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Kapitel 4
Wie viel Wahrheit erträgt der Mensch?

Als Lilly am nächsten Morgen von ihrem Wecker wach geklingelt wurde, merkte sie, nachdem sie sich im Bett herumgedreht hatte, dass Luke bereits nicht mehr da war. Enttäuscht darüber, dass er wieder verschwunden war ohne ihr etwas zu sagen, stand sie auf, ging ins Bad und machte sich für die Arbeit fertig. Nachdem sie sich angezogen hatte, ging sie ins Wohnzimmer und wieder beschlich sie die Hoffnung ihn vielleicht hier vorzufinden, aber wieder wurde sie enttäuscht.
Was dachtest du denn, das er aus dem Schlafzimmer geht und sich vor den Fernseher setzt?
Irgendwie schon, zumindest hatte ich gehofft, dass er nicht ganz weg war.
Sie lief an der Küche vorbei und sah die Lilie immer noch im Spülbecken stehen.
Das darf ich nach dem Frühdienst nicht vergessen, Blumenerde und einen neuen Topf, dachte sie während sie zur Arbeit lief. Es graute bereits der Morgen und Lilly war sich sicher, dass es wieder ein sehr schöner Tag werden würde.

Die Stunden auf der Arbeit vergingen schnell und Lilly bemerkte, als sie wieder vors Krankenhaus trat, dass ihre Vermutung von heute Morgen richtig gewesen war, die Sonne stand hoch am Himmel und strahlte, das es schon fast in den Augen wehtat.
Lilly ging nach Hause, wartete schon sehnsüchtig darauf, als sie um die letzte Ecke bog, den BMW vor ihrer Haustür zu sehen. Aber auch dieses Mal wurde sie enttäuscht.
Was soll das, noch gestern warst du kurz davor ihn wieder raus zuschmeißen und heute…
Ja, ich weiß, aber er fehlt mir merkwürdiger Weise.
Lilly lief die Treppen nach oben, zog sich die Schuhe in ihrer Wohnung aus und wollte sich gerade auf die Couch werfen, als sie die Lilie im Spülbecken entdeckte.
Verflucht, dachte sie, das hab ich jetzt doch vergessen.
Müde zog sie sich ihre Schuhe wieder an, suchte ihren Geldbeutel und lief los.

Nach ungefähr einer halben Stunde kam sie in einem kleinen Blumenladen an. Er war klein, in einer der diversen Seitenstraßen versteckt und wenn man ihn betrat, erschlugen einen fast die ganzen Gerüche die einen umfingen. Wie viele unterschiedliche Blumen hier waren vermochte Lilly nicht zu sagen, aber sie wusste das diese Mischung ihr nach einer Weile Kopfschmerzen verursachen würde, daher kaufte sie schnell einen kleinen Sack Erde und einen Blumenübertopf und verließ den Laden. Froh wieder frische Luft zu haben, holte sie tief Luft. Sie mochte den Geruch von Blumen, aber in dieser Intensität und mit so einem Mischmasch war es einfach zu viel. Bepackt mit den benötigten Sachen schlenderte sie zurück zu sich nach Hause.
Dort angekommen, brachte sie alles auf den Balkon, holte die Lilie aus der Zeitungspampe und begann sie neu einzupflanzen. Dabei bemerkte sie, dass wohl mehr kaputt gegangen war, wie sie gestern gesehen hatte. Einer, der größte, der drei Zweige war abgebrochen. Mit Hilfe eines Essstäbchens, welches sie in der Küche fand, versuchte sie den Zweig zu stützen, aber sie hatte keine Hoffnung, dass er wieder heil wurde.
Bekümmert stellte sie die neu eingetopfte Blume zurück auf die Fensterbank, verfluchte sich im Stillen, das Fenster nicht richtig zugemacht zu haben.
Jetzt wächst mal endlich was einigermaßen bei mir und ich Blöde lass es runterfallen, nur weil ich vergessen habe, dieses blöde Fenster richtig zu verriegeln.
Immer noch wütend über sich selbst, setzte sie sich auf die Couch und begann die Sender im Fernsehen durchzuschalten. Es kam Mal wieder nichts Interessantes, also ließ sie irgendeinen Zeichentrickfilm drin, rollte sich auf der Couch zusammen und begann wieder zu überlegen, wie das mit ihr und Luke weitergehen sollte. Sollte sie ihn wirklich einfach nichts mehr fragen, sollte sie darauf warten, dass er ihr alles von sich aus erzählte. Ja warum nicht, sie bekam eh keine Antwort von ihm auf ihre Fragen, es endete immer nur damit, dass er sich weiter zurück zog und sie sauer oder enttäuscht wurde, weil sie wieder nichts erfuhr.
Daher beschloss sie wirklich einfach zu warten, bis er ihr alles erzählte. So schwer es ihr auch fiel.

Es war bereits Nacht, als Lilly von der Haustürklingel aufgeschreckt wurde, schläfrig stand sie auf, drückte auf die Gegensprechanlage: „Ja?“ fragte sie.
„Hi, stör ich?“
Lilly musste grinsen: „Nein Luke, komm hoch!“ dabei drückte sie auf den Summer, öffnete ihre Haustür und ließ sie ein Stück offen. Dann schlurfte sie zurück zur Couch und ließ sich darauf fallen. Noch bevor sie richtig lag, hörte sie wie ihre Haustür zugemacht und abgeschlossen wurde.
„Ganz schön mutig!“ sagte er wieder zu ihr.
„Ach jetzt, ich weiß doch das du es bist.“ Ihre Stimme klang sehr schläfrig.
„Schon wieder müde?“ fragte er als er sich zu ihr auf die Couch setzte.
„Mmmh!“ macht sie, nickte dabei.
„Dann geh doch ins Bett! Ich geh auch wieder!“
Lilly setzte sich auf, sah ihn an und ließ sich ohne Worte an ihn sinken. Sie kuschelte sich an ihn, nahm seinen Arm und legte ihn sich um die Schulter.
„Das heißt wohl nein!“ stellte er amüsiert fest.
„Bleib!“ sagte sie, rieb dabei ihr Gesicht an seiner Brust.

Luke hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, dass immer wenn er in ihrer Nähe war, er sein Herz schlagen ließ und atmete. Dadurch musste er nicht immer aufpassen, wenn sie ihm so nahe kam.
Er drückte sie fester an sich, lehnte sich etwas weiter zurück, damit sie seines Erachtens besser lag und begann vorsichtig ihre Schulter und ihren Arm zu streicheln. Er merkte wie sie einschlief, stupste sie sanft an: „Komm! Auf ins Bett. Ich glaube nicht das die Couch so bequem zum Schlafen ist!“ Luke stand auf, zog sie mit sich hoch, zog sie langsam hinter sich her und Lilly ließ sich mit geschlossenen Augen ins Schlafzimmer bringen.
Dort ließ sie sich aufs Bett fallen, zog die Beine an und suchte blindlings nach der Decke. Luke deckte sie zu, überlegte kurz und legte sich dann ebenfalls in kompletter Klamotur zu ihr. Es dauerte nicht lange, bis sie sich wieder an ihn kuschelte, ihre Arme um ihn schlang und ihren Kopf auf seine Brust legte. Nur zu gerne ließ er das zu, schlang seinerseits die Arme um sie und hielt sie fest an sich gedrückt. Da er nicht schlafen brauchte, sah er ihr wieder die ganze Nacht zu, genoss ihre Nähe, ihren Geruch. Im Moment konnte er ihn gut ertragen, er war noch bevor er zu ihr gekommen war im Club gewesen, daher befürchtete er keine Probleme zu bekommen, selbst wenn er ihr so nahe war. Und wiedermal begann er zu überlegen, wie er ihr am besten die Wahrheit sagte.
Selbst als ihr Wecker sie wach machte, hatte er immer noch keine Antwort darauf gefunden. Er befürchtet nie eine akzeptable Antwort darauf zu finden.
Lilly stand auf, schaltete den Wecker aus und drehte sich zu ihm herum. Erstaunt sah sie ihn an.
„Was ist?“ fragte er.
„Nichts! Ich hatte nur nicht damit gerechnet das du heute Morgen noch da bist!“ gestand sie, während sie aufstand und ins Bad ging.
Luke hörte wie Wasser lief, nach zehn Minuten wurde das Wasser abgestellt und Lilly kam nur mit einem Handtuch umwickelt ins Schlafzimmer zurück. Sie ging zu ihrer Kommode holte Unterwäsche und ließ, als sie etwas Passendes gefunden hatte, das Handtuch einfach auf den Boden fallen. Luke konnte gar nicht anders als sie anzustarren.
Lilly merkte seinen Blick, es störte sie nicht, wider ihrer Erwartung. Langsam zog sie sich an, tapste dann zu ihrem Schrank und suchte einen dünnen Pullover und eine Jeans, zog das auch an und drehte sich dann zu ihm herum.
Sie sah, wie Luke schnell den Blick abwand, einen Punkt fixierte, aber sie hatte nicht nur gemerkt wie er sie angesehen hatte, sie hatte es auch gesehen. Sie näherte sich dem Bett, fuhr ihm sanft mit der Hand durch die Haare: „Ich muss los!“ sagte sie mit einem Blick auf den Wecker. „Wenn du gehst, zieh einfach die Haustür zu!“
Luke sah sie verwirrt an: „Was? Nein, ich geh jetzt mit dir!“
„Wohin?“
„Ich bring dich zum Krankenhaus und dann fahr ich heim!“
„Du kannst ruhig noch hierbleiben.“
Luke schüttelte den Kopf. „Nein! Das mach ich nicht.“ Was bringt es mir denn, wenn du nicht da bist, fügte er in Gedanken hinzu.
„Also gut!“ Während sie redete, verließ sie das Schlafzimmer und Luke hörte, wie in der Küche herumgekramt wurde. Er stand auf, folgte ihr und sah wie sie etwas in die Tasche steckte.
Für einen Moment musste Luke überlegen, ob er überhaupt mit dem Auto da war, sah aber dann den Schlüssel auf dem Couchtisch liegen. Er ging darauf zu und griff nach ihm, sah dabei ihre Lilie die neu eingetopft wieder auf der Fensterbank stand. Sie sah nicht wirklich gut aus, sie hatte den Sturz wohl weniger gut überstanden, wie er gedacht hatte. Luke entschied ihr eine von sich mitzubringen, vielmehr eine von seiner Mutter.
Lilly hatte seinen Blick wohl bemerkt, denn sie sagte: „Sieht nicht gut aus, häh, ich glaub nicht das die nochmal kommt!“
„Ach,“ sagte er: „Lass ihr Zeit, dann fängt die sich schon wieder!“
„Wenn du meinst, aber ich hab kein Händchen für Blumen. Rosen gehen kaputt, Orchideen sterben hier zu Massen und jetzt, wo die grad schön ist, ach!“
Luke fing an zu grinsen, wirklich ein Händchen hatte er auch nicht dafür, sie wuchsen halt bis jetzt in dem Glashaus, aber wirklich um sie kümmern tat er eigentlich nicht.
Lilly sah ihn an: „Träumst du? Komm schon, oder ich geh alleine!“
„Was? Wieso gehen, ich fahr dich schnell!“
Sie zuckte mit den Schultern: „Auch gut!“

Sie öffnete die Haustür, sah ihn wieder auffordernd an, Luke ging an ihr vorbei, hörte, als er die Treppen herunter lief, wie sie abschloss. Dann folgte sie ihm. Luke öffnete das Auto, hielt ihr die Beifahrertür auf und schloss diese auch wieder, nachdem Lilly eingestiegen war.
Er fuhr sie zum Krankenhaus. Während der gesamten Fahrt sagte keiner ein Wort. Luke merkte, dass sie noch müde war, er sah auf die Uhr. Es war ja erst halb sechs, stellte er fest, aber dennoch begann der Tag zu grauen. Als er das Krankenhaus erreicht hatte, beugte Lilly sich zu ihm herüber, küsste ihn sanft auf die Wange: „Danke, also dann!“
Bevor sie aussteigen konnte, fragte Luke: „Wann sehen wir uns wieder? Kann ich heut Abend vorbeikommen, oder ist es dir lieber wenn..“
„Nein, du kannst ruhig vorbeikommen, wenn es dich nicht stört das ich wahrscheinlich wieder gleich einpenne!“
Sanft fuhr er ihr über die Wange: „Du weißt doch, es stört mich nicht im Geringsten!“
„Also gut, bis heut Nachmittag, oder wahrscheinlich ehern heut Abend!“
„Ok, ich komm sobald ich kann, ja!“
Lilly nickte, stieg aus und lief ohne ein weiteres Wort in die Eingangshalle.

Luke sah ihr noch nach, bis er sie nicht mehr wahrnahm, fuhr dann zu sich nach Hause. Irgendwie, dachte er, hat es schon etwas sonderbares, dass er dann zu ihr konnte, wenn sie schlafen musste und er eigentlich Nahrung konsumieren müsste. Und doch war es ihm so eigentlich ganz recht, obwohl er sehr aufpassen musste, wann er wie lange bei ihr blieb, damit sie nicht in Gefahr geriet. Es wäre so viel einfacher, wenn sie alles wüsste. Dann würde sie sich nicht wundern, warum er tagsüber nicht zu ihr konnte. Jetzt wo sie den Nachmittag frei hatte, könnte er wesentlich mehr Zeit mit ihr verbringen und könnte nachts in den Club. Aber so war er hin und her gerissen von dem Drang zu essen und dem stärkeren Drang ihr nahe sein zu wollen. Er befand sich in der Zwickmühle, denn wenn er dem Drang bei ihr zu sein nicht kontrollieren konnte, würde er zu spät merken, dass sie in Gefahr war, aber was sollte er ihr sagen?
Oh Lilly weißt du noch, die Diskussion über Vampire, du glaubst zwar nicht daran, aber ich bin einer.
Klar, dass würde sie dir ja auch glauben. Sie hält dich ja jetzt schon für irre.
Dann müsste ich es ihr zeigen.
Und dann, dann würde sie wahrscheinlich das Weite suchen.
Also, was mach ich nun? Was soll ich tun? Ich muss es ihr irgendwann sagen.
Ja, irgendwann, aber nicht jetzt. Warte noch, zumindest bis sie dir wirklich vertraut.
Sie wollte mich alleine in ihrer Wohnung lassen, ich mein, wenn das kein Vertrauen ist, was dann.
Wenn sie wüsste was du bist, würde sie dich wahrscheinlich nicht mal mehr in ihre Nähe lassen.
Damit wäre ich wieder so weit wie am Anfang.

Es war Mittag, als Luke nach draußen sah. Der Himmel war bewölkt, dicken Wolken verhinderte, dass die Sonne auch nur zu sehen war.
Sollte er es wagen zu ihr zu gehen, was wenn die Wolkendecke aufreißt? Vorsichtig zog er die Vorhänge etwas weiter auf, sah eine Weile zum Himmel. Sein Instinkt sagte ihm, dass es nicht sonnig werden würde, aber dennoch blieb eine gewisse Sorge. Wenn er alleine wäre, würde er sich dann verziehen, irgendwo warten bis es dunkel wäre, aber wenn sie mit dabei war, konnte er das nicht. Immer noch grübelnd ging er in das, am Haus angebaute, Glashaus. Er streifte zwischen den Blumen umher. Im unteren Bereich waren es nur Lilien, eine metallene Wendeltreppe führte einen Stock höher, hier wuchsen nur Orchideen. Seine Mutter hatte diese Blumen geliebt und sein Vater hatte damals keine Mühen und Kosten gescheut um ihr diese zu besorgen. Er hatte dieses alte Glashaus im hinteren Teil ihres Grundstückes nahezu vergessen, bis er eines Tages durch Zufall darauf stieß. Wage konnte er sich daran erinnern, dass sich seine Mutter manchmal dorthin zurückgezogen hatte um sich dort zu zerstreuen. Keines der Kinder war ihr je bis dahin gefolgt, so dass sie dort alleine war, ihren Gedanken nachgehen konnte. Daher wusste Luke auch nicht, wo genau sich das Treibhaus genau befand, bis er darauf stieß. Teile der Glasfenster waren zerstört worden, aber er hatte immer noch ein paar Pflanzen gefunden, die ohne die Pflege eines Gärtners überlebt hatten. Also hatte er die übrig geblieben Pflanzen mitgenommen und hatte sich nah am Haus ein neues Treibhaus bauen lassen. Diese wuchsen hier, vermehrten sich selbstständig und gediehen ohne sein Mitwirken und obwohl er eigentlich nichts mit Blumen am Hut hatte, war er froh darüber, dass er dieses Treibhaus hatte bauen lassen.
Nach einer Weile fand er eine Lilie, die er vorsichtig mitsamt ihrem Topf, von dem mittlerweile überwachsenen Boden, hochhob.
Lilien mochten zwar Helligkeit, aber keine direkte Sonne. In dem Punkt, dachte er schwermütig, waren sie ihm ähnlich.
Er ging zurück ins Haupthaus, packte die Blume vorsichtig in Zeitung ein und entschied, dass er seinem Instinkt trauen konnte.
Er ging in die Garage, sah den schwarzen BMW stehen und ließ seinen Blick durch die Garage wandern. Er entdeckte etwas zugedecktes, nach der Form war es ein Auto. Luke versuchte sich daran zu erinnern, was es wohl für eines war. Da er sich aber nicht erinnern konnte, stellte er die Blume behutsam auf die Motorhaube des BMWs und ging zu dem abgedecktem herüber. Er zog die Abdeckung herunter und sah ein 190SL Mercedes Cabrio von 1959. Er hatte ganz vergessen, dass er sich den damals gekauft hatte. Ein Cabrio für jemanden der die Sonne nicht vertrug, war eigentlich sinnlos, aber das hatte er damals vielleicht einfach ausgeblendet, als er diesen weinroten Wagen gesehen hatte. Er überlegte eine Weile, ob er es riskieren konnte, ging dann zur Garagentür und öffnete sie. Die Wolkendecke war immer noch geschlossen, kein Sonnenstrahl drang durch sie hindurch. Wieder sah er zu dem Cabrio, er war schon eine ganze Zeitlang nicht mehr mit ihm gefahren, ob er überhaupt noch ansprang? Luke ging zurück setzte sich hinter das nostalgische Lenkrad und drehte den Zündschlüssel herum. Zuerst jaulte der Wagen kurz auf, stotterte und schließlich sprang der Motor an. Eine dicke schwarze Wolke kam aus dem Auspuff. Luke schaltete ihn wieder ab und entschied, dass es besser wäre das Öl zu wechseln. Bei diesem altem Zweisitzer was das kein Problem, es dauerte nur etwas länger wie Luke erwartet hatte. Bis alles wieder ordnungsgemäß weggeräumt war, sah Luke das es bereits nach Vier war. Wieder sah er aus der Tür zum Himmel, dort hatte sich nichts geändert. Also setzte er sich wieder auf den beigefarbenen Ledersitz und ließ den Motor erneut an, diesmal ohne langes Jaulen oder Stottern, auch blieb die schwarze Wolke, wider seiner Erwartung, aus. Er schaltete in den ersten Gang und stellte fest, um wie viel schwerer sich die Gänge, im Vergleich zum BMW, einlegen ließen. Behutsam gab er Gas und realisierte, dass er sich ein etwas anderes Fahrverhalten aneignen musste um mit diesem Oldtimer zu fahren.
Langsam ließ er ihn aus der Garage rollen, bremste ab, schaltete in den Leerlauf, als er am BMW vorbeifuhr und dort die Lilie noch stehen sah. Er stieg aus, nahm die Lilie vom BMW und stellte sie in den Fußraum des Beifahrersitzes.
Dann fuhr er los, das Stoffverdeck hatte er zurückgeklappt, die Sonne würde heute nicht mehr zum Vorschein kommen.

Luke benötigte mit dem Mercedes etwas länger zu Lilly, aber es störte ihn nicht so sehr wie er es erwartet hatte. Er parkte vor dem Haus, stieg aus, nahm die Lilie und klingelte.
Dieses Mal klang ihre Stimme wesentlich wacher: „Ja?“
„Hi!“ mehr brauchte er nicht zu sagen, da hörte er schon den Summer, behutsam drückte er gegen die Tür und lief die Treppen nach oben, wieder war ihre Wohnungstür nur angelehnt. Auch wenn er sich wunderte, eigentlich hatte sie ja Recht, es konnte ja eigentlich nur er sein, denn sie hatte ihn ja eingelassen.
Luke sah, wie Lilly wieder auf der Couch saß, wobei sie mehr lag. Sie drehte den Kopf zu ihm herum, als er die Tür schloss: „Hi! Du kommst aber früh.“
War das jetzt wirklich ernst gemeint, oder war da was Sarkastisches in ihrer Stimme. Bei ihr war er sich da nie so sicher, es fiel ihm schwerer sie einzuschätzen, wie bei allen anderen Menschen.
Jetzt sah sie erst das er etwas in der Hand hielt: „Oh! Was hast du da?“
Luke sah nach unten. „Ich hab gedacht, wenn deine doch nicht überlebt, vielleicht kann dich die hier trösten!“
Lilly stand auf, tapste barfüßig auf ihn zu: „Was hast du da?“ fragte sie erneut.
Er streckte es ihr hin: „Hier, schau nach!“
Lilly nahm ihm die in Zeitung gepackte Blume ab: „Oh das ist schwerer wie es aussieht!“
Stellte sie fest, trug es zu dem Couchtisch und begann behutsam das Zeitungspapier abzuwickeln.

Als sie die Blume ausgepackt hatte, saß sie mit großen Augen davor, drehte sie vorsichtig immer wieder herum. Diese Lilie war weitaus größer wie ihre, fast 30 Zentimeter hoch, hatte fünf Triebe, an jedem dieser Triebe hingen mindestens vier Knospen und an drei Trieben waren insgesamt fünf voll entfaltete Blüten. Sprachlos sah sie die Blüten an, sie waren größer wie ihre Hand, in der Mitte am Stempel waren sie weiß, wurden aber zu den Spitzen hin immer dunkler, bis zu einem tiefvioletten Farbton an den Spitzen. Eine solche Lilie hatte sie noch nie gesehen.
Lilly bemerkte wie Luke sich neben sie setzte, sie ansah und als sie nichts sagte, hakte er bedachtsam nach: „Was ist?“
„Nichts! So was hab ich noch nie gesehen. Die…die ist wunderschön!“
Luke lächelte sie an: „Sie gefällt dir also?“
„Ja! Die ist wunderschön und so groß!“
Jetzt sah sie Luke an: „Die kann ich nicht annehmen.“
„Warum?“ fragte er hörbar irritiert.
„Weil…weil..“
„Komm schon, mmh, .. ich hab ne Idee. Wir tauschen einfach. Du behältst die und ich nehm deine mit und wenn deine sich erholt hat, dann….“ Haste halt zwei!
„Mmh, ok…ja..tauschen..“ sagte sie hörbar geistesabwesend. Immer noch sah sie gebannt die Blume an.
Sie sah wie etwas vor ihrem Gesicht wedelte und als sie sich darauf konzentrierte, sah sie das es Lukes Hand war: „Träumst du! Oder schläfst du mit offenen Augen!“
Lilly blinzelte kurz: „Was? Nein, aber…ach egal!“
Sie merkte wie er sie weiterhin ansah, drehte sich zu ihm herum und küsste ihn zärtlich auf die Wange. „Danke.“ Flüsterte sie.
„Gern geschehen!“
Lilly streckte sich, ließ sich nach hinten an die Rückenlehne fallen und schaute weiter die Blüten an. „So eine hab ich noch nie gesehen.“
„Dacht ich mir irgendwie, deshalb hab ich sie ja mitgebracht!“
„Woher hast du die?“
„Von mir zu Hause!“ sagte er wahrheitsgemäß.
„Oh wow, da hast du aber ein Händchen dafür!“
Luke lachte leise, auch wenn sie sich sicher war, dass es traurig klang: „Nicht ich, aber meine Mutter!“
„Oh, die ist von deiner Mutter?“
„Na ja zumindest aus ihrem Bestand des Treibhauses!“
Sie lächelte ihn betrübt an.
Luke sah es, daraufhin wurde sein Lächeln nur breiter und freundlicher: „Schau nicht so, da kriegt man ja ein schlechtes Gewissen!“
„Wie denn?“ fragte sie.
„So geknickt!“
Lilly rutschte noch ein Stück näher zu ihm, kuschelte sich eng an ihn: „Die ist wirklich schön, danke!“
Er legte seine Wange an ihre Haare, rieb sein Gesicht daran und Lilly spürte, wie er sie sanft auf die Haare küsste. Sie zog ihren Kopf ein Stück zurück, sah ihn an, sah wie er die Augen schloss und zärtlich sein Gesicht an ihrem rieb. Nach einer Weile ließ Lilly ihren Kopf auf seinen Brustkorb sinken, kuschelte sich an ihn.
„Wann musst du morgen arbeiten?“ fragte er leise.
„Gar nicht.“
„Wie, gar nicht?“
„Hab frei!“
„Du hast doch erst zwei Tage geschafft?“ Er merkte wie sie mit den Schultern zuckte.
„Manchmal ist das halt so!“
Luke merkte wie sie tiefer rutschte, versuchte sich bequemer hinzulegen. Er rutschte seinerseits etwas tiefer, so dass er mehr lag wie saß und Lilly legte sich auf die Couch, den Kopf hatte sie an seinem Bauch liegen.
„Müde?“
„Ich hasse Frühdienste, ok man hat noch was vom Tag, aber um Fünf, halb sechs aufstehen ist…“ Sie gähnte: „Blöd!“
Luke lachte, strich ihr über die Haare: „Schlafmütze!“
„Bin ich gar nicht!“ quengelte sie, drückte sich noch näher an ihn.
Luke war es recht, selbst wenn sie ihm auf den Schoß sitzen würde, wäre es ihm recht, umso näher sie ihm war, umso angenehmer war es. Zumindest im Moment, wie es aussah, wenn er Hunger bekam, wollte er sich nicht vorstellen.
Es dauerte nicht lange, bis er wieder merkte wie Lillys Herz langsamer schlug. „Ab ins Bett!“
„Nein!“
„Warum nicht?“
„Will nicht!“
„Quengeliges Etwas!“ sagte er kichernd.
„Bläh!“ sie streckte ihm die Zunge raus: „Du kannst ja ins Bett, aber ich schau noch fernseh.“
„Du schaust noch? Du schläfst ja jetzt schon fast!“
Sie stupste ihn in die Flanke und rutschte, als er zusammen zuckte, mit dem Kopf ganz auf seine Oberschenkel.
Zuerst dachte er sie würde sich von ihm zurückziehen, würde nicht in dieser Position liegen bleiben, aber sie war wohl zu müde um etwas zu tun. Oder, und das hoffte er mehr, es war ihr egal, wie sie lag.
Zu seinem Unmut, richtete sie sich nach einiger Zeit auf, sah ihn an und setzte sich hin.
„Was ist?“ fragte er vorsichtig.
„Unbequem!“ sagte sie knapp, griff nach rechts nach einem Sofakissen, legte es ihm auf die Oberschenkel und ließ sich darauf fallen. Sie rutschte noch etwas hin und her und sagte dann: „Schon besser!“ und blieb ruhig liegen. Luke legte ihr langsam einen Arm auf die Taille, fuhr mit den Fingerspitzen sanft darüber und genoss ihre Nähe, vor allem ihre Akzeptanz seiner Nähe und seiner Berührungen.
Die ganze Zeit, bis sie einschlief, rechnete er damit, dass sie von ihm wegrutschte oder ihm sagte, dass er das lassen solle. Aber es geschah nichts davon. Nachdem sie eingeschlafen war, versuchte er sich unter ihr wegzugleiten, aber sie wurde davon wach, sah ihn erneut fast schockiert an: „Was ist denn?“
„Nichts, ich wollt dich nur ins Bett bugsieren!“
„So? Ich kann das aber alleine!“
„So! Wie denn wenn du schläfst?“
„Jetzt bin ich aber wach!“
Luke stand auf, streckte ihr die Hand hin: „Na dann komm!“
Lilly ergriff sie, ließ sich auf die Beine ziehen und folgte ihm schlaftrunken taumelnd ins Schlafzimmer.
Dort ließ sie sich vors Bett stellen und wollte sich gerade nach hinten darauf fallen lassen, als Luke mit beiden Händen nach ihr griff. Er zog sie zärtlich in seine Arme und flüsterte. „Hey, aber nicht mit Straßenklamotten.“
Lilly kicherte immer noch etwas geistesabwesend, wedelte mit ihren Händen vor seinem Gesicht: „Ach…egal…ist..dem Bett egal.“
Luke lachte leise auf, ließ ihr etwas mehr Bewegungsfreiheit: „Komm wenigstens die Jeanshose!“
Lilly schüttelte halb schlafend den Kopf: „Mmh, nein! Will nicht…ausziehen, egal!“
Sie klang wirklich wie ein quengeliges Kind.
„Nicht egal, ausziehen! Komm, sonst mach ichs!“
„Dann mach doch!“ dabei lehnte sie sich soweit in seinen Armen zurück, dass er sie fast aufs Bett fallen ließ.
„Also gut!“ Luke zupfte ihr das T-Shirt aus der Jeans, immer achtsam sie auch mit einem Arm richtig festzuhalten. Dann knöpfte er ihr die Hose auf, ließ sie ihr an den Beinen nach unten rutschen. Jetzt ließ er sie aufs Bett sinken. Lilly setzte sich an die Bettkante, strampelte mit ihren Beinen, bis die Jeans quer durch den halben Raum flog und irgendwo auf dem Boden landete. Luke stand vor ihr, sah der Hose kurz hinter her und Lilly fing an zu kichern: „Du solltest mal deinen doofen Gesichtsausdruck sehen!“
Er sah sie wieder an, stupste sie auf die Brust: „Hey! Auch ne Art sich auszuziehen!“
Lilly nickte, hob beide Arme über ihren Kopf und sah ihn auffordernd an.
„Was?“ fragte er.
„Ausziehen!“ befahl sie.
Luke kicherte, griff nach dem Saum ihres T-Shirts und zog es ihr über den Kopf, ließ es achtlos hinter sich auf den Boden fallen.
Lilly griff hinter sich, holte ein dünnes, feines und sehr kurzes Nachthemd unter ihrem Kopfkissen hervor, hielt es ihm hin. Luke sah sie nur an, sah dann auf dieses kleine Stück Seide in ihrer Hand und als er keine Anstalten machte es ihr abzunehmen, sagte sie: „Anziehen!“
Luke konnte sich ein erneuten Glucksen nicht verkneifen, nahm es ihr ab und wollte es ihr gerade über den Kopf ziehen, als.. „Aber nicht mit BH!“
Irritiert sah er sie an, legte das Nachthemd neben sie aufs Bett und griff nach den Trägen.
Wenn mir jetzt noch einer sagt, wie das aufgeht, wär ich froh, dachte er.
Lilly merkte wohl, dass er keine Ahnung hatte, wie genau das aufging, griff nach hinten und machte die zwei kleinen Haken auf, ließ den BH dann einfach runterfallen und sah Luke erneut an, legte den Kopf schief und griente.
„Waaas?“ fragte er, als er ihr das Nachthemd über den Kopf zog.
„Nix!“
Lilly rutschte nun weiter ins Bett, kroch unter die Bettdecke und schaute ihn an: „Und nu?“
„Was?“
„Bleibst du da stehen, oder?“
Luke zog sich schnell bis auf die Unterhose aus, ließ seinen Sachen ebenso gleichgültig auf dem Boden liegen und kroch zu ihr unter ihre Bettdecke.
Fast Augenblicklich, rutschte Lilly näher zu ihm, kuschelte sich an ihn, legte ihren Kopf auf seine Brust und schlang ihre Arme um ihn.
Luke legte seinerseits seine Arme um sie, zog sie noch näher zu sich. Am liebsten wäre er ihr unter die Haut gekrochen, aber er musste sich damit begnügen.
Es dauerte nicht lange, bis sie wieder einschlief und Luke beobachtet wie so oft ihren Schlaf.

Da Lilly die Vorhänge nicht zugezogen hatte, konnte Luke am nächsten Morgen beobachten, dass es zwar hell wurde, dass es aber heute wohl genauso bewölkt bleiben würde wie gestern, zumindest hoffte er das. Es war bereits Mittag, als Lilly langsam wach wurde. Sie drehte und räkelte sich und sah, nachdem sie abermals an Luke stieß, diesen irritiert an: „Oh du bist noch da?“ fragte sie.
Luke lächelte sie an: „Ja, warum nicht? Soll ich…?“
„Nein!“ sagte sie schnell und wenn Luke ehrlich war, hatte er nichts anderes erwartet.
Lilly streckte sich, sah dann auf den Wecker: „Oh, schon so spät?“
„Na ja, so spät ist das auch nicht! Warum, hast du heute was vorgehabt?“
Sie schüttelte den Kopf, ließ sich wieder nach hinten auf das Kopfkissen sinken und sah Luke an.
Nach einer Weile griff sie sanft nach ihm, fuhr ihm über die Wange und zog ihn etwas zu sich heran. Luke ließ das gerne geschehen, ließ sich von ihr nah zu sich ziehen und legte seinen Kopf auf ihren Brustkorb. Er hörte das Schlagen ihres Herzens, so deutlich wie nie zuvor und immer noch schien es ihn zu verhöhnen.
Hörst du wie ich schlage, wie ich sie am Leben halte, wie ich sie zu etwas mache, von dem du so weit entfernt bist.
Hastig zog er den Kopf zurück, Lilly sah ihn schon fast enttäuscht an: „Was ist denn?“
„Nichts! Ich bin nur zu schwer für dich!“ Eine andere Ausrede war ihm nicht eingefallen und irgendwie befürchtete er, dass sie wusste das es nur eine Ausrede war. Aber wenn es so war, ließ sie sich nicht anmerken. Sie streichelte wieder über seine Wange, fuhr ihm erst über den Brustkorb, dann über den Rücken und schließlich vergrub sie ihre Finger in seinen Haaren. Jetzt zog Luke sie zu sich, zog sie fast ganz auf sich und fuhr ihr mit beiden Händen in die dunklen, langen Haare, hielt sie liebevoll fest und küsste sie, nachdem er ihr Gesicht nah an seines gebracht hatte, zärtlich auf die Lippen. Lilly stützte sich rechts und links von seinem Kopf auf den Unterarmen ab und erwiderte, wenn auch etwas intensiver seinen Kuss. Aber auch diesmal unterbrach Luke diesen Kuss, noch bevor Lilly das Schnurren vernahm. Sie stützte sich etwas mehr ab, sah ihm in die Augen: „Was?“
Luke schüttelte bedächtig den Kopf, Lilly holte tief Luft, stieß sie frustriert aus und ließ sich neben ihn auf Bett fallen.
Luke war das nicht entgangen, er drehte sich zu ihr herum, fuhr ihr über die Wange: „Ich weiß ja!“ Ein müdes Lächeln war ihre Antwort.
Unerwartet schwang sie die Bettdecke zur Seite, stand auf und schlurfte ins Bad. Luke sah ihr nur schweigend hinterher.
War sie sauer?
Warum?
Weil ich sie abgebremst habe, wieder Mal!
Frag sie doch!
Ja, vielleicht sollte ich das machen, auf die Gefahr hin, dass sie mich rausschmeißt oder anfängt Fragen zu stellen, die ich ihr wieder nicht beantworten kann.

Also stand Luke auf, folgte ihr leise ins Bad und sah, als er die Tür öffnete, wie sie gerade unter die Dusche wollte.
Lilly hatte bemerkt, dass die Tür geöffnet wurde, wusste das es nur Luke sein konnte und sah ihn jetzt, wo er im Bad stand, an.
„Willst du auch duschen?“ fragte sie unvermutet.
„Ähm..!“ Luke wusste nicht was er sagen sollte, sie schien zumindest nicht sauer zu sein: „Ja, warum eigentlich nicht. Ich befürchte nur, dass ich deine Wasserrechnung in die Höhe treibe!“
Lilly kicherte, winkte ab. „Komm!“ dabei streckte sie ihm die Hand entgegen. Luke ergriff sie, ließ sich zu ihr ziehen und als Lilly unter den Wasserstrahl trat, sah sie ihn wieder an: „Aber nicht wieder mit Klamotten, oder?“
Luke sah an sich herab und Lilly sah ein schräges Grinsen, als er sie wieder ansah: „Lieber nicht, mit nasser Unterwäsche rumzurennen ist nicht so toll, wie man denkt!“
Mit dem Gesicht unter dem Wasserstrahl, fing Lilly an zu kichern, wobei das eher wie ein gluckern klang.
„Hey, ertrink nicht vor lauter Bösartigkeit!“ er konnte sich ein Lachen kaum verkneifen, Lilly sah ihn an, nahm den Duschkopf von der Halterung.
„Ah, so war das nicht gemeint, nicht schon wieder, wehe!“ Diesmal wurde sein Lachen deutlicher.
Lilly hängt den Duschkopf wieder hin, sah Luke auffordern an. Dieser zog sich die schwarze Retropanty aus und kam zu ihr unter die Dusche.
Wieder begann Luke sie, nachdem sie das Duschgel auf sich verteilt hatte, einzuseifen. Er merkte wie sie sich mit dem Rücken immer mehr an seine Brust lehnte, hörte wie ihr Herz schneller schlug, merkte aber wiederrum, wie sie sich mehr und mehr entspannte.

Lilly spürte wie seine Hände ihren Körper streichelten und es störte sie nicht im Geringsten seine Hände auf ihrem Körper zu fühlen, sie genoss es wie die Male zuvor auch, obwohl er ihr immer geheimnisvoller wurde.
Nun begann aber auch sie, nachdem sie sich herumgedreht hatte, seinen Körper einzuseifen und sie realisierte schnell, dass Luke es solange duldete, bis sie gewissen Bereichen zu nahe kam. So lange sie nur bis zu seinem Bauchnabel ihre Hände gleiten ließ, störte es ihn scheinbar nicht, wanderten ihre Hände aber tiefer, merkte sie wie er sich etwas von ihr zurückzog. Er sagte nichts, aber er ging immer einen kleinen Schritt zurück und wenn ihre Hände wieder nach oben fuhren, kam er diesen kleinen Schritt wieder auf sie zu. Also beließ sie es dabei, es schien eh keine Auswirkung auf ihn zu haben, wo sie ihn anfasste, sehr zu ihrem Leidwesen. Denn wenn sie ehrlich zu sich selbst war, war seine Anziehungskraft unwahrscheinlich stark, auch wenn sie nicht viel von ihm wusste, fühlte sie sich wohl bei ihm und, obwohl sie das nicht von sich kannte, war diese Anziehungskraft auf der körperlichen Ebene noch stärker, sodass sie jetzt schon keine Bedenken hätte, mit ihm zu schlafen und das machte ihr immer noch etwas Angst.
So schnell ging das bei ihr sonst nicht und selbst wenn sie Kontrolle darüber hatte, war diese in seiner Nähe und vor allem wenn sie ihm so nahe war wie jetzt, vollkommen weg.

Wie lange sie sich wieder Mal gegenseitig eingeseift, oder besser gesagt gestreichelt hatte, wusste keiner von beiden, als sie das Wasser abstellten und sich ebenfalls gegenseitig abtrockneten. Nur war es wieder so, dass Luke nach einer Weile förmlich die Flucht ergriff und aus dem Badezimmer eilte. Als Lilly ihm ins Schlafzimmer folgte, saß er wieder auf der Bettkante, das Gesicht in den Händen verborgen.
Ruhig setzte sie sich neben ihn, legte ihr Kinn auf seine Schulter und stieß seine Wange immer wieder mit ihrer Nasenspitze an. Irgendwann sah Luke auf, schaute ihr in die Augen, küsste sie ohne ein Wort zusagen, zärtlich auf die Nasenspitze. Rieb dann sein Gesicht an ihrem, sah an ihr vorbei aus dem Fenster.
Es war bewölkt, aber er war sich sicher, dass es nicht allzu kalt draußen war: „Wie wärs, sollen wir irgendwohin fahren?“
„Mmh, wohin denn?“
„Ich weiß nicht genau, einfach raus. Manchmal findet man die ungewöhnlichsten Plätze und schönsten Orte, wenn man sich verfährt!“
„Du willst dich also verfahren?“
„Verfahren nicht gerade, aber ziellos umherfahren!“ Wäre nicht das erste Mal, dass er das tun würde. Manchmal, wenn ihm die Zeit zu lang wurde und das Wetter es ihm erlaubte, fuhr er einfach durch die Gegend, ohne Ziel. Es war gut um abzuschalten, es hatte etwas Normales. Davon hatte er nicht mehr viel im Leben.
Lilly sah ihn an, schaute dann aus dem Fenster: „Sieht irgendwie nach Regen aus, ist zumindest bewölkt!“ stellte sie fest.
„Macht doch nichts! Besser wie wenn man nen Sonnenbrand oder gar nen Stich bekommt.!“ Luke stand auf, ging zum Fenster, öffnete es und hielt den Arm heraus: „Und es ist nicht kalt, es ist schön mild draußen! Oder willst du die ganze Zeit hier drinnen bleiben?“
Lilly trat neben ihn ans Fenster, streckte ebenfalls den Arm raus: „Eigentlich nicht, ok warum nicht. Fahr ma halt einfach durch die Gegend!“
„Also gut!“
Luke ging vom Fenster weg, kramte etwas aus der Tasche, die immer noch in der Ecke stand und ging ins Bad. Nach keinen zehn Minuten kam er angezogen zurück ins Schlafzimmer und nun kramte Lilly etwas zum Anziehen aus ihrem Schrank heraus und verschwand ihrerseits im Bad. Warum sie sich nicht vor ihm anzog wusste sie nicht wirklich, vielleicht lag es daran, dass er es vorgemacht hatte.
Sie brauchte etwas länger im Bad wie Luke, kam aber dann angezogen und frisiert heraus.
Luke war bereit im Wohnzimmer, stellte die Lilie, die immer noch auf dem Couchtisch gestanden hatte, auf die Fensterbank und fragte, als er sie bemerkt hatte: „Willst du noch frühstücken oder willst was unterwegs essen?“
Lilly überlegte, sagte dann. „Eigentlich hab ich gar keinen Hunger!“
„Also gut, lass uns gleich fahren!“
Lilly nahm sich vorsichtshalber eine dünne Jacke mit, sie befürchtete, dass es ihr nur im T-Shirt zu kalt werden würde.
Luke stand bereits im Hausflur, als Lilly ihre Schuhe anzog und die Tür hinter sich schloss. Gemeinsam gingen sie nach unten und als Lilly auf den Bürgersteig trat, suchte sie schon fast instinktiv nach dem schwarzen BMW. Zu ihrer Verwirrung sah sie ihn nicht.
Vielleicht, dachte sie, musste er wieder um die Ecke parken.
Luke ging an ihr vorbei, lief auf ein altes Cabrio zu und hielt die Beifahrertür auf, Lilly sah ihn irritiert an: „Was ist das?“
„Ein Auto.“
„Ach nee, das seh ich selbst, aber wo ist der BMW?“
„Zu Hause! Der ist nicht schlecht, zwar etwas älter, aber..“
Lilly kam zu ihm, sah sich das Auto an und sagte schließlich: „Etwas älter? Das ist ein Oldtimer, der ist locker einiges älter wie ich!“
Luke wiegte den Kopf hin und her: „Ja, könnt sein.“
„Was heißt hier könnt sein!“
Luke hob beschwichtigend die Arme: „Musst du immer alles so wörtlich nehmen, so war das nicht gemeint. Aber er hat mir gefallen und er fährt.“
„Wie alt ist der?“
„Mmh, ich glaub Baujahr 59 oder so rum! Den hab ich damals neu gekauft!“ In dem Moment wo er es ausgesprochen hatte, verfluchte er sich für diese Gedankenlosigkeit.
„Wie den hast du neu gekauft?“
„Na ja, neu ist übertrieben, aber aus erster Hand!“
„Das würde ja auch gar nicht gehen, dann wärst du ja älter wie meine Mutter. Aber selbst aus erster Hand klingt ungewöhnlich!“
Oh ich bin bestimmt älter wie deine Mutter, dachte er, sagte aber dann: „War so eine Art Sammlerstück, wurde kaum gefahren und als der Besitzer starb, wurde das Ding halt billig verkauft!“ Man kannst du lügen, sogar ohne rot zu werden.
Da Lilly immer noch neben ihm stand und keine Anstalten machte einzusteigen, sah er sie an: „Was ist, willst du hier stehen bleiben oder mitfahren?“
Lilly kicherte, stieg ein und sah sich im Innenraum um: „Immerhin ein Handschuhfach und ne Uhr und ein Radio…“
Luke stieg ein, griente: „...und ein Lenkrad, ne Schaltung und drei Pedale hat es auch!“
„Hahaha, Bläh!“ Wieder steckte sie ihm die Zunge raus.
Zu ihrer Verwunderung sprang der Motor sofort an, lief sogar rund, sie hatte Anlaufschwierigkeiten erwartet.
„Was? Hast gedacht du musst schieben?“
Lilly griente: „Naja, vielleicht kurbeln!“
Er stupste sie zärtlich auf die Nasenspitze: „So alt ist er auch nicht! Der hat sogar schon vier Gänge!“ Luke Stimme hatte etwas Albernes an sich und Lilly fing an zu Lachen.
„So wohin jetzt?“ fragte sie.
„Einfach mal aus der Stadt raus!“
„Zu dir?“ fragte sie hoffnungsvoll. Vielleicht bekomm ich da etwas mehr heraus.
„Ich dachte eigentlich in die andere Richtung!“ Doch nicht, dachte sie, ich habs auch irgendwie nicht anders erwartet.

Luke fuhr los, fuhr fast den direkten Weg aus der Stadt und als Lilly dachte sie würden auf einen der kleinen Landstraßen fahren, bog Luke ab.
„Mmh, wohin fährst du?“
„Ich dachte wir holen was zu essen und zu trinken für dich!“
„Warum für mich?“
„Hast du keinen Hunger, naja später bestimmt und bestimmt auch Durst.“
„Nein, ich meinte warum nur für mich. Was ist mit dir?“
Er sah sie an. Es wäre wohl zu auffällig, wenn er nichts aß und trank. Er konnte ja, auch wenn er nicht musste: „Für uns! Besser so?“
„Ja, weil so langsam wirst du mir irgendwie unheimlich. Nie seh ich dich was essen oder trinken, man könnt meinen du hast Bulimie!“
Luke fing an zu lachen. „Jetzt, seh ich so dürr aus?“
„Dürr wäre die Hardcore-Variante, aber viele nutzen das um ihr Gewicht zu halten und wirklich dick bist du nicht!“
„Ich war nie dick! Und ich esse regelmäßig!“
Während er redete, parkte er vor einem kleinen Laden. Irgendetwas französisches, zumindest ließ der Schriftzug das vermuten.
„Trinkst du Wein?“
„Selten, ich komm nicht so oft dazu!“
Luke stellte den Motor aus, stieg aus: „Ich komm gleich wieder!“ sagte er und ging zu dem Laden.

Es dauerte etwas bis Luke wieder herauskam, er hatte zwei Tüten in der Hand, ging zum Kofferraum und legte alles hinein. Erst jetzt sah Lilly, dass der Wagen gar keine Rückbank hatte.
Luke kam wieder nach vorne, setzte sich hinters Steuer und fuhr los.
„Was hast du da gekauft?“
„Bist ja gar nicht neugierig?“ sagte er gespielt sarkastisch.
„Nö, ich will nur alles wissen!“
„Hab ich schon gemerkt, aber wo bleibt da die Überraschung!“
„So lange es keine Böse ist, hab ich damit kein Problem!“
Sicher, dass das wieder mehr auf ihn, wie auf die Einkäufe gemünzt war, lächelte er sie an: „Böse ist relativ!“
Lilly konnte sich ein grienen nicht verkneifen: „Dann hoffe ich das wir einstimmig sind, was relativ bedeutet!“
Er griff zu ihr herüber, fuhr ihr über die Wange: „Denke schon.“
Jetzt fuhr er auf eine kleine, schmale Landstraße und schneller, wie sie erwartet hatte, entfernten sie sich von der Stadt. Wie weit genau sie fuhren, wusste sie nicht, auch nicht wohin.
„Weißt du wo wir sind?“
„Nö! Aber irgendwie kommen wir schon wieder zurück!“
Lilly fing an zu kichern: „Das war dein Ernst mit dem einfach herumfahren!“
„Ha ja, was dachtest du denn?“
„Das du an einen bestimmten Ort willst!“
„Dann hätt ich dir das doch gesagt, aber hier war ich ehrlich gesagt auch noch nicht!“

Lilly sah sich um, Felder wohin das Auge reichte, teilweise Blumenwiesen, aber nirgendwo Häuser oder richtige Straßen, dennoch gefiel es ihr. Noch nie war sie in einem Cabrio gefahren, sie genoss es und es war ihr auch irgendwie egal, wohin er fuhr. Sie lehnte sich bequem zurück, zog ihre Schuhe aus, legte ihre Füße auf die Beifahrertür und sah in den Himmel, der immer noch bewölkt war. Trotzdem war es schön und Lilly merkte nach einer Weile, das sich immer wieder Baumwipfel in ihr Blickfeld schoben. Sie fuhren durch einen kleinen Wald, als Luke langsam abbremste. Er fuhr ein Stück zurück und sah an Lilly vorbei in den Wald. Sie setzte sich wieder richtig hin und folgte seinem Blick: „Was ist?“
„Schau mal, eine kleine Straße!“
„Straße? Pampaweg würd ich dazu sagen!“
„Mal schauen wohin der führt!“
Lilly sah ihn irritiert an: „Ok, aber wenn wir irgendwo feststecken, lauf ich nirgendwo hin!“
Luke fing an zu lachen: „Einverstanden ich lauf dann zurück und lass dich alleine in dem Wald zurück!“
Lilly biss sich auf die Unterlippe, zog die Augenbrauen zusammen: „Oh, bist du fies!“
Wieder lachte Luke, fuhr langsam an und auf den kleinen Waldweg.
Dieser schlängelte sich weiter wie Lilly vermutet hatte durch den Wald. So groß sah der gar nicht aus, dachte sie. Aber zu ihrer Überraschung kamen sie gut voran. Der Weg war besser wie sie erwartet hatte.

Als sie an eine Abzweigung kamen, sah Luke sie an: „Rechts oder Links?“
Sie zeigte mit dem Finger auf sich: „Warum frägst du mich das, nachher bleiben wir stecken und dann war alles meine Schuld. Nene, du fährst, also sagst du auch wohin!“
Luke kicherte, schob sich im Sitz etwas nach oben, sah sich um. „Also ich glaub der Rechte führt wieder runter, der Linke scheint weiter nach oben zu gehen, also links!“
So fuhr er dann auch und nach wieder einer Weile, schien der Wald lichter zu werden. Lilly hatte wieder ihre halbliegende Position eingenommen, sah wie sie immer mehr Himmel zwischen den Wipfeln erblickte und dann hielt Luke an.
Sie setzte sich hin, sah ihn an und als Luke den Motor abstellte, sah sie durch die Windschutzscheiben.
Sie waren an einer Klippe angekommen. Luke stand relativ weit am Rand, sodass sie bis zum Horizont schauen konnte, überall kleine Wäldchen, Wiesen, Felder: „Oh das ist schön hier!“ sagte sie leise.
„Siehst du!“ sagte er ebenfalls leise: „Manchmal findet man die schönsten Dinge durch Zufall!“
„Stimmt!“ sagte sie flüsternd. „und was jetzt?“
„Hunger?
„Etwas!“
Luke stieg aus, lief ums Auto herum und Lilly hörte wie er die Tüten aus dem Kofferraum holte. Als er wieder neben dem Auto stand, sah sie das er noch eine Decke in der Hand hatte. Er nickte ihr zu, stellte lächelnd die Tüten auf den Fahrersitz und breitete die Decke auf der Motorhaube aus: „Komm!“
„Wie komm, auf die Motorhaube?“ fragte sie erstaunt.
Luke kicherte: „Wenn man dich hört, könnte man denken Wunder was ich vorhabe!“
„So war das nicht gemeint, aber gibt das keine Beulen?“
Luke klopfte mit den Faust auf die Motorhaube: „Das ist kein Alu, das ist Metall. Da kriegst du so schnell keine Beulen rein. Komm schon!“
Er lief um das Auto herum, hielt ihr die Beifahrertür auf und half ihr beim Aussteigen, er führte sie zur Motorhaube, hob sie sachte hoch und setzte sie darauf ab. Lilly rutschte etwas weiter nach hinten, bis sie mit dem Rücken an der Windschutzscheibe war und sah Luke nach, der die Tüten vom Fahrersitz holte. Er setzte sich neben sie, begann auszupacken und alles auf die Decke zu legen:
Zwei Weingläser aus Glas, eine Flasche weißen und roten Wein, Sprudel, sowie zwei normale Gläser, weiße und rote Weintrauben, Käse, ein Baguette, sowie vier kleine Porzelanschälchen, wo sie aber nicht erkenne konnte, was sich darin befand.
Luke legte alles auf die Decke, sah sie an: „Was?“
Sie schüttelte den Kopf: „Nichts, aber.. ach vergiss es.“ Sagte sie leise.
„Was aber? Komm schon raus damit!“
„Hast du das alles gekauft und alles in dem Laden?“
„Wo denn sonst?“
„Ich mein da hast du bestimmt das Doppelte gezahlt von dem was es sonst kostet!“
„Bist du immer so pragmatisch?“
Lilly lächelte schon fast verlegen: „Manchmal schon!“ gestand sie.
Er kam näher zu ihr stupste sie mit der Nasenspitze auf die Wange, küsste sie dann auf diese: „Ich mach das ja nicht jeden Tag!“
Lilly lächelte immer noch, küsste ihn, bevor er sich zurückziehen konnte, ihrerseits auf die Wange: „Ich weiß nicht, irgendwie hab ich das Gefühl das hast du geplant.“
Luke hob abwehrend die Hände: „Nein! Wirklich nicht!“
„Mmh!“ machte sie, sah wieder nach vorne und genoss die Aussicht: „Und selbst wenn, es gibt Schlimmeres!“
Luke lachte auf: „Da bin ich aber froh, dass du das hier nicht als so schlimm empfindest!“ Lilly merkte wie er eine Flasche in die Hand nahm: „Willst du was trinken?“
Sie nahm ihm die Weißweinflasche ab, sah aufs Etikett. Wirklich damit etwas anfangen konnte sie nicht.
Luke lachte wieder: „Gib zu du hast keine Ahnung was du da in der Hand hast!“
Sie schüttelte den Kopf.
„Sagen wirs ma so, für jemanden, der keinen Wein gewohnt ist, ist der genau richtig, übrigens so wie der Rotwein. Ich will dich ja nicht bis zur Besinnungslosigkeit abfüllen!“
Schockiert sah sie ihn an: „Das will ich aber auch hoffen!“
Wieder lachte Luke auf, kramte in einer der Tüten und brachte einen Korkenzieher zum Vorschein. Lilly gab ihm die Flasche zurück, sah ihm zu wie er gekonnt die Flasche öffnete und dann die Weingläser knapp Viertels vollmachte. Er gab ihr eines, stellte die Flasche wieder auf die Motorhaube und nahm das Zweite. Lilly musste die Flasche zu interessiert begutachtet haben, denn Luke sagte: „Die fällt schon nicht runter!“
Lilly kicherte: „Woher weißt du was ich gedacht habe?“
Er zuckte mit den Schultern: „Gut geraten!“
Sie stießen vorsichtig an und dennoch erklang ein helles Pling als die Gläser sich berührten.
Lilly probiert vorsichtig einen kleinen Schluck, Luke beobachtet sie dabei.
„Nicht schlecht!“ sagte sie: „Nicht so herb, schmeckt gut!“
Luke lächelte: „Siehst du! Man kann ihn trinken!“
„Hunger?“ fragte er nachdem sie eine Zeitlang schweigend nebeneinander gesessen hatten.
Lilly sah ihn an, nickte langsam. Daraufhin kramte Luke nochmals in einer der Tüten und zog ein kleines Messer mit Löchern in der Klinge hervor, auf Grund Lillys Blick sagte er: „Käsemesser! Bleibt dann angeblich nicht an der Schneide kleben! Wird man rausfinden!“
Lilly sah ihm zu wie er erst das Baguette in schmale Scheiben schnitt, dann den Baguette förmigen Käse ebenfalls. Er legte eine Käsescheibe auf eine Baguettescheibe und legte schließlich noch eine Weintraube darauf hob es Lilly vor die Nase: „Mund auf“ sagte er vergnügt. Lilly tat was er gesagt hatte, sah aber sehr verunsichert aus als Luke sie abbeißen ließ, wobei sie die gesamte Weintraube abbekam.
„Was schaust denn so?“ fragte er vergnügt.
„Also Käsebrot kenn ich ja, aber Weintrauben dazu?“
Luke fing an zu lachen: „Du bist echt herrlich! Natürlich kann man Weintrauben zu Käse essen. Bei den Franzosen ist das so Sitte!“
„Ich konnt mir aber nicht vorstellen, dass das schmeckt!“
„Hattest du nicht Ananas auf deiner Pizza?“
„Das ist was anderes!“
„Awa, das ist das gleiche. Schmeckst?“
Lilly wiegte den Kopf hin und her: „Man kanns essen!“
„Jetzt aber, du bist aber vernascht!“
„Was bin ich?“ fragte sie schnell.
„Vernascht!“ Er überlegte kurz: „Ok, kann man missverstehen. Ich mein... schleckig … essenstechnisch verwöhnt. Sag mas so, bevor du mich haust!“
„Ach so! Du meint mäklig!“
„Klingt auch nicht wirklich besser!“
Lilly kicherte: „Ja ich gebs zu schmeckt sogar!“
„Ach, jetzt so daherkommen!“
Lilly nickte: „Mhm, mehr!“ Sie machte den Mund auf.
Luke griente, legte wieder eine Weintraube auf das Stück, von welchem sie abgebissen hatte und steckte ihr den Rest in den Mund: „Da!“
Lilly kaute, nahm wieder ihr Weinglas und trank einen Schluck.
Jetzt nahm sie ein Stück Baguette, führte die gleiche Prozedur wie Luke durch und hielt es ihm vor die Nase.
Als er nicht sofort regierte, stupste sie ihn mit der freien Hand in die Flanke: „Mund auf“
„Ich hab eigentlich gar keinen Hunger!“
„Do-och, Mund auf, sonst tu ich dich zwangsernähren!“ sagte sie mit einem Kichern.
Sollte er weiter abwehren, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass das dann kein so gutes Ende nehmen würde und das wollte er nicht, also machte er den Mund auf und ließ sich von ihr verköstigen.
Allerdings hatte er bald den Dreh raus, wie er darum herumkam. Er hatte das Messer in der Hand und bevor sie nach etwas greifen konnte, hatte er es ihr bereits vor die Nase gehalten. So gab hauptsächlich er ihr das Essen.

„Oh, Luke, es reicht jetzt! Ich mag nimmer!“ Sagte sie irgendwann.
„So? Satt?“
Sie nickte: „Ja! Satt!“
Sie nahm ihr Glas, welches er ihr zum dritten Mal Viertels vollgefüllt hatte und trank noch einen Schluck: „So, dass reicht jetzt auch! Genug weiß und rot, sonst …!“ Sie ließ ihren Zeigefinger an ihrer Schläfe kreisen.
„Wasser?“
„Ja, ist besser!“
Luke lächelte abermals, nahm ihr das Glas ab, schüttete den Rest des Weines ins Gras und füllte es halbvoll mit Wasser. Dann gab er es ihr wieder und sie trank es fast leer.
Lilly lag inzwischen ganz auf der Motorhaube, hatte ihre Schuhe wieder ausgezogen damit sie die Füße auf die Motorhaube stellen konnte und lehnte sich an die Windschutzscheibe. Sie verschränkte ihre Arme hinter dem Kopf und sah zum Horizont. „Oh weh, das wird ja schon dunkel!“ stellte sie fest.
Luke räumte alles außer dem Wasser wieder in die Tüten, lehnte sich über die Windschutzscheibe und stellte alles auf den Fahrersitz, dann legte er sich, so wie sie auf die Motorhaube: „Warum? Musst du heim? Wie musst du morgen arbeiten?“
„Spät! Also erst ab halb Zwei! Aber das es wirklich schon dunkel wird? Ich hab gar nicht gemerkt wie lange wir schon hier sind!“
Er drehte den Kopf zu ihr, sah sie an: „Je nach Gesellschaft, kann die Zeit sehr kurzweilig werden!“
Lilly sah ihn an, lächelte, rutschte näher zu ihm und legte ihren Kopf auf seinen Brustkorb.

So bleiben sie liegen, bis die immer noch von Wolken verborgene Sonne versank. Obwohl sie nicht zu sehen war, färbte sich der Himmel am Horizont in sämtlichen Rottönen.
„Das ist schön.“ flüsterte Lilly.
Luke sagte nichts dazu, vergrub sein Gesicht nur in ihren Haaren, die er ihr mittlerweile aufgemacht hatte und ihr in Locken über die Schultern und den Rücken fielen.
Sie stupste ihn vorsichtig mit dem Kopf an: „Was ist? Schläfst du?“
„Nein!“ sagte er, mit gedämpfter Stimme. Er legte seinen Arm fester um sie, zog sie näher zu sich. Er hatte schon viele Sonnenuntergänge gesehen, Sonnenaufgänge hingegen waren immer eine Warnung für ihn. Allerdings glaubte er sich daran zu erinnern das Beides eigentlich relativ ähnlich war. Im Moment scherte ihn der Sonnenuntergang wenig, ihre Nähe war von viel größerer Bedeutung für ihn.

Obwohl es immer noch bewölkt war, konnte Luke bereits einzelne Sterne erkennen. Er sah wie sich die Wolken mehr und mehr auflösten, sodass er nach einer Weile sah, das der Himmel über und über mit Sternen versehen war. Luke merkte wie Lilly, die mittlerweile mit dem Oberkörper auf seinem lag, die Luft einsog.
„Jetzt, wo es dunkel ist, da verziehen sich die Wolken!“
Er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Zum Glück für mich, dachte er, sonst hätte ich wesentlich weniger Zeit mit dir verbringen können.
„So schlecht war der Tag doch auch ohne Sonne nicht, oder?“
Lilly kicherte leise. „Ja, hast ja Recht!“
„Siehste!“
Auf einmal sah er wie eine Sternschnuppe quer über das Firmament fiel: „Schau mal!“ sagte er schnell und zeigt mit dem Finger nach oben: „Eine Sternschnuppe! Wünsch dir was!“
Lilly kicherte wieder.
„Was denn?“
„Warum ich, du hast sie doch entdeckt!“
„Ich brauch mir nichts wünschen, ich..“
„Sag das jetzt nicht!“ unterbrach sie ihn, drehte sich auf ihm herum, sodass sie bäuchlings zwischen seinen Beinen und auf seiner Brust lag.
„Was denn?“
„So was Abgeklatschtes wie, ich brauch mir nichts wünschen ich hab doch alles, oder ein anderer abgedroschener Spruch!“
Luke fing an zu lachen, fuhr ihr ins Genick und zog sie, damit er sie küssen konnte, nah an sich.
Nachdem sich ihre Lippen wieder gelöst hatten, fragte er vergnügt: „Was sind denn noch abgedroschene Sprüche?“
„Mmh, so was wie, ich brauch die Sterne nicht ansehen ich sehe sie in deinen Augen, oder der Himmel hat angerufen, er will seinen Engel zurück oder sonst so ein Blödsinn!“ Dabei steckte sich Lilly den Zeigefinger in den Mund und machte ein würgendes Geräusch.
Lilly lachte auf: „So, was dann, das sind die …!“
„Was? Einzigen Sprüche die du kennst?“
Luke kicherte: „Nein! Ich bevorzuge etwas andere Varianten!“
„So was denn?“
Luke packte sie am Hosenbund und drehte sie wieder so herum, dass sie mit ihrem Rücken auf seiner Brust lag, immer noch zwischen seinen Beinen, legte die Arme um sie und flüsterte ihr ins Ohr. „Willst du das wirklich wissen?“
„Oh ja, will ich!“
„Dann hältst du mich wieder für altertümlich!“
Lilly kicherte: „Halt ich dich eh!“
Sie merkte wie Luke tief Luft holte und dann immer noch leise sagte: „Mylady, eure Schönheit ist so unbeschreiblich, dass selbst der begnadetste Poet keine Worte dafür finden würde, euer Liebreiz lässt selbst die Rosen vor Scham vergehen!“
Lilly lachte laut auf, drehte sich etwas herum, damit sie ihm in die Augen schauen konnte und sagte: „Das ist schon so abartig, das es schon wieder gut ist!“
Luke zog eine Augenbraue nach oben, sagte gespielt zynisch: „Na danke auch!“
Lilly lachte daraufhin noch mehr, schob sich weiter nach oben und küsste ihn lange und zärtlich.
„Außerdem, ist der einzige Grund warum meine Rosen eingehen der, dass ich sie entweder übergieße oder gar nicht gieße!“ Sagte sie nachdem sich ihre Lippen wieder getrennt hatten.
„Sei doch nicht so…unromantisch!“
Wieder prustete Lilly los: „Du bist unmöglich, völlig wider jeder Norm!“
„Hey!“ dabei stupste er ihr beidseits in die Flanken, sodass sie kichern zusammenzuckte: „Ich bin halt nicht wie andere!“
Wenn du nur wüsstest wie anders ich bin.

Plötzlich zuckte sie zusammen. „Was ist?“ fragte er. Hab ich das laut gesagt?
„Da fliegt was!“
„Was fliegt da, um die Uhrzeit fliegt hier nichts mehr!“
„Do-och!“ auf einmal zeigt sie nach oben, folgte mit dem Finger irgendetwas: „Da schau, da fliegt was!“
Er merkte wie sich näher an ihn drückte, er suchte den Himmel ab.
Jetzt sah er es auch, eine Art kleiner Vogel, oder was ähnliches, aber nachts?
„Fledermaus!“ quietschte sie, sie klang wie ein kleines verängstigtes Mädchen, kroch noch näher an ihn.
„Die macht doch nix!“ sagte er beruhigend: „Die sucht was zu essen!“
„Ja!“ sagte sie immer noch mit diesem ungewöhnlichen Tonfall. „Mich! Happa happa, beißi beißi!“
Luke fing daraufhin schallend an zu lachen, Lilly sah ihn schon fast beleidigt an: „Lach nicht!“
„Erstens!“ sagte er immer noch kichern: „Bist du viel zu groß, die sucht kleine Insekten und zweitens solltest du aufhören irgendwelche abartigen Vampirfilme anzuschauen!“
Lilly drehte sich ganz herum, stupste ihn mit dem Zeigefinger auf die Brust, zog dabei einen Flunsch und sagte wieder mit dieser quäkigen Kinderstimme: „Luki gemein, arme Lilly happa happa, beißi beißi von böser Fledermaus!“
Luke kicherte wieder: „Niemand wird Lilly happa happa oder beißi beißi, da hab ich was dagegen! Versprochen!“
Ja, das verspreche ich dir, niemals würde ich das zulassen, vorher müsste ich sterben oder der andere.
„So?“ fragte sie immer noch quäkend. „Na ja, je nachdem wie der aussieht, mmh..“ sagte sie jetzt wieder mit normaler Stimme.
„Wie jetzt?“ Luke klang wirklich verwirrt.
„Haja, so was Schnuckeliges, mmh?“
„Lilly?“
„Die heutigen Vampire werden doch immer als so gut aussehender Verführer dargestellt, also… jo, wenns was g´scheits ist…“
„Ach, dann lässt du den happa happa, beißi beißi machen, oder was!“ Seine Stimme hatte etwas merkwürdiges, nicht zynisch oder sarkastisch aber so was in der Richtung.
Sie sah ihn an, kicherte, küsste ihn schnell auf die Lippen: „Noch mal, wenns was Schnuckeliges ist. In den heutigen Filmen sind es Verführer, schon sinnliche Wesen, denen man kaum widerstehen kann!“
„Ach und dann ist es egal?“
„Boah, bist du zickig? Ist doch nur Theorie!“
„Nein! Bin nicht zickig!“
„Ach so! Aber ich glaube, diesen Verführerstatus haben die, wegen der Stellen wo sie theoretisch zubeißen!“
„Jetzt bin ich aber gespannt, was du darüber wissen willst!“
Lilly griff nach hinten, zog ihn sanft an der Nase: „Doch Zicke!“ sagte sie kichernd.
„Also?“
„Also, zum Beispiel der Hals, beziehungsweise die Seiten und die Handgelenke, gelten bei Frauen mit zu den erogenen Zonen! Deswegen ist das, denk ich mal, so dass diese sinnliche Komponente mit einbezogen wird!“
„Oder es liegt daran, dass da die Arterien am oberflächlichsten liegen!“ Er überlegte kurz, sagte dann schnell: „Denk ich mal, ich meine du bist die Krankenschwester, du müsstest das wohl eher wissen!“
„Stimmt, jetzt wo du es sagst wäre es, natürlich theoretisch, die logischste Erklärung! Aber warum gerade Arterie?“
„Weil da das Blut von selbst fließt und man nicht saugen muss!“ Halt die Klappe, harschte er sich in Gedanken an, man pass auf was du sagst. „Also theoretisch gesehen!“
Lilly sah ihn an, zog die Augenbrauen zusammen, sagte aber nichts dazu.
Was ist jetzt los, fragte sie sich, zuerst diese halber Verteidigung wegen der Tatsache, dass ich an so was nicht glaube und jetzt das. Du wirst mir immer suspekter mein Lieber.
Dennoch lehnte sie sich wieder rücklings an ihn, legte sich seine Arme um ihren Oberkörper. So langsam wurde es kalt, stellte sie fest und Luke merkte wie sie leicht erschauderte. Im ersten Moment wagte er nicht nach dem Grund zu fragen, aber als er merkte wie nah sie sich an ihn drückte: „Was ist, kalt?“
Lilly nickte nur, daraufhin nahm Luke die Decke, die größtenteils ungenutzt auf der Motorhaube lag und schlug sie von links und von rechts um sich und Lilly.
Nach einer Zeit realisierte er, wie sie sich entspannte.
Sollte er es wagen, dieses Thema weiter zu erörtern?
„Du denkst also Vampire, zumindest die die heutzutage da sind, haben was Verführerisches?“
„Ja, zumindest werden sie so dargestellt. Nicht mehr als blutrünstig, oder grausam, oder hässlich, wie in dem Schwarz-weiß Film. Sondern mehr elegant, charmant, außergewöhnlich, aber eben sinnlicher. Wie gesagt, wahrscheinlich wegen der neuen Einstellung der Menschen, ihnen gefällt die Variante besser!“
„Nicht mehr so beängstigend?“
Lilly zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht, aber ich glaube es ist einfach die angenehmere Phantasie! Sinnlich anstatt etwas was sich auf dich stürzt und die die Zähne bis Anschlag in den Hals rammt!“ Lilly fing an zu kichern.
„Warum kicherst du?“
„Allein die Vorstellung ist irgendwie absurd!“
„Was, dass dir jemand die Zähne in den Hals schlägt?“
„Unter anderem, ja, wobei wie gesagt auf einer anderen Ebene hat es was… mmh, verführerisches!“
„Verführerisches?“ fragte er leicht verunsichert.
Lilly wiegte den Kopf hin und her: „Schon irgendwie. Ich mein jetzt, nicht so zubeißen, dass man auf der anderen Seite wieder raus kommt, aber…“
„So?“
Luke griff vorsichtig an ihren Hals, strich die Haare zur Seite und ließ seine Lippen und sanft seine Zähne an der Seite entlang fahren. Lilly zog zuerst leicht die Schulter nach oben, ließ ihn aber gewähren und als er sie vorsichtig anfing zu knabbern, zuckte sie nur kurz zusammen.

Luke bereute es in dem Moment, als er ihre Haut unter seinen Zähnen fühlte, er spürte das Pulsieren ihres Herzens, er roch das Blut so intensiv, konnte es schon fast schmecken. Erschrocken zog er seinen Kopf zurück, ließ ihn nach hinten auf die Windschutzscheibe fallen.
Er musste weg von ihr, er musste in diesen verdammten Club, wie konnte er nur so leichtsinnig sein, sie weiß doch gar nichts.
Du bringst sie in unkontrollierbare Gefahr, sagte er zu sich selbst, du weißt doch das du kaum Kontrolle hast ihr gegenüber und trotzdem musst du das machen. Das ist Selbstmarterung, wieso tust du das? Willst du sie absichtlich in Gefahr bringen?

„Es wird kalt!“ stellte er fest: „Und es ist spät, vielleicht sollte ich dich nach Hause bringen!“
„Mmh, wenn du willst.“ Erfreut klang das nicht, aber sie weiß nicht in welcher Gefahr sie sich befindet, machte er sich nochmals bewusst. Es ist besser so und du solltest heute auch nicht mehr bei ihr bleiben. Erst morgen wieder, nachdem du ihm Club warst.
Aber wie soll ich ihr erklären, warum ich nicht bei ihr bleibe?
Lass dir was einfallen!
Nein, es wird gehen, es muss gehen! Ich kann doch nicht immer meine Kontrolle verlieren.
Du bringst sie in Gefahr, wenn du bei ihr bleibst.
Nein.
Luke fahr nach Hause, bevor du es bitter bereust, sie kann sich nicht erwehren gegen dich.
Es muss gehen, es muss. Soweit hab ich Kontrolle. Ich war nur naiv zu glauben, dass selbst diese Art der Berührung mir nichts ausmacht. Ich bleibe bei ihr.
Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.
Ich glaube, so langsam werde ich schizophren!

Er rutschte langsam mit ihr von der Motorhaube herunter, stellte sie auf die Füße und hob sie genauso schnell wieder hoch, als er sah das sie keine Schuhe trug. Er trug sie zum Auto, ließ sie auf den Beifahrersitz gleiten und begann dann alles anderen wieder im Kofferraum zu verstauen. Dann kam er wieder nach vorne und setzte sich auf den Fahrersitz, ließ das Auto an und fuhr ein ganzes Stück rückwärts, bis Lilly merkte, wie er abbog um dann vorwärts weiterzufahren.
Dafür das die Lichter hinten nicht annähernd so hell sind wie die Vorderen, fährt er erstaunlich sicher, dachte sie.
Immer noch mit offenem Verdeck fuhren sie denselben Weg wieder durch den Wald, zumindest glaubte Lilly das. Aber es schien wesentlich schneller zu gehen, denn schon bald sah sie die ersten Lichter der Stadt. Sicher, dass sie auf dem Hinweg wesentlich länger gebraucht hatten, war sie doch etwas irritiert, als Luke vor ihrer Haustür anhielt.
„Oh, das ging aber schnell!“ sagte sie.
„Ich bin vorher auch langsamer gefahren und außerdem war ich noch was kaufen und es ist meist so das der Rückweg einem schneller vorkommt, wie der Hinweg, zumal ich ja wusste wohin ich fahre.“
Lilly konnte sich ein kichern nicht verkneifen, stieg aus, kramte ihren Schlüssel aus der Tasche und schloss auf.
Luke saß immer noch im Auto, konnte sich nicht wirklich entscheiden, was er tun sollte. Die Selbstsicherheit war weg, jetzt wo es darauf ankam. Er machte sich Sorgen, ob er wirklich widerstehen konnte.
„Lu-uke! Hey träumst du?“ Fragte sie leise aber bestimmt.
Er sah sie an, sie stand immer noch in der Haustür, hielt sie offen und wartete das er ihr folgte.
Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihm breit, irgendwie hatte er schon fast Angst davor ihr zu folgen.
„Luke!“ rief sie nochmals, diesmal aber lauter.
Er sah auf die Uhr: „Es ist spät, vielleicht sollte ich besser nach Hause fahren!“
„Ja es ist spät, deshalb solltest du nicht mehr fahren! Komm, oder was ist los?“
„Nichts!“
Zögerlich stieg er aus, zog das Verdeck hoch, verriegelte es innen. Obwohl es nicht nach Regen aussah, aber er war froh über diese Verzögerung. So intensiv der Drang war bei ihr zu sein, so sehr machte sich Sorge in ihm breit.
Was wenn das ein Fehler ist, wenn ich nach Hause sollte. Was, wenn ich es nicht kontrollieren kann.
Im Inneren verfluchte er sich dafür, sich vorhin so gehen zu lassen zu haben.

Doch bevor er eine definitive Entscheidung getroffen hatte, stand Lilly neben ihm, griff nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her zur Haustür.
„Du fährst heut nicht mehr, du braucht bestimmt fast ne Stunde!“
Ohne Widerworte ließ sich Luke von ihr ins Haus, die Treppe nach oben und in ihrer Wohnung ziehen.
Dort ließ sie ihn los, ging ins Schlafzimmer und ließ ihn einfach im Wohnzimmer stehen. Erst nach einer ganzen Weile hörte er sie wieder nach ihm rufen: „Sag mal, was ist los mit dir, schläfst du im Stehen!“
Luke griente, obwohl ihm eigentlich nicht danach war: „Ich komm ja schon!“ sagte er leicht resigniert.
Lilly lag bereits im Bett, hatte sich bis zur Hüfte zugedeckt und sah ihn an, als er das Schlafzimmer betrat: „Wirklich glücklich siehst du nicht aus! Hey, ich kann dich nicht halten! Du bist alt genug, wenn du nach Hause willst dann fahr!“
„Nein!“ sagte er kopfschüttelnd: „Es ist nur…ach vergiss es!“ Er begann sich auszuziehen, legte sich wieder nur mit der Unterhose neben sie und diesmal war er es der sich an sie kuschelte. Zwar hielt er Abstand mit seinem Gesicht, aber der Rest seines Körpers lag eng an ihren geschmiegt.
Er spürte förmlich wie sie grübelte: „Was ist denn?“ fragte er vorsichtig.
Lilly drehte sich in seinen Armen, sah ihn an, fuhr ihm über die Wange. „Eigentlich nichts. Gute Nacht!“
Damit legte sie ihr Gesicht an seine Brust und Luke merkte abermals wie sie einschlief. Und wieder sah er ihr nur zu und überlegte, was er tun sollte. Haderte mit seinem und ihrem Schicksal.

Es war bereits fast Mittag als Lillys Wecker anfing zu piepsen. Luke merkte wie sie wach wurde und schloss die Augen.
Es würde ihr bestimmt so langsam auffallen das ich immer schon vor ihr wach bin, entschied er und tat so als ob er schliefe.
Er merkte wie Lilly nach dem Wecker griff, ihn abstellte und sich dann zu ihm drehte. Dann stand sie so leise auf und ging ins Bad, dass er sicher war, das wenn er ein Mensch wäre, er sie sicherlich nicht gehört hätte. Er hörte Wasserrauschen und roch, obwohl die Tür zu war, ihren intensiver werdenden Geruch. Nach kurzer Zeit kam sie zurück ins Schlafzimmer und zog sich leise an. Luke merkte, dass sie versuchte so wenig wie möglich Lärm zu machen, sie wollte ihn ja nicht wecken. Dann spürte er wie sie näher kam, ihn ansah. Schließlich ging sie zum Fenster und Luke hörte wie sie die Vorhänge zuzog, anschließend kam sie zurück zum Bett, küsste ihn sanft und kaum spürbar auf die Wange, ging ins Wohnzimmer und zog leise die jeweiligen Türen hinter sich zu. Erst als Luke sich sicher war, dass sie bereits ein ganzes Stück von der Wohnung entfernt war, öffnete er die Augen und setzte sich aufs Bett.
Sie hatte ihn wirklich alleine in ihrer Wohnung gelassen und obwohl er wusste, dass sie nicht mehr dort war, roch er sie so intensiv.
Luke sah sich um, entdeckte ihr Kopfkissen und war sich sicher, dass dieser intensive Geruch davon ausging. Also schnappte er es sich, drückte es sich vors Gesicht und sog ihren Geruch auf. Er vergrub seine Finger in dem Federkissen, hörte wie irgendwo eine Naht nachgab, aber es riss nichts. Und doch war es ein Gefühl dieses Kissen am liebsten auseinander zunehmen, als ob mehr von ihrem Geruch in den Kissen war. Er krallte sich in das Kissen, biss hinein und fühlte eine so unbändige Gier das er sich sicher war, dass wenn sie ihn jetzt sehen würde, sofort wissen würde was er war. Nach einer Weile ließ er sich wieder nach hinten sinken, drehte sich, immer noch mit ihrem Kopfkissen vor dem Gesicht auf den Bauch und drückte sein Gesicht in das Kissen. Er brauchte nicht zu atmen, er tat es nur, um weiter ihren Geruch zu inhalieren. Wie lange er so dalag, mit dem Gesicht fest in ihr Kopfkissen gedrückt, vermochte er nicht zu sagen, aber als er wieder den Kopf hob, war es weit nach Nachmittag. Er richtete sich auf, sein Blick wanderte zu dem Standspiegel der in der Ecke an der Badezimmertür stand und sah sein eigenes Spiegelbild: Seine Augen waren grün, glitzerten Silber, seine Eckzähne waren gebleckt.
Ihm wurde immer mehr bewusst, wie wenig Kontrolle er hatte. Wie es scheinbar immer weniger wurde. Er musste es ihr bald sagen, bevor er gar nicht mehr ihn ihrer Nähe sein konnte. Sie musste verstehen, was er war und was er benötigte. Zu gefährlich wurde es für sie, zu viele Risiken war er bereit einzugehen und durch das was gerade passiert war, wurde ihm bewusst, dass sie schon fast eine Droge für ihn war. Eine Droge von der er nicht mehr lassen konnte und die ihn im schlimmsten Fall umbringen würde. Am Anfang war es nur schwierig, wenn sie ihm nahe war, jetzt reichte schon allein ihr Geruch damit er seine Kontrolle verlor.
Er musste gehen, bevor sie zurück kam, sonst konnte er für nichts garantieren. Sie kam erst um Zehn, bis dahin war es Dunkel, er musste in den Club. Auch wenn er nicht wirklich von Hunger geplagt war, er musste es irgendwie hinbekommen, dass er immer so satt war, dass er nie auch nur einen Gedanken an ihr Blut verschwendete.
Also wartete er in ihrem Schlafzimmer darauf das es dunkel wurde, schnappte sich dann seine Sachen und fuhr zuerst zu sich nach Hause. Er musste den Mercedes gegen den BMW tauschen. Je nachdem, wann er aus dem Club kam, würde er die abgedunkelten Scheiben vielleicht brauchen.

Als Lilly nach Hause kam, sah sie sofort, dass das rote Cabrio nicht mehr vor der Haustür stand. Etwas enttäuscht ging sie in ihre Wohnung, er hatte nicht mal einen Nachricht hinterlassen, entdeckte sie betrübt.
Wann er wohl wiederkommt, fragte sie sich. Bald, hoffte sie. Sie sah auf die Uhr, merkte das es bereits halb Elf war und überlegte ob sie etwas fernseh schauen sollte oder gleich ins Bett ging. Sie entschied sich für das erstere, immer noch mit etwas Hoffnung, dass Luke vielleicht doch noch vorbeikäme.
Aber bis halb Eins war Luke immer noch nicht aufgetaucht. Daher entschied sie, dass er mit Sicherheit nicht mehr vorbeikommen würde, dass es Zeit war ins Bett zugehen.
Irgendwie traurig verstimmt ging sie ins Schlafzimmer, ließ sich rücklings ins Bett fallen. Sie klopfte auf ihr Kopfkissen um es in eine für sie bessere Form zu bekommen und merkte wie einzelne Federn herausstoben. Sie drehte und wendete es und fand schließlich eine Naht die ein kleines Stück aufgerissen war.
Wieso ist das kaputt? Nur vom draufrumhauen?
Kann eigentlich nicht sein, aber das Ding ist schon alt, ich werf des morgen weg.
Nur zur Vorsicht, im nicht morgen gefedert auszusehen, legte sie es beiseite und nahm das andere Kopfkissen.
Als sie sich darauflegte, merkte sie wie sehr es bereits nach Luke roch, obwohl er ihres Erachtens, noch gar nicht so oft bei ihr geschlafen hatte. Dennoch rieb sie ihr Gesicht am Kissen, es schien ein kleiner Trost zu sein, da er nicht da war.
Sie lag noch eine Zeitlang wach, schnüffelte immer wieder an dem Kissen, kam sich schon albern vor.
Sie ahnte ja nicht, dass ihr Kopfkissen nur deswegen Federn ließ, weil Luke das gleiche vor ein paar Stunden ebenfalls gemacht hatte, allerdings weitaus intensiver wie sie jetzt.
Schließlich schlief sie ein, daran denkend, dass sie ihn morgen bestimmt wiedersehen würde.

Allerdings täuschte sie sich in diesem Punkt. Luke hatte schweren Herzens entschieden, etwas länger nicht zu ihr zu gehen. Er musste irgendwie herausbekommen, wie er auch in ihrer Nähe seine Kontrolle behielt, wenn sie erst wusste was er war, wäre es vielleicht einfacher. Sie würde besser verstehen, wenn er einfach gehen müsste, würde nicht immer wieder nachhaken, ob es wirklich sein musste. Es wäre einfacher, aber das stellte ihn vor sein altbekanntes Problem, wie sollte er ihr die Wahrheit sagen, wie konnte er ihr erklären, was er war. Was sie ihn für ihn war.

Nach fast einer Woche, war er nicht weitergekommen. Ihre Anrufe hatte er beflissen ignoriert, hatte ihr eins, zwei Mal auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass er im Moment leider verhindert wäre, sich aber melden werde, wenn er wieder zu ihr kommen könnte. Auf einer Art fühlte er sich mies bei diesen Ausreden, aber es war aus irgendeinem Grund schwieriger im Moment, schwieriger die Kontrolle zu halten und er wollte ihr nichts tun. Deswegen entschied er sich für diese Radikalmethode, auch wenn es ihm schwerfiel.

Was er nicht wusste, war das es eigentlich eine einfache Erklärung gab. Lilly war ein Mensch, eine junge Frau, die biologisch gesehen, im besten Alter für Nachwuchs war und daher auch ihre Periode hatte. Die Hormonveränderung, die es ihm eigentlich verraten hätte, nahm er, da sie die Pille nahm, was er aber nicht wusste, nicht mehr wahr. Aber die Tatsache, dass das ganze blutig wurde, das merkte er im Unterbewussten, auch wenn er es nicht wusste. Aber die Tatsache, dass ihr Blut nicht nur in ihren Adern floss, war der Grund, wieso er im Moment so die Kontrolle verlor.

Aber heute, entschied er, nachdem er eine ganze Woche gewartet hatte, muss ich irgendwie zu ihr. Ich kann nicht noch länger von ihr getrennt sein. Zumal er sich sicher war, dass sie diese Woche wieder als Grund ansah, ihr Misstrauen ihm gegenüber wieder zu verstärken, höchstens er ließ sich einen entsprechenden Grund einfallen um seine Woche Abstinenz ihr gegenüber zu erklären.
Aber was wäre wichtig genug um sie nahezu zu ignorieren. Betrübt stellte er nach einer Weile fest, dass es nicht wirklich etwas gab, was eine ganze Woche erklären würde.
Vielleicht will sie dich ja gar nicht mehr sehen, dachte er. Vielleicht hat sie jetzt endgültig die Nase voll von deinen Eskapaden.
Toll, dachte er, das hilft nicht wirklich, also was soll ich ihr sagen, wenn sie überhaupt mit mir spricht.

Bis zum Abend hatte er keine Antwort gefunden, nur noch mehr Fragen fielen ihm ein:
Was wenn er immer noch keine Kontrolle hatte?
Was wenn sie ihn wirklich nicht mehr sehen will?
Was wenn sie jemand anderen gefunden hatte?
Ihn zum Teufel jagte?
Ihn…ihn ignorierte, so wie er es getan hatte?

Mit noch mehr Fragen auf die er keine Antwort hatte, fuhr er, als es dunkel war zu ihr. Am Haus angekommen, roch er das sie nicht da war. Er sprang auf ihren Balkon und merkte, dass selbst wo er ihren Geruch jetzt deutlicher roch, seine Kontrolle besser war. Dennoch entschied er ihrer Spur zu folgen, vielleicht war es sicherer für sie, wenn er auf der Straße mit ihr zusammentraf. Denn wirklich überzeugt davon, seine Kontrolle zu halten, war er nicht.
Also ging er los, lief hinter ihrer Spur her und stand schließlich wieder vor dem Einkaufskomplex. Er wusste das sie noch drinnen war und überlegte, dass es wohl besser wäre sein Auto zu holen. Sie würde sich bestimmt wundern, wie er hierhergekommen war, ohne Auto, oder was er hier machte. In dem Augenblick wo er den Parkplatz verlassen wollte, roch er das sie näher kam. Luke machte den Fehler und drehte sich herum.
Er sah sie, aber sie ihn auch. Jetzt konnte er wohl kaum einfach gehen, also blieb er stehen, wartete darauf das sie zu ihm aufschloss.
„Hallo.“ sagte er zögerlich.
Sie lächelte zu seiner Überraschung: „Hi, was machst du denn hier, wolltest du nicht vorher anrufen, wenn du ….!“ Sie schwieg, sah ihn eine Weile an.
„Wenn ich was?“
„Ich hab grad überlegt, ob du überhaupt zu mir wolltest oder ob das Zufall war.“ Lilly wunderte sich über ihre Ehrlichkeit. Normalerweise hätte sie so etwas für sich behalten, aber bei oder vielmehr mit ihm war eh alles nicht wirklich normal.
„Ich wollt schon zu dir, ich war sogar bei deiner Wohnung, aber du warst nicht da und da…!“ Was, willst du ihr sagen du bist ihrer Spur gefolgt?
„Und da was?“ fragte sie hörbar irritiert.
„Und da dachte ich, ich geh vielleicht noch einkaufen, da du wahrscheinlich Spätdienst hast und erst um Zehn daheim bist.“
„Warum bist du gelaufen?“
Luke sah auf die Uhr: „Ich hätte noch so viel Zeit gehabt, warum dann fahren, wenn man beim Laufen mehr Zeit verliert. Sonst hätte ich entweder hier herumlungern müssen bis die Zeit vergeht oder bei dir vor der Wohnung sitzen, also… war das eigentlich das Logischste.“
Lilly fing an zu kichern: „Manchmal bist du schon eigenartig mein Lieber!“
Luke bemerkte, dass Lilly wiedermal drei oder sogar vier Taschen in der Hand hatte: „Soll ich dir was abnehmen?“
Lilly sah auf die Taschen: „Klar, wenn du willst? Aber wolltest du nicht einkaufen?“
„Nein, ich wollt nur Zeit vertrödeln!“
Ihm die Taschen hinhaltend, kicherte sie wieder: „Wie schon gesagt, manchmal..“
„Ich weiß, aber nur manchmal!“ Dabei nahm er ihr alle Taschen aus den Händen.
„Hey? So war das aber nicht geplant!“
„Was denn?“
„Das du jetzt alle trägst!“
Luke sah nach unten: „Das macht doch nichts, so schwer sind die nicht und ich denke du hast bestimmt heute schon genug geschleppt!“
Lilly winkte ab: „Im Moment geht’s eigentlich.“
Obwohl er alle Taschen trug, bot er ihr seinen Arm an, Lilly hakte sich ein und gemeinsam liefen sie los.
„Ich find das trotzdem komisch, das du jetzt alle trägst!“
„Besser ich wie du!“
„So? Warum?“
„Weil ich mich schämen müsste, wenn ich dich das tragen lassen würde und neben dir her laufen würde!“
Er merkte, wie sie während des Gehens ihren Kopf an seine Schultern legte: „Wenn’s zu schwer wird, sagst du aber Bescheid, dann kann ich dir was abnehmen!“
Jetzt kicherte Luke leise: „Klar, wenn’s mir zu schwer wird, geb ich es dir, weils für dich dann leichter ist!“
„Blödmann!“ sagte sie sanft und stieß ihn vorsichtig mit ihrem Körper an: „Nach ner Weile, wird alles schwerer, wenn man es trägt, egal wie viel es wiegt!“
„Ach so. Sag das doch gleich!“ der leichte Sarkasmus war nicht zu überhören.
Wieder stieß sie ihn an, diesmal aber wesentlich fester, so dass Luke zwei Schritte von ihr weg geschoben wurde: „Hey!“ sagte er.
Lilly machte sich los, wedelte mit dem Zeigefinger vor seiner Nase: „Wenn du mich verarschen willst, dann aber…!“
Luke rempelte sie seinerseits schwach an: „Was dann? Ganz schön frech, die Kleine!“
Lilly hörte ein unterdrücktes glucksen. Sofort legte sie die Hand auf die Stelle am Arm, wo er sie angerempelt hatte: „Aua!“ sagte sie wieder mit dieser quäkigen Kinderstimme, zog einen Flunsch: „Erst ne Woche sich nicht melden und dann mir aua machen!“
Wieder wedelte sie mit dem Zeigefinger vor seiner Nase: „Du solltest dich was schämen!“
Luke sah sie an, blieb stehen, ließ die Arme und den Kopf hängen und schielte sie von unten her an: „Tsuldidung!“ Jetzt klang er wie ein Kind und Lilly konnte nicht anders, wie in schallendes Gelächter auszubrechen.
„Oh…mein….Gott…du.. du bist….unmöglich!“
„Wieda dud?“ fragte er immer noch in dieser Stimmlage.
Lilly kam auf ihn zu, fuhr ihm mit beiden Händen durch die Haare, hob seinen Kopf wieder an und küsste ihn zärtlich auf den Mund: „Alles dud!“ sagte sie und kicherte immer noch leise.
Luke konnte sich ein Grienen nicht verkneifen, drückte ihr seinerseits die Lippen auf den Mund.
Dann liefen sie, nachdem sie sich wieder untergehakt hatte, weiter.

Sie hat bis jetzt nicht nach dem Grund gefragt, warum ich mich eine Woche nicht oder kaum gemeldet habe, dachte er, als er neben ihr herlief.
Aber jetzt sei bloß nicht so doof und fang damit an, hast du verstanden, ermahnte er sich.
Vielleicht frägt sie gar nicht, weil sie denkt du gibst ihr eh keine Antwort. So wie sie gesagt hat, sie frägt nichts mehr und du musst keine Ausreden erfinden, also lass es gut sein.

Mittlerweile waren sie ihrer Wohnung schon nahe und Luke regiestierte, dass seine Kontrolle im Moment doch reichte um ihr nahe zu sein. Der Grund für seine Unkontrolliertheit, war ja nicht mehr vorhanden.

Gemütlich gingen sie nebeneinander her und Lilly wunderte sich im Stillen, wie Luke die Tüten soweit tragen konnte ohne auch nur andeutungsweise zu zeigen, dass sie schwer waren und das waren sie. Zumindest für sie, aber wahrscheinlich, dachte sie, war er ein Mann, die konnten mehr tragen. Sie hätte die Tüten schon mehrmals abstellen müssen. Warum kaufst du denn auch immer so viel und die Hälfte, mindestens die Hälfte, hättest du gar nicht gebraucht. Wenn er nicht vorbeigekommen wäre, hättest du dich halb zu Tode geschleppt. Unwillkürlich musste sie grinsen. Irgendwie gemein, nur froh zu sein ihn getroffen zu haben um ihn als Packesel zu missbrauchen.
Aber ich bin doch nicht nur deswegen froh, ich dachte schon die Sache zwischen uns hätte sich erledigt.
Warum? Weil er sich mal eine Woche nicht meldet?
Ja! Allerdings würde ich schon gerne wissen, was er gemacht hat? Wieso er mich nicht besuchen konnte?
Lass es, er wird dir mit Sicherheit wieder keine Antwort geben. Du hast gesagt, du frägst nicht mehr und wenn er es dir erzählen kann und will, oder was auch immer, dann wird er es auch machen!

Nun standen sie vor der Haustür, Lilly kramte ihren Schlüssel hervor und hielt Luke, nachdem sie aufgeschlossen hatte, die Tür auf. Dieser ging an ihr vorbei und war bereits die Hälfte der ersten Treppen oben, bevor sie ihn fragte: „Willst du die weiter tragen, du weißt hier gibt es nen Aufzug!“
Luke drehte sich zu ihr herum: „Jetzt hab ich dir soweit getragen, darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an!“
„Also gut.“ sagte sie schulterzuckend: „Dann lauf ma halt nach oben!“
Im dritten Stock überholte Lilly ihn, ging vor ihm hinauf und schloss, nachdem sie ihre Wohnungstür erreicht hatte, diese auf, ging hinein und ließ sie wiedermal offen.
Luke folgte ihr, stellte die Tüten in ihre Küche ab und begann, da sie im Bad verschwunden war, den Inhalt auf die Arbeitsplatte zu räumen. Er war fast fertig, als sie zurück in die Küche kam.
Sie stellte sich neben ihn, öffnete wieder alle Schranktüren und begann um ihn herum, alles zu verstauen. Obwohl er ihr zusah, konnte er kein Muster oder eine Ordnung erkennen, in welcher sie alles wegräumte.
Sie merkte seinen Blick. „Was ist?“
„Nichts, ich wunder mich nur wo du das alles hinräumst und ob es irgendeinen Platz für irgendetwas Bestimmtes gibt!“
„Nö, nur das was kühl stehen muss, kommt in den Kühlschrank, alles andere dahin, wo es Platz hat.“ Sagte sie mit einen Grienen.

Bevor Luke ihr helfen konnte, war bereits alles weggeräumt. Lilly kramte eine Tüte mit Keksen aus dem Schrank, sah ihn an und ging zur Couch, setzte sich darauf und als er ihr nicht folgte, fragte sie: „Was ist, willst du da stehen bleiben?“
Jetzt folgte Luke ihrem Beispiel setzte sich neben sie auf die Couch und sah sie an.
Warum frägt sie nicht?
Ist es ihr wirklich egal?
Hab ich sie so verärgert? Glaub ich nicht, sonst hätte sie mich nicht mit hierher genommen.
Aber warum dann, sonst fragte sie doch auch immer?

„Ich sehs!“ unterbrach sie seine Gedanken.
„Was?“ fragte er irritiert.
„Wie du nachdenkst! Wie dir die Fragen förmlich auf die Stirn geschrieben stehen!“
„Und was?“ hakte er vorsichtig nach.
„Wieso ich dich nicht löchere, wo du die letzte Woche warst, was du gemacht hast und wieso du mich nicht besucht hast, oder dich gemeldet hast! Oder nicht?“
Luke nickte langsam.
„Und wenn ich dich das fragen würde, würde ich doch eh keine Antwort von dir bekommen, oder?“ Dieses Mal schwang wieder eine Spur Sarkasmus mit und wieder nickt Luke nur.
„Also!“ sagte sie: „Warum dich was fragen, obwohl ich schon weiß, das ich keine Antwort bekomme, oder zumindest keine richtige. Da kann ich mir es sparen, muss mich nicht darüber aufregen oder mich wundern was du mir alles verheimlichst. Du willst mir nichts erzählen, also, frag ich am besten gar nicht mehr.“ Jetzt klang ihre Stimme traurig, niedergeschlagen oder nur resigniert. Luke wusste es nicht einzuordnen und bevor er es versuchen konnte, sagte sie: „Aber ich muss wohl meine Konsequenzen daraus ziehen!“
Noch mehr Resignation oder was das schon eine Drohung? Luke hasste es, ihr gegenüber die Fähigkeit verloren zu haben, sie richtig einzuschätzen. Bei jedem anderen klappt es, nur bei ihr nicht, dachte er.
„Lilly!“ es klang schon fast flehend: „Lilly bitte, ich kann es dir nicht erkl..
„Erklären! Ja ich weiß, ich hab mich irgendwie daran gewöhnt, von dir nichts zu erfahren!“ Jetzt klang sie traurig.
„Ich war beschäftigt. Diverse Dinge, die nicht noch länger warten konnten!“ log er.
„Was für Dinge?“ fragte sie, beantwortet sich die Frage aber selbst, bevor Luke auch nur Luft holen konnte: „Kannst du mir nicht sagen, oder willst du mir nicht sagen, oder kannst du mir nicht erklären, ist zu kompliziert, oder würde ich nicht verstehen!“ sie hob abwehrend die Hände: „Ach vergiss es. Ich kenn deine Antworten schon!“
Sie seufzte auf, ließ sich nach hinten an die Rückenlehne fallen und schloss die Augen: „Ich werde nie etwas von dir erfahren, oder?“
„Du weißt mehr, wie manch anderer, aber alles kann ich dir einfach noch nicht sagen!“
Lilly merkte wie er näher kam, bedächtig legte er den Kopf neben ihren an die Rückenlehne.
Immer noch mit geschlossenen Augen, lehnte sie ihr Gesicht an seines: „Ich hoffe, ich werde es nicht bereuen. Ich hoffe du wirst mir irgendwann so vertrauen, wie du es von mir verlangst und mir endlich sagen, was los ist!“
„Irgendwann!“ flüsterte er, rieb dabei zärtlich sein Gesicht an ihrem: „Irgendwann erfährst du alles und dann wirst du alles erfahren und du wirst mich verstehen!“

Abrupt stand sie auf, sah ihn an: „Das hoffe ich für dich, ich lass mich nämlich nur sehr ungern verarschen!“ Ihr Tonfall klang härter wie zuvor und dennoch glaubte Luke immer noch die Traurigkeit zu hören. Sanft griff er nach ihrer Hand, küsste sie zärtlich auf den Handrücken: „Ich verarsch dich nicht.“ sagte er leise: „Aber es ist wirklich kompliziert. Ich weiß einfach nicht, wie ich dir das alles erklären soll, wie ich es dir sagen soll!“
Lilly entzog ihm ihre Hand: „Na hoffentlich weißt du es bald, lange mach ich das nämlich nicht mehr mit!“ Wieder nur Resignation in ihrer Stimme.
„Sag so was bitte nicht! Ich werde es dir erklären, aber lass mir Zeit, bis ich weiß wie. Setz mir nicht die Pistole auf die Brust und zwing mich, dir alles zu sagen, ohne zu wissen, wie es am besten ist. Nur um dich nicht zu verlieren, denn ich befürchte, dass wenn ich es dir nicht richtig erklären, werde ich dich womöglich auch verlieren und das will ich nicht!“

Lilly stand immer noch vor ihm, sah ihn an. Wieso glaub ich dir das alles? Wieso lass ich mich so einfach abfertigen? Wieso vertrau ich dir, obwohl ich es eigentlich nicht sollte?
Du meldest dich fast ne Woche nicht und ich lass dich wieder damit durchkommen, eigentlich sollte ich dich vor die Tür setzten und dich da ne Woche schmoren lassen. Ja, das sollte ich tun.

Wieder machte sie den Fehler und sah ihm ins Gesicht und sofort nahmen seine Augen sie wieder in den Bann. Ihr Vorhaben ihn vor die Tür zu setzten, schwand genauso schnell, wie es gekommen war. Sie verfluchte sich innerlich, sich so von ihm um den Finger wickeln zu lassen, aber es tat so gut. Sie hatte ihn so vermisst und das er immer noch so viele Geheimnisse vor ihr hatte, machte sie rasend.

Luke griff erneut nach ihrer Hand, zog sie näher zu sich, so nah das er sein Gesicht an ihren Bauch legen konnte: „So gerne würd ich dir alles sagen. So gerne endlich alles erklären, damit du mich verstehst und nicht mehr böse auf mich bist. Dann würdest du auch wissen, wie viel du mir bedeutest und das ich dich niemals verarschen würde, dir niemals wehtun würde, egal in welcher Art auch immer. Alles was ich tue, ist nur zu deinem Besten, bitte glaub es mir!“

Zärtlich fuhr sie im mit beiden Händen durch die Haare: „Ich sollte es nicht, weißt du das. Ich sollte dich am Arsch packen und dich zum Teufel jagen, aber ich kanns nicht, ich weiß nicht wieso, aber ich kann es einfach nicht. Und ich weiß ehrlich gesagt nicht ob mir das Angst machen sollte. Und außerdem bin ich nicht böse auf dich, aber du machst es mir nicht leicht. Du machst es mir wahrlich nicht leicht!“
Luke nickte, immer noch sein Gesicht an ihrem Bauch liegend, legte beide Arme um sie und drückte sie noch fester an sich heran: „Es wäre so vieles einfacher!“ sagte er leise.

Nach einer Weile machte sich Lilly von ihm los, Luke merkte wie sie sich umsah: „Es ist spät!“ sagte sie leise und Luke befürchtete sie würde ihn auffordern zu gehen.
„Es wäre besser schlafen zu gehen.“
Luke holte tief Luft: „Soll ich nach Hause?“ fragte er kleinlaut. Lilly sah ihn an, zuckte schließlich mit den Schultern: „Wenn du willst, ich kann dich nicht halten.“
Heftig schüttelte er den Kopf: „Nein! Will ich nicht, aber vielleicht wäre es dir lieber, wenn ich gehe?“
Lill lächelte müde: „Wenn ich das gewollt hätte, hätte ich dir das gesagt, oder?“
Nun bekam Luke auch ein Lächeln zustand, zwar genauso resigniert wie ihres: „Wahrscheinlich schon!“
„Also!“

Behäbig schlurfte sie ins Schlafzimmer, Luke folgte ihr zögerlich. Lilly zog sich ohne ein weiteres Wort aus, kramte ein Schlafanzug unter ihrem Kopfkissen hervor und zog sich wieder an, kroch danach unter die Decke. Luke zog sich ebenfalls aus, kroch, wie immer, nur mit der Unterhose zu ihr ins Bett. Er rutschte nah an sie, immer mit der Befürchtung sie würde ihn zurückweisen oder von ihm wegrutschten. Aber wieder tat sie das von ihm vermutetet nicht.
Vielleicht, hoffte er, wird sie auch bei anderen Dingen wider seiner Vermutungen reagieren würde.

Zögerlich legte er beide Arme um sie, sie ließ es zu, drehte sich aber diesmal nicht herum um sich an ihn zu kuscheln.
Wahrscheinlich, befürchtet er, hab ich es etwas zu weit getrieben. Ich muss es ihr endlich sagen!
Aber wie? Wann? Und was ist dann, wird sie es glauben, oder dich für irre halten?
Ich weiß es nicht, aber ich versteh sie, dass sie dieses nicht mehr lange mitmachen will. Sie versteht wahrscheinlich ihre eigenen Reaktionen nicht und wenn sie es wüsste und auch wüsste, was es mit uns auf sich hat, würde sie es verstehen.
Wieso bist du dir da so sicher, sie könnte doch genauso schreiend davon laufen und dich nie wieder sehen wollen, hast du dir überlegt, was das dann für dich bedeutet. Du kannst nicht ohne sie.
Ich weiß, aber kann ich sie weiter belügen?
Überlege dir gut, was du ihr sagst, was du ihr wann und wie erzählst!
Genau das ist mein Problem!

Lilly war bereits eingeschlafen und so hatte Luke Zeit sich die gesamte restliche Nacht auszumalen, was er tun sollte, wie er es ihr sagen konnte und er malte sich ihre Reaktion aus, angefangen von kreischendem davonrennen bis in schallendes Gelächter ausbrechen, bis hin zu ihn einzusperren. Nur eine positive Variante fiel ihm nicht ein, sehr zu seinem Unmut.
So war er, als der Morgen graute, wiedermal kein Stück weiter gekommen und das machte ihn Wahnsinnig.
Wie heißt es doch so schön: Ungewissheit ist schlimmer wie Gewissheit. Nie hatte er sich vorstellen können, dass dieser Satz sich so real anfühlen würde und ihn so dermaßen verzweifeln lassen würde.

Luke merkte wie Lilly wach wurde, sie streckte sich, drehte sich aber nicht zu ihm herum.
„Was für diverse Sache? Was in diesem merkwürdigen Club?“ fragte sie unvermittelt.
Luke hatte damit nicht gerechnet: „Ähm, also…ich weiß nicht, ob….ob ich…“
„Ob du mir das sagen kannst!“ sagte sie sarkastisch: „So langsam reicht es mir Luke, was ist das für ein Laden und was für Dinge treibst du da? Wer oder was bist du?“
Noch bevor er ihr überhaupt antworten konnte, stand sie abrupt auf, ging zum Fenster und zog die eine Seite des Vorhanges auf. Die Sonnenstrahlen fluteten das halbe Zimmer und Luke kroch erschrocken bis zum Kopfteil nach oben, zog die Beine an und fixierte die Sonnenstrahlen, die sich auf der Bettdecke abzeichneten, genau da wo gerade noch seine Beine gewesen waren. Lilly hatte davon nichts mitbekommen, sie stand am Fenster und sah hinaus.
„Was bist du?“ fragte sie wieder, drehte sich plötzlich herum und sah ihn an.
Sie schien irritiert zu sein, auf Grund der Art wie er dasaß: „Was ist?“ fragte sie, wieder mit dem Sarkasmus in der Stimme: „Man könnt meinen die magst keine Sonne?“
Luke überlegte was er ihr antworten sollte, doch bevor er es wusste, setzte sie sich an die Bettkante, legte den Kopf in ihre Hände.
Luke merkte zu seiner Erleichterung, wie sich dicke Wolken vor die Sonne schoben. Also rutschte er zu ihr, setzte sich neben sie und legte ihr sein Kinn auf die Schultern: „Was ist wenn ich dir sage, dass ich anders bin, wie alle die du kennst!“
„Inwiefern?“
„Ich kann sehr gefährlich sein!“
„Gefährlich?“
„Ja!“
„Wie? Was machst du? Bist du ein, …ein Mör..“
„Nicht direkt!“ unterbrach er sie.
„Wie nicht direkt? Was dann?“ Ihr Verstand begann wieder die wildesten Varianten auszubrüten: „Wenn du irgendwie Undercover bist, weil irgendjemand im Krankenhaus illegale Sachen treibt, hey ich bin nur ne kleine Schwester. Ich weiß nicht von Schmerzmittel verticken, Organhandel oder sonstige Sachen, davon weiß ich nichts und du wirst über mich auch da nicht an jemanden rankommen!“
Luke schüttelte den Kopf: „Darum geht es nicht!“
„Um was dann?“ Lilly stand auf, lief ins Wohnzimmer, er zog sich schnell an und folgte ihr. Wenn die Sonne nochmals hinter den Wolken auftauchte würde er im Wohnzimmer zumindest fürs erste sicherer sein.

Er fand sie an die Wand neben der Schlafzimmertür gelehnt, als er ins Wohnzimmer trat, sah sie ihn an.
„Ich will nicht über dich an jemanden ran. Ich will nur dich. Wie soll ich dir begreiflich machen, was du mir bedeutest.“
Bevor er nach ihr greifen konnte, stieß sie sich von der Wand ab, ging zum Sofa und setzte sich, wieder folgte Luke ihr, setzte sich neben sie: „Wenn du nur wüsstest wie sehr ich dich brauche!“ Lilly sah ihn schon fast schockiert an.
„Nichts in meinen Leben, nichts was ich je verloren habe und davon gibt es eine Menge, hat mir oder bedeutet mir so viel wie du. Ich kann, will…“ Luke rutschte von der Couch, kniete sich vor sie hin: „Will dich nicht verlieren, Verstehst du nicht, wie sehr ich dich liebe. Mehr wie alles in meinem Leben, mehr wie mein Leben. Nichts was ich tue wird dir Schaden, ich brauche dich!“ Das letzte sagte er so eindringlich, dass Lilly hochsah, ihn ansah: „Das ist krank! Du kennst mich nicht, ich kenn dich nicht. Wie kannst du so etwas sagen.“ Sie stand auf, ging zurück zur Schlafzimmertür: „Ich glaube du solltest dir psychologische Hilfe suchen und zwar schnell. Hörst du dir eigentlich zu?“ fragte sie ihn zynisch. „Wenn man dich hört könnte man meinen, dass du….“ Luke war ihr wieder Mal gefolgt, stand direkt vor ihr. Auf einmal änderte sich etwas in ihren Augen, er konnte nicht erkennen, was es war, aber ihre Stimme hatte etwas merkwürdiges, als sie weitersprach: „Du bist krank! Ist es das, du brauchst was von mir, deswegen bin ich dir so wichtig, in diesem Club, ist das eine Art Ersatzteillager für Menschen. Ich bin Organspender, ich steh im Knochenmarkspenderregister. Ist es das, ihr sucht scheinbar passende Spender für euch. Etwas, wo die Blutgruppe passt und andere notwendige Parameter. Und wenn ihr was gefunden habt, hängt sich derjenige dran. Wartet bis dem Spender was passiert, oder hilft vielleicht sogar nach!“ Lilly wich vor ihm, so weit wie es die Wand in ihrem Rücken zuließ, zurück. „Ist es das, irgendetwas, irgendein Organ brauchst du von mir, ja! Deswegen benötigst du mich. Ich bin eine Art Lebensversicherung für dich. Was brauchst du, eine Niere, hab ich zwei, ein Lungenteil, vielleicht ein Teil der Leber oder der Milz, Knochenmark. Man kann so ziemlich alles spenden, ohne sterben zu müssen, außer, ….außer dem Herz und dem Gehirn, aber sonst. Ist es das, du willst irgendwas und vielleicht hat es vorher nicht funktioniert. Oberflächenmoleküle zum Beispiel können dafür Sorgen das ein Organ abgestoßen wir.“ Ihre Stimme schwang ins hysterische um, sie ging auf ihn zu, riss ihm das Hemd nach oben, riss beinahe die Knöpfe ab und sah ihn genauer an.
Keine alten oder neuen Narben, keine Spur von irgendwelchen Operationen. Vielleicht ist er nur der Sucher, er schaut, wie gut es denjenigen, die in Frage kommen geht, wird bezahlt dafür und hilft nach, wenn es dem Spender noch zu gut geht.
Erschrocken wich sie vor ihm zurück, drückte sich wieder an die Wand.

Luke hörte ihr rasendes Herz, roch ihre Angst. Zögerlich griff er nach ihr: „Lilly, nein so ist das nicht. Ich brauche dich nicht deswegen, hör mir doch zu. Niemals würde ich dir Schaden, hörst du, niemals!“
Lilly sah ihn an, er sah ihre Angst in den Augen: „Geh!“ sagte sie mit zitternder Stimme: „Geh, verschwinde Luke. Du machst mir Angst!“
Luke wich zurück: „Das will ich nicht! Ich will nicht das du Angst vor mir hast. Lilly bitte, glaube mir doch!“
Sie schüttelte den Kopf, zeigte nur zur Wohnungstür.

Es ist besser, wenn du gehst, entschied Luke, sie hat Angst und im Moment wird nichts was du tust oder sagst etwas daran ändern.
Aber wenn sie jetzt schon Angst hat, was wird dann, wenn sie die Wahrheit erfährt?
Luke roch, spürte ihre Angst, er wich weiter zurück, sah sie verzweifelt an: „Lilly, du brauchst keine …!“ Weiter kam er nicht, sie deutete wieder wortlos zur Tür. Luke hob geschlagen die Hände, ließ den Kopf sinken, sagte leise: „Ok, ich werde gehen!“

Er ging zur Tür, schloss auf und sagte, bevor er die Tür hinter sich zuzog: „Du irrst dich, niemals würde ich zulassen, dass dir etwas geschieht. Ich liebe dich mehr wie mein eigenes Leben und du bist das einzige Wichtige für mich!“
Damit stand Lilly alleine in ihrer Wohnung, sie ging auf den Balkon, sah wie Luke ins Auto einstieg und davonfuhr.
Ihre Angst verschwand, Kummer, schon fast Trauer machte sich in ihr breit. Luke wegfahren zu sehen, tat weh. So groß die Sorge auch gewesen war, dass ihr etwas geschehen würde, umso größer war jetzt die Sorge ihn verloren zu haben. Sie fühlte wie heiße Tränen ihr in die Augen stiegen und dann lautlos über ihre Wange liefen.
Warum hast du das getan, warum hast du nicht einfach nicht nachgefragt, wieso musstest du das tun. Du warst so froh ihn wiederzutreffen und nun das.

Lilly ging zurück in ihr Schlafzimmer, ließ sich aufs Bett fallen und hätte am liebsten laut aufgeschrien. Aber sie drückte nur ihr Gesicht in das Kopfkissen und ließ weiter lautlos die Tränen laufen.

Luke schaltete das Auto ab, als er sein Haus erreicht hatte, lief hinein und knallte die Tür hinter sich ins Schloss.
„Warum hast du ihr es nicht einfach gesagt!“ Er begann wie ein Tiger im Käfig bei der Terrassentür von rechts nach links zu laufen, sah sein eigenes Spiegelbild in der Fensterfront, fixierte es während des Laufens.
„Was denn, was hätte ich ihr denn sagen sollen?“ fragte er es.
„Die Wahrheit!“ kam die Antwort.
„Ja, klar! Wenn das so einfach wär, hätt ich das schon längst gemacht!“
„Es wird aber nicht einfacher!“
„Das weiß ich selbst!“ zischte er sein Spiegelbild an. „Aber was soll ich sagen, ach übrigens in dem Club geht es darum sich Blut zu holen, damit ich leben kann. Ich bin nämlich das, von dem du behauptest es existiere nicht!“
„Irgendwann musst du es ihr sagen, oder du zeigst es ihr!“
„Wie zeigen?“
„Nimm sie mit ins Zero, zeig ihr was da passiert, was die anderen sind, was du bist!“
„Spinnst du! Das kann ich nicht!“
„Warum nicht, ohne viel Worte, ohne viel Erklärungen, dann wird sie es verstehen und glauben“
Luke blieb stehen, fixierte sein Spiegelbild: „Weißt du, was du mich mal kannst!“ fauchte er sich selbst an.

Nachdem er eine Zeitlang sein eigenes Spiegelbild angesehen hatte, sah er wie es anfing zu regnen. Dicke Tropfen fielen laut gegen die Scheiben. Luke hörte wie es laut anfing zu donnern und die ersten Blitze zuckten über den Himmel. Es krachte, als die Blitze leuchteten. Er sah nach draußen, irgendetwas in ihm, irgendein Drang, ließ ihn an Lilly denken. Er wusste, dass sie Angst davor hatte, die Frage war nur, ob sie mehr Angst vor dem Gewitter oder vor ihm hatte.

Er überlegte eine Weile, entschied dann wieder zurück zum Auto zu gehen. Selbst den kurzen Weg, nur ein paar Schritte reichten um ihn zu durchnässen. Luke stieg ein, fuhr den Weg, welcher von großen Bäumen gesäumt war zum Tor. Selbst im Wagen, konnte er hören, wie der Sturm an den Bäumen zerrte. Sie ächzten und knarrten. Luke befürchtete, dass er nach dem Sturm erst mal aufräumen müsste, Sorge, dass die Bäume umfielen, hatte er nicht. Sie waren schon so alt, ihre Wurzel wahrscheinlich schon unterirdisch miteinander verwachsen, wenn allerdings einer fiel, würde das eine Kettenreaktion auslösen, die nicht zu stoppen wäre.

Auf einmal krachte es wieder, Luke zuckte unwillkürlich zusammen. Das Gewitter schien direkt über seinem Anwesen zu wüten, aber er sah wie es Richtung Stadt zog. Selbst wenn es jetzt dort noch nicht so stark wäre, es würde auf jeden Fall schlimmer werden. Er fuhr schneller und das Gewitter schien ihm zu folgen.

Als er an ihrem Haus ankam, war das Gewitter direkt über ihm. Es donnerte und krachte bei jedem Blitzschlag, der den Himmel erleuchtete. Er sah vom Auto aus, wie Lilly auf dem Balkon auf dem Boden saß.
Was macht sie da? Ist sie wahnsinnig?
Er lief zur Vordertür, klingelte. Nachdem sie ihm nach einer Weile immer noch nicht geöffnet hatte, lief er zurück, sah wieder hoch zum Balkon. Sie saß immer noch da. So langsam machte er sich Sorgen, warum sitzt sie da, im Regen, warum geht sie nicht rein? Ist da wer?
Jetzt reichte es ihm, er nahm Anlauf, sprang nach oben und zog sich an ihrem Balkongeländer nach oben, damit es nicht so auffällig war.

Sie sah ihn erschrocken an: „Wie kommst du hierher?“
„Von unten!“
„Wie kommst du hier hoch?“
„Ich bin geklettert!“
„Wie?“
„Ich hab doch gesagt, ich kann gut klettern!“
„Warum?“
„Ich hab geklingelt, aber du hat nicht aufgemacht und da hab ich mir Sorgen gemacht! Warum sitzt du hier draußen? Es regnet, es gewittert und du hast ein Metallgeländer!“
Ihm lief bereits das Wasser im Gesicht herunter, er war, genauso wie sie, durchnässt bis auf die Knochen.
Lilly sah ihn immer noch schockiert an, Luke griff nach vorne, nahm ihre Hand und zog sie nach oben.
„Komm rein, du wirst krank, außerdem ist das gefährlich!“
Sie sah ihn immer noch an, ließ sich aber hochziehen.
Er schob sie langsam ins Wohnzimmer, schloss die Tür hinter sich, als erneut ein Blitz krachte, Lilly zuckte zusammen. Drehte sich zu ihm herum: „Was machst du hier?“
„Ich…ich…hab…gedacht…das..das…du ähm..!“
„Wer bist du?“
Luke sah sie erstaunt an: „Lilly?“
„Es existiert kein Lukas Cunningham im Telefonbuch oder ihm Internet! Wer bist du wirklich!“
„Ich bin Lukas Cunningham! Man muss sich nicht ins Telefonbuch oder Internet eintragen lassen, wenn man nicht will!“
„Du existiert nicht, nirgendswo! Was bist du? Irgendein Kartellmitglied oder Mafiakiller, der im Zeugenschutzprogramm ist, weil er ausgepackt hat?“ Sie griff an seine Hände, drehte sie herum, sah auf seine Handgelenke.
„Was suchst du?“
„Tätowierungen! Oder was ähnliches!“
„Lilly, da ist nichts!“
„Kann man weglasern lassen!“
Luke ging zwei Schritte zurück, zog sich die eh nassen Klamotten aus. Nur in der Unterhose stand er vor ihr, drehte sich mit seitlich ausgestreckten Armen: „Siehst du, kein Tattoos, keine Laserspuren, keine Narben von OP´s! Glaub mir doch, ich bin nicht das was du befürchtest!“
„Was bist du dann!“ Das Wasser lief an ihr herab, hinterließ Tropfen auf dem Laminat. Luke ging ins Bad, holte ein Handtuch und legte es ihr um die Schultern, hielt es vorne zusammen und sah sie an: „Kann ich dir nicht erklären, noch nicht. Lilly bitte!“
„Was erwartest du von mir, dich gibt es nicht!“
„Wenn du willst, komm zu mir nach Hause. Da ist ein Stammbaum von 15 Hundert irgendwas! Ich bin Lukas Cunningham, niemand anderer!“
Lilly machte sich von ihm los, ging ins Schlafzimmer, Luke hörte wie sie sich umzog, dann kam sie nur im Bademantel zurück, schielte ihn im Vorbeigehen an und begann den Boden, mit den Handtuch aufzuwischen.
„Was machst du da?“
„Wegputzen, gibt Wasserflecken und fängt an sich zu wellen.“
„Lilly, ich …ach bitte!“
Sie ging zurück ins Schlafzimmer, setzte sich aufs Bett. „Was..wie soll ich dir glauben können, wenn du mir so viel verschweigst?“
Er folgte ihr, setzte sich neben sie: „Was ich dir verschweige ist nur zu deinem Besten!“
Lilly lachte sarkastisch auf: „Zu meinem Besten, klar. Du musst mich ja schützen, mmh, vor was nochmal, ach ja vor dir!“
„Ich würde dich gegen alles schützen!“
Lilly schüttelte traurig den Kopf. Ein weiterer Grund für sein Verhalten fiel ihr ein: „Wer ist sie?“
„Wer ist wer?“
„Deine Freundin, ….nein deine Frau, wenn möglich noch mit Kindern!“ Sie sah ihn an, rutschte im Bett zurück, bis sie sich am Kopfteil anlehnen konnte: „Soll ich Geliebte sein, …mmh, …nein, dazu müsstest du mit mir schlafen, das tust du ja auch nicht, also was dann. Eine Revange für etwas was sie getan hat?“
„Es gibt niemand anderen außer dir. Lilly, du bist alles für mich!“ Er hatte sich herumgedreht, sah sie an: „Niemanden außer dir!“ sagte er nochmals eindringlich.
„Warum musst du dann immer weg, meist früh, warum? Damit sie nicht merkt das du weg warst, mmh…ergibt auch keinen Sinn!“
„Nein! Lilly, hör zu! Niemand außer dir!“
„Warum gehst du dann?“
„Weil ich muss!“
„Warum?“
„Ich kann es dir nicht..“
„Sagen, ja klar, mir nicht sagen, mir nicht erklären, es ist zu kompliziert! Mittlerweile kenne ich alle deine Ausreden!“

Sie zog die Beine an, legte die Hände vors Gesicht. Luke rutschte jetzt näher zu ihr: „Ja, ich weiß! Es ist nicht fair, aber ich verspreche dir, du wirst zu gegebener Zeit alles erfahren und dann wirst du verstehen, warum ich so gehandelt habe!“
„Warum bleibst du nie tagsüber bei mir?“
„Es wäre nicht schicklich!“
„Nicht schicklich, …erstens wieder so ein obskures Wort, und zweites, du schläfst bei mir, wir duschen zusammen und es ist nicht …schicklich… das du bei mir bleibst?“ Das war nicht mehr nur Sarkasmus, mittlerweile war sie wirklich wütend. Und Lilly fühlte wie ihr vor Wut wieder die Tränen in die Augen stiegen. Und das machte sie noch wütender. Aber heulen würde sie nicht vor ihm, obwohl ihr gerade sehr danach war.

Luke kniete vor ihr auf dem Bett, fuhr ihr sanft mit beiden Händen über die Oberarme: „Lilly, du hast allen Grund auf mich sauer zu sein, aber bitte ich weiß einfach nicht wie ich dir alles erklären soll. Du bist das einzige wichtige in meinem Leben und ich will dich einfach nicht verlieren!“
Das werde ich schon früh genug, sagte er sich, ein Menschenleben ist so kurz in Relation zu seinem.
Er hörte wie sie tief Luft holte, merkte wie Tränen in ihrer Stimme mitschwangen: „Wenn das stimmt, warum kannst du mir dann nicht vertrauen!“
„Das hat nichts mit Vertrauen zu tun, glaub mir!“
„Aber wie soll ich dir vertrauen?“
„Wie kann ich es dir beweisen, wie kann ich dir klar machen, das ich dir die Wahrheit sage. Nie würde ich dich belügen!“
„Gehört das Verschweigen von manchen Dingen nicht auch zum Lügen?“
Luke sah sie an: „Ich verschweige dir Dinge um dich zu schützen, nicht um dir zu schaden, verstehst du. Sag mir was ich tun soll, was du verlangst, damit du mir vertraust“
„Sag mir die Wahrheit!“
„Ich sag dir die Wahrheit, ich belüge dich nicht!“

Lilly schüttelte langsam den Kopf, sah dann zum Fenster. Immer noch wütete der Sturm, der Donner grollte, die Blitze krachten. Eigentlich hatte sie Angst, sie mochte kein Gewitter, aber Lukes Gegenwart, machte es erträglicher.
Sie hasste sich dafür. Wieso kann er das? Wieso darf er das? Wieso lass ich mir das gefallen?
„Ich will wissen, wer du bist?“
„Ich bin Lukas Cunningham! Und das bin ich seit meiner Geburt!“
„Was bist du?“
Luke schüttelte den Kopf: „Ich kann nicht!“
„Ok, was passiert in diesem Club, wo du immer hingehst?“
Wieder schüttelte Luke den Kopf.
„Du hast gesagt, du tust was ich sage, was ich verlange! Ich verlange endlich Antworten!“
„Ich ..kann..dir…keine..Antworten..geben!“ Er betonte jedes Wort.
„Dann will ich mit!“
„Wohin?“
„In den Club! Das nächste Mal wenn du gehst, will ich mit!“
„Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist!“
„Warum? Sagen kannst, willst oder darfst du mir nichts, also will ich es mit meinen eigenen Augen sehen! Wenn da nichts Illegales passiert, warum kann ich dann nicht mit?“
„Verlang das nicht von mir!“
„Du hast es versprochen!“
„Ich habe nichts versprochen, aber wieso musst du etwas verlangen, wo du genau weißt, dass ich es nicht kann!“
„Warum nicht!“
Anstatt einer Antwort schüttelte er nur den Kopf.

Lilly drehte sich herum, drehte ihm den Rücken zu und kringelte sich zusammen: „Ich glaube es ist besser, wenn du gehen würdest!“
„Verlang das bitte nicht von mir!“
„Warum, auch etwas was du nicht tun kannst!“
„Nein, nicht nicht können, nicht wollen!“
„Warum sollte ich dich hier lassen?“
„Ich weiß nicht!“ gestand er. „Ich würde nicht weit gehen und versuchen bei nächster Gelegenheit wieder in deine Nähe zu kommen. Selbst wenn ich mich dazu ins Krankenhaus befördern müsste!“
Lilly drehte sich herum, sah ihn an: „Du spinnst! Du bist verrückt!“
„Ich weiß, aber hauptsächlich nach dir!“

Lilly wusste nicht ob sie lachen oder heulen sollte. Warum tust du mir das an? Warum machst du es so kompliziert?

„Ich wünschte es wäre einfacher!“
„Du wünschtest es wäre einfacher, Luke was soll ich sagen! Ich verlie….So viele Geheimnisse wie du vor mir hast, das ist nicht normal!“
Er kam wieder näher zu ihr, drückte sich an sie. „Ich weiß, aber du erfährst alles, irgendwann!“
„Warum nicht heute, Luke wie soll ich mir klar werden, was das zwischen uns ist, wenn ich nicht mal genau weiß, wer du bist?“
„Du weißt wer ich bin!“
Lilly drehte sich zu ihm herum, holte tief Luft und nun sprudelten die Worte förmlich aus ihr heraus: „Nein! Ich weiß nur das ich mich in dich verliebt habe, ohne auch nur irgendetwas von dir zu wissen! Ich weiß nichts, außer dem was du mir erzählst und kann nicht mal sagen, ob es Lügen sind oder nicht. Ich wünschte du würdest endlich auspacken, mir endlich alles erzählen, dann würde ich mich nicht so fühlen, als ob ich zwischen zwei Stühlen sitze. Hin und her gerissen, zwischen dem Wunsch dir nahe zu sein und dem Verlangen dich rauszuschmeißen und dich zum Teufel zu jagen!“ Jetzt erst holte sie erneut Luft, schockiert darüber wie viel sie ihm gerade an den Kopf geworfen hatte.

Luke kam ganz nahe zu ihr, fuhr ihr mit beiden Händen über das Gesicht: „Wenn du nur wüsstest, wie sehr ich dich liebe. Obwohl ich glaube, dass Liebe nicht annähernd das beschreibt, was ich für dich empfinde, Lilly. Dann würdest du mir vielleicht mehr glauben und auch mehr vertrauen! Aber ich weiß nicht wie ich dir das beweisen soll, ohne dir mehr zu sagen, wie es gut wäre im Moment!“
„Wie lange soll dieser Moment denn noch andauern, Luke! Wie lange, bis du der Meinung bist mir endlich alles zu sagen!“
Wieder fuhr er ihr über die Wangen: „Sobald ich weiß wie!“
Lilly holte tief Luft: „Ich weiß nicht mehr was richtig und was falsch ist!“
Luke schüttelte traurig den Kopf: „Ich wünschte ich könnte es dir sagen, das würde nämlich heißen, dass ich es wüsste!“

Lilly zog sich etwas von ihm zurück: „Also, was jetzt?“
Luke merkte wie sie anfing zu zittern, sie machte sich kleiner, rollte sich zusammen.
Er griff nach ihr, fuhr mit beiden Händen über ihre Oberarme, doch sie zog sich wieder zurück.
„Lilly, bitte. Komm schon, ich würde dir nie etwas tun und ich werde dir alles erklären, aber zwing mich nicht, dir mehr zusagen, wie ich kann!“
„Du sagst mir gar nichts!“
„Ich weiß doch!“ sagte er leise: „Ich wünschte du würdest mir glauben, auch wie sehr ich dich liebe!“
„Ach Luke. Ich weiß nicht mehr was und ob ich dir glauben soll! Du weichst meinen Fragen aus!“
„Ich kann….kann es nicht!“
„Warum darf nicht mit, wenn schon nicht in diesen Club, aber nicht mal zu dir nach Hause?“
„Das hab ich nie gesagt, du hast nie gefragt!“
In dem Punkt musste sie ihm, nachdem sie nachgedacht hatte, Recht geben.
„Was, willst du damit sagen, dass ich mit dir nach Hause kommen kann?“
„Wenn du willst, aber..!“
„Aber! Damit fängt es ja schon wieder an, was aber?“
„Im Moment geht..“
„Geht es nicht?“ Lilly lachte zynisch auf: „Was hab ich denn anderes erwartet!“
„Ich muss erst…“
„Was?“ fragte sie immer noch zynisch lachend: „Aufräumen?“
„Ja, also ahh!“ Luke holte tief Luft.
Lilly schüttelte den Kopf: „Vergiss es!“
„Wann hast du wieder frei?“
„Warum?“
„Sag, wann!“
„Ich hab ab morgen fünf Tage frei, dann erst in zwei Wochen wieder!“

Luke überlegte, er musste morgen erst nochmal in den Club, bevor er sie zu sich holen konnte. Das Problem war, dass er dann nicht einfach gehen konnte, wie hier.
„Morgen Abend muss ich noch was machen, aber Übermorgen! Ok?“
„Und wann fällt dir dann ne neue Ausrede ein?“
„Keine Ausreden, ich hol dich ab, aber ich kann nicht genau sagen, wann, also um wieviel Uhr“
Ich kann sie nicht abholen, wenn die Sonne scheint.
„Was musst du morgen machen?“
Luke holte Luft, sah sie an: „Was im Club!“
Lilly konnte sich ein Aufschnaufen nicht verkneifen, sie drehte ihm den Rücken zu. Wieder kam er näher, schmiegte sich an sie.
Wider seiner Erwartung ließ sie es zu.

Immerhin etwas, dachte sie, zumindest soweit. Vielleicht erfahre ich mehr über ihn, wenn ich bei ihm bin. Aber wieso die Geheimniskrämerei, was ist so schlimm, dass er es mir nicht einfach sagen kann.

Nach einer Weile hörte Luke wie sie die Nase hochzog, er kuschelte sich näher an sie: „Bitte tu das nicht!“
„Was?“
„Weinen! Und dann noch wegen mir. Ich kann das nicht ertragen, wenn du traurig bist!“
Plötzlich drehte sie sich in seiner Umarmung herum, sah ihn an. Luke sah sie seinerseits an, sah wie ihre Tränen in den Augen glitzerten, fuhr ihr sanft über die Wange: „Du bist alles für. Und ich wünschte ich könnte dir einfach alles sagen, aber wenn ich nicht weiß wie..was soll ich dann tun“
Lilly lief eine einzelne Träne über die Wange, Luke strich sie weg, schob sein Gesicht näher zu ihr.
„Bei allem was ich gesagt habe, was ich dachte, was die Gründe sind, hast du verneint. Was soll denn so schlimm sein, außer dem was ich vermutet habe, dass du es mir nicht einfach sagen kannst!“ Ihre Stimme hatte etwas zerbrechliches, er hörte wie die Tränen mitschwangen, fuhr ihr zärtlich mit den Fingerspitzen über die Wange: „Wenn das denn so einfach wäre!“
Wieder liefen ihr Tränen über das Gesicht, Luke kam nach näher mit seinem Gesicht an ihres, küsste sanft die Tränen weg: „Wenn ich wüsste wie ich es dir begreiflich machen könnte, ohne Sorge, ohne Angst vor deiner Reaktion. Ich will dich nicht verlieren. Ich habe schon so vieles verloren, dich will ich nicht auch noch verlieren, nur weil ich etwas falsch mache.“
„Denkst du, du machst das Richtige, wenn du mir alles verschweigst?“
„Wenn ich wüsste, was richtig ist, hätte ich ein großes Problem weniger.“
„Damit sind wir wieder am Anfang.“
„Zumindest am Dreh- und Angelpunkt. Ich weiß nur, was ich für dich empfinde, was du mir bedeutest, auch wenn du der Meinung bist, es ist noch zu früh, aber ich kann dagegen nichts tun!“

Lilly sah ihn immer noch an, wieso glaubte sie ihm? Wieso das alles? Sie verstand nichts mehr, nicht sich und schon gar nicht ihn.
„Du hast, bei dem was du mir gesagt hast, nie gelogen?“
Luke überlegte, musste sich eingestehen, sie schon belogen zu haben, die Frage was er die Woche getan hatte, woher er das Cabrio hatte. Aber bei diesen Antworten hätte er nicht anders reagieren können, alles andere hätte ihn verraten. Konnte er ihr mit gutem Gewissen diese Frage mit Ja beantworten?
„Was ist lügen für dich, auch wenn ich dir Dinge nicht ganz beantwortet habe, Dinge nicht gesagt habe?“
„Deswegen hab ich dich gefragt, ob du mich bei dem was du gesagt hast, belogen hast!“
„Im Prinzip schon!“
„Im Prinzip?“
„Ja, im Prinzip!“
„Das heißt?“
„Manche Antworten, stimmen von einem gewissen, von meinem Standpunkt, aus!“
„Das heißt, deine Antworten waren relativ wahr!“
„Ja,.. nein,… also manche ja, aber nur, weil….weil wenn ich sie… also, es hätte mehr verraten wie ich wöllte, wenn ich ganz die..“
„Wenn du die Wahrheit gesagt hättest!“ sagte sie resigniert.
Luke drehte sich von ihr weg, setzte sich mit dem Rücken an das Kopfteil und starrte an die gegenüberliegende Wand. Das Bild mit dem Einhorn und der Elfe sprang ihm wieder ins Auge.
Warum glaubt sie daran, aber nicht an etwas wie mich? Es wäre soviel einfacher, wenn sie auch daran glauben würde. Ich würde wenigstens annähernd erahnen können, wie sie reagiert, aber so?
Lilly sah ihn von der Seite her an. Wieso?
„Woher weiß ich, wann du mir die Wahrheit sagst, woher soll ich wissen, dass das, was du mir gerade gesagt hast, das du mich liebst. Woher soll ich wissen, dass das stimmt, das das auch nicht relativ von dir gemeint ist!“
„Es ist von meinem Standpunkt aus die Wahrheit!“
Lilly lachte wieder traurig auf, schüttelte den Kopf.

Ich werde sie verlieren, wenn ich ihr nicht endlich bald die Wahrheit sage. Und wenn ich sie deswegen verliere, kann sie mir zumindest nicht vorwerfen, dass ich ihr was verheimlicht habe, auch wenn sie damit nicht umgehen kann.
Vielleicht versteht sie es doch, wenn sie das ist, was ich denke, und ich bin mir sicher, dass es so ist, wird sie es verstehen.
Aber wird sie es verstehen wollen, wird sie es wahrhaben wollen.
Es gibt nur eine Möglichkeit es herauszufinden.
Aber wann, wie?
Wenn du sie übermorgen holst, sie ist bei dir, eine bessere Chance wirst du nicht kriegen. Du kannst ihr zeigen, dass du die Wahrheit sagst.
Das könnte ich hier auch.
Aber wird sie es glauben?
Wenn ich zeige was ich bin. Wenn sie bei dir ist, kann sie nach Hause gehen.
Hier könntest du gehen.
Aber ich kann ihr Bilder zeigen, ihr beweisen, dass ich bin wer ich bin.

Er sah zu ihr herüber, sie sah ihn kurz an, drehte ihm dann wieder den Rücken zu. Zögerlich griff er nach ihrem Arm, streichelte sie, ganz langsam rutschte er näher zu ihr, bis sich ihre Körper über die gesamte Länge berührten, dann flüsterte er leise: „Ich werde dir bei bald alles erklären, versprochen!“
„Wie bald?“ fragte sie wieder. Immer noch klang ihre Stimme traurig, schon fast weinerlich.
„Bald, versprochen. Auf die Gefahr hin, dass du mir nicht glaubst oder mich wirklich zum Teufel jagst. Auch wenn ich riskiere dich zu verlieren!“
„Wieso bist du so sicher, dass das geschieht!“
„Ich habe dir schon mal gesagt, ich nehme immer das schlimmste an!“
„Und das wäre das schlimmste?“
„Dich zu verlieren? Ja!“

Jetzt drehte sie sich wieder zu ihm herum: „Alles nur deswegen, du hast so viele Geheimnisse, nur um mich nicht zu verlieren?“
„Ja, es war die Wahrheit, dass du mir das wichtigste bist in meinem Leben. Lilly du weißt nicht annähernd, was ich alles verloren habe und dich zu verlieren, würde ich nicht ….“
„Was?“
„Dich zu verlieren, wäre das schlimmste was mir widerfahren würde!“
Lilly holte wieder tief Luft, konnte der Versuchung nicht widerstehen und fuhr Luke mit der Hand sanft über die Wange: „Wieso glaub ich dir nur?“
„Weil du bist was du bist!“
Lilly lachte leise: „Sehr aufschlussreich!“
„Wenn ich dir alles erklärt habe, verspreche ich dir, wirst du auch darauf eine Antwort bekommen!“
„Weißt du, du bist mir manchmal sehr suspekt. Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll, was meinst du damit?“
„Alles zu gegebener Zeit, ok? Versprochen, alles würde jetzt zu weit gehen!“
„Du erklärst mir alles? Versprochen? Alles Luke, bald!“
„Ja bald!“
„Wann?“
Luke lächelte. Manchmal bist du echt stur, dachte er. „Willst du einen Termin, mit Datum und Uhrzeit?“
„Es würde mir schon reichen, wenn ich annähernd eine Zeitspanne hätte. Bald ist relativ, nächsten Monat, nächstes Jahr?“
„Wie wäre im Laufe dieser Woche!“
Lilly sah ihn schon fast schockiert an: „Ist das dein ernst?“
Luke nickte: „Bis deine freie Tage vorbei sind, wirst du die Wahrheit wissen. Und ich werde Gewissheit haben, welche Konsequenz du gezogen hast!“
„Versprochen?“ fragte sie zögerlich nach.
„Ja! Versprochen!“
„Wenn das wieder so einen relativ wahre Antwort ist, dann..“
„Nichts relativ, bis in fünf Tagen weißt du alles!“
Luke streichelte ihr nochmals über die Wange, küsste sie danach zärtlich auf diese und flüsterte wieder: „Obwohl ich noch keine Ahnung habe, wie!“

Jetzt streichelte Lilly seine Wange, rutschte näher zu ihm: „Was du verspricht, musst du auch halten! Sonst glaub ich dir kein einziges Wort mehr und dann will ich dich nie wiedersehen, verstanden?“
Luke nickte: „Versprochen! Ich habe dir gesagt, dass ich alles halte was ich dir versprochen habe, was ich dir verspreche und was ich dir noch versprechen werde! Und das liegt nicht an meinem Standpunkt oder ist relativ!“

Lilly rutschte wieder näher zu ihm, kuschelte sich an ihn: „Ich warn dich!“
„Kannst du ruhig!“ sagte er leise lachend: „Aber das ist genauso die Wahrheit, wie das ich dich liebe!“
Er schlang einen Arm um sie, zog sie näher zu sich und merkte wie sie langsam einschlief.

Ob das eine gute Idee war, wusste er immer noch nicht. Aber es musste sein, er musste ihr irgendwie erklären, ihr irgendwie beibringen, was er war. Was sie war und vor allem musste er ihr endlich die Wahrheit sagen, schon zu ihrem Schutz. Und um endlich ihr Misstrauen zu zerstreuen. Luke sah auf ihren Wecker, es war fast halb acht morgens. Der Morgen graute schon, er war sich sicher, dass sie den ganzen Tag verschlafen würde.
Luke blieb engumschlungen bei ihr liegen, sah ihr beim Schlafen zu und immer mehr wuchs seine Angst über ihre eventuelle Reaktion. Er zermarterte sich das Gehirn, ob es wirklich eine gute Idee war, ihr das zu versprechen. Seine Angst wuchs proportional zu der vergehenden Zeit.
Würde sie verstehen, wollte sie verstehen? Luke begann zu verzweifeln.
Aber, sagte er sich, spätestens dann, hab ich Gewissheit. Das ist furchtbar, schrecklich, ich hasse es, nicht zu wissen, was passieren wird.

Er war fast halb fünf abends, als Lilly sich räkelte und streckte. Langsam drehte sie sich herum, sah ihn. „Du bist noch da?“
Luke nickte: „Warum nicht?“
„Ich hatte die Befürchtung, dass du wieder ne Woche verschwindest!“
„Warum?“
„Mmh, das du in den nächsten fünf Tagen nicht annähernd in meiner Nähe sein wirst, weil dann könntest du mir nichts erklären!“
„Ich hab es dir versprochen. Ich habe eh die Sorge, dich danach nicht mehr wiederzusehen, wieso sollte ich dann die letzten fünf Tage verschwinden.

Lilly sah wie Luke aufstand, seine Sachen nahm und ins Badezimmer wollte, um sich anzuziehen. Er stand noch vor ihrem Bett, hatte ihr den Rücken zugedreht.
"Wohin willst du?"
„Ich muss los!“
„Wohin?“
„In den Club!“
„Wenn du mir eh alles erzählst, kann ich dann mit?“
„Wohin?“
„Na, in den Club!“
„Ich weiß nicht, Lilly ich glaube es ist keine so gute Idee, ich weiß nicht…“
„Ach komm schon." quengelte sie: „Wieso darf ich nicht mit?"
„Wenn du das so ausdrückst, könnte man meinen ich würde es dir verbieten. Ich habe nur gesagt, dass ich es für keine gute Idee halte." Luke drehte sich herum, setzte sich wieder an die Bettkante und sah sie an, sah wie sie einen beleidigten Gesichtsausdruck aufsetzte: „Ach, Lilly bitte, lass das! Es ist doch nicht so das ich dich nicht dabei haben will, es wäre nur besser wenn du hierbleibst. Ich ..." Sie schmollte noch mehr.
Ich weiß dass das klappt, dachte sie. Er kann gar nicht nein sagen.
„Biiitteee! Ich mach auch was du sagst!" Naja, ging es ihr durch den Kopf, zumindest versuche ich es. „Oder willst du mich nicht dabei haben, weil du dich mit einer anderen triffst!" Lilly wusste das das zog. Er hatte ihr versicherte, dass es nur sie für ihn gab. Und sie glaubte ihm das, obwohl sie es eigentlich nicht tun sollte, zumindest, wenn es nach ihrem Verstand ging. Aber der funktionierte ihm gegenüber nicht wirklich.
Lilly streckte trotzig das Kinn vor: „Also was ist?"
Luke fuhr ihr mit seiner Hand über die Wange: „Noch nie in meinem Leben ist mir so etwas Stures untergekommen!" sagte er.
Er ließ seine Hand sinken, schüttelte langsam den Kopf. Geschafft, dachte Lilly triumphierend und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Von mir aus", sagte er resigniert: „Aber du machst was ich sage, hast du gehört. Dieser Club ist nicht ungefährlich. Ich will nicht das dir etwas geschieht."
„Wenn das so gefährlich ist, warum musst du dann unbedingt dahin!"
„Ich habe nicht gesagt das es gefährlich für mich ist!"
Das versteh ich nicht, dachte sie, was will er da. Ich weiß das er öfters da hingeht, aber er hat mir nie einen Grund genannt. Vielleicht entdeckte sie ja den Grund, warum er schon fast regelmäßig dorthin ging.
Sie stand auf, folgte ihm ins Bad. Aus irgendeinem, für sie unverständlichen Grund, schien alles, das ganze Gespräch, die gesamte Diskussion, unwichtig.
Er würde ihr endlich alles erzählen, sie würde bald alles erfahren und jetzt nahm er sie mit in diesen, so mysteriösen, Club.
„Duschen?" hörte sie ihn fragen, als sie die Tür hinter sich zugemacht hatte.
Lilly lächelte ihn an. Einer der wenigen Augenblicke in denen sie sich so nahe kamen. Er blieb zwar über Nacht bei ihr, sie duschten zusammen, aber da hörte ihre Intimität auch schon auf. Sie hatte immer die Hoffnung, dass das zusammen duschen irgendwann zu mehr führte, aber Luke schien eine fast schon nervige übermäßige Körperkontrolle zu haben.
Egal was sie tat, es kam nie zu dem was sie wollte.
Noch bevor Luke das Wasser auf die richtige Temperatur reguliert hatte, hatte sie den Morgenmantel, den sie seit gestern anhatte, bereits zu Boden gleiten lassen. Sie stand vollkommen nackt vor ihm und er sah sie lange an. Luke musterte ihren Körper, so wie er es jede Nacht getan hatte, er roch sie, hörte ihren Herzschlag und er wusste, dass er im Moment besonders aufpassen musste. Er wusste was sie damit erreichen wollte, er spürte es förmlich, er roch es und er befürchtete ihr nicht mehr lange widerstehen zu können.
Lilly sah seinen Blick, sah wie er sie anstarrte, streckte die Arme nach oben und begann sich langsam, wie eine Ballerina, vor ihm zu drehen. Sie hörte ein leises Aufkeuchen, musste noch mehr lächeln. Lange würde er das nicht mehr aushalten, dessen war sie sich sicher. Abrupt hörte sie auf sich zu drehen, blieb vor ihm stehen, sah ihm in die Augen und ging ein paar Schritte auf ihn zu. Als sie direkt vor ihm stand, legte sie beide Arme um seinen Hals und zog ihn näher zu sich. Er legte seine Arme um ihren Körper, zog sie fest an sich heran und küsste sie innig.

Luke war irritiert von ihrer Reaktion, vielleicht war das Versprechen ihr alles zu erzählen, genug. Aber er befürchtete, dass er nicht so einfach davon kommen würde. Aber er genoss es zu sehr, ihre Nähe, auch wenn sie ihm im Moment Sorge bereitete.
Er befürchtete, dass er sie verlieren würde, aber immerhin würde sie alles wissen. Aber im Moment war er einfach nur glücklich, sie so nahe zu haben. Gerade dann, wenn er sie bald nicht mehr haben würde. Er genoss es einfach.

Sie fuhr ihm mit ihren Händen durch die sandfarbenen Haare, zog sein Gesicht noch näher zu sich. Der Kuss wurde intensiver, schneller, gieriger, seine Hände fuhren über ihren Rücken, hielten sie im Genick, damit sie nicht von ihm loskam. Aber das war das letzte was sie überhaupt wollte.
Doch plötzlich ließ Luke sie los, er zog sich zurück, ging ein paar Schritte von ihr weg.
„Nein, nicht! Das wäre falsch!" Er drehte sich herum und verließ das Bad.
„Aber...?" zu mehr kam sie nicht, denn er hatte die Tür hinter sich geschlossen.
Ich versteht das nicht, warum nicht, was wäre so falsch daran, ging es ihr durch den Kopf. Ihre Gedanken kreisten immer noch, als sie sich unter die Dusche stellte.

Luke stand in ihrem Schlafzimmer, die Hände zu Fäusten geballt. Er spürte, wie sehr er sich zurück halten musste um nicht zu ihr ins Bad zurück zugehen. Fast schon schmerzhaft wurde sein Verlangen, aber er wusste das sie das nicht unbeschadet überstehen würde. Verletzten würde er sie im jeden Fall, vielleicht sogar töten.
Dieses Risiko werde ich nicht eingehen, sagte er zu sich, oh Gott warum tut sie so etwas. Er hatte schon Mühe sich sonst zurück zu halten, aber im Moment hatte er auch noch Hunger. Und ihr Blut roch so verführerisch, immer schon, aber heute noch stärker wie sonst. Eigentlich sollte er nach seiner Erfahrung noch gar keinen Hunger haben, aber etwas, nein sie war es, reizte ihn so sehr.
Er zog sich an, er musste weg von ihr. Er sah auf die Uhr, es war fast halb acht, es war schon dunkel draußen. Vielleicht konnte er, ohne das sie es merkte, gehen und seinen größten Hunger stillen, er würde zurück sein bevor sie aus dem Bad kam.
Angezogen hatte er sich schnell, war gerade auf dem Weg zum Wohnzimmer, als er hörte wie sie die Badezimmertür öffnete. Sie hatte nur ein Handtuch um sich gewickelt und sah ihn mit großen Augen an.
„Wo willst du hin?" fragte sie ihn.
Er holte tief Luft: „Ich muss kurz weg, ich komm später wieder zu dir!"
Sie sah ihn immer noch an: „Bist du sauer?"
„Was? Nein bin ich nicht! Ich muss nur.." Luke ging zu ihr zurück, stellte sich genau vor sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn: „Ich bin bald wieder zurück!" versicherte er ihr.
„Aber du hast gesagt das ich mit darf!" Was soll das, wieso will er plötzlich so schnell gehen? Was war los?
Luke ging wieder ein paar Schritte von ihr weg, lehnte sich an den Türrahmen und sah sie an: „Lilly bitte, hör zu. Es wäre nicht gut. Es ist besser wenn du heute zu Hause bleiben würdest!"
„Warum?"
„Ich kann dir das momentan nicht erklären. Bitte vertrau mir einfach!"
Lilly fühlte wie der Zorn in ihr wuchs: „Vertrauen soll ich dir! Erklären kannst du mir nie irgendetwas! Erst sagst du, du erklärst mir alles und jetzt so! So langsam fühle ich mich von dir verarscht! Was glaubst du eigentlich wer du bist. Du weißt mehr über mich wie sonst jemand, aber ich erfahre von dir nichts. Überhaupt nichts, alles ist kompliziert, alles zu schwierig zum Erklären. Du... Ich... ach.... verschwinde doch einfach,... lös ....lös dich in Luft auf oder.....oder... fahr zum Teufel. Ich lass mich von dir nicht weiter verarschen, hast du gehört. Mach was du willst!"
Sie fuchtelte mit ihren Händen vor seinem Gesicht, drehte sich um und ging zurück ins Bad, knallte die Tür hinter sich zu.
Luke wusste das er heute keine bessere Chance bekommen würde einfach zu gehen, aber er konnte nicht. Er konnte jetzt nicht gehen, weil er befürchtet, dass er sie dann, zumindest mit ihrem Einverständnis, nicht mehr sehen würde. Dann würde sie nie erfahren, was los war. Wieso er immer so reagierte, er hatte ihr versprochen, ihr alles zu erklären.
Wieso funktioniert das nicht, dachte er, wieso vertraut mir jeder anderen aber sie nicht, zumindest nicht ohne immer wieder nach zufragen.
Was soll das, reicht es nicht das sie ein Mensch ist, muss es auch noch so schwierig sein.
Er folgte ihr ins Bad, als er die Tür öffnete, sah er wie sie sich gerade ihr Nachthemd anzog.
„Lilly.. hör..."
„Raus!" unterbrach sie ihn, „hab ich dir nicht gesagt du sollst aus meiner Wohnung verschwinden!"
Sie machte einen Schritt auf ihn zu.
„Was willst du? Sag mir doch was ich tun soll!" Seine Stimme hatte etwas Flehendes.
„Was du tun sollst?" fragte Lilly ihn zynisch. „Wenn du das nicht weißt ist das nicht mein Problem!"
„Du machst es einem nicht einfach." gab er zurück.
Sie standen direkt voreinander und Lilly stieß ihm, bei jedem Wort, ihren Zeigefinger auf die Brust: „Ich mach es dir nicht einfach? Du bist doch derjenige der nichts von sich preisgibt, der flüchtet, wenn ich ihm näher komme! Also sag du mir nicht, ich würde es dir nicht einfach machen!"
Luke konnte sich ein zynisches Grinsen nicht verkneifen.
„Was grinst du so doof?" fragte sie ihn immer noch wütend. Mittlerweile war sie von ihm zurückgewichen und stand eine Armeslänge von ihm entfernt.
„Naja, an deiner Stelle würde ich das nicht so laut sagen, das du es mir einfach machst. Könnte man missverstehen!"
„Was gibt es da misszuverstehen? Soll ich aufschreiben!"
Sie drehte sich herum und wollte gerade aus dem Bad marschieren, als zwei Hände sie an den Oberarmen festhielten: „Jetzt wart mal kurz, ok. Du... du verstehst das nicht. Es ist nicht so das ich ..." Was willst du ihr sagen, wie willst du ihr erklären, warum du immer wieder Abstand zwischen euch bringst. Willst du ihr sagen, dass das Klopfen ihres Herzens dich wahnsinnig macht oder der Geruch ihres Blutes dich fast außer Kontrolle geraten lässt. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Wenn er nicht bald wusste, wie er ihr es erklären sollte, konnte er ihr es nicht erklären. Aber er hatte es ihr doch versprochen. Noch nie, zumindest soweit er sich erinnerte, hatte er sich so hilflos gefühlt.

Sie drehte sich herum und sah ihm in die Augen. Sie sah Verzweiflung.
Was soll das? Ich bin diejenige die verzweifeln müsste. Wir kennen uns schon eine Weile und trotzdem weiß ich nichts von ihm. Er vertraut mir nicht. So viele Geheimnisse kann man gar nicht haben, das man überhaupt nichts erzählt. Und intimer wie ein nachts aneinander kuscheln gibt es auch nicht. Was zum Teufel soll das. Ich, die bis jetzt Männer gemieden hat, weil keiner irgendwie das richtige hatte, treffe jemanden, bei dem es passt und was ist, nichts.
„Schau nicht so!"
„Wie denn?"
„So! Wenn hier einer Grund so zu schauen, bin das ich. Kapiert!"
„Lilly, bitte. Es geht nicht. Es wäre zu..." er schwieg, wie immer wenn er etwas erklären müsste. Wieder fühlte sie den Zorn in sich hochkommen: „Es wäre was?" fragte sie scharf.
Er sah sie immer noch an, schaute dann zur Seite und ließ sie los: „Ich kann es dir nicht erklären. Ich weiß nicht wie!"
„In dem man den Mund aufmacht und Worte zu einem Satz zusammen fügt!" Ihre Stimme war voll Sarkasmus.
„Wenn das so einfach wäre, hätte ich es schon längst gemacht!" Luke sah auf ihren Wecker, es war spät, er musste los. „Ich muss gehen. Hör zu....lass uns später darüber sprechen, ok? So wie ich es dir versprochen habe!"
„Ja klar, morgen. Mal schauen was du dann wieder für ne Ausrede hast. Warum nicht jetzt?" Sie sah wie er wieder auf die Uhr sah: „Was ist? Wartet jemand auf dich?"
Ein Kopfschütteln als Antwort.
„Klar! Wers glaubt! Aber mit mir kann mans ja machen!" Immer noch dieser sarkastische Tonfall. Irgendwie hatte sie dieses merkwürdige Gefühl, er hatte sie angelogen.
„Nein! So ist es nicht! Aber ich muss los bevor es zu spät ist!"
„Zu spät für was?"
„Kann ich..."
„Kann ich dir nicht sagen!" äffte sie ihn nach.
Sie drehte sich von ihm weg, ging zu ihrem Bett und setzte sich auf die Bettkante, stütze ihre Arme auf ihre Knie und legte ihren Kopf darauf. Ihr Zorn, ihr Sarkasmus war verflogen, sie fühlte sich einfach verarscht von ihm und das tat weh.
Die Matratze gab nach, als er sich neben sie setzte.
„So ist das nicht. Du weißt das!"
Luke legte einen Arm um ihre Schultern, aber sie drehte sich weg.
Ihre Stimme klang, da ihr Kopf immer noch auf ihren Armen lag, gedämpft als sie sagte: „Warum sollte ich das wissen? Wieso sollte ich dir vertrauen? Ich weiß nichts über dich, zumindest nicht viel. Und vertrauen kann man nur jemanden, den man kennt."
„Es wäre zu kompliziert es dir jetzt auf die Schnelle zu erklären!"
„Oh, alles klar nicht nur naiv auch noch für doof hältst du mich! Außerdem hast du versprochen, mir alles zu erklären"
„Ich erkläre es dir auch, aber nicht jetzt und so wie du das hinstellst, war das nicht gemeint und das weißt du!"
Lilly merkte wie er sich bewegte.
„Es tut mir leid! Ich muss jetzt wirklich gehen!"
Er hatte Mühe sich zu konzentrieren, er war so nah bei ihr, so nah an ihrem Hals, so nah an ihrem Blut, das er befürchtet sich nicht mehr lange zurück halten zu können.
Die Matratze bewegte sich ein weiteres Mal, als Luke aufstand und Richtung Schlafzimmertür ging.
„Ja, geh doch. Ist mir egal!" Sie schaffte es ihre Stimme fester und wütender klingen zu lassen wie sie dachte es zu können.
Sie fühlte wie die Tränen ihre Stimme ersticken wollte, aber diese Blöse würde sie sich nicht vor ihm geben.
Du kannst heulen, wenn er weg ist, ermahnte sie sich selbst. Aber nicht vor ihm.
Die Schlafzimmertür war bereits ins Schloss gefallen und sie war sich sicher das er bereits weg war. Sie ließ sich rücklings aufs Bett fallen, drehte sich auf die Seite und wollte sich gerade mit ihrem Kopfkissen zusammenrollen, als sie hörte wie die Tür wieder aufging. Sie erschrak, setzte sich aufrecht und stocksteif zurück an die Bettkante und sah kurz Richtung Tür.
Sie war ganz offen und Luke stand im Rahmen und lehnte seinen Kopf dagegen. Lilly fühlte förmlich wie er sie ansah.
Dann registrierte sie Bewegung, sie fixierte ihren Teppichboden, wollte ihn nicht ansehen. Aber er tauchte trotzdem in ihrem Blickfeld auf, kniete sich vor sie auf den Boden und legte seine Hände auf ihre Knie. Dabei berührten sich ihre Hände kurz und sie musste dem Impuls widerstehen, nach seinen zu greifen. Um eine weitere Berührung zu verhindern, zog sie ihre Hände zurück und stützte sich links und rechts auf dem Bett ab.
„Ich will ja gar nicht von dir weg!" sagte er und seine Stimme bekam diesen schnurrenden Unterton „Ich würde lieber Tag und Nacht bei dir sein, aber im Moment wäre das nicht gut. Momentan nicht. Versteh mich doch, ich will nicht, das dir etwas geschieht!"
Lilly sah ihn irritiert an: „Was soll mir schon geschehen?"
Irgendetwas war anders an seinen Augen, überlegte sie, als sie keine Antwort bekam, aber was? Die Farbe, sie waren nicht mehr so intensiv blau, sie hatten einen silbernen Schimmer, sogar etwas Grünliches glaubte sie zu erkennen. Das kann nicht sein, sie hatte ihm schon so oft in die Augen gesehen und das wäre ihr nicht entgangen, dessen war sie sich sicher.

Es war ein Fehler, sagte er sich, ein Fehler wieder zurück zu ihr zu gehen und dann auch noch so nah. Ich hätte erst morgen wieder kommen sollen.
Seine Hände fühlten wie das Blut durch ihre Adern lief, sein Verstand schien sich im Kreis zu drehen.
Ich bin viel zu nah an ihr, viel zu wenig Abstand.
Ihr Blut lockte ihn immer mehr, immer intensiver wurde der Geruch. Er war so stark, das er glaubte ihr Blut schon schmecken zu können.
Nein! Fuhr er sich in Gedanken selbst an, Schluss jetzt. Hör auf damit, nicht sie, nicht so.
Aber sie würde dann wenigsten wissen und vor allem glauben was du bist, sagte eine Stimme in seinem Kopf.
Ich werde nicht, so wie bei den anderen, aufhören können. Ich würde sie töten.
Das reichte ihm, er zog seine Hände von ihr zurück, stand auf und ging zurück zur Tür. Dort stellte er sich wieder an den Türrahmen und musste sich daran halten um nicht wieder zurück zu ihr zu gehen.
Ihre Augen sahen ihn noch irritierter an, wie zuvor.
„Was ist?" fragte sie.
„Ich...Ich ..muss gehen! Jetzt! Sofort!"
Lilly sah ihn an, was war los mit ihm. Sie stand auf und ging auf ihn zu, aber er wich bei jedem ihrer Schritte einen Schritt zurück.
Nicht näher, sagte er in Gedanken zu ihr, bitte komm nicht näher. Du hast keine Ahnung in welcher Gefahr du dich befindest.
Er roch ihr Blut, sein Blick veränderte sich. Nicht mehr sie sah er auf sich zukommen, nur ein klopfendes Herz und die Bahnen durch die das Blut floss. Er musste die Augen schließen, hoffte das er sie wieder als Mensch sah, wenn er sie öffnete. Aber dem war nicht so und sie war näher bei ihm. Ihren Geruch sog er auf, er inhalierte ihn förmlich und seine Gier stieg ins Unermessliche.
„Bleib stehen!" schnauzte er sie an: „Keinen Schritt näher!"
Sie tat, was er ihr befohlen hatte, sah ihn schockiert an. Diesen Tonfall kannte sie bei ihm nicht, noch nie hatte er so mit ihr gesprochen. Seine Stimme klang fast wie ein Knurren, tiefer wie sonst, das Schnurrende von vorhin war verschwunden, sie klang hart und kalt.
Erstarrt blieb sie stehen, ein Gefühl der Angst machte sich in ihr breit.
„Was ist los mit dir?" fragte sie unsicher.
„Das kann ich dir nicht erklären!" obwohl seine Stimme nicht mehr diesen extrem harten Tonfall hatte, klang er trotzdem anders: „Ich hab doch gesagt ich muss gehen! Jetzt!" Er drehte sich herum und ging zur Wohnungstür.
„Warte!" sagte sie
„Ich kann nicht!" kam seine prompte Antwort.
„So lass ich dich aber nicht alleine weg. Irgendetwas stimmt nicht mit dir! Ich komme mit ob du willst oder nicht! Verstanden? Du wartest!"
Er sah sie flehend an: „Bitte bleib hier, nächstes Mal, versprochen! Aber nicht heute, nicht jetzt!"
Aber sie war schon im Schlafzimmer und er hörte wie sie sich anzog.

Mit dir in einem Auto, so nah beieinander, das halt ich nicht mehr aus. Aber sie wird bestimmt stocksauer, wenn ich einfach verschwinde und dann kann es sein, das ich nichts mehr gerade biegen kann. Aber es wäre besser, sie hier zu lassen, einfach alleine zu gehen. Doch bevor er seinen Entschluss in die Tat umsetzten konnte, stand sie bereits neben ihm. Sie ging an ihm vorbei und er entschloss einfach nicht zu atmen bis sie im Club waren.

Er versuchte langsam zu fahren, damit ihr nicht auffiel wie eilig er es hatte, der Entschluss nicht zu atmen funktionierte, solange sie ihm keine Fragen stellte.
Und nachdem sie gemerkt hatte, wie kurz seine Antworten ausfielen, hatte sie sich entschieden gar nichts mehr zu sagen.
Er fuhr auf den Parkplatz des Clubs, Lilly stieg langsam aus, sah im Augenwinkel, wie Luke sich etwas um den Hals hängte und ebenfalls ausstieg. Nun da Luke neben ihr stand, sah Lilly sich um.
„Ganz schön düster hier. Komische Gegend."
Sie liefen um den Club herum zur Eingangstür, dabei gab Luke ihr den Autoschlüssel. Als sie die Vorderseite erreichten, sah sie auf die Tafel mit dem Namen.
„Zero Consequences? Komischer Namen für einen Club!"
„Bei den meisten heißt er einfach nur Zero!" Jetzt da er so nahe an der Erleichterung war, konnte er es wagen mit ihr zu reden.
Luke ging mit ihr an der Schlange der Wartenden vorbei. So viele wollen da noch rein, dachte sie. Sie kamen zur Eingangstür, dort stand wie zu erwarten einer dieser wandelnden Kleiderschränke.
Der Türsteher sah erst sie und dann Luke an. Lilly rechnete damit, aufgefordert zu werden, das sie sich wie alle hinten anstellen sollten, aber zu ihrer Überraschung nickte der Türsteher Luke freundlich zu und ließ sie hinein.
Drinnen sah es wesentlich besser aus wie sie es von außen erwartet hatte. Nur das Licht war merkwürdig, es war irgendwie dämmrig, Musik lief auch, aber nicht annähernd so laut wie irgendwo anders, keine Flackerlichter und gleisende Scheinwerfer.
Während sie sich umsah, hatte Luke sie an die Bar gebracht. Sie setzte sich auf einen der Hocker und Luke redete mit dem Barkeeper, der sie immer wieder ansah, dann nickte er Luke zu und ging zur anderen Seite der Bar, weil dort jemand etwas bestellen wollte.
„Du bleibst hier! Hast du gehört? Sprech mit niemand!"
Sie sah ihn an: „Aber wenn jemand etwas fragt?"
„Dann zeigste einfach auf Diego!" Er zeigte auf den Keeper: „Hast du mich verstanden? Rede mit niemanden und bleib hier!"
Irgendetwas in seinem Gesichtsausdruck, sagte ihr das es besser wäre auf ihn zu hören, sie nickte nur.
„Ok! " Bevor er ging, nahm er ihre Hände, drehte sie mit der Handfläche nach oben und küsste die Innenseiten ihre Handgelenke, dann küsste er sie rechts und links auf den Hals. „Bleib hier!" Damit verschwand er in der Menge.
Sie schaute ihm noch hinter her, hatte ihn aber längst aus den Augen verloren. Der Barkeeper klopfte vor ihr auf die Theke: „Möchtest du etwas trinken?" fragte er sie. Zuerst zögerte sie, aber wie sollte sie sich etwas bestellen, wenn sie nicht mit ihm redete.
„Was gibt´s hier ohne Alkohol?" Der Keeper sah sie an, als ob sie gerade etwas vom Mars bestellt hätte.
Er überlegte: „Wasser!"
Aha, dachte sie, na ja immerhin was. Bevor sie bestellen konnte sah sie wie er eine Flasche Wodka und einen roten Sirup nahm und beides zusammen mischte.
„Was ist das?"
„Was alkoholisches!" sagte er und hob das Glas.
„Nein, ich meine das da!" sie zeigte auf die Flasche mit dem roten Sirup.
„Kirschsirup!"
„Auch kein Alkohol, in Reinform zumindest!"
Der Keeper lächelte sie an, nickte ihr zu, nahm ein Glas und mischte den Sirup mit Wasser, dann stellte er ihr das Glas vor die Nase. Das ist bestimmt ein halber Liter, dachte sie.
Sie sah den Keeper an und fragte: „Wie viel macht das?"
Er griente sie an: „Mmh, Wasser aus der Leitung, Sirup, mmhh" er überlegte: „ach lass gut sein und falls mir doch noch ein Preis einfällt, zahlt eh er für dich!"
Bevor sie etwas sagen konnte war er schon wieder auf der anderen Seite der Bar und redete mit jemand. Sie nahm einen Schluck, so schlecht schmeckte das gar nicht.
Sie sah sich nochmals in dem Club um und nach einer Weile hörte sie jemanden hinter sich reden: „So viel, da ist aber jemand trinkfest!"
„Was?" fragte sie, als sie sich herumdrehte. Ein junger Mann, nicht viel älter wie Luke, stand vor ihr. Er hatte dunkle Haare, fast schwarze Augen und ein umwerfendes Lächeln.
„Ich hab gesagt, das da jemand aber sehr trinkfest ist, das Zeug im halben Liter zu bestellen!"
Jetzt verstand sie erst, worauf er hinaus wollte.
„Das?" sie zeigte auf ihr Glas: „Das ist nur Wasser mit Sirup, kein Alkohol!"
„Ach so, jetzt dacht ich schon! Darf ich mich setzten?" Sie sah ihn an, musste an Lukes Worte denken, die ihr wie einen Warnung im Kopf herumspuckten: „Ich bin nicht alleine hier, mein... mein Freund muss nur kurz was erledigen!"
„Ach, wie müssen doch alle irgendetwas erledigen! Darf ich ..?" er deutete mit der Hand auf den leeren Hocker neben ihr, sie wusste nicht was sie sagen sollte.
Doch bevor sich der Fremde setzten konnte, kam der Keeper zu ihr und fragte sie: „Belästigt der dich?"
„Ich?" kam die Frage des Fremden: „Ich wollt doch nur wissen, ob..."
Weiter kam er nicht, der Keeper packte ihn vorne am Hemd und zog ihn halb über die Bar: „Hör zu Freundchen, das würd ich lassen. Die gehört Blue Eyes, verstanden!"
Hatte sie gerade richtig gehört? Blue Eyes? Und was hieß hier gehört?
„Hey, nur weil er sie mitgebracht hat, heißt das nicht das sie ihm alleine gehört!"
Der Keeper wollte gerade noch etwas sagen, als der Fremde sich losmachte und plötzlich mit dem Gesicht und der Brust auf der Bar lag. Lilly drehte sich herum und sah wie Luke den Fremden am Genick gepackt hatte und sich über ihn beugte. Sie hörte wie Luke ihn anfauchte: „Was verstehst du nicht von dem was Diego dir gesagt hat?" Der Fremde fauchte zurück: „Hey, ich wollte doch nur was trinken!"
„Aber nicht hier!" schnauzte Luke ihn an.
Lilly sah ihn schockiert an. Was soll das, nur weil er sich hier hinsetzen wollte und was trinken? Was ist los?
Bevor sie etwas sagen konnte, ließ Luke den Fremden los und fauchte ihn nochmals an: „Verschwinde und lass sie ihn Ruhe!"
Der Fremde verschwand in der Masse. Luke sah ihm nach, drehte sich dann zu ihr: „Was verstehst du unter mit niemanden reden nicht!"
„Ahm,.. was sollte das, der wollte nur was trinken!"
„Mit niemanden, verstanden!"
Seine Stimme hatte wieder diesen merkwürdigen Tonfall und dieses Gefühl der Panik stieg wieder in ihr auf.

Verflucht Mädchen, dachte er, hörst du endlich auf mich. Ich sag das nicht umsonst, was trinken, hach, der wollte kein Glas. Sie weiß es aber nicht, beschwichtigte er sich selbst. Er sah sie an, drehte sich wieder um und verschwand in der Menge.

Lilly sah ihm immer noch verwirrt hinter ihm her, sah dann den Keeper an und dieser sah sie nur an, ging dann wieder auf die andere Seite und unterhielt sich weiter, sie sah wieder in ihr Glas.
So verging über eine Stunde, so langsam reichte es ihr.
Sie sah sich nochmals um, entdeckte Luke nirgends und stand auf. Der Keeper kam sofort zu ihr: „Du sollst doch hier bleiben!"
„Ich muss mal wohin!" log sie.
Sie ging von der Bar weg und ging in Richtung der Toiletten. Als sie sich sicher war, das der Keeper sie nicht mehr sehen konnte, ging in die Richtung in die Luke verschwunden war.
Sie brauchte eine Weile bis sie ihn entdeckte. Er stand mit einer anderen jungen Frau und unterhielt sich mit ihr, dann sah sie wie er mit ihr durch eine Tür nach draußen ging. Eine gläserne Wand trennte den Raum ab und sie sah wie Luke die Frau mit dem Rücken an das Glas drückte.
Was tut er da, fragte sie sich und ging noch ein Stück näher heran. Die Frau legte Luke die Arme um den Hals, zog ihn näher zu sich heran und legte den Kopf zur Seite.
Lilly sah wie Luke sein Gesicht in die Halsbeuge der Frau drückte, in dem Moment fing die Frau an ihm durch die Haare zu fahren.
Küsst er sie gerade, dachte sie und merkte wie sich ihr Herz zusammen zog. Wie konnte er das tun, ihr gegenüber floh er förmlich und hier? Sie wollte sich gerade umdrehen, als sie bemerkte das Luke sie ansah, zumindest sah er in ihre Richtung.
Er sieht mich nicht, vielleicht ist das so ein komisches Glas was nur einseitig durchsichtig ist und die andere Seite war ein Spiegel. Ja, dessen war sie sich sicher, er sah sie nicht, aber sie sah ihn, sie sah wie die Frau sich unter ihm wand, ihre Hände immer schneller durch seine Haare fuhr. Aber seine Augen waren auf sie gerichtet, aber sie waren anders. Das Blau war verschwunden, sie waren silbern-grün, leuchteten wie bei einer Katze, deren Augen von Licht angestrahlt wurden.
Doch das Schockierenste war, als sie bemerkte, das er sie nicht küsste. Sondern als sie sah, wie ein kleines Rinnsal Blut an ihrem Hals nach unten lief. Er hatte sie gebissen, er trank ihr Blut.
Ihr blieb fast das Herz stehen, das konnte nicht sein, das war unmöglich. Jetzt spürte sie wirklich Panik, sie drehte sich herum, rannte nach draußen, kramte dabei in ihrer Handtasche und fand seinen Autoschlüssel, den er ihr gegeben hatte, damit sie auch alleine nach Hause fahren konnte, wenn sie wollte. Sie rannte zum Auto, hörte wie jemand hinter ihr rief: „Lilly, ....Lilly warte!"
Es war Luke, sie spürte wie ihr Herz klopfte. Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie kaum das Auto aufbekam.
Sie hatte das Gefühl, das er ihr immer näher kam. Trotz zitternder Hände, gelang es ihr das Auto aufzuschließen und die Fahrertür zu öffnen. Schnell setzte sie sich ins Auto, schlug die Tür zu, drückte den Knopf für die Zentralverriegelung, startete und raste davon.

Luke spürte das was nicht stimmte, er ließ von der jungen Frau ab und ging hinein. Er sah Lilly, wie sie durch den Club rannte. Jeder wich ihr aus, niemand würde sie gegen ihren Willen aufhalten, das war hier ungeschriebenes Gesetz. Sie musste ihn gesehen haben, dessen war er sich sicher. Er lief ihr hinterher, sah wie sie zum Auto rannte und rief nach ihr, das verursachte nur das sie noch schneller lief.
Als sie davon gefahren war, ging er wieder zurück in den Club, trat an die Bar und winkte Diego zu sich.
Als er vor ihm stand, packte Luke ihn am Kragen: „Hab ich dir nicht gesagt du sollst aufpassen, dass sie hier bleibt und niemand ihr was tut!"
Diego hob abwehrend die Hände: „Hey, wenn sie sagt sie müsse auf Toilette, kann ich sie ja wohl kaum festbinden. Menschen müssen das, falls du dich erinnerst!"
Luke ließ ihn los, ging hinaus und überlegte, ob er ihr folgen oder lieber warten sollte.

Sie hielt vor dem Haus, schaltete den Motor aus und stieg aus. Den Schlüssel ließ sie stecken, es war sein Auto, er sollte es holen, ohne zu ihr zu müssen. Und wenn es gestohlen wurde, war es ihr auch egal.
Ihre Hände zitterten immer noch so sehr, das sie Probleme hatte, die Haustür aufzuschließen. Anschließend rannte sie die Treppe nach oben, schloss ihre Tür auf und knallte diese hinter ihr zu.
Als sie das Licht anmachte blieb ihr erneut fast das Herz stehen, Luke stand vor ihr, in ihrem Wohnzimmer.
Sie schlug sich beide Hände vor den Mund um den Schrei zu unterdrücken, das konnte nicht sein, schrie ihr Verstand.
Luke stand einfach da, holte tief Luft: „Wenn du nur einmal auf mich hören würdest, wäre das alles anders gekommen!" Es klang sehr tadelnd.
„Das kann nicht sein, das gibt es nicht!" war alles was Lilly sagen konnte.
„Ich habe dir gesagt, heute ist es keine gute Idee, aber nein du musstest mit. Ok, du warst der Meinung mich nicht alleine gehen lassen zu können, aber ich hätte dir ja kaum sagen können, das das normal ist, wenn ich zu lange warte."
Sie starrte ihn nur an, ihr Verstand versuchte zu verstehen, was sie gesehen hatte.
„Und was noch, ach ja genau, du solltest an der Bar bleiben, mit niemanden reden, aber nein, du musstest mich ja suchen. Wenn dir langweilig war, hättest du nicht einfach nach Hause fahren können?" Irgendetwas in seiner Hand erweckte ihre Aufmerksamkeit, der Autoschlüssel. Er folgte ihrem Blick.
„Ach ja genau, nicht nett den Schlüssel einfach stecken zu lassen. Wenn den einer geklaut hätte, ok ich mein, ich hätt ihn mir wiedergeholt, wäre kein Problem, aber hätte das sein müssen?"
Mittlerweile war sie in die Nähe ihrer Küchenzeile gegangen, sie versuchte irgendwie an etwas zu kommen, mit dem sie ihn abwehren könnte.
„Mmh, was wars noch, ja genau, schlies deine Balkontür ab, da kann ja jeder rein!"
„Jeder? Jeder ist mir lieber wie du!" stieß sie hervor.
„Jetzt aber, komm schon. Du weißt ich werde dir nichts tun!" Seine Stimme hatte wieder diesen schnurrenden Unterton.
„Ich weiß nicht was ich glauben soll, so was wie du kann nicht existieren, das ist medizinisch unmöglich. Du bist krank, ein Freak, das ist nicht normal!"
„Das ist das Geringste, schon fast harmlos, was meines Gleichen zu hören bekommen hat!"
„Deines Gleichen!" es klang schon angewidert.
„Ich will nicht wissen, was du bist oder was du da getan hast! Ich will nur das du verschwindest!"
„Ich werde dir nichts tun! Das weißt du!"
Er kam einen Schritt auf sie zu: „Bleib stehen, komm mir nicht näher. Ich warn dich!"
Er lächelte, kam noch einen Schritt auf sie zu.
Lilly rannte in ihr Schlafzimmer, kramte in ihrem Kleiderschrank und fand ganz unten ein großes hölzernes Kreuz, mit einem metallenen Jesus.
Wenn er sich für so etwas hält, mal schauen ob ihn das abhält.
Sie umschloss das Kreuz fest mit den Händen und ging zurück in das Wohnzimmer, sie hielt das Kreuz vor ihre Brust. Luke sah sie an, dann das Kreuz: „Was willst du damit?"
„Geh weg!" warnte sie ihn.
„Komm schon, glaubst du ich hab Angst davor!"
Sie streckte das Kreuz noch näher zu ihm.
Seine Hand griff unter den Kragen des dunklen Hemdes und Lilly sah wie er eine schmale Goldkette hervor holte. Als Anhänger glänzte ein kleines, goldenes Kreuz. Das hatte er sich im Auto vor dem Club umgehangen.
„Das trage ich schon eine scheinbare Ewigkeit. Das ist das einzige was ich noch von meiner Mutter habe!"
Er ließ das Kettchen wieder los, kam einen Schritt auf sie zu. Streckte ihr dir Hand entgegen.
„Ich würde dir niemals etwas tun. Sonst hätte ich nicht so schnell verschwinden wollen. Verstehst du nicht, niemals, niemals würde ich dir wehtun!"
„Geh weg!" ihre Stimme wurde hysterisch. „Wenn du vor dem Ding keine Angst hast, dann nehm ich das Teil als Pflock!" Luke fing an zu lachen: „Komm schon, das ist nicht dein Ernst!"
Sie drehte das Kreuz herum, hob es sich über den Kopf und ging auf ihn zu. Keinen Schritt kam sie vorwärts, als sie vorsichtig von hinten festgehalten wurde. Sie schrie auf, ließ das Kreuz fallen. Wie konnte er so schnell hinter ihr sein, fragte sie sich. Ihr Herz jagte vor Panik, sie versuchte sich gegen ihn aufzulehnen. Aber sie hätte sich auch gegen eine Wand auflehnen können, sein Griff war fest, aber nicht schmerzhaft.
„Lass mich los, bitte!" Die Hysterie war weg, sie flehte ihn förmlich an. Ihre Stimme versagte ihr.
Sie merkte wie sein Griff lockerer wurde.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Ich würde dir nie etwas tun!"
Er ließ sie los, sie kippte förmlich nach vorne, fing sich noch ab, indem sie einen Schritt nach vorne ging.
Er wollte gerade nach ihr greifen, ließ es aber. Aber er spürte ihre Panik, hörte ihr Herz rasen.
Bevor er sie berühren konnte, war sie aufgesprungen und rannte in die Küche. Sie griff nach dem Messerblock auf der Arbeitsplatte und zog eines ihrer großen Fleischmesser heraus.
Die Klinge auf ihn gerichtet, ging sie langsam in Richtung ihres Schlafzimmers.
„Ich glaub dir kein Wort!" sagte sie zu ihm, fuchtelte dabei mit dem Messer vor ihm herum.
„Laß das, ....hör auf..... Mit dem Ding kannst du mir nicht schaden!"
„So? Das wollen wir doch mal sehen!"
Sie ging einen Schritt auf ihn zu, er wich zurück. So, dachte sie, also keine Angst davor, wie?
Noch einen Schritt näher.
Plötzlich sprang er senkrecht hoch und nach hinten. Sie sah wie er in der oberen Zimmerecke saß, seine Hände und Beine an den Wänden, um sich abzustützen.
Das ist unmöglich, dachte sie, das kann kein Mensch.
Wieder sah sie, wie seine Augen leuchteten.
„Was bist du?"
„Was denkst du, was ich bin?"
„Ich weiß es nicht, ich will es auch gar nicht wissen! Bitte geh einfach!"
„Das kann ich nicht!"
„Warum nicht?"
„Weil ich es nicht kann, ich kann es dir nicht erklären!"
„Wieder kannst du mir was nicht erklären!"
„Hättest du mir alles andere geglaubt, wenn ich es dir gesagt hätte?"
Sie konnte nur den Kopf schütteln, sah ihn immer noch an.
Er sprang aus der Ecke, landete nah vor ihr und das ohne ein Geräusch zu machen. Das Messer immer noch fest umschlossen, stand sie wie angewurzelt da.
Auf einmal war ihre Starre wie weg, sie bewegte sie sich nach vorne, stieß mit dem Messer zu und Luke griff nach der Klinge, hielt sie fest.
Der Versuch ihm die Klinge aus der Hand zu ziehen, blieb ohne Erfolg und er blutet nicht mal.
Plötzlich merkte sie wie ihr das Messer aus der Hand gezogen wurde.
„Du willst doch nicht das du dich schneidest und blutest?"
Das Messer flog zur Tür und blieb in dem Holztürrahmen stecken.
Lilly sah das Messer an, wich erneut vor ihm zurück.
„Verschwinde! Du....du...Monster! Wie kannst du so was tun? Wie kann man so etwas nur tun, das ist grausam!"
„Glaubst du ich hab mir das ausgesucht!"
Auf einmal stand er wieder ganz nah vor ihr, packte sie an den Armen und drückte sie an die Wohnzimmerwand: „Glaubst du ich hätte mich darauf eingelassen, wenn ich gewusst hätte was aus mit wird!" Seine Stimme wurde nur etwas lauter, aber sie bekam einen anderen Tonfall, das Schnurren war verschwunden. Er stand ganz dicht vor ihr, sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht. Aber seine Augen waren wieder von dem hellen Blau, das sie kannte.
„Denkst du ich hätte sie hineingelassen, mir von ihr helfen lassen, wenn ich gewusst hätte was sie mit mir tun würde?"
Lilly sah ihn nur an, konnte sich nicht bewegen vor lauter Angst.
„Dein Herz rast so, das ich einzelne Schläge nicht mehr zählen kann und du willst alles über mich wissen? Du hast ja jetzt schon Panik und weißt noch nicht mal alles! Ich wollte nicht das du das so erfährst!"
Sie konnte kaum schlucken, sie hatte das Gefühl nicht mal mehr atmen konnte.
„Was willst du?" brachte sie hervor.
„Wenn ich das so genau wüsste, wäre ich froh. Ich weiß nur das ich dich seit fast einem Jahrhundert suche und jetzt wo ich dich gefunden habe, muss ich feststellen, das du ein Mensch bist. Ein schwacher, zerbrechlicher Mensch. Das ist nicht fair!"
„Du suchst nach mir? Warum? Warum ich?" Ihre Stimme zitterte.
„Ich weiß es nicht! Mir wurde nur gesagt, das jeder von uns eine Art Seelenverwandten, einen Lebensgefährten hat und den muss man suchen und finden und dann sei man... Ganz."
„Seelenverwandter, Lebensgefährte, muss man dazu keine Seele haben oder zumindest am Leben sein?"
Auf einmal ließ er sie los, ging einen Schritt zurück und sah sie an: „Ich lebe!"
„Wie definierst du Leben!"
„Ok, ich existiere! Besser?"
„Aber durch was, du musst Menschen das Leben nehmen!"
„Nein, muss ich nicht, zumindest nicht mehr. Mittlerweile habe ich genug Kontrolle über mich!"
Genug Kontrolle, dachte sie, wenn das Kontrolle ist, will ich nicht wissen was ist, wenn er die Kontrolle verliert.
Sie hatte immer noch Angst vor ihm, er soll gehen, dachte sie, weg, fort von mir, aus meiner Wohnung raus.
Ihr Blick traf seinen, sie holte tief Luft: „Geh, bitte geh, lass mich in Ruhe, bitte!" Ihre Stimme versagte, sie zitterte am ganzen Körper.
Luke sah sie an, er spürte immer noch ihre Angst.
Was hast du erwartet, das sie Freudensprünge macht, wenn sie es erfährt. Das sie es auf Anhieb versteht, begreift was das bedeutet. Lass ihr Zeit, geh einfach, wie sie es will.
Ohne ein Wort, drehte er sich herum, ging zur Balkontür, machte sie auf, trat nach draußen und sprang über das Geländer.
Sie rannte zum Balkon, schaute über das Geländer. Ob sie nachsehen wollte, ob er weg war oder sich etwas gemacht hatte, wusste sie nicht.
Sie ging hinein, immer noch irritiert, ihr Gehirn fühlte sich überladen an, verriegelte alle Fenster und Türen, nahm ihr Laptop und fing an über Google zu suchen.
Mehrere Seiten spuckte die Suchmaschine aus, sie suchte Seiten wie man sie abwehren konnte.
Ich glaube nicht das ich danach suche, dachte sie. Aber sie fand einiges.
Angefangen von Kreuzen, die ja wohl nichts brachten, wie sie festgestellt hatte, Weihwasser, Knoblauch und noch andere Sachen die ihr aber unlogisch oder sogar widerlich waren. Aber sie fand unter anderem eine Seite, auf der es hieß das sie keine Wohnungen betreten könnten, wenn man sie nicht hereinbat. Aber sie hatte ihn schon hereingebeten, was sollte sie tun. Sie grübelte, ihr Verstand weigerte sich immer noch zu verstehen, was sie erfahren hatte. Das gibt es nicht, so etwas gibt es nicht, sagte sie immer wieder zu sich selbst. So etwas kann nicht sein, aber was soll ich tun, was soll ich glauben, fragte sie sich. Ihre Gedanken kreisten, sie fand keine logische Erklärung für das was sie gesehen hatte, für das was er war.
Aber war er wirklich das, was sie dachte?
Es musste so sein, wie sonst sollte er das getan haben. Er war in die Ecke gesprungen, ganz nach oben, hatte sich gegen die Schwerkraft da oben gehalten, ohne Mühe. Sie hatte gesehen, was er mit der Frau gemacht hatte. War es das, was in diesem Club passiert.
Immer weiter jagten ihre Gedanken durch ihren Verstand, er weigerte sich zu begreifen, zu verstehen, was geschehen war. Es fühlte sich an, als ob sie durchdrehen würde.
Sie wollte verstehen, was sie gesehen hatte, aber bevor sie zu einem Ergebnis kam, schlief sie ein.

Am nächsten Morgen wurde sie von der Sonne geweckt, sie stand auf, zog sich an und beschloss einkaufen zu gehen. Sie hasste Knoblauch, aber wenn es stimmte, was sie gelesen hatte, er auch.
Sie kaufte noch ein paar weitere Sachen und es wurde spät bis sie alles hatte, fast halb acht. Ich muss mich beeilen, sagte sie sich, es wird bald dunkel, ich muss noch viel machen. Auf dem Weg zurück, sah sie sich immer wieder um, wie viel von denen, denen sie begegnete, waren wohl anders.
Zu Hause nahm sie die eingekauften Strumpfhosen und presste den Knoblauch zu Brei, stopfte ihn in die Strumpfhosen, verknotete und legte sie wie Zugluftstopper vor Fenster und Türen. Das müsste dafür sorgen, dass er nicht hineinkam. Als sie in ihr Schlafzimmer zurückging, sah sie das Messer, welches immer noch im Türrahmen steckte. Ein Schaudern durchlief sie, das war nicht möglich, so etwas gibt es nicht, so etwas kann nicht existieren. Mit viel Kraft gelang es ihr das Messer aus dem Holz zu ziehen, sie warf es ins Spülbecken, kramte die Taschenlampe, die sie extra gekauft hatte aus dem Einkaufskorb und legte sie auf die Arbeitsplatte.
Es wurde dunkel draußen, sie ging ins Bad und duschte sich kurz. Als sie aus der Dusche trat und in den Spiegel sah, erschauderte sie kurz. Allein der Gedanke daran, dass er bei ihr war, nachts bei ihr geschlafen hatte, das sie miteinander unter der Dusche gestanden waren. Aber er hatte doch in den Spiegel geschaut, war hinter ihr gestanden und sie hatte sein Spiegelbild gesehen. Wie ist das möglich?
Plötzlich hörte sie etwas im Wohnzimmer, es riss sie aus den Gedanken, sie zog sich schnell an.
Als sie ins Wohnzimmer trat, stand Luke bereits mitten im Raum, sah sich um. Wie kam er hinein, fragte sie sich. Erstens war die Tür verschlossen und zweitens lag überall der Knoblauch. Hilft das auch nichts, dachte sie verzweifelt. Was hilft dann?
„Sag mal, was riecht hier so fies?"
Der tut so, als ob das alles normal wäre, als ob das gestern nicht passiert wäre.
Ihr Zorn wuchs: „Knoblauch!" Fauchte sie ihn an: „Soll angeblich abschreckend wirkend!"
„Ich hätte dir sagen können, das das nicht hilft. Allerdings bei der Menge würdest du jeden abschrecken."
„Nur dich anscheinend nicht!"
Er legte seinen Kopf schief, sah sie intensiv an: „Ist es das was du willst?"
„Ja!"
„Dann muss ich dich enttäuschen. Das kann ich nicht!"
„Warum nicht?"
„Weil ich dich endlich gefunden habe und dich jetzt nicht mehr verlieren kann, dich nicht verlieren darf und es auch nicht will!"
„So etwas wie du existiert nicht!"
„Warum nicht, du glaubst doch auch an andere Dinge?"
„Das geht medizinisch nicht. Man muss atmen,..."
„Ich atme doch, schon allein weil ich mit dir rede, muss ich doch Luft holen!"
„Musst du immer atmen, regelmäßig, autonom?"
Er schüttelte den Kopf.
„Also! Man braucht ein schlagendes Herz, schon um Sauerstoff zu transportieren. Damit Gewebe nicht abstirbt, damit das Gehirn funktioniert. Ohne Sauerstoff stirbt man!"
„Ich bin vor 150 Jahren gestorben!" sagte er zu ihr. Er kam einen Schritt auf sie zu. Ihr Herz schlug wieder schneller, sie sah sich um.
Wo hab ich nur..., dann sah sie die Taschenlampe auf der Arbeitsplatte liegen. Sie griff danach, hielt sie vor ihn: „Ich warne dich, bleib stehen!"
„Was willst du damit?" fragte er sie amüsiert.
„Das wirst du schon noch sehen!"
Er kam noch einen Schritt näher: „Komm schon. Ich werde dir wirklich nichts tun, hab keine Angst!"
Dabei streckte seine Hand nach ihr aus, sie schaltete die Taschenlampe ein und hielt den Strahl auf seine ausgestreckte rechte Hand. Als das Licht seine Hand traf, sah sie wie Rauch von dieser aufstieg.
„Au!" sagte er und zog seine Hand zurück: „Was soll das? Willst du mich umbringen?"
Sie sah ihn triumphierend an. „Ich dachte du bist schon tot!"
Der Strahl der Taschenlampe schwenkte zu ihm, bevor er seine Brust traf, stand Luke plötzlich neben ihr. Er griff mit seiner rechten Hand nach der Lampe und zerdrückte das Gehäuse, als ob es aus Papier wäre. Erschrocken ließ sie die Lampe fallen, sie war kaputt, würde ihr nicht mehr helfen können.
Er packte sie an den Schultern, schob sie ins Schlafzimmer und drückte sie auf das Bett. Sie versuchte sich zu wehren, merkte aber das sie keine Chance hatte, also blieb sie ruhig unter ihm liegen, sie drehte nur den Kopf von ihm weg. Im Mondlicht, sah sie seine Hand, mit der er sich neben ihrem Gesicht auf dem Bett abstützte. Sie sah aus als hätte er in kochendes Wasser oder eine Flamme gegriffen. Die Haut löste sich ab, überall waren kleine Blasen.
„Mach das nie wieder!" fuhr er sie an: „Hast du verstanden. Das tat weh!"
Sie sah ihm ins Gesicht: „Du bist tot, du kannst nichts fühlen!"
„Oh, doch. Da irrst du dich. Ich fühle Schmerz, Leid, Trauer, Liebe, alles fühle ich!"
Irgendetwas in seiner Stimme, in seinen Augen beruhigte sie.
„Wieso sollte ich dir glauben, du hast mich bis jetzt nur belogen."
„Ich habe dich nicht belogen. Ich habe dir nur gewisse Dinge nicht gesagt!"
„So? Was denn alles. Zum Beispiel das du ein Vam..." Sie brachte das Wort nicht über die Lippen, es war so abwegig, so unreal.
„Das ich was bin?"
„Ein Blutsauger, irgendein abnormes Ding zwischen Mensch und weiß der Teufel was. Etwas, was vom Leben der anderen nimmt um sein Leben, nein halt, seine Existenz zu behalten. Obwohl es besser sei, diese zu beenden!"
„Dafür hältst du mich also?"
Sie nickte.
„Ich habe mir das nicht ausgesucht, so zu werden!"
„Das soll ich dir glauben?"
Er stand auf, ließ sie los und setzte sich an die Bettkante. Sie richtet sich neben ihm auf, irgendwie schien er traurig zu sein, dachte sie. Was soll das, was tust du. Du wirst doch kein Mitleid haben mit ihm. Aber ich habe mich doch in ihn verliebt, ich kann doch meine Gefühle nicht einfach abstellen.
Sie legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter. Langsam drehte er den Kopf zu ihr.
„Was ist, keine panische Flucht oder Versuche mich umzubringen?"
„Wie kann ich jemanden töten, der schon tot ist?"
„Zum Beispiel durch Sonnenlicht, oder in dem Fall eine sonnenlicht-ähnliche UV-Lampe, ach ja Kopf abreisen funktioniert übrigens auch, fällt aber einem Mensch schwer, da er meist gar nicht so nah an einen herankommt und wenn doch, die Kraft fehlt. Guillotinen waren in Frankreich sehr beliebt, wenig Kraft, durch- oder vielmehr abschlagender Erfolg!"
Das war zu Zeiten der französischen Revolution, dachte sie bei sich.
„Wann....., wieso....., ich meine...?"
Luke drehte sich ganz zu ihr herum, holte tief Luft und begann zu erzählen:
„Ich bin..., war, der jüngste von drei Söhnen. Meine Mutter war erneut schwanger. Eines Tages musste sie ins Krankenhaus, zumindest sollte das so etwas gewesen sein. Es wurde von Nonnen geleitet, die mehr mit Gebeten und sonstigen Sachen versuchten Krankheiten zu heilen. Na ja, wie auch immer, meine Mutter musste auf jeden Fall dahin, unser Hausarzt hatte festgestellt das etwas mit dem Baby wohl nicht stimmte. Mein Vater war von der Idee nicht sehr angetan, aber meine Mutter bestand darauf, sie wollte kein Risiko eingehen. Nach über einer Woche kam sie wieder nach Hause, sie wurde in ihr Schlafzimmer gebracht und ihre Zofe blieb bei ihr. Uns Kindern wurde nichts gesagt, nichts erklärt. Es hieß nur immer, das unsere Mutter wohl krank sei. Wir fragten, was mit dem Baby sei, mein Vater schüttelte nur den Kopf.
Uns war klar, dass es kein Baby geben würde. Wir wussten nichts darüber, woher, wieso und wann eine Frau überhaupt ein Baby bekommen könnte, es interessierte uns auch nicht wirklich, daher dachten wir darüber nicht lange nach. Uns fiel nur auf, das die Zofe und auch mein Vater überwiegend bei unserer Mutter waren. Irgendwann kam dann unser Hausarzt zu Besuch, er wurde direkt zu unserer Mutter gebracht. Wir Kinder durften immer noch nicht zu ihr, obwohl sie schon fast einen Woche zu Hause war. Der Arzt kam dann zu uns und sagte, wir sollten zu ihr gehen und uns verabschieden. Er war der Meinung das wir alt genug wären, das zu machen.
Mein ältester Bruder war 25 Jahre, der mittlere 21 und ich war noch keine 18. Wir durften in das Schlafzimmer unserer Mutter. Sie war schon so gut wie tot, überall schwarz und blau, wir verabschiedeten uns von ihr. Ich glaube nicht einmal das sie das noch realisierte. Wir wurden kurze Zeit später wieder hinausgeschickt. Am nächsten Morgen, kamen Männer mit schwarzen Umhängen und komischen vogelähnlichen Masken. Sie gingen nach oben, trugen kurze Zeit später etwas in Tücher gewickeltes nach unten, warfen es draußen auf einen hölzernen Anhänger. Ich erinnere mich, wie mein Vater hinter ihnen herlief, weinend, jammernd. So hatte ich meinen Vater noch nie erlebt. Er stieg auf den Anhänger und zog ein Teil der Tücher weg, erst jetzt erkannte ich, dass es meine Mutter war, die diese Männer da wegwarfen wie Abfall. Ich rannte zu ihnen hin, wollte auch auf den Anhänger klettern, wurde aber von einem der Männer davon abgehalten. Mein Vater wurde dann auch von dem Anhänger gezogen, er hatte eine schmale Kette in der Hand!"
Luke hielt inne, griff nach dem Anhänger, der wieder unter seinem Hemd war.
Er sah sie an, jetzt sah sie eindeutig Trauer in seinen Augen, sie rutschte näher zu ihm, lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Langsam, fast vorsichtig legte er einen Arm um sie, bevor er weiter sprach:
„Es dauerte nicht lange und auch die Zofe und mein Vater wurden krank, sie blieben beide in ihren Zimmer, meine älteren Brüder, kümmerten sich um sie. Sie verstarben aber auch kurz nachdem die Krankheit ausgebrochen war. Und wieder kamen die Männer mit ihren komischen Masken, sie brachten meinen Vater und die Zofe, ebenfalls in Tücher gewickelt nach unten und warfen sie auf den Anhänger. Unsere Angestellten liefen ab dem Zeitpunkt davon, immer mehr liefen weg und es kam auch niemand mehr zu uns. Unsere Haustür und auch das Haupttor waren gezeichnet worden. In unserem Haus war die Pest angekommen. Ab und zu fanden wir noch Nahrungsmittel vor unserem Tor, die irgendjemand dort abgelegt hatte. Nach ungefähr drei Wochen, wurde mein ältester Bruder auch krank. Er schloss sich in sein Zimmer ein und ließ keinen von uns zwei Anderen mehr zu sich. Irgendwann hörten wir keine Geräusche mehr aus dem Zimmer, aber keiner von uns wagte es, hineinzugehen. Nach einer weiteren Woche begann mein anderer Bruder sich nicht wohl zu fühlen, auch er schloss sich ein. Er sagte mir, das ich ihm nicht zu nahe kommen sollte, das ich im Erdgeschoss bleiben solle und nicht nach oben kommen dürfe. Eines Tages, es war kurz nach meine 18ten Geburtstag, klopfte es bei uns, mein Bruder war noch am Leben, machte aber nicht auf. Er kam nicht mal mehr nach unten, er aß nichts mehr, er wollte mich nicht mehr sehen. Ich öffnete die Tür, davor stand eine junge Frau, sie sah mich an und kam ohne ein Wort zu sagen, rein. Ich fragte sie, ob sie die Zeichen nicht gesehen hatte, das es gefährlich sei. Sie antwortet mir, das sie keine Angst hätte, das ihr nichts passieren würde. Das ich ihr vertrauen könne. Irgendetwas in ihrer Stimme veranlasste mich ihr wirklich zu vertrauen. Sie fragte mich wo mein Bruder sei, ich sagte ihr das er oben ist. Sie sah mich an, fuhr mir über das Gesicht und sagte, dass sie meinen Bruder vielleicht retten könnte, dass ich aber in dem Zimmer bleiben müsse, in dem ich schon die ganze Zeit war. Ich tat, was sie sagte. Nach über einer Woche kam sie wieder herunter, sie sagte mit das mein Bruder zu schwach gewesen sei, das sie leider nichts mehr für ihn tun hatte können. Ich sollte weiter in dem Zimmer bleiben, mich nicht wundern, wenn es nach Rauch riechen würde. Sie würde wissen was sie tat und das ich ihr vertrauen solle. Ich tat was sie sagte, bleib im Zimmer und wunderte mich nicht, als es überall nach merkwürdigem Rauch roch. Irgendwann kam sie zu mir und sagte, das nun alles in Ordnung sei. Ich ging an ihr vorbei und fragte sie wo meine Brüder waren. Sie antwortet mir, das sie sie verbrannt hätte, damit die Krankheit mit ihnen vernichtet werden würde. Plötzlich hielt sie mich fest, begann an mir zu riechen und fing an, das sie zu spät gekommen sei, das es bei mir auch schon angefangen hatte. Ich sah sie an und sagte ihr das ich mich gut fühle, das alles in Ordnung sei mit mir, sie schüttelte nur den Kopf."
Lilly sah Luke wieder an, als er schwieg, sie lehnte sich weiter an ihn. Er lag mittlerweile auf dem Bett, lehnte sich mit dem Rücken an das Kopfteil und sie legte seinen Kopf auf seine Brust. Das einzige was sie hörte, war seine Atemzüge und das Echo seiner Stimme, als er weiter sprach.
„Sie bleib eine Weile bei mir und es dauerte keine Woche, als ich merkte das es mir schlechter ging. Ich bekam Fieber, hatte keinen Hunger und mir begann alles weh zu tun. Ich konnte mich kaum bewegen, so taten mir die Glieder weh. Eines Morgens, merkte ich beim Aufwachen, das sich an meinem Körper, am Hals, in den Achseln, an der Leiste, schmerzhafte Beulen gebildet hatten. Sie wurden innerhalb eines Tages erst Blau, dann Schwarz. Die junge Frau war immer noch bei mir, sie sah mich traurig an und sagte, dass es schade um mich sei. Mein ganzer Körper wurde von Tag zu Tag blauer und schwärzer, alles in mir pochte und klopfte. Später habe ich erfahren, dass es an dem Eiter lag, der sich in den Lymphknoten gebildet hatte, aber das wusste ich damals noch nicht. Ich wurde schwächer, immer öfter bekam ich Fieberschübe, die meinen eh schon schmerzgeplagten Körper noch mehr quälten. Meine Finger und Zehen, waren bereits blau und schwarz, sie taten nicht mehr weh, sie waren abgestorben, das war aber auch das einzige was nicht wehtat. Jede Faser meines Körpers brannte, pochte, ich bekam kaum mehr Luft. Ich hatte Angst, ich wollte noch nicht sterben!"
Luke hielt abermals inne, sie merkte wie er nach Luft schnappte. Hörte wie sehr er versuchte seine Stimme in den Griff zu bekommen als er weiter sprach, aber es gelang ihm nicht. Lilly hörte wie in seiner Stimme Tränen mitschwangen, aber sie sagte nichts.
„Ich war gerade 18. Ich wollte nicht sterben. Die Frau bot mir an, mir zu helfen. Sie sagte mir das ich nicht sterben müsse, wenn sie mir helfe. Ich sagte zu, flehte sie förmlich an mir zu helfen.
Sie beugte sich zu mir herunter, sagte mir das alles gut werden würde. Ich fühlte nur das sie etwas an meinen Hals tat, was wusste ich nicht, mein Körper pochte und klopfte ununterbrochen. Ich fühlte nur wie ich müde wurde, wie meine Angst zu ersticken, zu sterben weniger wurde. Es fühlte sich an als ob mein ganzer Körper taub wurde, die Schmerzen wurden kurzfristig weniger. Sie ließ von mir ab, ließ mit irgendetwas in den Mund tropfen. Ich schmeckte Blut, war mir aber sicher das es mein eigenes war.
Plötzlich wurden die Schmerzen, die durch meine Körper jagten, schlimmer, ich merkte wie die Beulen platzten, es fühlte sich an, als ob mein Körper, aus der Haut platzen würde. Ich roch den blutigen Eiter, der aus den Beulen lief. Ich begann zu schreien, schrie und schrie vor Schmerz, vor Angst. Solange bis ich heiser war. Und plötzlich, so schnell wie es begonnen hatte, hörte es wieder auf. Ich spürte nichts mehr, ich hörte nur mein Herz in meinen Ohren klopfen, schneller und immer schneller und dann, auf einmal war Ruhe. Ich war mir sicher, gestorben zu sein.
Irgendwann wachte ich wieder auf, es war vollkommen still. Ich hörte nicht, nicht einmal das Schlagen meines Herzens. Ich bekam Panik, hörte auf einmal etwas in der Wand, das unerträglichen Krach machte, ich stand auf, sah das meine Finger und Zehen nicht mehr blau oder gar schwarz waren. Auch die Beulen waren verschwunden. Der Krach hinter der Wand wurde lauter. Ich schlug mit der Faust dagegen, wollte das was dahinter war eigentlich nur verscheuchen. Meine Faust schlug aber durch die Wand, sie steckte bis zum Handgelenk darin. Es waren Mäuse, die so viel Lärm gemacht hatten. Ich bekam Panik, wollte schreien, merkte aber das ich nicht konnte.
Auf einmal ging die Tür auf, die Frau kam herein, sah mich an, nach einer Weile sagte sie zu mir, das sie schon gedacht hatte das ich es nicht schaffen würde. Sie hatte schon die Befürchtung, das ich auch schon zu schwach gewesen wäre. Aber sie jetzt froh sei zu sehen, dass es mit gut ginge. Ich stand nur da und sah sie an. Zum ersten Mal sah ich sie genauer an, rote lange Locken, fast grüne Augen und eine Ausstrahlung, die jeden in Bann zog. Ich war immer noch nicht in der Lage zu sprechen, sie sagte mir das ich Luft holen müsse um sprechen zu können. Erst jetzt viel mir auf das ich wirklich nicht atmete, das verursachte nur noch mehr Panik. Ich musste mich zwingen und sehr anstrengen um Luft zu holen. Wenn man das sonst gemacht hat, ohne darüber nachzudenken, merkt man erst wie schwer es ist!"
Luke ließ sein Gesicht in ihre Haare gleiten, sie spürte seine Atemzüge. Sie ließ es zu, ihre Angst vor ihm war weg.
„Ich fragte sie was passiert war, sie antwortete mir das mir fast nichts mehr schaden konnte, ich müsse noch lernen meine Kraft zu kontrollieren. Meine Panik wurde dadurch nicht weniger, ich fragte sie nochmals was sie mit mir gemacht hat, wieso ich plötzlich so gut hörte, diese Kraft hatte und vor allem so viel roch. Es war bei jedem Atemzug so, dass ich das Gefühl hatte durchzudrehen.
Sie sagte mir, das sie nur das getan hatte, was ich gewollt hätte, das ich nicht sterben wolle.
Wenn ich gewusst hätte, das das bedeutet nicht mehr älter zu werden oder zumindest wesentlich langsamer zu altern, das ich nicht sterben könnte und vor allem was ich dafür tun musste um zu leben, wäre ich lieber gestorben. Zumal ich eh das Gefühl hatte gestorben zu sein, zumindest wenn ich bedachte welche Schmerzen ich hatte, wäre es kein Unterschied gewesen, ob ich nicht mehr wach geworden wäre. Viele Male habe ich mir schon gewünscht, das ich eine andere Entscheidung getroffen hätte. Aber ich konnte es nicht mehr rückgängig machen. Ich weiß noch das ich damals ausgerastet bin, sie ging damals einfach raus und schloss die Tür hinter mir. Ich glaube den Raum habe ich förmlich auseinander genommen. Nach einer ganzen Weile hatte ich mich beruhigt, das einzige was ich merkte war Hunger und diese Mäuse hatten schon eine fast widerliche Anziehungskraft auf mich. Als ich merkte was ich vorhatte zu tun, wollte ich raus, ich brach die Tür auf, wollte aus der Haustür rennen. Sie hielt mich auf, es war Tag draußen, sie sagte mir das, das Einzige wäre was mir schaden könnte, die Sonne sei. Ich glaubte ihr nicht, sie packte mich am Arm und hielt meine Hand in die Sonnestrahlen. Ich wusste nicht wie, aber ich sprang, nachdem mich die Strahlen berührt hatte, fast zwanzig Meter nach hinten, landete auf der obersten Stufe der Treppe und spürte die Schmerzen, ich sah wie meine Hand fast schwarz war, sich die Haut schälte, aber ich sah auch wie schnell sie wieder verheilte. Sie sprang vor mich auf die Stufe und sagte mir das ich auf sie hören solle, das sie mir alles zeigen und beibringen würde, das sie mir Kontrolle lehren würde, aber ich bei ihr bleiben müsse um zu überleben. Ich blieb bei ihr, reiste mit ihr umher, mehrere Jahrzehnte lang, sie lernte mir nicht gleich zu töten, am Anfang waren es nur Tiere, sie sagte das das weniger auffalle wie Menschen. Ich jagte Rehe und sonstige, war immer noch erstaunt das ich sie einholen konnte. Irgendwann gingen wir näher an Menschen, ich begann mit Pferden und Kühen, dann ließ sie mich an Menschen. Arme Bauern, irgendwo in einem kleinen Bauernhof, wenn da eine ganze Familie plötzlich starb, konnten es wilde Tiere gewesen sein. Waren wir in gewisser Hinsicht ja auch. Sie ließ mir die Erwachsenen, nahm die Kinder, weil ich mich dagegen wehrte, Kinder oder gar Säuglinge zu töten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keine Kontrolle über mich. Wir reisten weiter, mal als Paar, mal als Geschwister, manchmal ging sie sogar als meine Mutter durch. Irgendwann lernte ich aufzuhören, bevor das Herz nicht mehr schlug. Es hört auf zu schlagen, wenn kein Blut mehr da ist, aber vorher wird es erst schneller und ab diesem Punkt muss man aufhören, dann überlebt derjenige, egal ob Mensch oder Tier."
Lilly hörte wie Luke tief Luft holte, es schien ihm sehr schwer zu fallen ihr das zu erzählen. Sie sah ihn an, legte ihre Hand auf seinen Brustkorb, sie wollte etwas sagen. Aber was sollte sie ihm sagen, was würde helfen, fragte sie sich. Weil ihr nichts einfiel, schwieg sie, legte ihren Kopf wieder auf seinen Brustkorb und hörte ihm weiter zu.
„Irgendwann, wir waren fast 40 Jahre zusammen unterwegs, wurden wir, oder vielmehr sie erwischt. Man konnte ihr nur Mord nachweisen, von der Art wie sie ihn getötete hatte, wusste niemand. Aber sie kam auf den Scheiterhaufen, sollte bei Tagesanbruch verbrannt werden. Woran sie wirklich gestorben ist, weiß nur ich, nicht das Feuer hatte sie verbrannt, sondern die aufgehende Sonne. Ich konnte mich durch eine schwarzen Umhang soweit vor den Sonne schützen, das ich sah was mit ihr geschah. Von da ab bin ich alleine umhergezogen, ich hatte genug von ihr gelernt um keine Spuren zu hinterlassen, ich tötete keinen mehr. Bei Frauen war es möglich, zu bekommen was ich brauchte, ohne das sie es merkten!"
„Wie ohne das sie es merkten?"
„Gewisse Frauen in bestimmten Etablissements, waren gewohnt von Männern etwas härter angefasst zu werden, selbst wenn man nicht mit ihnen schlief. Also war es kein Problem anstatt nur zu beißen, auch zu trinken. Diese merkwürdigen Bissspuren, die es angeblich immer gab, waren nicht zu sehen. Die Stellen heilten immer sofort, so das nicht mal die Frauen etwas merkten. Und sehen konnte man nichts. So kam ich zu dem was ich brauchte, ohne jemanden zu schaden oder gar zu töten."
„Und in diesem Club passiert das gleiche?"
„Nicht ganz. Diese Menschen kommen dahin, sie wissen was wir sind, sie bieten es uns an. Wir holen es uns nicht. Es gibt Regeln die wir einhalten müssen, seitdem dem die Polizei bessere Methoden hat, gewisse Dinge herauszufinden. Unter anderem passiert nichts was derjenige nicht will. Wir passen gegenseitig auf und niemand tut etwas gegen den Willen des Menschen!"
„Das heißt die Frauen machen das freiwillig?"
„Nicht nur Frauen, auch Männer!"
„Du sagst wir?"
„Ja, es sind mehrere von uns pro Club! Aber immer nur ein gewisses Verhältnis, da wir ja immer nur wenige Milliliter trinken pro Person, damit dem Mensch nichts passiert. Und das nicht nur einer pro Abend von einem Mensch trinken kann!"
„Das heißt da waren mehrere? Und was für ein Verhältnis? Wieso nur Milliliter?"
Luke fing an zu lachen: „Langsam! Eins nach dem Andern! Also, ja es waren mehrere. Der Kerl der dich an der Bar angequatscht hat.."
Lilly durchlief ein Schaudern: „Der wollte was trinken!"
„Weißt du jetzt warum ich gesagt habe rede mit niemanden. Jeder der in diesen Club geht, weiß was darin passiert und die Frage ob man was trinken darf, bedeutet nur eins! Und da man immer nur wenig pro Mensch holt, frägt man mehrere!"
„Aber...aber...!“
„Pro Unsereiner gibt es ca. zehn Menschen, manchmal nur Acht, aber niemals weniger wie fünf. Ein Mensch merkt bereits einen halben Liter Blut der ihm fehlt, und wenn man das vergleicht, sind das keine zwei Gläser voll, vielleicht drei oder vier Schluck, danach ist Schluss. Sonst bekommt der Mensch Schäden und daher riechen wir, wie viele schon von dem Menschen getrunken haben, damit dem Mensch nichts passiert. Wir haben gelernt, das es besser ist den Mensch am Leben zu lassen. Sie kommen freiwillig und du bekommst trotzdem genug. Es ist besser, wenn man Milch möchte, die Kuh nicht zu töten nachdem man sie gemolken hat, sondern am Leben zu lassen, damit man später auch noch Milch bekommt!"
„Der Vergleich ist irgendwie makaber!"
„Ich weiß er hinkt etwas, aber im Prinzip stimmt es!"
Sie überlegte eine Weile. Eigentlich hat er Recht. Oh Gott was mach ich hier? Ich glaube ihm, ich habe Verständnis dafür? Ich glaub das nicht?
Irgendwie vertraute sie ihm wirklich, aber warum, wieso hatte sie keine Angst mehr vor ihm?
Lilly hob den Kopf, setzte sich auf und sah ihn an. Luke lag immer noch auf dem Rücken, hatte aber die Augen geschlossen. Erst nach Weile machte er sie auf und sah sie an.
„Was ist?" fragte er wieder mit diesem schnurrenden Unterton.
„Ich weiß nicht genau? Irgendwie....ach ich weiß nicht!"
Er sah sie an, hatte einen ungewöhnlichen Ausdruck in diesen hypnotischen blauen Augen. „Immer noch Angst vor mir?"
Sie schüttelte den Kopf: „Ich weiß nicht genau? Ich weiß es wirklich nicht, was ich haben sollte?"
Seine Stimme wurde ganz leise, ruhig, schon vertraut: „Nochmal, ich würde dir nie etwas tun! Ich würde dir nie schaden! Würde dir nie wehtun! Ich weiß nicht ob du dir überhaupt vorstellen kannst, wie lange ich nach dir gesucht habe. Was du mir bedeutest, was du für mich ausmachst!"
„Was meinst du damit?"
„Ich weiß nicht, wieso du, aber ich habe deine Spur gewittert, ich wusste nicht wer du bist. Ich wusste nur das ich dich finden musste. Du bist meine Gefährtin, ob ich das will, ob du das willst, spielt keine Rolle."
„Aber wie kannst du dir da sicher sein?"
„Ich fühle es. Es ist.... ich weiß nicht wie ich dir das erklären soll!"
„Da sind wir wieder bei dem bekannten Problem!"
„Ich weiß es wirklich nicht. Es war mir klar als ich das erste Mal auf deine Spur stieß, seitdem konnte ich nicht anders wie dir zu folgen. Es war als ob irgendetwas in mir mich dazu trieb. Aber warum kann ich dir nicht sagen, wie das ausgesucht wird, wer das bestimmt?"
„Aber geht das überhaupt. Was heißt das? Was bedeutet das?"
„Ich weiß nur das ich bei dir sein muss! Das ich dich beschützten muss, egal gegen was oder wen!"
„Ich bin aber nicht wie du!"
Luke lachte auf: „Ja ha, das ist das Problem, was mich so wahnsinnig macht!"
„Warum?"
„Ich höre dein Herz schlagen, rieche dein Blut. Und das ist anziehender für mich wie bei jedem anderen. Ich kann dir nur zu bestimmten Zeiten nahe sein, wenn ich so wie gestern, zu lange nicht im Club war, wird das zur Folter dir so nahe zu sein. Der Geruch deines Blutes, das Schlagen deines Herzens wird zur körperlichen Qual für mich!"
„Kannst du das steuern, ich meine ...?"
„Ich habe dir gesagt, das ich dir nichts tue! Ich werde nichts tun was du nicht willst! Ich kann es kontrollieren, ich merke wenn es zu schlimm wird. Dann muss ich aber schnell weg von dir, wenn es soweit ist!"
„Warum? Was passiert dann?"
„Soweit werde ich es nicht kommen lassen. Vorher gehe ich!"
Lilly sah ihn an, sie glaubte ihm, obwohl sie nicht wusste, warum.
„Aber was bedeutet das? Ich meine was...?"
„Was andere Gefährten tun?"
Sie nickte.
„Bei andern ist das anders. Da ist es einfacher, beide sind relativ unverletzbar."
„Wieso müssen sie unverletzbar sein?"
„Wir haben mehr Kraft, die ist manchmal unkontrolliert, bei manchen Dingen."
„Was für Dinge?"
Luke griente: „Muss ich dir das wirklich sagen? Ich sagte doch wir können lieben und das auch körperlich. Allerdings kann es da etwas rauer zugehen, wie bei Menschen und ob ein Mensch das durchhalten oder schlimmstenfalls überleben würde, weiß ich nicht."
„Deswegen bist du..."
„Ich weiß sehr wohl was du willst!"
Lilly fühlte wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
Das Grienen wurde breiter: „Ich weiß wozu du mich reizen wolltest, aber auch wenn ich es will, es wäre zu gefährlich für dich. Ich weiß nicht wie weit meine Kontrolle reicht, ob auch unter diesen Umständen?"
„Ähm.. ok, was noch? Falls ich das wissen will!"
Wieder fing er an zu lachen: „Es sind mehrere Sachen, wir können uns im Notfall gegenseitig ernähren, unsere Wunden heilen dadurch schneller. So was!"
„Was heißt das? Ich dachte ihr seid unverwundbar?"
„Unverwundbar wäre herrlich!" sagte er, hob seine rechte Hand und zeigte sie ihr. Sie war komplett verheilt, trotzdem hatte sie ein schlechtes Gewissen.
„Ich wollte dir nicht..."
Er unterbrach sie: „Doch wolltest du! Aber ich kanns verstehen. Ich weiß nicht was ich damals getan hätte, wenn ich erfahren hätte, was ich da durch die Haustür gelassen habe!"
„Aber es heißt ihr könnt nicht in eine Wohnung wenn man euch nicht herein bittet?"
„Hast du das von derselben Quelle, wie der Tipp mit dem Kreuz und dem Knoblauch?"
„Ähm, ja!"
„Nächstes Mal frag mich einfach. Nicht alles, nicht annähernd alles stimmt was du glaubst zu wissen!"
„So was dann?"
Wieder griente er: „Willst du das wirklich wissen?"
„Sagst dus mir, auch auf die Gefahr hin, dass ich es mache!"
„Ich glaube nicht, dass du das machen würdest! Es gibt nicht wirklich viel, was stimmt.
Ich kann tagsüber raus, solange die Sonne nicht direkt scheint, zum Beispiel wenn es bewölkt ist. Ich habe auch keinen Sarg im Keller zum Schlafen. Erstens brauche ich nicht schlafen, zumindest nicht das was du unter schlafen verstehst. Ich brauche eine gewisse Erholungsphase, in der ich so was ähnliches tue wie schlafen und zweitens hab ich ein Bett."
Er lachte, sie sah ihn nur an.
„Weiterhin macht mir weder Knoblauch, noch Kreuze oder sonst irgendetwas kirchliches was aus. Ich kann ohne Probleme in eine Kirche gehen, kann mich mit Weihwasser duschen. Ich kann in jede Wohnung rein, ohne dass mich jemand darum bittet."
Lilly überlegte, war er dann schon vorher bei mir?
„Du sagst du hast mich gefunden, wann? An dem Abend wo wir uns kennen lernten?"
Luke schüttelte nur den Kopf.
„Du warst vorher schon bei..?"
„Ich habe dich schon eine Zeit lang beobachtet, ich habe auf dich aufgepasst! Ich habe... ich war...mmh."
„Du warst was?"
Er biss sich auf die Unterlippe, bevor er antwortete: „Ich stand schon einige Zeit vorher nachts neben dir und habe dich beobachtet."
„Du hast mich verfolgt!"
„Nein.. ja schon. Ich musste auf dich aufpassen, dich beschützen!"
„Musstest du! Ich dachte schon ich leide an Verfolgungswahn. Wie lange, bevor du .. bevor wir uns trafen."
„Eine Weile schon! Und es war nicht verkehrt. Immerhin hab ich dich gerettet!"
„Vor was? Wann?"
„Du hast mir doch erzählt, das du an Schutzengel glaubst, als ich dich fragte warum, hast du mir unter anderem erzählt, dass du einmal nachts das Gefühl hattest verfolgt zu werden..."
„Das warst ja dann wohl du!" unterbrach sie ihn.
„Nicht nur! Dir waren zwei Kerle durch die Gasse gefolgt, hatten schon einen Plan geschmiedet. Der der dir den Weg abschneiden wollte, habe ich zuerst geschnappt, dann den der dich gejagt hat."
„Was hast du mit ihnen gemacht?"
„Nichts, sie sind nur panisch in die entgegen gesetzte Richtung gerannt, nachdem ich sie etwas erschreckt habe. Sonst nichts!"
„Also warst du mein.."
„Schutzengel? Selten das einer von uns so genannt wird. Aber in gewisser Hinsicht ja! Ich wollte dir nie Angst machen, deswegen hielt ich mich im Hintergrund. Und tun würde ich dir nie etwas!"
„Ich habe manchmal das Gefühl gehabt, wenn ich morgens aufwachte nicht allein gewesen zu sein!"
„Ich stand ein paar Mal nachts bei dir. Sah dir zu beim Schlafen. Konnte nicht glauben, was ich hörte.." er lachte wieder auf: „hah, deine Atmung, dein Herzschlag, der mich förmlich verspottete. Ein Mensch, ein zerbrechlicher, schwacher Mensch. Ich wollte nicht glauben, was ich hörte, was ich roch. Hach, solange hab ich dich gesucht." Sein Lächeln wurde traurig, er sah sie schweigend an.
„Heißt das, das du mich zu einem....!"
„Nein! Ich weiß nicht was ich machen werde, aber ich habe gesagt und das verspreche ich, ich werde dir niemals etwas tun. Und das würde ich dir nie antun! Ich würde alles dafür tun, um es rückgängig zu machen. Ich wünsche dir diese Leben, diese Existenz nicht. Niemals werde ich dich zu einer von uns machen, ich weiß was es bedeutet und ich werde dir das nicht antun. Lieber macht mich dein Herzschlag, der Geruch deines Blutes wahnsinnig." Er kam näher, fuhr ihr mit der Hand sanft über die Wange.
Lilly schloss die Augen: „Aber ich habe deinen Herzschlag gehört. Jedes Mal wenn ich mich an dich gelehnt habe, jede Nacht wenn ich auf deiner Brust einschlief. Du bist warm, du hast ein Spiegelbild!"
„Ich habe dir doch gesagt, das nicht annähern alles wahr ist, was du glaubst zu wissen."
Seine Stimme war nur ein flüstern, er war ihr ganz nahe, sie fühlte seinen Atem auf ihrer Wange.
Seine warmen Hände auf ihrem Gesicht, sie legte ihre Hände auf seinen Brustkorb, merkte nichts.
Er spürte wie sie zusammen zuckte: „Ist es einfacher so..?"
Jetzt merkte sie seinen Herzschlag, regelmäßig, kräftig.
„Kannst du das steuern?" fragte sie immer noch mit geschlossenen Augen und ihren Händen an seiner Brust.
„Ja, aber ich muss mich genauso darauf konzentrieren wie beim Atmen."
„Ist es schwierig?"
„Manchmal, wenn ich nicht genug Energie habe, verliere ich die Kontrolle darüber, aber da ich mich eigentlich nie lange so nahe bei Menschen aufhalte, fällt das nicht auf."
Seine Hände begannen ihren Rücken zu streicheln, sie empfand keine Angst, sie fühlte gar nichts.
„Alles ok?" fragte er vorsichtig.
Nur ein Nicken, dann legte sie auch ihren Kopf an seine Brust.

Nach ein paar Minuten des Schweigens, fragt sie ihn vorsichtig: „Was noch? Was kannst du noch? Was nicht?"
Luke holte tief Luft: „Ich kann weder fliegen, noch mich in eine Fledermaus verwandeln!" sagte er lachend: „Wie gesagt draußen auch tagsüber herum laufen, ich fahre Auto, obwohl ich zu Fuß schneller bin, ich brauche Blut um zu leben. Mein Herz schlägt wenn ich will, genauso kann ich atmen. Ich brauche nicht schlafen, brauche nichts essen. Zumindest nicht das, was du darunter verstehst. Ich fühle, ich kann verletzt werden, aber es heilt schneller wie bei Menschen. Was noch? Ich weiß es nicht, normalerweise bin ich alleine und wenn ich in Gesellschaft bin, dann unter meinesgleichen oder bei den Menschen, die wissen was ich bin und die fragen mich so etwas nicht. Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht!" Er schwieg eine Zeit lang, dann sagte er: „Altern tu ihr nur langsam, sterben kann ich so gesehen nicht. Ich bin ja schon gestorben!"
Seine Stimme klang merkwürdig, traurig, ungewöhnlich.
„Wann?" selbst in ihrer Stimme hörte man, das sie Tränen unterdrückte.
„Ich bin 1844 geboren und 1862 gestorben, an den Folgen des Schwarzen Todes."
„Gott, bist du alt!" sagte sie und versuchte zu lachen, aber es gelang ihr nur, ein verzweifeltes Kichern zustande zu bekommen.
Jetzt lachte er auch: „Na danke auch, aber eigentlich bin ich erst 18!"
„Super!" sagte sie gespielt zynisch: „Dabei wollte ich nie einen Jüngeren!"
Sie löste sich aus seiner Umarmung, zog sich ein Stück zurück, sah ihn an.
Er lächelte, sie konnte sich nicht verkneifen auf seine Zähne zu schauen.
„Was suchst du? Glaubst du ich habe die ganze Zeit spitze Eckzähne? Wär wohl ein bisschen auffällig, oder?"
„Das heißt, du kannst das auch steuern?"
Er nickte: „Schau!" Dabei entblößte er noch mehr seine Zähne und sie sah wie seine oberen Eckzähne länger und spitzer wurden.
Für einen Moment zuckte sie zusammen.
„Ich werde dir nichts tun! Vorher würde ich lieber sterben!"
„Einfach zu sagen, wenn man schon tot ist!"
„Oh es gibt noch eine weitere Stufe!"
„So bist du noch nicht ganz..." sie sprach nicht weiter.
„Nicht ganz tot?" beendete er ihren Satz.
Wieder stieg ihr die Röte ins Gesicht: „So wollte ich....!"
„Lass es!" unterbrach er Lilly: „Komm es ist spät!"
Er zog sie wieder sanft zu sich, legte die Arme um sie und ließ sich mit ihr aufs Bett sinken.
Lilly ließ es zu, legte sich zu ihm, wie so oft in vergangenen Nächten und legte ihren Kopf auf seine Brust.
„Wenn das anstrengend ist, muss du das nicht die ganze Nacht machen!"
„Was?" fragte er sie leise
„Atmen und dein Herz schlagen lassen. Oder wirst du dann kalt?"
„Nein! Ich hab nur die Befürchtung, das du mich dann morgen aus Reflex reanimieren willst!" Seine Stimme klang vergnügt. Er war erleichtert, froh darüber, dass sie es wusste, auch wenn sie es anders erfahren hatte, wie er es wollte.
„Bei dem was ich alles erfahren habe, bezweifle ich, das ich das morgen vergessen habe. Zumal du morgen früh wahrscheinlich nicht da sein wirst, wenn ich aufwache, oder?"
„Wenn du willst, bin ich da!"
„Aber die Sonne?"
„Du hast so schwere Samtvorhänge, da kommt nicht mal Licht, geschweige denn Sonne durch! Allerdings befürchte ich, das du mich dann je nach Wetter den ganzen Tag bei dir haben wirst!"
„Mmh, ich glaube es gibt schlimmeres!"
„Seit wann bist du der Meinung?"
„Mmh, manchmal ändere ich meine Meinung!"
„Ich weiß!" Er merkte wie ihr Herz ruhiger schlug, ihre Atmung langsamer wurde. Sie war am Einschlafen. Langsam begann er ihren Rücken zu streicheln, er hörte wie ihr Körper mehr und mehr in den Schlaf glitt.

Als sie eingeschlafen war, ließ er seine Atmung und seinen Herzschlag stoppen. Lilly lag immer noch auf seiner Brust, er betrachtete sie wie so oft und hörte dem Schlagen ihres Herzens zu, nur jetzt schien es ihn nicht mehr zu verhöhnen. Es hatte schon fast etwas Beruhigendes an sich, dieses regelmäßige Klopfen, die ruhigen Atemzüge.
Nach ein paar Stunden stand er auf, ging in ihr Wohnzimmer, nahm einen Abfallsack und warf die ganzen Knoblauchdinger von den Fenstern und den Türen hinein und sprang über den Balkon um das Zeug in den Mülleimer zu werfen.

Lilly wurde wach, sie lag alleine im Bett, sah sich um. Wo ist er? Fragte sie sich, Warum ist er weg. Die Vorhänge sind zu, er hat Recht, da kommt kein Licht durch. Ich versteh das nicht?
Sie fühlte sich plötzlich so alleine, er war weg. Warum nur, sie wusste doch alles von ihm. Wieso ist er dann weg?
Langsam stand sie auf, ging ins Wohnzimmer und merkte das ihre Abschreckung für ihn weg war.
Plötzlich stand Luke wieder in ihrem Wohnzimmer, sie hatte ihn gar nicht gehört das er reingekommen war. Er schien genauso erschrocken wie sie: „Was machst du denn hier?"
„Ich wohne hier!"
„Das hab ich nicht gemeint, ich dachte du schläfst."
„Hab ich auch, aber ich bin wach geworden weil, ....ich weiß es gar nicht warum?"
Er sah sich im Wohnzimmer um: „Ich hab das Zeug weggeschmissen, wenn du nichts dagegen hast?"
„Nein, nicht wirklich!"
Sie streckte sich, gähnte, hielt sich schnell den Mund zu: „Tschuldigung!" murmelte sie.
„Kein Problem, komm wir gehen wieder rüber, es ist noch nicht einmal hell draußen:"
Luke legte seine Arme um sie und schob sie langsam in ihr Schlafzimmer zurück. Ein Kichern entfuhr ihr: „Hey ich hab hinten keine Augen, ich seh nicht wo du mich hinschiebst!"
Anstatt einer Antwort, hob er sie hoch, schnell legte sie ihre Arme um seinen Hals, ihre Beine um seine Hüften. So trug er sie ins Schlafzimmer, ließ sie auf das Bett fallen. Da sie ihn aber festhielt, fiel er mit ihr aufs Bett. Er fing sich mit seinen Armen ab, bevor er mit seinem Gewicht auf ihr landete.
Immer noch hielt sie ihn fest, er ließ sich langsam auf sie runter. Immer noch auf seine Arme gestützt, ließ er sie seinen Kopf nah an ihr Gesicht ziehen. Die letzten Zentimeter die ihre Gesichter voneinander entfernt waren, bevor sich ihre Lippen berührten, überbrückte er.
Zärtlich küsste er sie, drückte sanft seine Lippen auf ihre. Sie fuhr ihm durch die Haare, zog ihn fester an sich. Seine Hände streichelten ihre Arme, ihre Taille. Ihre eine Hand wanderte über seinen Rücken, bis zu seinem Gürtel, zog sein Hemd aus der Hose und fuhr ihm darunter. Dieses intensive Haut auf Haut, war fast zu viel für ihn.

Sie fühlte keine Angst, sie wusste das sie eigentlich Angst oder Panik oder irgendetwas vergleichbares vor ihm haben müsste, vor dem was er ist, was er ihr alles gesagt hatte, aber dem war nicht so. Eine Erklärung dafür wusste sie nicht, sie vertraute ihm, sie liebte ihn. Seine Nähe war angenehm.

Er machte sich nach ein paar Minuten los, sie schnappte nach Luft: „Du musst atmen. Ich nicht. Außerdem geht das zu weit, befürchte ich!"
„Warum, wir machen doch nichts!"
„Aber es wird zu viel für mich!"
„Das versteh ich nicht, du warst doch im Club!"
„Ja schon, aber erstens hatte ich nicht genug Zeit, weil ich dir nach bin und zweitens ist es nicht so, das nur dein Blut mich reizt. Ich habe dir doch gesagt, das Gefährten auch körperliche Liebe vollziehen."
„Und was würde mir schlimmsten Fall passieren?"
„Ich würde dich vielleicht töten!"
„Durch was?"
„Wir trinken voneinander, aber das könnt ich wahrscheinlich unter Kontrolle halten, aber nur ein zu fester Griff und ich würde dir was brechen, vielleicht sogar das Genick, im harmlosesten Fall hast du ein paar blaue Flecken."
„Und das kannst du nicht steuern?"
„Ich weiß es nicht? Ich habe es noch nicht herausgefunden!"
„Du hast noch nie mit einer Frau....."
„Ich sagte doch, du bist die einzige für mich. Keine andere hatte je diese Art von Anziehung auf mich! Was ist mit dir?"
Dabei stütze er sich wieder auf seine Arme und sah sie an.
„Was ist mit deinen Augen?"
„Warum, was ist damit?"
„Sie sind nicht mehr so blau, sie scheinen grün zu werden!"
„Das ist normal. Bei Wut, Hass oder sonstiger Erregung, werden sie grünlich, für die meisten kaum sichtbar. Bei Hunger oder wenn ich trinke glitzern sie silbern, dadurch kann ich selbst in völliger Dunkelheit sehen, ich sehen wenn jemand kommt, ich sehe auch wie das Herz, von demjenigen von dem ich trinke, schlägt, damit ich nicht zu spät aufhöre!"
„Das heißt man sieht an deinen Augen was du fühlst!"
„Nicht alles, man erkennt keinen Unterschied zwischen den Gefühlen, man sieht nur etwas, wenn sie intensiv genug sind und bei Hunger!"
„Kannst du das steuern?"
„Mit viel Energie, theoretisch schon! Aber du weichst meiner Frage aus! Hast du schon mit...?"
Sie schüttelte den Kopf.
„Warum nicht? Ich meine..." er sah an ihrem Körper entlang: „nicht das du wahrscheinlich, also mit Sicherheit, genug Möglichkeiten gehabt hättest."
„Was meinst du damit?"
„Nur das wahrscheinlich viele Männern, viel versucht haben um dich...mmh!"
Sie stupste ihn in die Flanke, allerdings war sie sich sicher, dass es ihr mehr weh tat wie ihm. Sein Kichern war die Antwort.
„Also warum nicht?" fragte er erneut.
„Ganz schön neugierig! Aber wahrscheinlich, liegt es daran, das noch keiner diese Art der Anziehung auf mich hatte!" Sie wählte mit Absicht die gleichen Worte wie er, aber irgendwie klang das bei ihr merkwürdiger. Wieder fing er an zu kichern.
„Warum dann ich?"
Seine Augen waren wieder blau, als sie hineinsah: „Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht wieso du in diesem überfüllten Club meine Aufmerksamkeit auf dich gezogen hast. Wieso ich mich mit dir unterhalten habe. Irgendeine Art innerer...."
„.... Drang." beendete er ihren Satz. „Siehst du, du kannst das auch nicht erklären! Genauso wenig wie ich dir erklären kann, wieso du meine Gefährtin bist und woher ich das weiß. Es ist einfach so!"
Sie holte tief Luft, konnte aber nichts sagen. Er hat Recht, es gibt keine logische Erklärung dafür. Genauso wenig, wie für seine Existenz. Sie wusste nur eins, sie liebte ihn, egal was er war.
Sanft legte sie die Arme um seinen Hals, zog ihn wieder näher zu sich. Ein Arm von ihm schob sich unter ihren Rücken und bevor sie wusste was das sollte, drehte er sich mit ihr herum. Jetzt lag sie wieder auf ihm, er legte beide Arme um sie und drückte sie fest an sich.
„Aua, nicht so fest!"
Sofort wurde seine Umarmung lockerer: „Sorry! War nicht meine Absicht!"
Lilly fing an zu kichern, legte ihr Gesicht auf seine Brust.
„Warum lachst du?"
„Ich sag nur kurz Aua und du lässt mich sofort los!"
„Und was ist daran so komisch!"
„Komisch eigentlich nichts. Nur .. na ja.. du hast zu mir gesagt, dass du mir nie was tun würdest..."
„Stimmt ja auch!"
„Weiß ich jetzt auch!"
„Heißt das du glaubst mir?"
„Bei dem was du mir alles erzählst hast, hab ich nur zwei Möglichkeiten. Entweder ich glaube dir oder ich halte dich für irre!"
„Und wieso hältst du mich nicht für irre?"
„Ich habe schon mit Irren zu tun gehabt, die sich viel eingebildet haben was sie angeblich sind..."
Während sie sprach ließ sie ihre Hand über seine rechte Hand fahren: „..aber physische Reaktionen, wie du auf die Taschenlampe, kann man nicht vortäuschen!"
Seine Hand schloss sich um ihre: „Erinnere mich nicht daran. Das tat weh!"
Sie hob den Kopf, zog einen Schmollmund: „Du hast selbst gesagt, dass du mir nicht sagen kannst, was du getan hättest!"
Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände küsste sie sanft auf den Mund.
„Ich weiß! Du siehst aber, es verheilt schnell! So lange ich kein Sonnenbad nehme ist alles ok!"
„Was würde dann passieren, löst du dich auf, oder....?"
„So gesehen nicht, meine Haut verbrennt, meine Knochen bersten, im Endeffekt zerfalle ich zu Staub. So wie mein Körper es schon seit einer Ewigkeit hätte tun sollen. Wie sieht jemand aus der schon über 100 Jahre tot ist."
„Bestimmt nicht mehr so gut wie du!"
Luke fing an zu lachen. „Deine Komplimente werden immer besser:"
Lilly legte ihren Kopf wieder auf seine Brust, sie hörte nichts: „Kein Herzschlag?"
„Nein, willst du das ich...?"
„Nö! Ich muss mich nur dran gewöhnen!"
„Aha, damit du mir nicht doch noch einen Initialschlag verpasst!" Wieder ein leises Kichern von ihm.
„Mach dir nur lustig über mich!"
„Das mach ich doch nicht! Ich versuch mir grad nur vorzustellen, wie....hihihi!"
„Hör auf zu kichern! Ich kann dir ja mal einen verpassen!"
Sein Kichern wurde lauter: „Das bringt nichts! Das funktioniert nur beim Kammerflimmern, wenn das Herz zu schnell schlägt und nicht mehr richtig pumpt und außerdem denke ich, es wird dir mehr wehtun wie mir. Also lassen wirs lieber!"
„Ich befürchte du hast Recht! Ich lass es lieber!"
Ihre Stimme klang wieder schläfrig.
„Schlaf was! Es ist schon fast hell draußen!"
„Woher weißt du das, der Vorhang ist doch zu!"
„Aber im Wohnzimmer nicht!"
Lilly hob ihren Kopf, sah nach hinten zur Schlafzimmertür: „Aber die Tür ist doch zu! Wie kannst du das wissen?"
„Ich weiß es einfach......ok, ich seh das Licht unter der Tür durch!"
Sie drehte sich herum, legte ihren Kopf wieder auf seinen Brustkorb und schlief ein.

Luke sah ihr beim Schlafen zu, hörte ihren Herzschlag, ihre Atmung.
Sie ist so schön, dachte er, wie sie so ruhig schläft. Ob sie mir wirklich vertraut? Ich weiß es nicht. Aber immerhin schläft sie ruhig auf mir, das macht man nicht wenn man jemand nicht vertraut.
Sie bewegte sich im Schlaf, rieb ihr Gesicht an seiner Brust, kam mit ihrem Gesicht nah an seines und er roch an ihren Haaren, sog ihren Geruch förmlich auf. Ihr Geruch hatte sich verstärkt, er merkte wie sie erschauderte, sich noch näher an ihn heran kuschelte.
Ihr ist kalt, dachte er, ich friere nicht mehr, aber sie. Er kramte eine Decke heran und zog sie über ihren Körper.

Lilly wurde wach, weil sie spürte wie Luke sie sanft über den Rücken streichelte. Als sie am Aufwachen war merkte sie, oder viel mehr hörte sie, wie Luke an ihr roch.
„Was machst du da?" fragte sie schläfrig.
„Nichts!" kam seine Antwort.
„Lüg nicht! Ich merks und hörs! Du riechst an mir!"
„Ja, du hast recht!" sagte er resigniert.
„Warum?"
„Weil...weil sich dein Geruch durch das Schlafen und die Wärme unter der Decke verstärkt!"
„Das erklärt aber nicht warum?"
„Weil du gut riechst?"
„Nach was?"
„Nach dir! Was glaubst du welcher Spur ich gefolgt bin?"
„Du riechst mich?"
„Ja, ich hab dir doch gesagt, das meine Sinne sich verstärkt haben!"
„Das ist ja schon fast unheimlich!"
„Wenn das das unheimlichste ist was du an mir findest, ist das entweder beunruhigend oder sehr beruhigend!"
„Sehr logisch!"
Jetzt stupste er sie, sie zuckte zusammen: „Hey, nicht!"
„Warum? Tat das weh?"
„Nein ich bin nur kitzlig!"
Luke fing an zu lachen: „So bist du?"
„Wehe, ich warn dich, wenn du....!"
Weiter kam sie nicht, er fing an sie zu kitzeln, sie lachte, schrie und kicherte: „Oh, ...nein....haha.. bitte nicht, hihihi, hör auf, das...ist gemein...ich kann mi....mich.. nicht...wehren...., ahh,...lass...lass das....Luuke!" Sie strampelte, fuchtelte herum, aber ihn abwehren konnte sie nicht: „Luke, bitte!" Sie kicherte immer noch.
„Was?"
„Hör auf, bitte!"
„Soll ich wirklich?" Er klang besorgt.
„Es tut nicht weh. Es ist..ah ich bin kitzlig."
Sie packte ihn mit beiden Händen in die Flanken, er zuckte zusammen: „Hey, lass das!"
Höre ich da ein kichern, fragte sie sich.
„Sag mal, bist du kitzlig?"
„Wehe!" das klang freundlich warnend, sie hörte ein glucksen in seiner Stimme.
„Also doch!" stellte sie fest
Jetzt begann sie ihn zu kitzeln, musste aber etwas grober zupacken.
„Nein! Nicht! Lass....lass...das!" Sein Lachen wurde lauter, er wehrte sich, aber nur halbherzig. Sie wusste, dass wenn er sich nur etwas mehr anstrengen würde, sie keine Chance hatte ihn weiter zu kitzeln.
Sie begannen sich auf dem Bett zu wälzen, sich gegenseitig kitzelnd.
Lilly war einiges grober wie er, plötzlich packte er sie und drückte sie unter sich aufs Bett.
„Jetzt ist Schluss damit!" Seine Stimme war sanft, er kicherte immer noch.
Lilly lag unter ihm, konnte sich nicht bewegen, sich nicht wehren.
„Luke, lass das!"
„Warum?"
„Weil ich es will. Und du mir gesagt hast, das du nichts tust was ich nicht will! Oder?"
Luke drehte sich sofort von ihr runter, rutschte ein ganzes Stück von ihr weg, drehte sich auf den Rücken und hob ergeben die Hände.
„Bin schon weg!"
Lilly begann wieder zu kichern: „Das ist alles dein Ernst gewesen!"
„Was?"
„Was du gesagt hast!"
„Natürlich! Ich habe dir versprochen, dir nichts zu tun, nichts zu machen was du nicht willst!"
Sie stützte sich auf den Ellenbogen ab und sah ihn an. Zu gerne würde sie ihn im Sonnenlicht sehen, sie würde gerne wissen, ob seine blonden Haare so glänzten wie sie es sich vorstellte.
Aber das würde wohl nicht passieren, nicht ohne ihn zu töten. Sie streckte ihre Hand zu ihm herüber und fuhr ihm durch die Haare, strich ihm die Strähnen aus dem Gesicht.
Luke griff nach ihrer Hand, küsste sanft ihre Innenfläche und sah sie mit diesen blauen Augen an.
„Musst du heute arbeiten?"
„Nein! Ich hab doch frei!"
„Und was machst du dann heute?"
„Mmh, im Bett bleiben!"
„Den ganzen Tag?"
„Ja!"
Er stand auf, ging zum Fenster und wollte gerade den Vorhang aufziehen.
„Bist du wahnsinnig? Laß den Vorhang zu!"
„Keine Sorge, es scheint keine Sonne, der Himmel ist bewölkt!"
„Woher willst du das wissen?"
„Erstens Instinkt, zweitens ist der Vorhang nicht warm. Dieser schwere, rote Samtvorhang zieht die Sonne an, wird warm, wenn die Sonne direkt draufscheint. Ich hab auch überwiegend solche. Halten dunkel, selbst im größten Hochsommer, scheint keine Sonne durch!"
Während er noch sprach, zog er die Vorhänge auf.
Lilly hielt die Luft an, doch er hatte Recht, kein Sonnenstrahl fiel durch das Fenster, es war so bewölkt, das es schon fast dämmrig war.
Luke zeigte zum Fenster: „Siehst du! Ich will mich ja nicht selbst umbringen, tut verdammt weh!"
Das diesige Licht fiel durchs Fenster und er stand davor, lehnte seine Stirn ans Fenster, stützte seine Hände an dem Glas ab und sah nach draußen.
„Für einen Mensch ist diese Wohnung herrlich, morgens die Sonne im Schlafzimmer, abends den Sonnenuntergang im Wohnzimmer und auf dem Balkon. Für mich ist deine Wohnung an sonnigen Tagen eine Falle, wenn du nicht diese schweren Vorhänge hättest....!"
„Die hab ich damit ich nach den Nachtdiensten tagsüber schlafen kann!"
„Ich weiß!" sagte er nur und sah weiter aus dem Fenster.
Nach einer Weile sagt er: „Weißt du, als Kind habe ich die Sonne geliebt, meine Eltern fanden es immer schlimm wie braun ich war, weil ich nur draußen war. Zu diesen Zeiten war die vornehme Blässe angesagt, nur die die arbeiten mussten waren gebräunt, die Wohlhabenden waren weiß, puderten sich noch, damit man ja sah das man genug Geld hatten. Und jetzt legen sich Menschen ins Solarium umso braun wie möglich zu werden."
„Aber du bist nicht bleich, du bist gebräunt!"
„Ja, weil ich so aussah, wo ich verwandelt wurde! Ich war immer in der Sonne, immer draußen im Garten, solange bis ich nicht mehr durfte, vielmehr nicht mehr konnte." Seine Stimme hatte wieder diesen betrübten Tonfall.
Lilly stand auf, stellte sich hinter ihn, strich ihm über den Rücken bis zu seiner Taille und legte dann ihre Arme um seinen Oberkörper. Er fühlte ihre Wärme, fühlte ihren Herzschlag und atmete tief durch. Den Grund dafür wusste er nicht, er brauchte nicht zu atmen.
Ist wahrscheinlich einfach nur Angewohnheit, sagte er sich. Aber es fühlt sich so gut an, jemanden so nah bei sich zu haben und jetzt wo sie es wusste, war es noch schöner. Erleichterung strömte durch seinen Körper.
Er legte seinen Hände auf ihre, zog sie zu seinem Mund und küsste sie. Küsste jeden ihrer Finger und merkte wie sie ihren Kopf an seinen Rücken lehnte.
Ihre Nähe tat so gut.

So standen sie eine Weile, dicht beieinander, sahen sie zum Fenster raus. Sie sah, wie die Wolkendecke langsam aufriss.
Sie zog scharf die Luft ein: „Luke! Wolken! Sonne!"
„Ich sehs!" Luke entzog sich sanft ihrer Umarmung.
Sie ließ ihn los, wollte es zwar nicht, wusste aber das es sein musste.
„Warte, ich mach die Vorhänge zu!" Lilly zog ihn vom Fenster zurück und schloss die Vorhänge. Ging danach ins Wohnzimmer und tat dort das gleiche. Allerdings waren die Vorhänge im Wohnzimmer wesentlich dünner und ließen Sonne durch.
„Was jetzt?" fragte sie zu ihm gewandt. Er stand in der Tür und sah ins Wohnzimmer: „Das heißt ich muss zwangsweise im Schlafzimmer bleiben!"
„Bei dir zu Hause.."
„...hab ich überall solche schweren Vorhänge, die ich bei Sonne zuziehen kann!"
„Das heißt du kannst dich da den ganzen Tag frei bewegen."
„Ja schon, aber wenn ich die Wahl habe zwischen meinen Zuhause, wo ich mich frei bewegen kann und in einem Zimmer bleiben zu müssen, aber bei dir zu sein, fällt mir die Entscheidung nicht schwer!"
Er lächelte sie an, ihr Herz machte einen Sprung.
„Ich habs gehört!"
„Was?"
„Deinen Herzschlag!"
„Und was hast du gehört?"
Er lachte auf: „Alles!"
Lilly legte den Kopf schief, griente ihn an: „Du bist gemein!"
„Bin ich gar nicht!" dann drehte er sich herum und ging zurück ins Schlafzimmer. Sie hörte wie er sich aufs Bett fallen ließ.
„Hey mach mein Bett nicht kaputt, ich brauch das!" Ein kichern kam aus dem Schlafzimmer, sie ging dem nach und sah wie er auf dem Rücken lag.
„Was machst du da?"
„Nur so rumliegen!"
„Wenn du ein Standardvampir wärst, würdest du entweder unterm Bett liegen oder irgendwo kopfüber an der Decke hängen!"
Luke fing brüllend an zu lachen: „Standardvampir? Was ist das? Wieso kopfüber oder unterm Bett?"
Sie blieb vor dem Bett stehen: „Ja da seid ihr doch normaler Weise, oder? Entweder versteckt ihr euch unterm Bett und wartet oder ihr hängt irgendwo rum, meist an den hölzernen Gestellen der alten Betthimmel!"
Wieder fing er an zu lachen: „Woher hast du so was? Du solltest nicht so viele dieser absurden Vampirfilme schauen! Davon redest du nur im Schlaf und wälzt dich herum!"
„Woher...? Ach vergiss es!"
„Woher ich das weiß?"
„Ich kanns mir denken!"
Luke richtete sich schnell auf, packte sie an den Armen und zog sie ins Bett. Dieses tat mit einem lauten Knarren kund, das sie mit vollem Gewicht auf ihm gelandet war.
„Au!" quengelte sie.
„Noch mal fall ich darauf nicht rein. Du bist auf mir gelandet, nicht anders herum!"
Lilly kicherte: „Verdammt!"
„Und was heißt Standardvampir und seit wann sprichst du dieses Wort aus?"
„Woher soll ich das wissen, du musst das doch wissen. Du bist doch einer, nicht ich!"
„Willst du mich ärgern?"
„Nein, wo denkst du hin?"
Er legte seine Arme um sie und drückte sie vorsichtig an sich. Langsam verstärkte er seine Umarmung. Lilly schnappte nach Luft: „Nicht so fest." jammerte sie. „Das machst du jetzt mit Absicht!"
„Nein, wo denkst du hin!" kicherte er.
„Du bist ganz schön fies zu mir!" sie zog wieder einen Schmollmund: „Ich armes, schwaches Mädchen habe keine Chance gegen dich!"
Luke drückte sie noch fester an sich: „Das wäre ja noch schöner, ein Mensch der gegen mich ankommt!"
Wieder drückte er sanft seinen Mund auf ihren, sie erwiderte diesen Kuss, fühlte wie angenehm es war. Vorsichtig zog er sie weiter hoch, so das seine Lippen langsam von ihrem Mund, über ihr Kinn zu ihrem Hals glitten. Er fühlte ihren Herzschlag an seinem Mund.
So nah, dachte er, kaum etwas trennt mich noch von ihrem... Plötzlich zog er sich unter ihr weg, sprang vom Bett und stand an der Schlafzimmertür.
„Was ist?" fragte Lilly irritiert.
„Zu nah!" keuchte er: „Zu gefährlich!" Aber so gut, dachte er.
„Luke..was..aber ich versteh...."
„Ich hätte nicht herkommen sollen, ich hätte gestern Abend noch mal ins Zero gehen sollen...!" sagte er mehr zu sich selbst.
Lilly zog ihre Beine an, kroch ganz nach hinten, lehnte sich ans Kopfteil und sah ihn erstaunt an:
„Was passiert jetzt?" fragte sie vorsichtig. Irgendwie war sie der Meinung, dass sie das vielleicht gar nicht wissen wollte
„Dir? Gar nichts!" Er holte tief Luft: "Ich bin selbst schuld, ich wusste das ich dir besser nicht so nahe kommen sollte und trotzdem....!"
„Kannst du das kontrollieren?"
„Was?"
„Deinen...ich weiß nicht genau..was es ist...Drang...Hunger..oder was auch immer!"
„Eigentlich schon!"
„Eigentlich?" entfuhr es ihr eine Spur zu hysterisch.
„Ja...nein...also das ist schwerer bei dir!"
„Warum?"
„Weil du, dein Blut mich mehr reizt wie das der anderen!"
„Warum?"
„Ich weiß es nicht!", sagte er verzweifelt: „es ist einfach so. Ich weiß, das ich bei dir nicht nach ein paar Schluck aufhören könnte. Dein Blut reizt stärker, intensiver, es ist wie...." Er überlegte eine Weile: „wie guter Wein. Wenn du ihn riechst und einmal davon probiert hast, schmeckt alles andere wie Traubensaft, wie Wasser, verstehst du?"
Lilly sah ihn an, schüttelte langsam den Kopf: „Ich habs nicht so mit Wein!"
Luke fing an zu lachen, es klang genauso verzweifelt wie seine Stimme. Seine Hände griffen nach dem Holz des Türrahmens, langsam machte er einen Schritt nach links, stand dann ganz an der Wand, sah sie an: „Ok! Etwas anderes." Wieder überlegte er: „Blumen."
„Blumen?"
„Ja, stell dir vor du gehst an einem Garten vorbei, der voller Blumen ist. Jede riecht gut, an jeder kannst du kurz riechen und dann weiter gehen. Aber dann findest du eine, die riecht so viel besser wie die anderen. Und du weißt, wenn du an dieser gerochen hast, das du dann nicht mehr einfach weitergehen kannst, verstehst du?"
Sie nickte langsam.
„Also hast du die Wahl, entweder du näherst dich ihr nicht, denn von einer gewissen Entfernung ist es erträglich, passt aber auf, das niemand andere ihr zu nahe kommt und ihr etwas tut. Oder du ergibst dich ihrem Geruch und gehst näher hin, riechst an ihr und kannst nicht mehr aufhören. Du musst aber weiter und um nicht diesen Geruch zu verlieren, pflückst du sie um sie mitzunehmen!" Luke sah sie wieder an, sie nickte erneut.
„Das Problem ist dann nur, das wenn du sie gepflückt hast, sie eingeht, ...sie stirbt, weil du nicht aufhören kannst an ihr zu riechen. Und so ist es bei dir. Ich habe die Wahl, dir, vielmehr deinem Blut fernzubleiben, aber aufzupassen das das auch jeder andere tut. Dich zu beschützten gegen jeden. Oder ich ergebe mich diesem Drang, dein Blut zu kosten, weiß aber, das ich nicht aufhören könnte, bevor ich alles hätte und dich damit töten würde!"
Ein Schaudern durchlief ihren Körper.
Luke merkte es: „Und genau deswegen bleib ich manchmal etwas auf Abstand zu dir, weil ich weiß was passiert und das will und werde ich nicht zulassen."

Lilly sah zum Fenster hinüber, nur einer der beiden Vorhänge war zugezogen, sodass sie sah wie sie eine dicke, schwarze Wolke vor die Sonne schob: „Was passiert jetzt? Wie lange hältst du das aus?“ Sie sah wieder dahin, wo ihrer Meinung nach Luke stand, aber sie war alleine. Die ersten Regentropfen klatschten an ihr Fenster, sie stand auf, ging ins Wohnzimmer und sah das Luke hier auch nicht mehr war. Die Balkontür war angelehnt, sie ging hinaus auf den Balkon, sofort trieb ihr der Wind die Regentropfen ins Gesicht.
Als sie nach unten sah, entdeckte sie noch den dunklen BMW. Luke musste zu Fuß weg sein, dachte sie.
Nachdem sie wieder im Wohnzimmer war und die Balkontür verschlossen hatte, ging sie langsam zurück ins Schlafzimmer, setzte sich wieder aufs Bett.
Mit dem Rücken an das Kopfteil gelehnt, zog sie die Beine an und ihre Gedanken begannen wiedermal zu kreisen:
Alles was er ihr gesagt hatte, ergab Sinn. Jede Warnung von ihm war nun logisch, jede Ausrede nachvollziehbar. Wieso er nicht tagsüber bei ihr blieb, wieso er ihr nicht gesagt hatte, was er in den Club tat. Ich kann gefährlich sein, hatte er zu ihr gesagt. Ich muss dich schützten vor mir, hatte er gesagt. Alles schien vollkommen logisch zu sein. Er hatte ihr gesagt, dass sie alles verstehen würde, wenn sie die Wahrheit wissen würde und genau das geschah.
Sein Verhalten, die Art wie er manchmal sprach, die Worte die er wählte.
Bin ich wirklich seine Seelenverwandte, seine Gefährtin. Es würde erklären, warum ich ihm so schnell vertraute, wieso er mir aufgefallen ist. Wieso mich bei anderen Männern selbst jede Kleinigkeit gestört hatte, wie weiße Tennissocken zu schwarzen Schuhen, oder die Art wie sie mich angeschaut haben. Wenn es wirklich so ist, dass ich einfach zu ihm gehöre, würde es erklären warum niemals irgendjemand anderer mein Interesse geweckt hatte.
Aber wie kann so etwas sein, so was gibt es nicht.
Genauso wenig wie es etwas wie ihn gibt?
Vielleicht gibt es so etwas wirklich, aber warum gerade ich?

Sie sah auf das Bild mit dem Einhorn, erinnerte sich daran wie seine Reaktion darauf war. Seine Reaktion als sie mit ihm über Vampire diskutiert hatte.
Er hatte recht gehabt, sie verstand alles, zumindest dass was er ihr gegenüber getan und gesagt hatte. Jede Andeutung von ihm, wurde ihr bewusst, war so offensichtlich. Alles was er gesagt hatte, jede Bemerkung, war jetzt so eindeutig, dass sie nicht glauben konnte, wie sie es nicht herausgefunden hatte, was er ihr verheimlichte. Obwohl sie, wenn sie ehrlich war, ihn jetzt sehr gut verstehen konnte, wieso er ihr so viel und gerade das verheimlicht hatte.
Trotzdem wusste sie nicht wirklich, was sie jetzt tun sollte, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Auf jeden Fall, dachte sie, wird es ab jetzt wesentlich einfacher, für ihn und für sie. Zumindest würde sie sich nicht mehr wundern, wenn er plötzlich gehen musste, Abstand zu ihr wahrte, aber wissen wie sie oder was sie tun sollte, wusste sie nicht. Sie hoffte nur, dass er endlich aufhören würde sie anzulügen.
Obwohl er das eigentlich nicht wirklich getan hatte, wenn sie sich an alle Gespräche erinnerte, er hatte ihr immer nur gewisse Dinge verschwiegen. Denn wenn er ihr alles gesagt hätte, hätte er ihr alles erzählen müssen. Dennoch hatte er ihr mehr erzählt, wie sie es getan hätte, wenn sie in seiner Situation gewesen wäre.

Das Ganze begann eine Faszination auf sie auszuüben, der sie sich nicht entziehen konnte, sie wollte mehr wissen, von ihm, über ihn. Jetzt würde er doch keine Geheimnisse mehr vor ihr haben, oder?

Plötzlich hörte sie etwas im Wohnzimmer, sie sah sich kurz um, sah das es bereits spät war. Zögerlich stand sie auf, tapste zur Tür, spähte hinaus und sah jemanden im Dunkeln in ihrer Wohnung herumlaufen.
„Oh, ich dachte du schläfst?“
Lilly schaltete das Licht an, sah Luke, der keine drei Meter von ihr entfernt stand: „Nein. Was machst du hier. Vorhin bist du so schnell weg und jetzt….“
Luke sah sie an: „Vorhin? Also du untertreibst etwas, das war vor über vier Stunden!“
Er stand direkt vor ihr: „Alles ok?“ fragte sie ihn vorsichtig.
Luke fing leise an zu lachen: „Ja, alles ok!“
„Warum lachst du?“
„Eigentlich müsste ich dich das fragen!“
„Warum?“
„Ich hab dir schließlich wahrscheinlich den Schreck deines Lebens verpasst!“
Lilly zuckte mit den Schultern, sah ihn dann an: „Eigentlich schon, aber so langsam wird mir vieles klar. Zumindest denke ich das. Es scheint so als ob du recht gehabt hättest, als du mir gesagt hast, dass ich alles verstehen und begreifen würde, wenn du mir alles erklärt hättest, obwohl mein Verstand immer noch etwas Probleme hat, alles zu verarbeiten!“
Luke griff zögerlich nach ihr, fuhr ihr sanft mit den Händen über ihre Wangen, zog sie dann langsam zu sich und küsste sie zärtlich.
Nachdem sich ihre Lippen gelöst hatte, fragte er leise: „Es dauert, aber dann wirst du dich daran gewöhnt haben!“
„Wie kannst du dir da so sicher sein?“
„Ich hab auch ne Weile gebraucht, mich daran zu gewöhnen!“
Lilly ging langsam zurück ins Schlafzimmer, Luke folgte ihr, legte sich schließlich zu ihr aufs Bett und zog sie wieder nah zu sich. Lilly legte ihren Kopf, wie so oft, auf seinen Brustkorb.
„Erträgst du meine Nähe jetzt besser?“ fragte sie ihn.
„Ja!“
„Was hast du gema….ah ich glaub ich will es gar nicht wissen, zumal ich es mir denken kann!“
Sie hörte wie Luke leise kicherte.
„Warum machen die das freiwillig?“
„Wer?“
„Die Menschen, die in den Club kommen?“
Sie merkte wie er mit den Schultern zuckte: „Ich weiß es nicht und ehrlich gesagt hab ich nie darüber nachgedacht. Ich bin froh das sie freiwillig kommen und wir sie nicht jagen oder zwingen müssen, also fragt man nicht nach!“
„Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, so heißt es doch, oder?“
„Ja, nach dem Prinzip. Weißt du, es ist nicht mehr so einfach wie früher.“
„Was?“
„Sich Nahrung zu beschaffen. Früher war es einfacher, selbst wenn ein Mensch dabei gestorben ist, aber heute ist die Technik um die Todesursache herauszufinden besser, früher waren sie halt tot. Herzversagen oder weiß der Geier was, aber einfach ne Leiche zu finden, wo kein Blut mehr drin ist und nirgends das Blut gefunden wird, macht die Menschen neugierig, sie wollen dann herausfinden wieso und weshalb und dann wird es schwierig.“
„Aber du hast doch gesagt, ihr müsst niemanden töten!“
„Wenn man nicht genug bekommt oder wenn der Mensch es mitbekommt, ist das eine… mmh, wie soll ich sagen,…Möglichkeit ein Problem zu beheben, bevor es eines wird, verstehst du?“
„Hast du je.., also Probleme behoben?“
„Am Anfang, wo ich noch jung war, hatte ich keine Kontrolle aufzuhören, bevor es zu spät war. Da sind eigentlich alle gestorben, nach und nach bekam ich genug Kontrolle, genug Selbstbeherrschung um aufzuhören. Deswegen dieser Club, wir passen gegenseitig darauf auf, dass keiner zu weit geht. Gerade dann wenn es Junge sind, die dazukommen!“
„Aber wer sagt euch, was richtig ist oder wie weit ihr gehen dürft. Entscheidet das jeder für sich?“
„Nein! Wir haben einen Ältestenrat. Die entscheiden vieles. Wer verwandeln darf, zum Beispiel, damit es eine Kontrolle gibt, wie viel es von uns gibt. Wie weit wir gehen dürfen, ab wann es zu viel Opfer gibt und so was!“
„Aber hält sich jeder daran?“
„Oh ja, sie haben ihre Strategien um uns unter Kontrolle zu halten.“
„Inwiefern?“
„Na ja, zum Beispiel ist es klar festgelegt, das derjenige uns es freiwillig geben muss, zwingen wir einen Menschen, sind wir dran!“
„Wie dran?“
„Schmerzhaft dran!“
„Töten sie eu...“
„Manchmal! Meist kriegt man nur ein Sonnenbad, aber das reicht!“
„Mmh! Was noch?“
„Sie entscheiden, wer verwandeln darf!“
„Und wer und wie?“
„Erst ab einem bestimmten Alter, wenn man genug Kontrolle hat um auch den Jungen unter Kontrolle zu halten!“
„Wieso?“
„Hach, erstens wenn du keine Kontrolle hast, kannst du den Jungen nicht erziehen, du kannst ihm keine Kontrolle lehren, kannst ihn nicht aufhalten, wenn er außer Kontrolle gerät, weil du eventuell mit deiner eigenen kämpfen musst und zweitens musst du gewisse Erfahrung haben, wie verhalten sich Menschen, zum Beispiel, es sind Dinge, die du wieder lernen musst. Dinge die für dich normal waren, wie dich zu bewegen. Kein Mensch kann stundenlang, tagelang völlig bewegungslos verharren. Wir schon, so was würde einem Menschen auffallen, wenn du stundenlang vor ihm sitzt und deine Position nicht änderst. So was halt!“
„Was ist, wenn man sich daran nicht hält?“
„Dann wird der, der verwandelt hat und der, der verwandelt wurde getötet!“
„Einfach so, aber der, der verwandelt wurde, kann doch gar nichts dafür!“
„Aber niemand würde ihn aufnehmen, sich um ihn kümmern, er wäre immer eine Gefahr für euch Menschen, deswegen. Und damit das auch jeder lernt, wird so hart durchgegriffen! Zu oft wurde verwandelt aus falschen Gründen.“
„Wie, falsche Gründe?“
„Mitleid, Liebe, so was!“
„Und was ist daran falsch?“
„Du kannst nicht einfach jeden verwandeln, nur weil du es willst! Du kannst nicht dein Kind oder einen Elternteil, oder beide oder Geschwister oder einfach nur jemanden, der dir Leid tut verwandeln!“
„Aber du?“
„Ja, ich weiß und irgendwie glaube ich nicht das sie sich hat erwischen lassen. Ich glaube das war als Strafe für sie, weil sie mich verwandelt hatte. Nur fanden sie mich nicht und ich war kontrollierter wie sie dachten. Ich erlaubte mir keine Fehler, hielt mich an Regeln, hinterließ kleine Spuren. Ich war schneller beherrscht wie die meisten, normalerweise dauert es hundert Jahre oder länger, ich war keine sechzig und hatte mich unter Kontrolle und mich dann einfach töten, obwohl ich mich an alle Regeln hielt, konnten sie nicht. Aber ich weiß, oder bin mir sicher, das ich lange mit Argusaugen bewacht wurde. Und jetzt da sie merken, dass ich mich mit Menschen umgebe, also auch in den Club gehen ohne etwas zu tun, ist ihnen bewusst, das ich keine Kontrolle mehr von ihnen brauche.“
„Das heißt, du dürftest verwandeln?“
„Nein! Ich bin noch zu jung!“
„Zu jung?“ fragte sie erstaunt.
Luke lachte: „Ja, einer unserer Ältesten war bei der Erbauung Roms dabei, und bei dessen Niedergang!“
Lilly zog erstaunt die Luft ein: „So alt?“
„Ja, aber mittlerweile sieht man es ihm an!“
„Was?“
„Das er alt wird!“ sagte Luke wieder kichernd.
„Mmh, alt ist gut, uralt und selbst das ist milde ausgedrückt!“
„Alles relativ! Für einen Mensch ist es so, für unsereiner ist er erfahren. Ich bin immer noch ein Junger. Wie gesagt, wenn es auffällig viele kuriose Tote gibt, die gefunden werden, klingeln sie heut noch bei mir und dann werd ich mitgenommen und befragt, ob und was ich darüber weiß!“
„Aber du könntest lügen!“
„Oh nein, du lügst nicht. Sie haben Mittel und Wege dich zum Reden zu bringen und wenn du die Wahrheit sagst, lassen sie ehern von dir ab.“
„Mittel und Wege!“ sagte Lilly leise und Luke merkte wie sie erschauderte.
„Wissen sie von mir?“
„Was meinst du?“
„Wissen sie das ich ein Mensch bin?“
„Noch nicht, aber ich denke sie werden bald merken, dass ich immer nach dem gleichen Menschen rieche und mich mehr in deiner Gesellschaft befinde!“
„Was passiert dann?“
„Ich weiß es nicht. Ich glaube so etwas gab es noch nicht!“
Lilly drückte sich näher an ihn, Luke schlang seinen Arm fester um sie: „Aber ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht. Das verspreche ich dir!“
„Mmh!“
Luke begann sie sanft zu streicheln: „Versprochen!“ flüsterte er: „Und jetzt versuch zu schlafen.“
„Warum! Morgen bist du bestimmt wieder weg!“
„Wie kommst du darauf?“
„Weil es morgen wieder schön sonnig wird und du dann bei dir besser dran bist!“
„Ich hab doch gesagt, das mir die Entscheidung, ob ich mich frei bewegen kann, oder bei dir in einem Zimmer bleiben muss, nicht schwer fällt. Außerdem könntest du auch einfach mit zu mir, wenn du willst!“
„Wirklich?“
„Ja, wieso nicht. Ich nehm dich mit. Das Auto hab ich hier, also kannst du mitfahren! Wie gesagt, wenn du es willst?“
Lilly nickte: „Ja!“
„Also gut, ich weck dich, bevor die Sonne aufgeht!“
„Wieso willst du das ich schlafe?“
„Weil du ein Mensch bist und schlafen musst, außerdem hast du echt schlechte Laune, wenn du nicht ausgeschlafen hast!“
„Woher willst du das wissen!“
„Sagen wir, ich habs schon mitbekommen!“ Luke kicherte: „Also schlaf.“ Er küsste sie sanft auf die Haare, zog sie noch ein Stück zu sich.
„Manchmal bist du echt fies.“ Sagte sie.
Nachdem sie keine Antwort bekam, blieb sie eine Zeitlang einfach auf ihm liegen. Schließlich schlief sie doch ein.

Es war noch fast eine Stunde bis Sonnenaufgang, als Luke Lilly sanft anstupste: „Hey Kleine.“ Flüsterte er leise.
„Ich bin nicht klein!“ maulte sie schläfrig.
„Do-och kleiner und wesentlich jünger!“
Sie richtete sich auf, sah ihn an und knuffte ihn in die Flanke, wackelte dann mit ihrem Zeigefinger vor seiner Nase herum: „Damit würde ich gar nicht so angeben!“ sagte sie gespielt zynisch.
Luke kicherte leise: „Ach komm schon, jetzt wo ich es kann!“
Sie sah ihn immer noch an, stand dann zögerlich auf und schlurfte Richtung Bad: „Nimmst du mich immer noch mit zu dir?“
„Natürlich!“ sagte er: „sonst hätte ich dich ja wohl kaum geweckt, oder?“
„Mmh, stimmt!“ stellte sie fest und verschwand im Bad.
Nach einer Weile kam sie umgezogen wieder heraus, sah ihn auffordern an: „Was ist, willst du warten bis das Wetter schöner wird?“
Luke fing an zu lachen: „Nein, nicht wirklich!“ Damit stand er auf und da er noch angezogen war, ging er Richtung Wohnzimmer: „Also gut, hast du alles?“
Lilly nickte und folgte ihm, schaute nochmals nach ob alle Fenster verschlossen waren und dann gingen sie zusammen, nachdem Lilly die Haustür abgeschlossen hatte, nach unten. Luke hielt ihr, wie immer, als sie den Wagen erreicht hatten, die Beifahrertür auf. Als sie eingestiegen war, lief er ums Auto herum, sah sich, bevor er einstieg, nochmals um.

Sie fuhren los, einmal quer durch die Stadt hindurch, anschließend fuhr Luke stadtauswärst durch ein Waldstück. Sie war sich nicht mal mehr sicher, wo genau er langfuhr. Dann auf einmal bremste er langsam ab, bog nach links ab. Sie hätte diese kleine Straße gar nicht bemerkt, auf die er abbog. Auf dieser kleinen Straße fuhren sie ebenfalls eine ganze Weile.
Schließlich kamen sie an einem alten, teilweise überwachsenem, großem Metalltor an. Sie konnte die ganzen verschnörkelten Verzierungen sehen. Luke griff nach links an die Seite der Autotür und Lilly sah und hörte wie das schwere Tor langsam aufschwang. Nachdem Luke hindurchgefahren war, griff er wieder nach links und Lilly hörte wie das Tor wieder zu schwang.
Jetzt fuhren sie durch eine Art Allee, links und rechts war der Weg gesäumt von alten, riesigen Bäumen, deren Äste sich nahezu über dem Weg berührten. Teilweise waren sie schon zusammengewachsen. Der Weg bestand aus Kies, zumindest klang es unter den Reifen so, aber Lilly konnte kaum etwas erkennen, erst jetzt realisierte sie, dass Luke gar kein Licht anhatte, aber dennoch schnell fuhr. Sie sah kurz auf den Tacho, zog scharf die Luft ein.
„Was ist?“ fragte Luke.
„Man fährst du schnell, du siehst doch gar nichts!“
„Ich fahr nur knapp Hundert und ich seh alles. Ich hab dir doch gesagt, dass sich meine Sinne verbessert haben. Dir passiert schon nichts!“
Plötzlich legte Luke seinen rechten Arm quer über ihren Brustkorb, trat auf die Bremse.
Obwohl er scharf bremste wurde sie von seinem Arm gehalten, sie wurde nicht ein bisschen in den Gurt gezogen. Der Wagen kam zum Stehen, Luke sah sie an, lächelte fast schon verlegen, zog seinen Arm zurück und stieg aus.
Lilly sah im grauenden Morgen wie Luke ein Stück vorlief und irgendetwas Großes von dem Weg zog. Lilly erahnte nur, dass es ein großer Ast war, ein sehr großer Ast, denn sie sah das Luke ihn mit beiden Händen hochhob. Der Ast war mindestens doppelt so groß wie er. Es sah aus, als ob ein halber Baum abgebrochen war. Nachdem Luke den Ast irgendwo nach rechts geworfen hatte, stieg er wieder zu ihr ins Auto und fuhr weiter.
„Ich dachte ich hätte alle Sturmschäden beseitigt, aber der hing wohl noch irgendwo oben fest.“
„Das war ein halber Baum!“
„Nein! Nur einer der größeren Äste, schon allein ihr Gewicht macht sie anfällig und dann dieser Sturm, da ist halt was abgebrochen!“
„Musst du nicht schauen wo der abgebrochen ist, zum Nachschneiden?“
„Nein, die Bäume sind schon so alt, da ist schon so viel abgebrochen, da sind bestimmt auch noch irgendwelche Kugeln drin, die kommen zurecht auch ohne menschliches Eingreifen!“

Lilly sah, wie es heller wurde, sah Luke fast besorgt an.
„Ich sehs, wir sind bald da, versprochen!“
Sie fuhren nach Lillys Zeitgefühl allerdings noch eine ganze Weile, es wurde immer heller und schließlich sah sie etwas Helles durch die Bäume schimmern.
Als Luke nochmals um eine weite Linkskurve fuhr, sah Lilly wie zwischen den Bäumen ein großes, weißgestrichenes Herrenhaus auftauchte.
Als sie näher kamen erkannte Lilly wie der der Eingang von vier hohen, weißen Säulen gesäumt war, die einen kleinen Balkon, der direkt über dem Eingang war, hielten.
Drei große, aber niedrige Stufen führten zum Eingang, beziehungsweise auf ein kleines Plateau, welches zur Eingangstür führte. Sie sah mehrere Fenster, nicht nur im Erdgeschoss, sondern auch im Oberstock. Es waren jeweils zehn Fenster im Erd- sowie Obergeschoss. Als sie näher fuhren, erkannte Lilly, dass das Haus fast genauso breit wie lang war. Es war riesig, zumindest für ihre Begriffe.
Luke hielt auf dem Vorplatz, direkt vor der Haustür. Lilly schaute immer noch fassungslos das Haus an: „Hier wohnst du?“ fragte sie hörbar irritiert.
„Ja! Warum?“
„Ich mein ja nur..“
„Was dachtest du denn, wo ich wohne?“
„Ich weiß ehrlich gesagt nicht genau, ich hab mir eigentlich gar nichts Bestimmtes gedacht, aber das ist so riesig!“
Luke sah sie von der Seite her an, sah dann nach links: „Wir sollten rein, oder besser gesagt ich, die Sonne ist am Aufgehen!“
Kurz schaute sie an ihm vorbei, man sah noch nichts, aber sie war sich sicher, dass er recht hatte. Also schnallte sie sich ab und griff nach dem Türöffner, noch bevor sie die Tür ganz aufhatte, merkte sie wie Luke ihr die Tür wiedermal aufhob. Immer noch verwundert, wie er so schnell auf dieser Seite des Autos sein konnte, stieg sie aus.
Nachdem sie neben dem Wagen stand, ließ Luke die Tür zufallen und hielt ihr seinen Arm hin, damit sie sich unterhaken konnte. So gingen sie die paar Schritte bis zum Haus, schritten langsam die Stufen nach oben und Luke öffnete die übermannshohe, alte, schwere Holztür.
Wieder hielt er ihr die Tür auf und Lilly trat ins dunkle des Hausinneren.
Luke ließ sie los, sagte schließlich: „Warte hier kurz, ich mach schnell die Hauptsicherung rein, damit du Licht hast!“
„Brauchst du keines?“
„Nein!“ hörte sie ihn amüsiert antworten, anhand seiner Stimme merkte sie, dass er bereits ein Stück von ihr weg war, als er sagte: „Erstens sehe ich im Dunkeln und zweitens lebe ich seit einigen Jahren, besser Jahrzehnten hier in dem Haus, ich kenne alles.“
Seine Stimme wurde immer leiser, während er sprach und schließlich hörte Lilly nichts mehr.

Auf einmal ging ein paar Meter vor und über ihr ein großer Deckenlüster an. Lilly sah nach oben, bemerkte das der Innenraum, größer war, wie sie erwartet hatte und das war nur das Foyer:
Ringsherum lief eine Art Balkon, der ebenfalls von mehren, aber kleineren, weißen Säulen gestützt war. Am anderen Ende des Foyers war eine riesige steinerne Treppe, ebenfalls ganz weiß. Sie führte nach oben, teilte sich in der Hälfte und lief zu beiden Seiten parallel zur Wand weiter nach oben, wie ein Ypsilon sah sie aus. Das Geländer war, zumindest sah es so aus, ebenso aus dem weißen Stein. Der Handlauf war nur ein breites steinernes Band, aber die Halterung waren wieder verschnörkelte, weiße, in sich gedrehte kleine Säulen, an jeder Stufe stand eine davon.
Lilly trat einen Schritt nach vorne, sah nach oben zu diesem hellen Kronleuchter.
Er sah aus wie ein umgedrehter Regenschirm, der Teil, welcher an der Decke befestigt war, hatte ungefähr bei der Hälfte, eine kleine nach oben offene Schale. An der fünf kurze Ketten hingen, auf denen jeweils fünf Glasperlen befestigt waren. An der Spitze der Befestigung, war ein Kranz bestehend aus sechs Armen, der Kranz darunter hatte bereits zwölf Arme, und alle endeten in einer flammenförmigen, klaren Glühbirne. Unter jeder Birne, war ebenfalls eine kleine Glasschale. An denen hingen auch jeweils vier kleine Ketten aus Glaskugeln. Jeder Arm war untereinander mit diesen Ketten aus Glaskugeln verbunden. Jeweils in der Mitte der Kette, sowie unter jeder Kerzenbirne, hingen auch vier größere Glaskugeln.
Direkt in der Mitte hing eine ungefähr faustgroße Glaskugel. Der gesamte Lüster glitzerte in seinem eigenen Licht. Lilly sah in erstaunt an.
„Was ist?“ fragte Luke und Lilly zuckte zusammen, sie hatte gar nicht bemerkt, dass er bereits neben ihr stand. Sie musste sich noch daran gewöhnen, das er sich nahezu lautlos bewegen konnte.
„Nichts! Aber der ist schön!“ sagte sie, immer noch den Blick auf dieses riesige, glitzernde Ding an der Decke gerichtet.
Sie merkte wie Luke sich von hinten an sie lehnte, seinen Kopf auf ihre Schulter legte und leise sagte: „Im Laufe der Zeit gewöhnt man sich dran, zumal ich ihn ja gar nicht mehr anhabe.“
„Der sieht schwer aus, dass der da überhaupt hängen bleibt? Und was meinst du mit, im Laufe der Zeit, wie lange hängt der schon da?“
„Ich glaube der hing schon da, wo meine Eltern hier reingezogen sind, aber er ist mal vor ein paar Jahren heruntergefallen, da hab ich einen Teil mit Glas ersetzten müssen, bevor ich ihn hab wieder aufhängen lassen!“
„Was meinst du mit, einen Teil mit Glas ersetzten? Ist das kein Glas?“
„Nein!“ sagte er hörbar vergnügt, „nur ein paar Stück sind Glas, weißt du, Diamanten gehen eigentlich nicht so schnell kaputt! Selbst wenn sie mal runter fallen, aber ein paar, grad kleinere hab ich nicht mehr gefunden, als ich wieder zurückkam!“
Lilly stieß fast keuchend die Luft aus: „Diamanten!“ flüsterte sie: „Alles…, da oben…sind fast alles…, mein Gott, wie viel ist das Ding wert?“
Luke zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, interessiert mich auch gar nicht wirklich, wenn ich ehrlich sein darf! Geld ist relativ!“
Lilly schielte ihn schräg von der Seite her an: „Du bist echt gut!“ sagte sie leicht zynisch: „Wenn ich so ein Ding an der Decke hängen hätte, wäre mir Geld auch relativ!“
„Das meiste ist, wenn du einer von uns bist, relativ, Zeit,.. Geld,.. relativ. Von dem einen hast du mehr wie genug und das andere brauchst du entweder nicht oder hast du im Laufe der Jahre angesammelt!“
„Mmh!“ machte sie.
„Komm! Oder willst du hier stehenbleiben und den Kronleuchter betrachten?“ fragte er vergnügt.

Als Lilly keine Anstalten machte, sich zu bewegen, schob er sie sanft vor sich her. Lilly sah sich, während er sich in die Nähe einer Tür auf der linken Seite schob, schnell noch etwas mehr um. Überall waren kleine Büsten auf hüfthohen Säulen, zwischen den Stützsäulen, der oberen Etage. Auch fiel ihr auf, das zwischen den Fenstern, die an der Treppe waren, die mit dicken, dunklen Vorhängen abgedunkelt waren, genau da, wo sich die Treppe teilte, eine fast zwei Meter breite Lücke war. Hier schien irgendetwas zu fehlen.
Doch bevor sie Luke fragen konnte, hatte dieser sie bereits durch die schwere, dunkle Holztür geschoben. Nun stand sie in einem Raum, und als Luke das Licht anmachte, sah Lilly, dass der Raum mindestens dreifach so groß wie ihre gesamte Wohnung war. Links, wo ebenfalls zwei Fenster waren, die ebenfalls mit dunklen Vorhängen abgedunkelt waren, standen zwei große, altertümliche Couchen.
Eine stand direkt vor den Fenstern, beziehungsweise zwischen ihnen. Sie hatte eine hohe Rückenlehne und beide Armlehnen waren ebenfalls so hoch, dass sie Lilly mit Sicherheit, wenn sie sich dagegen lehnen würde, bis zu den Schulterblättern reichten. Sie war dick mit dunkelrotem, samtähnlichem Stoff bezogen. Die Sitzfläche war dick aufgefüttert, den Teil des Rahmens, den man sah, war verschnörkelt, mit Gold überzogen, zumindest hoffte sie, dass es nur ein Goldüberzug war. Die Couch hatte was Barrockmäßiges. Wahrscheinlich stammte sie auch aus dieser Epoche.
Die zweite Couch, stand links an der Wand, ein paar Meter von der Tür entfernt, durch die sie gekommen waren, auch sie war mit diesem rotem Stoff bezogen, nicht annähernd so dick aufgefuttert, auch war die ganze Aufmachung etwas anders. Die erste hatte geschwungene Füße, die Rückenlehne war zur Mitte hin, nach oben geschwungen, hatte geschnitzte Rosen an dem oberen Rand. Diese, war schlichter, zwar auch mit Gold überzogen, aber nicht so verschnörkelt, die Füße hatten keine Verschnörkelungen, waren nicht so nach außen gebogen, man sah sie kaum. Zwar waren auch bei dieser die Armlehnen ungewöhnlich hoch, aber ebenfalls nicht so stark verschnörkelt. Es war, und das konnte sie erkenne, auch wenn sie nicht vom Fach war, eindeutig eine andere Epoche. Sie drehte sich zu Luke herum, der auf der anderen Seite des Raumes stand. Dort war eine Küchenzeile angebracht, allerdings sagte Lillys Gefühl, dass diese da nicht immer stand. Sie ging langsam näher, sah im Vorbeigehen einen alten, hölzernen Tisch, an dem sechs Stühle standen. Der Tisch sowie die Stühle waren genau wie die erste Couch sehr verschnörkelt, die Beine waren irgendwie in sich selbst gedreht, die Sitzflächen und Rückenlehnen der Stühle waren mit einen hellerem Rot bespannt. Das Holz selbst war dunkelbraun, fast schwarzrot. Sie lief weiter, musste um eine kleine hüfthohe Theke herumlaufen, die die Küchenzeile zu einem U-förmigen Aussehen verhalf.
An der linken Seite, war ein Fenster, auch verdunkelt, dort war ein Spülbecken angebracht. Als sie neben Luke stand, sah sie das er vor einem Herd stand. Ein Ceranfeld, was nicht einmal sie besaß, war so tief in die Arbeitsplatte eingelassen, dass man einen Teil der Arbeitsplatte darüber schieben konnte. Links an der Wand stand ein gut zwei Meter hoher Kühlschrank, der aussah als ob er aus Edelstahl wäre. Luke hatte ihn geöffnet und Lilly sah, dass er vollkommen leer war. Er schien noch nie benutzt worden zu sein.
Wozu denn auch, sagte sie sich, er muss ja keine Lebensmittel lagern.
Lilly sah, wie Luke den Kühlschrank fast zwei Meter nach vorne zog, sich dahinter bückte und irgendetwas machte.
„So!“ sagte er: „Zumindest ist er eingesteckte, aber ich glaube ich muss die Extrasicherung reinmachen, der macht kein Geräusch!“ stellte er fest, stand wieder auf und sah Lilly an: „Ich komm gleich wieder!“ damit verschwand er durch eine zweite Tür. Lilly stand vor dem Kühlschrank, sah ihn eine Weile an und da er immer noch nicht an der Wand stand, drückte sie mit beiden Händen dagegen. Aber der Kühlschrank bewegte sich keinen Zentimeter, Lilly drehte sich herum, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und drückte mit ihrem gesamten Gewicht dagegen. Sie stemmte sich mit den Füßen ab und es geschah….nichts.
Der Kühlschrank stand immer noch an derselben Stelle, bewegte sich, trotz ihres Körpereinsatzes keinen Millimeter.
Als sie Luke wieder an der Tür sah, lehnte sie sich ganz entspannt gegen die Kühlschranktür und sah Luke an.
„Versuchst du da was bestimmtes?“ fragte er sie vergnügt.
„Nöö! Warum?“
„Hach, sah halt so aus!“ Lilly sah wie Luke versuchte sich ein Grinsen zu verkneifen.
Sie sah ihn auffordernd an, trat einen Schritt vom Kühlschrank zurück.
Luke stellte sich seitlich an den Kühlschrank, so dass er mit einer Schulter zu ihr stand, legte eine Hand auf die Kühlschranktür und schob ihn, ohne die geringste Kraftanstrengung zurück an die Wand. Lilly sah ihn erstaunt an: „Wie hast du..?“
„Komm schon, so schwer ist der jetzt auch nicht!“
Lilly griente, schüttelte den Kopf: „Angeber!“ sagte sie leise.
Luke stand plötzlich genau vor ihr: „Wie bitte! Was habt ihr gerade verlauten lassen!“
Jetzt konnte Lilly nicht anders, so fing laut an zu lachen: „Du…du bist ...unmöglich!“
„Warum?“ fragte er: „Was hab ich denn jetzt schon wieder gemacht?“
„Musst du so reden?“
„Wie denn?“
„So,…so …alt!“
Jetzt fing Luke an zu lachen: „Alt? Ich bin halt auch alt!“
Lilly schüttelte den langsam den Kopf: „Mach das nicht!“
„Was denn?“
„Sag so was nicht!“
„Was? Das ich alt bin? Stimmt doch!“
„Ja schon, aber musst du...ach egal!“
Luke sah sie eine Zeitlang intensiv an, fragte sie unvermittelt: „Hast du Hunger?“
Hörbar irritiert antwortete sie: „Ähm, ich, ich weiß nicht! Vielleicht ein bisschen!“ gestand sie schließlich.
„Mmh, ok!“ Luke drehte sich herum, öffnete eine der Schränke, dann den nächsten und nachdem er alle Schränke geöffnet hatte, ging er einen Schritt zurück, drehte sich dann zu ihr herum.
„Mmh, ok, das ist irgendwie typisch.“
Lilly lachte auf.
„Ich lad dich ein zu mir und ich hab nichts für dich im Haus, nichts zu Essen, nichts zu Trinken, schöner Gastgeber!“ Sagte er zynisch zu sich selbst.
Lilly lachte wieder: „Und du hast nicht mal ne Mikrowelle, um mir was warm zu machen!“
„Stimmt!“ gestand er schon fast kleinlaut. „Aber…?“
„Was aber?“
„Ich glaub ich hab noch was im Auto!“
„Im Auto?“
„Ja!“
„Aber nicht das, was du vor über einer Woche geholt hast?“
„Wieso, Wein wird nicht so schnell schlecht, außerdem ist es kühl da wo das Auto steht!“
„Ja…, schon,… vielleicht, aber das Brot wird hart, der Käse wird schlecht und die Trauben bestimmt auch.“
„Meinst du?...Mmh ich hols einfach, dann sehn mas ja!“
„Das ist bestimmt alles nicht mehr gut!“ sagte sie, als Luke sich herum drehte und aus der Tür verschwand.
Nach einer Weile hörte Lilly wieder etwas hinter ihr. Sie erschrak kurz, aber sie fühlte fast, dass es Luke war. Er stand auf einmal direkt hinter ihr, hatte zwei Tüten in der Hand. Lilly drehte sich herum, sah ihn an, schaute dann auf die Tüten.
„Du hast das wirklich noch alles?“ fragte sie fast ungläubig.
Luke kicherte leise: „Natürlich! Was denkst du, was ich damit machen soll? Essen?“
Lilly lachte leise: „Ja, stimmt ja, du brauchst ja nicht zu essen!“
Luke wiegte langsam den Kopf von links nach rechts.
Schnell hob Lilly abwehrend die Hände: „Ja, vergiss es! Du musst was anderes essen! Essen, nennt man das so, oder..?“
„Lass es lieber, darüber nachzudenken. Ist besser so!“
„Darüber nachdenken ist gut, ich habs gesehen!“ sagte sie sarkastisch.
Luke hob abwehrend die Hände: „Ja, ich weiß und ich wäre froh du hättest es nicht gesehen!“
„Zu spät!“
Seine Stimme wurde traurig: „Ich weiß, trotzdem…so wollt ich das nicht, wirklich nicht“
Jetzt sah sie ihm ins Gesicht, fuhr ihm sanft mit beiden Händen über die Wangen, kam ein Stück näher zu ihm, stellte sich direkt vor ihn und küsste ihn zärtlich auf die Lippen.
Er blieb wie angewurzelt stehen, konnte im Moment nicht wirklich fassen, das sich das tat. Er hatte damit nicht gerechnet.
Als sie sich wieder von ihm löste, sah er ihr in die Augen, ließ die Tüten auf den Boden sinken.
„Ich schätze ich muss für dich einkaufen gehen! Und nicht nur Nahrungsmittel!“
„Was meinst du damit?“
Erst jetzt sah sich Lilly nochmals um:
Außer der Mikrowelle, sah sie weder ein Radio, oder Stereoanlage, kein Fernseher oder sonst irgendetwas Technisches.
Luke hatte ihren Blick bemerkt: „Ich weiß was du denkst?“
„So?“ fragte sie ihn: „Was denn?“
„Nichts da, was du gewohnt bist von dir zu Hause. Aber ich brauch nichts davon. Ich hab ein Laptop, das reicht mir, mehr brauch ich nicht. Keine Mikrowelle, kein Fernseher oder etwas anderes!“
„Musik?“ fragte sie ihn.
„Ich hab noch irgendwo ein Grammophon, irgendwo steht noch ein altes Klavier, aber sonst...mmh nee. Aber heut Abend, sobald es dunkel wird, gehen wir einkaufen, ok. Egal was!“
Lilly kicherte, schüttelte den Kopf: „Du bist wirklich echt merkwürdig manchmal!“
Luke lachte: „Ich weiß, manchmal…!“
Jetzt fing er an, den Inhalt der Tüten auf die kleine Theke zu räumen.
Er drehte die Trauben herum, sah sie an, verzog das Gesicht: „Ich schätze!“ sagte er, leicht angewidert: „Das ist auch schon fast Wein!“
Lilly kicherte, sah wie er das Baguette aus, klopfte damit auf die Theke. So wie es klang, war es steinhart, wieder kicherte Lilly.
„Ja, ok, du hast wohl recht!“
„Tust du mir einen Gefallen!“
„Mmh!“
„Lass bitte den Käse eingepackt!“ sagte Lilly kichernd: „Bevor wir am Geruch sterben!“
Schnell schlug sie die Hände vor den Mund: „Ich meine,….ich wollte….also ich ..!“ sie lächelte verlegen.
Luke hob die Hände: „Schon ok!“ sagte er lachend.
„Ich hab nicht nachgedacht!“
Jetzt lachte Luke laut auf, er schüttelte den Kopf: „Du bist manchmal….!“
„Ich!“ sie zeigte mit dem Finger auf sich: „Wieso ich? Du bist doch der, der…!“ sie winkte ab, sagte immer noch vergnügt: „Ach vergiss es!“
Luke griente sie an, stellte sich wieder vor sie und strich ihr mit den Fingerknöcheln sanft über die Wange: „Sobald die Sonne untergegangen ist, bekommst du was du willst!“
Lilly konnte sich ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen: „Alles?“
„Ähm….“ Luke holte tief Luft: „Alles, ist vielleicht übertrieben!“
Sie stupste ihn mit dem Zeigefinger auf die Brust, grinste ihn an: „Eh! Du willst doch jetzt keinen Rückzieher machen, versprochen ist versprochen!“
„Lilly,“ sagte er gespielt warnend: „Du weißt das ich dich nicht in Gefahr bringen werde!“
Lilly kicherte wieder: „So und jetzt? Warten?“
„Ja, bleibt wohl nichts anderes übrig!“
Luke legte beide Arme um sie, drückte sie an sich.

Schließlich hob er sie hoch und trug sie quer durch den Raum, ließ sie dann auf eine der Couchen fallen. Sie war genauso weich, wie Lilly es erwartet hatte. Sie streckte sich darauf aus, sah ihn an. „Was ist?“ fragte sie ihn: „Irgendwie siehst du besorgt aus!“
Luke schüttelte langsam den Kopf: „Es…es ist alles ok!“
„Wieso glaub ich dir das nicht?“
Er lächelte sie an, setzte sich bei ihren Füßen auf die Couch und strich ihr sanft über die Unterschenkel: „Nein, wirklich. Es ist alles ok. Ich hab nur grad gedacht, wie sehr wir uns doch unterscheiden!“
„Das fällt dir erst jetzt auf?“
„Nein, schon lange vorher, aber jetzt wo du es weißt ist es, wie soll ich sagen, auffälliger, unbestreitbar. Schon die Tatsache, was du alles hier vermisst, woran ich schon lange nicht mehr denke!“
„Ich….ich…ich wollte dich nicht…also ..es ist nicht so, dass ich…das ich das alles brauche!“ Sagte sie verlegen.
„Es ist Standard, bei Menschen!“ sagte er traurig: „Nur mir fällt es halt nicht mehr auf, zu lange bin ich keiner…“ seine Stimme versagte.
Lilly richtete sich auf, drückte sich an seinen Brustkorb, legte beide Arme um seinen Oberkörper und hielt ihn fest.

Lilly hatte kein Zeitgefühl mehr, daher konnte sie nicht sagen, wielange sie schon so dasaßen. Sie hatte immer noch beide Arme um ihn gelegt und drückte sich nah an ihn. Wieder fiel ihr auf, dass Luke kein Wort mehr gesagt hatte, er hatte sein Gesicht in ihre Haare vergraben. Nun merkte sie, dass sein Herz nicht schlug, auch merkte sie keinen Atemzug von ihm. Irgendwie verursachte diese Feststellung ihr ein merkwürdiges Gefühl. Eine Mischung zwischen Panik, Angst, Sorge und Verwirrtheit.
Langsam zog er sich von ihr zurück, sie merkte wie er sie ansah.
Sie schaute hoch: „Was ist?“ fragte sie zögerlich.
„Nichts! Es ist nur schon dunkel! Wir können eigentlich los.“
Langsam drehte sie sich zum Fenster: „Woher weißt du das?“
„Ich weiß es einfach, nenn es Überlebensinstinkt!“
Er stand auf, ging zum Fenster und zog den schweren Vorhang auf: „Siehst du!“ Luke drehte sich zu ihr herum: „Also, sollen wir los?“
„Ja, warum eigentlich nicht! Aber wohin willst du?“
„Naja, ein paar Kilometer entfernt, gibt es ein großes Kaufhaus, größer wie dieser Multikomplex. Da gibt es außer Nahrungsmitteln, auch ein Elektronikladen. Dort müssten wir alles bekommen, was du möchtest!“
Lilly sah ihn irritiert an: „Das war dein Ernst?“
„Natürlich! Das was du willst, können wir alles kaufen!“
„Mmh!“ war alles was sie sagte, als sie versuchte aus der dickaufgefütterten Couch aufzustehen. Allerdings war das gar nicht so einfach. Luke lächelte sie an, kam auf sie zu, griff nach ihren Händen und zog sie vorsichtig auf die Beine. Lilly konnte sich ein kichern nicht verkneifen.
„Was denn?“ fragte er zögerlich.
„Nichts!“ sagte sie immer noch kichernd: „Es ist nur albern!“
„Was denn?“
„Das ich nicht mal alleine aufstehen kann, aus diesem…..Etwas!“
„Etwas? Das nennt man Couch. Hast du übrigens auch!“
Lilly streckte ihm die Zunge raus: „Aber meine ist nicht so aufgefüttert. Da versinkt man ja drin!“
„Das war früher einfach so, umso besser gepolstert, umso mehr Geld hatte man. Arme hatte nur Holzbänke, wenn überhaupt!“
„Mmh!“ machte sie wieder nur.
„Also? Was ist, kommst!“
Lilly sah ihn an: „Ok!“
Luke kam auf sie zu, legte ihr den Arm um die Schultern und zusammen gingen sie zurück in die Vorhalle. Luke führte sie zur Eingangstür, öffnete sie ihr und Lilly trat nach draußen. Es war so dunkel, dass sie die Hand vor Augen nicht sehen konnte.
„Warte kurz!“ hörte sie ihn sagen: „Ich geh zum Auto, mach das Licht an, das du was siehst!“
„Du kannst wirklich im Dunkeln sehen!“ stellte sie fest. Luke hörte ihre Verwunderung, griente und lief über den Vorplatz zum Wagen.
Lilly sah nichts, hörte nichts.

Dann hörte sie ein merkwürdiges Geräusch und schließlich, sah sie wie die Scheinwerfer des BMWs angingen. Zu ihrer Überraschung, stand er keine zehn Meter von ihr entfernt, allerdings sah sie die Rücklichter.
Luke stieg wieder aus, sie sah wie er auf sie zukam: „Komm!“ Wieder streckte er ihr die Hand hin, sie ergriff sie und wieder gingen sie gemeinsam zum Auto. Luke hielt ihr, wie schon von ihr gewohnt, die Beifahrertür auf, ließ sie einsteigen, ging dann um das Auto herum und stieg ebenfalls ein. Lilly glaubte erst, er würde rückwärtsfahren, aber Luke fuhr gerade aus. Erst jetzt merkte sie, dass der Weg um die große Rasenfläche herumführte und schließlich in die Allee mündete. Wieder fuhren sie unter den alten Bäumen hindurch.
Und auch diesmal dauerte es eine ganze Weile, bis Lilly im Scheinwerferlicht das alte, schmiedeeiserne Tor sah. Und auch jetzt ging das Tor quietschend auf, nachdem Luke, ihres Erachtens, die Fernbedienung, die irgendwo seitlich an der Tür liegen musste, betätigt hatte.

Luke fuhr in die entgegengesetzte Richtung, die in die Stadt führte. Er fuhr weiter durch den Wald. Lilly sah aus dem Seitenfenster, sah wie der Wald an ihr vorbeihuschte. Es war bereits stockdunkel und sie merkte das sie die einzelnen Bäume im Scheinwerferlicht nicht erkennen konnte. Vorsichtig schielte sie auf den Tacho. Und wieder zog sie scharf die Luft ein.
Ihm war das nicht entgangen, er sah zu ihr herüber: „Was ist denn? Alles ok?“
„Musst du so schnell fahren?“
„Angst?“
„Ehrlich gesagt ja.“
Sie merkte augenblicklich wie Luke den Fuß vom Gas nahm, das Auto fuhr bestimmt langsamer, aber bei über 180 km/h fiel es ihr im Moment nicht wirklich auf. Zumindest merkte sie das Luke nicht weiterbeschleunigte.
„Besser so?“ fragte er zögerlich.
Lilly griente ihn an: „Fährst du immer so schnell?“
„Meist ja, also wenn ich fahre!“
„Wie wenn du fährst…..ach so weil du zu Fuß schneller bist!“
„Ja!“
„Wie schnell?“
„Hab ich nie gemessen?“
„Wie lange brauchst du zu Fuß zu mir?“
„Mmh, ungefähr zwanzig Minuten, warum?“
„Mit dem Auto haben wir über eine Stunde gebraucht und du bist nicht wirklich langsam gefahren, das heißt, du bist sehr schnell!“
„Im Vergleich zu einem Menschen, ja!“
„Mmh!“ machte sie, sah aus dem Frontscheibe.
„Wohin fahren wir eigentlich?“ fragte sie nach einer Weile.
„Zum Einkaufen!“
Wieder streckte sie ihm die Zunge raus: „Bäääh!“ gleichzeitig stieß sie ihm mit dem Finger in die Flanke. Luke zuckte zusammen, allerdings bezweifelte sie, dass es ihm in irgendeiner Weise wehgetan hatte.
„Hey!“ sagte er: „Lass das, freches Ding!“
Lilly kicherte als Antwort
„Wenn du das gewohnt bist und die Reaktion dazu hast, dann…!“
„Was dann?“
„Dann halt ich dich nicht ab, durch die Gegend zu rasen!“
„Die Reaktion hab ich, gewohnt bin ich es auch, aber wenn du Angst hast mach ich das nicht!“
„Warum?“
„Hah, weil du Angst hast und ich mach nichts wovor du Angst hast!“
Sie sah zu ihm herüber, lächelte fast schon schüchtern.
„Mach das nicht!“
„Was denn?“ fragte sie.
„Schau mich nicht so an!“
„Wie denn?“
„So…so ich weiß nicht, merkwürdig!“
Wieder lächelte sie ihn an, schüttelte langsam den Kopf.
„Lass das.“ Sagte er und irgendwie klang er traurig.
„Nicht ihn dem Tonfall, Luke bitte.“
„Was für ein Tonfall?“
„Den, den du gerade hattest!“
„Welchen denn?“ wieder klang er so traurig.
„Genau den!“ sagte sie, beugte sich zu ihm herüber und küsste ihn sanft auf die Wange.
Sie merkte wie er lächelte, ihr mit der Hand über die Wange fuhr.
„Das hat nichts mit dir zu tun!“ sagte er leise.
„Und mit was dann?“
„Ich glaub du brauchst nicht alles wissen!“ sagte er sanft zu ihr, beugte sich zu ihr und küsste sie seinerseits auf die Wange.
„So?“ fragte sie gespielt zynisch: „Jetzt sag, das du noch mehr Geheimnisse hast, die du mir nicht erzählen willst?“
„Mmh, vielleicht!“ Sie sah im schwachen Licht der Tachobeleuchtung, wie er grinste.
Sie kicherte leise, schüttelte den Kopf.
Jetzt sah sie erneut auf den Tacho, er fuhr wieder nahezu 180, aber diesmal störte es sie nicht mehr. Sie vertraute ihm und wusste das er sie nicht in Gefahr bringen würde.

Sie fuhren noch eine ganze Weile, irgendwann sah Lilly die ersten Lichter der Stadt. Sie wusste das diese Stadt fast 200 Kilometer entfernt war. Jetzt wusste sie in welchen Komplex er wollte. Das war fast schon eine Stadt für sich.

Luke fuhr in das Parkhaus, stellte den Wagen in eine der hintersten Ecken. Wäre sie alleine gewesen, hätte sie niemals dort geparkt, aber mit ihm hatte sie keine Angst. Abermals half er ihr beim Aussteigen und zusammen gingen sie in Richtung der Aufzüge. Sie fuhren nach oben und als sich die Aufzugtür öffnete, kam ihnen eine Flut aus Lichtern und Lärm entgegen. Mehrere Läden waren auf drei Etagen verteilt, angefangen von einem Buchladen, bis zu Schuhladen und sonstige Kleiderläden, ein Lebensmittelladen, sowie ein großer Elektronickladen.
„Wohin zuerst?“ fragte er sie, als sie zusammen aus dem Aufzug stiegen.
Lilly sah ihn an, sagte aber nichts. Zusammen gingen sie in Richtung der großen Rolltreppen in der Mitte dieses riesigen Einkaufskomplexes.
Luke blieb davor stehen und drehte sich zu ihr herum: „Ich glaube, wir sollten zuerst in den Elektronickladen, ist besser. Dann müssen wir nicht die Nahrungsmittel mit hineinnehmen!“
Lilly sah ihn an: „Wenn du meinst.“
Luke lachte leise, hielt ihr wieder seinen Arm hin, damit sie sich wieder einhaken konnte. Dann gingen sie an der Rolltreppe nach links und betraten einen großen Elektronickladen.

Noch bevor sie richtig im Laden standen, kam sofort ein Verkäufer auf sie zu: „Kann ich ihnen helfen?“ fragte er freundlich.
Luke sah Lilly an, verdrehte die Augen, kam näher zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: „Brauchen wir so einen?“
„Warum?“ flüsterte sie, wesentlich leiser zurück. Sie wusste das er sie verstand.
„Ja oder Nein?“ fragte Luke etwas lauter.
„Vielleicht kann er uns helfen!“
Sie sah den Verkäufer an, lächelte ihn freundlich an: „Wir suchen ein paar Dinge!“
„Was bestimmtes?“ fragte er sie. Lilly sah wie der Verkäufer Luke schon fast nervös ansah.
Lilly stupste Luke sanft an, sah dann wieder den Verkäufer an: „Mmh, eigentlich einiges.“
Bevor der Verkäufer weiter nachfragen konnte, sagte Luke: „Wir müssen eine Haus nahezu neu einrichten!“
Lilly sah, wie dem Verkäufer ein Grinsen über das Gesicht huschte. Lilly griente. Der sieht bestimmt schon die Geldscheine vor Augen flattern, dachte sie.
Luke stupste sie an, lächelte sie an und flüsterte ihr wieder ins Ohr: „Der sieht bestimmt schon seine Provision!“
Lilly kicherte, der Verkäufer sah beide abwechselnd an.
Zögerlich fragte er nochmals: „Was kann ich ihnen denn zeigen?“
„Mmh!“ sagte Lilly: „Also, wir brauchen eine Mikrowelle, eine Stereoanlage, einen Fernseher...“ sie sah Luke an: „Noch was?“
Luke zuckte mit den Schultern: „Mal schauen was wir noch alles entdecken!“
Damit hakte sich Lilly wieder bei Luke ein und zusammen gingen sie hinter dem Verkäufer her.
„Wollen wir zuerst zu den Mikrowellen, die stehen gleich hier vorne!“
„Ok!“ sagte Luke. Der Verkäufer schien sich irgendwie merkwürdig zu verhalten. Kannte er Luke, dachte sie.
Luke schien ihr wiedermal anzusehen, was sie dachte, denn er sagte leise: „Ich kenn ihn nicht, er mich nicht. Aber bei manchen lösen wir so was aus!“ Er lächelte sie kurz an und bevor sie etwas sagen konnte, hielt der Verkäufer an.
Sie standen vor einem Regal was vollgestellt von unterschiedlichsten Modellen von Mikrowellen, jeglicher Preisklasse, jeglicher Ausführungen.

„Was haben sie sich denn vorgestellt? Mit Backofen oder mit Grill oder beides?“
Lilly sah Luke an und nachdem dieser nichts sagte, sah sie wieder den Verkäufer an: „Nur ne einfache Mikrowelle, nur zum warmmachen oder auftauen, aber nicht so was Ausgefallenes!“
Jetzt mischte sich Luke doch ein: „Was ist im Moment das Beste und Neuste auf dem Markt?“
Wieder huschte dem Verkäufer ein Lächeln übers Gesicht. Lilly sah Luke an, stieß ihn an und flüsterte dann leise: „Der wird hier das Teuerste auffahren!“
Luke zuckte mit den Schultern; „Wenigsten geht es nicht nach ein paar Monaten kaputt!“ sagte er leise zu ihr.
Schon stand der Verkäufer vor einer großen Mikrowelle, sie war aus Edelstahl, jede Menge Zusatzteile lagen nebendran.
Das Ding sieht schon teuer aus, dachte Lilly.
Als sie den Preis sah, stieß sie keuchend die Luft aus.
Der Verkäufer hörte es, sagte schnell: „Ja wissen sie, da ist alles. Die Aufsätze, außerdem ist eine Grillfunktion sowie eine Backautomatik mitintegriert. Das Gerät ist das Neuste auf dem Markt und hat zehn Jahre Garantie. Das ist alles mit ihm Preis enthalten!“
Lilly hob beide Hände um den Verkäufer zum Schweigen zu bringen.
Sie sah Luke an: „Das Ding ist viel zu teuer, ich will damit nur was aufwärmen, da reicht eine unter fünfzig.“
Luke griente, flüsterte ihr wieder ins Ohr: „Ach komm schon, Geld ist rela..“
„Psst!“ machte Lilly: „Wenn der das hört!“
Luke grinste jetzt breiter.
Der Verkäufer sah wieder Beide abwechselnd an: „Wir haben auch billigere Modelle!“
„Nein, nein!“ sagte Luke: „Die scheint ganz gut zu sein!“
Luke sah Lilly wieder an: „Sollen wir die nehmen?“
„Ich weiß nicht!“ sagte sie: „Ist die nicht zu teuer? So was Teures wollt ich eigentlich gar nicht!“
Luke griente sie wieder an, sah dann den Verkäufer an: „Wir nehmen sie!“ sagte er schließlich.
Der Verkäufer sah Luke an, winkte einen seiner Kollegen heran. Dieser fragte kurz, was er den brauche und er ließ sich einen kleinen, tragbaren Minicomputer bringen, scannte den Barcode der Mikrowelle ein und sah dann wieder Lilly und Luke an: „Was benötigen sie noch?“
Luke sah ihn an: „Mmh, eine Stereoanlage!“
„Ja, natürlich. Folgen sie mir bitte!“
Sie gingen durch mehrere Gänge, vorbei an Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke, Gefriertruhen.
Lilly beugte sich im Gehen, etwas zu Luke: „Hast du das alles?“ fragte sie leise.
„Ja, schon, allerdings sind, außer dem Kühlschrank, alle etwas älter!“
„Wie alt? Funktionieren tun sie aber noch?“
„Ja, versprochen!“
Lilly griente ihn an, während sie dem Verkäufer folgten.

Schließlich standen sie vor mehreren Regalen voller Stereoanlagen.
„Möchten sie etwas bestimmtes, farblich oder …!“
Luke grinste Lilly an, bevor sie etwas sagen konnte, sagte Luke: „Was haben sie denn alles?“
„Oh!“ sagte der Verkäufer: „Mit CD-Spieler, mit Plattenspieler, Kassettendeck, wollen sie einen Stereoturm, mit integrierten Lautsprechern oder frei stehenden?“
Luke sah Lilly an, lächelte sie an: „Na, was ist? Was willst du alles?“
Sie sah ihn an, zeigte mit dem Zeigefinger auf sich: „Ich?“
Luke sah zuerst den Verkäufer an, dann wieder Lilly: „Natürlich du! Ich bin unterwegs, ich brauch das meiste davon nicht! Also entscheidest du, was du willst!“
„Mmh!“ machte Lilly: „Wenn du das so siehst? Also ..“ dabei wandte sie sich dem Verkäufer zu: „Am liebsten einen dieser Türmen, mit Plattenspieler, CD-Wechsler, mmh so vier bis fünf CDs, Kassettendeck und wenn möglich einzeln stehende Lautsprecher, aber nicht unbedingt mit Kabel, wenn es so was gibt!“
Der Verkäufer sah erst Lilly an, dann wieder Luke: „Sie scheint zu wissen was sie will!“
„Oh ja!“ war Lukes einziges Kommentar.
Wieder an Lilly gewandt, fragte der Verkäufer: „Der Turm, also das Gehäuse mit Metalloptik oder lieber klassisches Holz?“
„Mmh, Ich glaube Holz passt besser, aber nicht so was helles wie Buche ehern dunkler!“
„Ok!“ sagte der Verkäufer und führte sie zu einem kleineren Regal.
„Diese Türme scheinen nicht mehr so gefragt zu sein.“ stellte Luke fest, griente dabei.
„Tja,“ sagte Lilly: „Ich mag halt manchmal etwas ältere Dinge!“
Jetzt lachte Luke leise, stupste sie zärtlich in die Flanke.
Der Verkäufer zeigte auf einen fast brusthohen Turm, die Seiten, sowie die Lautsprecher waren aus dunklem Holz. Von der Farbe her, müsste es Walnuss sein, dachte Lilly.
Ganz oben war der Plattenspieler, darunter der CD-Spieler, dann kam das Radio und schließlich das Kassettendeck. Ganz unten war noch ein großes Fach, darin konnte man die Platten stellen.
„Ist es so einer, wie sie es sich vorgestellt hatten?“ fragte der Verkäufer freundlich, sah Lilly an.
„Ja, im Großen und Ganzen schon!“ sagte sie, sah Luke an, hob ihm das Preisschild vor die Nase.
Luke griente sie nur an, zog ihre Hand nach unten und flüsterte ihr wieder ins Ohr: „Ich hab doch gesagt du bekommst was du willst und das Geld keine Rolle spielt!“
„Gut!“ sagte Lilly laut genug, drehte sich dann zu dem Verkäufer und sagte: „Nehmen wir!“
Abermals huschte dem Verkäufer ein Lächeln über das Gesicht, ob jetzt wegen dem Verkauf oder wegen Lukes und Lillys Zusammenspiel, vermochte Lilly nicht zu sagen.
„Was noch?“ fragte sie Luke.
„Einen Fernseher, höchstens du brauchst keinen?“
„Doch, doch!“ sagte Lilly, wandte sich wieder dem Verkäufer zu: „Also zu den Fernsehern!“

Der Verkäufer lief abermals voraus und Lilly, wieder bei Luke untergehakt, folgte ihm. Zog Luke zwangsweise mit sich.
Schließlich standen sie vor einem Regal, welches die gesamte Rückwand einnahm. Überall flimmerten Fernseher, diverser Größen, Ausstattung, Farbe und Technikstand.
„Was haben sie sich denn vorgestellt?“ fragte der Verkäufer, diesmal direkt an Lilly gewandt: „LCD, Plasma, welche Größe, Farbe?
Lilly griente, davon hatte sie keine Ahnung, musste sie sich eingestehen, sie sah hilfesuchend Luke an.
Jetzt ergriff dieser das Wort: „Das Wohnzimmer ist riesig, also mindestens eine Bildschirmdiagonale von einem Meter, ansonsten ehern schwarzes Gehäuse wie silbern, und ob LCD oder Plasma ist eigentlich egal!...Ach ja, so ein Heimkinosystem sollte man auch anschließen können!“
„Haben sie schon eines?“ fragte der Verkäufer.
„Noch nicht!“ sagte Luke.
„Mmh!“ war alles was der Verkäufer antwortete.
Lilly sah Luke erstaunt an: „Was willst du mit einem Heimkinosystem?“ fragte sie leise.
„Bei der Raumgröße brauchst du dementsprechend Sound sonst hörst du in der Küche nur rauschen!“
„Ach so!“ sagte Lilly.
„Also,“ meldete sich der Verkäufer zu Wort: „Wir haben hier einmal einen LCD und einen Plasma, beide gibt es mit einem entsprechendem Heimkinosystem als Paket.
Sie standen vor zwei Fernseher, die beide höher waren wie Lilly groß, von der Breite ganz zu schweigen. Beide standen auf einem genauso breiten Fuß, in dem ebenfalls Lautsprecher integriert waren. Zusammen mit dem Heimkinosystem, waren dies Dinger teuer.
Sauteuer, dachte Lilly, das ist mehr wie drei Monatsgehälter von mir.
„Luke! Ich weiß nicht, brauchen wir ein solches… Monster!“
Luke lachte leise, sah wieder den Verkäufer an: „Wie lange hab ich darauf Garantie?“
„Sechs Jahre, für Zweihundert mehr, Zehn Jahre!“
„Zehn Jahre klingt nicht schlecht!“ sagte Luke laut, jedoch ohne jemand direkt anzusprechen.
Dann wand er sich an Lilly: „Also komm, welchen willst du?“
Lilly stand davor, ging ein paar Schritte zurück, sah abwechselnd erst auf einen, dann auf den anderen.
Sie wusste, das sie Luke nicht davon abhalten würde einen davon zu kaufen, obwohl es ihr entschieden übertrieben war.
„Ich finde der Linke hat bessere Farben, leuchtender, der Rechte ist im Vergleich so matt!“ Jetzt lief sie weiter nach links, schaute von schräg auf die Bildschirme: „und außerdem sieht man selbst von schräg seitlich eine klares Bild. Bei dem Rechten, sieht man nicht mehr so gut. Der Linke scheint mir eindeutig besser!“
Sie sah auf den Preis: „Der ist auch teurer!“ stellte sie fest.
Nun wand sich Luke wieder an den Verkäufer: „Also der Linke mit dem Heimkinosystem!“
Der Verkäufer scannte wieder alles ein. Währenddessen, kam Luke näher zu Lilly: „Brauchst du noch was?“ fragte er leise: „DVD-Player, VHS-Player, oder so was?“
„Ich hab ein Kombigerät zu Hause, das ist gut, das langt!“
„Das steht aber in deiner Wohnung, willst du das immer hin und her tragen?“
Lilly überlegte kurz: „Eigentlich nicht!“ gestand sie.
„Also!“ sagte Luke und als der Verkäufer wieder bei ihnen stand fragte Luke: „Habt ihr so Video-DVD Kombigeräte?“
Der Verkäufer nickte: „Natürlich, zwar nicht so viele, weil die nicht so gefragt sind, aber wir führen solche!“
„Gut! Mal schauen ob was Passendes dabei ist!“ sagte Luke und sah den Verkäufer auffordernd an.
„Gut, dann folgen sie mir bitte!“ sagte er freundlich.

Sie gingen ein paar Regale zurück und standen schließlich vor einem, in welchem fünf verschiedene Geräte standen.
„Mehr nicht?“ fragte Luke.
„Nein!“ sagte der Verkäufer: „Aber wir haben einige DVD und Blueray-Player!“
„Nein!“ sagte Luke und Lilly merkte wie der Verkäufer kurz zusammenzuckte, dann Lilly ansah und wieder mit ihr sprach: „Also ein Kombigerät, ja?“
Lilly nickte: „Ich hab… hatte eins von Philipps, das war gut!“ Sie konnte ja schlecht sagen, dass sie noch eines hatte, obwohl es dem Verkäufer ja eigentlich egal sein müsste.
„Mmh, ok!“ sagte er: „Wir haben auch eins von Philipps, ist eigentlich Preis-Leistungsverhältnis gut, wenn man es nicht so oft braucht, aber wir haben auch qualitativ hochwertigerer, sind aber auch teurer!“
Lilly sah Luke an, der Verkäufer hingegen sah nur Lilly an, irgendwie schien ihm Luke wieder nicht geheuer zu sein.
„Also?“ fragte sie Luke.
„Ist das teurere auch wirklich besser?“ fragte er den Verkäufer.
Dieser sah Luke verwirrt an, sagte dann in einem merkwürdigen Tonfall: „Das ganz Teure ist nicht wirklich besser wie das was etwas billiger ist!“
„Aha!“ sagte Luke zu Lilly.
„Also dann nehmen wir die etwas billigere Variante!“ sagte Luke zum Verkäufer, dieser sah ihn an, blinzelte, als ob er gerade wach geworden wäre und sagte zu Luke: „Aber sind sie sicher, ich meine viel teurer ist das andere Gerät doch nicht!“
„Dann kann es ja auch nicht wirklich besser sein, oder?“ fragte Luke.
Der Verkäufer sah Luke an, dann wieder Lilly: „Ja, das billigere reicht!“
Wieder scannte der Verkäufer die Ware ein, sah dann abermals Lilly an: „Benötigen sie noch etwas?“
Lilly sah Luke an: „Ich glaube, das wäre alles!“ sagte Luke.
„In Ordnung, dann können wir ja zur Kasse um alles Weitere zu regeln!“
Er ging voraus und Lilly sowie Luke folgten ihm: „Was war das?“ fragte sie Luke leise.
„Was denn?“
„Was hast du gemacht, wieso war der so merkwürdig?“
„Mmh!“ Luke wiegte den Kopf von links nach rechts: „Sagen wir, ich habe noch andere Fähigkeiten!“
„Und welche?“ fragte sie und Luke hörte ein gewisses Misstrauen in ihrer Stimme.
„Nichts was bei dir funktioniert!“
„Das kann jeder behaupten, also was hast du gemacht!“
„Man kann Menschen dazu bringen, unbewusst die Wahrheit zu sagen, Lügen bedeutet erst über die Antwort nachdenken zu müssen, sich etwas einfallen zu lassen, das können aber die wenigsten, wenn sie eine gewisse Furcht haben!“
„Das heißt?“
„Ich kann durch meine Stimmlage Menschen dazu bringen Angst vor mir zu haben, ohne das sie es bewusst wahrnehmen und dann können sie mich nicht anlügen. Das ist alles!“
„Und woher willst du wissen, dass es bei mir nicht geht?“
„Weil die gleiche Fähigkeit auch auslöst das Menschen mir ohne Wenn und Aber vertrauen und das hat bei dir nicht annähernd so gut funktioniert, wie bei anderen. Der Grund warum du mir vertraust, ist das du genauso im Unterbewusstsein weißt, das du zu mir gehörst, wie ich es weiß. Das hat aber in keinster Weise mit meiner Fähigkeit zu tun, sonst wäre es einfacher bei dir gewesen!“
„Einfacher?“
„Ja wesentlich einfacher! Ich hätte dir nur einmal sagen müssen, das ich es dir nicht erklären kann und dann hättest du es dabei gelassen, aber so hast du immer wieder nachgehakt, also war es vergleichbar schwieriger!“
Sie hatten bereits die Kasse erreicht, daher schwieg Luke und auch Lilly entschied, das sie dieses Gespräch, wenn überhaupt fortsetzten würden, wenn sie wieder alleine wären, allerdings glaubte sie nicht, das es da noch viel zu bereden gab.
An der Kasse hinterließ Luke die Lieferadresse und als die Kassiererin sah wie hoch die Summe war, sah sie Luke irritiert an. Diesem war das nicht entgangen: „Wenn es ihnen lieber ist, zahl ich die Hälfte jetzt und die andere bei Lieferung!“ schlug er vor.
Schon fast erleichtert willigte die Kassiererin ein und Luke legte ihr eine Kreditkarte vor. Sie nahm sie, zog sie durch und schien abermals irritiert, das diese große Summe von seiner Karte abgebucht wurde.
„Aber eine solche Summe nimmt der Lieferant nicht an!“ gab sie zu bedenken, als sie die Papiere, die Luke unterschreiben hatte zurück nahm.
„Dann halt auf Rechnung!“
„Ich weiß nicht, ob das geht?“ sagte sie.
Luke beugte sich etwas weiter zu ihr und Lilly vernahm wieder das Schnurren in seiner Stimme, allerdings schien es niemanden außer ihr aufzufallen: „Das geht! Ich kann die Hälfte sofort zahlen, dann werde ich auch die Hälfte per Rechnung zahlen!“
Die Kassiererin sah ihn an, hatte, wie ihr Kollege zuvor, einen merkwürdigen Gesichtsausdruck und sagte dann: „Natürlich, mit Sicherheit können sie das. Also dann werde ich den Vermerk Rest auf Rechnung aufschreiben. Das ist kein Problem!“
Luke lächelte sie an: „Also gut. Bis wann wird geliefert?“
„Ich denke bei der Menge wird der Lkw morgen im Laufe des Vormittags bei ihnen sein!“
„In Ordnung!“ sagte Luke und Lilly bemerkte, dass das Schnurren aus seiner Stimme verschwunden war.
Das war das, wieso er diese Fähigkeit hatte, dieses Schnurren löst Vertrauen aus, aber wieso hört die das nicht. Ist es das, was er meinte, als er sagte, dass das bei mir nicht funktionierte. Es läuft über das Unterbewusstsein und ich höre es, also klappt es bei mir nicht.

Als sie den Laden verlassen hatte, stupste sie Luke an: „Dieses Schnurren in deiner Stimme was ich höre, hört das noch jemand anderer?“
Luke sah sie an, lächelte schon fast verlegen: „Nur meinesgleichen, Menschen nehmen es normalerweise nicht wahr. Du bist da eine Ausnahme!“
„Deswegen hat das bei mir nicht geklappt!“ stellte sie fest.
„Mit Sicherheit, obwohl du mir nie gesagt hast, das du das Schnurren…“ er machte Gänsefüßchen in die Luft: „.. wie du es nennst auch hörst, wenn ich rede. Das du das sonst hörst dachte ich nicht, weil ich selbst nicht wusste das ich das tue.“
„Doch ich höre es, vielmehr habe es gehört ab und zu, allerdings hast du das in letzter Zeit nicht mehr gemacht!“
„Weil ich gemerkt habe, dass es bei dir nichts bringt. Warum auch immer!“
Lilly fing an zu kichern: „Das heißt du kannst mich damit nicht beeinflussen?“
„Nein, du hörst das aktiv, damit scheint es nicht dein Unterbewusstsein zu beeinflussen!“ Er zuckte verlegen mit den Schultern.
„Auch gut!“ sagte sie, küsste ihn während des Laufens auf die Wange, hakte sich dann wieder bei ihm ein: „Dadurch weiß ich wenigstens das alles was ich empfinde, von mir selbst kommt, obwohl ich nicht unbedingt alles verstehe!“
„Das kann ich mir vorstellen, aber ich weiß darüber auch nichts, ich kann dir nichts oder zumindest nicht viel erklären!“
„Mmh!“ machte Lilly, als sie den Lebensmittelladen betraten. Sie holte einen Einkaufswagen und Luke fing leise an zu lachen.
„Warum lachst du?“
„Hast dazu gelernt!“
„Warum?“
„Seit wann nimmst du einen Einkaufswagen?“
„Du hast gar nichts, ich muss alles kaufen, angefangen von Grundnahrungsmitteln bis hin zu Schnickschnack!“
„Also, dann kauf ein was du brauchst, was du willst, was du möchtest!“
Sie stieß ihn, mit ihrem Ellenbogen, in die Seite: „Mach ich auch, wenn du eine Mikro und ein Monster von Fernseher kaufst, dann kauf ich ein!“

Das tat sie auch, als sie an der Kasse ankamen, war der Wagen voll, übervoll, sie benötigten zwölf Taschen, bis alles soweit verstaut war. Sie nahmen den Wagen bis zum Parkplatz und Luke versuchte alles in den Kofferraum zu packen, schließlich gab er auf und stellte die Hälfte der Taschen auf die Rückbank.

Sie fuhren nach Hause, Luke stellte den BMW wieder direkt vor die Haustür, hielt Lilly wieder Beifahrertür, sowie Haustür auf. Lilly hatte kaum den Vorraum betreten, als sie etwas an sich vorbeihuschen merkte. Nur ein kurzer Luftstrom verriet es ihr. Sie schaltetet das Licht an, ging in das Wohnzimmer, in dem Esszimmer sowie Küche integriert waren und sah, als sie dort auch das Licht anschaltete, dass Luke bereits in der Küche stand.
Sie musste sich wirklich daran gewöhnen, wie schnell und lautlos er sich bewegte. Zu ihrer Überraschung war Luke damit beschäftigt die Tüten auszuräumen. Er hatte alle zwölf neben sich stehen. Hatte er alle auf einmal hereingebracht oder war er mehrmals gelaufen, fragte sie sich.
Er drehte sich herum, sah sie an: „Was ist?“
„Sind das alle?“
Luke sah neben sich auf den Boden: „Ja! Die sind doch nicht schwer, die kann man alle auf einmal tragen!“
Damit war ihre unausgesprochene Frage auch beantwortet, sie setzte sich langsam auf eine der großen Couchen, zog die Beine an und sah Luke zu, wie er alles wegräumte.
„Du kannst mir ruhig helfen!“ sagte er.
„So warum denn?“ fragte sie quengelig.
„Damit du nicht nachher alles suchen musst!“
„Ich find’s schon, solange du das was in den Kühlschrank gehört auch da hineinmachst, ist alles ok!“
„Sooooo?“ fragte er, stand plötzlich neben ihr, hob sie ohne die geringste Kraftanstrengung hoch und trug sie zur Küche, setzte sich dort auf die Küchenzeile und hielt ihr diverse Pakete vor die Nase: „Da räum weg!“ Sie konnte nicht einmal etwas dagegen tun, so schnell war es gegangen.
Lilly drehte die Päckchen in den Händen, machte neben sich eine Schranktür auf und schmiss alles einfach hinein.
Luke beobachtet sie, fing an zu lachen: „Bist du müde? Oder hast du einfach keinen Bock?“
„Müde!“ sagte sie wieder so quengelig.
Sanft strich er ihr mit beiden Händen über die Wangen: „Armes Mädchen, so müde!“
„Wenn du mich verarschen willst, dann…..!“
Schnell hob er beide Hände nach oben: „Oh Hilfe, nichts tun, bitte!“ Sie hörte das unterdrückte Kichern in seiner Stimme.
Deswegen streckte sie ihm die Zunge heraus, hüpfte von der Arbeitsplatte und rannte zurück zu den Couchen, ließ sich dort auf eine fallen, zog die Füße an und legte sich seitlich darauf. Ein Kissen brauchte sie nicht, die Couch war dick genug gefüttert. Sie hörte, wie Luke immer noch den Einkauf wegräumte, aber nach einer Weile fielen ihr die Augen zu.


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Tag der Veröffentlichung: 06.08.2011

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