! Wenn du willst kannst du gerne draußen rumstromern. Hier passiert dir mit Sicherheit nichts!“
„Aber dann bist du doch alleine!“
Luke lachte auf, aber Lilly merkte seine Traurigkeit, als er sagte: „Alleine bin ich schon eine ganze Weile, außerdem bin ich ja nicht alleine, du stromerst halt draußen rum, aber ich hab dich doch noch ne weile bei mir, zumindest bist du wieder wegmusst! Also ungefähr drei Wochen, unterbrochen vom Arbeiten!“
„Naja, also wenn es dir wirklich nichts ausmacht, außerdem hab ich zwei Wochen Urlaub! Und wenn du mich nicht loshaben willst, bleib ich die ganze Zeit hier!“
Jetzt drückte er sie wieder fester an sich: „Um nichts in der Welt, will ich dich loshaben. Nochmal, umso näher du mir bist umso lieber ist es mir, was aber nicht heißt das ich dich hier einsperren werde! Du kannst jeder Zeit gehen, wohin du willst!“
Lilly griente, drückte ihm sanft einen Kuss auf die Lippen: „Ich bin doch so furchtbar neugierig!“ sagte sie und klang wie ein kleines Kind.
Zärtlich strich er ihr wieder über das Gesicht, zog sie nah an sich und flüsterte: „Ich weiß doch!“
Lilly sah ihn traurig an, aber er merkte das sie sich nicht so fühlte.
„Also komm, geh, raus, stromere rum, soviel du willst, solange du bitte im Gelände bleibst!“
„Warum im Gelände?“
„Nur damit du in Sicherheit bist! Nochmal hier passiert dir nichts, allerdings glaube ich nicht das du die Grenze des Geländes erreichst, zumindest nicht zu Fuß und bestimmt nicht heute!“
„Wie kannst du dir so sicher sein?“
Wieder zog er sie näher zu sich: „Weil du keine Ahnung hast, wie groß das Gelände ist!“
„So groß?“
„Groß genug, das du es nicht an einem Tag von hier bis zur Grundstücksgrenze schaffst! Es würde dunkel sein, bevor du den größten Teil der Strecke überwunden hättest und dann würde ich dich einholen!“
Lilly kicherte, machte sich vorsichtig los und setzte sich richtig auf die Couch: „Das heißt ich darf?“
„Gott, du brauchst mich doch nicht fragen, wenn du etwas möchtest. Du weißt doch, das du alles bekommst was du willst und wenn du dich hier umschauen willst, halt ich dich nicht davon ab!“
Lilly holte tief Luft, sah Luke von der Seite her an.
„Also los, geh! Verlauf dich aber nicht!“
Als Antwort stieß sie ihm den Ellenbogen in die Seite, Luke zuckte zusammen, Lilly streckte ihm die Zunge raus, stand auf und lief aus dem Zimmer.

Sie wollte gerade zur Haustür heraus, als Luke sie festhielt: „Komm, geh hinten raus, über die Terrasse!“
„Terrasse?“
Luke nickte, streckte ihr seine Hand entgegen und als Lilly nach dieser griff, zog er sie fest an sie, hob sie hoch und sah sie an.
„Augen zu?“ fragte sie.
Luke nickte, rieb dabei sein Gesicht an ihrem.
Also schloss sie die Augen, merkte wieder diesen Luftzug an ihrem ganzen Körper.
Kurz darauf stellte Luke sie wieder auf die Beine, Lilly hatte immer noch die Augen geschlossen.
Als sie die Augen öffnete, stand sie in einem großen Raum, der die gesamte Stirnseite des Hauses einnahm.
Große Fenster die vom Boden bis zur Decke reichten, ebenfalls mit dunklen Vorhängen versehen, hatten den Raum mit Sicherheit früher mit Licht geflutet. Jetzt war er ganz abgedunkelt, sie sah an der gegenüberliegenden Wand eine große Couch, sowie mehrere Sachen, die aber alle abgedeckt waren. Außerdem sah sie einen riesigen Karmin, in den sie sich hineinstellen konnte und sich mit Sicherheit nicht den Kopf anschlagen würde. Luke zeigte auf die Mitte der Fensterfront: „Dort ist eine Terrassentür, durch die kommt man in den Garten!“
Lilly ging an Luke vorbei, schob den Vorhang etwas zur Seite und spähte nach draußen. Die Sonne schien hell, sie sah ein weißes Plateau, welches eingesäumt war, von einem circa hüfthohen Geländer, welches ähnlich wie das im Haus war. Kleine Säulen, ebenfalls ganz weiß und ineinander geschwungen, fungierten als Stützen.
Lilly drehte sich zu Luke herum, sah ihn an. Immer noch fühlte sie sich irgendwie schuldig, ihn allein zu lassen.
Luke kam näher zu ihr, drückte ihr sanft einen Kuss in ihr Genick: „Keine Schuld, viel Spaß beim rumstromern. Komm geh schon, wenn du nicht zurück bist, bis es dunkel ist komm ich dir hinterher, ok?“
Lilly nickte, öffnete die Terrassentür ein Stück und schlüpfte vorsichtig hinaus, sie wollte ja nicht, das die Vorhänge aufschwangen und die Sonne hineinließen.

Sie trat hinaus auf eine weiß geflieste Terrasse, welche, genauso wie der Raum, die gesamte Stirnseite des Hauses ausfüllte. Direkt in der Mitte führte eine fast drei Meter breite, weiße Steintreppe nach unten. Das Geländer war, so wie schon von ihr erahnt, ebenfalls in diesem weißen Stein, immer wieder stützen kleine Steinsäulen es ab und ganz unten standen, auf zwei hüfthohen, viereckigen Podesten, zwei Adler mit ausgestreckten Flügeln. Diese waren, wie nicht anders zu erwarten, ebenfalls aus diesem weißen Stein gehauen. Langsam stieg Lilly die große Treppe herab, ließ dabei ihre Handfläche über den glatt geschliffenen Stein gleiten. Erst jetzt, in der strahlenden Sonne so sie in dem Weiß feine, fast silberfarbene Marmorierungen. Fassungslos fuhr sie nochmals über das Geländer, sah auf die Stufen und ein Stück weiter nach oben. Alles, also der gesamte weiße Stein war marmoriert.
Ist das alles weißer Marmor? Fragte sie sich. Aber der ist doch nicht gerade billig und früher war der bestimmt schwer zu beschaffen, oder nicht?
Langsam schritt sie die Treppe weiter nach unten, blieb auf der letzten Stufe stehen und sah sich die Steinadler an, auch hier entdeckte sie feine Marmorierungen.
Sie sah sich etwas um, ein paar Meter vor ihr, sah sie einen Weg der zwischen zwei übermannshohen Hecken hindurchlief, allerdings schien er nicht weit zu gehen, denn sie sah bereits von ihrem Standpunkt aus, das eine weitere Hecke diesen Weg nach ein paar Metern abschnitt. Dennoch entschied sie den ebenfalls mit weißen Kieseln ausgelegten Weg zu beschreiten, denn sonst hätte sie über die Wiese gehen müssen. Obwohl Wiese es nicht unbedingt traf, es war kurzgemähter Rasen, dicht und selbst bei diesem Sonnenschein, saftig grün.
Darüber, entschied sie, werde ich vielleicht nicht laufen, sieht so nach englischen Rasen aus, gepflegt und nicht dafür gedacht, dass man darauf rumrennt.
Also ging sie auf dem Weg, welcher zwischen den Hecken hindurchführte und bemerkte, als sie dem scheinbaren Ende des Weges näher kam, das dieser nicht aufhörte, sondern sich in zwei Hälften teilte. Eine führte nach links, die andere nach rechts. Zuerst stockte Lilly, überlegte wohin, welchen Weg sie gehen sollte. Letztlich entschied sie sich für den rechten Weg. Sie merkte wie der Weg breiter wurde, sodass sie selbst mit ausgestreckten Armen nicht beide Seiten der Hecke berühren konnte. Als sie nach vorne sah, entdeckte sie das wieder eine Hecke den Weg beenden würde, aber auch diesmal merkte sie als sie dem Ende näher kam, das der Weg nur eine neunziggrad Wende nach rechts machte.
Ein Labyrinth, dachte sie mit gemischten Gefühlen. Was wenn ich mich wirklich verlaufe und wie groß das wohl ist? Dann wart ich halt bis es dunkel wird, er wird ja wohl wissen, wie man hier rauskommt, entschied sie und ging langsam weiter. Schließlich kam sie wieder an eine T-Kreuzung, wieder hatte sie die Wahl ob Links oder Rechts. Diesmal entschied sie sich für links, da sie wahrscheinlich sonst im Kreis laufen würde. Wieder erreichte sie nach einigen Metern eine Kreuzung, diesmal waren es aber drei Wege zur Auswahl. Sie sah in alle drei Richtungen, sah an der nächsten Abbiegung des rechten Weges, eine Steinsäule stehen, worauf aber nichts mehr stand und als sie nach links sah, sah sie eine Steinsäule, auf dem eine Figur, zumindest ein Rest einer Figur stand. Nur gerade aus, konnte sie nichts erkennen, also entschied sie sich diesen Weg zu nehmen. Wieder ging sie einige Meter, bis sie schließlich einen runden Platz erreichte. Ebenso ganz mit diesen weißen Kieseln ausgelegt, mehrere Wege führten von dem Platz oder zu dem Platz, je nachdem wie man es sah. Immer dort wo gerade ein Stück Hecke verlief, stand etwas. Entweder eine Säule mit einer Statue oder ein Stück Stein, manche weiß, manche grau. Sie sahen aus wie Bänke. Aber am imposantesten war er riesige, weiße Brunnen. Vier Schalen, nach oben kleiner werdend, bis zur Spitze wo zwei Delfine ineinander geschlungen thronten. Die Außenseite wie Federn verschnörkelt, so groß das man in der untersten Schale als Erwachsener schwimmen konnte. Fasziniert blieb sie stehen, sah den Brunnen an, setzte sich schließlich auf einer der vermeintlichen Bänke, welche direkt links neben ihr war und versuchte sich vorzustellen wie es wohl aussah, wenn Wasser lief.
Wie lange sie dagesessen hatte, wusste sie nicht, aber sie war sich sicher, noch mehr derartiges hier zu entdecken. Daher ging sie, auch wenn es ihr schwer fiel sich von diesem Bild loszureißen, wieder zwischen den Hecken auf dem Weg weiter.
Nachdem sie wiedermal einige Male nach links und rechts abgebogen war, erreichte sie das Ende des Labyrinthes.
Lilly sah eine scheinbar endlose Wiese, die im Vergleich zu der anderen schon fast verwildert aussah. Das Gras reichte ihr, als sie weiterlief, bis über die Hüfte. Teilweise sah sie Wildblumen, die sie schon lange nicht mehr auf Wiesen oder Feldern gesehen hatte. Langsam ging sie weiter, ließ ihre Hände über die Halme gleiten.
Nach einer Weile sah sie auf ihrer rechten Seite einen Wald, sie fragte sich wie weit wohl das Gelände ging. Ob der Wald wohl ganz zu seinem Grundstück gehörte? Aber die Bäume waren noch nicht so groß, so stark wie die in dem Wald, durch den sie gefahren war, um zu ihm zu kommen. Also, schlussfolgerte sie, war dieser Teil wohl nicht so alt wie die anderen Bäume, wahrscheinlich war der Zaun, der das Gelände umgab, ehern dagestanden wie die Bäume. Langsam ging sie weiter, sah nach einer Weile vor sich mehre hohe Säulen, die im Kreis aufgestellt waren. Allerdings schienen ein paar von ihnen umgefallen zu sein. Lilly ging darauf zu, sah, dass die Hälfte der Säulen wohl schon eine Weile dalagen, sie waren schon vom Gras überwuchert, eine sah aus, als ob sie erst vor kurzen umgestürzt war. Es standen noch zwei von ihnen und Lilly vermutete das die gesamten Säulen, als sie noch standen, im Kreis angeordnet waren, wohl als eine Art Pergola. Lilly war sich sicher, das zu der Zeit als die Pergola noch benutzt wurde, bestimmt Blumen entweder daran heraufwuchsen oder in Töpfen drum herum standen. Im Sommer war das hier bestimmt schön, sie würde ihn fragen, beschloss sie. Sobald sie zurück war.
Lilly schaute sich nochmals um, das große Haus stand hinter ihr, sie konnte es gar nicht übersehen. Und da die Sonne ihr ins Gesicht schien, als sie sich wieder herumdrehte um weiterzulaufen, entschied sie, dass es noch nicht so spät war. Also ging sie weiter durch das hohe Gras. Es schien als ob Luke nur einen Teil des Anwesens in gutem Zustand hielt, vielleicht hatte er keine Zeit, dachte sie, dieses Anwesen schien wirklich riesig zu sein und für einen alleine wohl kaum zu bewerkstelligen. Sie hatte nicht mal richtig zu Ende gedacht, als ihr bewusst wurde, was sie da dachte.Vielleicht, dachte sie etwas traurig, hatte er einfach keine Lust mehr, das hier alles zu machen. Für wen denn auch, er konnte es nicht mehr wirklich genießen, zumindest nicht bei Sonnenschein und wenn es dunkel war oder schlechtes Wetter, machte es bestimmt keinen Spaß hier draußen rumzurennen.
Sie war ein ganzes Stück gegangen, als sie eine große, alte Trauerweide zu ihrer linken entdeckte. Unbewusst steuerte sie darauf zu und sah, dass die dünnen Zweige schon lange den Boden erreicht hatten. Der Stamm, entdeckte sie als sie näher kam, war knorrig und dick genug, dass sie mit ausgestreckten Armen nicht darum herum greifen konnte. Erst als sie fast den Baum erreicht hatte sah sie einen See, er war groß genug, dass sie nicht wirklich das andere Ufer entdecken konnte. Nur ein alter, ziemlich verrottet aussehender Holzsteg entdeckte sie zwischen dem hohen Wasserpflanzen und dem Schilf. Am Ende war ein Tau, welches schon ganz grün war, dieses führte ins Wasser. Lilly war sich sicher, dass daran ein Boot entweder befestigt war, oder immer noch ist, wobei vom Boot nichts zu sehen war. Lilly setzte sich unter die Weide, lehnte sich an den Stamm und sah zu wie der Zweige, angestoßen vom Wind immer wieder die Wasseroberfläche streiften. Dort, wo die Zweige das Wasser berührten, hinterließen sie Kreise, die sich über die gesamte Oberfläche des Sees ausdehnten.
Sie sah diesem Wasserspiel eine Zeitlang zu, bis sie bemerkte, dass sich etwas neben ihr bewegte. Erschrocken zuckte sie zusammen, sah zu ihrer Überraschung ein Eichhörnchen was an dem alten Stamm entlangrannte, sie genauso erschrocken ansah, als es sie entdeckte und wie angewurzelt stehen blieb. Zögerlich kam es am Stamm entlang näher zu ihr, hielt immer wieder an und sie sah wie die kleine Nase die Luft einsog. Es kam immer näher zu ihr, es schien keinerlei Angst vor ihr zu haben. Erst als es genau auf Augenhöhe von ihr an dem Stamm saß, drehte es plötzlich ab, begann einen merkwürden Tonfall von sich zu geben, rannte am Stamm nach unten und begann keinen Meter von ihr im Boden zu buddeln. Lilly konnte sich ein kichern nicht verkneifen und das ließ das Eichhörnchen aufhören zu buddeln. Es setzte sich auf die Hinterfüße und sah sie wieder an, mittlerweile hatte es eine Nuss in den Vorderfüßen. Es fixierte sie, stieß wieder diesen Laut aus, der irgendwie wie ein Knurren klang, steckte sich die Nuss ins Maul und rannte wie vom Blitz getroffen senkrecht den Stamm nach oben. Lilly fing an zu lachen, sah ihm nach, wie es in einem kleinen Loch im Stamm verschwand.

Wie lange sie da saß, wusste sie nicht, aber so langsam begann es sie, wohl durch das Wasser zu frösteln. Deshalb stand sie auf, ging ein paar Schritte von der Weide weg und sah sich nochmals um. Die Sonne war am Untergehen und sie sah immer noch nicht das Ende des Anwesens, daher entschied sie, dass es Zeit war zurück zum Haus zu gehen. Erst jetzt bemerkte sie, dass das Haus von einem Hügel verdeckt war. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, das sie bergab gelaufen war. Sie hatte aber auch nicht darauf geachtet, wenn sie ehrlich war, aber sie wusste, dass das Haus in der Richtung liegen musste. Also ging sie los, war etwas erleichtert, als sie den höchsten Punkt des Hügels erreicht hatte und sie das weiße Herrenhaus wieder sah. Die Sonne war fast untergegangen, als sie das Labyrinth erreicht hatte. Kurz überlegte sie, entschied dann, dass sie besser außen herumlief, wie hindurch. Sicher ob sie noch wusste wo sie wann abgebogen war, war sie sich nicht mehr.
Daher ging sie links um das Labyrinth herum und war sich sicher, dass es wesentlich schneller ging wie hindurchzulaufen. Sie ging die Treppen zur Terrasse hinauf, drehte sich, als sie oben angekommen war, nochmals herum und sah sich wieder um.
Das Anwesen war wirklich riesig, dachte sie, als sie nochmals ihre Blicke schweifen ließ. Die Sonne war fast ganz untergegangen, tauchte das Anwesen in ein rotes Leuchten.

Lilly drehte sich herum, ging zurück zum Haus und hörte, als sie es betreten hatte, eine ihr irgendwie bekannte Musik. Aber es klang merkwürdig blechern. Es kam nicht von der Stereoanlage, erkannte sie. Langsam ging sie weiter hinein. Als sie den großen Raum durchquert hatte, hörte sie, dass die Musik aus einem der oberen Zimmer kommen musste. Daher ging sie die Treppe nach oben, wunderte sich insgeheim, wieso sie Luke nicht entdeckte. Sie hatte gerade den Absatz der Treppe erreicht, als sie ihn fühlte: Einsam, traurig, oder irgendwas dazwischen.
Sie beschleunigte ihre Schritte, zog die Tür zu seinem Schlafzimmer auf und bemerkte, das die Musik von dort kam.

Luke lag der Länge nach auf dem Bett, hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt und die Augen geschlossen. Die Musik, sah sie, kam von einem alten Grammophon. Ein großer Trichter, bronzefarben, sowie ein viereckiger Kasten, mit einer Handkurbel daran. Lilly blieb mitten in Raum stehen, sah sich kurz um. Schließlich trat sie näher ans Bett, sah Luke an.
Dieser öffnete kurz die Augen sah sie an: „Wieder da.“ Keine Frage, eine Feststellung. Aber was hatte sie erwartet, er spürte und roch sie schon von weitem. Lilly griente, sah ihn wieder an. Er klopfte neben sich auf das Bett, Lilly setzte sich neben ihn. Sofort rutschte er näher zu ihr, ließ sein Gesicht an ihren Haaren und ihrem Gesicht fahren.
„Was ist?“ fragte sie.
„Du riechst nach Sonne!“
„Wie ich riech nach Sonne?“
„Ja, nach Sonne. Hast du noch nie gemerkt, dass etwas anders riecht, wenn es nur warm ist oder von der Sonne aufgeheizt ist!“
Lilly schüttelte den Kopf, legte ihn dann schräg und sah ihn wieder an: „Ja, ok schon etwas.“ gestand sie.
Wieder sog er tief die Luft ein: „Siehst du und das riechst sogar du! Und du riechst so sehr danach!“ Jetzt spürte Lilly einen Anflug von Neid. War er wirklich neidisch auf sie?
„Alles ok?“ fragte er.
„Was ist das für eine Musik, die klingt so melancholisch.“
„Vivaldi!“
„So traurig?“
„Der Herbst! Der Winter ist depressiv, oder kann einen dazu machen!“
Lilly sah ihn wieder an, legte sich neben ihn, kuschelte sich an ihn: „Du solltest mehr in die…“
„Sonne? Wäre sehr kontraproduktiv, vielmehr schmerzhaft!“
„Tschuldigung!“
Luke lachte leise, drängte sich nah an sie. Lilly lauschte der Musik, merkte wie sie selbst trauriger wurde. Abrupt stand sie auf, tapste zu dem alten Grammophon. Eine Weile stand sie davor, betrachtete es: „Wie geht das aus?“
„Warum?“
„So furchtbar traurige Musik, hast du nichts Aufmunterndes?“
„Den Frühling?“ fragte er hörbar amüsiert.
Lilly dreht sich herum, sah ihn immer noch auf dem Bett liegen: „Ja zum Beispiel! Aber zuerst würde ich gerne erfahren wie das funktioniert!“
„Was?“
„Dieses….“ Sie zeigte über ihre Schulter auf das Grammophon: „…Ding!“
Luke kicherte, richtet sich auf und als Lilly sich nur kurz herumdrehte, merkte sie wie Luke plötzlich völlig lautlos hinter ihr stand und seine Arme um ihre Taille legte.
„Also pass auf…“ sagte er leise, griff an ihr vorbei, zeigte auf den Arm des Grammophons: „Du musst nur diesen Arm mit der Nadel hochheben und zur Seite schieben und schon hört sich die Platte auf zu drehen, wie bei jedem anderen auch. Du hast doch an dem Turm auch einen?“
„Ich wollte nur nichts kaputt machen!“ sagte sie und lehnte sich an ihn.
Langsam griff sie an den Arm, hob ihn an und merkte wie schwer er war: „Oh!“ sagte sie.
„Was?“
„Das ist schwerer wie es aussieht!“ Dennoch gelang es ihr den Arm auf die Vorrichtung zu legen, sofort hörte die Platte auf sich zu drehen.
Sie hörte Lukes leises kichern, merkte wie er sein Gesicht an ihren Nacken drückte: „Ach komm so schwer ist das nicht, ist halt nicht aus irgendeinem leichten Metall!“ flüsterte er.
„Ja ja, sag doch gleich das das was ich gekauft habe nur Pappe ist!“
„So war das nicht gemeint.“ quengelte er.
„Ja ja!“ Luke griff sie fester, drehte sie herum und drückte sie an sich. Sanft küsste er sie, Lilly konnte sich, obwohl er ihr immer noch seine Lippen auf ihre drückte, ein Kichern nicht verkneifen.
Luke löste seine Lippen etwas von ihren, dennoch streiften sie ihre bei jedem Wort: „Warum kicherst du?“
Lilly zuckte mit den Schultern, kicherte immer noch: „Weiß nicht.“ flüsterte sie und auch ihre Lippen streiften seine, so nah hielt er sie an sich.
Sie fühlte sein Zögern, als er die Arme um sie legte, sie leicht anhob, sodass nur noch ihre Schuhspitzen den Boden berührten.
Lilly drückte sich näher an ihn, legte ihm beide Arme um den Hals und zog ein Bein nach oben. Langsam legte sie es ihm um die Hüfte und jetzt hob Luke sie ganz nach oben, sodass sie beide Beine um ihn legen konnte.
Wieder entfuhr ihr ein kichern.
„Albernes Ding.“ sagte er sanft zu ihr, als er sie zum Bett zurücktrug.
Als er es erreichte legte er sie darauf, fiel, da sie immer noch beide Beine um ihn gelegt hatte mit ihr aufs Bett. Bevor er mit seinem Gewicht auf ihr landen konnte, fing er sich mit den Armen ab. Er stützte sich über ihr ab, küsste sie wieder sanft auf den Mund. Sofort kicherte sie wieder. Diesmal fühlte Lilly seine Irritiertheit.
„Was?“ fragte sie.
„Das frägst du mich? Du kicherst doch wenn ich dich küsse!“
„Ich weiß ja.“ sagte Lilly: „Aber ich weiß nicht warum.“ gestand sie ihm.
Luke lächelte sie an, rieb sanft seine Nasenspitze an ihrer, wieder kicherte sie.
Langsam schüttelte er den Kopf: „Albernes Etwas!“ sagte er zärtlich.
„Ich weiß!“ sagte sie immer noch kichernd.
Langsam rutschte sie im Bett zurück, bis sie ihren Kopf auf eines der dicken Kissen legen konnte, Luke hatte immer noch die gleiche Position, sah ihr nach.
Erst als sie richtig lag, kroch er ihr hinterher, legte sich neben sie und schlang einen Arm um sie und schnüffelte an ihr. Wieder vernahm er ein leises Kichern: „Was denn?“
Lilly schüttelte den Kopf: „Warum schnüffelst du an mir?“
„Du riechst nach Sonne und nach…“ langsam sog er die Luft ein: „Nach Wasser. Du warst am See? Soweit bist du also gekommen!“ stellte er fest.
Lilly nickte, kicherte wieder: „Und da war ein Eichhörnchen, dem noch nie ein Mensch begegnet ist. Zumindest hatte es keine Angst vor mir!“
„Warum auch, Eichhörnchen schmecken nicht, außerdem ist es viel zu viel Arbeit sie zu fangen mit viel zu wenig Blut als Ertrag!“
Lilly riss die Augen auf, starrte ihn entsetzt an, als sie sein Grinsen sah und seine Vergnügtheit spürte, knuffte sie ihn fest in die Flanke. Erschrocken zuckte er zusammen: „Hey!“
„Bist du fies! Armes Eichhörnchen!“
„Wieso? Hab ihm doch nichts gemacht!“
Lilly drehte sich auf die Seite, sah ihn an, fuhr ihm mit der Hand über die Wange: „Wie groß ist das Gelände eigentlich?“
„Keine Ahnung, ich hab es nie vermessen. Irgendwo hab ich den Lageplan und die Eigentumsbescheinigung, da müsste es drauf stehen, aber wissen…“ Er schüttelte den Kopf: „Wissen tu ich es nicht. Es hat mich früher nicht interessiert und heute ehrlich gesagt auch nicht. Es war von je her eingezäunt und das gehört bis heute zum Haus und damit mir!“
„Du warst nie bis an der Grenze?“
„Zumindest nicht an der hinteren. Ab und zu, also wenn ich lange nicht hier war, lauf ich von außen einmal drum herum um zu sehen ob irgendwo was ausgebessert werden muss, aber das ist alles!“
„Der Wald ist weiterhinein gewachsen, oder?“
„Ja, am Anfang waren es nur ein paar Quadratmeter Wald die zum Gelände gehörten, aber da ich keine Bäume fälle, ist der Anteil mit Sicherheit größer geworden, aber das stört mich nicht!“
„Du kümmerst dich nicht darum?“
Luke lächelte: „Ganz am Anfang hab ich aufgeräumt, versucht alles so zu behalten wie es war, aber wir hatten einige Gärtner und alleine ist es fast nicht machbar. Selbst wenn ich genug Zeit habe, ich muss ab und zu weg, dann verwildert wieder alles, dann versuch ich zumindest den vorderen Teil wieder in Schuss zu bringen und einen Teil des hintern Geländes, aber wenn ich hinten fertig bin, könnte ich vorne wieder anfangen, also mach ich nur noch einen kleinen Teil, der in ein paar Nächten zu schaffen ist.“
„Weiter draußen hab ich ein paar alte Steinsäulen gesehen, was war das?“
„Eine Art Teehäuschen, zumindest war es von meiner Mutter und ihre Freundinnen als solches benutzt worden. Eine runde Steinplatte mit drum herum angeordneten Säulen, die das Dach trugen. Aber irgendwann kam ich zurück und das Dach und ein paar der Säulen waren zusammen gebrochen. Wohl von irgendeinem Bombardement! Also hab ich es gelassen!“
„Ich hätte zu gerne gesehen, wie das ausgesehen hatte!“
„Irgendwo gibt es bestimmt ein Bild davon!“
„Und dieses Labyrinth mit dem Springbrunnen, wie lange ist das schon so?“
„Das war schon als ich Kind war, aber da waren die Büsche wesentlich kleiner!“
Lilly merkte sofort wie Lukes Stimmung wieder betrübter wurde. Sie merkte wie er traurig wurde.
„Wir haben da als Kinder verstecken gespielt, haben in dem Brunnen gebadet, falls wir nicht zum See gekommen sind!“
„Mmh! Am See steht eine alte Trauerweide, wie lange steht die schon da?“
„Schon immer, glaub ich, als ich noch klein war hatten wir zu dritt keinen Platz im Schatten, sie war keine drei Meter hoch, die Zweige reichten noch nicht annähend auf den Boden. Manchmal haben wir versucht uns mit den Zweigen ins Wasser zu schwingen, aber meist gaben sie unter unserem Gewicht nach und brachen ab!“ Diese Erinnerung verursachte ein kurzes Aufflackern von Freude in Lukes Gefühlen, doch leider hielt das nicht lange an.
Er machte sich von ihr los, setzte sich an die Bettkante und legte sein Gesicht in seine Hände.
Lilly fühlte wie stark seine Trauer wurde, das Gefühl des Vermissens überschwemmte sie förmlich.
Langsam rutschte sie zu ihm, lehnte sich an seine Rücken und umschlang ihn mit ihren Armen. „Tschuldigung.“ flüsterte sie: „Ich wollte nicht, das du…“
Luke schüttelte langsam den Kopf: „Ist schon gut.“ Unterbrach er sie.
„Du vermisst sie!“
Er nickte, drehte den Kopf in ihre Richtung und fuhr ihr sanft mit dem Handrücken über die Wange: „Weißt du, du bist meiner Mutter so ähnlich, deine Mimik, deine Gestik, die Art wie du dich bewegst, dein Wesen. Selbst die dunklen Haare!“ Luke küsste sie sanft auf die Stirn. „Zum Glück riechst du anders, sonst würde ich an meinem Verstand zweifeln!“
Lilly drückte sich näher an ihn, sie fühlte wie stark seine Gefühle wurden.
„Weißt du..“ flüsterte er: „ manchmal wünschte ich, ich könnte die Zeit zurückdrehen, alles ungeschehen machen.“
„Du hättest doch nichts verhindern können!“
Luke lächelte traurig: „Zumindest hätte ich keinen Packt mit dem Teufel geschlossen! Ich habe eingewilligt in etwas, von dem ich die Konsequenzen nicht kannte. Ich wollte nicht sterben, ich hatte Angst vor den Schmerzen. Gestorben bin ich trotzdem, Schmerzen hatte ich genauso, nur bin ich nicht, wie der Rest meiner Familie tot geblieben!“
Lilly hörte wie in Lukes Stimme Tränen mitschwangen und seine Gefühle verstärkten ihre eigenen. Tränen brannten in ihren Augen, sie musste schwer schlucken.
„Manchmal verfluche ich meine Mutter, dass sie unbedingt noch ein Kind wollte, dass sie in dieses Krankenhaus wollte. Die Pest war fast verschwunden, es gab nur noch Ausläufer von ihr. Wir waren froh, dass wir verschont geblieben waren und dann…“ Jetzt brach seine Stimme ab. Lilly zog ihn an sich, zog ihn nach hinten aufs Bett, drückte sein Gesicht an ihren Brustkorb. Sie fühlte Lukes Atemzüge, blieb einfach nur ruhig mit ihm liegen, sagte nichts. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Also fuhr sie ihm nur mit der Hand durch die Haare.
Nach einer Weile sprach Luke weiter: „Aber das kann ich auch nicht tun, oder? Sie wollte immer nur das Beste für uns und ihre Sorge das diesem Baby oder ihr was geschehen würde war zu groß, nur deswegen hatte mein Vater eingewilligt. Sie war schon fast zu alt um nochmals ein Kind auf die Welt zu bringen, aber sie wollte es und mein Vater liebte sie und hat alles getan, damit sie glücklich war.“
„Was meinst du mit zu alt?“
„Sie war fast 40 Jahre, so alt wurden Frauen selten, die meisten starben früh, häufig im Kindsbett!“
„40? Aber du hast gesagt dein Ältester war 25, das heißt sie wurde mit 15 das erste Mal Mutter?“
„Ja, das war üblich, die meisten Frauen, oder besser Mädchen wurden mit Acht oder Neun von den Eltern verlobt und haben mit 12 oder 13 geheiratet!“
„Aber in dem Alter heiraten, ich mein da weiß man doch gar nichts, oder. Ich mein so was wie Liebe oder ob das überhaupt passt!“
Luke fing an zu lachen: „Ach, bist du herrlich naiv. Die Mädchen wurden von kleinauf zu Ehefrauen und Müttern erzogen, wie sie einem Mann zu gehorchen haben. Da ging es nicht um Liebe, Zuneigung oder ähnlichem. Die Eltern waren froh, wenn die Töchter gut abgesichert waren für die Zukunft. Einen Mann hatten, der was darstellte. Mein Vater hatte dieses Haus, war gut im Geschäft, hatte seine Arbeiter und war nicht arm. Das er fast 35 war, als sie heirateten, was jedem egal. Die Frau hatte da eh nicht mitzureden, was die Eltern bestimmten. Meine Mutter war erst 14, sie kannte den Mann nicht mit dem sie verheiratet wurde, sie hatte ihn bis zur Hochzeit nicht einmal gesehen.“
Lilly stieß schockiert die Luft aus.
„Sich Lieben kann man lernen, ich glaube meine Mutter musste das erst, aber mein Vater hat sie vom ersten Tag an geliebt!“
„Wie kannst du da so sicher sein?“
„Solange wie ich denken kann, hat mein Vater meiner Mutter jeden Wunsch erfüllt, waren es Blumen, die sie irgendwo mal gesehen hatte. Die Orchideen und Lilien waren schwer zu beschaffen, das ist nicht so einfach wie heute, man bestellt und in spätestens einer Woche sind sie da. Das waren manchmal Wochen oder gar Monate die es dauerte und die damit verbundenen Kosten, aber mein Vater hat nichts dergleichen gescheut. Immer brachte er ihr etwas mit von seinen Reisen mit, wenn er sie nicht mitnehmen konnte.“
„Woher willst du wissen, dass es immer so war?“
„Weil ich öfters gehört habe, wenn sich unsere Angestellten unterhalten hatten. Sie waren immer sehr erstaunt, wie mein Vater mit meiner Mutter umging, was sie alles durfte, was er ihr erlaubte!“
„Pfft, erlaubte? Das klingt so als ob, sie gar nicht durfte!“
„Das waren andere Zeiten, eine Frau war dem Mann Dienerin. Er sagte was sie tun durfte, was ihr verboten sei. Der Mann entschied alles!“
„Alles?“
„Ja, alles. Schon allein das mein Vater meiner Mutter die Entscheidung überließ, wann er zu ihr oder sie zu ihm kam, war schon außergewöhnlich.“
„Was meinst du mit, zu ihm kommen?“
„Männer und Frauen schliefen, selbst wenn sie verheiratet waren in getrennten Zimmern. Der Mann hatte das Recht seine Ehefrau von ihrer Zofe zu sich kommen zu lassen um die Ehe zu vollführen, ob die Frau es wollte oder nicht, war unerheblich. Nur einmal im Monat hielt der Mann die Frau auf Abstand, sie war unrein, konnte ihn verderben. Aber sonst war die Frau dem Mann Untertan. Auch wenn sie in andern Umständen war, konnte der Mann sie zum Beischlaf holen, ob sie wollte oder nicht und auch nach der Niederkunft war es am Mann, wann er seine Frau wieder holte um die Ehe zu vollführen. Manche Frauen waren noch nicht aus dem Kindsbett draußen, hatten vielleicht zwei oder drei Tage, aber dann und vor allem wenn es ein Mädchen war, war es das Recht des Mannes einen männlichen Nachkommen zu zeugen, egal was die Frau wollte. Auch die Tatsache wie der Beischlaf vollzogen wurde, niemals hatte die Frau das Recht oben zu liegen, sie musste unter dem Mann liegen, so wie sie sich sonst auch verhalten musste, untertänig!“
„Oh Mann!“ war alles was Lilly sagen konnte, insgeheim wunderte sie sich wieder über Lukes Wortwahl, aber das war wohl so wie er damals gesprochen hatte und das was ihm beigebracht wurde.
„Zu heutiger Zeit ist diese Einstellung natürlich heftig, aber damals war es so. Und allein das mein Vater diese Entscheidung meiner Mutter überließ, sagte sehr viel aus. Niemals hätte er etwas getan, was gegen den Willen meiner Mutter gewesen wäre und das war zu damaliger Zeit alles andere als normal. Im Gegenteil, nach außen hin durfte das keiner wissen, es war schließlich so, dass die Frau dem Mann untertänig dienen musste.“
„Wurdest du auch so erzogen?“
„Ja, eigentlich schon, aber…“
„Aber?“
„Ich glaube ich habe mich zu sehr nach meinem Vater orientiert, zumal ich ja noch ein paar Jahre hatte, bevor ich verheiratet werden sollte und im Lauf der Jahre lernt man dazu, vor allem wie ungemein kompliziert ihr Frauen seid und wie schnell man sich vertun kann und das das böse Konsequenzen haben kann!“
Lilly merkte Lukes kichern, spürte wie seine Stimmung besser wurde.
„Das heißt..“ sagte sie: „.. du bist nicht mehr der Meinung das Frauen den Männer untertänig dienen sollten!“
„Naja in mancher Hinsicht vielleicht scho…!“ Weiter kam er nicht, sie drehte sich mit ihm, setzte sich auf ihn und drückte ihm die Arme über dem Kopf auf das Bett.
„In welcher Hinsicht denn?“
Luke griente: „Ich glaub, ich sag dazu jetzt nichts mehr!“
„So? Wieso musste die Frau unten liegen?“
„Weil gesagt wurde, das eine Frau die beim Beischlaf oben liegt auch sonst dem Mann über ist und er dann in gewisser Weise entmannt werde!“
„Aha!“ sagte sie, drückte seine Hände noch fester auf die Matratze: „Siehst du das auch so?“
„Ich hab gehört, das Männer ziemlich blöd seien sich so was entgehen zu lassen, schließlich hätten sie dabei weniger Arbeit!“
Lilly fing an zu lachen, beugte sich nach vorne und küsste ihn. Als sie ihre Lippen wieder von seinen löste, fragte sie: „Und die Sorge sein Gesicht als Mann dabei zu verlieren besteht nicht mehr?“
Luke kicherte: „Keine Ahnung, darüber hab ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht!“
„Also früher hieß es, wenn die Frau oben liegt hat sie die Kontrolle über den Mann, oder so in der Art?“
„Ja, so ungefähr. Es ging, glaub ich hauptsächlich darum, zu zeigen wer das Sagen hat in einer Ehe und die Frau hatte Untertan zu sein und damit auch unten zu liegen!“
„So und wenn ich davon gar nichts halte?“
Luke lachte auf, versuchte ganz vorsichtig seine Arme ihrem Griff zu entziehen, allerdings mit so wenig Kraftanstrengung, das er nicht annähernd auch nur eine Chance hatte: „Dann muss ich mich wohl meinem Schicksal fügen!“
„So, welchem denn?“
„Nichts zu sagen zu haben!“
„Aha!“
„Nicht das ich das nicht gewöhnt wäre!“
„Inwiefern? Hab ich dich je…“
„Nicht du! Obwohl ich dir ja versprochen habe, nichts gegen deinen Willen zu tun! Aber schon von früher!“
Lilly richtete sich auf, sah ihn an und rutschte zurück ins Bett, sodass sie sich an das Kopfteil anlehnen konnte: „Wie meinst du das?“ Sie hoffte ihn mit dieser Frage nicht wieder in die Traurigkeit zurück zu treiben.
Luke überstreckte den Kopf, sah ihr nach. Schließlich rutschte er auch nach oben, legte sich neben sie und Lilly legte ihren Kopf auf seinen Brustkorb, schlang einen Arm um ihn.
„Ich was keine 18, da hatte man nicht viel zu sagen, zumal meine Brüder älter waren. Ok, wir Jungs hatten wahrscheinlich ein besseres Leben. Die Mädchen wurden von kleinauf erzogen, so zu sein, wie andere sie wollten, wir durften uns, in gewisser Weise die Hörner abstoßen, aber Mädchen waren darauf trainiert Anstand und Sitte zu haben. Sie wurden früh erzogen wie sie sich benehmen mussten, wie sie zu gehen hatten, zu sitzen. So was halt. Ok, wir wurden auch erzogen, aber milder. Zumindest in gewisser Hinsicht!“
„Wie in gewisser Hinsicht?“
„Wir hatten einen Hauslehrer, der uns beibrachte was Anstand war, wie man sich bei Tisch zu verhalten hatte, wie man schrieb..“
Lilly sah wie Luke sich mit der linken Hand über die rechte fuhr: „Manchmal auch mit schmerzhaften Konsequenzen, wenn man es nicht auf Anhieb richtig machte. Aber Mädchen wurden drangsaliert. Sie hatten nichts zu sagen, wurden erzogen dem Mann Dienerin zu sein und schon gar keinen eigenen Willen zu haben. Deswegen wurden sie so früh verheiratet, damit der neue Ehemann sie noch richtig, so wie es ihm gefiel, erziehen zu können.“
„Deswegen waren Männer immer älter, damit sie da besser drauf schauen konnten?“
„Ja, jemand in meinem Alter hatte noch keine Ahnung wie eine Frau zu sein hatte, was ihre Aufgaben waren. Ich wusste nicht mal wirklich wozu Frauen eigentlich da sein sollten. Wir hatten eine Köchin, jeder von uns eine Gouvernante, Putzmädchen, Diener. Wozu eine Frau? Den, sagen wir, einzigen Grund warum man verheiratet wurde, nämlich Nachkommen zu zeugen, war mir nicht bewusst. Keiner von uns wusste woher Kinder kamen. Das wurde einem als Junge erklärt, wenn man wahrscheinlich kurz vor dem Traualtar stand. Erfahrung hatten die meisten. Manchmal durch eine Cousine oder eine Tante, die einen, wie es damals hieß vom Jungen zum Mann machen sollte. Aber in welchem Alter, wusste ich nicht. Man wurde erst ab 25 als Mann verheiratet. Ich weiß nur das mein Ältester ab und zu eines unserer Dienstmädchen besuchte, was aber da geschah wusste wir zwei Jüngeren zumindest nicht!“
„Und die Mädchen?“
„Die hatten als Jungfrauen in die Ehe zu gehen, ich mein sie waren meist um die 15 wenn sie verheiratet wurden und bis zu diesem Zeitpunkt waren Männer, zumindest damals, uninteressant.“
„Und die wurden dann ins kalte Wasser geschmissen?“
„In gewisser Weise ja, sie wusste bis zur Hochzeitsnacht gar nicht was sie zu tun hatten oder was mit ihnen passieren würde. Daher waren meist die Eltern von beiden mit dabei!“
„Wie, die standen mit im Zimmer?“
„Ja, erstens als Zeugen für ihre Jungfräulichkeit und zweitens konnte es ja sein, dass….“
„Das was?“ fragte sie erstaunt.
„Das sich ein Mädchen vielleicht wehrte!“
Lilly stieß schockiert die Luft aus: „Die Eltern haben sie also dann gezwungen?“
„Entweder mit Worten oder gar, damit, das sie sie festgehalten haben!“
„Aber wie kann eine Mutter so was tun, ich meine das grenzt an Vergewaltigung!“
„Die Frauen hatten da nichts zu sagen, sie waren den Männern unterwürfig, zumal die Frauen selbst es nicht anders kannten. Männer hatten das Recht auch gegen den Willen der Frau ihre Ehe zu vollführen. Es war damals so!“
„Das ist abartig!“
Luke legte eine Arm um sie, drückte sie näher an sich: „Für damalige Verhältnisse nicht! Ich mein auch die Tatsache als Junge mit seiner Tante schlafen zu müssen, stell ich mir auch nicht unbedingt toll vor. Zumal bei uns es die Schwester vom Vater war und die war auch an die 40!“
„Aber immer noch was anders als vergewaltigt zu werden!“
„Weißt du, ob das immer von den Jungs gewollt war. Du müsstest doch wissen, das man auch Männer zu etwas bringen kann, was sie nicht wollen!“
Lilly machte sich von ihm los, setzte sich auf seine Hüfte und sah ihn an: „Was willst du damit sagen?“
Schnell hob er abwehrend die Hände: „Nicht das was du denkst, ich meine als Krankenschwester musst du doch wissen, das es gewisse Schlüsselreize gibt, um das hinzubekommen, auch gegen den Willen!“
„Ach so meinst du das.“ Immer noch sah sie ihm in die Augen: „Ich dachte schon…..“
„Erstens …“ unterbrach er sie: „ ist es schwierig mich zu zwingen und zweitens kann von zwingen keine Rede sein!“
„Ach so!“ sagte sie mit einem Anflug von Sarkasmus: „Jetzt plötzlich so und was meinst du damit ich kann dich nicht zwingen!“
„Ich hab nicht gesagt das du mich nicht zwingen kannst, aber es ist normalerweise schwierig. Obwohl bei dir vieles nicht normal läuft in Bezug auf mich!“
„So? Inwiefern?“
„Ich kann dich nicht beeinflussen, meine Kontrolle ist bei dir weg, so was halt!“
Lilly griente: „Und du warst noch zu jung um …naja du weißt schon!“
Luke lachte: „Ich war keine 18, ja wesentlich zu jung. Ein paar Jahre später vielleicht, aber so weit ist es nicht gekommen!“ Sofort merkte sie wieder, wie Luke Gefühle sich änderten.
Verzweifelt versuchte sie ihn irgendwie aufzumuntern: „Tja, sind halt ein paar Jahre später geworden!“ sagte sie grienend.
Luke lachte traurig: „Allerdings stecke ich immer noch in dem unfertigen Körper eines 18- jährigen!“
Lilly knöpfte ihm das Hemd auf, fuhr ihm über die Brust und den Bauch: „Naja unfertig sieht anders aus!“ stellte sie fest.
Luke grinste sie an, sah an sich herab: „Etwas mehr wäre auch nicht schlecht!“
„Was?“
„Muskeln! Es ist sehr schwer welche aufzubauen, zumal meine Kraft und Geschwindigkeit unabhängig davon ist!“
„Muskeln kann man nur aufbauen, wenn man sie trainiert!“
„Klar, nur wenn nichts wirklich schwer ist und man nicht mit mehr Gewicht trainieren kann, ist es unmöglich!“
„Ach komm, willst du aussehen wie irgendein Bodybilder, der sich vor lauter Muskeln nicht mehr bewegen kann, du hast doch grad selbst gesagt, das es unerheblich ist. Mehr Muskeln würden nicht mehr Kraft bedeuten, also..!“
„Sehe aber vielleicht besser aus!“
Lilly lachte: „Für jemanden der nur nachts unterwegs ist, bist du ganz schön auf Äußere fixiert!“
„Trotzdem sollte mehr Reiz das sein, gerade für Frauen, obwohl…“
„Obwohl was? Mit reichst, und wenn ich dich richtig verstanden hab, müssten dir andere Frauen eigentlich egal sein!“
„Egal ist falsch, sie dienen mir immer noch als…“
„Nahrung?“
Luke nickte: „Das geht bei dir nicht. Meine Kontrolle würde nicht reichen, aufzuhören bevor es zu spät wäre. Also brauche ich andere Quellen!“
„Du hast mir immer noch nicht das obwohl erklärt!“
„Was?“ fragte er grienend: „Ach so, das obwohl. Ich habe so oder so eine verstärkte Anziehungskraft auf Frauen. Alles an mir ist lockend, keine Angst vor mir zu haben, mir zu vertrauen! Ich brauche Frauen nicht um den Finger zu wickeln, es funktioniert einfach, auch ohne wirkliche körperliche Anziehung!“
„Keinerlei körperliche Anziehung? Das heißt es ist egal wie sie aussieht?“
„Ja, solange ich das bekomme was ich brauche ist das Aussehen irrelevant! Ich will ja keine Beziehung, ich will ja nur…..das was ich brauche zum Überleben!“
„Und bei mir?“
„Bei dir ist das was ganz anderes, es wäre vielleicht auch egal wie du aussiehst, weil ich weiß das du meine Gefährtin bist, aber du hast einen stärkeren Reiz auf mich, wenn auch genau das das ist, was so gefährlich ist!“
„Das heißt ich kann mich gehen lassen, zwanzig Kilo zunehmen, rumlaufen wie weiß der Geier wer und es würde sich nichts ändern?“
„Meine Gefühle für dich nicht!“
„Aber?“
„Was aber?“
„Du sagst deine Gefühle nicht, was dann?“
Luke zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht, wahrscheinlich würde sich gar nichts ändern. Du bist und bleibst meine Gefährtin egal wie du dich veränderst!“
„Du kannst dich nicht verändern?“
„Nein! Ich kann älter werden, allerdings sprechen wir hier von Jahrhunderten und nicht von Jahrzehnten!“
„Weißt du, manche Frauen würden dafür ihre Seele verkaufen!“
„Für was?“
„Immer im Körper einer 18 oder 20 Jährigen zu sein!“
„Glaub mir eine Seele ist das nicht wert, ich habe es getan und bereue es!“
„Dann hast du deine Seele nicht verkauft!“
„Wieso?“
„Sonst würdest du es nicht bereuen. Jemand der keine Seele hat bereut nicht, hat keine Gefühle. Und ich merke deine!“
Luke lachte leise auf, legte ihr seine Hand ins Genick, zog sie näher an sich und küsste sie innig. Wieder überschwemmte sie seine Liebe zu ihr. Sie zog den Kopf zurück, schnappte nach Luft. Sofort zog Luke seine Hand zurück, sah sie an: „Ich wollte dir nicht..“
Lilly legte ihm ihre Fingerspitzen auf die Lippen, schüttelte den Kopf, drückte ihre Lippen fest auf seine Mund und fuhr ihm mit den Händen in die Haare.
Noch bevor sie sein Verlangen spürte, merkte sie das Schnurren, das ihren Körper zum Vibrieren brachte. Er legte beide Arme um ihre Taille und zog sie fest an sich. Sie fühlte ihr Verlangen nach mehr, das sich mit seinem mischte.
Plötzlich schob er sie von sich weg: „Zu gefährlich!“ Sagte er nach Luft schnappend.
„Hatten wir dieses Thema nicht abgeschlossen?“
„Du hast gesehen was ich mit dir gemacht habe!“ Er schob ihr das T-Shirt nach oben. Die meisten der blauen Flecke waren weg, eine paar waren noch grün und gelb. Ein Zeichen, dass sie bereits am Abheilen waren.
„Das war schon gefährlich und ich will nicht das dir mehr passiert!“
„Luke, ein paar blaue Flecken, mehr nicht!“
„Das hätte viel schlimmer kommen können und das weißt du!“
Lilly saß immer noch auf seinem Schoß, fuhr ihm mit beiden Händen durch die Haare: „Ich habe keine Angst vor dir und das weißt du!“
„Du solltest aber welche haben. Ich bin gefährlich!“
Lilly rutschte ein Stück nach unten, griff an seinen Gürtel und zog ihn so weit nach unten, dass er ganz auf dem Rücken lag, setzte sich wieder auf seine Hüfte und sah ihn an: „Gut, dann wollen wir die Gefahr mal eindämmen!“
Sie spürte ihr Verlangen genauso intensiv wie seines, als sie sich über ihn beugte und seine Hände auf die eh schon kaputte Matratze über seinem Kopf drückte, dabei fielen ihr wieder die tiefen Kratzer in dem Holzkopfteil auf. Er hatte sie nicht wirklich verletzt, nicht bei dem was er hätte anrichten könne, dessen war sie sich sicher.
„Die bleiben da liegen!“ befahl sie ihm, drückte nochmals die Hände fester auf die Matratze, beugte sich weit nach vorne und küsste ihn.
„Ob das so einfach ist weiß ich nicht!“ gestand er ihr.
„Du hast gesagt du tust nichts gegen meinen Willen, also lass die Hände da!“
„Wer sagt denn, das meine Hände das Gefährlichste an mir sind?“
Noch bevor Lilly realisieren konnte, was er damit meinte, zog Luke den Kopf nach oben, schnappte mit den Zähnen den Stoff ihres T-Shirts und zerriss es mit einer einzigen Kopfbewegung. Lilly sah fassungslos an sich herab, das T-Shirt war bis nach unten aufgerissen, sie stemmte die Hände in die Hüften: „Wenn du weiter so machst, hab ich bald keine Klamotten mehr!“ tadelte sie ihn amüsiert.
Wieder richtete Luke sich etwas auf, schnappte den Träger ihres BHs und begann langsam daran zu ziehen.
„Hey!“ sie packte ihn an den Haaren, mit der anderen Hand griff sie ihm an den Unterkiefer: „Lass das!“ sie zog fest seinen Kopf an den Haaren nach hinten und Luke ließ schließlich los: „Wie soll ich denn das sonst machen, wenn ich meine Hände nicht benutzen darf?“ Er klang wie ein quengeliges Kind.
Lilly konnte sich ein Lachen nicht verkneifen: „Ich bin oben, ich sag was passiert!“ Luke lächelte sie an und sie war sicher etwas Zweideutiges darin zu erkennen.
„So war das aber von mir nicht gemeint!“ sagte er.
„Was denn?“
„Das nur weil du oben bist, jetzt auch das Sagen hast!“
„Tja, zu spät!“ Dabei beugte sie sich nach vorne und begann mit ihrer Zunge über seine Brustkorb zu fahren. Seine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten, obwohl das Schnurren fast zeitgleich mit dem nach oben schießenden Gefühlen begann, vernahm sie sein Verlangen und seine Gier stärker. Gemischt mit ihren wurde es für sie nahezu unmöglich zu denken. Langsam ließ sie ihre Hände an seine Körper entlanggleiten, öffnete seinen Gürtel und zog ihm schließlich die Jeans mitsamt seiner Unterhose aus. Sie hörte wie Luke nach Luft schnappte, sah nach oben und bemerkte das er seine Arme gedreht haben musste. Jetzt konnte er seine Hände in den Bezug der Matratze krallen und Lilly hörte am Geräusch zerreißenden Stoffes, das er das auch tat. Langsam ließ sie ihren Körper über seinen gleiten, als sie wieder nach oben rutschte. Zärtlich küsste sie ihn auf die Brust, dann auf die Kehle, schließlich drückte sie ihren Mund auf seinen. Luke reagierte sofort, wenn auch wesentlich heftiger wie sie. Als sie ihren Kopf etwas zurückzog, richtete er sich mit dem Oberkörper auf. Lilly schüttelte den Kopf und drückte ihn nur mit dem Zeigefinger zurück aufs Bett. Sie sah ihm in die Augen, das Blau war verschwunden, sie waren nahezu schwarz und das was sie an Farbe sah, war grün. Selbst wenn sie das nicht gesehen hätte, wusste sie längst was in ihm vorging. Sie fühlte es so stark als ob es ihre eigenen wären.
Langsam griff sie an den Verschluss ihres BHs, öffnete ihn und ließ ihn sich an den Armen nach unten gleiten. Luke folgte jeder ihrer Bewegungen mit den Augen, fixierte sie und Lilly spürte wie intensiv seine Gefühle wurden, mehr wie sie es sich vorgestellt hatte. Wieso hatte sie das beim ersten Mal nicht so stark realisiert, vielleicht hatte sie es ja, hatte es aber nur für ihre gehalten.
Luke richtete sich wieder langsam auf, drückte sein Gesicht an ihren Körper, seine Hände blieben aber wider ihrer Erwartung, auf den Bett liegen. Sie griff ihm ins Genick, drückte ihn näher an sich, sie spürte wie er die Luft und ihren Geruch einsog. Langsam löste sie sich von ihm, rutschte etwas zurück und zog sich zuerst ihre Jeans und dann ihre Unterwäsche aus. Wieder verfolgte Luke jeder ihre Bewegungen, blieb aber in der Position wie er war. Sie hatte damit gerechnet, dass er zu ihr kommen würde, ihr die Kontrolle abnahm, aber er tat es nicht. Als Lilly wieder näher zu ihm kroch, sich auf ihn setzte, ließ er sich nach hinten sinken. Seine Hände immer noch in dem Stoff der Matratze gekrallt, ließ er sie gewähren, ohne Anstalten zu machen, die Kontrolle haben zu wollen. Lilly beugte sich weiter nach vorne, sodass sie ihn küssen konnte. Luke löste seine Lippen nach kurzer Zeit von ihren, schnappte bereits wie sie nach Luft, ließ sein Gesicht in ihre Halsbeuge gleiten. Lilly spürte seinen Atem, seine Lippen an ihrem Hals und schließlich fühlte sie seine Zähne, die begannen sanft an ihr zu knabbern. Dennoch zog sie ihren Kopf zurück, setzte sich aufrecht auf ihn, sie wollte ihn schließlich nicht zu sehr in Versuchung bringen. Sie hatte keine Angst vor ihm, aber trotzdem.
Jetzt begann Luke ihrem Rhythmus zu folgen, zuerst langsam, dann aber schneller werdend, schob er ihr sein Becken entgegen. Ab diesem Punkt war für keinen von beiden Denken mehr möglich. Ihre Gefühle fluteten sich gegenseitig, verstärkten sich auf ein fast unerträgliches Maß.

Luke wurde wach, als Lilly sich in seiner Umarmung drehte und ihm dabei ihren Ellenbogen in die Flanke stieß. Er wusste nicht wie spät es war, wurde sich erst nach und nach bewusst, das er wirklich geschlafen hatte, obwohl das für ihn unnötig war. Zumindest normalerweise.
Lilly lag vor ihm auf der Seite, hatte ihm ihren Rücken zugedreht und Luke konnte der Versuchung nicht widerstehen. Er drängte sich mit seinem gesamten Körper an ihren, begann an ihr zu riechen. Ihr Geruch hatte sich etwas geändert, war aber intensiver wie zuvor. Langsam roch er sie ab, ihr Genick ihre Schulter. Er fuhr gerade mit seiner Nase über ihre Wirbelsäule als sie anfing sich zu bewegen. Sie wurde wach, drehte sich auf den Rücken und sah ihn an, dabei rutschte die Decke von ihrem Körper und ein ganzer Schwall ihres Geruches umfing ihn. Zu viel für ihn, er merkte wie ein anderes intensives Gefühl ihn durchströmte. Sie hatte ihm den Kopf zugewandt und sah ihn an. Sofort zuckten die Bilder von seiner Vision durch seinen Verstand. Sie lag genauso vor ihm, aber ihre Augen waren tot, leer. Er musste weg von ihr, jetzt.

Lilly merkte das was nicht stimmte, konnte es aber nicht zuordnen. Sie sah wie Luke von ihr zurückrutschte und sich an die Bettkante setzte.
„Wo willst du hin?“
„Ich muss kurz weg!“
„Warum? Wie spät ist es denn?“ Sie sah sich um, entdeckte aber keine Uhr. Luke machte das Nachttischlämpchen auf seiner Seite an und sagte: „Fast drei!“
„Woher weißt du das?“
Luke zeigte gerade aus, neben der Tür stand eine fast drei Meter hohe Standuhr mit einem großen Pendel, das aber kein Geräusch machte.
„Klar, ist ja voll zu übersehen!“ sagte sie und ließ sich wieder auf den Rücken fallen.
„Lilly ich muss kurz weg!
Sie sah ihn an: „Es wird doch bald hell und dann?“
„Dann nehm ich den BMW und muss halt heut am Tag in der Stadt bleiben!“
„Und mich alleine lassen!“ Sie legte sich auf den Bauch und drehte ihr Gesicht von Luke weg: „Du flüchtest also wieder!“
„Das ist es nicht, ach Lilly!“ Er fühlte es, ihre Niedergeschlagenheit, ihre, ja schon fast Wut auf ihn. Dasselbe wie er es nach dem ersten Mal auch gefühlt hatte. Sein Verstand sagte ihm das es besser wäre zu gehen, aber ihre Gefühle waren stärker.
Also kroch er wieder zurück zu ihr ins Bett, legte sich neben sie und begann kleine Kreise auf ihren Rücken zu zeichnen. Langsam zog er die Decke von ihrem Körper und schaute sie an. „Was ist?“ fragte sie, immer noch ihr Gesicht von ihm weggedreht.
„Ich will nur schauen wie sehr ich dich diesmal zugerichtet habe!“
Lilly drehte ihren Oberkörper in seine Richtung, sah seitlich an sich herunter: „Diesmal gar nicht, zumindest merk ich nichts!“
„Das wird, wenn, dann erst morgen kommen!“
„Aber man müsste doch jetzt schon etwas sehen!“
Luke sah sie genauer an, entdeckte an ihrer Taille rote Flecken, er legte seine Hand drüber und stellte fest das es sein Handabdruck war: „Das hier wird morgen bestimmt blau sein!“
„Was?“
„Hier!“ Er zeigte darauf, legte seine Hand wieder genau auf den Abdruck, Lilly sah an sich herab.
„Im Vergleich zum letzten Mal wird es weniger!“
Luke sah sie an, sofort merkte sie wieder sein schlechtes Gewissen: „Ach komm schon, nur weil du schneller heilst, sieht man nicht was ich mit dir mache! Außerdem ist das nicht so schlimm!“
Luke beugte sich über sie drüber, fuhr mit der Hand über ihre rechte Flanke und verharrte auch hier bei einem noch roten Abdruck: „Und Nummer Zwei!“ sagte er immer noch niedergeschlagen.
„Du hast ja auch zwei Hände, ist doch klar das du mich mit beiden gepackt hast!“
Jetzt begann Luke sie intensiver anzuschauen, er fuhr mit den Händen über ihre Beine, drehte sie dann auf den Rücken.
Lilly fing an zu kichern: „Und gefunden nach was du suchst?“
Sie sah wie Luke griente, dann den Kopf schüttelte: „Außer den zwei scheinst du nichts zu haben!“
„Also!“ sagte sie drehte sich wieder auf den Bauch: „Krieg ich die Decke jetzt wieder?“
„Warum, ist dir kalt?“
„Etwas!“
Luke rutschte wieder näher zu ihr, deckte sie und sich zu und fing wieder an, an ihr zu riechen. Wieder entfuhr ihr ein Kichern.
„Was denn?“ fragte er.
„Das kitzelt, wenn du das machst!“
„Aber du riechst so gut. Zwar irgendwie anders, aber gut!“
„Wie? Irgendwie anders! Sag doch das ich stink!“ sie schnüffelte sich selbst am Arm.
„Nein! Nicht stinken, du riechst gut, aber etwas anders, intensiver wie sonst!“
„Soll ich mich duschen gehen?“ fragte sie gespielt gekränkt.
„Nein!“ sagte er schnell, legte beide Arme um sie und drückte sie fest an sich. Lilly fühlte sich wie in einem Schraubstock, hatte das Gefühl nicht mehr richtig atmen zu können. Sie fing an sich unter ihm zu winden, schaffte es das er etwas lockerer ließ. Als sie eine Arm frei hatte, schlug sie ihm auf den Oberarm: „Aua, nicht so fest!“ Aber sie konnte sich ein kichern nicht verkneifen.
Sofort ließ Luke locker: „Tschuldigung!“ Lilly merkte wie schnell sein schlechtes Gewissen stärker wurde, fing lauter an zu kichern.
Sie drehte sich in seiner Umarmung, küsste ihn sanft: „Wenn du das jedes Mal machst, wird die Sache unlustig!“
„Was mach ich, was wird unlustig?“
„Ein schlechtes Gewissen haben!“
„Wie kommst du darauf, dass ich…“ er schwieg, überlegte kurz: „Ach vergiss es! Ich kann halt nichts dagegen tun. Es ist halt so, soll es mir egal sein, wenn ich dir wehtue?“
„Nein, das nicht aber nur wenn du mir wehtust, sonst nicht. Sonst krieg ich ein schlechtes Gewissen!“
„Du kriegst ein schlechtes Gewissen, weil ich eines habe?“
„Ja!“
Luke fing an zu lachen, drückte sie sanft näher zu sich: „Du bist manchmal merkwürdig!“
Lilly unterdrückte ein Gähnen: „Ich? Das sagt ja grad der Richtige!“
„Ich weiß!“ Luke drückte sein Gesicht näher an ihren Körper, rutschte etwas tiefer, damit er mehr von ihrem Geruch abbekam und begann sie sanft mit der ganzen Hand über den Rücken zu streicheln. Nach ein paar Minuten merkte er wie sie wieder in den Schlaf glitt.

Am nächsten Morgen wurde Lilly wach, weil ihr die Sonne mitten ins Gesicht schien, Erschrocken richtet sie sich auf, sah sich um. Von Luke war keine Spur zu sehen. Hatte er den Sonnenaufgang verpasst, dachte sie besorgt. Nein, so was würde ihm nicht passieren, er hat bestimmt dir Vorhänge aufgezogen, als er raus gegangen ist.
Langsam stand sie auf, streckte sich, sah an sich herab und stellte fest, dass sie wirklich nur die zwei Stellen hatten, die sich jetzt leicht blau verfärbten. Sie suchte ihre Sachen, zog sich an, griff dann nach ihrem T-Shirt und erinnerte sich, dass er dieses erwischt hatte. Sie ging zu seinem Schrank, nahm eines von seinen heraus und ging Richtung Zimmertür, Sie zog sie auf und hörte nichts. Vorsichtig ging sie die ersten Stufen nach unten, als sie plötzlich Lukes Stimme hörte, allerdings klang sie merkwürdig, fast wie ein Knurren.

„Bleib im Zimmer!“ fauchte er sie an. Sie strengte ihre Augen an, versuchte ihn zu finden. Noch ein paar Stufen ging sie nach unten, stand jetzt auf dem Plateau in dem beide Treppenstücke sich zu einem vereinten. Alle Vorhänge waren zu. Wieder hörte sie Lukes Stimme: „Hast du nicht gehört!“ er wurde lauter, schnauzte sie an: „Du sollst im Zimmer bleiben!“
Jetzt sah sie ihn, wie er auf sie zukam: Die Augen silbern glitzernd, die Zähne gebleckt, langsam wie ein Raubtier, das sich an die Beute heranschlich, kam er die ersten Stufe nach oben.
Lilly hatte ihn so noch nie gesehen, sie spürte sein Verlangen, seine Gier, die sie wie ein Stromschlag trafen. Aber nicht so wie gestern, das hier war anders. Sie hörte ihren Puls in ihren Ohren dröhnen, spürte seine Gier nach ihr. Nein, nach ihrem Blut. Es war so intensiv, dass sie bereits den metallischen Geschmack im Mund hatte und Luke kam langsam näher, fixierte sie mit glitzernden Augen. Lilly sah nach links oben, bis zum Schlafzimmer war alles dunkel, sie würde niemals schnell genug dort sein, bevor er sie erwischte. Wieder sah sie ihn an, er war schon die Hälfte der Treppe nach oben gekommen. Und jetzt hatte sie Angst vor ihm, solche Angst das es nicht nur ihren Körper sondern auch ihren Verstand lähmte. Sie wich zurück, kam dabei an einen der Vorhänge, der ein Stück aufschwang und die Sonnenstrahlen hereinließ. Lilly wusste das sie keine andere Wahl hatte, vielleicht würde sie ihm sogar wehtun, aber sie wusste nicht weiter. Umso näher er kam umso größer wurde ihre Angst.
Sie zog den Vorhang auf, die Sonne flutete das Plateau sowie einen Teil der Treppe, Luke blieb sofort stehen, fauchte erst die Sonne an, dann sie.
Lilly sah, wie Luke an der Treppenstufe, die nicht mit Sonne beschienen war, stehen blieb, dort von links nach rechts lief, wie ein Tiger im Käfig, sie immer fixierte. Sie merkte wie er schneller wurde, teilweise vor ihren Augen verschwand und dann wieder auf der anderen Seite der Stufe auftauchte. Sie drückte sich an das Fenster, hielt mit der Hand den Vorhang offen und sah ihm zu. Immer wieder blieb er stehen, sah auf die Stufe vor ihm, trat einen Stück darauf und die Sonne ließ sofort Rauch von seinem Schuh und seinen Hosenbein aufsteigen. Schnell wich er zurück, fauchte sie wieder an. Die Art wie er sie ansah verursachte ihr Panik, das war keine Angst mehr. Luke sah sie plötzlich an, für den Bruchteil einer Sekunde wurden seine Augen erst grün dann blau, aber bevor Lilly sich dessen sicher war funkelten sie bereits wieder silbern. Sie spürte seine immer stärker werdende Gier, sein Verlangen, seine Wut weil er nicht an sie heran kam. Immer wieder lief er auf der Treppe von links nach rechts, fauchte, knurrte.
Lillys Panik wurde stärker, als sie sah wie die Sonne schwächer wurde. Die Strahlen wurden dunkler, sie drehte sich herum, sah aus dem Fenster und stellte mit Entsetzten fest, dass sich dicke Wolken vor die Sonne schoben, sie hörte bereits die ersten Regentropfen an die Scheibe klatschen. Jetzt konnte ihn nichts mehr aufhalten. Ihre Panik stieg ins Unermessliche, sie rechnete jeden Moment ihn bei sich zu spüren, zu fühlen wie er seine Zähne in sie biss. Lilly wagte es nicht sich herumzudrehen. Sie stand nur da und wartete. Er hat mich gewarnt, sagte sie zu sich selbst, er hat gesagt er sei gefährlich.
Plötzlich hörte sie einen lauten Knall, sie schreckte zusammen, drehte sich herum und sah das die Haustür ganz aufgestoßen war. Luke war weg. Er musste, als die Sonne hinter den Wolken verschwunden war, nach draußen gegangen sein, dachte sie. Dennoch sah sie sich unsicher um, sie hatte immer noch Panik, die aber langsam abflaute. Und je sicherer sie sich war, dass Luke weg war, umso mehr ließ dieses Gefühl nach.
Was war das? Warum hat er das getan? Fragte sie sich. Ich hätte ihn gestern oder besser heute Morgen gehen lassen sollen, er hat es besser gewusst und ist nur geblieben weil ich es wollte.
Lilly überlegte, ob sie gehen sollte, einfach weg, solange wie er nicht hier war. Aber was würde er denken, würde er es verstehen. Aber ich bin doch selbst Schuld daran.

Zögerlich ging sie die Treppen nach unten, ging durch die Vorhalle und schloss die Haustür. Dann ging sie in das Wohnzimmer. Sie setzte sich auf die Couch, schaltete den Fernseher ein und versuchte zu vergessen was sie gerade gesehen hatte. So war er nicht, so hat er sich noch nie verhalten. Es war meine Schuld, dachte sie. Und das musste sie ihm sagen, also würde sie warten, bis er nach Hause kam. Vielleicht will er mich ja gar nicht mehr sehen, dachte sie traurig, es wäre ihm nicht zu verdenken. Sie zog die Beine auf die Couch und fühlte sich beobachtet. Was wenn seine Familie hier immer noch ist, also irgendwie, mich beobachtet, mich nicht hier haben will. Ich bin ein Eindringling in diesem Haus, selbst wenn Luke mich eingeladen hat. Aber nach dem was jetzt passiert war, wie sie den Jüngsten hatte sich verhalten lassen, jetzt wollten sie sie bestimmt nicht mehr hier haben. Lilly sah sich um, hör auf, du spinnst, sagte sie zu sich selbst. Geh nach oben, leg dich hin bevor du ganz durchknallst.
Also stand sie auf, machte den Fernseher aus, ging die Treppe nach oben und stellte fest, als sie in das Schlafzimmer kam, das es bereits dunkel draußen war.
Sie drehte sich zu der großen Standuhr, er war bereits nach Neun, stellte sie irritiert fest. Langsam ging sie zum Bett, sah wie die Matratze noch mehr gelitten hatte. Am Kopfende sah sie bereits die metallenen Sprungfedern. Sie ging um das Bett herum, schaltete beide Nachttischlampen an und legte sich hin und wieder war sie sich sicher, dass sie beobachtete wurde. Lilly kramte die Zudecke zu sich, deckte sich mitsamt ihren Kleidung zu und wartete. Ihr war nie bewusst gewesen wie viel Krach in diesem Haus war. Sie hörte es knarren und ächzen, hörte wie der Wind durch undichte Stellen pfiff, wie das Holz arbeitete. Es war als ob dieses Haus lebte, atmet, jammerte und stöhnte aufgrund seines Alters und irgendwie hatte sie das Gefühl es wollte sie hier nicht.
Jetzt spinnst du endgültig, sagte sie zu sich, wie kann ein Haus dich nicht hier haben wollen. Dieses Haus ist sein Elternhaus, es gehört ihm schon länger wie ein Mensch lebt, vielleicht steckt mehr von ihm in diesem Haus wie normal.
Auf einmal hörte sie einen leisen Knall, sah wie Sekunden später die Türklinke nach unten gedrückt wurde. Noch bevor die Tür ganz offen war, spürte sie Lukes Gefühle: Schuld, Scham, aber auch Freude und Angst, obwohl sie nicht sicher war ob letzteres nicht ihr eigenes Gefühl war. Luke stand in der Tür, sah sie an. Lilly setzte sich auf, sah ihn ihrerseits an. Nichts von dem was sie heute Mittag gesehen hatte, erkannte sie jetzt. Er war vollkommen, ja was, normal?
Langsam, fast schon zögerlich kam er auf sie zu.
„Es tut mir leid!“ sagten beide wie aus einem Mund.
Luke sah sie verwirrt an: „Dir tut es leid?“
Lilly nickte: „Ich hätte dich gehen lassen sollen! Du hattest deinen Grund und ich hab dich aufgehalten! Wenn ich das nicht getan hätte, wäre das heut Mittag nicht passiert!“
Das Bett gab nach als Luke sich daraufsetzte, aber Lilly sah nur vor sich auf die Decke, sie konnte ihm nicht in die Augen sehen.
„Ich hätte es besser wissen sollen, ich hätte gehen sollen. Ich weiß doch das es bei dir schwieriger ist, wenn dann ist es meine Schuld!“
„Du hast doch schon dafür gesorgt das ich in Sicherheit war, aber ich bin schließlich aus dem Zimmer raus!“
„Du wusstest nicht den Grund!“
„Ich hätte dich gehen lassen sollen, oder zumindest erahnen können, warum du fort wolltest!“
„Glaubst du mir jetzt das ich gefährlich bin, auch für dich und besonders für dich!“
Lilly nickte nur widerwillig.
„Hast du jetzt Angst vor mir?“
Lilly sah ihn an, schüttelte den Kopf.
„Lüg nicht! Das einzige was mich davon abgehalten hat, war die Sonne und deine Panik!“
„Ich habe keine Angst vor dir, sonst wäre ich nicht mehr hier! Ich hatte Angst, ja, aber vor dem was passieren könnte, nicht vor dir!“
„Du kannst lügen ohne rot zu werden. Ich habe das gespürt!“
„Du hast nur gespürt das ich Angst habe, aber vor was, das kannst du nicht!“
Luke lehnte sich zögerlich an sie, legte sein Gesicht in ihre Haare: „Ich bin gefährlich, verstehst du und das Beste ist Angst vor mir zu haben. Gerade du, weil du mich so sehr reizt!“
Lilly rieb ihr Gesicht an seinem, schüttelte den Kopf: „Ich habe keine Angst vor dir!“
„Das ist so leichtsinnig von dir!“
„Ich werde besser aufpassen, dich gehen lassen wenn du willst, dich nicht zurückhalten. Ich darf eine solche Situation einfach nicht mehr aufkommen lassen!“
„Das ist nicht so einfach wie du denkst!“
„Warum?“
„Weil es so schwer ist für mich!“
„Was?“
„Ich bin so hin und her gerissen zwischen dem was ich will und dem wovon ich weiß, dass es richtig ist!“
„Was meinst du damit?“
„Ich weiß das ich von dir weg muss, ich weiß das ich wenn ich in deiner Nähe war oder bin öfters in den Club muss, aber wiederum will und kann ich dich nicht alleine lassen, wenn du schon bei mir bist!“ Luke legte beide Arme um sie, drückte sie an sich: „Solange habe ich nach dir gesucht, dann hab ich dich gefunden und muss feststellen, dass ich nicht annähernd solange haben werde wie ich es will und diese kurze Zeit, die ich mit dir habe, muss ich dich auch noch öfters alleine lassen, damit ich es überhaupt in deiner Nähe aushalte!“
Lilly sah ihn an, strich ihm über die Wange: „Und wenn ich mitgehe?“
„Wohin?“
„In den Club, ich weiß ja was da passiert und ich kann auf mich aufpassen. Du hast gesagt es gibt Regeln, erklär sie mir und ich kann mich daran halten. Dann kannst du tun was du tun musst, du musst nicht auf mich aufpassen und ich bin in deiner Nähe!“
„Ich weiß nicht!“
„Warum?“
„Dieser Club kann gefährlich sein!“
„Gefährlicher wie das heute Mittag?“ Sofort bereute sie, was sie gesagt hatte, noch bevor sie seine Schuldgefühle spürte: „So war das nicht…“
Luke nickte: „Doch, genauso war das gemeint!“
„Tschuldigung!“
Luke lachte traurig: „Warum entschuldigst du dich für etwas was stimmt! Gefährlicher wie heute Mittag? Ich glaube das geht kaum!“
„Also ja! Ich komm mit, ok!“
„Die Regeln sind relativ einfach..“ fing Luke an, als er sich zurücklehnte. Lilly legte sich mit ihrem Oberkörper auf seinen Brustkorb, ließ Luke beide Arme um sie legen und hörte zu: „Niemand darf dir etwas tun, was gegen deinen Willen ist, sagst du Nein, heißt das Nein, niemand, zumindest keiner von uns, wird dich danach nochmals fragen, aber du weißt es sind mehrere, also musst du mehrmals Nein sagen! Sag am besten zu allem Nein!“
Lilly kicherte: „Also gut, zu allem und jedem Nein!“
„Genau!“
„Zweitens, geh mit niemanden mit, nicht nach draußen, nicht irgendwo im Club woanders hin!“
Lilly nickte.
„Lass die Finger von alkoholischen Sachen, die sind weitaus heftiger wie es ein untrainierter Mensch verträgt!“
„Untrainiert?“
„Ja, einer der sich jedes Wochenende die Kante gibt!“
„Heißt das, Alkohol macht euch nichts?“
„Nur wenn wir Blut trinken von einem der Sturzbetrunken ist, dann ja!“
„Besoffen aus zweiter Hand!“ Kicherte sie.
„Ja, so ungefähr. Deswegen werden solche gleich rausgeschmissen!“
„Ok weiter!“
„Im Prinzip waren das alle, nur eine noch und die gilt besonders für dich, wenn ich sage geh, dann gehst du auch, verstanden. Keine Diskussion, du bekommst den Autoschlüssel und fährst wenn ich es dir sage! Ob hierher oder zu dir ist mir egal, ich finde dich, aber du gehst!“
„Warum?“
„Wie, warum? Hab ich nicht grad gesagt keine Diskussion!“
„Ja im Club keine Diskussion, aber ich würde schon gerne wissen warum?“
Luke holte tief Luft: „Du wirst eh nicht locker lassen, oder?“
„Nein!“
„Du hast genug gesehen, es gibt Dinge die du nicht sehen musst, ok. Belass es dabei, bitte!“
Lilly hob abwehrend die Hände: „Ok!“
„Wann musst du wieder dahin?“
„Ich weiß es nicht, das ist bei dir schwierig zu sagen!“
Lilly sah ihn irritiert an.
„Ich hab dir doch gesagt, dass es bei dir anders ist wie normal, je nachdem wie lange ich bei dir bin oder du bei mir!“
„Du merkst das rechtzeitig?“
„Ja, hab ich gestern im Prinzip auch, aber…“
„Ich hab dich abgehalten!“ sagte sie kleinlaut.
„Ich sagte doch, der Drang bei dir zu sein ist stärker wie alles andere und davor hab ich Angst. Ich befürchte irgendwann keine Kontrolle mehr darüber zu haben!“
„Und dann?“
„Dann war das heute Mittag ein kleiner Vorgeschmack!“
Lilly sah ihn schockiert an: „Heißt das, die Sonne würde dich nicht aufhalten!“
„Die Sonne hätte mich heute Mittag alleine schon nicht aufgehalten, da wäre ich durchgerannt und hätte dich mitgerissen und dich in ein dunkles Eck gezerrt!“
„Was dann? Aber ich meine das tut dir doch weh, oder nicht?“
„Deine Panik, dieses Lähmende, was ich durch dich gespürt habe, sonst nichts. Also sag nicht du hast keine Angst vor mir, das ist vielleicht das einzige was dich retten könnte! Und die Sonne, ja sie tut weh, aber im Vergleich zu dem, was ich dafür bekommen würde, ist das ein geringer Preis. Die Tatsache dein Blut zu bekommen ist zu verlockend, als das ich mich davon, von den Schmerzen, abhalten lassen würde. Deswegen weiß ich auch, dass ich niemals auch nur den kleinsten Tropfen davon abbekommen dürfte, ich würde dich töten, ich hätte keine Kontrolle darüber und das will ich nicht.“
Lilly sah ihn an: „Wieso bist du dir da so sicher, du hast dich auch geirrt, was es angeht ob wir miteinander schlafen können! Warum bist du dir da so sicher!“
„Lieber ich bin mir sicher und komm gar nicht erst in Versuchung, obwohl ich das die ganze Zeit bin, als zu denken, das wird schon irgendwie klappen und dann festzustellen, dass ich dich getötet habe. Das werde ich währenddessen nicht merken, erst später!“
„Aber du sagst doch, bei den anderen hörst du es und merkst es, wann du aufhören musst!“
„Das sind andere, anderes Blut, aber deines…“ er strich mit seiner Nase an ihrem Hals entlang: „.. deines riecht ja schon durch deine Haut so verlockend, das Kontrolle schwierig ist. Was erst wäre wenn ich es schmecken würde, …“ Lilly spürte wie er intensiver an ihr roch, sein Gesicht an ihre Halsbeuge drückte, seine Stimme hatte etwas Träumerisches bekommen und irgendwie ließ das kleine Stromschläge durch ihren Körper jagen. Wieder fühlte sie seine Gier, aber schwächer wie heute Mittag. Sie zog sich von ihm etwas zurück, sah wie er die Augen geschlossen hatte und rechnete damit, dass sie silbern glitzern würden, wenn er sie öffnet. Ein kurzes Aufflackern von Angst durchströmte sie, Luke hatte es gespürt. Er öffnete die Augen, sah sie an. „Du hast Angst!“
Lilly sah wie seine Augen von grün auf blau wechselten, sie wusste das leugnen sinnlos war: „Etwas!“
„Gut!“ sagte er flüsternd: „Angst macht vorsichtig!“
„Ich will aber keine Angst vor dir haben!“
„Glaube mir es ist besser so! Zu deinem Schutz!“
„Wieso?“ Sie flüsterte auch.
„Niemals würde ich zulassen, dass dir etwas geschieht. Alles was dir Angst macht versuche ich zu verhindern! Vielleicht bekomme ich mehr Kontrolle, wenn ich dich vor mir schützen muss, aber dazu brauche ich deine Angst!“
„Um zu wissen, zu spüren, das ich Schutz brauche, selbst wenn es vor dir selbst sein muss!“
Luke nickte: „Ja! Zumindest hoffe ich das!“
„Mmh!“ machte Lilly: „Und wenn du dich irrst?“
„Dann hast erst du und dann ich ein Problem!“
„Aber normalerweise hörst du doch auf, bevor….“
„Bei jedem, aber bei dir weiß ich es nicht und ich will es auch nicht herausfinden!“
„Das heißt, wir müssen aufpassen!“
„Ja, sehr aufpassen, vor allem auf dich!“
Lilly lächelte. „Ach was soll mir denn schon passieren?“ sagte sie ironisch.
„Vieles!“ sagte er: „Dich zu verlieren wäre das schlimmste was mir passieren könnte!“
Sie drehte sich zu ihm herum, sah ihm in die Augen: „So?“
„Ja, verstehst du immer noch nicht das du alles für mich bist.“
„Alles ist ein großes Wort!“
Luke lächelte: „Relativ!“
Lilly strich ihm mit beiden Händen über die Wangen, küsste ihn sanft. Als sich ihre Lippen lösten, sah Luke sie irritiert an. „Nach allem was geschehen ist, kannst du mich…“
Sie nickte, küsste in nochmals. Diesmal griff Luke ihr ins Genick, hielt sie fest und wieder bekam dieser Kuss etwas Verzweifeltes. Und diesmal fühlte sie sie, Lilly wurde von Lukes Gefühlen geradezu überschwemmt: Verzweiflung, Sorge, Kummer, aber auch Freude und vor allem Liebe. Sie wusste, das auch er es genauso bei ihr fühlte, wie sie es bei ihm, sie musste ihm nicht sagen das sie ihn liebte. Er wusste es, er fühlte es.

Nach einem scheinbar endlosen Kuss, löste Luke seine Lippen von ihren, sah sie an und flüsterte: „Dich zu verlieren wäre das schlimmste was mir widerfahren könnte, ich habe schon einmal alles verloren. Durch dich habe ich mehr gefunden wie ich jemals dachte zu finden. Allein die Vorstellung dich, auch noch durch meine eigene Hand zu verlieren, treibt mich in den Wahnsinn!“
Lilly lächelte ihn an, fuhr ihm über die Wange. „So schnell wirst du mich nicht los! Du bist mir hinterher und jetzt hast du den Salat!“
Luke lachte, küsste sie nochmals schnell auf den Mund: „Mit der Drohung kann ich leben!“
„Das will ich dir auch raten, sonst kannst du was erleben!“
Sein Lachen wurde lauter, er zog sie fest an sich, schlang beide Arme um sie und drückte sie an sich. Zusammen ließen sie sich zur Seite auf Bett fallen. Lilly drängte sich noch näher zu ihm, verschlang ihre Beine mit seinen und so blieben sie liegen.

Die Sonne war gerade am Aufgehen, als Luke sich von ihr löste.
„Wohin willst du?“
„Wenn du nichts dagegen hast, die Vorhänge zuziehen, sonst wird die Sache etwas schmerzhaft, zumindest für mich!“
„Mmh!“ war alles was sie machte.
Nachdem Luke die Vorhänge zugezogen hatte, kam er zurück zu ihr, kuschelte sich wieder an sie und Lilly schlang sofort wieder Arme und Beine um ihn, Dabei kam sie dem Loch in der Matratze zu nahe und ihre Haare verfingen sich in der Metallfeder: „Aua!“
„Was?“ fragte Luke besorgt.
„Wir brauchen ne neue!“
„Was?“
„Matratze, die hier ist ziemlich mitgenommen!“
„Ich werde eine bestellen!“
Lilly kicherte.
„Was denn?“
„Ich überleg nur wie lange die wohl hält!“
„Sollen wir die alte behalten?“
„Was so nach dem Prinzip, heut Nacht kommt die Alte drauf!“ Jetzt lachte sie auf und auch Luke konnte sich ein Kichern nicht verkneifen: „Klingt irgendwie blöd!“
„Bestell doch gleich zwei oder drei!“
„Oder vier oder fünf!“
„Frag lieber gleich was ne LKW-Ladung voll kostet!“
„Ok, was hast du bitte vor?“
„Öh, du musst nicht alles wissen!“
„So, muss ich nicht?“
Lilly schüttelte den Kopf: „Mmh, nöö!“
Als Antwort begann Luke Lilly zu kitzeln, bis diese sich schreiend-kichernd unter im wand und versuchte sich unter ihm herauszuschieben. Allerdings wusste sie gleich das dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt war, selbst wenn Luke nicht annähernd seine volle Kraft einsetzte, hatte sie keine Chance. Also blieb ihr nur noch lautes Kreischen in der Hoffnung, das Luke irgendwann aufhören würde. Nach einiger Zeit musste sie sich eingestehen, das sie ihn unterschätzt hatte, also versuchte sie eine andere Taktik.
„Luke….bitte….nicht…hör aufff!“
„Warum?“
„Weil ….ich….erstensss ...keine Lu-uft mehr krieg ….und zweit… zweitens aufs Klo muss!“ wieder strampelte sie mit Händen und Füßen, allerdings machte er es ihr diesmal einfacher unter ihm wegzukommen. Schnell stand sie auf und rannte förmlich ins Bad, noch während sie die Tür schloss, hörte sie Luke Lachen.

Luke hörte sie im Bad, überlegte ob es gut war, was er ihr gesagt hatte.
Musstest du ihr sagen, dass sie Angst vor dir haben muss?
Ja, weil es im schlimmsten Fall ihre einzige Rettung sein könnte.
Warum, glaubst du, du würdest dich davon abhalten lassen? Du hast früher gejagt und da war auch Angst mit im Spiel!
Aber vielleicht ist sie vorsichtiger.
Vorsichtiger? Nein, du wirst sie nur dazu bringen Anstand zu dir zu halten.
Ist vielleicht gar nicht das schlechteste.
Ja, aber nur für sie, wenn überhaupt. Du kannst doch gar keinen Abstand zu ihr halten!
Ich weiß, und das ist das gefährliche.

Luke wunderte sich, was sie so lange im Bad trieb, stand auf und ging zur Tür. Als Antwort auf sein Klopfen, hörte er ihr kichern.
„Was treibst du so lange da drin?“

Lilly stand vor dem Waschbecken und sah in den Spiegel. Sie war komplett verstrubelt, im Spiegel sah sie die Glastür, die die Dusche vom Rest abtrennte. Vielleicht sollte ich….Noch bevor sie den Gedanken zu Ende gebracht hatte, hörte sie es klopfen.
Als Antwort auf seine Frage sagte sie kichernd: „Da du sagst ich stink, geh ich jetzt duschen!“
Luke machte die Tür auf, stand im Türrahmen und sah sie an: „Das hab ich gar nicht gesagt!“
Immer noch kichernd sagte sie: „Vielleicht nicht gesagt, aber bestimmt gedacht!“
„Nein!“ sagte er quengelnd.
Lilly drehte sich zur Dusche herum, dann zu ihm, zeigte dann auf die Tür.
„Wie du schmeißt mich raus, aus meinem eigenen Bad!“ immer noch klang er fast beleidigt.
„Ja-ha!“
Luke schüttelte ungläubig den Kopf, ging an ihr vorbei und machte einen Schrank auf, der neben der Dusche stand. Als er sich herumdreht, hatte er ein großes Handtuch in der Hand, reichte es ihr.
Sie nahm es ihm ab, hängte es die Stange, die an der Glastür befestigt war: „Danke!“
„Nachher heißt es noch ich lass dich im nassen stehen!“
Lilly kicherte, wollte sich gerade das T-Shirt ausziehen, als sie ihn ansah: „Bist ja immer noch da!“ sagte sie gespielt vorwurfsvoll.
Luke hob abwehrend die Hände: „Schon gut, bin ja schon weg!“ damit drehte er sich herum und zog die Tür hinter sich zu.

Lilly kicherte leise, wissend das er es mit Sicherheit hörte und zog sich aus. Sie stellte sich unter die Dusche, merkte das es wohl keine Duschwanne gab, sondern nur den gefliesten Boden und sah nach oben. Der Duschkopf war groß genug um zwei Erwachsenen Platz darunter zu bieten. Sie drehte das Wasser auf und bekam eine kalte, eine wirklich kalte Dusche. Erschrocken schrie sie auf: „Oh mein Gott!“
Noch bevor sie das letzte Wort gesagt hatte, wurde die Badezimmertür aufgestoßen, Luke kam herein und blieb vor ihr stehen: „Was ist?“
Sie merkte seine Sorge, schüttelte schnell den Kopf: „Nichts, nur eiskalt!“
Luke griente: „Hätt dich vorwarnen sollen, ich dusch meist kalt!“
„Warum?“ fragte sie während sie das Wasser auf eine für sie angenehme Temperatur regelte.
„Die Sonne brennt und da ist kaltes Wasser vergleichbar angenehm, lindert zumal die stärksten Schmerzen!“
Lilly drehte sich zu ihm herum, sah, das er immer noch direkt vor der Glastür stand und sie ansah, zwar verdeckte das Handtuch, das davor hing, einen Teil ihres Körpers, aber den Oberkörper sah er. Schnell legte sie beide Arme vor die Brust, sah ihn an.
Luke fing an zu lachen: „Erstens fällt dir das früh ein und zweitens hab ich das schon alles gesehen!“ Dabei fuhr er mit seiner Hand an der Glastür entlang.
Lilly hob den Kopf, schielte ihn von oben herab an: „Das heißt nicht das du das immer zu sehen kriegst!“
Er merkte ihre Amüsiertheit, legte den Kopf schief: „Und wenn ich selber duschen will? In meiner Dusche!“ Das letzte betonte er absichtlich mehr.
Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, zuckte mit den Schultern: „Dann haste Pech gehabt!“ Ihr war bewusst das das eine Herausforderung war und er mit Vergnügen darauf reagierte.
„So?“ war alles was er sagte. Schnell zog er sich aus und kam zu ihr unter die Dusche. Lillys Gefühl das sie beide gut Platz darunter finden würden, bestätigte sich. Dennoch zog er sie nahe an sich und hielt sie fest. Ihre Haare waren bereits nass und jetzt bemerkte sie erst, dass sie weder Shampoo noch Duschgel hier hatte.
„Toll!“ sagte sie: „Nass aber nichts zu waschen da!“
Luke griff hinter sie nach oben und zog etwas aus einer Ablage, die so in der Wand eingelassen war, das sie sie nicht bemerkt hatte: „Dann musst du halt was von mir nehmen!“
Sie nahm ihm das Duschmittel aus der Hand, roch daran, zuckte mit den Schultern: „Riecht gar nicht schlecht! Ist zwar Männerzeug, aber egal!“
Sie nahm sich etwas und begann sich einzuseifen, es dauerte nicht lang bis Lukes Hände sich zu ihren gesellten und sie ebenfalls einseiften. Diesmal blieb er aber nicht, wie die Male zuvor von bestimmten Bereichen fern. Warum auch, dachte sie. Den letzten Schritt sind wir ja gegangen. Daher entschied sie ihre eigenen Hände an Lukes Körper fahren zu lassen, so dass sie sich gegenseitig einseiften. Und auch hierbei, wich Luke nicht wie zuvor zurück. Im Gegenteil, er zog sie näher an sich, legte beide Arme um sie und drückte sie sich an seinen Körper. Zufriedenheit strömten durch ihre Körper, verstärkt durch den jeweils anderen. Nachdem sie eine Weile unter dem Wasser gestanden hatten, machte sich Lilly von ihm los. Sie merkte seine Irritiertheit: „Wenn wir noch länger da drunter stehen, seh ich zumindest aus wie ne Trockenpflaume!“
Luke lachte leise auf, stellte das Wasser ab, nahm das Handtuch von der Glastür und umwickelte sie damit.
Langsam drückte er die Glastür auf um sie raus zu lassen. Als sie wieder im Badezimmer stand, folgte er ihr. Im Gegenteil zu ihr, hatte er kein Handtuch und sie ging auf ihn zu und wickelte das große Handtuch um ihrer beider Körper. Luke trocknete sie ab und sie ihn, danach wickelte sie sich das große Handtuch wieder um den Körper und ein kleineres Handtuch, wie einen Turban um die Haare. Sie sah in den Spiegel und merkte wie Luke von hinten erneut an sie herantrat, beide Arme um ihre Taille legte und seine Kopf auf ihre Schulter. Sein Spiegelbild sah sie an und selbst jetzt, hatte sie das Gefühl das seine Augen sie bannten. Lilly sah, wie er die Augen schloss, sein Gesicht an ihre Halsbeuge legte und merkte wie er die Luft einsog. Sie zuckte kurz zusammen, als seine Lippen ihre Haut streiften.
„Was ist?“ fragte er gedämpft.
„Nicht!“
„Sicher!“
Lilly nicke: „Ja!“
Jetzt begann er sein Gesicht in ihren Nacken wandern zu lassen, immer noch roch er sie ab. Sie spürte es, fühlte wie ihr Körper anfing zu erschaudern.
„Obwohl du mein Duschmittel genommen hast, riechst du so intensiv nach dir! Das warme Wasser verstärkt deinen Geruch!“ sagte er, während er an ihrer Wirbelsäule entlangglitt.
Abrupt hörte er auf, trat einen Schritt zurück und Lilly merkte wie er es vermied, dass sie sein Gesicht, selbst im Spiegel, sehen konnte. Luke verließ ohne ein weiteres Wort das Bad, sie hörte wie er im Schlafzimmer herum kruschtelte und wie auch diese Tür geschlossen wurde.
Langsam zog sie sich wieder an, frottierte sich die Haare, kämmte sie sich durch und ging, mit immer noch nassen Haaren, ins Schlafzimmer. Wie sie erwartet hatte war Luke nicht da, sie ging die Treppe nach unten, erwartete irgendwie, das sich das gleiche wie gestern ereignen würde, aber sie erreichte das Wohnzimmer ohne von ihm abgehalten worden zu sein. Luke saß auf einer der Couchen, hatte den Laptop auf den verschränkten Beinen liegen und tippte irgendetwas.
„Hey!“ war alles was er sagte, ohne aufzuschauen.
„Was machst du da?“ fragte sie, als sie näher zu ihm ging.
„Ne neue Matratze bestellen!“ Jetzt sah er auf: „Hast du Hunger?“
Lilly nickte und tapste barfüßig in an die Küchenzeile: „Willst du auch.. vergiss es!“
Sie war gerade dabei etwas im Kühlschrank zu suchen, als ihr einfiel, das diese Frage wohl nicht unbedingt gut war.
„Besser nicht!“ sagte Luke, schien aber irgendwie geistesabwesend zu sein. Sie nahm ein Brötchen, legte etwas Käse drauf und wollte gerade zu ihm auf die Couch, als sie irgendein merkwürdiges Gefühl davon abhielt. Luke sah sie an: „Was ist?“ fragte er besorgt. Lilly zuckte mit den Schultern: „Kommt das nicht von dir?“
Luke schüttelte den Kopf: „Alles ok?“ sie merkte seine Sorge.
„Ich glaub schon!“
„Wirklich?“
„Ja!“ sagte sie bestimmt, setzte sich zu ihm und lehnte sich kauend an seine Schulter.
Nachdem sie das Brötchen gegessen hatte, sah Luke sie an: „Draußen scheint die Sonne, willst du weiter stromern?“
„Vielleicht ein bisschen!“ sagte sie, stand auf und lief aus dem Zimmer. Sie ging in den Raum von dem aus sie auf die Terrasse konnte, machte die Tür auf, trat nach draußen und stieg ein paar Stufen nach unten, dann setzte sie sich hin. Als sie zurück sah, merkte sie wie die Vorhänge kurz bewegt wurden, sie wusste das Luke nach ihr schaute und das obwohl die Sonne direkt auf das Haus schien. Sie war wohl für seinen Geschmack etwas zu schnell gegangen. Nun saß sie hier und konnte nachdenken.
War er wirklich so gefährlich wie er behauptet? Oder wollte er ihr nur Angst machen?
Wenn er das nur machen wollte, hatte er es geschafft, musste sie sich eingestehen.
Die Art wie er sie angesehen hatte, was er zu ihr gesagt hatte, als er bei ihr im Schlafzimmer war: Ich hätte dich in irgendein dunkles Eck gezogen! Ließ sie selbst jetzt erschaudern, wieder sah sie nach oben. Entscheid das sie noch zu nah an der Tür saß und setzte sich auf die unterste Stufe, zog die Beine an.
Ich will keine Angst haben vor ihm! Warum macht er das, zuerst erzählt er mir er sei gefährlich, dann das ich ihm vertrauen solle, das er mir nicht schaden würden und jetzt sagt er es sei besser vor ihm Angst zu haben um mich zu schützen! Was soll das? Könnte er sich endlich einig werden! Dachte sie und spürte Wut in sich aufkommen. Es war ihr egal ob er es merkte, sollte er doch. Es reichte ihr mit diesem Hin und Her, Ja und Nein.

Lilly saß da, beobachtete wie der Wind die Blätter vorantrieb und stellte sich erneut die Frage ob sie das richtige tat. Sie dachte, es würde einfacher sein, da sie wusste was er war, aber es wurde irgendwie noch komplizierter. Gefühle die nicht ihr gehörten, er spürte ihre und das machte es nicht einfacher. Sie merkte was er für sie empfand und selbst wenn sie sich anlügen konnte und ihre Gefühle verbergen konnte, so war es unmöglich seine zu ignorieren.
Nach einer Weile merkte sie wie es kalt wurde, die Sonne schien nicht mehr so intensiv, wieder schoben sich Wolken davor. Kaum war die Sonne hinter den Wolken verborgen, merkte sie wie Luke sich hinter ihr auf die Stufe setzte. Zögerlich legte er seine Arme um ihren Oberkörper, drückte sie leicht an sich: „Ich kann dich nicht zwingen zu bleiben!“ sagte er traurig: „Ich kann dir nicht helfen deine Gefühle zu ordnen. Ich kann ja nicht mal meine ordnen! Aber wenn du lieber gehen willst, dann..“
„Willst du mich loswerden?“
„Nein!“ sagte er schnell: „Um nichts in der Welt, aber was bringt es mir, wenn du nicht glücklich bist!“
„Dann hör auf mir zu sagen, das ich Angst vor dir haben soll!“
„Aber es wäre…“
Lilly unterbrach ihn, wenn auch energischer wie es beabsichtigt war: „Kein aber, kein wenn, ich will keine Angst vor dir haben. Und ich muss es auch gar nicht!“
„Täusch dich nicht! Du kostest mich mehr Kontrolle, wie alles andere auf dieser Welt!“ er zog sie näher, flüsterte: „So nah an dir, ist beinahe Qual, so zerbrechlich, so leicht zu …!“
Lilly drehte sich in seine Umarmung: „So was?“
„So leicht zu töten!“ er fuhr ihr mit der Hand ins Genick, drückte vorsichtig zu. „Nur ein zu fester Druck, nur eine zu grobe Berührung, eine zu heftig ausgeführte Bewegung und dann….dein Geruch, dein Blut was mich so sehr reizt, selbst wenn ich satt bin fühlt es sich an, wie wenn du jemanden der am Verhungern ist, ein gebratenes Steak vor die Nase hältst.“ Wieder fuhr er mit seinem Gesicht an ihre Halsbeuge, sie merkte wie er an ihr roch und stieß ihn grob mit ihrem Kopf weg. „Dann lass das!“ fuhr sie ihn an.
Er rutschte etwas von ihr weg, hatte sie aber immer noch in seinen Armen: „Wenn ich das könnte, hätte ich das schon längst gemacht. Schon allein um deinetwillen, um deiner Sicherheit zum Wohle, aber ich kann nicht!“
Sie spürte seine Verzweiflung: „Wie kann ich dir helfen, was kann ich machen?“
„Nichts!“ sagte er leise: „Ich muss mich daran gewöhnen, dich so nahe zu haben, ohne dir zu schaden!“
„Ist das nur in meiner Nähe?“
Luke sah sie an, es war als ob er lesen konnte was sie als nächstes sagen wollte: „Nein, nicht nur in deiner Nähe. Ich rieche dich auf der Straße, wo du gegangen bist, ich rieche dich bereits jetzt im Haus, im Wohnzimmer, im Schlafzimmer. Du bist bereist allgegenwärtig für mich, egal wie nah du mir körperlich bist. Dein Geruch hat sich mir eingebrannt, ich muss es nur kontrollieren lernen!“
„Wie?“
Luke zuckte die Schultern: „Wenn ich das genau wüsste, würde ich damit sofort anfangen, aber bis ich Kontrolle habe, musst du, müssen wir aufpassen. Ich darf nochmal ein solches Risiko nicht eingehen, ich muss öfters in den Club und wenn du mitgehst, müsste es gehen. Vielleicht geht es so, vielleicht muss ich dich so oft um mich haben, dass dein Geruch nichts mehr auslöst, weil ich ihn gewohnt bin. Eine Art…“
„Desensibilisierung!“
„Ja, so was, soviel von dir bekommen, das ich irgendwann die Nase voll davon hab und es mir egal ist, also du verstehst was ich mein, also jetzt nicht falsch verstehen, natürlich ist es mir und wird es mir nie egal sein, ob du bei mir bist, aber..“
Lilly drehte sich herum, küsste ihn sanft.
„Mach das nicht immer!“ sagte er.
„Warum?“
„Weil du es nur schlimmer machst!“
„Was denn?“
„Ich hab eh schon ein schlechtes Gewissen und du hast dann dieses…..gönnerhafte! Versteh das nicht falsch aber es…!“
„Macht dir das so viel aus, wenn ich dich küsse?“
„Nicht das du mich küsst, aber wann. Du hast immer so ein Timing und irgendwie geht’s mir danach nicht wirklich besser!“
„So schlimm!“
„Als ob du das nicht merken würdest!“
Lilly sah ihn an: „Ehrlich gesagt nicht! Also nicht so intensiv, ich merke zwar das du ein schlechtes Gewissen hast aber nicht das es sich verstärkt, und schon gar nicht dann wenn ich dich küsse!“
„Nicht?“
„Nein!“
„Warum nicht?“ Sie rutschte näher, drückte ihm wieder ihre Lippen auf seine. Und diesmal merkte sie es, oder bildete sie sich das nur ein?
Luke ließ sie los, legte ihre beide Hände um den Hals und verflocht seine Finger in ihrem Genick und zog sie an sich. Mit schon fast sanfter Gewalt verlängerte er ihren Kuss.
Erst als sie ihm ihre Hände auf die Unterarme legte und seine Arme nach unten drückte, ließ er sie los. Lilly schnappte nach Luft: „So viel zu ein zu fester Druck, oder eine grobe Berührung!“
Sofort merkte sie sein schlechtes Gewissen, gepaart mit Schuld aufflammen. Sie lachte leise, fuhr ihm über die Wange.
„Tschuldigung!“
Lilly lächelte ihn an, küsste ihn erneut. Diesmal ließ er aber seine Hände von ihr.
Jetzt fiel ihr etwas ein: „Das mit der Kontrolle, das muss aber funktionieren!“ sage sie als sich ihre Lippen wieder trennten.
„Warum? Wie kommst du jetzt da drauf?“
„Du hast doch auch Kontrolle wenn du mit mir schläfst, oder. Also zumindest lebe ich noch!“
„Aber ich habe dich..“
„Beim ersten Mal, aber bei zweiten schon weniger!“
„Ja, weil du ..!“
„Was, nur weil ich dir gesagt habe du sollst die Hände liegen lassen. Hast du auch nicht gemacht und es war weniger, also muss das gehen, irgendwie!“
Luke lachte, auch wenn nur traurig: „Irgendwie schon. Wenn ich diese irgendwie wüsste, wäre mir schon geholfen!“
„Aber es geht!“
„Das heißt aber nicht, dass ich nicht gefährlich bin!“
„Das sag ich ja nicht, aber du hast Kontrolle und wahrscheinlich mehr wie du denkst!“
„Sei dir dessen nicht so sicher. Ich weiß es nicht, du weißt es nicht und ich werde den Teufel tun und es herausfinden wollen!“
„Das hast du auch gedacht, bevor wir miteinander…“
„Vergiss nicht wie ich dich zugerichtet hatte!“
„Aber nicht so schlimm wie du befürchtest hast, oder?“
Luke schloss die Augen, schüttelte langsam den Kopf und sofort schossen ihm wieder die Bilder seiner Vision durch den Kopf: „Du weißt nicht was hätte passieren können.“
„Du auch nicht!“
Luke nickte: „Ich befürchte nur, das das jederzeit trotzdem passieren kann!“
„Was denn? Luke was?“
„Ich könnte dich töten!“
„Das hast du beim ersten Mal nicht, warum dann später!“
„Vielleicht irgendein Auslöser, irgendwas. Ich weiß es doch nicht!“ Er klang so verzweifelt, wie Lilly es fühlte.
„Nichts wird passieren!“
„Das weißt du nicht! Nochmal ich bin..“
„Gefährlich. Ich weiß. Aber trotzdem will ich keine Angst vor dir haben, oder vor dem was du tust, oder was geschehen könnte!“
Luke sah ihr in die Augen: „Eine Liebe zwischen jemanden wie mir und jemanden wie dir ist gefährlich, zumal niemand je zuvor von so etwas gehört hat.“
Lilly zuckte die Schultern: „Alles kann gefährlich sein, Luke. Alles kann gefährlich werden, das ganze Leben. Und selbst wenn du wirklich das gefährlichste für mich bist, dann weiß ich das wenigsten. Ich weiß woher mir Gefahr droht im Vergleich zu den Andern. Es ist halt mal eine gefährliche Liebe!“
Wieder strich sie ihm über die Wangen, küsste ihn. Er erwiderte ihren Kuss, aber vorsichtiger, sachter und inniger wie zuvor.
Und wieder fluteten die Gefühle des anderen sie und diesmal war es hauptsächlich die Liebe des anderen, keine Sorge, keine Furcht, keine Angst.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 05.10.2011

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /