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Kapitel 1


Sie liebt einen Mann, einen Mann der älter ist wie sie und für diese Liebe muss sie gegen manches kämpfen, auch gegen sich selbst.

Wie es dazu kam, nun man kann sagen das Glück geht eigenartige Wege, selbst dann oder gerade dann, wenn man nicht daran glaubt.
Wo soll man anfangen, am besten mittendrin.

Es war Anfang Februar, genauer gesagt der 5. Februar.
Steffi war 22 Jahre alt, noch denn im April würde sie 23 werden. Ihr Abitur hatte sie gerade so bestanden, wollte aber im medizinischen Bereich arbeiten. Das Arztstudium stand außer Frage, also hatte sie sich nach einem neunmonatigen Pflegepraktikum dazu entschieden Krankenschwester zu werden. Sie war gerade im zweiten Ausbildungsjahr und war mit ihrer besten Freundin unterwegs um sich von der nicht ganz so einfachen Arbeit zu erholen, sofern man dies in einer Disco konnte.

Es war Freitag gegen 21:00 Uhr, die Disco mitten im Industriegebiet war klein und eine Mischung zwischen Country und Techno. Die eine Hälfte war hauptsächlich aus Holz. Die Wände, die große zentral gelegene Bar, welche den meisten Platz in Anspruch nahm. Die Bar war rund, von allen Seiten konnte man sich setzen und aus so altem Holz, dem man ansah das es schon einiges mitgemacht hatte. Auch die Tische und restlichen Stühle, die in kleine Nischen standen, waren aus demselben Holz.
In dieser Hälfte hielten sie sich meist auf, die Tanzfläche war zwar klein, keine 4x3 m groß aber die Musik entsprach mehr ihrem Geschmack.
In der andere Hälfte, die Techno- Abteilung, war die Tanzfläche das größte, sie nahm fast die ganze Halle ein, so das die Bars, in den kleine Nischen wo auf der anderen Seite die Tische standen, Platz finden mussten. Daher waren dort auch vier kleinere Bars, die alle Möglichen Cocktails verkauften die man sich vorstellen kann, und sollte es einen bestimmten Cocktail nicht geben, sagte man dem Barkeeper einfach was er zusammen mischen sollte. Auf der Tanzfläche stand eine DJ Pult, der zwischen den riesigen Lautsprecher aus denen die Bässe dröhnten, fast verschwand. Hier bestand alles aus Metall und Hartplastik. Es wurde wild getanzt, was allerdings aus der Sicht einer Beinahe-Krankenschwester mehr wie epileptische Zuckungen aussahen, die wohl durch das andauernde hell gleisende Licht, welches zum Rhythmus der Bässe flackerte, ausgelöst wurden. Nun es war nicht ihr Geschmack, zumindest nicht alles. Es gab einen kleinen Durchgang zwischen diesen zwei Hälften, in welchem sich auch die Toiletten befanden, daher stand man beim Schlange stehen meist halb auf der Tanzfläche der Techno- Hälfte.


Ihre Freundin Julia, die nur von allen Jule genannt wurde, stand mit ihr auf der kleinern Tanzfläche der "Oldie"-Hälfte und sangen lauthals und schrecklich falsch Lieder wie Marianne Rosenbergs "Er gehört zu mir" oder ABBAs leicht zerstörten Versionen von „Waterloo“, „Money, Money, Money“ und anderen.
Jule hatte wie immer nur Augen auf diverse Männer jeglichen Alters geheftet und überlegte fieberhaft wie sie etwas für zu Hause mitnehmen konnte. Was für sie kein Problem war, denn Jule war groß, über 1,80m war so schlank das man selbst durch ihre enge Jeanshose und dem engen Top ihre Rippen und Hüftknochen gut erkennen konnte. Allerdings hatte sie aufgrund ihrer langjährigen Antibaby-Pille Einnahme, die sie wegen ihres Männerverschleißes auch benötigte, einen Busen der in keinerlei Proportion zu ihrem restlichen Körper stand. Man befürchtete irgendwie immer sie würde nach vorn überkippen.
Sie hatte blonde lange Haare, braune Augen und ein Allerweltsgesicht, worauf die Männer jedoch nie achteten, schätzungsweise weil sie ab Brusthöhe eh nicht weiter nach oben sahen, zumindest diese Art von Männern welche sie immer mit nach Hause nahm.
Jule war ebenfalls 22 Jahre hatte aber was Männer anging einen gewaltigen Vorsprung, sie hatte ja schließlich schon mit 13 Jahren angefangen.


Steffi hingegen war wohl ehern die graue Maus, mit einer Größe von 1,70 cm und einem Gewicht von 85kg, die natürlich bei weitem nicht so gut verteilt waren, wie sie es sich gewünscht hätte. Das meiste saß hartnäckig an den Hüften, dem Bauch und den Oberschenkeln fest So etwas wie einen Busen konnte man mit Hilfe eines PushUp-BHs unter ihrem langärmligen T-Shirt erahnen. Sie hatte eine undefinierbare Augenfarbe eine Mischung zwischen Blau, Grau, Grün und Braun, je nach Licht. Sie hatte lange braune Locken, welche allerdings nie so aussahen wie sie gerne gehabt hätte. Kein Vergleich zu den Damen aus der Werbung oder in Katalogen. Also behalf sie sich damit ihre noch nassen Haaren mit Schaum zu verkleben, was dazu führte das ihre Haare so etwas wie Korkenzieher Locken waren, jedoch immer nass aussahen, daher flocht sie sich meist die Haare oder kämmte sie streng zu einem Pferdeschwanz.
Da sie nun aber in der Disco war hatte sie wie immer die erste Variante gewählt. Make-up kannte sie zwar, war aber bei weitem nicht so geschickt wie Jule im Umgang damit, sodass sie meist darauf verzichtete. Zumal jede Art von Wimperntusche entweder ihre Wimpern so verklebte dass sie die ganze Zeit die Augen aufreißen musste, oder sie schlichtweg zum heulen brachte. Von Puder oder ähnlichem sah sie meist am nächsten Tag aus, wie frisch in der Pubertät, daher verzichtet sie auf alles, es war ja eh relativ dunkel in der Disco.


"Hey schau mal sind diese vier Jungs nicht super süß!", die Stimme ihrer Freundin durchbrach gerade mal die Lautstärke der Musik. "Welche denn schon wieder?" Steffi war genervt von Jules ewiger Männersucherei, sie wollte eigentlich etwas Zeit mit ihrer Freundin verbringen und nicht schon wieder als Alibi für ihre Männerjagd benutzt werden. Jule hatten nämlich einen festen Freund der jedoch momentan bei der Bundeswehr war, allerdings scherte sie das wenig, was zu manchem Streit zwischen Steffi und ihrer Freundin sorgte.
Steffi hatte andere Vorstellungen einer Beziehung, sie wäre froh endlich jemanden zu haben der sie liebte und Jule, nun ja war halt Jule.
"Schau mal wie die hier rüberschauen ich glaub ich nehme heut mal wieder zwei mit nach Hause, wären die anderen nichts für dich", wurde ihr wieder ins Ohr gebrüllt. "Jule, wen meinst du denn bitte?" Ihr Zeigefinger wies auf eine Gruppe von vier Jungs, wobei keiner wirklich älter wie 20 zu sein schien. Zwei davon sahen rüber und steckten immer wieder ihre Köpfe mit den Anderen zusammen. Nach einer Weile kamen sie geschlossen über die Tanzfläche und stellen sich vor die Freundinnen. Die zwei die die ganze Zeit rübergeschaut hatten flankierten Jule. „Meinst du das ist eine gute Idee?" fragte Steffi "Ach jetzt sei kein Spielverderber" fuhr Jule sie an "Sei nicht so verbohrt und komm mit, sie wollen uns nur was zum Trinken ausgeben" Mit diesen Worten war Jule bereits und dem Weg zu einem kleinen Tisch mit Eckbank der auf einer Seite offen in den Raum war. Steffi wurde von den zwei anderen Jungs flankiert und Richtung Tisch begleitet. Dort saß Jule bereits einen links, einen rechts neben sich und hatte bereits auf dem Weg, welcher an der Bar entlang führte, etwas zu Trinken bekommen. Auch Steffi wurde ein Glas vorgesetzt, nachdem sie ebenfalls wie Jule von den zwei anderen Jungs in die Mitte genommen wurde und somit festsaß. Die vier Jungs waren eindeutig nicht mehr nüchtern, sodass die laute Musik und ihr Lallen dafür sorgte, dass man eigentlich nichts verstand. Steffi sah das Glas mit einem undefinierbaren Cocktail an und nach dem ersten Schluck war ihr klar das dieser nur aus Alkohol bestand, da sie aber um diesen bis dato einen Bogen gemacht hatte, merkte sie wie es ihr jetzt schon warm wurde, also ließ sie den größten Teil des Cocktails elegant unter dem Tisch auf den alten zerfurchten Kopfsteinplasterboden laufen. Keiner der Jungs bemerkte etwas, Jule hingegen kippte ein Glas nach dem anderen hinunter, sodass es keine halbe Stunde dauerte bis sie abwechselnd mit ihrem linken und rechten Nebensitzer zu knutschen anfing. Die beiden Jungs die Steffi in der Mitte hatten, waren wohl auch der Meinung sie wäre soweit und begannen aufdringlich zu werden. Steffi hatte alle Mühe sich gegen vier Hände zu wehren, welche immer wieder an ihr herumfummelten. Gott verdammt, wie komm ich hier raus, dachte sie angestrengt nach wurde aber immer wieder von vier fleißigen Händen in ihren Gedanken gestört. Über die Rückenlehne komm ich nicht, zumindest nicht ohne mich bei den Typen abzustützen, ein leichter Anfang von Panik machte sich in ihrem Kopf breit. Oh Jule, wart bis morgen, dann bist du dran, mit dir gehe ich nirgendwo mehr hin, dachte sie wütend. " Hey, was ist los Süße, deine Freundin ist doch auch nicht so zaghaft", sagte einer ihrer Nebensitzer. Ein Blick zur Jule verriet Steffi das diese ihr auch nicht helfen würde. Die Hände ihrer Nebensitzer waren bereits unter Jules Top verschwunden und Jules Hände ihrerseits konnte Steffi auch nicht mehr sehen, jedoch erahnen wo sie sich befanden. Steffis Nebensitzer wurden so langsam ungehalten, ihre Hände wurden immer dreister und sie wehrten sich gegen Steffis Versuche sie loszuwerden. Nun bekam sie wirklich Panik "Schluss jetzt, hört sofort auf sonst knall ich euch eine " brüllte sie um die Musik zu übertönen. “Ja knallen wollen wir auch, also mach doch mit", kam die die Antwort ihres linken Nebensitzers mit einem süffisanten Grinsen. Jetzt war Panik angesagt, sie sah sich schon in irgendeiner ausweglosen Situation, zwischen zwei Jungs gefangen, die stärker waren als sie. Was sollte sie machen, wie kam sie nur hier raus.


Plötzlich wurde sie von hinten unter den Armen gepackt und rückwärts zwischen den zwei Jungs über die Rückenlehne gezogen. Eine ihr unbekannte Stimme sagte: "Da bist du ja, ich hab dich schon gesucht" Zuerst wollte sie sich wehren, da sie nicht wusste wer der Mann war, der sie da packte, er verwechselte sie bestimmt, aber das war ihr momentan egal, solange sie hier raus kam. Sie wurde hinter der Eckbank auf die Füße gestellt und der Fremde hielt sie immer noch fest. Sie senkte den Kopf sodass ihre Haare nach vorne fielen um zu verhindern dass der Mann merkte, dass sie die Falsche war und sie womöglich einfach stehen ließ. Der Fremde schob sie sanft vor sich her, am Tisch und den zwei verdutzten Jungs vorbei. Als sie ein paar Schritte gegangen waren, brüllten die zwei Jungs hinter ihnen her " Was soll das, such die was eigenes" " Ja die haben wir klargemacht"
Steffi wurde ein Stück weitergeschoben und merkte wie der Mann sich umdrehte und den zwei Jungs gegenüber stand, die mittlerweile zu ihnen aufgeschlossen hatten. " Hört mal zu Jungs, fangt erst mal an euch rasieren zu müssen, bevor ihr Frauen anmacht". Steffi hatte ihnen immer noch den Rücken zugedreht aber der Fremde war nicht viel größer wie sie, vielleicht 5 cm, und diese Jungs waren groß und sahen auch stärker aus. Auf einmal kamen drei weitere Männer auf sie zugelaufen, Zwei von Ihnen so groß wie der Fremde, der Dritte hingegen war gut 1,80cm und sah aus wie ein wandelnder Schrank. Sie liefen an ihr vorbei und gesellten sich zu dem anderen Mann, stellten sich links und recht von ihm auf. Steffi konnte nicht widerstehen, sie drehte sich um und sah auf vier schwarz gekleidete Rücken, wobei der eine fast so breit war wie zwei der anderen. Die Jungs sahen einen nach dem anderen an und ihre Blicke verharrten an dem Größten, wohl ihre Chancen abwägen, entschlossen sie sich zum Rückzug.
Die vier Männer sahen sich an und begannen fröhlich zu grinsen und zu reden, Steffi verstand nicht aber ihre Gestik verriet das es ihnen wohl gefallen hat den zwei Jungs in die Schranken zu weisen.
Steffi drehte sich ohne ein Wort um und ging Richtung Ausgang, an der Garderobe versuchte sie hektisch den Chip, der ihre Jacke auslöste, aus ihrer Hosentasche zu bekommen. Es schien ewig zu dauern, sie war dankbar für ihre Rettung wollte aber so schnell wie möglich weg.
Endlich hatte sie den Chip, warf ihn auf die Theke und bekam nach wiederum einer Ewigkeit ihre Jacke. Sie drehte sich kein einziges Mal um aus Angst es würde dadurch irgendwas passieren.
Als sie endlich ihre Jacke bekam zog sie diese schnell an und trat hinaus in die eiskalte Februarnacht. Es war mittlerweile schon nach Mitternacht und die Luft war schneidend kalt. Sie zog die kalte Luft in die Lungen, und obwohl jeder Atemzug beinahe weh tat, war sie froh aus diesem rauchgeschwängertem Laden raus zu sein. Sie zog die Jacke fester um sich und begann ein Stück über den Parkplatz zu gehen. Verflucht wie komme ich jetzt heim, Jule ist gefahren, aber die kann bleiben wo der Pfeffer wächst. Das heißt wohl Taxi fahren, dachte sie leicht gereizt. Sie sah sich um, natürlich war weit und breit kein Taxi an dem Stand und ein Handy hatte sie natürlich auch nicht dabei. Super, es ist arschkalt, und der ZOB ist ungefähr 10 km entfernt, aber da steht bestimmt ein Taxi, also muss ich wohl laufen, dachte sie. Sie war noch nicht einmal die Hälfte über den Parkplatz als sie hinter sich Schritte hörte, die ihr eilig folgten.


"Hey, wohin so eilig" hörte sie eine Männerstimme rufen. Es war die gleiche Stimme die sie vor den Jungs gerettet hatte. Sie blieb stehen, drehte sich aber nicht um. Vielleicht verwechselte er sie immer noch.
"Erst rette ich dich und dann verschwindest du ohne etwas zu sagen. Find ich nicht besonderst nett", sein Tonfall hatte etwas tadelndes aber auch etwas Amüsiertes. "Du redest wohl auch nicht mit jedem, oder hat die deine Mutter zwar beigebracht nicht mit Fremden zu reden aber auch nicht das man Danke sagt", jetzt war der Tadel ganz aus seiner Stimme verschwunden, sie klang nur noch amüsiert. "Ich will heim" brachte Steffi hervor, immer noch den Rücken zugewandt. "OK, wo steht dein Auto, ich weiß nämlich nicht ob das so eine gute Idee ist hier draußen alleine rumzulaufen. Zumal deine zwei nervigen Anhängsel am Ausgang stehen und dich beobachten", er stand so nah bei ihr das er den letzten Satz flüstern konnte und sie seinen warmen Atem im Genick spürte. Sie drehte sich um, immer noch bedacht ihn nicht anzuschauen und sah an ihm vorbei Richtung Ausgang. Da standen sie wirklich, an eines der Autos gelehnt und sahen zu ihnen hinüber. "Scheiße", fluchte sie. Er lachte leise: "So ein böses Wort, also wo steht dein Auto?" "Ich bin mit meiner Freundin hergekommen, ich muss wohl zum ZOB laufen um ein Taxi zu nehmen" sagte sie immer noch an ihm vorbeischauend. "Das sind fast 10 km, ich weiß nicht, ich hätte ein schlechtes Gewissen dich mitten durch das Industriegebiet so weit laufen zu lassen, außerdem traue ich diesen Typen nicht. Ich will dir ja keine Angst machen aber...“. Seine Stimme bekam einen merkwürdigen Unterton, er machte ihre keine Angst aber die Warnung war klar zu verstehen. "Und was soll ich machen" fragte Steffi. "Ich kann dir einen Vorschlag machen, ich fahr dich bis zum ZOB, dort kannst du dann ein Taxi nehmen." Steffi dachte nach, ganz geheuer war ihr das nicht, aber gegen einen hatte sie theoretisch mehr Chancen wie gegen zwei. "Ok", sagte sie schließlich, "wo steht dein Auto" " Gleich da vorne" Sie gingen noch zwei Reihen weiter, vorbei an parkenden Autos als er auf einen alten Golf zulief. Er kramte in seiner Jackentasche und zog einen Schlüssel hervor, betätigte die Zentralverriegelung und nicht der Golf, sondern der schwarze BMW daneben ging auf. Super, dachte sie als sie auf den Wagen zulief, ein neuer 5er BMW. Echt toll, es hätte ja nicht der alte Golf sein können.
Er stand neben der Beifahrertür und hielt sie ihr auf, sie schaute ihm immer noch nicht ins Gesicht. Als sie drinnen saß, schloss er die Tür und sie drehte sich um. Toll, die Rückbank ist so groß wie meine Couch, echt super, dachte sie sarkastisch. Als er einstieg drehte sie sich schnell herum und sah aus dem Seitenfenster. Er ließ den Motor an, sie schnallten sich an und er fuhr los. Nach ungefähr 20m hörte sie das Summen der Zentralverriegelung, welche sämtliche Türen schloss. Sie zuckte zusammen. Gefangen, war der Gedanke der durch ihren Kopf schoss. "Das macht er automatisch, damit wenn man irgendwo steht niemand einsteigen kann, Sicherheitsmaßnahme, aber von innen kann man die Tür jederzeit öffnen." Ihr lag schon auf der Zunge zu sagen, das sie das selbst wüsste, schwieg aber. Sie wollte nichts provozieren. Sie fuhren an die nächste Kreuzung, dort war die Ampel rot. Jetzt sah sie ihn zum ersten mal von der Seite an, die blaue Beleuchtung der Armaturen ließ sie jedoch nicht viel erkennen, sie wollte herausfinden was er vorhatte. Oh Gott, meine Mutter hat mir immer gesagt steig nicht zu fremden Männern ins Auto, dachte sie. Wie komme ich hier jetzt wieder raus. Sie sah auf die Ampel, dann auf den Öffner ihres Gurtes und schließlich auf den Türöffner. Wenn ich schnell genug bin, krieg ich mich abgeschnallt und die Tür auf, wenn die Ampel auf Grün springt, dann fährt er an und ich komm raus, dachte sie und war sich sicher das das funktionieren würde.
Er fing plötzlich an zu Lachen, ein amüsiertes, kein böses Lachen. "Oh bitte tu das nicht!" sagte er. "Was soll ich nicht tun" fragte sie. "Einfach aussteigen, wenn ich anfahre schlägt entweder die Beifahrertür an den Pfosten der Ampel und ich brauch ne neue oder schlimmstenfalls knallt sie wieder zu und du hängst eventuell noch mit irgendwas zwischendrin und wirst eingeklemmt." Steffi sah ihn irritiert an, hab ich das laut gesagt, dachte sie. "Wie kommst du darauf?" fragte sie ihn. "Dein Blick hat mehr verraten als du denkst" sagte er immer noch grinsend. "Außerdem stehen dir deine Gedanken förmlich auf die Stirn geschrieben" sagte er immer noch sichtlich amüsiert. Jetzt wurde sie schon fast wütend "So, du glaubst also du weißt was ich denke" stieß sie hervor "Na dann lass mal hören!" Sein Grinsen wurde breiter. "Du willst also wissen was du denkst", sagte er mit unterdrücktem Kichern "also gut, du denkst und meine Mama hat mir immer gesagt steig nicht zu Fremden ins Auto und schon gar nicht in Autos mit so einer großen und gefährlichen Rückbank!" Er konnte sein Lachen kaum unterdrücken, "Komm sag schon das ich Recht habe, na was ist?" Seine Stimme bekam etwas kindlich quengelndes. Steffi konnte ein Grinsen trotz dieses schon fast unheimlichen Volltreffers nicht verkneifen: "So ähnlich, aber im Grunde richtig geraten" "Was heißt hier geraten, das war klar zu lesen", sagte er wieder mit einem amüsierten Tonfall. Nun konnte Steffi gar nicht anders wie lachen. Sie sah nach links und auch sein Grinsen wurde wieder breiter.
Sie fuhren eine Weile und als es am ruhigsten war, fing ihr Magen laut an zu knurren. Sie legte die Arme fester um ihren Körper und versuchte das Geräusch zu unterdrücken. "Na, hat da jemand Hunger?" "Nö, warum?" Sie drückte noch fester zu aber es hörte nicht auf. Sie überlegte wann sie das letzte Mal gegessen hatte und stellte fest das es bereits über zwölf Stunden her war. "Ich kenne da einen guten Chinesen ganz in der Nähe vom ZOB." Lädt er mich gerade zum Essen ein, dachte sie. Als sie ihm keine Antwort gab, sprach er weiter: "Also, wenn da kein Taxi steht, musst du eins anrufen, und dann wird das etwas dauern. Du hast dann zwei Möglichkeiten, entweder du bleibst solange bei mir im Auto sitzen, mit dieser gefährlich großen Rückbank, weil in der Kälte lass ich dich nicht stehen, oder wir gehen was Essen. In einem Restaurant gibt es noch mehr Menschen und du wärst nicht mit mir alleine. Such es dir aus." Sie dachte über seine Worte nach, eigentlich hatte er ja Recht obwohl das schon fast gemein war, aber ob sie mit ihm im Auto warten wollte wusste sie nicht so ganz, je nachdem kann das ne Weile dauern. "Also gut abgemacht, wenn kein Taxi da ruf ich eins und in der Zwischenzeit können wir was essen." " Mmh, war das jetzt so schwer" fragte er sichtlich verwirrt: "du bist komisch." "Wieso bin ich komisch, nur weil ich nicht gleich Feuer und Flamme bin, wenn mir jemand etwas vorschlägt. Man muss aufpassen. Man darf nicht jedem trauen!" Ihr Tonfall klang wohl etwas gereizter wie gewollt denn er sagte schnell: "Nein, so war das jetzt wirklich nicht gemeint. Nur du hast jetzt so lange überlegt, wieso sollte ich die etwas tun wollen. Ich lass dich auch aussteigen und fahr, wenn es dir lieber ist. Es war nur ein Vorschlag, du frierst dir den Hintern ab, nicht ich!" Das klang fast beleidigt oder verletzt oder eine Mischung aus beiden. Steffi wusste nicht was sie jetzt sagen sollte, warum interessierte es sie überhaupt was dieser Fremde fühlte. Ok er hatte sie schon irgendwie gerettet, aber dennoch kannte sie bis jetzt nicht mal seinen Namen.
Sie fuhren in den Parkplatz des ZOBs und wieder fragte er ob sie nun mit ihm was Essen ginge, bevor sie antworten konnte, fing ihr Magen wieder an in der Stille laut zu knurren. Er grinste wieder und Steffi sagte: "Nun ich schätze da hast du deine Antwort" "Also war das jetzt so schwer, in dem Fall würde ich sagen hat das Bauchgefühl gewonnen."
Er stieg aus dem Auto und lief um es herum, Steffi war aber schneller. Sie öffnete die Tür und stieg aus bevor er sie ereichen konnte. Zusammen gingen sie über den Parkplatz, überquerten die Straße. Sie lief neben ihm her und wieder sorgte sie dafür dass er ihr Gesicht und sie seines nicht sah. Sie drehte immer wieder den Kopf in die andere Richtung um sich zum Schein umzusehen ob doch kein Taxi oder irgendein anderes Auto kam.
Am Eingang des Restaurants, lief er an ihr vorbei und hielt ihr die Tür auf, sie ließ den Kopf gesenkt in diesem Fall um sicher zu gehen, das sie nicht auf den Stufen ausrutschte und eventuell der Länge nach auf der Nase landete. Als sie an ihm vorbei kam streifte sein Arm den ihren, es fühlte sich an, als ob sie einen Stromschlag bekam, ein Gefühl das sie bisher noch nie so erlebt hatte. Es kribbelte im ganzen Körper. Was ist los mit mir, dachte sie, ich kann doch unmöglich bei einem Fremden so was fühlen, was ist das. Oh bitte lass nicht zu das ich mich verliebe, obwohl ich ihn gar nicht kenne. Ihre Gedanken überschlugen sich und sie war froh das er ihr Gesicht nicht sehen konnte, sie fühlte wie sie rot anlief. Als sie die Tür passiert hatten, sah sie noch vorne direkt einen großen Spiegel, durch den man die Koi´s in dem im Fußboden eingelassenem Aquarium sehen konnte. Der Spiegel erlaubte ihr aber auch den hinter ihr gehenden Mann kurz anzusehen ohne sich umdrehen zu müssen.
Erst jetzt sah sie das er nicht einfach eine dunkle Hose und eine schwarze Jacke trug, es war ein kompletter Anzug mitsamt weißem Hemd, es fehlte eigentlich nur noch die Krawatte. Wer geht mit einem Anzug in die Disco, fragte sie sich. Bevor sie ihre Gedanken weiterverfolgen konnte kam eine kleine, zierliche Chinesin in ihrem traditionellen Gewand auf sie zu. " Tisch für zwei" fragte sie mit einem unüberhörbaren Akzent. "Ja, bitte", seine Stimme klang jetzt tiefer wie im Auto, auch hatte sie einen normalen Tonfall. "Möchten sie sitzen am Fenster", fragte die Chinesin. Er musste hinter ihrem Rücken genickt haben, denn die Chinesin drehte sich elegant um und lief mit einem "bitte folgen" voraus. Steffi kannte dieses Restaurant schon aber heute sah es irgendwie anders aus. Die Fenster waren geschmückt überall standen und lagen Blumen und kleine bunte Bilder. Das Restaurant war durch eine schöne Theke in zwei Bereiche unterteilt, die eine welche an der Fensterfront war, war nur mit 2-Personen Tischen bestückt, der andere Teil wies mehrere große runde Tische auf. Diese waren für mindestens 10 Personen geeignet, diese Tische hatten in der Mitte jeweils einen kleineren runden Tisch der gedreht werden konnte sodass jeder von seinem Platz aus bequem an jede Speise herankam. Außerdem war über diesem Bereich die gesamte Decke aus Spiegelglas, ebenso wie die hintere Wand sodass der Raum fast doppelt so groß wirkte. Sie wurde zu einem der hinteren kleinen Tische geführt, außer ihnen war kein anderer Gast im Restaurant, vielleicht lag es an der Uhrzeit. Bestimmt liegt es daran, dachte Steffi.

Als sie am Tisch saßen wurde beiden sogleich eine Speisekarte vor die Nase gehalten. Steffi war auch diesmal froh ihn nicht direkt anschauen zu können, aber ihre Verlangen danach ihn genau zu betrachten wuchs. Was soll den schlimmstenfalls passieren, dachte sie, er hat mir schließlich geholfen und ich habe mich noch gar nicht dafür bedankt. Und dazu schaut man jemanden ins Gesicht. Sie riskierte einen Blick über die Oberkante ihrer Speisekarte. Er hatte die Karte schräg auf der Unterkante vor sich auf den Tisch gestellt. Jetzt in dem hellen Licht konnte sie seine hellblonden Haare sehen, die er weitaus nicht so kurz geschnitten hatte wie sie zuerst angenommen hatte. Der Pony hing ihm ins Gesicht und ein Teil der Haare hatte er hinter die Ohren geschoben, im Nacken waren sie so lang das sie über dem Hemdkragen hingen. Unwillkürlich legt sie ihre Karte hin, fuhr sie sich mit der rechten Hand über ihre Locken, nahm sie im Genick zusammen und wickelte dann mit ihrer Linken eine einzelne Strähne wie einen Haargummi um den Zopf, sie wusste das das eine Weile halten würde. Durch ihre Bewegung sah er von seiner Karte auf schaute über den oberen Rand und als sich ihre Blicke trafen, spürte Steffi, wie ihr Herz kurz aussetzte. Ein solches Blau hatte sie bei einem erwachsenen Menschen noch nie gesehen, bei Säuglingen vielleicht oder bei Welpen. Dieses intensive Hellblau bann sie förmlich, es war ein Gefühl als ob sie in seinen Augen ertrinken könnte. Sie merkte wie flach sie atmete, konnte sich aber aus diesem unsichtbaren Band nicht befreien, sie war wie hypnotisiert. Er lächelte, das erkannte sie an seinen Augen, der Rest seines Gesichtes war noch hinter der Karte verborgen, und selbst wenn sie es anschauen hätte können, konnte sie sich nicht von seinem Blick lösen.
Er musste ihre Reaktion sehr bewusst wahrgenommen haben, oder er kannte schlichtweg die Reaktion anderer auf seine Augenfarbe. Er senkte kurz den Blick und dieser Bruchteil erlaubte es ihr sich aus diesem Bann zu lösen. Sie merkte wie schnell sie atmete und wie schnell ihr Herz jagte und war sich sicher das er ihren Herzschlag hören konnte. Bei dieser Vorstellung spürte sie wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Oh bitte, bloß nicht rot werden, das ist schon peinlich genug, dachte sie. Sie wusste nicht einmal wie lange sie ihn so fixiert hatte, aber die Chinesin kam bereits mit einem Glas Sekt, der hier den Gästen immer vor ihrer Bestellung gebracht wurde. "Haben sie schon gewählt", fragte sie. Steffi war froh über die Ablenkung, sie hatte zwar kaum in die Karte gesehen aber sie wusste was sie nehmen würde. " Eine Cola und die gebackenen Hähnchenbrust mit Bambussprossen, bitte", sagte sie nachdem er seine Karte zugemacht hatte und ihr zugenickt hatte, dass sie zuerst bestellen solle. Sie erschrak als sie merkte wie rau und leise ihre Stimme war. Die Chinesin lächelte sie an und drehte sich zu Steffis Begleiter. Was er bestellte bekam Steffi gar nicht mit, viel zu sehr war sie damit beschäftigt sich ein Loch im Boden zu wünschen in dem sie auf der Stelle versinken konnte. Als die Chinesin mit ihren Bestellungen davon ging, lächelte er sie an. Der nächste Stromschlag jagte durch ihren Körper. "Alles ok, das kommt davon wenn man versucht sich in der Disco zu unterhalten." Seine Stimme war tief, nicht zu tief, er klang wie ein Märchenerzähler, eine angenehme ruhige Stimme, der man stundenlang hätte zuhören können und wollen. Sein Lächeln wurde weicher. Sein Gesicht hatte weiche Züge, beinahe feminin. Ausgeprägte Wangenknochen, weiche Unterkieferzüge, die in ein schmales Kinn übergingen, eine gerade schmale Nase, ebenmäßig weiße Zähne und volle Lippen.
Also rauchen tut er schon mal nicht, dachte sie und wunderte sich zugleich wieso sie ausgerechnet das dachte. Aber am meisten dominierten seine Augen, nicht nur die Farbe, er hatte große, freundliche Augen umringt von einem blonden aber dichten Wimpernkranz. Und er sah ihr wieder direkt in die Augen, sie musste sich förmlich zwingen wegzusehen. "Ok, gibst du mir wieder keine Antwort?" "Was, doch ´tschuldigung ich war nur grad mit meinen Gedanken woanders", oh gut lügen kann ich noch dachte sie, " obwohl ich glaube, das kommt wohl ehern vom Versuch den Text der Lieder lauter zu singen wie die Musik dröhnt"
"Ach so, ich dachte schon du redest nicht mit mir. Wobei es dir nicht zu verdenken wäre. Meine Mutter würde mir was erzählen, wo sind nur meine anerzogenen Manieren geblieben. Ich heiße Luke." Er reichte ihr die Hand galant über den Tisch.
Als sie nicht danach griff, legte er den Kopf etwas schräg, lächelte und zog die eine Augenbraue hoch. "Ich heiße Steffi, eigentlich Stefanie aber so nennen mich die wenigsten" Sie reichte ihm die Hand und er hielt sie kurz fest. Seine Hand war nur etwas größer wie ihre, sein Händedruck war fest. er hatte weiche Hände so dass sie darauf schloss, dass er wohl nicht viele grobe Arbeiten mit den Händen machte. Das passt dann auch wohl zum Anzug, dachte sie und musste lächeln.
"Ach schau an sie kann’s ja doch."
"Was kann ich ja doch?"
"Lächeln, dazu ein sehr schönes."
"Wenn du vorhast mich in Verlegenheit zu bringen mach nur weiter so"
"Es liegt mir nichts ferner als dich in Verlegenheit zubringen. Obwohl es angenehm ist das man das noch fertig bringt. Die meisten kennen das Wort Verlegenheit gar nicht"
"Schamgefühl und Anstand auch nicht unbedingt", fügte sie hinzu.
"Ja, das sieht man gerade in Discos!"
" Ach, was du mir nicht erzählst?"
"Mmh, Sarkasmus beherrscht du also auch. Da bin ich aber froh!" Wieder dieses Lächeln, welches ihr Herz zum schneller schlagen brachte.
Irgendetwas in seiner Art zu sprechen irritieret sie, irgendein Dialekt, nein ein schwacher Akzent. Er musste ihr ihre Irritiertheit angesehen haben, denn er fragte: "Was ist, hab ich was falsches gesagt?"
"Nein, aber irgendwie hast du einen Dialekt oder ähnliches"
Er sah ihr in die Augen: "Den meisten fällt das gar nicht auf und die die es wissen merken es wahrscheinlich gar nicht mehr" Er machte eine Pause. Zu lang für ihren Geschmack, sie war neugierig geworden.
"Also?"
"Willst du das wirklich wissen?"
"Nee, weißt." Sarkasmus, vielleicht etwas zu viel. "Ich hätte sonst ja nicht gefragt, oder?" ihre Stimme bekam schon fast was Drängelndes.
"Also, meine Mutter ist Deutsche, mein Vater war amerikanischer Soldat. Ich bin mit meiner Schwester in Amerika geboren, na ja zumindest auf amerikanischem Hoheitsgebiet, dort sind wir aufgewachsen und ich habe in den US mein Studium absolviert. Vor ein paar Jahren bin ich dann nach Deutschland."
"Du sprichst aber gut deutsch, es ist mir halt nur aufgefallen bei manchen Wörtern"
"Der Hauptgrund warum ich so gut Deutsch rede ist weil meine Mutter uns zweisprachig erzogen hat, mein Vater fand das immer furchtbar, da er kaum verstand worüber ich mit meiner Mutter manchmal redete." Die Erinnerung daran ließ ihm wieder ein Lächeln aufs Gesicht huschen, jedoch nur ganz flüchtig.
Bevor Steffi fragen konnte ob alles ok sei, kam die Chinesin mit ihren Getränken und ihrem Essen. Sie stellte zwei Warmhalteplatten auf den Tisch und stellte die jeweilige Speise darauf ab "Guten Appetit", damit verschwand sie wieder so leise wie sie an den Tisch gekommen war.
Luke hob sein Glas mit Sekt an, Steffi hingegen nahm ihr Glas Cola.
"Kein Sekt?" fragte er.
"Nein, Alkohol und ich sind keine Freunde, das würde bestimmt peinlich enden"
"Von einem halben Glas?" fragte er sichtlich verwundert.
"Oh ja, glaub mir das willst du nicht erleben. Ich trinke keinen Alkohol, selbst ein viertel Glas würde mir reichen. Selbst Mon Cherrie langt mir", sie war verwundert wieso sie ihm das einfach erzählte.
Er sah sie amüsiert an, stellte sich wohl gerade vor was sie mit peinlich meinte und begann wieder zu grinsen.
"Das ist nicht lustig" sagte sie spaßig- warnend zu ihm.
"Ach komm schon, ich hab noch nie jemanden erlebt der sowenig verträgt, und das obwohl ich auch nicht wirklich viel brauche"
"Tja, kleine Mädchen sind halt anständig, die geben sich nicht regelmäßig die Kante!"
Sie schob sich eine Gabel ihrer Bambussprossen in den Mund. Luke nahm die hingelegten Ess-Stäbchen, und begann in seinen Gemüsenudeln zu stochern.
"So klein bist du auch nicht mehr" sagte er zu ihr, während er gekonnt die Nudeln mit den Stäbchen vom Teller aufnahm.
"Du kannst wirklich mit den Dingern essen?"
"Haja, ist doch kein Problem"
"Für mich schon, ich würde daran verzweifeln, die Dinger würden irgendwann in der Ecke landen!" Ihre Stimme verriet, dass sie kaum ein Kichern unterdrücken konnte.
"Ja, weißt du mein Vater und wir sind öfters umgezogen, von Base zu Base und daher war ich auch eine zeitlang in China, Hawaii, Thailand und so weiter, wenn man nur diese Dinger bekommt wenn man außerhalb ißt, lernt man es irgendwann, bevor man verhungert." Ein Grinsen das sein ganzes Gesicht erhellte zeigte sich.
"Ok auch wieder richtig, trotzdem bleibe ich lieber bei Messer und Gabel"
"Ich kann’s dir ja zeigen wenn du willst"
"Nicht um die Uhrzeit" Nun grinsten beide und Steffi fühlte sich in Lukes Gegenwart plötzlich sehr wohl.
"Was meinst du eigentlich mit, so klein bin ich nun auch wieder nicht"
"Ich habe das aufs Alter bezogen, nicht auf die Körpergröße, obwohl du nicht viel kleiner bist wie ich"
"Das will ich aber auch meinen. Außerdem weißt du doch gar nicht wie alt ich bin?"
"Ich schätze, nein ich weiß, dass du auf jeden Fall über 18 bist, sonst würde ich hier mit dir nicht sitzen. Du bist auch älter wie 21, ich würde schätzen so zwischen 22 und 23, oder?“
Sie war erstaunt wie gut er war sie konnte gar nicht schätzen weder Größen, Breiten noch Alter.
"Stimmt, da hast aber Glück gehabt beim schätzen", sie versuchte ihn irgendwie zu necken, „ich hingegen kann das gar nicht"
"Was ist am schätzen so schwer?"
"Die große Auswahl die man hat, wenn nichts eingegrenzt ist"
"Ok, für wie alt hältst du mich?", er legte wieder den Kopf schief und lächelte sie an.
Oh das war gemein, dachte sie, wo soll ich anfangen. Er ist auf jeden Fall älter wie ich, aber wie viel.
" Also.. ich.. schätze...“; sie ließ absichtlich längere Pausen zwischen den Wörtern: "so um die 29, 30?" Sie sah in an, sein Blick konnte sie nicht deuten. Er hatte immer noch die Ess-Stäbchen in der Hand, schob sich eine Portion Nudeln in den Mund und deutete mit den leeren Stäbchen nach oben.
"Älter?" Er nickte.
"Ok, 31" wieder zeigte er mit den Stäbchen nach oben.
"32!" Die gleiche Geste.
"33?" Sie konnte die Verwunderung in ihrer Stimme nicht mehr unterdrücken. Luke schob sich die nächste Portion in den Mund und wieder zeigte die leeren Stäbchen nach oben.
Sie konnte es nicht glauben: "Noch älter?“, dass klang schon fast entsetzt. Er will mich verarschen, dachte sie so alt sieht er nicht aus, aber wenn er es so will. Ein Grinsen zeigte sich auf ihrem Gesicht:
"40!". Seine Mimik entglitt ihm für einen Moment, dann zeigte sein Gesicht gespieltes Entsetzen: "Jetzt wirst du aber fies". Diesmal zeigten die Stäbchen nach unten. "Ok, die goldene Mitte, 35!", sagte sie, glaubte aber nicht wirklich daran. Diesmal nickte er ihr zu. "Nein du bist noch keine 35 oder?".
"So entsetzt? Doch bin ich"
"Schon oder noch?"
"Noch, ich werde dieses Jahr noch 36"
Sie hatte das Gefühl ihr blieb ihr Essen im Hals stecken, sie musste schwer schlucken.
Oh Gott er war 13 Jahre älter als sie.
Sie versuchte ihr Entsetzten darüber zu überspielen, stocherte in ihrem Essen und sagte einige Minuten nichts mehr.
"Was ist redest du jetzt wieder nicht mit mir?", fragte Luke nach einer Weile.
"Doch schon", antwortete sie mit vollem Mund "aber das Essen wird sonst kalt, außerdem ist es schon spät ich bezweifle das die noch lange aufhaben." Das klang selbst in ihren Ohren fadenscheinig. Trotzdem sah Luke auf die Uhr: "Stimmt es ist schon halb 2 durch."
Schweigend aßen beide zu Ende.
Als sie fertig waren winke Luke die Chinesin zu ihnen und sagte etwas in ihrer Sprache zu ihr. Steffi war etwas verwirrt, das er das konnte.
Die Chinesin ging und Steffi fragte: " Woher können sie das? Und was haben sie zu ihr gesagt?"
"Ich sagte doch das ich einen zeitlang da aufgewachsen bin und dich habe ihr nur gesagt das sie abkassieren kann." Er sah sie eine Weile an, nahm noch den letzten Schluck von seinem Wasser, wischte sich mit der Serviette den Mund ab, legte diese auf den Tisch, sah sie wieder an und sagte dann: " Das ist nicht fair, das ist wirklich nicht fair. Die ganze Zeit sagst du du zu mir, selbst als du gar nicht wusstest wie ich heiße und jetzt wo du weißt wie alt ich bin kommt plötzlich ein sie. Warum?" Es klang fast gekränkt oder traurig.
Hatte sie ihn wirklich so angesprochen, es war ihr gar nicht aufgefallen: "Das war keine Absicht, ich hab das gar nicht bemerkt, es ist mir so rausgerutscht. Wirklich." Er schien ihr nicht zu glauben.
"Ach komm Luke, das war wirklich keine Absicht, ok ich dachte..., also..., na ja du siehst jünger aus wie du bist. Ich hab einfach nicht damit gerechnet. Ich dachte du wärst nicht wesentlich älter wie ich." Sie zog einen Schmollmund und legte den Kopf schief, in der Hoffnung ihn dadurch zu überzeugen.
Bevor er antworten konnte kam die Chinesin mit der Rechnung zurück, sie legte sie Luke hin und dieser griff sich in die Jackentasche. Steffi wartete auf ihre Rechnung bis sie bemerkte, dass die Chinesin alles zusammen gerechnet hatte. Bevor Luke zahlen konnte sagte sie: "Aber das geht getrennt, oder? ". Die Chinesin sah sie an, blickte zu Luke und dieser antwortete: "Nein, ich hab dich schließlich überredet und damit eingeladen!"
"Nein, das will ich nicht ich zahl mein Sach selber" Sie schaute die Chinesin an und sagte: "Kann man das noch getrennt berechnen?" wieder war es Luke der antwortete: "Das wäre jetzt noch zuviel Aufwand, das zu stornieren und neu zu verrechnen, es ist schon spät".
"Ok, dann machen wir es anders, ich weiß ja was ich hatte. Ich rechne es zusammen und ziehe es vom Betrag ab. Es ist ja kein Unterschied ob du oder ich das Geld auf den Tisch legen, oder?" Das letzte klang mehr wie eine Herausforderung.
"Ach Steffi, jetzt lass doch."
"Nein, ich lass mir von die nichts zahlen und basta!"
In ihrer Stimme konnte man hören, dass sie es ernst meinte und Luke sah die Chinesin an und sagte wieder etwas auf ihrer Sprache zu ihr.
"Luke, vergiß es, was du auch immer zu ihr gesagt hast ich zahle mein Sach selber!"
Die Chinesin lächelte sie an, es war ein aufrichtiges Lächeln, kein genervtes.
"Sie haben die Dame gehört!" sagte Luke zu ihr. Die Chinesin nahm die Rechnung, zog einen Stift hervor und teilte die Rechnung in die jeweilige Summe.
"Das macht dann 13 Euro 50 für die Dame und 15 Euro 80 für den Herrn"
Steffi kramte in ihrer Hosentasche und fand noch drei Fünf -Euro Scheine, diese gab sie der Chinesin: "Es stimmt so."
Luke sah sie irritiert an, schüttelte lächelnd den Kopf und legte einen Zwanzig Euro Schein auf den Tisch.
"Für die Umstände", sagte er mit einem Lächeln zu der Chinesin. Diese verbeugte sich, nahm das Geld und einen Teil des Geschirrs mit und verschwand in Richtung Küche.
"Du bist ganz schön stur für dein Alter", sagte Luke leise und tadelnd zu Steffi.
"So viele Umstände hat das jetzt aber gar nicht gemacht", sagte sie ohne auf seine Aussage bezug zu nehmen.
Luke stand auf, ging um den Tisch und als Steffi aufstand half er ihr in die Jacke, die ihr zuvor die Chinesin abgenommen hatte.
"Danke"
"Bitte"
Als sie gingen kam die Chinesin aus der Küche: "Einen schönen Abend ich wünsche ihnen"
"Auf Wiedersehen", sagten Luke und Steffi fast gleichzeitig. Als sie aus dem Restaurant heraustraten, hörten sie wie hinter ihnen abgeschlossen wurde. Es war gar nicht mehr so kalt wie zuvor, es würde heute noch schneien. "Wie spät ist es eigentlich?" fragte Steffi als sie ein paar Schritte gegangen waren.
"Fast halb drei"
"Was schon so spät, die hatten doch bestimmt schon längst Feierabend"
"Was glaubst du was ich mit für die Umstände gemeint habe? Siehst du das ist deren Mentalität, bei einem Ami wärst du pünktlich zum Feierabend rausgeflogen"
"Ein Deutscher hätte dich vermutlich schon ne halbe Stunde vor Feierabend nicht mehr reingelassen, du hättest ja noch was bestellen können."
Sie sahen sich an und fingen an zu lachen.
"So und jetzt will ich wissen warum ich das nicht bezahlen durfte?" sagte Luke plötzlich. Steffi war noch am Lachen, sie verstummte. "Ich hab meine Gründe, meine Prinzipien und fertig!" sagte sie nach einer Weile.
"Und welche wenn ich fragen darf?"
"Ich lass mich aus Prinzip nicht von Männern", sie sah Luke an "jeglichen Alters nicht oder sehr ungern einladen."
"Warum?"
"Hach, weil so ist!" wieder hatte sie das Gefühl das das etwas ruppiger herauskam wie sie wollte. Luke sah nach vorne und sie liefen eine Weile schweigend neben einander her. Als Sie am Auto ankamen, sagte Luke: "So, jetzt hast du immer noch kein Taxi"
"Na und da vorne sind Telefonzellen ich ruf mir jetzt ein"
"Komm schon, ich fahr dich nach Hause" ,Steffi sah ihn an, "auf dem schnellsten Weg ohne Abkürzungen, versprochen"
Steffi überlegte, sah Luke dann an: "Einverstanden"
Luke hielt ihr wieder die Beifahrertür auf, sie hatte gar nicht mitbekommen das er das Auto aufgeschlossen hatte.
Sie stieg ein und als Luke einstieg und sich angeschnallt hatte sah er zu ihr rüber und sagte "Jetzt gibt es nur noch ein Problem"
"Welches?"
"Ich müsste noch wissen wo du wohnst"
"Ich sag dir wo du abbiegen musst"
Er fuhr los.
"Jetzt erst rechts, bei der nächsten großen Kreuzung dann links"
Er fuhr wie sie es ihm gesagt hatte, aber keiner sprach ein Wort, Steffi war einfach nur müde und er wollte sie nicht unbedingt nerven, zumindest nicht solange wie sie noch im Ort waren und sie aussteigen und zurück zum ZOB laufen konnte.
Als sie die Ortschaft verlasse hatten und auf der Bundesstraße waren, sagte sie:" Einfach der Straße nach, an der Ampel dann rechts, am Kreisverkehr wieder rechts und dann wieder der Straße nach."
"Sagst du mir jetzt warum du deine Prinzipien hast?"
"Du gibst wohl nie auf?"
"Nicht wenn ich etwas will!"
Steffi holte tief Luft: "Also gut, ganz einfach. Solange du mir nichts bezahlst, bin ich die nichts schuldig und du kannst nichts von mir verlangen!"
"Was sollte ich von dir verlangen?" Es klang wirklich so als ob er nicht wüsste worauf sie hinaus wolle. Er sah sie an und Steffi zog beide Augenbrauen nach oben: "Denk nach, was wollt ihr Männer?"
Jetzt war bei ihm der Groschen gefallen, fast schon entsetzt sagte er: "Es sind nicht alle so. Nicht jeder ist so berechnend"
"Aber die meisten"
"Ich aber nicht!"
"Beweiß es"
"Ok, wenn du mich lässt"
Sie fuhren auf der kleine Straße durch das angrenzende Wäldchen ihres Wohnortes. "Über was für Pampawege schickst du mich hier eigentlich, sind das reguläre Straßen?", fragte er sichtlich vergnügt.
"Ja, das sind reguläre Straßen, komm bloß nicht auf dumme Gedanken" gab sie im gleichen Tonfall zurück.
Sie passierten bereits das Ortschild des kleinen Dorfes wo Steffi wohnte: "Da vorne dann rechts und die dritte Links und da das dritte Haus rechts"
Luke wurde langsamer, als er auf Höhe ihres Elternhauses war sagte sie: "Hier kannst du halten und weiter oben ist eine Sackgasse, da kannst du drehen"
Sie wollte gerade aussteigen, hatte die Tür schon so weit offen, dass die Innenbeleuchtung an ging, als er sagte: "Ok, jetzt hab ich dich heimgefahren, jetzt verlang ich doch was"
"Was?", fragte sie schon fast genervt. Er konnte gar nichts verlangen, sagte sie sich und außerdem stehen wir direkt vor der Haustür.
Luke drehte sich rum, kramte etwas von der Rückbank. Einen kleinen Block, von dem riss er ein Blatt ab und drehte sich wieder nach vorne. Er legte den Zettel auf das Lenkrad, holte von links einen Stift und begann etwas aufzuschreiben. Er gab ihr den Zettel und darauf stand eine Handynummer, seine Handynummer.
"Ich würde dich gerne wiedersehen“, sagte er zu ihr gewandt, "aber die Entscheidung darüber überlasse ich dir. Ich bin niemand der sich aufdrängt. Ich würde mich nur freuen etwas von dir zu hören, aber das entscheidest du."
Sie sah ihn an, jetzt sah er noch jünger aus. Sie beugte sich zu ihm herüber und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Er nahm ihre Hand und küsste sie auf die Innenseite. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie dachte er würde sie richtig küssen wollen aber das war ihr sogar lieber. Sie entzog ihm ihre Hand: "Ich muss rein. Fahr langsam, es fängt an zu schneien" Sie konnte flüstern, denn ihre Gesichter waren kaum Zentimeter voneinander entfernt.
Sie sah an ihm vorbei und sah die ersten großen Schneeflocken an seinem Seitenfenster zu Boden schneien.
Sie zog ihr Gesicht etwas von seinem zurück, sah ihm wieder in die Augen. Eine Strähne ihres Haares hatte sich aus ihrem Zopf gelöst und hing ihr ins Gesicht. Er streckte seine Hand aus und strich ihr die Strähne hinter das Ohr zurück, dabei streifte seine Hand ihre Wange und sie spürte wie ihr das Blut ins Gesicht lief. Sie hoffte, dass es dunkel genug war damit er es nicht sah, senkte aber trotzdem den Kopf. "Ich muss wirklich rein", sagte sie immer noch flüsternd, da sie das Gefühl hatte das ihre Stimme zitterte, sobald sie lauter sprach. Fast schon widerwillig drehte sie den Kopf Richtung Beifahrertür und griff erneut nach dem Türöffner.
Diesmal stieg sie wirklich aus, lief eilig zu Tür und hörte wie der Motor lauter wurde als Luke anfuhr. Es dauerte eine Weile bis er oben gedreht hatte, fuhr dann langsam nach unten und blieb wieder auf Höhe ihrer Haustür stehen. Sie drehte sich zu ihm um, konnte dem Impuls ihm zu winken nicht unterdrücken und schloss dann die Glastür auf. Als sie diese von innen wieder zuschloss, sah sie das er erst jetzt das Auto weiter rollen ließ. Sie schloss nun die Haustür auf und wurde von der Wärme des Hauses empfangen. Leise lief sie in ihr Zimmer welches ans Wohnzimmer angrenzte, da ihre Mutter dort schlief. Sie wollte sie nicht wecken. In ihrem Zimmer fand sie ihr Handy auf dem Schreibtisch liegen, sie bemerkte dass sie immer noch den Zettel mit seiner Nummer in der Hand hatte. Sie nahm ihr Handy, drückte auf neuen Teilnehmer gab den Namen Luke und seine Nummer ein, speicherte alles und faltete den Zettel wieder zusammen um ihn auf ihrem Schreibtisch in eines der überfüllten Fächer zu stecken.
Sie roch an ihren Haaren, sie stanken nach dem Rauch der Disco, außerdem hatte sie das Gefühl das ihre Haut nicht atmen konnte, das heißt sie musste noch duschen. Sie nahm einen Kleiderbügel aus ihrem Schrank und schlich in den ersten Stock ins Badezimmer. Sie hängte ihre Wäsche auf den Bügel damit sie diese nachher auf der Terrasse auslüften lassen konnte. Sie duschte sich schnell und darauf bedacht leise zu sein. Als sie fertig war überlegte sie ob sie sich die Haare föhnen sollte, entschied sich aber dagegen, da das nachts einen riesen Krach machte und sie weder ihre Schwester, ihren Stiefvater noch ihre Mutter aufwecken wollte. Also band sie sich ihre nassen Haare zu einem Dutt und fixierte diesen mit einem breiten Haargummi. Danach ging sie leise wieder die Treppe herunter und schlich durch das Wohnzimmer zur Terrassentür, öffnete diese leise und hängte den Kleiderbügel auf. dann schlich sie leise in ihr Zimmer, zog sich einen Schlafanzug an, legte sich ins Bett und nun begannen ihre Gedanken zu kreisen. 13 Jahre, das geht nicht gut, aber immerhin ist er gut erzogen. So schlecht sind ein paar Jahre Unterschied doch nicht, aber meine Mutter bringt mich um wenn sie das erfährt. Vielleicht, na ja er ist schon irgendwie süß, was kann ich schon verlieren, er kann mich ja zu nichts zwingen.
Bevor sie ihre Gedanken weiterverfolgen konnte, schlief sie ein.
Luke fuhr langsamer wie gewöhnlich, das Schneetreiben wurde so stark, dass das eingeschaltete Fernlicht nur dafür sorgte das er noch weniger sah. Er brauchte eine Ewigkeit um auf dieser unbekannten Straße bis zu seinem Wohnort zu kommen, danach fand er den Weg zu seinem Haus automatisch, stellte das Auto in die Garage und war froh zu Hause zu sein. Er hängte seine Jacke an die Garderobe und sah im vorbeigehen in den Spiegel der im Wohnzimmer hing. Eigentlich müsste ich noch duschen dachte er mit einem Blick auf seine Uhr. Er ging ins Schlafzimmer, zog sich aus hängte seinen Anzug über einen Kleiderbügel und entschied, nachdem er an dem Hemd gerochen hatte, diesen nach draußen zu hängen. Er ging ins Bad, stellte sich unter die Dusche und ließ das Wasser seinen Körper wärmen. Seine Gedanken schweiften immer wieder zu dem jungen Mädchen, Steffi, und ihr erschrockenen Gesichtausdruck, als sie erfahren hatte, wie alt er war. Sie wird sich nicht melden, dachte er betrübt. Was ist los mit mir, so bin ich doch gar nicht, seit wann geht das so schnell bei mir.
Er stellte das Wasser ab, trocknete sich ab, zog sich einen Schlafanzug an und legte sich ins Bett. Sein Handy lag auf dem Nachttisch, er schaute nochmals darauf, in der Hoffnung schon etwas von ihr bekommen zu haben. Es zeigte nichts an. "Glaubst du wirklich das sie sich meldet" sagte er zu sich selbst. Er versuchte in Gedanken eine passende Antwort zu bekommen, schlief aber vorher ein.


Kapitel 2

Steffi wurde am nächsten Tag von dem Gebelle ihrer zwei Schäferhunde geweckt.
Es war schon hell draußen, als sie die Augen aufschlug. Sie stand auf, schaute im vorbeigehen auf ihr Handy in der Hoffnung etwas von Luke bekommen zu haben. Fast schon enttäuscht stellte sie fest das ihr Handy nichts anzeigte. Du Doofnuß, wie soll er dir schreiben, wenn er deine Nummer nicht hat, dachte sie.
Sie nahm ihr Handy ging hinauf ins Bad, ging auf Toilette und ging dann ins Esszimmer, wo ihre Mutter und ihre Schwester am Tisch saßen. Das Frühstück stand noch auf dem Tisch: "Guten Morgen, du Schlafmütze!" sagte ihre Mutter, "bist du endlich wach?"
"Wieso?“, fragte sie und sah auf die Uhr. Oh es war ja schon halb zwölf, dachte sie erstaunt. Sie sah aus dem Fenster und sah das es fast 30 cm Neuschnee hatte. "Hat das soviel geschneit heute Nacht?"
"Als ich heute morgen um sieben aufgestanden bin", sagte ihre Schwester "hat es nicht mehr geschneit"
"Ich hoffe er ist gut zu Hause angekommen", sagte sie halblaut.
"Wer ist gut zu Hause angekommen? Ich dachte Jule hat dich nach Hause gebracht"
"Nicht ganz", sagte Steffi leicht verlegen. Ich komm da nicht Drumherum, zumal ich ihn ja gerne wieder sehen würde, dachte sie betrübt.
Sie erzählte ihrer Mutter und Schwester kurz was sich am Abend zuvor abgespielt hatte, die Tatsache das sie mit ihm Essen war, verschwieg sie aber.
"Du hast was gemacht?", fragte ihre Mutter schockiert. "Spinnst du, du kannst dich doch nicht von irgendjemanden heimfahren lassen"
"Ich weiß, aber er ist nicht so.." "Blödsinn, die sind alle gleich", sagte ihre Mutter sichtlich wütend.
Steffi nahm ihr Handy, suchte die Option für eine SMS und fügte Luke Nummer als Empfänger ein.
"Wem schreibst du?"
"Ihm. Ich will wissen ob er gut zu Hause angekommen ist"
"Unterlass das", fuhr sie ihre Mutter an.
"Nein, das ist Anstand"
Sie schrieb:
´Guten Morgen
und bist du gut zu Hause angekommen?´
Sie drückte auf senden und legte ihr Handy auf den Tisch, nahm sich ein Brötchen und schnitt dieses auf. Ihr Handy vibrierte. Oh das ging aber schnell, dachte sie.
"Der hat es aber nötig!" sagte ihre Schwester.
Steffi ignorierte sie, öffnete die angekommene SMS
´Hallo Steffi,
Guten Morgen, da ist aber eine ein Langschläfer :)
Ja, ich bin gut angekommen, aber wenn dir das erst jetzt eingefallen ist, wäre ich schon steif entweder vor Kälte oder aufgrund der Leichenstarre :)
Gruß Luke`
Sie grinste vor sich hin und drückte auf Antworten
´Tja, manche brauchen halt ihren Schlaf, ich weiß das ab einem gewissen Alter das Schlafbedürfnis abnimmt ;p` Sie drückte auf senden.
"Was grinst du so dämlich?", fragte ihre Schwester.
"Geht dich nichts an!" Ihre Mutter sah Steffi böse an, sagte aber nichts.
Das dauert aber lange, dachte Steffi, ist er mir vielleicht böse, war das zu gemein.
Bevor sie ihren Gedanken ganz zu Ende hatte, vibrierte ihr Handy erneut.
`Ja ja, immer nur drauf. Du kannst ganz schön fies sein`
Mehr stand nicht auf dem Display, sie drückte auf die Pfeiltasten um an das Ende der Nachricht zu kommen um ihm zu antworten.
Als die Nachricht ganz vom Display verschwunden war, erschien ein großer animierter Smiley, der ihr immer wieder die Zunge rausstreckte.
Gott sei Dank, dachte sie, er hat es mir nicht übel, geschweige denn Ernst genommen.
Sie scrollte weiter nach unten, da erschien noch mehr Text
`Hast du heute Abend schon was vor? ´
Sie überlegte dann schrieb sie zurück
`Warum?´
Wieder dauerte es eine Weile bis er antwortete. Währendessen sah ihre Mutter sie über den Esstisch an, Steffi hatte bis jetzt noch nichts gegessen, ihr war irgendwie der Appetit vergangen.
"Was will er?", fragt ihre Mutter gereizt.
Steffi sah sie an und wusste nicht was sie sagen sollte. Sie wird es eh erfahren, dachte sie, warum nicht gleich ins kalte Wasser springen: "Er hat mich gefragt ob ich heute Abend etwas vorhabe.."
Bevor sie weiterreden konnte vibrierte ihr Handy erneut. Sie las zuerst
´Ich weiß nicht, wie wäre Kino`
Sie schrieb zurück bevor ihre Mutter etwas sagen konnte.
´Da muss ich erst meine Mutter fragen, ob ich darf`
Es dauerte nur kurz bis ihr Handy sich wieder meldete.
´Ja klar, frag lieber erst. `
Steffi wandte sich an ihre Mutter: "Er will mit mir ins Kino"
Ihre Schwester sah sie abschätzend von oben nach unten an: "Da wird er aber eine Schock bekommen, wenn er dich im Hellen sieht. In Discos ist es ja dunkel und die meisten haben schon was intus, da kann man schon verstehen wie er an dich kam!"
Steffi sah sie an, sagte aber nichts. Ihre Mutter schwieg zu dem Ganzen. Hätte ich so was gesagt hätte ich mir wieder ne Standpauke anhören können, aber bei ihr ist das ja egal, dachte Steffi wütend und auch verletzt. Sie funkelte schon fast böse ihre Schwester an und dachte, fall doch Tod um.
Ihre Mutter stand auf, begann den Tisch abzuräumen, obwohl Steffi bis jetzt nichts gegessen hatte, und ging in die angrenzende Küche.
Ihre Schwester folgte ihr und Steffi hörte wie sie in der Küche leise miteinander sprachen.
Nach einer Weile folgte sie ihnen, stellte sich an den Küchenschrank und sah ihre Mutter an: "Darf ich oder nicht?"
"Mach doch was du willst!", kam von ihrer Mutter. Steffi kannte diesen Tonfall, ihre Mutter dachte das sie wie sonst auch, nur um Frieden zu bekommen, antwortete, dass Steffi ihm absage.
Diesmal nicht, dachte sie trotzig. "OK, dann schreib ich ihm", sagte Steffi und hatte bereits ihr Handy aufgeklappt um Luke zu schreiben.
´Ok, geht in Ordnung! Wann und wo treffen wir uns? ´
"Du weißt das man im vorderen Teil noch Schneeschieben und noch Holz hacken muss, damit ich heizen kann", sagte ihre Mutter.
Mit man meint sie wohl mich, dachte Steffi leicht angesäuert.
Ihr Handy vibrierte in ihrer Hand und unterbrach ihre Gedanken
´Ich dachte eigentlich ich hole dich ab bei dem Wetter. So zwischen 6 und halb 7
Luke`
Sie schrieb schnell zurück, eigentlich empfand sie das nicht gerade als gute Idee. Ob ihre Mutter so begeistert war ihn zu sehen.
´Na gut, aber zwischen 6 und halb 7 ist doch eine große Zeitspanne, oder? `
Seine Antwort kam prompt:
`Na ja, wenn ich sage um 6 bist du wahrscheinlich erst um halb 7 fertig :)`
`Hah, das glaubst aber auch nur du, wenn du sagst 6 dann bin ich da auch fertig`
Sie war auf dem weg in ihr Zimmer, zog sich gerade um.
Unterwäsche, lange Unterwäsche, T-Shirt, lange Hose, Pullover, dicke Socken und zum Schluss noch eine dicke Winterjacke.
Wieder vibrierte ihr Handy:
´Also gut, sagen wir halb 7. Bis dann. Luke´
Darauf musste sie nicht antworten, sie schaltete ihr Handy aus, steckte es in eines ihrer Bücherregale, wo man es auf den ersten Blick nicht sah.
Ihre Schwester hatte die dumme Angewohnheit ihre SMS zu lesen und Steffi war sich sicher, das sie ihm etwas schreiben würde und das wollte sie verhindern.

Draußen war es kalt, sehr kalt.
Sie war froh über die Zusammenstellung ihrer Kleider.
Steffi nahm die Schneeschaufel und begann den Platz vor der Garage, zu ihrer Haustür und den Bürgersteig zu räumen. Nach ungefähr der Hälfte taten ihr bereits beide Arme weh. Warum eigentlich ich, dachte sie wütend. Diese Wut half um den Rest zu räumen.
Danach ging sie durch ein kleines Tor in den Garten, öffnetet den Lichtschacht zu dem Heizungskeller, durch welches sie das Holz werfen musste und bahnte sich mit der Schaufel einen schmalen Weg am Haus vorbei, quer durch ihr Grundstück um in den Hausgarten zu kommen, wo das Holz gelagert war.
Dort wurde sie stürmisch von den zwei Schäferhunden empfangen. Baddy, die Hündin, freute sich immer am meisten, Aggo, der Rüde den sie mit fast 1 Jahr aus schlechter Haltung befreit hatten, war teilweise etwas zurückhaltend. Er befürchtete immer noch Schläge und hatte eine gewaltige Abneigung gegenüber Männern.
Steffi kramte die Schubkarre aus ihrem Unterstand, suchte die Axt und begann große Holzstücke mitzunehmen um diese auf dem Spaltklotz zu hacken. Von ihrer Mutter und ihrer Schwester war nichts zu sehen. Na toll, ja klar warum auch nicht, frier ich mir halt alleine den Arsch ab, dachte sie und war auf der Stelle wieder sauer. Sie stellte das erste Stück Holz auf den Klotz und ihre Wut half ihr das Hartholz mit einem Schlag entzwei zu spalten. Sie warf die zwei Hälften in die Schubkarre und nahm sich das nächste Holz. So machte sie weiter bis die Schubkarre voll war, legte dann die Axt beiseite und fuhr die voll beladene Karre zum Kellerfenster. Sie war froh, dass sie sich vorher einen Pfad in den Schnee geschaufelt hatte, sonst wäre die Schubkarre darin versunken und es wäre kein Vorwärtskommen möglich. Am Fenster angekommen warf sie die Holzscheite in den Lichtschacht, über ihr war das Küchenfenster und sie hörte ihre Mutter mit ihrer Schwester reden.
Sie verstand nicht worüber sie sprachen, die Dunstabzugshaube war zu laut, aber sie konnte es sich denken. Nach dem vierte oder fünften Stück Holz, hörte sie ihre Mutter brüllen: "Hättest du die Güte und könntest das Holz nicht so rein schmeißen. Wenn der Lichtschacht kaputt geht, zahlst du einen neuen!"
Ja, ja, weißt du was du mich mal kannst, dachte Steffi, ging aber dann bei jedem Holzstück auf die Knie um es leise in den Lichtschacht zu legen. Ihre Hosen waren logischerweise schnell durchnässt. Toll, echt super, dachte sie, wieder auf hundertachtzig.
Sie nahm die leere Schubkarre, ging zurück in den Hausgarten und begann erneut zu hacken bis die Karre voll war, brachte es dann wieder nach vorne. In der Zwischenzeit war wohl jemand der anderen im Keller gewesen und hatte das im Lichtschacht liegende holz weggeräumt. Super, das heißt ich darf wieder wegen jedem Stück auf die Knie, die Hosen sind ja noch nicht nass genug, dachte sie sauer, wenn sie das Holz liegen gelassen hätten, hätte ich das andere obendrauf werfen können. Also lud sie auch diese Karre voll Holz aus und blieb letztlich auf den Knien. Das Ganze wiederholte sie 7 mal, als sie dann zum Fenster zurückkam, rief ihre Mutter von unten: "Bring gefälligst mehr Hartholz, glaubst du ich habe Lust alle halbe Stunde runterzurennen und den Ofen neu zu bestücken!"
"Ja ok, mach ich."
Als sie wieder im Hausgarten war, sortierte sie das Hart- und Weichholz, und hackte nur noch Hartes. Das war mühsamer und sie brauchte manchmal mehr wie einen Versuch um das Holz zu spalten, aber auch hier half wieder die in ihre kochende Wut.
Sie hackte insgesamt drei Schubkarren Hartholz, als ihre Mutter wieder von unten hoch rief: "Ich brauch noch weiches Holz zum anmachen. Also hack es kleiner!"
Das weiß ich selbst, dachte Steffi, gut jetzt kann ich weiter hacken. Ihre Müdigkeit war weg, sie war wieder sauer. Also hackte sie noch eine Schubkarre Weichholz in kleine, schmale Spalten unterschiedlicher Größe.
Irgendwann rief ihre Mutter von der Terrasse: "Kommst du rein essen?"
Sie zog sich im Flur die nassen Klamotten aus, und ging nur mit den langen Unterhosen ins Esszimmer setzte sich an den Tisch und begann zu essen. Ihre Schwester saß im Wohnzimmer und Steffi hörte die Titelmelodie der Simpsons. Sie sah erschrocken auf die Küchenuhr und dachte entsetzt, oh Gott schon zehn nach 6 ich muss noch duschen ich bin ganz nass geschwitzt, die Haare kann ich nicht mehr waschen, aber die sind bestimmt noch von heute morgen nass.
Sie stopfte sich ihr restliches Essen rein, stellte den Teller und das Besteck in den Geschirrspüler und rannte die Treppen nach oben. dort zog sie sich schnell aus, setzte sich in die Badewanne und duschte sich mit lauwarmen Wasser ab, mehr Hitze hatte der Warmwasserboiler nicht mehr und darauf zu warten, dass ihre Mutter den Ofen anmachte und dann noch auf Heißwasser zu warten, dazu hatte sie keine Zeit mehr. Sie trocknete sich schnell ab, putzte sich die Zähne, rannte die Treppe wieder runter und stand schließlich vor ihrem Kleiderschrank und wusste nicht was sie anziehen sollte. Also wenn ich mich zu warm anziehe schwitze ich im Kino, wenn ich mich zu dünn anziehe friere ich, dachte sie genervt über die wenige Zeit. Sie zog eine Jeans und eine Bluse an. Das passt nicht außerdem seh ich damit nur noch fetter aus, dachte sie. Die Hose quetscht die Speckfalten nur so heraus, also eine größere, dachte sie. Die nächst größere Jeans rutschte herunter. Das heißt ich muss noch einen Gürtel anziehen, die Bluse passt auch nicht. Jetzt war sie endgültig genervt. Sie suchte einen dunkelroten dünnen Pullover. Das musste passen. Sie rannte wieder nach oben, kämmte sich die noch feuchten Haare und versuchte sich einen französischen Zopf zu flechten. immer wieder verflocht sie sich, musste immer wieder ein Stück wieder aufmachen, um erneut zu flechten. Plötzlich hörte sie ihre Schwester sagen: "Guck dir mal diese Protzkarre an!"
Luke, dachte Steffi. Sie machte sich einen Haargummi rein und rannte wieder die Treppe herunter. Auf dem Weg sah sie aus dem Fenster. Luke hatte den BMW vor die Garage gestellt, saß aber noch im Auto.
Sie rannte in den Keller um sich ein Paar Stiefeletten anzuziehen, damit die Jeans nicht auf. dem Boden schleifte.
Sie ging die Treppe wider hoch, holte sich eine Jacke hinter ihre Tür und steckte sich 15 Euro in die Hosentasche.
"Tschüß ich geh", rief sie beim hinausgehen zurück ins Haus.
Sie schloss die Glastür auf und ging auf Luke zu. Dieser stand mittlerweile an die Beifahrertür gelehnt. Er hatte eine dunkle Hose und einen beigefarbenen, dünnen Rollkragenpullover an. Oh, man war der gestern auch schon so braun, dachte sie, also entweder er wird schnell braun oder der geht ins Solarium. Entweder er wusste mal wieder was sie dachte oder ihr Gesichtausdruck war einfach nur komisch, denn er lächelte sie an.
Ein Lächeln das ihr wieder fast den Atem raubte, sie lächelte zurück, allerdings mehr aus Verlegenheit.
Ihm musste doch kalt sein ohne Jacke, fast bis zu den Knöcheln im Schnee stehend, vermutete sie. Luke hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt, zog sie aber sofort heraus als Steffi weiter auf ihn zulief. Sie stand kaum mehr eine Armlänge von ihm entfernt, als er ihre rechte Hand mit seinen beiden umschloss und ihr diesmal einen sanften Kuss auf die Fingerknöchel gab. So etwas hatte sie noch nie erlebt, dass jemand einem einen Handkuss gibt. Seine Hände waren so schön warm im Vergleich zu ihren, obwohl sie erst aus dem Haus gekommen war.
"Hallo, na wie geht’s dir?" fragte er sie immer noch anlächelnd.
"Ähm, eigentlich ganz gut", log sie. Obwohl es ihr wirklich etwas besser ging, ihre Wut war schon bei seinem Anblick verraucht, also ging es ihr jetzt ganz gut.
"Siehst du, hät ich doch gesagt ich hol dich um sechs", sagte er grinsend mit einem Blick auf seine Uhr. So spät kann das gar nicht sein, dachte sie, packte ihn an der linken Hand in der immer noch ihre gelegen hatte und drehte sie vorsichtig in ihre Richtung, um auf seine Uhr zu schauen. Er fing an zu lachen, drehte seine Hand und seinen Arm irgendwie herum, denn plötzlich stand sie mit ihrem Rücken an seiner Brust und er legte sanft seinen Arm um ihre Taille. Das war zu schnell zu viel, sie drehte sich aus seiner Umarmung heraus, etwas schneller und rabiater als zuerst gewollt. Er lies sie los aber sie rutschte fast aus und musste sich zwangsläufig an ihm festhalten. "Hey, langsam mit den jungen Pferdchen", sagte er immer noch sichtlich vergnügt, "wenn du nicht mit mir weggehen willst, brauchst du dir deswegen nicht gleich was brechen zu wollen."
Das war jetzt wirklich peinlich, gerade weil er sich darüber noch amüsierte. "So spät ist es doch gar nicht!", sagte sie nur um etwas zu sagen, sie hatte gar nicht auf seine Uhr schauen können.
"Na ja, ok, fünf Minuten seien dir verziehen", sagte er leise vor sich hin kichernd.
"Willst du mich ärgern?", sagte sie gespielt beleidigt.
"Nie, das habe ich nicht mal im Traum vorgehabt." Immer noch dieses leise Glucksen.
Steffi stemmte ihre Hände in die Hüfte, legte den Kopf schräg und bevor sie etwas sagen konnte, sagte er: "Sollen wir los oder sollen wir erst eine Runde anfrieren?" Wieder dieser vergnügte Tonfall. Ich glaube der nimmt mich gar nicht ernst, dachte sie vergnügt. Sie konnte ihm irgendwie gar nicht böse sein, ganz schlecht.
"Außerdem hättest du ja auch klingeln können", sagte sie bemüht einen einigermaßen ernsthaften Ton zu haben.
Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter. Man wie kann man so ein Grinsen zustande bringen, dachte sie, ist das süß. Sie musste über ihren eigenen Gedanken lächeln.
"Ich glaube du wusstest schon das ich hier war bevor ich geparkt hatte", sagte er sie immer noch angrinsend: "so wie da die Blumen an den Fenstern und die Gardinen zu Seite geschoben wurden, war ich nicht einmal in eurer Einfahrt als du´s schon wusstest."
Super, ganz unauffällig, dachte sie und fühlte wie sie wieder sauer wurde.
Luke machte einen Schritt von dem Auto weg, drehte sich herum und öffnete die Beifahrertür.
"Bitte schön", sagte er zu ihr gewandt, "oder möchtest du wirklich anfrieren, es ist nämlich, falls es die nicht aufgefallen ist, etwas frisch hier draußen."
"Echt, also wenn du so fragst ist mir das gar nicht aufgefallen", sagte sie sarkastisch und in Gedanken fügte sie hinzu, wie denn auch mein Herz rast so schnell, das ich gar nicht frieren kann.
Das würde sie ihm aber auf keinen Fall und unter keinen Umständen sagen.
Sie stieg ein und streifte dabei, nur ganz zufällig natürlich, mit ihrer Schulter seinen Oberkörper. Jetzt war ihr wirklich nicht mehr kalt.
Luke schloss die Tür und Steffi sah wie er um das Auto herumlief und selbst einstieg.
Er lies den Motor an und das Auto begann rückwärts aus der Einfahrt zu rollen. Luke machte erst als das Auto schon rollte den Rückwärtsgang rein und drehte sich auf dem Fahrersitz nach rechts um aus dem Rückfenster zu schauen, er legte seinen Arm um die Rückenlehne ihres Sitzes, dabei kam er Steffi sehr nahe. Auf einer Seite empfand sie das als angenehm aber sie rückte trotzdem ein Stück weiter nach rechts, so weit es der Sitz zuließ. Luke drückte sich im Sitz hoch um besser sehen zu können, er ließ das Auto langsam rollen und dann hörte man es leise kratzen.
"Mmh" sagte Steffi amüsiert "vorsichtig ich glaube da ist Schnee"
"Ich hasse Schnee", fluchte er leise.
Steffi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: "Schnee ist doch schön, solange man drinnen sitz und rausschaut"
"Ja solange man nicht im Auto sitzt, ist Schnee schön. Aber im Moment ist mir hier eindeutig zu viel davon!"
"Mmh, dabei hab ich vorhin alles an den Rand geschippt!" sie sah in immer noch grienend an.
"Ach du warst das!", sagte er gespielt ernst, "hättest du das Zeug nicht auf die andere Seite schippen können."
"Warum?", fragte sie immer noch amüsiert.
"Dann würde ich mir jetzt nicht meinen Frontspoiler zerkratzten!"
"Das nächste Mal darfst du schippen!" Sie konnte auch spielen, mal schauen wie er auf beleidigt reagiert.
"Hah, das hab ich daheim schon gemacht!" Er sah sie an und lächelte.
"Wenn du so rum raus fahren würdest wie du reingefahren bist, würde es nirgends wo kratzen"
"Und dann muss oben umdrehen und da ist auch alles voll von dem Zeug!" Er klang wie ein quengeliges Kind.
Jetzt konnte sie sich das Lachen nicht verkneifen: "Ohh du armer Kerl, überall böser Schnee der das Auto zerkratzt!"
"Bist du gemein zu mir!"
Beleidigt, fragte sie sich. Doch ein Blick in sein Gesicht zeigte, das er das nicht so meinte.
Er gab vorsichtig Gas. Das Auto rollte etwas schneller, er schlug das Lenkrad bis zum Anschlag ein und wieder dieses leise Kratzten.
Steffi fing an zu kichern, Luke sah sie an, zog eine Augenbraue nach oben und gab mehr Gas: "Dann kriegt er halt ein paar Kratzer. Ist nur ein Auto und ich hab keine Lust hier lang rumzuhändeln, bis ich an den so ganz wunderbar geschickt zusammen geschippten Schneehaufen vorbei komme." Er sah sie wieder an, griente.
"Mmh, da war jemand aber sehr bemüht das hier keiner rein- geschweige denn rauskommt. Wenn ich nur wüsste wem ich das zu verdanken habe?"
"Keine Ahnung!", sagte Steffi und zog unwissend die Schultern hoch.
"So, ich dachte das Gedächtnis lässt erst ab einem gewissen Alter nach?"
"Du musst es ja wissen!", sagte sie immer noch kichernd: "Bei mir fängt das halt früher an."
Sie standen nun ganz auf der Straße, Luke sah sie an und knuffte ihr sanft in die linke Seite: "Ganz schön frech die Kleine!"
Damit hatte sie nicht gerechnet, sie zuckte mehr zusammen als sie wollte: "Hey", sagte sie und hob drohend den Zeigefinger, "lass das!"
"Was denn? Das?" Luke knuffte ihr wieder in die Seite.
Sie zuckte abermals zusammen: "Ja genau das! Pass auf, ich kann das auch!"
Trotzig schob sie ihr Kinn vor.
"Ohh Hilfe. Jetzt hab ich aber Angst. Bitte, bitte nicht knuffen!"
Er fing an zu lachen und sie konnte nicht widerstehen ihm die Zunge rauszustrecken.
"Hah, jetzt wird sie wirklich frech. Du solltest dich was schämen!" Jetzt hob er das Kinn an und sah sie schräg von der Seite an. Fast schon blasiert. Sie sah ihn irritiert an und er begann, auf Grund ihres Gesichtsausdruckes, laut an zu lachen.
Das Auto rollte schon langsam den Berg herunter als Luke den zweiten Gang einlegte und vorsichtig Gas gab. Es war glatt und sie rechnete damit das die Reifen durchdrehten, aber sie griffen und das Auto begann schneller zu rollen. Beim schalten in den Dritten, streifte Lukes Hand ihren Oberschenkel, sie rutschte noch ein Stück weg. Ihr Körper begann leicht zu vibrieren.
Was ist los, dachte sie, von so einem kleinen Streifer wird mir ganz warm. Das ist nicht gut. Ich bin im begriff etwas Falsches zu tun. Ich weiß doch gar nichts über ihn.
Sie legte die Arme um ihren Oberkörper, drückte sie fest an sich um dem Impuls zu widerstehen, seine Hand, die noch auf dem Schaltknüppel lag, nur aus versehen zu streifen.
Luke hatte ihre Reaktion gesehen und war der Meinung ihr sei kalt. Er drehte die Heizung etwas mehr auf.
Als ob mir nicht warm genug ist, dachte sie.
Es dauerte nicht lange und die Heizung des BMWs hatte den Innenraum auf gute 25 Grad aufgeheizt.
"Warm genug?" fragte Luke nach einer Weile. Sie hatte immer noch die Arme um sich verschränkt. Steffi ließ die Hände auf ihre Oberschenkel fallen: "Oh, mmh, ja eigentlich schon!"
"Kann ich die Heizung wieder kleiner stellen, bevor hier drin eine Sauna ist?"
"Ja ja"
Er stellte den Regler etwas zurück und öffnete sein Fenster einen kleinen Spalt. Sofort strömte kalte Luft herein. Er ließ das Fenster nicht sehr lange offen, aber die Temperatur im Auto sank merklich. Nicht das es zu kalt wurde, aber es war kühler. Angenehm, dachte sie. Steffi holte tief Luft und sah Luke von der Seite an.
Es dauerte nicht lange und er drehte den Kopf in ihre Richtung, er hatte gemerkt dass sie ihn angesehen hatte:
"Alles ok?" fragte er sie.
"Was? Ja ja. Alles ok!" Immer wenn sie ihn ansah konnte sie sich auf nichts anderes konzentrieren.
Er lächelte sie an.
Oh Gott. Dafür sollte er einen Waffenschein haben, dachte sie und musste unwillkürlich über ihre Gedanken grinsen.
Er sah wieder auf die Straße
"Ich bin froh das du dich gemeldet hast!", sagte er plötzlich.
"So. Warum?"
"Warum nicht?"
Er schaute immer noch auf die Straße.
Warum schaut er mich nicht an, dachte sie, weil er fährt, und es ist glatt, darum, antwortete sie sich selbst.
Das hättest du dir verkneifen können, maßregelte Luke sich selbst, wenn sie weiter bohrt wird die Sache peinlich. Ja warum bin ich eigentlich so froh das sie sich gemeldet hat.
Er sah sie von der Seite her an. Sie schaute aus dem Beifahrerfenster und schien irgendwie geistesabwesend zu sein. Gut, dann konnte er sie wenigstens anschauen, ohne das sie es gleich bemerkt. Sie hatte ihre dunklen Haare zu einem strengen Zopf geflochten. Einem Französischen. Ob sie das wohl alleine gemacht hatte, fragte er sich.
Sie trug wie gestern Abend keinerlei Make-up.
Ungewöhnlich, dachte er, die meisten sehen so aus als ob sie sich mit einer Spachtel abschminken müssten. Er hatte sie wohl zu intensiv angeschaut, denn sie drehte den Kopf und sah ihn irritiert an. Er merkte wie ihm das Blut ins Gesicht lief und drehte den Kopf schnell wieder um sich auf die Straße zu konzentrieren. Zu schnell, dachte er, das war ja so was von unauffällig. Um die Sache nicht noch peinlicher werden zu lassen, beschloss er ein anderes Thema aufzugreifen.
"In welchen Film willst du?", fragte er, schon um die Stille im Auto zu unterbrechen.
"Ich weiß gar nicht was alles läuft! Ich dachte du hast eventuell schon einen Film ausgesucht!"
"Mmh, nein" sagte er zögerlich. "Es ist doch besser wenn wir das zu zweit machen, oder? Dann kann jeder sagen was er gerne sehen möchte"
"Und wenn wir uns nicht einig werden, geht jeder in einen anderen Film!", sagte sie leise kichernd
"Was! Ja ne, so war das eigentlich nicht gedacht" Er sah sie an und erwiderte ihr kichern. "Das würdest du noch fertig kriegen!"
"Haja warum nicht"
Beide glucksten fröhlich vor sich hin.
Steffi war gar nicht bewusst das sie schon so weit gefahren waren, als Luke das Auto in den Parkplatz des Kinos lenkte. Der Parkplatz war unterteilt in einen unüberdachten und einen überdachten Teil. Luke fuhr nach links in den Überdachten. Er lenkte den BMW wieder nach links und Steffi sah den Parkplatz auf den er zusteuert.
Der ist doch viel zu schmal, dachte sie: "Warum parkst du nicht draußen?"
"Weil es bestimmt wieder schneit und ich keine Lust habe das Auto frei zukratzen!" antwortete er.
Steffi sah wieder auf den einzigen freien Platz und war sich wieder sicher das er viel zu eng war. Da würde ich nicht einmal mit dem Punto reinfahren, dachte sie.
Luke holte so weit es ging aus und schaffte es auf Anhieb einzuparken. Jetzt wo das Auto stand, stellte sie fest, das rechts und links noch genug Platz war um bequem auszusteigen. Sie hatte sich verschätzt, aber das hätte sie sich denken können.
Luke schnallte sich ab, stieg aus und holte vom Rücksitz einen dunklen Mantel, den er sich anzog, bevor er zur Beifahrerseite kam um ihr die Tür auf zuhalten. Als sie beide um den Wagen herumgingen, stellte Steffi fest das der BMW zwar nicht zu breit aber dafür zu lang für die Parklücke war. Sie klopfte vorsichtig mit der flachen Hand auf den Kofferraumdeckel und sah Luke an: "Meinst du der ist nachher auch noch in dem Zustand!"
"Wir stehen ganz hinten in der Ecke, die müssen alle anders herum ausparken. Also steht er nicht im Weg! Und außerdem ist der wohl nicht zu übersehen, oder?" Seine Stimme hatte einen merkwürdigen Tonfall. Irgendwie amüsiert aber auch, nun ja fast herausforderndes.
Sie musste grinsen, schaute nochmals den Abstand vom BMW zu beiden Seiten an und nickte anerkennend mit dem Kopf: "Da hätte ich selbst mit Punto nicht eingeparkt!"
"Tja, wenn man schon so ein Auto fährt, muss man auch wissen wo man damit hin und reinfahren kann!" Er legte den Kopf schief und griente sie an: "Und außerdem.. na ja Frauen und einparken... ist so ne Sache!"
"Was meinst du damit!" Er wollte stänkern, wenn auch nur zum Spaß aber das konnte sie auch. "Und du weißt bestimmt was man über Männer mit großen Autos sagt" Er sah sie an, legte den Kopf in den Nacken und fing schallend an zu lachen. "Jawohl, als drauf! Aber ich bin ja selbst Schuld. Hab ja angefangen!"
Steffi zog die Augenbrauen nach oben, fing an zu lachen. "Tja, wenn des so haben willst, bitte!"
Luke lief auf sie zu, immer noch lachend reichte ihr seinen Arm damit sie sich einhaken konnte.
Sie gingen bis vor das Kino, wo die Plakate der Filme aushingen und blieben davor stehen.
Na toll, dachte sie, entweder Liebesschnulze, Pseudoporno, Kinderfilm oder Horrorstreifen. Also die ersten Zwei auf keinen Fall. Bleibt nur noch Kinderfilm oder Horror.
Sie begann zu frieren, die Jacke war wohl doch zu dünn, sie schlang ihre Arme um ihren Oberkörper. Luke musste das bemerkt haben, denn er stellte sich hinter sie und legt seine Hände an ihre Oberarme. Seine Brust drückte er sanft an ihren Rücken und sofort flutete eine Wärmewelle Steffis Körper. Sie machte aber keine Anstalten den Körperkontakt zu lösen, es war viel zu angenehm.
Sie weicht nicht aus, sagte Luke zu sich selbst. Ihr ist doch kälter als ich dachte.
Luke begann nun langsam mit seinen Händen an ihren Oberarmen hoch und runter zu fahren, auch das ließ sie sich gefallen.
Er will mich nur wärmen, sonst nichts, dachte sie. Er musste wohl mit seinem Gesicht an ihre Haare gekommen sein, denn er sagte ganz nah an ihrem Ohr: "Sag mal, du hast ja noch nasse Haare! Da würd ich aber auch frieren! Du wirst doch krank!"
"Die sind nicht nass, die sind nur noch nicht ganz trocken, weil ich sie mir nicht geföhnt habe!" Er drehte sie herum, sodass sie sich anschauen konnten.
"Die paar Minuten hätte ich auch noch gewartet!"
"Ich föhne meine Haare nie! Was glaubst du wie ich dann aussehe. Wie in die Steckdose gefasst!"
"Was, warum denn das?"
"Hah, wegen den Locken!"
"Hast du Locken?"
"Ja! Gestern doch auch!"
"Ich dachte die wären gemacht! Also mit Lockenstab oder was man dazu noch alles nimmt!"
"Nein, da brauch ich nur Haarschaum und peng..."Sie machte eine explosionsartige Handbewegung über ihrem Kopf.
"Trotzdem kannst du nicht mit nassen Haaren rumlaufen. Hast du keine Mütze?"
Steffi kramte in ihren Jackentaschen und fand nicht nur Handschuhe sondern auch eine Mütze. Sie hielt sie ihm vor die Nase: "Doch hab ich!" Sie wollte sie gerade wieder einstecken, als er sie ihr aus der Hand nahm und ihr anzog. Er zog sie ihr soweit ins Gesicht das sie nichts mehr sah:
"Toll, wie soll ich jetzt schauen was läuft?" Er nahm die Mütze an der Stirnseite zwischen Daumen und Zeigefinger und zog sie ein Stück nach oben, gerade so viel das sie etwas sehen konnte und drehte sie wieder herum. Er stellte sich wieder ganz nah an sie heran, so das seine Brust wieder Kontakt zu ihrem Rücken hatte, legte seine Hände auf ihre Oberarme und legte sein Kinn auf ihre Schulter.
Sie war sich gar nicht wirklich bewusst, wie eng der Körperkontakt war, sie genoss nur die Wärme seines Körpers.
Sie sah sich wieder die Plakate an und stellte fest dass der Kinderfilm nur bis 18 Uhr anlief.
Also, dachte sie wieder, da wir nach 19 Uhr haben, bleibt nur noch Horror übrig.
"Gehen wir in Kino 4?" fragte sie ihn.
Er nahm ruckartig sein Kinn von ihrer Schulter:
"Ist das dein Ernst? Der soll ganz schön krass sein!"
"Ja! Warum nicht? Hast du Angst!" Sie wollte ihn noch etwas necken, wenn er das nicht vertrug konnte sie es eh vergessen.
"Also gut!" sagte er und fügte in Gedanken hinzu, mal schauen wie lang es geht und sie mir halb auf dem Schoß sitz. Mmh wäre nicht mal das schlimmste.
"Ok, dann geh ich hoch und bestell zwei Karten vor!" sagte er.
"Ich komm mit rein und warte im Eingangsbereich!"
"Ok!"
Er hielt ihr die Tür auf, sie ging an ihm vorbei und schaute sich die Plakate neu anlaufender Filme an. Sie sah wie er die Treppe nach oben nahm, wo die Kartenausgabe war, sah ihm kurz hinterher und wand sich wieder den Plakaten zu.
Nach einer Weile bemerkte sie ein Auto, das seitlich im Raum stand. Ab und zu wurde hier nämlich welche ausgestellt. Sie lief herum, kannte die Marke aber nicht, sie sah nur das es auf jeden Fall teuer sein musste. Sie wollte gerade eine Hand an das Fahrerfenster lehnen um in den Innenraum zu schauen als eine Stimme sagte: "Das würde ich nicht machen. Das Ding hat bestimmt eine Alarmanlage."
Sie drehte sich um und sah wie Luke auf der untersten Stufe stand, die Hände in den Manteltaschen und mit der rechten Schulter an die Wand gelehnt. Er lächelte sie an.
"Was ist?" fragte sie ihn, obwohl sie ihn gut verstanden hatte.
"Ich sagte", sein Lächeln wurde breiter: "man kuckt mit den Augen, nicht mit den Händen."
"So, merk dir´s!"
Er hüpfte mit beiden Füßen gleichzeitig von der letzten Stufe, kam auf sie zu und als er vor ihr stand, zog er ihr ihre Mütze wieder über die Augen.
"Wird se zickig die Kleine?"
"Ich geb dir gleich zickig und klein bin ich auch nicht!" Sie zog sich dir Mütze wieder richtig und stellte sich direkt vor ihn. Ihre Körper berührten sich mit der gesamten Vorderseite. Sie ließ eine flache Hand über ihren Kopf in seine Richtung fahren und bremste kurz vor seinem Gesicht ab: "Kuck, ich bin höchstens 5 Zentimeter kleiner wie du, also mach nicht so" Ihre Stimme hatte etwas kindlich Lästerndes.
Er sah sie an, direkt in die Augen, legte seine Hände an ihre Hüfte, zog sie noch ein Stück näher an sich und hielt sie fest.
Ihre Gesichter waren kaum mehr von einander entfernt.
Das ist zu viel, zu nah, dachte sie. Sie drückte sich mit sanfter Gewalt mit den Händen von seinem Brustkorb weg, er verstand sofort und ließ sie los.
Steffi trat einen Schritt zurück, sah ihn an und merkte wie heiß ihr Gesicht war.
Wenn ich nur annähernd so rot bin, wie ich mich fühle, dann ist jede Tomate ein Scheiß gegen mich, dachte sie.
"Jetzt haben wir noch fast eine dreiviertel Stunde bis der Film anfängt!" Lukes Stimme holte sie aus ihren Gedanken. "Wir könnten noch etwas spazieren gehen?"
"Ja klar, warum nicht!"
Er reichte ihr wieder einen Arm um sich einzuhaken und hielt ihr die Tür auf. Kälte strömte von draußen herein. Sie nahm ihre Handschuhe aus den Jackentaschen und zog sie beim herausgehen an, dann hakte sie sich bei Luke ein. Er musste auch Handschuhe angezogen haben als sie an ihm vorbeigelaufen war, dann jetzt sah sie keinen Kontrast seiner Hände zu seinem schwarzen Mantel.
"So wohin jetzt?", fragte sie.
"Da über der Straße ist doch ein kleiner Park. Da kann man bestimmt gut laufen."
Sie achtete bei jedem Schritt genau auf ihre Schuhe und die Straße, sie befürchtete nämlich bald auszurutschen und der Länge nach auf dem Boden zu landen, und das wäre definitiv peinlich. Sie gingen langsam über die Straße und in Richtung Park, als Steffi sich von ihm loshakte um alleine, und ihrer Ansicht nach sicherer, zu laufen.
Eine Weile gingen sie neben einander her, als Luke einen Arm um ihre Schultern legte und sie etwas näher an sich heran zog.
Nicht, dachte sie und beschleunigte vorsichtig ihre Schritte. Sie wollte nicht das es zu sehr nach Flucht aussah. Aber Luke hatte wohl verstanden und ließ den Arm von ihrer Schulter gleiten.
Ok, sie will nicht, dachte er, wenn auch etwas enttäuscht. Ich will ja nicht das sie Wunder was von mir denkt.
Sie liefen also wieder nebeneinander her, bis sie den kleinen Park erreicht hatten. Alles war weiß, man konnte aber die Bänke erkennen und auch den fast zugefrorenen Ententeich, der von einem kleinen Fluss gespeist wurde.
Auf dem Teich drehten ein paar Enten ihre Runden um zu verhindern, dass die ganze Wasseroberfläche zufror.
"Die armen Viecher, den ist bestimmt kalt. Den ganzen Tag in dem Wasser herum zu planschen ist bei dem Wetter bestimmt kein Vergnügen!" sagte Steffi.
Sie waren am Rand stehen geblieben und schauten auf den Teich. Luke sah den Enten eine Weile zu, dann antwortete er ihr: "Das sieht man mal wieder wie wenig Menschen aushalten. Denen macht das weniger aus. Einem Menschen wäre schon so ziemlich alles abgefroren!"
Steffi drehte ihm das Gesicht zu und fing an zu grinsen: "Ziemlich alles?" fragte sie amüsiert.
Schäm dich was, dachte sie augenblicklich, was du wieder denkst.
Luke sah sie an, erwiderte ihr Grinsen und sagte: "Ja, Zehen, Füße, Finger und sonstige Teile!" Sein grinsten wurde breiter.
"Alles relativ unwichtig!", gab sie zurück: "man kann ohne das alles trotzdem leben"
"Leben vielleicht, aber wie glücklich?"
Sie wollte ihm eine bissige Bemerkung an den Kopf werfen, schwieg aber lieber. Irgendwie hatte sie die Befürchtung in ein Thema ab zurutschen das sie eigentlich meiden wollte.
Also grinste sie ihn nur an und sagte nichts.
"Hat’s dir jetzt die Sprache verschlagen?"
"Nö, man muss nicht immer ein Kommentar abgeben, oder?"
Er lächelte sie an: "Sollen wir noch etwas gehen oder hier stehen bleiben und festfrieren!"
"Eigentlich könnten wir weiterlaufen!"
Er reichte ihr wieder seinen Arm und diesmal hakte sie sich wieder ein. Zusammen liefen sie noch ein Stück, der Schnee knarrte unter ihren Füßen. Der Weg war nicht wirklich geräumt, die einzige Spur war die anderer Leute die zuvor schon hier lang gelaufen waren.
Nach ein paar hundert Metern erreichten sie eine Bank, die schon jemand vom Schnee befreit hatte. Er blieb stehen, sah sie kurz an und als sie keine Anstalten machte weiter zu laufen, fegte er mit seiner schwarz behandschuhten Hand kurz über die Sitzfläche, damit auch noch der letzte Rest Schnee weg war.
Sie setzten sich beide nebeneinander und sahen eine Weile auf die zugeschneite Welt.

Sie hatte das Gefühl es wurde immer kälter, sie reib ihre Hände, die immer noch in den Handschuhen steckten, aneinander.
Sie merkte das er sie ansah, erwiderte seinen Blick und er lächelte sie wieder an.
"So kalt?"
Sie lächelte: "Warm ist es nicht gerade"
"Komm her!" Er streckte seine Arme aus und sie konnte gar nicht anders als näher an ihn heran zurutschen.
Sie lehnte ihre Schulter an seine Brust und legte ihr Gesicht in seine Halsbeuge. Sie bemerkte das er einen Schal anhatte, der war ihr gar nicht aufgefallen. So Beige wie sein Pullover. Vielleicht deswegen, sagte sie sich.
Sie kam mit ihrer Nase an seinen Hals, knapp unterhalb seines Ohres und er zuckte zusammen. "Ohh, kalte Nase. Schlimmer wie ein Hund!" Er kicherte leise.
Sie wollte erst ihr Gesicht wegziehen, aber dann roch sie etwas an ihm.
Undefinierbar für sie. Eine Mischung aus seinem Shampoo, seinem Duschmittel und seinem Aftershave.
Und gerade hier, am Hals, wo alles zusammentraf, war dieser Geruch am stärksten und es roch gut. Sie atmete tief ein, wollte mehr von diesem Geruch.
Er roch so gut, dachte sie. Konnte der Versuchung kaum widerstehen ihn genau an dieser Stelle zu küssen. Sie wollte wissen ob er auch so schmeckte wie er roch.
Sie merkte wie sein Gesicht näher an ihres kam, merkte jeden Atemzug von ihm.
Er machte das Gleiche wie sie. Mit jedem Atemzug nahm er ihren Geruch war. Sie roch nach Duschmittel, Deo oder Creme oder alles zusammen, er konnte es nicht definieren.
Aber es riecht gut, dachte er, und die Körperwärme intensiviert ihren Geruch.
Er musste sich zusammenreißen, damit er nicht anfing an ihr zu schnüffeln. Er musste unwillkürlich grinsen. Zu ihr sag ich sie hat ne kalte Nase wie ein Hund und ich benehm mich wie einer. Aber sie riecht so gut.
Steffi merkte wie tief er die Luft an ihrem Hals einsog und erschauderte. Er dachte wohl ihr sei immer noch kalt und zog sie näher an sich. Diesmal wehrte sie sich nicht, ließ es zu, damit sie noch intensiver seinen Geruch wahrnehmen konnte. Mittlerweile war ihre Nase warm genug, das er nicht mehr zusammen zuckte als sie diese langsam über seine Hals fahren ließ. Diesmal war er es der erschauderte. Sie hörte wie er leise nach Luft schnappte und es gefiel ihr, welche Wirkung sie anscheinend auf ihn hatte.
Sie spürte wie warm es wurde, merkte die Hitze die in ihrem Körper pulsierte, und erschrak über diese Heftigkeit ihre Gefühle. Sie zog sich rasch zurück, rutschte ein Stück auf der Bank von ihm weg. Zuerst dachte sie, er würde sie festhalten, aber er ließ sie los, sah ihr in die Augen und für einen Moment versank sie wieder in seinen.
"T´schuldigung. Ich wollte nicht das.." bevor er zu Ende sprechen konnte winkte sie ab:
"Vergiß es!" Jetzt war ihr kälter wie zuvor, nachdem sie seine Wärme gespürt hatte.
Sie wollte den Reißverschluss ihrer Jacke höher ziehen, stellte aber fest das dieser schon ganz oben war. Er merkte es, band sich seine Schal vom Hals: "Warte! Hier nimm!"
Bevor sie etwas sagen konnte hatte er ihr ihn schon um den Hals gelegt. Er nahm ihn doppelt, so dass eine Schlaufe entstand, durch die er dann die zwei losen Enden ziehen konnte.
Vorsichtig zog er zu: "So besser?"
Sie nickte nur, zog sich den Schal etwas weiter über die Nase und stellte fest das dieser genau so roch wie Luke selbst. Sie sog die Luft ein und zog den Schal ganz über ihre Nase.
Mit der Mütze und dem Schal, war ihr ganzes Gesicht bedeckt nur die Augen waren zu sehen. Er sah sie an: "Sag mal was machst du eigentlich im Winter?" Er klang amüsiert, auch wenn seine Stimme rauer klang wie zuvor.
"Ich bin halt verfroren" antwortete sie vergnügt, wenn auch mit gedämpfter Stimme.
Wieder sog sie die Luft durch den Schal ein, bemüht möglichst viel von diesem Geruch aufzunehmen.
"Du bist wie meine Schwester. Die hat auch immer gefroren, obwohl es in Kalifornien nicht wirklich kalt ist. Trotzdem war der Bruder die Wärmflasche!"
"Was meinst du mit hat?", fragte sie vorsichtig nach, sie hoffte jetzt nicht in ein Fettnäpfchen zu treten.
"Seitdem sie schwanger war, ist das anders. Jetzt ist sie für ihren Mann und ihre Kids die wandelnde Wärmflasche"
"Tja, umsonst geheiratet!" sagte sie durch den Schal gedämpft.
"Ist das der einzige Grund zu heiraten?" fragte er amüsiert, "das man eine Wärmflasche hat"
"Zu mehr taugen Männer doch eh nicht!"
"Hey, jetzt aber. So schlimm sind wir nicht. Mmhh.. ok es gibt Ausnahmen!"
"Es gibt wenige Ausnahmen die zu was taugen!"
Er zupfte mit den Fingern am Schal: "Wenn du nicht brav bist, hol ich mir den wieder!"
"Nein!! Sonst frier ich noch mehr!"
"Mmmh, dann musst halt näher her kommen. Wenn Männer eh nur zum wärmen da sind..."
Sie sah ihn abschätzend an. Warum nicht, dachte sie, was soll schon passieren. Sie sah ihn an und rutschte wieder näher an ihn heran. Die Hitze in ihrem Körper war wieder gesunken. Dieses Mal schmiegte sie sich aber mit dem Rücken an seine Brust, sein Geruch hatte sie ja noch im Schal, den sie immer noch um die Nase gebunden hatte.
"Na dann komm her!" sagte er, in Gedanken fügte er hinzu, umso näher du mir bist, umso lieber ist mir das.
Sie merkte wie er hinter ihrem Rücken etwas machte. Als er den Mantel um sie herum legte und sie näher an sich heranzog, um ihn vor ihr zuzuhalten, begriff sie was er gemacht hatte.
Er hatte ihn aufgeknöpft, dadurch war sie näher an ihm, wie sie wollte, aber seine Körperwärme war intensiver und der Mantel gab, obwohl er nicht ganz zu war, wärmer wie ihre Jacke. Sie ließ sich nach hinten sinken, legte ihren Kopf an seine Schulter und ließ zu das er sie, natürlich nur um den Mantel zu zuhalten, mit beiden Armen umarmte.
Sie sah seinen kondensierenden Atem, der wie eine Wolke regelmäßig neben ihr erschien, spürte seinen Atem nah bei sich und wieder wurde ihr schnell warm.
"Deine Schwester hat Kinder?" fragte sie um die Stille zu beenden.
"Ja, ein Zwillingspärchen." er lachte leise "Zwei richtige.., na ja Rabauken ist das falsche Wort, aber sie wissen beide was sie nicht dürfen, machen’s trotzdem, weil sie wissen sie kommen damit durch. Sie sind zwar gut erzogen, aber.." Wieder lachte er.
Steffi grinste: "Wie alt?"
"Fast 5"
"Haja, da darf man noch austesten was geht"
"Oh die wissen ganz genau was geht. Die wissen was sie bei der Mama dürfen, was beim Papa, das die Oma fast nie was sagt, wissen sie auch und ..mmh.. den Onkel habe sie eh um den Finger gewickelt, obwohl sie sich bei mir fast besser benehmen wie zu Hause. Meine Schwester ist schon immer ganz erstaunt, wie wenig diskutiert wird."
"Dann haben sie den Onkel doch nicht ganz um den Finger gewickelt, wenn sie da besser spuren."
"Naja, ich glaube es liegt daran, dass sie wissen das ich sie nicht unbedingt bei mir haben muss, das sie auch mal ihren Onkel für Monate nicht sehen. Außerdem war ich nach ihrer Geburt mehr um sie herum wie ihr Vater und ihre Oma."
"Was meinst du damit?"
"Als die Zwillinge geboren wurden, war ihr Vater auf Montage, meine Mum war zu weit weg und ich nah genug dran und meine Schwester wollte am Anfang nicht mit den Beiden alleine sein. Ich glaube, sie dachte, es würde ihr zuviel werden, also zog sie, gewissermaßen, für fast ein Jahr bei mir ein. Natürlich immer wieder unterbrochen, wenn ihr Mann zu Hause war, das waren aber immer nur Tage!"
"Mmmh.. schön wenn man sich auf jemanden verlassen kann!" sagte sie, aber mehr zu sich selbst.
Ob er verstanden hatte wieso sie das gesagt hatte, wusste sie nicht, aber er zog seine Arme fester um sie zusammen, drückte sie stärker an sich. Er schmiegte seine Wange an ihre, rieb sein kaltes Gesicht an seinem Schal. Sie zupfte den Schal etwas nach unten so dass ihre Wangen sich berührten.
"Oh, jetzt bist du kälter wie ich!" sagte sie.
"Das heißt nicht, das mir auch kalt ist!"
Sein Herz hämmerte wie verrückt, sein Blut jagte ihm durch die Adern.
Es ist lange her, ging es ihm durch den Kopf, das jemand nur durch eine Berührung so was ausgelöst hat.
Viel zu lange, es tut gut jemanden der nicht zur Familie gehört so nah an sich zu spüren.
Er zog die Arme noch fester um sie.
Keiner von beiden wusste wie lange sie schon auf der Bank saßen. Steffi griff nach seinem Handgelenk, zog den Ärmel des Mantels etwas zurück. "Oh, ist ja schon zehn vor Acht!"
"Was schon so spät, dann sollte wir aber zurück. ich weiß nämlich nicht mehr ob der Film um Acht oder viertel nach anfängt!"
Er ließ die Arme sinken und der Mantel schwang auf, sofort wurde Steffi von der Kälte umfangen.
Muss das jetzt unbedingt sein, dachte sie, es war grad so kuschelig warm und angenehm.
Sie lehnte sich etwas nach vorne, rutschte dann von ihm weg.
Sie stand langsam auf und schlang ihre eigenen Arme um ihren Oberkörper.
Luke stand hinter ihr auf, knöpfte seinen Mantel zu und legte ihr seine Arme zusätzlich um den Körper.
Sie gingen ein paar Schritte, Luke ganz nah an ihren Rücken geschmiegt, die Arme um sie herum.
"Das geht so nicht! Wir landen beide noch auf der Nase!" sagte sie, denn sie schwankten gefährlich auf dem glatten Boden. "Lass los!" In ihrer Stimme schwang ein Lachen mit
"Wenn es denn sein muss!"
"Jaha!" Leider, fügte sie in Gedanken hinzu.
Luke nahm langsam die Arme runter: "Mmh, also gut!"
Ach man, muss es schon so spät sein, dachte er, hätten wir nicht noch ein bisschen sitzen bleiben können.
Sie gingen langsam, Richtung Kino, nebeneinander her. Luke hatte wieder seinen Arm um ihre Taille gelegt, diesmal beschleunigte sie ihre Schritte nicht.
Gut, dachte er erleichtert, sie toleriert es diesmal.
Er lächelte.
Steffi wusste irgendwie nicht was sie tun sollte.
Du magst es doch, sagte sie in Gedanken zu sich selbst, du magst ihn doch irgendwie. Nein nicht irgendwie, du magst ihn wirklich, obwohl du nicht viel von ihm weißt.
Sie begann in Gedanken nun mit sich selbst zu streiten:
Ich kenn ihn nicht.
Dann lern ihn kennen
Es ist nicht gut.
Was denn?
Alles, ich kann mich doch nicht in ihn verlieben.
Hast du doch schon irgendwie.
Wieso gerade ich. Er sieht nicht schlecht aus, ganz und gar nicht. Warum sollte er gerade Interesse an mir haben?
Warum nicht?
Er könnte weiß Gott andere haben.
Vielleicht ist er anders. Mach nicht den Fehler und mach ein Ende bevor es angefangen hat.
Es geht schon viel zu weit.
Blödsinn, wenn du jetzt mit ihm im Bett liegen würdest, dann wäre es zu weit gegangen.
Ja, vielleicht ist er wirklich anders. Vielleicht hab ich mal Glück.
Also, Schluss jetzt, schau doch einfach was passiert. Du kannst ihn ja immer noch zum Teufel schicken wenn er nichts taugt.
Ihr Zwiegespräch mit sich selbst wurde unterbrochen, als Luke etwas zu ihr sagte: "Was hast du gesagt?"
Er griente sie an, sie waren schon im Kino: "Ich habe gefragt, ob du dich an dieser Bar anstellen willst, wegen was zu Trinken oder Popcorn und ich hole die Karten"
"Ja ok" Sie ging Richtung Bar, dort standen schon einige an. Sie stellte sich in die Schlange, es ging zügig voran. Als sie als nächstes drankam, stand Luke bereits neben ihr.
"Das ging aber schnell", sagte sie zu ihm.
Er zuckte nur mit den Schultern.
"Was möchten sie?" fragte die junge Frau hinter der Theke.
Luke sah Steffi an und zeigt mit dem Kinn nach vorne: "Du zuerst!"
"Ich hätte gerne eine heiße Schokolade!"
Die Frau drehte sich herum und ließ die Schokolade aus dem Automaten in einen Pappbecher laufen. Zeitgleich rechnete sie ab.
"Sonst noch etwas?"
"Nein, danke"
Steffi merkte wie Luke sie ansah.
"Das macht dann Zwei Euro!" sagte die Frau.
Steffi kramte das Geld aus der Hosentasche, bemerkte das sie immer noch Handschuhe trug, zog diese aus und steckte sie in die Jackentasche.
Dann nahm sie das Wechselgeld. Luke sah sie immer noch irritiert an. Dachte er ich lass ihn zahlen, er sollte es besser wissen und das Geld für den Eintritt bekommt er auch wieder, dachte sie während sie den Becher nahm.
"Und was darf ich ihnen bringen?" fragte die Frau Luke. Steffi fiel auf wie sie ihn ansah.
Die wundert sich bestimmt wie so jemand an etwas wie mich kommt, dachte sie.
Sie sah die Frau eine Weile an, bekam gar nicht mit was Luke gekauft hatte. Aber er bekam ebenfalls einen Becher mit irgendetwas Heißem und eine Tüte mit Popcorn. Er legte der Frau das Geld auf den Tresen und lächelte sie an, das schien sie irgendwie durcheinander zu bringen. Sie zählte Lukes Wechselgeld mehrmals ab, holte entweder etwas aus der Kasse oder warf etwas hinein.
Als Luke endlich sein Wechselgeld hatte, nahm er alles, drehte sich zu Steffi um: "Wir müssen die Treppe hoch!"
Steffi drehte sich herum und ging, Luke ganz dicht hinter ihr, die Treppe hinauf. Oben waren vor den Kinosäälen noch kleine Stehtische.
Sie stellten sich an einen, stellten die Becher und die Tüte darauf ab. Luke sah sie an, streckte eine Hand nach ihr aus und zog ihr die Mütze vom Kopf. Die hatte sie ganz vergessen. Sie merkte wie sich ihre Haare elektrisch aufluden, als er die Mütze herab zog. Steffi fuhr mit der flachen Hand über ihre Haare und wusste das das nicht viel helfen würde.
Eine Strähne hatte sich gelöst und Luke strich sie ihr hinters Ohr zurück. Dann gab er ihr die Mütze. Steffi steckte sie in die andere Jackentasche. Dann wickelte sie sich seinen Schal ab und gab ihn ihm.
"Sollen wir die Jacken abgeben?" fragte er sie.
"Ja warum eigentlich nicht. Ich glaube im Saal ist es warm genug!"
Sie zog ihre Jacke aus, Luke streckte eine Hand aus und sie gab sie ihm. Dann ging er zu den Kleiderhaken, vor denen ein junger Mann saß, sichtlich gelangweilt. Luke sagte irgendetwas zu ihm, er nickte, dann gab Luke ihm ihre Jacke und schließlich auch seinen Mantel.
Luke kam zu ihr zurück, stellte sich wieder zu ihr an den Tisch.
"Die da unten war ganz schön durch den Wind!" stellte Steffi fest. Luke griente sie an, er wusste also ganz genau was er damit bewirken konnte.
"Die war nur etwas abgelenkt."
"Ja, weil du sie angelächelt hast!"
"Glaubst du das hat so ne Wirkung? Ich bezweifle das!"
"Mmh", machte sie. Wenn du wüsstest, aber ich bin sicher du weißt das, dachte sie. "Auf manche vielleicht schon!"
"Echt?"
"Ok, du willst mich verarschen!"
"Nein will ich nicht! Nur ich kann es mir einfach nicht vorstellen, das ein bisschen Höflichkeit jemanden so nervös macht."
"Ach komm, du willst mir erzählen das dir das nie aufgefallen ist!"
"Was denn?"
"Wie Frauen reagieren, wenn du sie anschaust oder anlächelst?"
"Wie kommst du darauf, das sie anders reagieren?"
"Ich hab das jetzt bei zwei Stück gesehen. Und jede hat darauf reagiert!"
"Und wie bitte schön?"
"Sie werden leicht nervös, fixieren dich förmlich!"
"Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen du bist Eifersüchtig"
"Hach, zum Glück weißt du es besser! Außerdem bild dir bloß nicht zu viel ein!" Sie klang etwas zickiger wie gewollt und sein Lächeln verriet das er das wahrgenommen hatte.
Jetzt glaubt er wahrscheinlich wirklich das ich Eifersüchtig bin. Mmh vielleicht bin ich es ja, dachte sie. Blödsinn warum sollte ich Eifersüchtig sein.
"Ist das bei dir auch so?" fragte er sie.
"Was?"
"Das ich dich irritiere, wenn ich dich anschaue oder anlächle."
Als ob du das nicht wüsstest, dachte sie.
Hoffentlich, dachte er.
"Keine Ahnung, ich glaube nicht!" sagte sie
Er lehnte sich etwas weiter über den Tisch und sah ihr direkt in die Augen. Dieses Blau machte sie wahnsinnig. Sie sah wie gebannt in seine Augen und er fing an zu Lachen.
"Kannst du irgendwo anders hinschauen?" fragte er amüsiert.
"Warum sollte ich, ist doch unhöflich!" log sie. Selbst wenn sie gewollt hätte, hätte sie sich davon nicht losmachen können.
"Also nicht!" stellte er überzeugt fest.
"Das heißt gar nichts!"
"Doch, du reagierst da drauf. Ich kann dich förmlich mit meinem Blick festhalten!"
Sie spürte wie ihr die Röte ins Gesicht schoss.
"Lass das?"
"Was soll ich lassen?" Seine Stimme hatte etwas Beschwörendes.
"Mich in Verlegenheit zu bringen!"
"Tu ich das?"
"Ja!"
Er lächelte. Sie reagiert darauf, dachte er glücklich, ich weiß zwar nicht warum, aber es scheint zu stimmen was sie gesagt hat. Ob das auch bedeutet das sie mich mag. Er musste über seine eigenen Gedanken lächeln. Oh Gott, ich benehme mich wie ein Teenie. Aber daran ist sie Schuld. Ich kann dagegen gar nichts machen. Es ist als ob... ich weiß selbst nicht was sie auslöst und warum so intensiv. Und das letzte was ich will ist sie zu verkraulen. Sie hat was.
"Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Das ist unhöflich. Es tut mir leid, das ich so anmaßend war."
Sie sah ihm ins Gesicht, und war sich sicher das er es ernst meinte.
"Merks dir!" So einfach mach ich dir das nicht, dachte sie.
"Es tut mir wirklich leid. Aber ich ... egal!"
"Was?"
"Nicht so wichtig! Wirklich. Versprochen ich mach’s nie wieder! Ich versuchs zumindest!" Dieser Gesichtsausdruck, das nennt man wohl Hundeblick, dachte sie.
"Angenommen!"
"Ja? Alles ok? Nicht mehr sauer?"
"Ich war nicht sauer! Ich mags nur nicht, wenn man so was tut!"
"Wa.., vergiss es!" sagte er schnell.


Er nahm seinen Becher und trank ihn leer. Steffi sah in ihren und stellte fest das er auch fast leer war, sie hatte gar nicht bemerkt wie viel sie getrunken hatte. Der Rest war mittlerweile so lau, dass sie ihn auf einmal leer trank. Luke streckte seine Hand aus, sie gab ihm den Becher und er ging zum Mülleimer um beide hinein zu werfen. Dann ging er zu einer kleineren Bar, die es hier oben gab und Steffi sah das er eine Flasche in der Hand hatte als er zu ihr zurückkam. Er stellte die Flasche mit der Cola auf den Tisch und schob ihr die Tüte mit Popcorn zu:
„Hier oder soll ich die alleine essen?“
Er will das Thema wechseln, dachte sie, auch gut.
Sie griff in die Tüte nahm etwas heraus und legte es vor sich auf den Tisch. Luke sah sie abschätzend an.
„Was ist?“ fragte sie.
„Nichts" sagte er unschlüssig.
Sie sah auf den Tisch und verstand:
„Ob das was ausmacht ob ich es mit den Fingern in den Mund stecke, die vorher auf dem Tisch lagen, oder ob es auf dem Tisch liegt und ich es dann anfasse. Macht doch keinen Unterschied! Keime haben noch keinen getötete. Na ja ein paar Keime nicht!"
„Du klingst wie meine Mutter!“ sagte er fröhlich.
Ob das so gut, fragte sie sich. Aber Männer suchen sich doch angeblich immer etwas was ihrer Mutter in manchen Dingen entspricht. Vielleicht gar nicht so übel.
„Inwiefern?“ fragte sie ihn.
„Ich kann mich daran erinnern, dass wenn wir Besuch hatten und wir Kinder unsere selbstgebauten Sandkuchen gegessen haben, der Besuch meist total hysterisch wurde, wie meine Mum so was zu lassen könne. Das sei doch ungesund Sand zu essen. Meine Mum sagte dann immer, dass das einzige Problem daran sei, das sie immer wieder Sand auffüllen müsse.“
Bei der Erinnerung daran fing er wieder an zu grinsen.
„Stimmt ja auch, solange es nur Sand ist!“ Sie betonte das „nur“ und sah ihn grienend an.
„Der Sandkasten war immer abgedeckt! In dem Sinne...“
„Klar! Ich meine schau nur mal wie viele Allergien es auf alles Mögliche gibt und die meisten daher weil die Kinder vor dem Fernseher geparkt werden und bei allem was sie anfassen gleich die Hände gewaschen bekommen. Wenn´s möglich ist gleich noch steril.“
„Man kann es übertreiben. Früher hat das keinen interessiert. Mein Gott dann hat dich der Hund hat quer übers Gesicht geschleckt, da bist mit dem Ärmel drüber gefahren und fertig. Und wie viele arme Regenwürmer gegessen wurden weiß keiner“
Er griente noch breiter.
„Eben und was würde mein Lehrer sagen, was nicht tötet, härtet ab. Man kann alles essen, manches halt nur einmal!“ Sie kicherte leise.
„Dein Lehrer?“ fragte er verwundert.
„Ja mein Lehrer!“
Er schaute sie immer noch verwundert an: „Aber du bist doch ....“
Sie fiel im ins Wort: „Aus der Krankenpflegeschule!“
„Ach so, aber du bist doch schon 22! Dauert die Ausbildung nicht nur 3 Jahre?“
„Ja, aber ich hab erst mit 21 angefangen!“
„Warum so spät? Hast du noch was anderes vorher gelernt?“
„Nein aber ich hab Abi gemacht und dann noch fast ein Jahr als Praktikantin im Krankenhaus geschafft!“
„Warum lernt jemand Krankenschwester obwohl er das Abi hat? Ich mein ja nur.“ sagte er verunsichert.
„Sagen wir mal so. Mein Abi war nicht berauschend. Na ja Englisch wusste ich ja das es nichts wird. Mathe und Deutsch, na so lala und dann hatte ich die Wahl zwischen Geschichte und Bio. Und die ganzen Daten, oh ne, die konnt ich mir eh nicht merken also hab ich Bio Abi gemacht!“
„Und warum nicht studiert?“
„Wollt ich ja, zuerst Archäologie, aber irgendwelche Krabbelviecher, so Spinnen, Schlangen und ähnliches..“ Sie schauderte allein beim Gedanken daran: „Ne danke, nicht wirklich, dann wollt ich Jura studieren, aber die ganzen Paragraphen, oh ich konnt mir schon Geschichtsdaten nicht merken und dann Winkeladvokadie und Paragraphenreiterei, ne danke. Dann wollt ich Biologie studieren, so in der Forschung, aber kleine Tierchen quälen war nicht meins, wenn geht noch Laborratten..“ wieder erschauderte sie: „zum Schluss wollte ich dann Medizin studieren, aber da wäre ich mit meinem Abi nie reingekommen. Ein Klassenkamerad hat einen 1,5 Abischnitt und stand nur auf der Liste. Also blieb ich in dem Berufszweig nur auf ner anderen Ebene. Und ich wollt nicht noch lange studieren und auch noch zahlen. Also verdien ich mein eigenes Geld, zwar nicht viel aber es reicht!“
„Das könnt ich nicht?“
„Was?“
„So was zu machen, ich mein bei Familie ist das was anderes, da hat man keine Berührungsängste!“
„Man darf halt keine Berührungsängste haben. Und selbst wenn man zu Anfang welche hat, das legt sich und dann ist das egal ob man Menschen anfasst!“
Er dachte daran wie oft sie alleine heute seinen Berührungen ausgewichen war, fast schon geflohen ist davor. Und sie will keine Berührungsängste haben, sagte er sich, da bin ich aber anderer Meinung.
„Na ja, trotzdem, fremden Menschen so nahe zu kommen ist doch schon komisch, oder?“
„Ach so?“ fragte sie leicht zynisch.
Er merkte worauf sie hinaus wollte: „Bei dir ist das was anderes!“
„Warum?“
„Weiß nicht! Ist halt so. Hey aber das ist was anderes wie jemand Fremden zu waschen oder noch andere Sachen zu machen!“
„Warum? Wenn sie es nicht mehr alleine können. Willst du tagelang ungewaschen mit den gleichen Klamotten im Bett liegen, und wenn man dann nicht mehr auf Toilette kann oder es gar nicht mehr merkt. Was dann, einfach liegenlassen?“ sie klang leicht gereizt. „So war das nicht gemein! Ich mein ja nur. Ich könnt es nicht und ich habe Respekt vor denen die es machen.“
„Du hast doch gesagt deine Schwester war mit den Säuglingen bei dir. Standst du da nur rum und hast ihr zugeschaut?“
„Das ist was anderes. Erstens können die Kleinen nicht anders und zweitens ist das Familie. Wenn man es ganz kitschig will, das eigen Fleisch und Blut. In dem Fall von meiner Schwester!“
„Aber die Leute die Hilfe brauchen können es halt auch nicht mehr und wenn die noch klar da oben..“ sie tippte sich mit dem Finger an die Schläfe „..sind ist das denen auch peinlich. Aber sie können halt nicht anders. Wenn deine Mutter so weit wäre, was dann? Ab in ein Pflegeheim und auf Nimmerwiedersehen!“
„Das ist Familie. Das ist was anderes. Vielleicht könnt ich es da. Gewissermaßen als Revange für früher. Aber nicht bei einem Wildfremden. Es ist halt so. Noch mal ich könnt es nicht!“
„Was machst du wenn ich Fragen darf?“
Luke griente sie an, die Tür des Saales in welchem ihr Film lief ging auf. Alle Herumstehenden drängten sich zur Tür. Luke sah kurz hin, dann wieder sie an: „Ich gehöre zu diesen Winkeladvokaten und Paragraphenreitern!“
Steffi spürte wie sie rot wurde, Lukes Grienen wurde breiter.
„Das .. wusste .. ähm.... T´schuldigung“, stotterte sie.
Luke fing an zu Lachen, schüttelte den Kopf: „Schon ok! Ich habs mir ja ausgesucht!“ sagte er immer noch lachend: „kein Grund gleich rot zu werden“
Steffi suchte nach einem Ausweg: „Wir sollten vielleicht rein gehen.“
Einen Strohhalm gefunden, dachte sie, super, echt toll gemacht. Voll ins Fettnäpfchen. Na ja, wenn ich schon dabei bin mich unbeliebt zu machen, dann..
Sie kramte in ihrer Hosentasche, fand das Münzgeld und die restlichen Scheine. Sie legte 8 Euro auf den Tisch, legte die Hand darauf und schob das Geld zu Luke.
"Was soll das jetzt?" fragte er sichtlich verwirrt.
"Das Geld für die Kinokarte!" sagte sie und zog die Hand vom Geld zurück.
"Vergiss es! Ich hab dich eingeladen!"
"Du hast mich nur gefragt ob wir ins Kino gehen. Von einladen war nie die Rede gewesen!"
"Ich nehm das Geld nicht! Vergiss es gleich wieder."
"Ich hab dir gestern schon gesagt, dass ich mir nichts zahlen lasse! Prinzipien! Weißt du noch!"
"Das sind nur 8 Euro!"
"Dann nimm sie!"
"Nein!"
Wieso sieht sie nicht ein, das ich das nicht will, dachte er.
"Luke bitte!" Es klang wirklich flehend.
Er schüttelte den Kopf.
"Ich nehm es nicht zurück!", sagte sie.
"Gut, dann bleibt es eben liegen!"
Das macht er nicht, dachte Steffi, wenn ich es liegen lasse wird er es schon nehmen.
Sie dreht sich um, Luke nahm die Tüte und die Flasche vom Tisch und sie gingen beide in Richtung Saal. Er lässt das Geld wirklich auf dem Tisch, dachte sie leicht verärgert. Sie drehte sich wieder herum, lief zum Tisch zurück und steckte das Geld wieder ein.
Als sie wieder bei Luke stand, grinste der sie an und ging in den Saal. Steffi folgte ihm, immer noch leicht sauer auf ihn.
Der hätte das wirklich liegen lassen, sturer Sack, dachte sie und bereute es sofort wieder so was auch nur gedacht zu haben.
Drinnen suchten sie ihre Plätze und setzten sich.
Sie saßen ganz oben, Steffi saß rechts neben Luke. Ein paar Sitze weiter, also eigentlich die an der Wand, die sogenannten Päärchensitze, saß ein junges Paar, beide kaum älter wie 18.
Sie waren sehr mit sich beschäftigt, Steffi merkte wie Luke näher an sie heran rückte: „Ich hab ja nichts gegen Liebesbekundungen und Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit, aber haben die kein Bett zu Hause?“ flüsterte er.
Steffi drehte den Kopf und dabei streifte ihre Wange sein Gesicht, sie hatte gar nicht bemerkt wie nahe er ihr war: „Wahrscheinlich schon“ flüsterte sie zurück: „aber wahrscheinlich bei den jeweiligen Eltern, die Zwei sind noch nicht so alt, und da ist das bestimmt nicht so gut!“
„Könntest recht haben, es gibt ja auch noch andere Möglichkeiten, aber nicht im Kino?“
„Warum nicht, hier wird es gleich dunkel genug sein, das sie keiner mehr bemerkt!“
Ein weiters Paar, so um die 30, schlängelten sich an Luke und Steffi vorbei. Die Frau setzte sich direkt neben sie, bemerkte auch die zwei Teenies und sagte zu ihrem Begleiter: „Kuck mal, die fressen sich gleich!“
Luke der immer noch nah an Steffis Gesicht war fing an zu kichern: „Also seh nicht nur ich das so!“
„Vielleicht liegt das am Alter!“ gab sie zurück.
Luke sah sie an und knuffte ihr erneut in die Seite.
„Hey lass das!“ warnte sie ihn.
„Was soll das heißen, liegt am Alter“
„So wie ich das gesagt habe.“
Luke kam noch näher an ihr Gesicht und stupste mit seiner Nase an ihre Wange, ganz nah an ihrem Ohr flüsterte er kaum hörbar: „Freches Ding!“
Allein diese Berührung ließ Steffi erneut fühlen wie ihre Körpertemperatur stieg, sie fühlte wie ihr Herz raste.
Das macht er mit Absicht, sagte sie sich, der weiß mehr wie mir lieb ist.
Sie drehte ihr Gesicht von ihm weg: “Hör auf!“
„Womit?“
„Du weißt genau womit!“
„Ach komm, das kleine bisschen Piesacken!“
„Ich meine nicht das was du gesagt hast!“ bevor sie es ganz ausgesprochen hatte, dachte sie: Oh nein, hätt ich ihn bloß bei dem Glauben gelassen.
Er lächelte sie an: “Ich dachte Berührungsängste hast du keine!“
Sie holte tief Luft, warum konnte der Film nicht beginnen, ging es ihr durch den Kopf.
"Ich habe nicht gesagt das ich gar keine mehr habe und außerdem gibt es unterschiedliche Berührungen. Es ist was anderes ob... „
Er unterbrach sie: „Es ist also schlimmer wenn ich dich berühre, wie wenn du einen Fremden wäscht und ich bezweifle das du am Bauchnabel aufhörst!“ Das klang irgendwie verärgert.
„So hab ich das nicht gemeint! Es ist etwas anderes ob ich jemanden anfasse oder ob derjenige mich anfasst!“
„Und was ist daran der Unterschied?“ Seine Stimme klang nicht mehr verärgert, vielleicht hatte sie sich getäuscht oder er war sich dessen gar nicht bewusst gewesen.
„Das kann ich dir nicht genau erklären aber es ist so!“
„Das heißt, wenn Du jemanden anfasst macht es dir nichts aus?“
Er erinnerte sich an gestern Abend, als sie sich voneinander verabschiedeten: Sie kann mir einen Kuss auf die Wange geben, aber wenn ich mit dem Gesicht näher komme weicht sie aus. Versteh ich nicht, da ist doch kein Unterschied, wer das Gesicht näher bringt, im Endeffekt berühren sie sich doch.
Er sah sie von der Seite an, irgendwie schien sie verzweifelt.
Vielleicht weil sie mir nicht begreifliche machen kann was der Unterschied ist, oder weil es gar keinen gibt, dachte er und bekam fast ein schlechtes Gewissen.
„Es tut mir leid! Ich wollte dich nicht so in die Ecke drängen. Du magst es nicht! Ok! Ich lass es!“
Das will ich aber gar nicht, schien sein Verstand zu schreien.
Ich will ja gar nicht das er aufhört, dachte sie, es tut ja gut aber irgendwie, ach ich weiß nicht was ich machen soll. Auf ein Art will ich es, aber dann wieder nicht. Ich sollte mich echt so langsam entscheiden was ich will, sonst, hab ich das Gefühl, bin ich ihn los.
Sie sah ihn an, er schaute nach vorne. Sie konnte dem Impuls kaum widerstehen, sich an seine Schulter zu lehnen.
Machs doch, sagte ihr Bauch.
Lass es lieber, er könnte es missverstehen, sagte ihr Verstand.
Super und auf was soll ich jetzt hören, fragte sie sich.
Sie lehnte sich näher zu ihm herüber, so nah das sie ihm ins Ohr flüstern konnte: „So war das nicht gemeint es ist nur.. ich weiß nicht ...ach...“ Sie legte ihre Stirn auf seine Schulter, merkte wie er seine Wange auf ihren Kopf legte und langsam sein Gesicht an ihren Haaren rieb. Als er seine Hand in ihren Nacken legte, zuckte sie zurück, setzte sich wieder gerade hin.
Nicht, schrie sein Verstand. Man hättest du die Hand nicht bei dir lassen können, fragte er sich schon fast verzweifelt. Bitte nicht wegrutschen.
Es machte ihn wahnsinnig, das sie ihm immer wieder auswich. Er wollte das sie näher bei ihm blieb.
Er stupste ihr Knie sanft mit seinem an, als sie ihn ansah, musste er einen Grund finden, warum er sie angestupst hatte. Er hielt ihr die fast leere Popcorn-Tüte vor die Nase.
„Willst du noch was, bevor ich es doch alleine gegessen habe?“
Sie schaute ich an, griff in die Tüte und holte sich etwas heraus: „Mehr mag ich nicht!“ sagte sie.
Er war sich nicht sicher, ob er das nur aufs Popcorn beziehen sollte. Er schüttete sich den Rest in den Mund und nahm die Flasche Cola, drehte sie ein Stück auf und hielt sie ihr hin.
Sie nahm sie, trank einen Schluck und gab sie ihm mit einem leisen “Danke“ zurück. Er nahm einen Schluck und war irgendwie froh das der Film anfing. Ihr ging es genau so.
Luke hatte seine Hand auf der gemeinsamen Armlehne liegen und als Steffi ihre Hand ebenfalls darauf ablegte, streiften sich ihre Finger. Luke zog seine ein Stück zurück, irgendwie kränkte sie das.
Du wolltest es doch so, oder! Jetzt macht er das, was du willst und jetzt ist es dir auch nicht recht! Entscheide dich! Jetzt schimpf ich schon mit mir selbst, dachte sie.
Es war als ob Luke irgendwie was gemerkt hatte, denn er fing an, die Oberseite seiner Finger an der Oberseite ihrer Finger, ganz sanft und vorsichtig, fast unabsichtlich, zu reiben. Sie merkte wie sie darauf, ohne nachzudenken, reagierte und nun spielten ihre Finger in der Dunkelheit miteinander.
Der Film fing an, sie bekam es gar nicht wirklich mit, viel zu sehr war sie von diesem berühren und streicheln ihrer Finger abgelenkt, welches sie in dem trüben Licht beobachtete. Erst als die Frau neben ihr zusammenzuckte, schaute sie nach vorne. Sie sah gerade noch wie von irgendjemand der Kopf durch das Bild rollte.
Na lecker, dachte sie.
Dann kam eine Verfolgungsszene.
Warum rennen eigentlich Frauen, wenn sie verfolgt werden, immer von den viel befahrenen, gut beleuchteten, mit Passanten gefluteten Hauptstrassen in dunkle Seitengassen, die eh immer Sackgassen sind. So doof kann doch eigentlich keiner sein, dachte sie. Und immer auf Stöckelschuhen.
Die Frau neben ihr musste das gleiche gedacht haben, denn sie sagte zu ihrem Begleiter: „Warum rennt die Blöde da rein?“
Steffi musste grinsen, Luke sah sie in dem Moment ungläubig an: „Ich hoffe du grinst nicht wegen dem Film!“, flüsterte er ihr zu. Sie schüttelte nur den Kopf.
„Ja Gott sei Dank!“ sagte er noch bevor er wieder seinen Kopf nach vorne drehte.
Was meint er damit, fragte sie sich.
Sie wollte ihn fragen wurde aber abgelenkt, da ihre Finger immer noch miteinander spielten.
Luke schien das entweder gar nicht mehr zu realisieren oder es gefiel ihm schlichtweg. Steffi nahm zweites an, war sich dessen auch ziemlich sicher.
Sie hingegen war viel zu sehr davon abgelenkt, um sich auf den Film zu konzentrieren.
Sie merkte wie Luke seine Hand dreht, nun lag seine Handfläche nach oben. Sie wusste auf was er aus war. Er will das ich meine Hand in seine lege, sagte sie sich, aber wenn ich das jetzt mache, wird er das als neue Messlatte nehmen. Ich kann jetzt nicht das eine machen und nach dem Film was anderes.
Steffi beschloss ihre Hand von der Armlehne weg zuziehen und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Sie schaute wieder auf die Vorführwand und wieder einmal sah man eine junge Frau. Diese stand ganz ruhig da. Man hörte nur ein komisches Geräusch und plötzlich zeichnete sich eine rote Linie quer über den Hals der Frau ab und ihr Kopf fiel nach hinten runter.
Die Frau neben Steffi zuckte so zusammen, dass Steffi selbst zusammen zuckte.
Im Film wurde es Tag und der Saal wurde heller. Sie sah das Lukes Hand immer noch so lag.
Er merkte wohl jetzt, das sie nicht das tun würde was er gern hätte, also schloss er die Hand zur Faust und legte beide Hände, mit verschränkten Fingern auf seinen Schoß.
Das zu sehen löste ein komisches Gefühl in ihr aus.
Sie hatte das Gefühl als ob sie ihm damit irgendwie wehtat.
Luke sah kurz zu ihr rüber. Was ist los mit ihr, fragte er sich, sie will es nicht, also lass es. Ich verstehe das nicht, sie hat sich bei dir gemeldet, vielleicht muss sie die ersten Schritte machen, vielleicht hat sie sich nur aus Höflichkeit gemeldet und sie hat überhaupt kein Interesse. Glaub ich nicht, hoff ich nicht, sagte er sich. Wieso sollte sich jemand melden, nur der Höflichkeit wegen. Nur weil ich sie nach Hause gefahren habe? Das glaub ich nicht. Irgendwie.. ach.. ich weiß auch nicht was ich davon halten soll. Ist da mehr, ist da gar nichts. Wird da mehr oder bilde ich mir wirklich zuviel ein.
Seine Gedanken wurden unterbrochen, als alle in der Sitzreihe zusammenzuckten. Er unwillkürlich auch, obwohl er gar nicht wusste warum überhaupt. Steffi sah ihn kurz an, griente ihn an. Ich bin nicht wegen dem Film erschrocken, wollte er sagen, aber was sage ich wenn sie fragt warum ich dann zusammen gezuckt bin, ermahnte er sich. Soll ich sagen, ich habe gerade darüber nachgedacht warum du dich gemeldet hast und ob aus uns was wird. Bloß nicht, ich hab so das Gefühl dann steht sie auf und geht.
Er versuchte sich wieder auf den Film zu konzentrieren, aber dieses Ding war furchtbar und außerdem hatte er den Faden verloren, falls dieser Film überhaupt einen hat.
Er schaute zwar, aber sein Gehirn verarbeitete kein Bild, es war mit anderen Dingen beschäftigt.
Woher weiß ich, wann ich was machen kann? Wie kann ich sicher sein, dass das was ich tue nicht das Gegenteil bewirkt? Sein Verstand warf mehr Fragen auf, wie er beantworten konnte.
Luke bekam gar nicht mit das der Film zu Ende war. Steffi stupste ihn vorsichtig mit ihrem Knie an seines, sah ihn verwundert an.
„Hallo?“
Er musste grienen: „Ganz ehrlich?“ fragte er sie.
Sie nickte, er kam ein Stück näher, damit nicht jeder hörte was er sagte: „Ein doofer Film!“
Sie sah ihn an, lächelte und nickte.
Vielleicht merkt er ja gar nicht, dass ich nicht wirklich zugeschaut habe, dachte sie ein klein bisschen verlegen. Sie hatte die meiste Zeit damit verbracht, sich auszudenken, wie sie auf mögliche Aktionen von ihm reagieren solle. Sie hatte sich gefragt ob das was sie tat Richtig war, ob es Sinn macht oder ob es besser wäre, ein Ende zu machen bevor es richtig anfing.
Sie wusste nicht wie sie mit ihm umgehen soll, was sie sagen, was sie tun könne ohne etwas Falsches zu tun oder ihm etwas Falsches zu vermitteln. Sie hatte noch nie einen Freund gehabt, sie wusste wie man mit Freunden umging, aber nicht wie mit einem Partner. Dann war ihr aufgefallen, dass sie gar nicht zusammen waren. Er war weder ihr Freund oder Partner. Er war bis jetzt ein Fremder, über den sie ein bisschen was wusste. Sie wusste nicht was sie tun sollte und hatte versucht in den letzten zwei Stunden herauszufinden was sie machen sollte. Sie war bis jetzt auf kein Ergebnis gekommen.
Luke stand auf, reichte ihr die Hand. Sie zögerte wohl etwas zu lange und er zog seine Hand zurück. Sie stand nun auch auf, streckte sich und ging hinter ihm in Richtung Ausgang. Er hielt ihr wie sonst auch die Tür auf, als sie wieder vor dem Saal standen, dreht Luke sich zu ihr: „Ich hol kurz unsere Jacken, wartest du?“
Was dachte er, das sie weg wäre. Ohne Jacke, fragte sie sich, lächelte ihn an und nickte kurz.
Sie blieb an der Treppe nach unten stehen und wartet bis er wieder neben ihr stand. Luke half ihr in die Jacke, zog danach seinen Mantel an. Sein Schal rutschte aus dem Ärmel und sie fing ihn ab bevor er auf dem Boden landete.
„Danke“
Sie sah ihn an, griff nach dem Geländer der Treppe und gab ihm zeitgleich den Schal. In dem Moment als sich ihre Hände berührten und sie den Handlauf berührte, bekam sie einen elektrischen Schlag. Es knisterte richtig und Luke zog seine Hand so schnell von ihrer zurück wie sie ihre vom Geländer.
„Aua!“ sagte sie.
„Hey, du hast mir grad eine gefunkt! Das hat richtig geknistert zwischen uns!“ er sah sie, kaum hatte er zu Ende gesprochen, erschrocken an: “Also ..ich ..mein jetzt, statisch gesehen,.. ..natürlich“ , brachte er stotternd heraus.
Sie sah ihn an rieb ihre Handflächen aneinander die immer noch kribbelten und sagte: „Jedes Mal wenn ich dieses Geländer anfasse haut mir des Ding eine. Ich glaub das liegt an den Sitzen oder am Fußboden, das man sich auflädt.“
Ignoriert sie was ich gesagt habe, fragte er sich, oder hat sie es gar nicht mitbekommen.
Sie hatte sehr wohl gehört was er gesagt hatte, und sie hatte es irgendwie verhindern können rot anzulaufen. Vielleicht war das nur das physische zum bereits vorhandenen psychologischen. Das Körperliche zum Gefühl.
Sie ließ die Hände vom Geländer und als sie beide nebeneinander die Treppe herunter gingen, hakte sie sich bei ihm unter.
So gingen sie zwei Treppen runter, bis sie wieder in der Eingangshalle standen.
„Was nun?“ fragte er sie: „willst du nach Hause oder..?“
„Ich glaube es ist besser, wenn du mich nach Hause bringst!“
Er sah sie eine Weile an, fast schon enttäuscht. Zumindest glaubte sie das zu erkennen.
„Ok, gehen wir.“
Er hielt ihr wieder die Tür auf und ein eisiger Wind schlug ihnen entgegen. „Gott, ist das kalt!“ sagte sie. Luke legte ihr beide Arme um den Körper: “Komm, nur ein Stück. Es ist nicht so weit!“
Er ließ sie wieder los und sie liefen schnell zu dem Parkplatz. Es hatte wieder geschneit, zumindest waren alles Autos, die im Freien standen, weiß, die Fenster zugefroren und überall sah man Leute stehen die ihre Scheiben frei kratzten.
Luke kicherte leise, als sie zu seinem Auto kamen. Diese war frei von Eis: „Siehst du. Ich hab doch gesagt ich hab keine Lust zu kratzen!“
Er schloss das Auto auf, hielt ihr die Beifahrertür auf, ließ sie einsteigen, schloss die Tür ging ums Auto herum, öffnete die Hintertür und legte seinen Mantel rein, dann stieg er zu ihr ein. Es war kalt im Auto, Steffi legte beide Arme um ihre Oberkörper und rieb ihre Hände an den Oberarmen.
„So kalt?“ fragte er. Sie nickte nur. Sein Pulli ist bestimmt dünner wie meiner, dachte sie, wie hält er das aus.
Luke griff nach hinten, zog seinen Mantel nach vorne und hängte ihn ihr von vorne um. Er steckte die Ärmel links und rechts hinter ihren Rücken und sie fühlte sich wie in einer Zwangsjacke. Aber es gab warm. Er ließ den Motor an, fuhr aus dem Parkhaus und sagte nach einer Weile: „Es dauert etwas bis die Heizung Wärme liefert. Geht es?“
Steffi nickte: „Ja!“ sagte sie zu ihm.
Sie kuschelte sich mehr in seinen Mantel ein und merkte das auch dieser so gut nach ihm roch. Sie begann an dem Kragen des Mantels herumzuschnüffeln. Er musste das entweder gesehen oder sogar gehört haben, denn er fragte: „Was ist. Stinkt der?“
„Was? Nein“, verdammt was sag ich jetzt. Sie griente ihn an: „Ich putzt mir nur grad die Nase daran ab!“
Er sah sie fast schon entsetzt an, sagte dann, nachdem er ihr grinsen gesehen hatte, im gespielt ernsthaften Ton: “Ich warn dich! Ich bring den zu Reinigung und du musst zahlen! Da kenn ich gar nichts!“
Sie zog den Kragen noch weiter in ihr Gesicht, auch um ihn zu ärgern, aber mehr um seinen Geruch zu riechen, und machte ein schnaubendes Geräusch.
Den Blick den er ihr jetzt zuwarf war unbezahlbar: entsetzt, verwundert, schockiert und noch irgendetwas anderes konnte man darin erkennen. Sie fing laut an zu lachen, zwar gedämpft durch den Stoff des Mantels aber trotzdem laut genug: „Glaubst du allen ernstes ich würde das machen?“ brachte sie hervor.
„Ich weiß ja nicht!“ sagte er gedehnt. „Weißt du, irgendwie trau ich dir viel zu!“
„Ach komm, aber so was doch nicht, oder?“ Jetzt klang sie schockiert und er begann zu Lachen. „War doch nur Spaß!“ sagte er zu ihr.
„Ich weiß nicht, so langsam traue ich dir alles zu!“ sagte sie im vergnügten Tonfall.
„So? Dann pass mal schön auf!“
War die Drohung ernst zu nehmen. Nein, dachte sie, bestimmt nicht. Hoffe ich doch.
Er lächelte. Sie sah in an und dachte, pass mal auf was ich alles fertig bring. Du kriegst immer noch Geld von mir.
Sie begann in ihrer Hosentasche zu kramen.
„Was machst du da?“ wollte er wissen.
„Könnt ja jeder kommen und mich des fragen! Außerdem kuck du mal lieber auf die Strasse anstatt zu kucken was ich mach!“ sagte sie schnippisch aber immer noch amüsiert.
Er sah sie an zog eine Augenbraue hoch, griente und konzentrierte sich auf die Strasse.
Sie fand das Geld, umfasste es und zog ihre Hände unter dem Mantel hervor. Die Heizung lief bereits und eine angenehme Wärme bereitete sich aus, also fiel es nicht auf. Sie suchte eine Manteltasche, beobachtete ihn dabei und als sie ein fand, ließ sie das Geld leise hineinfallen. Dann legte sie den Mantel vorsichtig auf die Rückbank, sie wollte ja nicht dass das Geld heraus fällt.
Sie fuhren schweigend bis zu ihr nach Hause. Sie hatte immer das Gefühl nach dem Kino irgendwie zugedröhnt zu sein und daher machte es ihr die Stille nichts aus. Luke fuhr in die kleine Strasse wo sie wohnt, fuhr an dem Haus vorbei, fuhr nach oben um zuwenden. Wie von ihm befürchtet war der gesamte Schnee der Strasse oben in der Sachgase zusammen geschoben worden.
Steffi grinste: „Oh oh, schon wieder so viel Schnee.“
Luke sah sie an. „Das reicht zum wenden!“ stellte er fest und wieder hatte sein Augenmaß recht gehabt. Glück gehabt, dachte er, das war knapp. Wäre ja peinlich geworden, erst ne große Klappe riskieren und dann nicht recht haben.
Er ließ das Auto langsam den Berg herunter rollen und blieb parallel zu dem Eingang des Hauses stehen.
Er sah sie eine Weile an, spürte wie schwer es war sie aussteigen zu lassen, zumal er immer noch nicht wusste was dann geschehen würde. Würde sie sich noch mal melden? War es wirklich nur Höflichkeit? Es machte ihn verrückt, nicht zu wissen woran er war.
Sie lächelte ihn an, streckte vorsichtig und langsam eine Hand nach ihm aus und fuhr ihm über die Wange. Sein Impuls gewann, er schloss die Augen und drückte seine Wange fester in ihre Hand. Als ihre Hand fast von seinem Gesicht weg war, drehte er den Kopf, hielt ihre Hand fest und küsste ihre Handinnenfläche. Er merkte wie sie ihre Hand zurückziehen wollte und gab sie sofort frei.
Er ließ den Kopf hängen. Schon wieder, hast du immer noch nichts dazu gelernt, sagte er zu sich selbst. Sie will es nicht. Er registrierte Bewegung auf dem Beifahrersitz.
Steffi kam mit ihrem Gesicht näher zu ihm.
Diesmal, schwor er sich, mach ich gar nichts.
Steffi kam noch näher, er spürte ihren Atem auf seinen Lippen. Er wollte nach ihr greifen.
Nein, sagte er zu sich selbst, nicht. Lass die Finger bei dir. Aber es ist so schwer. Nur ein einziger Kuss. Ein einziger. Wenn du das machst steig sie aus und dann kann es wirklich sein das du nichts mehr von ihr hörst.
Stritt er gerade mit sich selbst?
Sie kam noch näher, ihre Lippen berührten sich fast. Luke konnte dem Impuls, diese letzten Millimeter zu überbrücken kaum widerstehen.
Ich muss mir nur ein Stück vorlehnen, mehr nicht. Ich muss sie nicht einmal festhalten. Nur ein Stück. Sein Herz jagte, er war sich sicher das sie es hörte so nah wie sie ihm war. Sie legte eine Hand an seine Wange, fuhr über seinen Hals bis in sein Genick. Sie musste seinen Herzschlag spüren, selbst er spürte ihn am Hals pulsieren.
Oh bitte, nur noch ein Stück. Sein Verstand drehte durch. Nicht, beweg dich nicht. Halt einfach still.

Steffi sah ihn an, merkte wie nah ihre Lippen waren, spürte seine warme Haut an ihrer Hand. Was tust du da, schrie ihr Verstand, bist du verrückt geworden. Lass das! Tu es nicht!
Sie hatte das Gefühl ihr gesamter Körper zog sich zusammen, kein Zentimeter trennte ihre Lippen.

Er konnte nicht widerstehen, so sehr er auch wollte. Er beugte sich etwas vor, für eine Sekunde berührten ihre Lippen seine.
Sie zog ihren Kopf zurück, nahm ihre Hand aus seinem Genick.
Nein! Nein! Bitte nicht! Scheiße! Er verzweifelte, er drehte durch. Warum? Verdammt!
Ich habs dir gesagt. Ich hab dich gewarnt, sagte eine Stimme in seinem Kopf. Ach sei ruhig, harschte er die Stimme in seinen Gedanken an.
„Steffi.... es ..es tut.. leid. Ich ..wollte...wollte wirklich. ..nicht..“ es klang fast flehend. Sie hob die Hand um ihn zum Schweigen zu bringen:
"Luke,...lass es. .lass es einfach.. Es tut mir leid. Ich ..ich hätte..nicht...„ sie sagte nichts mehr, schaute aus der Windschutzscheibe.
„Ich glaube ich sollte reingehen!“
Luke holte tief Luft, er durfte sie jetzt einfach nicht gehen lassen: „Steffi..ich..“
Sie unterbrach ihn: „Fahr langsam, hast du gehört! Es ist glatt. Ich will nicht das dir was passiert.“
Sie sah ihm in die Augen. Er nickte nur langsam.
Sie konnte nicht anders, konnte einfach nicht widerstehen.
Sie lehnte sich zu ihm herüber, fuhr ihm mit der Hand wieder über die rechte Wange und küsste ihn auf diese. Nicht so flüchtig wie gestern Abend.
Er rührte sich nicht, keinen Zentimeter. Sie legte ihre andere Hand auf seine linke Wange, damit er nichts machen konnte. Der Druck ihrer Lippen wurde stärker, dann zog sie sich von ihm zurück.
„Ruf bitte an, wenn du zu Hause bist! Ja!“
Luke konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, er hatte immer noch das Gefühl ihre Lippen auf seiner Wange zu fühlen: „Jetzt klingst du wirklich wie meine Mutter!“
„Ist das so schlimm?“ fragte sie ihn, hörbar irritiert.
Er schüttelte den Kopf: „Nein! Gar nicht!“
„Lass es einfach dreimal auf dem Handy klingeln, wenn du zu Hause bist, ok!“
Er nickte. “Ok!“
Erst jetzt merkte er wie leise ihre beiden Stimmen waren. Fast etwas vertrautes, sagte er sich.
Sie drehte sich herum und griff nach dem Türöffner und wollte gerade aussteigen, als Luke fragte.
„Sehen wir uns morgen?“ Steffi drehte sich zu ihm herum.
Er hatte schon fast Angst vor ihrer Antwort.
„Morgen kann ich nicht. Ich hab ab Montag Schule und muss noch was machen“
War das eine Ausrede, schoss es ihm durch den Kopf.
„Wann dann?“ sein Mund stellte schneller Fragen wie sich sein Gehirn welche ausdenken konnte.
„Ich weiß nicht. Ich kann es dir nicht sagen!“
Jetzt zog sich sein Magen vollkommen zusammen. Die nächste Frage wagte er gar nicht laut auszusprechen, es war nur ein Flüstern: „Überhaupt irgendwann?“
Sie sah ihn an, sagte nichts. Zu lange für seinen Geschmack.
Hätte er nur nicht gefragt, dachte er schon mehr wie verzweifelt. Er wollte sie wiedersehen.
Sie lächelte ihn an: „Vor dem Wochenende nicht. Und dann muss ich schauen wie ich Zeit habe!“
Das war keine Antwort auf meine Frage, sagte er sich, sie weicht aus. Sein Gesichtsausdruck musste mehr verraten haben, wie ihm bewusst war, denn sie sagte: „Ich kann dir nicht sagen, was ich am Wochenende machen muss. Ich will nicht sagen, du kannst mich am Samstag abholen, um dir dann ne Stunde vorher abzusagen!“
Wieder sah er sie nur an.
Sie weicht aus, geschickt zwar, aber sie weicht aus. Er fühlte wie sich sein Magen stärker zusammen zog, obwohl er gedacht hatte, dass das gar nicht mehr möglich sei.
„Ok“ sagte er leise. Ich werde es merken, sagte er zu sich selbst.
Sie fuhr ihm wieder mit der Hand über die Wange: „Ich würde dich gerne wiedersehen! Aber ich kann dir nicht sagen wann genau ich kann.“ Ihre Stimme war so leise, das er sich nicht mal sicher war, das sie etwas gesagt hatte. Aber der Knoten in seinem Magen war verschwunden, sein Herz schlug wieder schneller und er hatte das Gefühl erst jetzt wieder zu atmen.
Er nickte langsam, immer noch nicht sicher, ob sie gesagt hatte was er gehört hatte.
Sie sah ihn immer noch an. "Du rufst wirklich an! Verstanden!"
"Ja!"
Diesmal streckte er seine Hand nach ihr aus, strich ihr mit den Fingerspitzen über die linke Wange. Sie ließ es zu, zuckte nicht zurück und er fuhr ihr nochmals, aber diesmal mit der ganzen Hand über die Wange. Dann zog er seine Hand zurück, er wollte nicht das sie wieder vor ihm zurückwich.
Sie sah an ihm vorbei Richtung Haustür: "Ich muss wirklich rein!" Er nickte: "Bis..."
"..bald" beendete sie seinen Satz.
Sie stieg aus, lief vor der Motorhaube über die Strasse, schloss die Glastür auf, drehte sich nochmals zu ihm um und winkte ihm zum Abschied.
Er winkte zurück, war sich aber sicher, dass sie es nicht gesehen haben konnte: "Bis bald." sagte er leise zu sich selbst.
Er ließ das Auto langsam weiter rollen und Steffi sah, da sie immer noch hinter der Glastür stand, ihn davon fahren.
"Bis bald" sagte sie zu sich selbst.


Sie schloss die Glastür ab, stieg die drei Stufen zur Haustür hoch, zog ihr Schuhe aus und schloss die Tür auf.
Leise, nur mit Socken betrat sie den Hausflur, ihre Schuhe in der Hand und wollte gerade die Treppe zum Keller herunter als aus dem Wohnzimmer ihre Mutter rief: "Na, schon zu Hause. War wohl nicht das was erhofft wurde?" Sie blieb auf der obersten Stufe stehen, überlegte ob sie etwas dazu sagen sollte und entschied sich zu schweigen. Sie ging die Treppen ganz nach unten und hörte abermals ihre Mutter rufen: „Und wie war der Film? Ihr wart doch im Kino oder wart ihr mit was anderem beschäftigt?“
Sie wusste auf was ihre Mutter andeutete: „Der Film“ rief sie nach oben: „war echt richtig doof. Aber ich hab es ja ausgesucht. Viel zu brutal“
„So in was ward ihr denn?“ kam die Frage von oben.
Verflucht, dachte sie, ich weiß gar nicht mehr wie der hieß: „Irgend so ein Horrorfilm“
„ Ach irgend so ein Horrorfilm?“ das war ihre Schwester: “ja wer´s glaubt!“
Blöde Kuh, dachte Steffi. Sie stieg die Treppen wieder hinauf, nachdem sie ihre nassen Schuhe zum trocknen in den Heizungskeller gestellt hatte, lief am Wohnzimmer vorbei und ging in ihr Zimmer ohne diesem Kommentar eine Antwort zu würdigen. „Ich bin müde. Ich geh ins Bett!“ sagte sie bevor sie die Tür schloss. Sie zog sich aus, warf ihre Klamotten über ihren Bürostuhl, zog ihren Schlafanzug an und stellte dann fest, dass sie noch auf Toilette musste. Also nochmals am Wohnzimmer vorbei, dachte sie. Kaum hatte sie ihre Zimmertür geöffnet, hörte sie ihre Mutter zu ihrer Schwester sagen: „ .. und wenn er bekommen hat was er will, und sie so doof war darauf reinzufallen, hat sich das ja erledigt.“
Steffi machte beim hinaus gehen aus ihrem Zimmer soviel Krach wie möglich, damit ihre Mutter sie auch ja hörte, um nicht noch mehr davon mit anhören zu müssen. Ihre Mutter und Schwester schwiegen, als sie sie hörten. Steffi ging ins Obergeschoss, ging ins Bad und begann zu überlegen.
Was ist wenn sie recht hat, was ist wenn er wirklich nur eines will.
Sie sah an sich herunter.
Aber bestimmt nicht von mir, warum sollte jemand wie er, der mit Sicherheit genug Auswahl hätte ausgerechnet das von jemanden wie mir wollen. Ich gehöre wohl bestimmt nicht zu dem Typ Frau der Männerträume.
Sie spürte wie eine gewisse Melancholie sie durchströmte.
Sie stieg die Treppen wieder hinunter, machte dabei wieder möglichst viel Lärm und hörte als sie am Wohnzimmer vorbei kam nur den Fernseher.
Sie ging in ihr Zimmer, nahm ihr Handy und legte sich ins Bett.
Luke fuhr langsam nach Hause irgendwie hatte er das Gefühl, das je weiter der Abstand zu ihr wurde, umso geringer wurden seine Chancen sie wieder zusehen. Das wollte er nicht. Er war sich immer noch nicht sicher, was passieren würde. Wann er sie wiedersehen würde, nächstes Wochenende oder Übernächstes.
Er hoffte bald, er musste über sich selbst lächeln. Schlimmer wie jeder Teenie, dachte er. So ging es mir bei keiner anderen bis jetzt.
Plötzlich tauchte in einer Kurve etwas links in seinem Lichtkegel auf, er bremste. Zu stark, ermahnte er sich, als er auf die Bremse trat, aber er merkte bereits wie die Vorderräder rutschten. Das Reh was mindestens genauso erschrocken war wie er, blieb kurz auf der Straße stehen und rannte dann weiter.
Der BMW war mit dem rechten Vorderrad in die Schneeverwehung gerutscht und war schräg auf der Straße zum stillstand gekommen, Luke saß mit klopfenden Herzen da und musste nachdem der Schreck vorbei über sich selbst lächeln. Das kommt davon wenn man bei dem Wetter beim Auto fahren an etwas anderes denkt, das hätte verflucht schiefgehen können. Schluss mit denken, ermahnte er sich, zumindest das Denken was nichts mit Auto fahren zu tun hat.
Er legte den Rückwärtsgang ein und gab langsam Gas, zuerst schlingerte der BMW, da das Vorderrad keinen Boden fassen konnte und nur im Schnee rotierte, er gab etwas mehr Gas und merkte wie der BMW einen Ruck zurück machte. Er blieb in Fahrtrichtung stehen, allerdings auf der Mitte der Straße. Wenn jetzt etwas von Vorne kommt, knallt der frontal auf mich drauf, sagte er sich. Er legte den zweiten Gang ein, da er sich sicher war, das es nicht möglich sei im Ersten anzufahren und ließ das Auto langsam auf den rechte Fahrspur rollen. Erst jetzt nahm er beide Hände vom Lenkrad und fuhr sich damit über das Gesicht und durch die Haare. Jetzt aber nach Hause, konzentrier dich auf die Straße, ermahnte er sich, du hast dein Glück für Heute genug herausgefordert. Er fuhr nach Hause, langsamer wie zuvor aber auch konzentrierter.
Zu Hause angekommen stellte er das Auto in die Garage, schaute sich den rechten Radkasten an, konnte aber nichts entdecken, nahm seinen Mantel vom Rücksitz und ging ins Haus. Er warf den Mantel im vorbeigehen über die Garderobe, traf diese aber nicht und der Mantel fiel auf den Boden.
Toll, dachte er, also gut, bleib halt da liegen. Er stellte seine Schuhe daneben und sah wie Schmelzwasser bereits eine Pfütze bildete. Wenn das Zeug an den Mantel läuft, kriegt der weiße Flecken vom Salz, stellte er genervt fest. Also hob er den Mantel auf, dabei fiel etwas klimpernd zu Boden, hüpfte ein paar Mal auf den Fliesen und blieb dann liegen. Luke wunderte sich, befürchtete schon irgendein Teil des Reißverschlusses hatte den Fall zu Boden nicht überlebt. Das würde mir jetzt noch fehlen, dachte er jetzt wirklich entnervt, das Teil war gut aber auch dementsprechend teuer.
Er lief auf Socken in Richtung des Teiles was über den Boden gehüpft war und trat dabei in die Pfütze die seine Schuhe hinterlassen hatte. „So ein Scheiß! Ich hasse Winter! Ich hasse Schnee!“ Sein linker Socken war sofort durchnässt. Er suchte das Teil welches herunter gefallen war und fand eine Euro Münze. Er hob sie auf und wunderte sich, da er nie Geld in die Manteltaschen steckte, in die Hosentaschen ja, aber nie in die Manteltaschen, da fiel es viel zu schnell heraus. Er schüttelte den Mantel, es klimperte immer noch. Er kramte in den Taschen und fand zwei weitere Euro und noch einen 5 Euro Schein.
„Ich glaub es nicht! Steckt die mir das Geld zu!“ sagte er laut zu sich selbst. Irgendwie war er wütend, musste dann aber lachen. „ Oh wart, du kleine freche Göre. Ich glaub das nicht“
Er nahm sein Handy, suchte ihre Nummer und ließ es bei ihr klingeln. Sein nasser Socken war vergessen, er ging die kleine Treppe hinauf und ging durch das Wohnzimmer Richtung Schlafzimmer.
Steffi wundert sich, ihr Handy vibrierte jetzt schon zum fünften Mal. Sie sah auf dem Display das es Luke war, wie er es versprochen hatte, aber warum so oft. Was war los, war was passiert? Aber warum sollte er dann ausgerechnet sie anrufen. Ein sechstes Mal, jetzt nahm sie ab. „Ja?“, fragte sie leise, sie wollte nicht das jemand hörte wie sie telefonierte.
„Du bist unmöglich! Ich glaub das nicht! Steckt mir das Geld in die Manteltasche und sag jetzt bloß nicht das warst nicht du!“ Seine Stimme klang nicht wütend, ehern amüsiert. Er flüsterte auch, eine Angewohnheit von Menschen, dass selbst wenn jemand am Telefon flüstert der Andere auch flüstert.
„Ich hab dir gesagt ich will nicht das du mir etwas bezahlst!“
„Ich habe noch nie etwas so stures wie dich kennen gelernt.“
„Das hat nichts mit Sturheit zu tun. Wenn ich sage du kriegst das Geld zurück, dann kriegst du es auch zurück und basta. Das ist mehr Gradlinigkeit.“
„Gradlinigkeit? Nein wohl ehern Prinzipienreiterei und zu mir sagen Anwälte sind Paragraphenreiter“
„Das hab ich so nie gesagt!“
„Aber so ähnlich.“
„Luke, wenn ich sage ich will mir nichts zahlen lassen, dann liegt das nicht an dir. Ja es ist vielleicht Prinzipienreiterei, aber lieber so wie Wankelmütigkeit. Ich weiß was ich will und wann ich was will und lass mir da von niemanden reinreden!“
„Und ich bin so erzogen worden das eine Frau bei mir nichts zu zahlen hat!“
„Ich dachte jetzt schon du sagst, dass eine Frau bei dir nichts zu sagen hat.“
„Oh autsch, jetzt hältst du mich aber für sehr fies. So was würde ich nicht mal denken, geschweige denn aussprechen!“
„Die Tatsache, dass du einer Frau alles bezahlst, würde ich an deiner Stelle allerdings auch nicht so laut aussprechen, es gibt mir Sicherheit Damen die das ausnützen würden!“
„ Da bin ich aber froh jemanden getroffen zu haben, die sich aus Prinzip nichts zahlen lässt!“ Jetzt klang seine Stimme sehr amüsiert. „Warum flüstern wir eigentlich?“
„Warum wir flüstern weiß ich nicht, warum ich flüstere schon!“
„Oh alles klar“ sagte er jetzt lauter: “deine Mum soll nichts hören? Ja!“
„Schlauberger!“
„ Oooh, jetzt wirst aber echt gemein!“ Sie hörte ein unterschwelliges Kichern in seiner Stimme.
„Du hast es nicht anders verdient!“
„So!“
Ooh, dachte sie, bin ich jetzt zu weit gegangen. Bevor sie sich entschuldigen konnte, sagte er:
„Unmögliche, freche, kleine Göre!“ Er fing an zu lachen.
„Hey, das ist gemein. Nur weil ich nicht so will wie du es gerne hättest!“
„Das hat nichts mit gerne hätte zu tun. Es entspricht der Wahrheit. Aber ok, habs kapiert. Du willst nicht das ich für dich was zahle, also zahl ich in Zukunft nichts mehr! So, haste jetzt davon!“ Es klang fast beleidigt.
„Gut!“, sagte sie „das heißt es wird keine weitern Diskussionen über dieses Thema bezüglich dem wenn, aber und wieso geben!“
„Mmh, vorerst nicht! Aber vielleicht später!“
Später, dachte sie, was meint er mit später.
„Wie später?“
„In ein oder zwei Stunden!“ Er lachte wieder. „Später halt! So jetzt will ich dich nicht weiter stören, sonst hört deine Mum vielleicht doch noch was. Ich wünsche dir eine gute Nacht.“ Seine Stimme hatte etwas weiches, vertrautes, schon fast zärtliches. „Ja, gute Nacht Luke!“ Sie fühlte wie allein sein Tonfall ihr Herz schneller schlagen lies.
„Schlaf gut“ sagte sie immer noch flüsternd.
„Ja, du auch.“ Seine Stimme klang noch weicher „Tschüss!“
„Tschau!“ sagte Steffi leise und legte auf, bevor Luke noch etwas sagen konnte.
Sie legte ihr Handy unter ihr Kopfkissen, drehte sich auf die Seite und schlief ein, bevor sie irgendeinen Gedanken anfangen konnte.

Luke sah auf den Display seines Handys und fragte sich, was wohl weiter geschehen würde.
Sie ist stur, dachte er und lächelte, aber sie hat recht, sie hat mir gesagt das sie mir das Geld zurück gibt, aber so…
Seine Gedanken wurden unterbrochen als sein Telefon klingelte, er ging in die Küche, nahm es von der Ladestation. Er sah auf den Display: “Mum“ stand darauf. Er setzte sich auf die Couch bevor er abnahm.
„Ja?“
„Hallo mein Kleiner! Na wie geht’s dir?“
„Gut. Was gibt es?“
„Muss es was geben wenn eine Mutter ihren Sohn anruft?“
Luke sah auf seine Armbanduhr: “Wenn es fast Mitternacht ist, vielleicht schon!“
„Ich habe heut Abend schon mal angerufen, aber da warst du nicht da, oder hast nicht mit mir reden wollen!“
Seine Mutter konnte manchmal richtig dramatisch klingen: „Ach Mum, du weißt doch ich bin ein furchtbarer Sohn!“ Er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
„So, gut das du das einsiehst!“
„Hey, so schlimm bin ich auch wieder nicht! Zumindest manchmal!“
Jetzt fing seine Mutter an zu lachen: „Ich weiß doch, mein Schatz. Also wo warst du!“
Luke lag auf der Zunge zu sagen was er am Abend gemacht hatte, aber er empfand es als zu früh ihr von Steffi zu erzählen: „Du weißt doch, es gibt immer was zu tun!“
„Luke, irgendwann fällst du bei der Arbeit tot um, wenn du nicht langsam machst. Immer nur Arbeit, Arbeit, Arbeit! Das ist nicht gut. Wo bleibt dein Privatleben!“
Oje, dachte Luke, jetzt fängt das wieder an.
„Luke, ich hab mit deiner Schwester gesprochen und wir sind uns einig das dir das nicht gut tut.“
„Mum, bitte!“
„Nein! Hör mir zu. Du kannst nicht nur arbeiten. Menschen sind nicht dafür gemacht alleine zu sein und du erst recht nicht!“
„Mum, hör zu mir geht es gut! Ich weiß nicht was Lil Dir erzählt hat, aber ..“
Sie unterbrach ihn: „Kein aber! Ich mach mir Sorgen um dich!“
Luke lächelte: „Brauchst du nicht. Komm schon ich bin alt genug..“
„Alt genug um verheiratet zu sein!“
Jetzt fing er laut an zu lachen: „Ja und wahrscheinlich längst wieder geschieden! Mum bitte, noch mal ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Ok.“
„Du findest das normal von morgens bis abends und noch am Wochenende in der Kanzlei zu hocken. Dort wirst du niemanden finden!“
Luke lachte wieder. Er kannte diese Diskussion, jedes Mal wenn seine Schwester bei ihm war kam genau das: "Mum, Luki alt genug zu wissen was Luki tut!“ Er beherrschte dieses Kindchengeplapper, seitdem er Onkel war, sehr gut und wusste das seine Mutter darauf reagierte.
„Luki eben nicht wissen, was Luki sich antut. Irgendwann bist du alt und alleine und dann?“
„Dann komm ich eben nach Hause zu meiner Mama und dann sind wir beide alt und zusammen alleine! Außerdem bin ich schon alt!“
„Luke, manchmal gehörst du geschlagen!“
„Das wäre dann aber das erste Mal das du so was machst.“
„Ach Luke, ich bin doch nur der Meinung das dir das nicht gut tut. Es wäre mir lieber wenn du jemanden hättest!“
„Mum, du hast mich so selbstständig erzogen, ich kann alles alleine, kochen, putzen, waschen. Kann ich alles, ich brauch niemanden!“
„Das hab ich damit nicht gemeint. Deine Schwester sagt auch immer, sie hat ein schlechtes Gewissen, wenn sie mit den Kids bei dir war und dich dann wieder allein lässt.“
Luke holte tief Luft: „Mum bitte, keiner braucht ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er mich in meinen eigenen vier Wänden alleine lässt!“
„Luke, darum geht es nicht. Ich finde es einfach nicht gut! Ich mach mir halt Sorgen. Seitdem das sie dich.., du weißt schon, ach Luke du weißt was ich meine!“
„Mum, keine Diskussion, ok, es ist alles gut. Nur weil ich momentan alleine bin…“ Na ja so alleine bin ich heute Abend eigentlich gar nicht gewesen, wenn ich ihr das sagen würde wäre vielleicht Ruhe, vielleicht auch nicht, dachte er.
„Momentan?“ unterbrach seine Mutter seine Gedanken: „das sind mittlerweile Jahre. Nichts momentan!“
„Ich weiß, aber bitte mach dir doch keine Sorgen! Du machst mir ein schlechtes Gewissen wenn du immer über mich und meine Situation nachgrübelst.“
„Ich grüble nicht, ich zermartere mir mein Gehirn!“ sagte seine Mutter.
„Toll, danke, das hat jetzt geholfen!“ sagte er gespielt ernst.
„Luke ich weiß du bist alt genug, aber bitte geh wenigstens ab und zu aus dem Haus und zwar nicht nur zur Arbeit und zurück!“
„Ja, versprochen!“ Wenn dann damit diesen Diskussionen vorbei sind, fügte er in Gedanken hinzu.
„Ok, aber wirklich.“
„Ja Mum!“
„Also gut, dann will ich dich nicht weiter stören. Wahrscheinlich hängst du gerade wieder mit der Nase im Laptop!“
„Nein, tu ich nicht. Ich sitze auf der Couch und höre brav den Reden meiner Mum zu!“
„Deine dauernd nervende, nörgelnde Mum, die immer nur Reden schwingt!“
„So war das nicht gemeint! Mum noch mal, ich weiß was ich tue, ok, mach dir bitte keine Sorgen.“
„Wenn du Vater wärst, würdest du so was nicht sagen!“
Wieder so ein Seitenhieb, das konnte seine Mutter entschieden zu gut.
„Ja Mum ich weiß. Irgendwann vielleicht!“
„Irgendwann? Luke ich will ja nichts sagen, aber so lange würde ich mir da nicht mehr Zeit lassen!“
„Ok, das heißt ich krall mir jetzt die Nächstbeste von der Straße und ..“
„Luke!“ unterbrach ihn seine Mutter: „Untersteh dich diesen Satz zu Ende zu bringen!“
Luke fing wieder an zu lachen: „Wenn du es so haben willst, dann mach ichs eben so!“
„Untersteh dich Kleiner!“
„Willst du mir drohen?“ fragte Luke vergnügt.
„Oh,ich habs kapiert. Es ist dir völlig egal was ich denke, was ich fühle und du machst mit Sicherheit das Gegenteil von dem was ich sage!“
„Ja genau!“ Luke lachte wieder kurz auf. „Du solltest deinen Sohn eigentlich besser kennen, oder?“
„Ja sollte ich! Trotzdem Luke..“
„Mum, keine Diskussion mehr darüber, ob ich alleine bin und wie lange und wieso, ok!“
„Ja, ok!“ sagte seine Mutter resigniert. „Also gute Nacht Kleiner!“
„Gute Nacht Mum“
„Luke, ich hab dich lieb. Nur deswegen…“
„Mum, hab dich auch lieb und deswegen Schluss jetzt damit!“
„Ok, Schluss damit. Fürs erste zumindest!“
Luke lächelte. Noch so ein stures Etwas, dachte er.
„Gute Nacht Mum, schlaf gut!“
„Ja, schlaf gut. Tschüss mein Kleiner!“
„Tschüss Mum!“ Luke hörte wie seine Mum auflegte und drückte die Trenntaste seines Telefons.
Er ging zurück zur Küche und stellte es wieder auf die Ladestation. Er war gerade im Schlafzimmer angekommen und wollte ins Bad um sich auszuziehen, als das Telefon wieder klingelte. Er warf im vorbei gehen seinen Pullover über den Herrendiener, welcher in seinen Schlafzimmer stand und ging durch das Wohnzimmer zurück in die Küche.
Dort nahm er das Telefon wieder von der Ladestation und schaute auf die Nummer, irgendwoher kannte er sie war sich aber nicht sicher woher.
„Ja!“
„Luke ich bin’s!“
Einer der Grünschnäbel der Kanzlei war es, er klang völlig irritiert, fast schon panisch.
„Was ist denn los?“, fragte Luke.
„Die Gerichtsverhandlung am Montag, du weißt doch, diese Scheidungssache.. ich.. ich… kann das nicht. Ich weiß nicht was ich machen soll. Wie ich anfangen soll, und außerdem kann ich das nicht!“
Ja panisch war der richtige Ausdruck: „Jetzt beruhig dich mal. Was weißt du nicht? Wieso kannst du das nicht? Wenn du es nicht könntest, hättest du diesen Fall nicht bekommen, also entspann dich.“
„Nein, nein ich kann das nicht. Kannst du mir nicht helfen? Morgen Mittag in der Kanzlei? Ich weiß gar nichts mehr! Ich sitze seit vier Tagen an den Papieren. Ich weiß schon nicht mehr was relevant ist und was nicht, außerdem blick ich nicht mehr durch.“
Er klang wirklich verzweifelt.
Luke holte tief Luft: „Also gut, wir treffen uns morgen um 10 Uhr in der Kanzlei, ok?
Bring alles mit was du hast und dann schauen wir mal wo das Problem liegt, ok?“
„Ja, ja ok, morgen 10 Uhr. Ja ok!“
„Also gut morgen und jetzt pack das Zeug weg und geh ins Bett, bevor du noch nen Nervenzusammenbruch kriegst. Du stehst ja kurz davor. Schlaf was und morgen sehen wir weiter! Gute Nacht!“
„Ja, gut morgen. Ja, gute Nacht Luke!“ Luke legte auf und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er dachte daran, wie es ihm ergangen war, als sein Boss ihm den ersten Fall übergeben hatte, den er alleine bearbeiten musste. Er verstand die Panik, die Angst Fehler zu machen und die Sorge was das für die Kanzlei bedeuten könnte. Aber dieser Grünschnabel war gut, sonst hätte er den Fall nicht bekommen, trotzdem war Luke irgendwie froh, das er seine Hilfe wollte. Zumindest ist er nicht so überheblich wie andere, die glauben das sie mit dem Abschluss alles beherrschen, dachte Luke als er wieder zurück ins Schlafzimmer ging. Er zog sich weiter aus, warf die Hose ebenfalls über den Herrendiener und überlegte ob er noch duschen sollte oder nicht. Er sah auf die Uhr, die er mittlerweile auf das Nachttischchen gelegt hatte. Schon fast halb Zwei, dachte er, da kann ich auch morgen duschen. Er zog sich vollends aus, warf die Unterwäsche und die mittlerweile trockenen Socken in den Wäschekorb im Bad, kramte seinen Schlafanzug unter der Bettdecke heraus, zog sich an und legte sich ins, jedoch nicht ohne vorher nochmals auf sein Handy zu schauen. Nichts, dachte er und merkte ein Gefühl der Enttäuschung in sich aufkeimen. „Was hast du erwartet?“, fragte er sich selbst laut „sie hat gute Nacht gesagt, du auch. Sie wird schlafen!“
Seine Gedanken fingen an zu kreisen, er konnte noch nicht einschlafen.
Er spürte wie ein Gefühl der Einsamkeit in ihm hochstieg. Er musste über sich selbst grinsen. Es macht dir ja nichts aus alleine zu sein, hast du ja selbst zu Mum gesagt, dachte er. Trotzdem spürte er, das ihm irgendwie etwas fehlte. Seine Schwester war Mitte Januar fast zwei Wochen zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern bei ihm gewesen. In dieser Zeit waren sie und Luke einige Male zusammen in dem Ehebett in seinem Schlafzimmer gelegen, manchmal die ganze Nacht und hatten, so wie früher miteinander geredet. Ihr Mann lag meist allein in dem Gästezimmer und war sicherlich nicht erfreut, dass wenn er schon mal seinen Frau bei sich hatte, diese nicht anderes zu tun hatte wie bei ihrem großen Bruder im Bett zu liegen und zu quatschen. Aber er nahm es ihm nie übel, sie verstanden sich gut und Luke war sicher das seine Schwester immer einen Grund fand wieso sie bei Luke blieb. Vielleicht weil sie merkte, das ihm doch irgendwie was fehlte. Selbst wenn es die eigene Schwester war die sich nachts an einen kuschelte. Luke und sie verstanden sich schon als Kinder ohne Worte, sie wussten mehr von und übereinander wie ihre Eltern es je tun würden. Geheimnisse hatte sie nie, sie wussten das sie sich aufeinander verlassen konnten und irgendwie schien es so als ob sie manchmal fühlten wie es dem anderen ging. Schlimmer wie die Zwillinge, dachte Luke, bei denen soll das so sein. Trotzdem fühlte er, das ihm im Moment nichts lieber wäre als jemanden neben sich liegen zu haben, egal ob seine Schwester, nein eigentlich wäre ihm jemand anderer lieber, Steffi. Er drehte sich auf die Seite, kramte das zweite Bettdeck zu sich und drehte es der Länge nach zusammen, sodass er einen Arm und ein Bein darüber legen konnte. Eine Runde kuscheln mit der Bettdecke, dachte und musste über sich selbst lächeln. Bei den Zwillingen hatten sie das öfters gemacht, Nestchen bauen hatte die Hebamme es genannt, gibt ein Gefühl der Sicherheit, wenn man Kinder auf die Seite legt und sie können nicht auf den Rücken zurück rollen, hatte sie es begründet. Recht hatte sie, dachte er und merkte wie ihm jetzt doch die Lider schwer wurden, er schlief ein, bevor er sich dessen bewusst wurde.
Am nächsten Morgen wurde Luke wach, da ihm die Sonne ins Gesicht schien. Er fuhr erschrocken hoch, er wusste nicht wie spät es war, war sich ziemlich sicher verschlafen zu haben. Ich hab vergessen den Wecker zu stellen, dachte er leicht sauer. Er schaute auf die Uhr. Es war erst halb Neun. Glück gehabt, dachte er.
Er schlug die Bettdecke zur Seite und schlurfte ins Bad. Dort bleib er vor dem Spiegel stehen und stellte fest das er duschen musste, er sah nicht nur gerädert sondern auch noch ziemlich zerrupft aus um die Haare. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare, das bewirkte allerdings nur, das es schlimmer anstatt besser wurde. Also gut, dusch ich halt noch. Und rasieren müsst ich mich auch noch, stellte er fest, als er sich mit der Hand über die Wange und das Kinn fuhr. Er stellte sich kurz unter die Dusche, trocknete sich die Haare ab und entschied das er sich morgen rasieren würde. Das fällt keinem auf, sagte er sich, ich bin blond und der Grünschnabel wird mir ja wohl kaum mit den Händen übers Gesicht fahren, dachte er sich und musste allein bei der Vorstellung daran, grinsen. Er kramte eine Jeanshose aus dem Schrank, zog den Pullover von gestern noch mal an. Er fuhr sich mit den Fingern durch die immer noch feuchten Haare, wuschelte in ihnen herum. Er hasste es, wenn seine Haare nach dem kämmen aussahen als ob er eine halbe Tonne Gel reingekleistert hätte, zumal die dann so trockneten und so liegen blieben. Seine Schwester hatte mal zu ihm gesagt das man Anwälte nicht nur an den Anzüge, sondern auch an ihrer aalglatten Frisur erkannte und er musste eingestehen, das die meisten mit denen er zu tun hatte, auch wirklich so aussahen. Dem zum Trotz zerwuschelte er sich die Haare noch mehr. Die sind lang genug, dachte er, da kann nichts in alle Richtungen abstehen. Er ging in die Küche, ließ sich eine Kaffe ein und ging mit der Tasse in der Hand in sein Büro um seinen Laptop zu holen, in dem ebenfalls die meisten der Briefe und der anderen Papiere zu dem Fall gespeichert waren. Bis er wieder in der Küche war, war die Tasse leer, er stellte sie ins Spülbecken, stieg die fünf Stufen zu dem kleinen Flur, wo die Garderobe stand, auf der sein Mantel hing, herunter. Er zog seine Schuhe an und ging auf die Tür zu, welche die Garage von dem Flur und dem Rest des Hauses trennte. Er betätigte den elektrischen Toröffner und sah nochmals den Radkasten des BMWs an, da er immer noch nicht sicher war, sich wirklich nichts gedellt oder zerkratzt zu haben. Aber er sah nichts, also stieg er ein, betätigte den Öffner für das Tor der Einfahrt und fuhr los. Auf der Straße, schloss er das Garagentor und die Einfahrt und fuhr Richtung Kanzlei. Er war schneller wie sonst, die Straßen waren wie leer gefegt. Ok, es war Sonntagmorgen bzw. Mittag aber so leer waren die Straßen noch nie gewesen.


Kapitel 3

Als er an dem Haus, in dem die Kanzlei war ankam, fuhr er in den Hof dahinter. Die Schneedecke war noch unberührt, sodass man erkannte wie viel es geschneit hatte. Luke setzte den BMW auf den reservierten Parkplatz, stieg aus und ging um das alte Haus herum. Wie alt es war, konnte er nicht genau sagen, aber die Miete war billiger wie in einem Neubau und die alte Fassade mit dem Fachwerk, hatte einfach einen gewissen Charme, den die Neubauten einfach nicht aufweisen konnten. Außerdem stand dieses Haus im alten Stadtkern und somit lag die Kanzlei relativ zentral. Er ging Richtung Vordereingang, vorbei an dem Schild, das gar nicht zu dem Stil des alten Hauses passte. Er blieb davor stehen und fuhr mit der behandschuhten Hand über die hervortretenden Buchstaben, um den frisch gefallenen Schnee weg zuwischen. Er fuhr mit der Hand die Umrisse der Buchstaben seines Nachnamen nach und konnte trotz der Jahre, immer noch nicht glauben, dass er eine eigene Kanzlei hatte, mittlerweile hatte er seinen besten Freund als Partner mit an Bord geholt. Er hatte immer wieder bis zu drei Grünschnäbel, frisch aus der Uni kommende Junganwälte, die bei ihm mitarbeiteten um mehr praktische Erfahrung zu sammeln, um dann entweder von ihm übernommen zu werden, oder sich woanders zu bewerben. Das hatte den Vorteil immer die neuesten Erkenntnisse aus den Unis zu bekommen und die Grünschnäbel hatte eine Überbrückung, wenn sie noch keine Festanstellung hatten, so zusagen um nicht nichts zu tun. In Deutschland war das Möglich so kurz nach dem Studium eine eigene Kanzlei aus dem Boden zu stampfen, man war durch den Staat abgesichert, bekam Zuschüsse und wenn man den Bach runter ging, konnte man immer noch Privatinsolvenz anmelden. In Amerika musste man sein Privatvermögen hineinstecken und wenn es nicht so lief wie gedacht, verlor man alles und saß im schlimmsten Fall ohne Dach über dem Kopf auf der Straße. Es gab dort nicht dieses soziale Netz, von dem man aufgefangen wurde, man fiel im wahrsten Sinne des Wortes voll auf die Schnauze. Luke dachte daran, was er wohl in Amerika gerade machen würde, er griente, bestimmt nicht vor meiner eigenen Kanzlei stehen. Sein Vater wäre Stolz auf das was er bis jetzt geleistet hatte, aus ihm sollte ja schließlich mal was werden. Zwar wäre sein Vater bestimmt nicht traurig gewesen, wenn Luke im ins Militär gefolgt wäre, aber Luke entschied, das er diese Wahl vielleicht bereut hätte. Natürlich hätte er beim Militär auch Jura studieren können, er hätte sich auf Jahre verpflichten müssen und hätte als Militäranwalt arbeiten müssen, aber er hätte das Studium bezahlt bekommen.
Luke wurde aus seinen Gedanken gerissen, als in irgendetwas am linken Oberschenkel traf. Er sah nach unten und der Abdruck des Schneeballs der ihn getroffen hatte war noch deutlich zu erkennen. Er sah nach vorne und sein Grünschnabel kam mit einem breiten Grinsen auf ihn zu.
„Hey Boss, wo steckst du mit deinen Gedanken?“
Luke nahm eine handvoll Schnee vom Schild der Kanzlei, formte ihn zu einem Ball und warf ihn in Richtung des jungen Mannes. Luke traf ihn voll auf die Brust, wo sich der Ball sofort in Schneegestöber auflöste.
„Aua! Hey!“
„Du hast angefangen!“ sagte Luke und hob warnend den Zeigefinger, konnte sich aber ein grinsen nicht verkneifen.
„Ich wollte dir nur zeigen, dass ich da bin.“ Der junge Mann, Andreas, erwiderte Lukes Grienen.
„Wenn du nicht anständig bist, fahr ich nach Hause und du darfst weiter Panik schieben!“
„Es ist der Ruf deiner Kanzlei, den ich dann ruiniere, Boss!“
„Da muss schon was ganz anderes kommen wie du, um das zu schaffen!“
Seine Kanzlei hatte einen guten Ruf, die meisten seiner Klienten kamen aus dem oberen Drittel der sozialen Schicht, dementsprechend war auch sein Stundenlohn. Die können das verkraften, hatte er einst zu Bill, seinem besten Freund der eigentlich William hieß, gesagt. Außerdem müssen wir auch von etwas leben oder schaffst du umsonst. Dieser hatte ihn damals entsetzt angeschaut und den Kopf geschüttelt. Schade, hatte Luke geantwortet, hätte mir das auch schon sparen können. Bill war daraufhin in lautes Gelächter ausgebrochen, hatte ihm auf die Schulter geklopft und zu ihm gesagt, dass wenn er ihn nicht besser kennen würde er ihm das fast abgenommen hätte.
Luke schloss die Tür auf und ging die alte Holztreppe hinauf, die sich links an der Wand entlang zog, sodass es aussah als ob sie sich daran abstützen musste. Jede Stufe die man betrat, jeden Schritt den man auf dem alten, unebenen Holzfußboden ging, entlockte dem Holz ein ächzen, knarren und quietschen. Selbst wenn man unten nicht klingeln müsste um das Haus zu betreten, würde jeder einen sofort hören sobald man den Fußboden betrat und ein leises hochschleichen, in den ersten Stock, wo die Büroräume waren, war schlichtweg unmöglich. Luke hörte wie Andi hinter ihm die Treppen hochkam, bzw. er hörte die Stufen die Andi betrat.
„Boss, warum so ein altes Haus? Hätte es kein neues sein können!“
„Wo bleibt dein Sinn fürs Altertümliche?“
„Altertümlich? Dieses Haus ist scheintot! Ich warte darauf das es irgendwann unter uns zusammen bricht!“
Luke fing an zu lachen: “Dieses Teil bricht nicht so schnell zusammen, wie diese neuen Monster aus Glas und Leichtmetall.“
„Mag ja sein, aber etwas neuer hätte es schon sein können!“
„Wenn du nicht aufhörst zu meckern, kannst ja nach Hause!“
„Nein! Nein, so war das nicht gemeint. Diese alten Häuser haben einen Charme, der unvergleichlich ist!“
Luke stand bereits vor der „Wohnungstür“ die die Kanzlei nochmals abtrennte und fing laut an zu lachen: „Ich wusste gar nicht, was für ein Schleimer du sein kannst!“
„Das ist kein schleimen, das ist mein voller ernst!“
Luke schloss die Tür auf und sein Grünschnabel folgte ihm in die Kanzlei.
„Fast könnte ich dir das glauben, wenn ich nicht wüsste, das du weißt, das du meine Hilfe brauchst!“ antwortete Luke im hineingehen.
„Ach Boss, komm schon war doch nur Spaß!“
„Ja ja!“ sagte Luke amüsiert über diese Aussage.
Er hörte wie die Tür hinter ihm geschlossen wurde und sah, als er an dem Tisch der Sekretärin nach links in die Küche ging um sich einen weiteren Kaffe zu holen, wie Andy bereits mehrere Stapel Papiere in Lukes Büro schaffte.
Er mühte sich bereits mit der Tür ab, als Luke sich zu ihm gesellte und sie ihm öffnete.
Die Decken dieses Hauses waren über 3 Meter hoch und die Türen aus schwerem Holz, noch mit den alten Metallbeschlägen, nahezu genauso hoch. Sie gingen mittlerweile schwer auf, schlossen ab so dicht, dass man Gespräche nicht mithören konnte. Bei den Fenstern hatte man sich keine Sorgen zu machen brauchen, nicht genug Sauerstoff zu erhalten, selbst wenn sie geschlossen waren. Luke wollte sie damals, als er dieses Haus angemietet hatte, neu einbauen lassen. Allerdings stand das Haus da schon unter Denkmalschutz und somit musste er sich damit begnügen, das ihm die Stadt die Fenster soweit isolierte wie es erlaubt war. Man fror im Winter nicht mehr und im Sommer verzog sich die warme Luft in die hohen Decken. Deswegen so hoch gebaut, hatte Luke damals gedacht, wenn schon keine Klimaanlage dann wenigsten hohe Decken, damit man nicht im eigenen Saft schmort. Es war selbst im Hochsommer einigermaßen erträglich, da er aber während der Sommerferien teilweise zu hatte, fielen die heißesten Tage sowieso aus.
Sein Büro war der größte Raum der Kanzlei, die Wände waren selbst in den Räumen mit Fachwerk verschönert worden, der Boden wie in der ganzen Kanzlei war dunkelbraunes, fast schwarzes Holz das sich schon verzogen hatte, manche Räume waren so uneben, das man die Regale an die Wand schrauben musste damit diese stehen blieben. So wie das große Regal was hinter seinem Schreibtisch die gesamte Wand einnahm. Hier stapelten sich Aktenordner, Gesetzesbücher, und Akten von alten Fällen, die er teilweise den Grünschnäbeln gab um sie zu bearbeiten um daran zu lernen. Sein Schreibtisch war über 2 Meter lang, gute 1,5 Meter breit. Er hatte damals alle Schreibtische und Bürostühle zusammen gekauft, jeder hatte das gleiche, keiner konnte meckern und außerdem hatte er es billiger bekommen. Er hatte noch zusätzlich einen kleine Couch rechts an der Wand stehen mit einen Couchtisch davor. Manchmal kamen Frauen mit Kindern und dort konnten sich diese beschäftigen und ihre Mütter hatten sie im Auge. Und er hatte hier auch schon manche Nacht verbracht.
Im Moment war Andy damit beschäftigt seine Papiere auf dem Couchtisch aus zubreiten, stellte allerdings schnell fest das der Platz nicht reichte.
„So, was nun?“ fragte er Luke.
„Dann legen wir halt alles auf den Boden und setzen uns mittenrein!“ Das hatte Luke auch schon einige Male gemacht, man konnte alles um sich herum ausbreiten und musste nicht immer neu Stapel durchwühlen.
Sie stellten den kleinen Tisch näher an das Sofa und setzten sich, nachdem sie alles verteilt hatten im Schneidesitz auf den Boden. Luke hatte immer noch den Kaffe in der Hand, stellte die Tasse auf den Tisch und legte sein Handy, welches er bis jetzt in der Hosentasche gehabt hatte, daneben. Natürlich nicht ohne vorher darauf zuschauen ob er eventuell schon eine Nachricht bekommen hatte.
Es war nichts angekommen.
Andy durchwühlte mittlerweile einige Stapel und Luke und er begannen alles neu zu sortieren. Bis das geschehen war, verging fast einen Stunde. Luke sah nochmals auf sein Handy.
Immer noch nichts, dachte er, Teenie. Wieder musste er über sich selbst lächeln. Er klappte sein Handy auf, suchte Steffis Nummer und öffnete die SMS Option:
´Guten Morgen Schlafmütze :). Na schon wach. Wie geht’s?`
Er drückte auf Senden, klappte sein Handy wieder zu, legte es auf den Tisch und sah Andy zu wie er verzweifelt immer wieder etwas aufschrieb, durchstrich, etwas neues schrieb, überlegte und es teilweise wieder durchstrich.
„Was ist denn?“
„Oh, ich werde wahnsinnig, ich weiß nicht wie ich anfangen soll, was ich sagen soll?“
„Jetzt beruhig dich! Zeig mal was du hast!“
Luke überflog die paar Zeilen die Andy geschrieben hatte und als er bei einigen Sachen die Augenbraue noch oben zog, wurde Andy sichtlich nervöser: „Was ist?“
„Nichts! Du weißt aber das du mit einem Anwalt und einem Richter sprichst, oder?“
„Oh Luke lass das, das weiß ich selbst aber wie soll ich das anders ausdrücken. So sind nun mal die Fakten.“
„Natürlich sind so die Fakten, aber das muss diplomatischer klingen. Du kannst nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Wenn du das so sagst, denkt der Richter er hat einen Streithammel vor sich!“
„Aber..“
“Kein aber! Was hast du da noch?“
„Andere Anfänge, andere Abschlussplädoyers und eventuelle Paragraphen auf die der Andere sich berufen könnte, wegen der Beweise.“
Luke nahm den ganzen Stapel, legte ihn sich auf die Oberschenkel und Andy sah zu wie er eine Seite nach der anderen las und teilweise ganze Blätter zeriss. Ihm wurde immer schlechter, je mehr Seiten Luke las und er nicht wusste was sein Boss dachte.
Nach einer scheinbaren Unendlichkeit, legte Luke alle Seiten die er Ganz gelassen hatte zur Seite, sah Andy an und sagte: „Die Hälfte davon brauchst du nicht, das steht alles im Briefwechsel und den hat nicht nur der Anwalt sondern auch der Richter. Du hast da viel zu viel. Ich hab zwar gesagt, dass man den Anderen allein durch Quantität Schach matt setzten kann, aber etwas Qualität sollte schon dabei sein.“
„Ja“ sagte Andy betrübt.
„Komm schon du machst es dir Schwieriger wie es sein muss. Und dann verzettelst du dich irgendwann und dann wird wirklich hektisch. Also manchmal ist weniger mehr!“
„Aber ich kann mir doch nicht alles merken, schon alleine die Briefwechsel und dann das andere. Ohh.. Ich kann das nicht!“ Pure Verzweiflung.
„Also, pass auf!“ Luke begann die um sie herumliegenden Papiere in zwei Stapel zu unterteilen.
Er war nicht mal zur Hälfte fertig, als es and er Tür klingelte.
Luke stand auf und ging hinaus zum Schreibtisch der Sekretärin und drückte dort auf den Fernsprecher:
„Ja hallo“
„Hallo!“, kam die Antwort von einer Frauenstimme: „ich bin Andys Freundin. Ist er da?“
Luke griente, er kannte Rebekka vom Sehen: „Was ist wenn ich nein sage!“
„Dann kann der was erleben!“ kam die prompte Antwort. Luke griente noch mehr: „Nein, nein der ist da. Komm hoch!“ Er betätigte den Knopf des Türöffners und hörte es Unten Summen gefolgt vom Knarren der Tür und den Geräuschen der Treppe, als jemand nach oben kam.
Luke wartet an der Tür und sah wie sie, beladen mit zwei viereckigen Kartons auf denen sie mehrere Dosen balancierte, die Treppe nach oben kam. Sie blieb vor ihm stehen: „Soll ich dir was abnehmen?“
„Nö, gibt schöne warme Hände!“ sagte sie mit einem freundlichen Lächeln. Luke schloss hinter ihr die Tür, lief an ihr vorbei und öffnete die Tür zu seinem Büro, wo Andy immer noch verzweifelt am Boden saß. Sie sah ihren Freund an: „Na was macht der denn mit dir? Nimmt dich auseinander?“ Ihre Stimme hatte was bösartig Neckendes.
„Ja ja mach mich nur auch noch fertig!“ gab er resigniert zurück.
„Wer macht hier wenn fertig? Du gibt’s mir ja wohl den letzten Rest!“ Luke betonte das Mir wohl etwas zu sehr, denn Andy sah ihn schon wieder so verzweifelt an. „Erst kriechen lernen, dann aufstehen und laufen wollen!“ sagte Luke, ließ seine Stimme diesmal wesentlich amüsierter klingen wie er es selbst empfand.
Rebekka stellte die zwei Kartons auf den Tisch und in seinem Büro roch es fast augenblicklich nach Pizza: „Ich dachte, ihr habt vielleicht Hunger.“ sagte sie vergnügt.
Luke merkte erst jetzt, wo ihm der Geruch der Pizza in die Nase stieg, wie leer sich sein Magen anfühlte. Er sah auf die Uhr, es war schon fast 16 Uhr. Frühstück und Mittagessen in einem, dachte er und erinnerte sich, wie gut er zu seiner Studentenzeit mit Lieferdiensten jeglicher Art befreundet war, solange bis seine Mutter ihn mal besuchte und ihn fragte wie er denn mit einem Topf kochte. Seine Antwort hatte ihr nicht gefallen, sie hatte ihm daraufhin mehrer Töpfe, Pfannen und sonst noch was gekauft und ihm einen Vortrag gehalten wie ungesund dieses ganze Fast Food Zeug sei. Und sie hat sich bis heute nicht geändert was diese und noch weitere Themen anging.
Luke nahm seine Tasse mit dem mittlerweile kalten Kaffe, sah erst Rebekka an: „Oh, Dankeschön“ dann Andy, hob die Tasse und fragte: „Willst du auch einen?“
„Nein, danke!“
„Dein Boss macht dir Kaffe?“, hörte er Rebekka fragen als er aus dem Büro ging.
„Ich mach mir sogar selbst welchen!“ rief er zurück ins Zimmer. Er hörte als Antwort nur ein leises Kichern.
Als er mit dem neuen Kaffe in der Hand zurück ins Büro kam, fragte ihn Rebekka: “So, ich dachte Kaffe machen nur Sekretärinnen!“
„Böses Vorurteil“ gab Luke zurück.
„Außerdem“ begann Andy „Muss man nur auf einen Knopf drücken und die Maschine mahlt Pulver und macht Kaffe!“
„So, und ab und zu hört man dann jemand aus der Küche nach Minchen brüllen, weil da irgendein rotes Licht brennt und die Maschine nichts macht!“ sagte Luke mit einem breiter werdenden Grinsen.
„Ja, dann macht die nämlich nichts mehr, egal wie oft man drückt!“ wollte Andy sich verteidigen, das ging allerdings schief, denn jetzt brach seine Freundin in lautes Gelächter aus: „Und ich dachte Männer sind technisch begabt!“
„Wohl nicht alle“ half Luke ihr Andy noch mehr zu necken: „weißt, Kaffeemaschinen sind sehr eigenwillige Wesen, heißt ja nicht umsonst Die Kaffeemaschine!“ Er lächelte Rebekka an und erwartet eine spitze Bemerkung, aber es kam keine, sie riss nur übertrieben die Augen auf und zog danach einen Schmollmund.
„So Boss, jetzt muss ich die Pizzas alleine essen.“
„Ja, ja wart ma mal bis sie weg ist!“ Die Ernsthaftigkeit und Verzweiflung war jetzt beinahe ganz verschwunden.
„Ich glaube ihr braucht aber ein Messer!“ sagte Rebekka und wies mit dem Kopf Richtung Kartons.
„Schon verstanden, bin dann mal weg!“ sagte Luke und zwinkerte ihr zu. Als er aus der Küche kam standen beide vor der Tür und küssten sich zum Abschied. Wobei das ehern als Abknutschen gelten konnte. Luke lief an ihnen vorbei und konnte sich es nicht verkneifen: „Luft holen zwischendurch wäre ratsam!“
Sofort trennten sich die Zwei und Andy sah Luke mit sofort rot anlaufendem Gesicht an: „Ähhm..“
„Na wird des Heut noch was oder muss ich alleine weitermachen?“ Oh bist du gemein, dachte Luke sich, nachdem er den Mund zu hatte.
„Ja ja ich komm sofort!“ sagte Andy, jetzt klang er wieder hektisch. Luke konnte sich beim betreten seines Büros ein lachen nicht verkneifen.
Er hörte wie die Tür zugemacht wurde und wie jemand die Treppe nach unten lief.
Andy kam immer noch mit rotem Gesicht ins Büro, Luke saß mittlerweile wieder zwischen den Papieren und sortierte weiter. Der eine Stapel war schon sichtlich größer wie der andere. Andy nahm das von Luke geholte Messer und begann die eine Pizza in handliche Stücke zu schneiden. Als er damit fertig war, war Luke ebenfalls fertig. Er nahm das von Andy hingereichte Stück und deutet auf den Größeren der beiden Stapel: „Das alles brauchst du nicht! Lass das da, sortier es ein, nimm es aber nicht mit. Den Kleineren nummerierst du, liest du durch und schreibst dir zu jeder Seite Stichpunkt auf ein separates Blatt. Nur das Blatt legst du auf den Tisch, sowie ein leeres für Stichpunkte die dir während der Verhandlung einfallen oder wichtige Dinge, deines Gegenübers, auf die du Bezug nehmen musst. Den Stapel lässt du in der Aktentasche. Du hast ihn dabei zum nachlesen, weißt aber auf welcher Seite was steht und musst nicht wie doof suchen. Ok!“
Andy kaute bereits auf der Pizza rum und nickte. „Also mehr nicht, ok. Du machst dich mit dem ganzen Papierkruscht nur wahnsinnig!“
Plötzlich fing Lukes Handy an zu vibrieren, es lag immer noch auf dem Glastisch und machte einen Heidenlärm. Luke nahm es klappte es auf und war sichtlich erfreut als er las von wem die SMS kam.
`Hi, wach bin ich schon lange. Meine Mutter war der Meinung das wenn ich bis Abends herumschleichen kann, dann könne ich auch früh aufstehen. Kam leider vorher nicht zum antworten.
Steffi`
Luke drückte auf antworten und schrieb zurück
´Mach doch nichts und alles gemacht was sie wollte, oder weiß sie noch mehr.´
Er drückte auf senden und sah Andy an, der ihn fröhlich angrinste:
„Was gibt’s, Boss?“
„Wieso?“
„Weil du so.. happy… aussiehst!“
Luke konnte nicht verhindern das sein grienen noch breiter wurde: „Erstens geht dich das gar nichts an und zweites schaff was!“
„Aja, wem schreibst du denn?“
„Seit wann geht dich mein Privatleben was an?“ Luke Stimme hörte man an, das er das immer noch als Spaß verstand: „wenn ich nicht die kalten Füßen meines Grünschnabel wärmen müsste und etwaige Panikattacken verhindern müsste..“ Luke zog die eine Augenbraue nach oben und sah Andy herausfordernd an. Diese hielt diesem Blick nicht lange stand, sah dann wieder auf den Stapel Papieren und begann diese wie Luke gesagt hatte durch zu nummerieren: „Mmh“, machte er nach einer Weile: „Aber nicht die Kleine aus der Disco, oder?“
„Was verstehst du unter Privatsphäre nicht!“ Immer noch der vergnügte Tonfall.
„Außerdem wie kommst du darauf?“
„Naja, nachdem die Kleine Richtung Ausgang verschwunden war, war plötzlich auch unser Boss weg!“ Jetzt wurde Andys grinsen breiter, er zog die eine Augenbraue nach oben: „Komischer Zufall, häh!“
„Manchmal gibt´s halt Zufälle!“
„Ach komm, Zufall! Wo warst du dann?“
„Geht dich zwar nichts an, aber ich bin nach Hause!“
„Alleine?“
„Ja, ganz alleine!“
„Mmh, soll ich das glauben?“
„Bis grad eben, hatte ich mir überlegt, dass ich morgen mitkomme, um dir eventuell zu helfen, aber wenn du jetzt so daher redest überleg ich mir es vielleicht anders!“ Eine Drohung klang anders, aber es hatte Erfolg.
„Nein, nein bin schon ruhig, geht mich auch gar nichts an, wo du wann, mit wem warst!“ Luke ignorierte die spitze Bemerkung: „Bitte Boss, du musst ja nichts sagen, aber vielleicht nimmt mich der Andere auseinander. Und da wäre erfahrene Hilfe sehr nützlich. Bitte!“
„Das muss ich mir jetzt ernsthaft überlegen?“
„Oh bitte, bitte ich mach auch alles was du willst!“
Luke konnte sich jetzt ein Lachen nicht mehr verkneifen.
Bevor er antworten konnte vibrierte sein Handy aufs erneut.
´Fast alles und ihr fällt bestimmt noch mehr ein. Würd mich nicht wundern. Und was machst du grad? ´
Luke konnte sich ein lächeln nicht verkneifen, er schrieb zurück
´Beschäftigt einem meiner Kollegen wegen einer morgigen Verhandlung den letzten Schliff zu geben und das seit heut morgen um 10, aber sonst alles ok :)`
Er drückte auf senden und wand sich wieder Andy zu, der immer noch auf antwort wartete:
„So, alles? Mit so was wäre ich an deiner Stelle vorsichtig!“
„Oh Boss, bitte, ich bin ja ruhig, sag nichts mehr dazu!“
„Eigentlich würde es dir mit deiner großen Klappe gar nicht schlecht tun, allein gelassen zu werden, damit siehst wohin dich blöde Kommentare bringen können!“ Er konnte nicht verhindern das seine Stimme einen neckenden Tonfall bekam, obwohl er sich ja eigentlich ernst anhören wollte.
Wieder vibrierte sein Handy, er griente Andy an und las:
´Klingt ja überaus spannend :p Überarbeitet euch bloß nicht :D
Seit heut morgen? was gibt es da so viel zu tun?´
Luke fing an zu lachen, sah Andy an: „Schaffst du heut auch noch was? Ich würd gern mal wieder nach Hause!“ und schrieb zurück
´Wenn du wüsstest was das für Papierkrieg ist, außerdem ist er noch Grünschnabel, er weiß noch nicht alles und hat Panik wegen morgen. Ist ja auch sein erster Fall´
Er sendete es und sah wie Andy fleißig schrieb und schrieb: „Wenn du genauso viele Seiten hast wie vorher, hilft dir das nicht grad. Du sollst nur Stichpunkte aufschreiben!“
„Meine Stichpunkte sind halt länger wie deine!“ gab dieser zurück. Luke nahm ihm das Blatt aus der Hand und las, was Andy geschrieben hatte: „Stift!“ Andy reichte ihm seinen Kugelschreiber und Luke fing an die Stichpunkte zu kürzen:
„Das sind keine Stichpunkte das sind ganze Sätze!“
Er gab ihm das Blatt zurück, der größte Teil war durchgestrichen: „Das sind Stichpunkte!“
„Da steht doch bloß ein Wort oder zwei für eine ganze Seite!“
„Ja, ein Wort, das um was es auf dieser Seite geht, alles andere kannst du ja, wenn du es brauchst, nachlesen oder sogar ablesen und du brauchst auch keine ganzen Paragraphen und Absätze aufzuschreiben, die Nummern reichen vollkommen. Wenn der andere nicht weiß worum es geht soll der doch nachlesen!“
„Und was ist, wenn ich nicht weiß was da drinsteht!“ Andys Stimme wurde kleinlaut. Bevor Luke antworten konnte bekam er die nächste SMS
´Wenn der so Panik hat, kannst du dann nicht einfach mit. Ich meine selbst wenn du nur dabei sitzt aber manchmal hilft das schon`
Luke schaute Andy an, grinste.
„Was ist?“ fragte dieser immer noch kleinlaut.
„Mir wurde gerade vorgeschlagen doch einfach mit dir mit zugehen, so als moralische Unterstützung!“
Andy setzte sich ganz gerade hin, sah ihn an: „Und hörst du drauf?“
Luke wiegte den Kopf von links nach rechts: “Wäre vielleicht besser. Könnte eventuell Diskussionen vermeiden!“
Andys Gesicht hellte auf, er schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken: „Gott sei Dank!“
Lukes Lachen war lauter wie beabsichtigt, er sah Andy an und schüttelte den Kopf: „Oh man, wenn ich nicht wüsste… ach egal!“
Luke nahm sein Handy und schrieb zurück:
´Das will er mir auch schon die ganze Zeit von mir. Weißt du, wenn ich nicht wüsste das er das kann, hätte ich ihm das doch gar nicht übergeben. Na gut schlag ich mir halt morgen die Zeit im Gericht tot, ist ja nicht so das ich hier nichts zu tun hätte.´
Er schickte die SMS weg.
„Heißt das wir können jetzt dann Schluss machen für heute?“ Luke nahm sich das Letzte Stück der Pizza aus dem Karton: „Die eine ist leer und die andere kannst du mit nach Hause nehmen!“ sagte er mit einem Nicken Richtung zweiten Karton.
„Das heißt du fährst morgen wirklich mit?“
„Das hab ich doch gesagt!“
„Ok, gut. Da bin ich ja schon mal beruhigt. Aber was ist mit deinen Terminen morgen? Ich mein wer übernimmt die?“
„Stimmt, jetzt wo dus sagst, ich kann ja gar nicht mit!“ Andy entglitten in dem Moment alle Gesichtszüge.
„Aber, …aber…“
Luke fing abermals an zu lachen: „Komm beruhig dich. Ich fahr morgen mit! Wann ist der Termin?“
Andy atmete laut auf: „Halb Neune!“
„Ok, treffen wir uns um Sieben hier, wir brauchen ne Stunde zum fahren und dann haben wir noch etwas Zeit. Ja?“
„Jajaja!“ sagte Andy schnell: „Ok morgen früh Sieben Uhr, hier. Gut, ja dann könnten wir eigentlich nach Hause!“
„Du nimmst noch….“ Weiter kam Luke nicht, sein Handy vibrierte abermals. Er sah Andy an und nahm dann das Handy
´Aber wer macht dann deine Arbeit? Deinem Boss wird das bestimmt nicht gefallen, das du dich für ein paar stunden abseilst! ´
Luke lächelte. Stimmt ja, dachte er, sie weiß es ja gar nicht.
Er schrieb zurück
´Der Boss hat so was schon geahnt und mir den Morgen von Terminen freigehalten. Also kein Problem´
„Andy, nimm den kleineren Stapel mit und mach die Stichpunkte fertig. Und Andy, Stichpunkte, keine Romane, ja. Ich wird morgen nur dabei sitzen, du machst das alleine!“
„Ja, klar. Ich nehm´s mit nach Hause.“
„Gut, vergeß es aber morgen nicht!“
Andy stand auf, kramte alles zusammen und steckte es in seinen Aktenkoffer: „Nein, ok bloß nicht!“
Luke schüttelte abermals den Kopf.
Ich hab’s mir gedacht, dachte er, als ob ichs geahnt hätte. Zum Glück hat Minchen keine Termine ausgemacht für Morgen.
Andy hatte bereits das Messer und Lukes Tasse in die Küche mitgenommen und spülte beides ab. Luke stand auf, faltete gerade den leeren Karton zusammen, als sein Handy abermals vibrierte.
´Da kannst aber froh sein einen Boss zu haben, der soweit mitdenkt. Ich weiß nicht ob man das von allen sagen kann´
Er antwortete ihr, bevor Andy zurück in das Büro kam.
´Manchmal denkt er was, bei dem was er tut :)´
Er kicherte leise vor sich hin.
„Was ist? Was hast du?“
„Nichts! Ok ein gesundes Maß an Selbstironie!“
„Wieso das?“
„Geht dich gar nichts an. So hast alles?“
Luke drückte ihm den Karton mit der Pizza in die Hand und legte den leeren obendrauf.
„Ab nach Hause. Der Müll gehört dir!“
So wie Luke das aussprach, hätte man es für eine Ehre halten können den leeren Karton zu bekommen. Er griente, Andy hatte sich bereits herumgedreht und war schon aus dem Büro draußen. Luke nahm noch die Dosen, die bis jetzt alle noch ungeöffnet waren und ging Richtung Küche.
Es sah noch wie Andy die Tür öffnete und ihm über die Schulter zurief: „Also gut, tschüß Boss. Bis morgen!“
„Ja, tschüß!“
Dann war die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen und Luke hörte wie er die Stufen herunter ging.
Er stellte noch die Dosen in den Kühlschrank, ging zurück in sein Büro und hörte gerade wie sein Handy sich wieder rührte.
´Laß ihn das aber nicht hören, könnte ärger geben!´
´Der weiß das!´ schrieb er zurück. Er steckte das Handy in dei Hosentasche und zog den Tisch wieder etwas von der Couch weg, packte seinen Mantel und den Schlüssel und verließ seine Kanzlei. Er schloss die obere Tür ab, ging dann die Treppe herunter, die auf Grund der Kälte irgendwie noch lauter knarrte, zog sich seinen Mantel an und wurde von einem eisigen Wind empfangen, als er aus dem Haus trat. Er schloss schnell ab, klappte sich den Kragen hoch und wunderte sich wie dunkel es schon war, außerdem hatte es geschneit, stellte er fest. Luke lief um das Haus herum und fand seinen Wagen nicht nur eingeschneit, sondern zu allem Überfluß noch mit zugefrorenen Scheiben vor.
Oh ich hasse Schnee, dachte er, wischte mit der Hand den losen Schnee von der Fahrertür, betätigte die Zentralverriegelung und bekam, als er sich in den Wagen hineinbückte eine Ladung Schnee vom Dach in den Kragen, der sofort schmolz und ihm den Pullover am Rücken durchnässte.
„So eine Sauerei! Warum, warum musste das jetzt schneien! Oh ich wandere wieder aus. Zurück nach Kalifornien, nein noch besser, ab in die Wüste!“
Er kramte seinen Eiskratzer aus dem Handschuhfach und fluchte weiter vor sich hin, bis die Frontscheibe frei gekratzt war. Dann kratze er beide Seitenfenster und die Heckscheibe frei und nachdem er wieder im Auto saß, den Schlüssel in Schloss steckte und ihn anließ, musste er über sich selbst lachen.
Sein Handy vibrierte in seiner Hosentasche, er überlegte kurz ob erwarten sollte bis er zu Hause war, entschied aber, dass das Auto so Zeit hatte die Heizung anlaufen zu lassen. Also kramte er in seiner Hosentasche, zog das Handy heraus und las:
´Vielleicht weil dein Boss das weiß, musst du dir jetzt die Zeit im Gericht um die Ohren schlagen :p´
Luke lachte wieder und schrieb.
´So schlimm ist das auch nicht, hab schon schlimmeres erlebt. Und alles ok bei dir?`
Luke drückte auf senden und legte das Handy auf den Beifahrersitz. Er gab vorsichtig Gas und merkte wie schnell das Auto ausbrach.
Oha, dachte er, ganz schön glatt. Ist mir beim laufen gar nicht aufgefallen. Also schön langsam nach Hause.
Er fuhr langsam vom Hof und brauchte, obwohl nicht mehr los war wie heute Morgen, fast doppelt so lange bis er zu Hause war. Er stellte sein Auto in die Garage, ging ins Haus, hängte seinen Mantel auf und wollte sich gerade die Schuhe ausziehen als ihm auffiel das er das Handy auf dem Beifahrersitz vergessen hatte. Er holte es noch schnell und bemerkte, das Steffi ihm geantwortet hatte. Er öffnete ihre SMS während er sich die Schuhe auszog, und las auf dem Weg ins Schlafzimmer.
´Bei mir ist soweit eigentlich alles ok. das übliche. und wann kannst nach hause? pass bloß auf hat geschneit und ist arschglatt draußen`
Er musste unwillkürlich lächeln. Diese SMS hätte genauso von seiner Mum kommen können. Muss wohl ein gutes Zeichen sein, wenn sie sich Sorgen um ihn machte, allerdings bezweifelte er das wirklich alles ok bei ihr war. Er würde sie gerne anrufen, dann könnte er an ihrer Stimme hören, ob wirklich alles ok ist. Aber er wagte es nicht, sie hatte gestern Nacht schon geflüstert, damit ihre Mutter nichts mitbekam, dann wäre es wohl nicht gut jetzt anzurufen, dass würde sie bestimmt mitbekommen.
Ihre Mutter war wohl wenig begeistert das Steffi sich mit ihm traf.
Ok, dachte er, ich wollte sogar die Kerle treffen mit der meine Schwester ausgegangen ist. Vielleicht ändert es sich, wenn sie mich kennengelernt hat.
Er antwortete ihr:
´Wirklich alles ok. klingt irgendwie nicht so. deine mutter nicht begeistert, das du dich mit mir triffst.
Arschglatt ist gar kein Ausdruck, danke für die warnung, bin aber schon zu hause´
Er drückte auf senden und war sich in dem Moment nicht sicher ob er das Richtige getan hatte. Was ist, dachte er, wenn ihre Mutter wirklich was dagegen hat, trifft sie sich dann noch mit mir.
Sein Handy vibrierte. Er öffnete nur zögerlich die SMS.
`Das hat nichts mit dir zu tun. meiner mutter ist es nie recht was ich tue. Sie ist der meinung das ich mich nur in schwierigkeiten bringe, egal was ich mache. In dem sinne ….
da bin ich aber froh das du gut zu hause angekommen bist. und geht’s dem grünschnabel besser´
Luke wusste im Moment nicht was er zurück schreiben sollte, sollte er schreiben, das schon alles irgendwie wird, das sich das legt, vielleicht sollte er es ignorieren, bis er mit ihrer Mutter gesprochen hatte.
Also Themawechsel, dachte er und schrieb:
´Ja grünschnabel beruhigt, zumindest für heute morgen ist das bestimmt ein nervliches frack :p könnte lustig werden, nein spaß, der kann einem schon fast leid tun, aber das legt sich im lauf der zeit, gewöhnungssache. Irgendwann wird er darüber lachen`
Luke sendete die SMS, legte sein Handy auf den Nachttisch und zog sich den immer noch nassen Pullover aus, ging ins Bad, hängte ihn an den Handtuchtrockner, der zeitgleich die Heizung war, und suchte in seinem Kleiderschrank nach einem dünnen Pullover.
Als er wieder angezogen war, nahm er erneut das Handy, sie hatte aber noch nicht geantwortet, vielleicht antwortete sie heute auch gar nicht mehr.
Man, dachte er, jetzt kriegst du 10 Minuten keine SMS und…. In dem Moment vibrierte sein Handy. Er öffnete schnell die SMS:
´Irgendwann vielleicht, aber ich glaube im moment bestimmt nicht. Was machst du jetzt noch mit dem angefangenen abend?´
´Mmh, gute frage, es ist sonntag, theoretischer weise läuft was anständiges im tv, ansonsten find ich bestimmt noch arbeit von der kanzlei`
Er drückte auf senden und nahm das Handy mit ins Wohnzimmer, kramte da nach einer Fernsehzeitung und fing an auf den richtigen Tag zu blättern, bevor er auch nur die richtige Woche aufgeschlagen hatte, meldete sich sein Handy.
´Hast du für nen sonntag nicht schon genug gearbeitet, in das mit dem tv, mmh, na ja, wirklich was g´scheits läuft nicht mal mehr am sonntag`
Er lächelte und schrieb zurück:
´Selbst an nen sonntag geht einem die arbeit nicht aus, irgendwie rechne ich damit das der grünschnabel noch mal anruft weil ihm was eingefallen ist´
Luke blätterte kurz zum richtigen Tag und stellte fest das sie recht gehabt hatte, es läuft wirklich nichts.
Er schrieb weiter:
´Du hast recht es läuft nichts was sich rentiert anzuschauen, so das heißt der abend wird totlangweilig :p´
Jetzt sendete er die SMS.
Er warf die Fernsehzeitung zurück auf den Couchtisch legte sein Handy neben sich hin und wartete auf Antwort. Es dauerte eine Weile bis sein Handy erneut vibrierte.
´Du willst mir erzählen, das du nichts findet um dir den abend interessant zu machen?`
„Wissen würd ich schon was“, sagte er laut zu dem Handy: „Aber ich glaube da gibt es einen Hacken!“
Er schrieb zurück:
´Du hast ja keine zeit, also was soll ich sonst noch machen, es ist viel zu kalt um nicht auf der couch zu sitzen`
Er drückte schnell auf senden, bevor er es sich anders überlegte.
Diesmal kam die Antwort schneller:
´Ach, jetzt bin ich dran schuld das dir langweilig ist, hah jetzt aber :), du bist ja wohl alt genug um dich selbst mit dir zu beschäftigen, oder? :)´
Luke grinste und antwortete:
´Zu zweit ist es aber weniger langweilig, und was soll das heißen alt genug:)´
Die Antwort kam prompt:
´Mag ja sein das das stimmt mit dem zu zweit.
Und das soll das heißen wie ich es gesagt habe, alt genug. Ich wäre froh ich müsste mich alleine mit mir beschäftigen`
War sie jetzt sauer? Nein, glaub ich nicht, dachte er. Er antwortete ihr
´Dann kommst zu mir und dann kannst du dich mit dir beschäftigen und ich bin dann zu zweit allein`
Er drückte auf senden und bereute es in dem Moment als er sich bewusst wurde, was er geschrieben hatte.
Jetzt schreibt sie bestimmt nicht zurück, dachte er, soll ich ihr schreiben das das nicht so gemeint war. Aber es war doch so gemeint, nur vielleicht zu früh um es ihr zu sagen.
Er schaute auf sein Handy, immer noch keine Antwort. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn.

Steffi hatte noch ein paar Aufgaben von ihrer Mutter erhalten, daher schaltete sie das Handy aus. Wenn er ihr antwortet, würde sie es später lesen müssen. Sie warf das Handy auf ihr Bett und ging zu ihrer Mutter in die Küche.
Ihre Mutter hatte einiges für sie zu tun und es wurde fast 21 Uhr bevor sie zurück in ihr Zimmer kam. Bevor sie ihr Handy wieder einschaltete, entschied sie sich erst ins Badezimmer zu gehen um sich um zu ziehen um sich dann ins Bett zu legen um mit Luke weiter zuschreiben.
Als sie zurück in ihr Zimmer kam, kramte sie das Handy unter ihrer Bettdecke hervor, schaltete es an, gab die Pinnummer ein und wartete ob er ihr geantwortete hatte.
Es dauerte eine Weile bis ihr Handy vibrierte. Sie las die SMS und war sich nicht sicher was sie darauf antworten sollte. Schließlich schrieb sie:
`Willst du gleich oder erst später standrechtlich erschossen werden, ich glaube meine mutter würde uns die freie wahl lassen, wer zuerst sterben müsste :p`
Sie drückte auf senden und wartete auf Antwort.


Luke sah immer wieder nervös auf sein Handy. Ich hätte es nicht schreiben dürfen, sagte er zu sich selbst. Sie antwortet nicht mehr.
Er legte sich auf die Couch, das Handy auf den Tisch davor und schaute irgendeinen Film, der halt gerade lief. Er achtete eh nicht darauf, er war viel zu beschäftigt damit zu überlegen, wie er das wieder rückgängig machen könnte.
Er war kurz davor einzuschlafen, als das vibrieren seines Handys ihn auf schrecken lies. Die Stunde der Wahrheit, dachte er, als er mit einem immer noch mulmigen Gefühl die SMS öffnete.
Meinte sie das ernst, das hasste er so am SMS schreiben, man weiß nicht wie etwas gemeint ist, wenn man nicht die Stimme hört, es klang irgendwie nicht so gut. Daher entschied er sich zur Schadensbegrenzung, zumindest hoffte er das zu tun.
`Ich hoffe du bist nicht böse, so war das nicht gemeint. Meinst du das im ernst, ist deine mutter wirklich so dagegen, weil ich mag dich wirklich sehr und es wäre schade wenn`
Luke hielt inne, überlegte ob das jetzt so gut wäre ihr so etwas zu schreiben. Er löschte die gesamte SMS und fing von vorne an:
`Ich hoffe du verstehst das nicht falsch, das war nicht ernst gemeint`
Wieder hielt er inne. Doch es war ernst gemeint. Er löschte erneut alles. „So schwer kann das doch nicht sein“, sagte er zu sich selbst. „Auf ein Neues!“
´Meinst du das wirklich, ich hab eigentlich noch nicht vor zu sterben. das heißt ich muss noch warten bevor ich dich zu mir einlade?`
Er drückte auf senden und entschied eine Sekunde zu spät das das auch nicht so gut war. Er wollte die SMS noch aufhalten, aber es war schon zu spät.
„Toll, super gemacht!“ sagte er wieder zu sich selbst. Er legte sich das Handy auf den Bauch legte beide Arme über das Gesicht und hoffte bald eine Antwort zu bekommen.

Steffis Handy vibrierte unter ihrem Kopfkissen.
Nachdem sie seine SMS gelesen hatte, fragte sie sich, ob und was sie ihm antworten sollte.
War es sein ernst, sie jetzt schon zu sich einzuladen oder war das nur so gesagt.
Sie entschied sich ihm zu antworten.
`Was noch keine Lust zu sterben, hah in deinem Alter :p. momentan wäre meine mutter nicht erfreut über eine solche einladung. Später vielleicht mal´
Sie sendete, sehr viel später entschied sie für sich, wenn überhaupt.
Lukes Handy vibrierte.
Soll ich es wirklich lesen, fragte er sich.
Besser jetzt als nie, dachte er und war sich selbst nicht sicher wie er das gemeint hatte.
Luke war schon fast erleichtert über ihre Antwort. Später, dachte er, vielleicht muss ich mich erst mit ihrer Mutter unterhalten, bevor sie es zu lässt.
Er schrieb ihr zurück:´Ja später, man soll ja nichts überstürzen, oder? Alles ok bei dir? Ich würde dich gerne anrufen, aber nur wenn du willst und kannst`
Er sendete und hoffte mit ihr sprechen zu können, damit er wenigsten an ihrer Stimme erkennen konnte wann was wie gemeint war.
Es dauerte eine Weile bevor sein Handy erneut vibrierte, aber diesmal länger, das war keine SMS, sie rief ihn an.
Er nahm sofort ab, als das ihm bewusst wurde.
„Hey, na wie geht’s?“
„Mir geht’s gut!“ Irgendetwas in ihrer Stimme, sagte ihm das das wohl nicht stimmte:
„Wirklich alles ok?“
„Ja, eigentlich schon,…aber..„
„Was aber? Komm schon was ist?“
„Ach, eigentlich nichts!“ Ihre Stimme klang gedämpft, er fragte sich wieso.
„Du klingst irgendwie komisch, alles klar?“
„Ich hab die Bettdecke übern Kopf gezogen. Meine Mutter hat gute Ohren, zumindest bei dem was sie nicht hören soll!“
„Oh, ok.“
Steffi fing leise an zu kichern.
„Was ist? Warum kicherst du?“
„Ach, nur so…. jetzt klingst du komisch.. deswegen!“
„Warum kling ich komisch?“
„Ich weiß nicht. Irgendwie niedergeschlagen!“
Toll, dachte er, eigentlich wollte ich doch anhand ihrer Stimme erkennen was los ist und nicht anders herum.
„Ich bin nicht niedergeschlagen, nur müde“, log er.
„Kommt davon, wenn man den ganzen Sonntag mit dem Grünschnabel verbringt!“ Sie kicherte immer noch.
„Hey, ich kann mir auch vergnüglichere Gesellschaft vorstellen um meinen Sonntag zu verbringen aber…“ Er sagte jetzt lieber nichts mehr, er wollte sie nicht in die Ecke treiben, wenn er ihr jetzt sagte, das er lieber mit ihr etwas unternommen hätte.
„So, vergnüglichere Gesellschaft.. aha.. so einer bist du!“ Immer noch ihr kichern.
„Was heißt so einer bin ich? Wie soll ich das jetzt verstehen!“
„So wie du es verstehst. Musst du doch wissen was du für einer bist!“
„Ich bin ganz brav und harmlos!“
Ihr kichern wurde lauter: „Ja ja ich glaubs!“
„Hey, wirklich. Hör auf zu kichern. Das ist nicht lustig!“ Er konnte sich ein leises glucksen nicht verkneifen.
„Hah, ich kenn dich nicht, also wieso soll ich dir glauben!“ Jetzt klang ihre Stimme ernster.
„Wie wäre es mit etwas Vertrauen in die Menschheit!“
„Ohh nö, da kenn ich zu viele Negativbeispiele um so leichtsinnig zu sein. Du weißt doch was man sagt Vertrauen ist gut,…“
„Ja, ja Kontrolle ist besser. Schon verstanden. Aber es gibt Menschen denen kann man vertrauen!“ Mir zu Beispiel, fügte er in Gedanken hinzu.
„Ja, aber erst wenn man sie besser kennt und selbst dann heißt es Vorsicht walten lassen!“
Das klang für ihn nicht so gut, irgendwie lief dieses Gespräch auf einen anderen Punkt wie er es gerne hätte. Sie klang sehr sicher was das anging, er hatte das Gefühl das es mit ihr nicht so einfach werden würde: „Ach komm, es gibt auch andere, denen kann man fast blind vertrauen.“
„Mag ja sein, ich hab aber noch niemanden kennen gelernt, von dem ich das behaupten kann, zumindest im nach hinein!“
Oha, dachte er, doch schon so viele schlechte Erfahrungen.
„Manchmal hat man halt Glück!“
„Ach komm, du willst mir doch nicht sagen, das… mmh egal, vergiss es!“
Ihm lag schon auf der Zunge sie zu drängeln, ihm zu sagen, was sie gerade sagen wollte, entschied sich es aber zu lassen. Also gut, dachte er, Themawechsel. Aber zu welchem?
„Und schon alles gemacht für morgen?“
„Mmh, was meinst du?“
„Für die Schule. Du hast doch gesagt du müsstest noch was für die Schule machen!“
Hatte sie ihn angelogen?
„Oh Gott!“ stöhnte sie auf, „meine Hausaufgabe. Die hab ich völlig vergessen! Verflucht! Meine Lehrerin reißt mir die Rübe runter! Luke ich muss Schluss machen. Ich hab das ganz vergessen wegen meiner Mutter. Sorry, aber…“
„Schon gut, alles klar. Also mach lieber was du tun musst, wäre ja schade um den Kopf…!“
„Ok, also dann bis irgendwann, Ja, sei mir bitte nicht böse aber .. verflucht, das hab ich ganz vergessen. Danke!“
Luke lachte auf: „Nichts zu danken! Das heißt wird ne kurze Nacht, oder wann hast du morgen Schule?“
„Um Acht fängt die Schule an, das heißt um Sieben muss ich aufstehen. Oh Luke ich muss aufhören. Sorry aber ich muss das noch machen, sonst..“
„Schon gut! Also gute Nacht und noch viel Spaß!“
„Ja, gute Nacht, Luke!“
Bevor Luke noch etwas sagen konnte, hatte sie aufgelegt.

Am nächsten Morgen wurde Steffi vom Vibrationsalarm ihres Handys, den sie als Wecker benutze, geweckt. Die Nacht war wirklich kurz gewesen, fast bis halb eins hatte sie noch die Aufgaben gemacht. Sie sah auf das Handy, schaltete den Wecker aus und stand auf. Sie nahm ihre Sachen, ging ins Badezimmer und als sie wieder in ihr Zimmer kam, um ihre Schulsachen zu holen, bemerkte sie beim Einpacken ihres Handys das eine SMS angekommen war. Sie wollte sie gerade öffnen, als ihre Mutter rief: „Kommst du endlich. Es ist spät, draußen ist es glatt!“
Steffi packte ihr Handy in ihre Umhängetasche, die als Schulranzen fungierte, nahm den Ordner und ging aus ihrem Zimmer um sich die Schuhe an zu ziehen. Ihre Schwester hatte bereits den Autoschlüssel in der Hand und ihre Mutter stapfte rhythmisch mit dem Fuß auf: „Wird das heut noch was?“
„Ja, ich muss noch Schuhe anziehen!“
„Komm, mach hinne! Nächstes Mal stehst du ehern auf!“
Steffi ging schweigend, immer noch mit offenen Schnürsenkeln an ihrer Mutter und Schwester vorbei, setzte sich nachdem ihre Mutter das Auto aufgemacht hatte, auf die Rückbank.
In der Schule angekommen, ging sie mit ihrer Schwester ins Klassenzimmer, setzte sich auf ihren Platz und kramte in ihrer Tasche herum. Wo hab ich jetzt das Handy, dachte sie, ich hab’s doch eingepackt. Sie fand es, ganz unten, öffnete schnell die SMS, bevor ihre Schwester sich neben sie setzte und las:
´Guten Morgen!
und alles fertig bekommen? ich wünsch dir einen schönen Tag!
gruß luke`
Sie musste unwillkürlich grinsen, überlegte ob sie ihm zurück schreiben sollte.
´Morgen, ja alles fertig, war ne kurze nacht.
Ich wünsch dir auch einen schönen tag und fahr langsam ist glatt!
gruß steffi´
In dem Moment kam eine ihrer Klassenkameradinnen zu ihr, Sarah. Sie waren Freundinnen geworden, allerdings war sie nicht viel anders wie Jule. Auch was ihren Männerverschleiß betraf.
Wieso komm ich eigentlich immer an solche, fragte sich Steffi wieder einmal.
„Guten Morgen!“
„Hey Sar!“
„Na wie geht’s? Wochenende gut überstanden?“
„Klar und du?“
„Alles gut! Du ich war auf dem Konzert, war echt super und süße Kerle sind da rumgerannt!“
Na toll, dachte Steffi, auf ein Neues.
Doch bevor Sarah weiter erzählen konnte kam ihre Lehrerin und der Unterricht fing an.
Der Vormittag zog sich irgendwie länger hin wie sonst, Steffi schaute immer wieder auf ihr Handy und stellte schon fast enttäuscht fest das Luke ihr bis 13 Uhr noch nicht geschrieben hatte. Er ist doch bei Gericht, rief sie sich in Erinnerung, da kann er wohl kaum anfangen zu Simsen. Er meldet sich bestimmt wenn er fertig ist.
Sarah sah sie nach dem Unterricht an: „Na, kommst du mit zum Bäcker?“
Steffi nickte nur, der Bäcker war ganz in der Nähe und sie waren mittlerweile gute Kunden. Also packte Steffi ihren Geldbeutel und ihr Handy in ihre Manteltaschen und ging mit Sarah los. Auf halben Weg merkte sie wie ihr Handy vibrierte. Soll ich nachschauen, dachte sie, aber dann fängt Sar bestimmt an mich zu nerven wer das ist und warum und dazu hab ich keine Lust.
Also wartete sie bis sie beim Bäcker angekommen waren und Sarah beschäftigt war sich bei dem großen Angebot endlich etwas aus zu suchen. Sie kramte schnell ihr Handy aus der Tasche und öffnete die SMS.
´Hey, danke für die warnung, war aber schon auf der autobahn, so jetzt hab ich die nase voll, bis jetzt saßen wir in dem gericht und viel ist dabei bis jetzt nicht rausgekommen.´
Steffi wollte gerade zurück schreiben, aber Sarah war fertig. Ach egal, dachte sie, sag ich ihr halt es wäre jemand anderer.
´Bis jetzt? ich dachte bei so was wird gleich entschieden was sache ist. so und was machste jetzt, feierabend?´
Es dauerte nicht lange bis sie Antwort bekam.
´Zwei fragen eine antwort: schön wärs! das urteil kann noch mind. 2 weitere verhandlg.tage brauchen und der feierabend ist auch noch nicht in sicht, das dauert noch hab ja schließlich noch in der kanzlei zu tun. lg luke´
Liebe Grüße?, dachte sie, ok.
Sarah sah sie an: „Was ist wem schreibst du da?“
„Ach nur Jule. Die will wissen was ich am Wochenende mache!“
Lügen ohne rot zu werden, dachte Steffi, wenn ich das bei allen so gut im griff hätte.
„Und was machste?“
„Ich weiß noch nicht, ist doch erst Montag!“
Sie waren schon fast wieder in der Schule bevor Steffi anfing ihr Brötchen zu essen. Als sie und Sarah ankamen, war das Brötchen gegessen und Steffi merkte wie ihr Handy erneut vibrierte. Sie zögerte einen Moment, als sie ins Klassenzimmer kam, aber Sarah war grad auf Toilette gegangen, also öffnete sie die SMS.
´Ist es dreist jetzt schon zu fragen was du am WE vorhast?´
Steffi griente, doch nicht ganz so gelogen, dachte sie, aber ich hab ihm doch am Samstag gesagt, das ich es noch nicht weiß.
´Gedächtnisprobleme?? :p Am SA hab ich dir gesagt ich kanns dir nicht sagen und jetzt soll ich es wissen?´ Sie drückte schnell auf senden bevor sie es sich anders überlegen konnte.
Die Antwort kam schneller, wie Sarah zurück.
´Ja ja schon kapiert :) in 2 tagen kann sich was ändern. ich habe gehört hier soll irgendwo eine art markt oder so ähnlich sein. Könnte man ja ins auge fassen? mmh, wie wärs?´
„Ach du“ sagte sie lauter wie beabsichtigt.
„Was ist mit mir?“ fragte Sarah.
Steffi hatte gar nicht gemerkt das sie im Klassenzimmer war: „Nicht du! Lu… Jule!“
„Will sie immer noch wissen was du vorhast?“
„Ja, und ich weiß es nicht. Ich weiß nicht mal ob ich überhaupt weg kann. Kennst doch meine Mutter!“
„Ach komm! Für eins zwei Stunden kann sie dir doch mal Auslauf geben, oder nicht?“
„Wohl ehern oder nicht!“
Sarah wollte gerade noch was sagen, als der Rest der Klassenkameraden, gefolgt vom Lehrer, das Klassenzimmer betraten.
„Später“ flüsterte Steffi Sarah zu.
„Ok“ flüsterte diese zurück.
Steffi überlegte ob sie eine SMS riskieren könnte, der Lehrer beziehungsweise der Arzt, war nicht so streng. War manchmal etwas verpeilt, also riskierte sie es unter ihrem Tisch eine kurze Antwort zu schreiben:
´Luke keine ahnung ob ich kann, weißt du doch, du ich hab unterricht. steffi´
Er hatte wohl den Wink verstanden, denn er meldete sich bis nach Schulschluss nicht mehr.
Ist er sauer, fragte sie sich, als sie mit ihrer Schwester vor der Schule auf ihre Mutter wartete. Er hat vielleicht viel zu tun, beruhigte sie sich selbst, vielleicht wartet er darauf das ich mich bei ihm melde.
Sie sah wie ihre Mutter auf den Parkplatz fuhr und entschied ihr Handy aus zuschalten und in der Tasche zu lassen bis sie daheim waren, dort konnte sie vielleicht ungestört mit ihm Simsen.
Sie hatte ganz vergessen mit Sarah noch zu reden, war aber irgendwie froh darüber, ihre Mutter mochte sie nicht. Sie mochte die hochnäsigen Weiber mit denen ihre Schwester umher streifte lieber. Mir auch egal, hatte sie damals gedacht, als dieses Thema lang und breit erörtert wurde.
Sie gingen noch einkaufen, dann fuhren sie nach Hause. Dort angekommen half Steffi noch den Einkauf wegräumen, bevor sie sich in ihr Zimmer zurück zog, um wie sie gesagt hatte zu lernen und Hausaufgaben zu machen. Keines von beiden nahm wirklich viel Zeit in Anspruch, die Aufgaben waren schnell gemacht und während dem Lernen, begann sie zu überlegen was sie Luke schreiben konnte. Sie war nur mit halben Kopf beim Lernen, warum auch, alles hatte sie beim Bio- Abi schon mal gehabt und das brauchte sie nicht mehr lernen. Also kramte sie ihr Handy aus der Schultasche und schaltet es ein. Irgendwie hoffte sie er hätte mittlerweile geantwortet. Hatte er aber nicht, also schrieb sie:
´Hey und schon zu hause? oder noch bei arbeit? sorry wegen vorhin´
Sie sah auf die Uhr, es war schon fast halb sechs.
´wegen dem WE weiß ich noch nicht, sag ich dir am Do oder FR, ok?´
Sie drückte auf senden und legte ihr Handy unter ihr Kopfkissen, setzte sich wieder aufs Bett und begann in dem Buch zu lesen. Blutgruppenbestimmung, dachte sie, hab ich bis zum abwinken gelernt. Das chemische Periodensystem kann ich aus dem ff, nicht Neues für mich.
Sie sah immer wieder nach, ob er ihr schon geantwortet hatte, obwohl sie das Vibrieren gehört hätte. Sie legte sich bäuchlings aufs Bett, das Buch auf dem Kopfkissen und tat so als ob sie lese, nur für den Fall das jemand in ihr Zimmer kam. Aber ihre Gedanken waren wo anders.
Ist er vielleicht wirklich eingeschnappt, ging es ihr durch den Kopf, aber ich hab ihm doch gesagt das das nicht so einfach ist.
Sie merkte das sie traurig wurde. Ich will ihn ja wiedertreffen, aber meine Mutter wird das nicht erlauben, oder sie schickt meine Schwester mit zum Aufpassen. Ist es denn so schwer. Ist es denn so falsch sich mit jemanden zu treffen, wenn ich schon jemanden gefunden habe, der das gerne möchte.
Sie sah wieder auf die Uhr. Halb sieben durch, dachte sie traurig, er wird sich nicht mehr melden, vielleicht gar nicht mehr.
Bevor ihre Gedanken weiter in dieses Thema abtauchen konnten, hörte sie ihr Handy vibrieren. Schnell kramte sie es unter dem Kopfkissen hervor und las die SMS:
´Hi, bin grad erst nach hause gekommen, wenn man nur nen halben tag hat für die arbeit eines ganzen, dauert es halt länger. Für was sorry, was war vorhin? war das zickiger gemeint wie es angekommen ist, in dem fall kannste froh sein das man bei sms nicht dir stimmlage hört :p wegen dem WE sagste mir halt bescheid wenn du es weißt, kein problem. wollt dir ja nur sagen was möglich wäre. Luke´
Steffi war erleichtert, sie antwortete ihm gleich:
´Zickig nicht, aber vielleicht etwas zu knapp. ja wegen dem WE kann ich halt erst gegen ende der woche was sagen. was machst jetzt noch?´
Sie sendete die SMS, eigentlich war es schon fast riskant ihm zu schreiben, ihre Mutter konnte jeden Moment ins Zimmer kommen, aber sie wollte noch mit ihm schreiben, obwohl sie gar nicht wusste über was.
Ihr Handy vibrierte erneut:
´Oh ich hab noch arbeit mit nach hause genommen, es gibt noch etwas papierkrieg. und du?
Was machst du noch?´
Sie schrieb zurück:
´Lernen. so blutgruppen, periodensysteme, mendelsche regeln, etc.´
Es dauerte eine Weile bis die Antwort kam:
´Ohh, da bleib ich doch lieber bei meinen paragraphen, das ist gar nicht mein fall, mir hat schulbio schon gereicht, das war der horror :)´
Sie musste lachen, ihre Mutter kam in dem Moment rein: „Was hast du zu lachen?“
Schnell lies sie ihr Handy zwischen den Seiten verschwinden:
„Das ist alles das gleiche wie in der Schule!“
„Na gut, dann brauchst du ja nicht lernen! Obwohl in der Schule hast du ja auch versagt!“
Ihre Mutter ging wieder hinaus und schloss die Tür.
Blödes Gelaber, dachte Steffi, in Bio hab ich nie versagt.
Sie holte ihr Handy hervor und schrieb Luke zurück:
´Das ist doch kein horror, paragraphen studieren klingt da für mich mehr nach horror.
bio macht spaß und ist außerdem einfach´
Diesmal kam die Antwort etwas schneller:
´Dann hättest du an meiner schule zu den sog. biomaniacs gehört, bio aus dem ff ohne viel zu lernen. ich war zwar keine niete darin aber ich saß stundenlang über den büchern und bin verzweifelt, vererbungslehre, kreuzungen zwischen blumen, zu wie viel % kommt was dabei heraus, ahh allein der gedanke daran… oh ne danke, aber wenns spaß macht, bitte! :p aber ich will dich nicht länger von deinen schulischen pflichten abhalten, wenn du noch lernen musst sag ich gute nacht, schlaf gut. lg luke´
Oh nein, dachte sie, muss das sein, er hält mich von gar nichts ab, ich kann das doch alles schon.
´Lernen ist übertrieben, ich kann das noch alles, aber ich schätze ich halte dich von deinen paragraphen ab, also gut, schon verstanden, schlaf gut. ´
Sie überlegte, sollte sie sich auch so verabschieden. Warum nicht:
´lg steffi´
Sie drückte auf senden und war sich sicher das sie nichts mehr von ihm bekommen würde, aber schon kurz darauf meldete sich ihr Handy erneut:
´So war das nicht gemeint, ich dachte du musst wirklich noch lernen. die nacht ist noch lang ich kann auch später noch paragraphen reiten.´
Sie schrieb zurück:
´Ja ja, wers glaubt :p und dann hockst du bis morgen wahrscheinlich über den akten und kommst nicht zum schlafen, ne ne schon ok, gute nacht luke´
Sie wartet eine Weile, wollte gerade ihr Handy weglegen als es erneut vibrierte:
´Wäre nicht das erste Mal mit weniger wie 3 stunden schlaf zur arbeit zu gehen, hast doch selbst gesagt im alter nimmt das schlafbedürfnis ab :p aber ok, schlaf gut bis morgen, luke´
Steffi schaltet ihren Wecker ein und machte das Handy aus, legte es auf den Bettkasten, der am Kopfende ihres Bettes im Schrank integriert war und stand auf um sich umzuziehen.
Als sie ihren Schlafanzug anhatte, kam ihre Schwester in ihr Zimmer:
„Duu?“ fragte sie. Steffi kannte diesen Tonfall. Sie versteht wieder was nicht und jetzt kommt sie angeschleimt damit ich es ihr erkläre, dachte sie.
„Was ist?“
„Kapierst du das?“ Sie zeigte auf eine aufgeschlagene Seite ihres Buches, welches sie in der Hand hatte.
„Klar! Ist doch ganz einfach!“
„Echt?“
„Ja, warum?“
„Ich kapier es nicht. Kannst du ..?“
Steffi setzte sich im Schlafanzug auf ihr Bett und verbrachte die nächsten drei Stunden ihre Schwester zu erklären, was sie nicht verstand.
Es war später wie gedacht als Steffi endlich das Licht aus machen konnte und schlafen konnte.
Am nächsten Morgen wurde sie nach einer viel zu kurzen Nacht von ihrem Handy geweckt.
Allerdings vibrierte es öfter als sonst. Sie nahm es vom Bettkasten, schaltete es ein und bekam die Nachricht eine SMS von Luke empfangen zu haben.
Oh, dachte sie wann hat er die denn geschrieben. Hoffentlich nicht gestern noch. Sie öffnete sie:
´Guten Morgen. gut geschlafen. ich wünsch dir einen schönen tag, lg luke´
Die SMS war Punkt Sieben Uhr angekommen.
Sie lächelt, schrieb ihm zurück, noch bevor sie die Bettdecke zurück schlug:
´Auch eine guten morgen, ja gut geschlafen, zwar nur wenig aber.. ich wünsch dir auch einen schönen tag, lg steffi´
Sie war sich gerade beim anziehen als er zurück schrieb. Schnell las sie bevor ihre Mutter in ihr Zimmer kommen würde:
´Warum nur wenig, dachte du musst nicht soviel lernen, hab ich dich doch mehr abgehalten wie gedacht?´
Sie griente, antwortet ihm schnell:
´Nein, du nicht! meine schwester hat mich noch aufgehalten, hab ich noch einiges erklärt, deswegen´
Sie drückte auf senden und schob gerade das Handy ihr ihre Tasche als ihre Mutter die Tür aufmachte: „Kommst du endlich! Dann penn ehern, wenn du morgens nicht aus dem Bett kommst!"
Steffi wollte gerade erwidern das es nicht ihre Schuld war, ließ es aber, hätte eh keinen Zweck gehabt.
Steffi setze sich ins Auto und spürte wie ihr Handy in der Tasche vibrierte. Schlechtes Timing, dachte sie, ich les nachher und schreib zurück.
Kaum war sie ausgestiegen, suchte sie ihr Handy und las.
´Da bin ich aber froh, das ich nichts dafür kann, bist schon in der schule oder?
also gut, wünsch dir eine schönen Tag, meld dich wenn du zeit hast.´
Sie war in Versuchung ihm gleich zu schreiben, aber sie waren spät dran und sie musste diesen Test ja gleich schreiben.
Der Test war wie erwartet einfach, nach knapp der Hälfte der Zeit gab sie ihn ab, nahm ihr Handy und ging in den Vorraum, setze sich auf die Couch und sah auf die Uhr.
Erst halb zehn, stellte sie fest. Kann ich ihm schon schreiben, fragte sie sich. Warum nicht.
´Hi, test so einfach wie gedacht, kinderspiel und alles ok?´
Sie sendete und wartete.
Sie wartet bis fast 13 Uhr, bevor er ihr antwortete:
´Hi, biomaniac :p.
sorry das ich erst jetzt schreib, hatte aber grad noch einige klientengespräche und das dauert. Wie geht’s dir?´
Sie war gerade wieder mit Sarah beim Bäcker.
´Mir geht’s gut, mittagspause und du. auch zeit zum was essen?´
Sie waren bereits wieder auf dem Weg zurück zu Schule, als ihr Handy sich meldete.
´So gesehen schon, hab in ca ner halben stunde ein besprechungsessen, obwohl das bestimmt wieder ewig dauert. ich glaub ich sag am besten gleich tschüss bis heut abend, weil vorher komm ich zu nichts mehr. lg luke.´
`Oh ok, also dann bis heut abend, viel spaß noch, lg steffi´
Sie sendete und freute sich schon auf abends.


Es war nach 19 Uhr als ihr Handy sich meldete.
`Hallo, na alles klar bei dir?´
Sie schrieb schnell zurück:
´Ja klar, und wie geht’s dir, genug paragraphen gewälzt?´
Sie hatte das Handy kaum hingelegt, da vibrierte es.
´Langer tag, für heute genug gewälzt, morgen geht’s weiter´
´Siehst, ich wälz höchstens mal patienten, aber auch nur manchmal, nase voll für heute :p´
Wieder hatte sie das Handy gerade auf ihr Bett gelegt, diesmal zog sie sich aber erst um, legte sich aufs Bett und schlug ein Buch vor sich auf, nur zur Sicherheit, bevor sie las:
´Da fragt man sich was leichter ist, papier oder mensch :)´
`Kommt darauf an, psychisch oder physisch gesehen´
`Hah, stimmt aber ich denke ich kann physisch da auch manchmal mithalten, und sonst?´
´Alles ok, bin nur müde, drei stunden schlaf sind einfach zu wenig´
`Mmh, ok wink verstanden, dann lass ich dich in ruhe, schlaf gut, gute nacht, lg luke´
´So war das nicht gemeint, aber gute nacht klingt eigentlich ganz verlockend, was ist mit dir noch viel arbeit vor dir?´
Sie wollte noch nicht das er aufhörte ihr zu schreiben, diesmal dauerte es länger bis er antwortete.
´Es geht, hatte schon mal mehr, hab aber ehrlich gesagt keine lust mehr auf papierkrieg, ich glaub, ich lass es für heute einfach gut sein, rennt mir ja nichts davon´
`Sag deinem boss das das nicht nett ist immer soviel arbeit mit nach hause zu kriegen, schon mal was von freizeit und feierabend gehört?´
´Mein boss kennt da nix :), aber trotzdem ich mach heut einfach nix mehr´
´Gut! ich lieg auch auf dem bett und harre der dinge die da kommen, allerdings glaube ich werde ich ehern einschlafen bevor irgendetwas kommt´
´Also doch sehr müde, ich bleib auch einfach auf der couch liegen. heißt das das wenn du mir nicht mehr antwortest du einfach eingeschlafen bist?´
`Nein, bevor das passiert sag ich vorher gute nacht´
´Aber ich befürchte das könnte zumindest bei mir nicht so klappen, weißt du was, wir sagen gleich gute nacht´
´Wenn du meinst, mmh ok, gute nacht, schlaf gut´
´Hey das heißt nicht das ich nicht mit dir reden will, aber.. wäre unhöflich, oder? ich wünsche dir eine gute nacht, schlaf gut, bis morgen, lg luke´
´Das würd ich jetzt auch sagen :p aber du hast ja recht, bis morgen schlaf gut luke, lg steffi´
Sie schaltete ihr Handy aus.
Diese morgendliche und abendliche Prozedur führten sie jeden Tag durch.
Jeden Morgen zeitgleich mit ihrem Wecker um sieben kam eine SMS von Luke in der er sie fragte wie sie geschlafen hatte und ihr einen schönen Tag wünschte, sie schrieb ihm wie sie geschlafen hatte und wünschte ihm auch einen schönen Tag. Mittags schrieben sie sich nicht, da sie meist eh keine Zeit fanden, aber jeden Abend erzählten sie sich was am Tag war und wünschten sich eine gute Nacht.
Sie empfand es als sehr schön, es hatte etwas Vertrautes.
Er war froh, das sie sich regelmäßig meldete, es war im wohler dabei. Er hatte das Gefühl das sie dadurch nicht mehr so distanziert war.

Am Freitagmittag, nach der Schule, fragte Luke sie erneut ob sie am Wochenende Zeit hätte.
Sie hatte ein ganz mieses Gefühl in der Magengegend als sie ihre Mutter darauf ansprach.
„Du willst was?“
Steffi holte tief Luft: “Luke hat mich gefragt ob ich mit ihm am Samstag auf diesen Markt gehe, der in der Stadt ist.“
„Du gehst nirgendwo hin mit irgendeinem fremden Kerl!“
„Aber ich war doch schon mit ihm im Kino! Was ist jetzt da der Unterschied?“
„Da diskutier ich nicht mit dir, fertig!“
Steffi spürte wie ihr die Tränen in die Augen strömten. Jetzt bloß nicht weinen, dachte sie, das würde ihr noch gefallen. Sie drehte sich um, ging in ihr Zimmer und warf sich aufs Bett. Ihr Handy vibrierte erneut, sie wagte nicht zu lesen was er schrieb, denn sie musste ihm ja dann eine Antwort schreiben.
Sie hörte wie ihre Schwester und ihre Mutter sich unterhielten, sie brauchte gar nicht zu hören um was es ging, sie wusste es auch so. Steffi schaltet ihr Handy ab, sie wollte nicht riskieren das er anrief. Das ist nicht fair, dachte sie, meine Schwester ist drei Jahre jünger und darf mehr machen wie ich. Jetzt will ich einmal weg und darf nicht.
Unter Tränen schlief sie ein. Sie verschlief den ganzen restlichen Freitag, schlief fast die ganze Nacht durch. Gegen halb 3 Uhr wurde sie wach, sie schaltet ihr Handy ein, es vibrierte sofort mehrmals.
´3 neue Kurzmitteilungen´, stand auf dem Display. Ihr Magen zog sich zusammen. Sie öffnete die Erste:
´Hi, alles ok, was ist?´
Dann die zweite:
´Steffi? Lebst noch?´ Sie sah das diese um 19.30 Uhr geschrieben wurde.
Die Dritte war um 22.45 Uhr geschrieben worden:
´Meld dich morgen und sag bescheid, gute nacht, luke`
Ihr Magen zog sich noch mehr zusammen, sie entschied, auf die Gefahr hin, morgen noch mehr Streit zu verursachen, ihre Mutter nochmals zu fragen.
Sie schlief, mit Magenschmerzen, nochmals ein.
Am nächsten Morgen, sie sah aufs Handy, es war bereits fast halb 12, stand sie auf und traf in der Küche ihre Mutter, die gerade irgend etwas komisches kochte.
„Morgen!“ Steffi konnte ihre schlechte Laune nicht verbergen.
„Mmmh, auch schon wach!“ Auch die Laune ihrer Mutter war gut zu erraten: „Na du hast vielleicht ne Laune!“
„Mmh..“ war alles was Steffi darauf antwortete.
„Wenn du den ganzen Tag so ne Laune schieben willst.. Ach weißt du was mach doch was du willst!“
Steffi sah sie mit großen Augen an, wenn sie wieder glaubt ich mach es nicht, hat sie sich getäuscht, dachte sie.
„Ok, dann sag ich ihm bescheid, das er mich abholen kann!“ Sie wartete auf irgendeine Reaktion ihrer Mutter, aber es kam keine.
Steffi ging zurück in ihr Zimmer, suchte ihr Handy und schrieb Luke eine SMS.
´Hi, sorry das ich mich gestern nicht mehr gemeldet habe, wo und wann sollen wir uns treffen, lg steffi´
Sie wusste das er sie wieder abholen wollen würde. Seine Antwort kam prompt:
´Ich dachte eigentlich ich hole dich so gegen 7 uhr ab, oder?` Sie lächelte, als ob ichs geahnt hätte, dachte sie.
´7 uhr ist gut, alles klar, bis heute abend, lg steffi´
Sie sendete ihm die SMS und ging zurück in die Küche.
Ihre Mutter sah sie abschätzend an:„So, was ist?“
„Er holt mich um sieben ab!“
„Gut!“
Steffi verbrachte den gesamten Samstag damit zu lernen, wobei sich das Konzentrieren in Grenzen hielt, und daran zu denken was sie anziehen sollte, oder was eventuell passieren würde.
Um halb sechs ging sie ins Bad, sie musste Duschen, Haare waschen.
Sie wickelte sich gerade in ihr Handtuch ein, als sie hörte wie es an der Haustür klingelte.
Sie sah erschrocken auf die Uhr, es war erst Halb, aber es war Luke, oder? Fragte sie sich.
Sie lief nur mit dem Handtuch umwickelt in den Flur und sah aus dem ersten Stock nach unten. Dort stand Lukes schwarzer BMW vor der Garage.
Was hat er vor, fragte sie sich. Sie hörte wie die Hündin, die wenn es kalt war, wegen ihres Alters im Wohnzimmer schlief, anfing zu bellen. Steffi ging an die Treppe und schaute von oben herunter. Ihre Mutter öffnete erst die Haustür, sah um die Ecke zur Glastür und schob dann mit dem Bein die Hündin zurück. Steffi hörte wie die Glastür aufgeschlossen wurde und hörte eine schon fast vertraute tiefe Stimme. Sie verstand nicht was er sagte, aber er redete mit ihrer Mutter.
Oh Gott, dachte sie, als ihr klar wurde was er vor hatte, die nimmt dich in der Luft auseinander. Oh Luke bitte nicht, lass mich dich erst vorwarnen.
Aber es war zu spät, sie sah wie ihre Mutter die Haustür öffnete, die Hündin ins Wohnzimmer schickte. Sie hatte einen Strauß Blumen in der Hand, rote und weiße Lilien, wenn sie es richtig sah. Ihre Mutter ging voraus und Steffi sah mit klopfendem Herzen, wie Luke, heute ganz in Schwarz gekleidet, ihrer Mutter in Richtung Esszimmer folgte. Sie schnappte nach Luft. Das konnte gar nicht gut Enden, passend angezogen ist er ja, dachte sie und musste mit den Tränen kämpfen, wenn meine Mutter mit ihm fertig ist, will er mich bestimmt nie wieder sehen, oder er ist reif für den Friedhof.
Sie ging zurück ins Bad, wusch sich nochmals das Gesicht, zog sich einen Bademantel über, denn sie musste an Küche und Esszimmer vorbei um in ihr Zimmer zu kommen. Sie lief leise die Treppe nach unten und schaute im vorbei gehen ins Esszimmer. Luke saß an der Stirnseite des Tisches, die Unterarme und die gefalteten Hände auf dem Tisch liegend. Er sah zu jemanden der rechts an der Seite saß, wohl ihre Mutter. Diese konnte sie aber nicht sehen, da die Wand im Weg war.
Steffi sah wie Luke ihre Mutter immer wieder freundlich anlächelte, sich mit ihr unterhielt und obwohl sie keine acht Meter entfernt war, verstand Steffi kein Wort.
Sie ging weiter in ihr Zimmer. Ich kann jetzt nichts mehr ändern, sagte sie sich und war sich sicher, dass sie Luke heute zu letzten Mal sehen würde. Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie kramte etwas zum anziehen aus dem Schrank, nicht ganz sicher ob sie heute überhaupt noch weg gehen würde. Als sie angezogen war, hatte sie immer noch nasse Haare, also legte sie sich das Handtuch um die Schultern und ging hinaus Richtung Küche. Sie blieb im Türrahmen stehen. Im gesamten Untergeschoß waren außer ihrer Zimmertür alle Türen ausgehängt worden, damit der kleine Holzofen im Wohnzimmer alles heizen konnte. Daher hatte sie von ihrer Position einen ungehinderten Blick auf Luke, der mittlerweile relativ entspannt auf dem Stuhl saß. Er lehnte sich an und Steffi sah zu ihrer Überraschung, dass ihre Hündin, welche Fremden gegenüber eigentlich zurückhaltend war, ihren Kopf auf Lukes rechtem Oberschenkel gelegt hatte und sich von ihm hinter den Ohren kraulen ließ.
Als sie Steffi bemerkte stand sie auf und kam schwanzwedelnd auf sie zu, erst jetzt bemerkte auch Luke sie. Er sah sie an und lächelte:
„Du willst aber nicht mit nassen Haaren raus, oder?“
Steffi schaute ihn ungläubig an, sie hatte gar nicht richtig bemerkt das er mit ihr sprach:
„Was?“
„Ich habe dich gefragt ob du wirklich mit nassen Haaren raus willst, ist nicht gerade warm draußen.“
Steffi fuhr sich mit der Hand über die nassen Haare, an denen das Wasser bereits auf den Fußboden tropfte. Die Schäferhündin war bereits dabei den Boden aufzuschlecken.
„Oh, ne ne die föhn ich noch!“
Luke sah sie an und lächelte wieder.
Die Hündin war nun fertig den Boden trocken zu schlecken und trabte wieder zurück zu Luke, der ihr mit der rechten Hand wieder über den Kopf fuhr, er drehte sich etwas auf dem Stuhl, sodass er nun mit beiden Händen der Hündin ins Fell am Hals greifen konnte.
Steffi sah wie gebannt zu. Das lässt sie normaleweise nur uns machen, bevor sie zu ende gedacht hatte, sah sie wie Luke ins Fell griff und es so durchwuschelte das die, für Schäferhunde bekannten, Tütenohren nur so wackelten. Baddy blieb ganz ruhig vor ihm stehen, sprang, nachdem er sie losgelassen hatte, wie ein Ziegenbock durch das Esszimmer Richtung ihrem Korb. Seine Spielaufforderung nahm sie an. Steffi sah weiter ungläubig zu, hörte das ihre Mutter etwas zu Luke sagte und dieser ihrer Mutter nur zunickte. Baddy kam zurück, mit einem Spielzeug, das aussah wie eine Hantel, dieses Ding quietschte auch noch zu allem Überfluss und Baddy konnte das bis zum Exzess. Sie kam auf Luke zugerannt und legte diesem ihre Hantel auf die Knie. Luke hatte sich in der Zeit, um Baddy nachzuschauen, komplett herum gedreht, sodass er sich mit der rechten Schulter an die Rückenlehne lehnen konnte. Als Luke nicht gleich darauf reagierte, stupste sie die Hantel mit der Nase seine Oberschenkel hinauf. Luke sah Baddy an und griente, schupste mit dem Zeigefinger die Hantel wieder nach unten, Richtung seiner Knie. Baddy stupste die Hantel wieder nach oben und Luke sie wieder nach unten. Dieses Spiel trieben die Zwei eine Zeitlang.
Irgendwann hielt Luke die Hantel fest, nachdem Baddy sie nach oben gestupst hatte, Steffi wollte ihn gerade warnen, das das keine gute Idee sei die Hantel auf seinen Oberschenkeln festzuhalten. Baddy war aber schneller, sie sprang mit beiden Vorderfüssen auf Lukes Schoss, und tat so als wollte sie ihn in die Nase beißen, Steffi wusste das sie ihre Zähne meist kurz vorher zusammenschnappen ließ und nie auch nur die Nase berührte aber sie wusste, das Luke das nicht wissen konnte. Sie würde ihn mit Sicherheit erschrecken. Luke zog aber nur seinen Kopf ein Stück zurück, obwohl Baddys große Zähne, ihm ziemlich nahe kamen. Er sah sie herausfordernd an, legte ihr die rechte Hand um das Maul und rieb mit seinem Daumen über ihre Nase. „Ganz schön frech für so nen kleinen Hund!“ sagte er gespielt ernsthaft, aber man konnte hören wie er sich das Lachen verkneifen musste.
Die Hündin setzte sich jetzt vor ihn hin, legte ihm eine Pfote aufs Knie und Luke ließ die Hantel wieder noch vorne kullern. Baddy packte die Hantel und schmiss sie direkt vor Lukes Gesicht nach oben, fing sie in der Luft ab und ließ dabei hörbar ihre Zähne, nicht weit von Lukes Gesicht, zusammen schnappen.
Luke sah sie an, griente noch breiter: „Angeber! Glaubst du ich hab Angst vor dir?“
„Die meisten haben’s!“ hörte Steffi ihre Mutter sagen. Luke sah sie an und zuckte nur mit den Schultern: „Da muss schon was ganz anderes kommen!“
Steffi hätte gerne ihre Reaktion gesehen, wagte aber nicht näher ans Esszimmer zu gehen. Sie sah Luke an, dieser lächelte ihr zu und zog eine Augenbraue nach oben. Sie verstand, zwinkerte ihm zu und drehte sich um, lief die Treppe nah oben und föhnte sich im Bad die Haare. Es dauerte eine Weile aber dann waren sie trocken genug um sie zusammen zubinden. Steffi lief schnell die Treppe hinunter, hatte das Gefühl Luke lange genug mit ihrer Mutter alleine gelassen zu haben. Sie lief am Esszimmer vorbei, rief dabei: „Luke, bin gleich fertig. Dann können wir los!“, ging in ihr Zimmer und schnappte sich ihre Jacke. Sie lief zurück in den Flur und Luke stand bereits im Flur, zusammen mit ihrer Mutter und Baddy, die sich an ihn anlehnte, um sich weiter hinter den Ohren kraulen zu lassen.
Steffi war irritiert, mit so etwas hatte sie nicht gerechnet. Luke lächelte sie an und deutet mit der Hand Richtung Haustür, sie ging an ihm, ihrer Mutter und der Hündin vorbei. Ihre Mutter blieb im Flur stehen als Steffi und Luke zur Haustür gingen. Die Hündin folgte ihnen. Steffi nahm ihre Schuhe von der oberen Stufe des Windfanges und sah erst jetzt das Luke nur Strümpfe anhatte, er hatte seine Schuhe neben ihre abgestellt. Steffi stieg die ersten drei Stufen auf das Plateau herunter und stellte sich auf die vier weiteren, die in den Hof herunter führten und stellte sich darauf um sich besser die Schuhe zumachen zu können. Luke lehnte sich an die Wand und zog auf einem Bein stehend seinen ersten Schuh an. Baddy blieb vor ihm sitzen. Sie schaute ihn an und Steffi sah wie sie die Stirn in Falten legte. Die hat irgendwas vor, dachte Steffi. Sie kannte diese Hündin gut genug. Luke war gerade dabei sich den zweiten Schuh anzuziehen, als die Hündin aufstand, auf ihn zulief und Steffi erahnte was sie vorhatte.
„Luke pass auf!“
„Was? Warum?“
„Die liebt es Menschen zum kreischen zu bringen!“
Luke sah sie irritiert an: „Was meinst du mit…“
Bevor er den Satz zu Ende bringen konnte, steckte ihm Baddy ihre gesamte Schnauze zwischen die Oberschenkel und stupste mit der Nase nach oben.
„Hey!“ Lukes Stimme war lauter und ein paar Tonlagen höher. Er schob mit der flachen Hand Baddys Schnauze nach unten: „Du bist ganz schön frech!“
Baddy freute sich wie irre, sprang wie ein Ziegenbock die Stufen in den Flur nach oben und duckte sich dort mit dem Oberkörper nach vorne, hatte den Hintern nach oben gestreckt und wedelte vergnügt mit dem Schwanz. Ihre Spielaufforderung war klar.
„Du kleines…“ zu mehr kam Luke nicht, denn die Hündin drehte sich um ihre eigene Achse und rannte in den Flur. Steffi konnte hören wie ihre Krallen auf den Fliesen rutschten.
Luke sah ihr nach, schüttelte den Kopf und fing an zu Lachen. Dieses Lachen brachte Baddy nur dazu, zurück zu Luke gerannt zu kommen.
„Sei froh das Winter ist und sie kein Wasser da stehen hat, sonst hätte sie eine Schnauze voll genommen und es dir zwischen den Oberschenkel heraus laufen lassen.“ Steffi konnte sich ein kichern kaum unterdrücken. Luke kam ein paar Schritte auf sie zu, stand mit ihr schließlich auf den unteren vier Stufen und drehte sich nochmals zu ihrer Mutter um, die ihnen mittlerweile gefolgt war und ebenfalls auf dem Plateau stand. Baddy stand wieder direkt vor Luke, zog wieder die Stirn in Falten und kam einen Schritt auf Luke zu, bevor sie diesmal ihre Nase auch nur annähernd in die Reichweite seiner Oberschenkel hatte, legte Luke ihr die ganze Hand über die Schnauze: „Aber du legst mir nur einmal rein, das machst du nur einmal mit mir....zumindest heute!“
Baddy blieb vor ihm stehen, ließ ihre Ohren seitlich herab hängen und war sichtlich enttäuscht Luke nicht noch mal so erschrecken zu können. Luke beugte sich vor, griff mit beiden Händen in ihr Halsfell und hielt sie fest, er hatte sein Gesicht ganz nah an ihrer Schnauze.
„Oh du, guck nicht so!“
Steffi sah wie die Hündin ihre Backen aufblies und wollte Luke gerade warnen.
Luke registrierte ungefähr zur selben Zeit wie Steffi was Baddy vorhatte, er war aber zu dicht an ihr dran. Er konnte nicht schnell genug zurückweichen.
Er spürte etwas Warmes, Nasses an seiner Kehle.
Sie leckte ihm mit ihrer warmen, weichen Zunge über die Kehle bis zum Kinn, Luke zog den Kopf etwas zurück und Steffi sah wie Baddy ihre lange Zunge vorschnalzen ließ. Luke war aber diesmal schneller, er zog den Kopf zurück bevor Baddy ihm über dem Mund schlecken konnte. Steffi rechnete damit, dass Luke irgendwie wütend oder angewidert sein würde, aber er lachte nur.
Steffi sah dem ganzen Schauspiel zu und war sichtlich verwundert:„Du alte Sau!“, sagte Steffi zu Baddy, konnte sich ein kichern aber nicht verkneifen. Baddy sah sie schon fast beleidigt an, wollte ein Stück von Luke zurückweichen, konnte es aber nicht, da dieser immer noch seine Hände in ihrem Fell hatte. Luke sah Baddy mit gespieltem Entsetzen an: „Was hat die zu dir gesagt,… alte Sau!“ Luke legte den Kopf etwas schräg: „Also so alt bist du auch nicht und irgendwie siehst du mehr wie Schäferhund aus..!“ Luke lachte wieder, sah über seine Schulter Steffi an und zwinkerte ihr zu. Sie sah ihre Mutter an, welche das Ganze von der Haustür aus, beobachtet hatte.
Der Gesichtsausdruck ihrer Mutter war unbezahlbar. Sie hatte, genau wie Steffi, mit irgendetwas anderem gerechnet, von Lukes Seite, aber auch von Baddys Seite her.
Luke wuschelte erneut durch das Fell der Hündin, beugte sich wieder etwas tiefer hinunter: „So, du freches Etwas, ich geh jetzt. Musst dir was anders suchen zum ärgern!“
Luke ließ sie los, Baddy trabte zurück in den Flur und kam mit ihrer Hantel in der Schnauze zurück. Luke hatte sich während dessen zu Steffi umgedreht und beide waren bereits auf dem Hof. Steffi wollte gerade die Glastür zumachen, als Luke sich herum drehte und die Hand zurück in den Windfang streckte. Ihre Mutter kam zögerlich auf ihn zu und nahm seine Hand.
„Auf Wiedersehen!“ sagte Luke.
Ihre Mutter sah ihn irritiert an, Steffi wollte zu gerne wissen was die beiden besprochen hatten, wagte aber im Moment nicht zu fragen.
Ihre Mutter schüttelte sein Hand: „Auf Wiedersehen! Wann bringen sie meine Tochter zurück?“
„Ich denke später wie Mitternacht wird es nicht!“
Ihre Mutter sagte nichts dazu, sie nickte nur.
Steffi war schockiert, sie hatte mit langen Diskussionen gerechnet, was die Uhrzeit betraf. Sie hatte nicht geglaubt, dass ihre Mutter einfach nur nicken würde. Luke ließ die Hand ihrer Mutter los, drehte sich zu Steffi und lächelte sie an. Was hast du mit meiner Mutter gemacht, fragte sie sich, oder ist das bloß Show vor ihm. Steffi hörte wie ihre Mutter die Glastür abschloss und Luke hatte das genauso gehört, er drehte sich nochmals um und fing an zu lachen. Steffi schaute in die gleiche Richtung und sah wie Baddy auf der obersten Stufe saß, die Vorderfüße eine Stufe tiefer hatte und mit seitlich herabhängenden Ohren ihre Hantel enttäuscht auf den Boden fallen ließ.
„Oh, du armes Mädchen. Keiner spielt mit dir!“ sagte Luke. Die Hündin hatte ihn sehr wohl gehört, schaute ihn an, legte den Kopf zuerst nach links dann nach rechts und nahm schließlich ihre Hantel um damit ins Haus zurück zu gehen.
Luke drehte sich zu Steffi, deutete mit seiner Hand Richtung Auto und hielt ihr die Beifahrertür auf, als sie den Wagen erreichten. Steffi konnte immer noch nicht fassen, was gerade passiert war. Erst als sie fast auf der Hauptstrasse waren, drehte sie sich zu Luke und schaute ihn immer noch schockiert an, diesem war ihr Blick nicht entgangen.
„Was ist? Du guckst, als ob du nicht sicher bist, wach zu sein!"
Sie sah ihn noch einen Weile an um zu überlegen was sie antworten sollte. Schließlich sagte sie: „ Naja, .. es ist nur so, die meisten.. haben meist Angst vor unserer Hündin. Schon allein beim Anblick, die würden sie nicht mal annähernd so nahe an sich heranlassen, deswegen..!“
Das war natürlich nicht ganz die Wahrheit, aber sie wollte im Moment gar nicht wissen was zwischen ihm und ihrer Mutter gewesen war.
Luke griente: „Ich bin mit ner Schäferhündin aufgewachsen. Und die war mindestens genauso frech, deswegen.“ Bei der Erinnerung daran, griente er noch mehr, aber Steffi sah noch etwas anderes in seinem Blick.
Wieder sah Luke sie an: „Was ist?“
„Nichts. Nur .. ach vergiss es!“
„Nein, raus damit!“
„Mh, du hast nur grad so komisch gewirkt.“
Luke lächelte sie an, drehte den Kopf wieder nach vorne und sah auf die Strasse.
„Man sollte nicht glauben wie lang man so ein Tier vermissen kann, wenn es so lange bei einem war!“ Diesmal klang seine Stimme wirklich traurig.
Steffi wagte nicht nachzufragen und nach einer Weile redete Luke weiter:
„Sie hat meiner Mum immer systematisch die Blume niedergemacht, weil sie sich immer mitten rein gelegt hat!“ Seine Stimme klang jetzt weniger traurig, sie klang fast schon vergnügt als er weiter sprach: „Und ich hab immer versucht die platt gemachten Blumen wieder aufzurichten, aber zugegebenermaßen nur mit mäßigem Erfolg!“
„Und was hat deine Mum dann gemacht?“
„Ihr ein kleines Blumenbett auf der anderen Seite des Gartens!“
Steffi sah ihn ungläubig an: „Deine Mum hat für den Hund ein eigenes Blumenbeet angelegt?“
Luke lachte, nickte: „Ja, aber nur mit Jasmin.“
„Warum nur Jasmin?“
„Weil sie prinzipiell immer nur in die gelegen ist! Deswegen hab ich sie auch so genannt!“
Steffi sah ihn immer noch erstaunt an: „Alles klar!“ sagte sie vergnügt.
„Nein wirklich. Sie hieß Jasmin!“ Luke sprach es englisch aus. „Und woher hattest du sie?“
„Eigentlich wollte mein Mutter und vor allem mein Vater keine Tiere. Wir sind zu oft umgezogen und meist konnten wir nur das mitnehmen was ins Auto und einen kleinen Anhänger gepasst hat. Möbel konnten wir nie mitnehmen, brauchten wir auch nicht. Alle Häuser der Militärs waren voll eingerichtet. Manchmal musste ich mich entscheiden, welche Spielsachen zurück bleiben mussten und nachdem meine kleine Schwester da war, hieß es noch weniger pro Person.“
„Ein Haustier hätte dasselbe bedeutet, höchstens ihr hättet es zurück gelassen!“ sagte Steffi.
„Ja,…. Deswegen hing ich viel bei den Wachhunden herum. Die Hundeführer waren davon nicht sehr begeistert, weil es ja Wachhunde und keinen Spielzeuge für einen Sechsjährigen sein sollten, aber die Hunde akzeptierten mich. Ich konnte sogar bis in ihre Zwinger und Hütten kriechen. Und manchmal wurde eine Hündin halt trächtig. Das hieß dann nur, das ich noch mehr in den Zwingern herumkroch. Aber die Hündinnen ließen mich ohne Probleme an die Welpen. Und in dem Fall, war einer der Welpen halt kleiner und ich saß oft bei der Hündin im Zwinger und sorgte dafür das alle Welpen was zu trinken bekamen. Wenn ich merkte das die Kleinste nicht zum trinken kam, nahm ich einfach einen der Größeren von den Zitzen weg und legte die Kleine daran. Die Hündin kümmerte es nicht was ich tat, sie kam und ging wie es ihr gefiel und ich passte in der Zwischenzeit auf. Nicht einmal ihr Hundführer durfte so nahe an die Welpen wie ich, ich glaube das hat ihm gestunken und er überzeugte meine Eltern davon, das es für mich zu gefährlich sei. Also durfte ich, nach fast drei Monaten nicht mehr hin. Irgendwann erzählte mein Vater meiner Mum, das der Hundeführer ihm erzählt hatte, das die Kleinste aus dem Wurf nichts fraß. Meine Mum fragte ihn was der Hundeführer denn jetzt vor hatte. Ich sah nur wie mein Vater mit den Schultern zuckte und sagte, das man da halt nichts machen könne, wenn sie nicht fresse. Ich bin darauf hin zu meiner Mum und habe ihr gesagt das ich das Hundebaby dazu bringen könnte, das sie etwas fraß. Zuerst erlaubte es meine Mum nicht, aber irgendwann erlaubte sie es. Ich wusste ja was ich machen musste um etwas zu bekommen, und meinen Mum konnte meist eh nicht lange Nein sagen. Also ging ich mit meiner Mum zurück zum Zwinger und fand die Hündin halb verhungert. Ich kroch in den Zwinger und begann ihr mit den Händen das Futter ihr so lange vor die Schnauze zu halten bis sie fraß. Ich macht das fast drei Stunden, bis der Napf leer war. Dann gingen wir wieder nach Hause und keine drei Tage später kam der Hundeführer zu uns und sagte das sie wieder nichts fresse. Ich sagte, dass ich wieder mitkommen würde aber diesmal war mein Dad zu Hause und verbot es mir. Er sagte das es so was nicht gäbe, ein Hund der gefüttert werden müsste, sie würde schon fressen wenn sie Hunger habe. Der Hundeführer sagte zu Dad, das die Hündin wohl zu sehr auf mich geprägt sei und mich wohl so vermissen würde das sie nicht fresse. Mein Dad sagte, das ihr Schicksal wohl damit besiegelt sei. Ich verstand nicht was das bedeutete, aber ich wusste das sie irgendwann sterben würde, wenn sie nicht fressen würde. Ich fing an mit meinen Dad zu streiten, so gut wie man das mit sechs Jahren halt kann. Ich sagte ihm das sie sterben würde und das ich jetzt dahin gehen würde und ihr was zu essen geben würde. Der Erfolg, wie du dir denken kannst hielt sich in Grenzen. Der Hundeführer ging und ich rannte in mein Zimmer und warf mich da heulend aufs Bett. Ich redete mit niemand mehr, meine Mum war schon verzweifelt, ließ mich aber nach ner Weile in Ruhe, nachdem sie versucht hatte mit mir zu reden und mich zu beruhigen. Sie hatte genauso wenig Erfolg dabei, wie ich bei meinem Vater. Erst am nächsten Mittag ging ich wieder aus meinem Zimmer. Meine Mum hatte gerade Mittagessen gemacht und mein Vater und sie saßen schon am Tisch. Mum hatte meine Schwester auf dem Arm und gab ihr gerade die Flasche, als ich mich an den Tisch setzte. Vor mir stand ein Teller mit meinem Mittagessen, ich sah meinen Vater an und schob provokativ meinen Teller von mir weg. Meine Mum fragte mich ob ich keinen Hunger hätte und ich sagte, dass sich nicht Essen wolle. Mum sagte darauf, dass ich doch was Essen müsse und mein Vater schob meinen Teller wieder vor mich hin. Ich schob ihn wieder weg und fragte warum ich essen solle. Mum sagte das man das halt müsse. Ich sah meinen Vater an und sagte dann, dass mein Schicksal damit wohl besiegelt sei!“
Steffi sah Luke an und dieser grinste nur: „Kinder können so theatralisch sein. Meine Mum sah mich nur geschockt an, und ich stand auf und ging zurück in mein Zimmer. Von dort hörte ich nur wie sich meine Mum und mein Dad unterhielten. Ich hörte nicht was sie sagten und es war mir auch egal.“
Luke drehte den Kopf zu Steffi und fing an zu lachen:
„Das Ergebnis meiner Sturheit, obwohl ich ehern glaube, der Überredungskunst meiner Mutter, war das als ich am nächsten Morgen zum Essen gerufen wurde, ich mich wieder mit verschränkten Armen an den Tisch setzte, und den Teller immer wieder von mir weg schob, solange bis mein Vater sagte das er jetzt wohl zwei im Haus habe die nichts futtern wollten. Ich verstand nicht was er damit meinte, meine Schwester nuckelte fröhlich an der Flasche und meine Mum war schon fertig mit frühstücken. Ich verstand erst was er damit meinte, als er die Tür vom Wäscheraum öffnete und mir ein kleines aufgeregtes Etwas um die Beine rannte!"
Steffi sah wie Luke bei der Erinnerung daran wieder lächelte.
"Also hat sich dein Vater doch überreden lassen!"
"Ja, obwohl ich manchmal glaube, dass mein Vater nur immer so hart machte. Ich glaube nicht das er den Welpen wirklich hätte verhungern lassen. Aber ich weiß es nicht. Also hatte ich jetzt einen kleinen Hund und war überglücklich, schon allein deswegen, weil ich wusste das er jetzt wieder fressen würde und nicht verhungern würde."
Luke sah Steffi von der Seite her an: "Ein Königreich für deine Gedanken!"
Steffi sah ihn an: "Wieso?"
"Naja, du schaust etwas merkwürdig!"
"Denkst du nur! Also, was war dann mit dem Welpen?"
„Nicht viel, sie fraß wieder und rannte den ganzen Tag im Haus und in Garten herum, nur ein Name wollte mir nicht einfallen.“
Wieder sah sie wie er lächelte: „Am nächsten Tag, glaube ich, hörte ich plötzlich meine Mutter aus dem Garten her rufen. Luke, wenn du nicht augenblicklich dieses durchgeknallte Etwas hier heraus holst, ist was los!“ Lukes Stimme war etwas höher, wohl im Versuch die Stimme seiner Mutter zu imitieren.
„Warum? Was hat sie gemeint?“, fragte Steffi. Luke griente und sah sie an: „Meine Mutter war schon immer ein Gartenfanatiker, überall wo wir gewohnt hatte, hatte sie die Gärten auf Vordermann gebracht. So auch hier, sie hatte große Büsche gepflanzt, unter anderem auch einen weißen Jasmin.“ Jetzt lachte Luke auf: „Und diese kleine Hündin hatte nichts besseres zu tun als sich mitten in diesen Busch zu legen und mit der Nase alles platt zu drücken. Irgendwie gefiel ihr der Geruch des Jasmin und mmh, naja, nennen wir es kindliche Sentimentalität, sie hatte sich somit ihren Namen selbst ausgesucht.“
Luke griente erneut, als er zu ihr herüber sah: „War nahe liegend, oder? Naja wie auch immer. Jasmin hatte darauf hin beschlossen sich bei jeder ihr bietenden Gelegenheit, in diesen Jasminbusch zu legen und sich darin förmlich zu aalen. Ich versucht jedes Mal, nachdem ich sie heraus gekramt hatte, den Busch wieder aufzurichten, aber wie schon gesagt, es gelang mir nicht immer, bevor meine Mutter etwas merkte. Immer schimpfte sie erst den Hund und dann mich. Im Endeffekt, setzte sie einen weiteren Busch an die Grenze unseres Grundstücks in den Jasmin sich nach Lust und Laune werfen konnte! Und meinen Mutter war froh ihren schönen Jasmin zu retten und die Hündin hatte endlich ihren eigenen Busch, denn sie aber nie kaputt machte, er wurde immer nur im Herbst von meiner Mum gestutzt und kam im nächsten Frühjahr wieder.“
Luke lächelte wieder, aber irgendetwas anderes sah sie erneut in seinem Blick, er schien traurig zu sein. Sie wusste nicht ob sie nachfragen sollte, wagte es nicht.
Luke holte tief Luft.
Schließlich fragte Steffi: „Ist die Hündin dann mit euch mit umgezogen?“ In dem Moment, als sie die Frage gestellt hatte, bereute sie es.
Luke lächelte wieder: „Ja“ Er sah sie an: „Wie sind noch drei oder viermal Mal umgezogen. Ich musste jedes Mal die Schule wechseln, immer wieder neue Tests machen ob ich auch für diese Klassenstufe geeignet sei. Eigentlich war alles immer gleich, die Militärschulen hatten alle den gleichen Stoff, da die meisten Kindern auch innerhalb der Jahre wechselten. Erst als meine Schwester in die Schule kam, beschloss meine Mum das es Zeit werde, sesshaft zu werden, also blieben wir in Santa Barbara.“
Steffi sah Luke an: „Und deinen Mum war weiterhin die Gartenfee?“
„Ja klar!“ Luke griente wieder: „und Jasmin bekam immer einen eigenen Jasminbusch“
Steffi sah Luke von der Seite her an, sah wie er immer noch diesen merkwürdigen Gesichtsausdruck hatte. „Was ist?“ fragte sie vorsichtig.
„Mmh, wieso?“
„Du schaust so merkwürdig!“
„Mir ist nur eingefallen wie lang dieser letzte Jasminbusch da gestanden hatte, und frage mich, ob er immer noch dasteht?“
„Warum?“ fragte sie vorsichtig nach.
„Weil wir ja weggezogen sind. Allerdings war ich da schon längst auf der Uni in Santa Cruz, als meinen Mum, nach dem Tod meines Dads entschied, zurück nach Deutschland zu gehen, um sich um ihre, mittlerweile kranke Mutter zu kümmern. Aber da war Jasmin schon lange nicht mehr am Leben.“
Jetzt sah er wirklich traurig aus. Er bemerkte wohl ihren Blick, denn er versuchte ein Lächeln hin zu bekommen, was er allerdings nicht schaffte.
„Sorry, ich wollte nicht…“ Luke unterbrach sie: „Schon gut. Sie war alt. Ich habe sie mit 6 bekommen und mit fast 19 habe ich sie zum Tierarzt gebracht. Meine Schwester war damals völlig aufgelöst zu mir gerannt gekommen, kaum war ich von der Schule daheim und noch nicht mal richtig ausgestiegen. Sie sagte das Jasmin die ganze Zeit nur im Garten auf der Seite liegen und sich kaum mehr bewege. Ich weiß noch wie ich sie ins Auto getragen habe , mit Mühe auf die Rückbank gelegt hatte und mit ihr und meiner Schwester im Schlepptau zum Tierarzt gerast bin. Der hat mich nur angeschaut und mich gefragt was ich erwarte was er tun soll, ich solle überlegen wie alt diese Hündin sei, und das ihr nichts helfe könne. Ich hab sie dann wieder zurück nach Hause gebracht, stocksauer auf diesen blöden Tierarzt, hab sie in den Garten gelegt, diesmal in die Nähe der Jasminbüsche meiner Mutter und hab mich zu ihr gelegt. Ich weiß nicht wie lange ich neben ihr auf dem Boden gelegen habe, wie lang ich sie gestreichelt habe, ich weiß nicht mal wann genau sie gestorben ist, ich habe nur irgendwann bemerkt, das es sich anders anfühlte. Ich hab dann meinen Kopf auf ihren Brustkorb gelegt und gehört, das ich nichts mehr hörte. Kein Herz, kein Atmen. Meine Mum kam irgendwann heraus zu mir, meine Schwester saß völlig geistesabwesend auf der Veranda. Als meine Mum sich zu mir setzte und versuchte die Pfoten etwas zur Seite zu schieben, sah ich das das nicht mehr möglich war. Die Hündin war schon steif!“
Steffi hörte wie Lukes Stimme zu zittern begann, sie sah ihn schockiert an und fühlte wie sich ihr selbst ein Kloß im Hals bildete. Sie war zu Nah am Wasser gebaut für manche Dinge, sobald sie jemanden sah, selbst im Fernsehen, oder nur hörte wie jemand den Tränen nahe war, musste sie sich sehr zurückhalten um nicht auch gleich weinen zu müssen. Und irgendwie fühlte sie sich schuldig, schließlich hatte sie ihn erst auf das Thema gebracht. Luke sagte einen Weile nichts mehr, erst als sich seinen Stimme gefangen hatte, sprach er weiter: „Ich hab dann einen Spaten geholt und angefangen auf der anderen Seite unseres Grundstückes ein Loch zu graben, es half irgendwie in der Erde herumzustochern und sich den Frust und die Wut darüber nichts mehr tun zu können, losschaufeln zu können. Es begann irgendwann zu regnen, ich sah eh schon nicht viel durch meine Tränen, aber das Regenwasser, was mir von den Haaren ins Gesicht lief, ließ mir noch mehr die Sicht verschwimmen. Meine Mum hatte bereits Jasmin in ihre Decke eingewickelt und ich verfluchte das Wetter. Jasmin hasste Regen, sie war mit uns zwar schwimmen gegangen, war zu uns in den Pool gesprungen, dass ihr das Wasser über dem Kopf zusammenschlug, aber Regen hatte sie gehasst. Sie wollte nie raus, hielt sich alles so lange an, bis es entweder aufgehört hatte, oder wir sie förmlich rausschmissen, allerdings gingen dann entweder ich oder meine Schwester mit einem Regenschirm mit.“ Wieder griente er, aber Steffi sah das dieses auch nicht echt war.
„Na ja, ich wickelte sie weiter ein, und trug sie zu dem Loch. Ich weiß nicht wie lange ich gebuddelt hatte, ich war klitschnass und dreckig, aber als ich Jasmin anhob, merkte ich wie ihr die Füße und der Kopf nach unten fielen. Ich denke mal die Totenstarre lässt irgendwann nach, ich habe lange gebraucht dieses Loch zu graben, wobei ich wie gesagt nicht mal weiß wie lange sie schon tot war, als ich neben ihr gelegen habe. Ich war schockiert, als ich merkte wie schwer diese Hündin plötzlich war, der Weg, den ich sie trug war nicht lang, aber sie schien mit jedem Schritt schwere zu werden. Vielleicht hatte ich einfach keine Kraft mehr, aber ich trug sie bis zu dem Grab und sprang mit ihr hinein. Ich hatte es geschafft dieses Loch so tief zu graben das ich fast bis zum Brustkorb darin verschwand und so groß, das ich sie seitlich gut reinlegen konnte, ich hatte nicht damit gerechnet, das ich ihre Beine anwinkeln konnte, also hatte ich das Loch größer gemacht. Als ich sie hineingelegt hatte, kletterte ich raus, nahm den Spaten und brachte es nicht fertig Erde einfach auf sie drauf zuwerfen.“
Steffi hörte wie Luke tief Luft holte, dann schwieg er wieder einen Weile. Steffi wagte nicht etwas zu sagen und Luke redete weiter: „Also kniete ich mich hin, dreckig und nass war ich eh und schaufelte mit den Händen das Loch wieder zu, wobei ich darauf achtete zuerst alles an den Rand zu werfen!“
Wieder ein tiefes Luft holen und ein fast verächtliches Schnauben: „Irgendwann begann der Dreck von der Seite her auf sie drauf zu fallen und ich spürte wie es mir das Herz zusammen zog, ich wurde langsamer und irgendwann konnte ich nicht mehr verhindern das die gesamte Hündin unter einer Schicht Dreck lag. Von da ab wurde es fast einfacher, ich füllte das Loch vollends auf und blieb danach davor knien. Ich weiß nicht wie lange, aber es hatte aufgehört zu regnen, als meine Mum mit einer Decke raus kam und mich damit umwickelte und ins Haus holte, es war weit nach Mitternacht. Ich ging nach oben und stellte mich unter die Dusche, meine nassen Klamotten hatte ich einfach ins Bad geschmissen, ich merkte das sie irgendwann weg waren. Dann setzte ich mich unter die Dusche und bemerkte wie kalt mir eigentlich war. Ich begann so dermaßen zu frieren, dass mir die Zähne auf einander schlugen, ich saß lange da, bis meine Schwester, nur im Nachthemd zu mir kam , das Wasser abdrehte und sich mit nem Handtusch zu mir unter die Dusche stellte. Sie trocknete mich provisorisch ab und schob mich in mein Zimmer, ich legte mich aufs Bett und letztlich legte sich meine Schwester zu mir. Am nächsten morgen wachte ich alleine auf und hatte die Hoffnung das alles nur ein ganz beschissener Traum war.“ Er zuckte mit den Schultern: „Als ich nach unten ging fiel mir gar nicht auf, das Jasmins Decke nicht auf ihrem Platz war, auch sie war nirgends, ich sah das die Verandatür offen war und glaubte das sie wohl draußen sei. Dort sah ich allerdings nur meine Mum mit meiner Schwester vor irgendetwas knien, und kleine Buchsbüsche pflanzen. Erst als ich näher heran ging, sah ich vor was sie knieten und es schnürte mir den Brustkorb zu. Ich bekam keine Luft mehr, mein Herz schien stehen geblieben zu sein. Meine Mum sah mir wohl an, dass es mir nicht gut ging, sie kam auf mich zu und legte mir den Arm um die Schultern. Erst jetzt sah ich große Wurzelstücke auf dem Rasen liegen, die ich wohl gestern heraus gerissen hatte. Sie waren von dem Jasminbusch unter den ich sie begraben hatte, jedoch ohne es zu realisieren. Ich dachte in dem Moment nur, das der Busch wohl kaputt gehen werde, nachdem er so viele Wurzeln lassen hatte müssen.“
Abermals stockte Luke in seiner Erzählung und wieder hörte Steffi wie er tief Luft holte.
Dann sprach er weiter: „Weißt du, ich habe mal gehört wie meine Mum zu meinem Dad sagte, dass Menschen merkwürdig sind, sie würde immer erst wissen was sie an jemanden haben, wenn dieser nicht mehr da sei. Das das auch für Hunde gilt, dachte ich damals nicht. Es war nicht so das ich sie vernachlässigt hatte, aber… na.. ja,.. sie war halt einfach da. Sie lag morgens manchmal vor meinem Bett, wartete auf mich vor der Haustür bis ich nach Hause kam. Morgens saß ich mit ihr auf der Veranda, manchmal auf dem Boden, und während ich dort frühstückte, lag sie mit ihrem Kopf auf meinem Oberschenkel und hat sich hinter den Ohren kraulen lassen. Verstehst du sie hat morgens noch mit mir gespielt, ok sie hatte bereits eine weiße Schnauze, aber sie sah nicht alt aus, manche Sachen gingen halt langsamer, sie brauchte länger zum aufstehen, wenn sie auf den kalten Fliesen gelegen hatte, aber es war nicht so, das man damit rechnen hat müssen. Sie war schon 14 Jahre, aber trotzdem, mir ist nie in den Sinn gekommen, das sie irgendwann nicht mehr da sein würde. So naiv und das mit fast 19 Jahren, mmh. Allerdings hatte ich sie vielleicht doch in den letzten 3 oder 4 Jahren vernachlässigt, ich war viel mit Freunden unterwegs, da ich ja jetzt welche hatte. Am Anfang gab es wegen unserer Umzieherei eigentlich nur meine Schwester und diese Hündin, die eigentlich die einigsten Konstanten waren, meine Mum war eine Erwachsene. Ich habe mir nichts gedacht dabei, und als ich mit 18 dann den Führerschein und noch ein eigenes Auto bekam war ich mehr unterwegs wie früher und trotzdem lag Jasmin teilweise bis nach Mitternacht vor der Haustier und hat gewartet bis ich heim gekommen bin, dann wurde sie kurz hinter den Ohren gekrault und fertig. Wie gesagt, sie war halt da und dann….“ Wieder hörte Steffi wie Lukes Stimme merkwürdig klang. Sie sah wie er wieder mit den Schultern zuckte. Nach einer Weile fing er an zu lachen, diesmal klang es echt. „wenn ich überleg was die alles angestellt hat.“ Steffi sah ihn an: „Mmh?“
„Einmal“ begann er „hatte mein Dad vergessen seine Ausgehschuhe vom Militär weg zuräumen und als er am nächsten morgen herunter kam, hörte ich ihn nur brüllen!“ Luke fing an zu kichern. „Ich rannte herunter und sah Jasmin, sie war keine 9 Monate alt, fröhlich auf den Schuhen herumkauen. Sie hatte die Schnürsenkel zerrupft, die sohle zerkaut und war gerade dabei auf dem Leder herum zu nagen. Ich warf mich fast auf sie und mein Vater bekam fast nenn Herzinfarkt. Dann kam meinen Mum und sagte nur, ich hab dir gesagt stell die Schuhe in die Garage, mehrmals, jetzt biste selbst Schuld. Das beruhigte meinen Dad nicht wirklich. Und schnappte mir die Hündin und nahm sie in mein Zimmer versteckte sie unter meiner Bettdecke. Irgendwann kam meinen Mum und fragte mich wo ich die Hündin hätte, ich sagte ich wüsste es nicht mehr und meine Mum rief nur ihren Namen und schon sah man unter meiner Decke was kruschteln. Sie freute sich einfach zu sehr, wenn man sie rief. Meine Mum schnappte sie sich und brachte sie in den Garten, ich rannte hinterher, sah aber nur wie meine Mum ihren den zerkauten Schuh vor die Nase hob und ich wusste bis zu dem Zeitpunkt gar nicht das man einem Hund das schlechte Gewissen ansehen konnte. Aber ab dem Zeitpunkt hatte sie nie wieder einen Schuh angefasst. Im Gegenteil immer wenn man einen Schuh hochgehoben hat und nur gefragt hat, was ist denn…, legte sie die Ohren waagrecht und legte sich vor einen flach auf den Boden, obwohl sie gar nicht gemacht hatte.“
Jetzt lang Lukes Stimme wieder fast schon fröhlich bei der Erinnerung daran.
„Oder ihre Art einen zu wecken, wenn ich als auf der Couch eingeschlafen war und meine Mum mich nicht wach bekam, sagte sei nur zu ihr, Jasmin mach was, der soll hier nicht pennen, der soll ins Bett. Kam sie an meine Füße und fing an, egal ob ich Socken an hatte oder nicht, mir die Fußsohlen zu putzen, weißt, dieses Knabbern mit den Vorderzähnen, ohh und da ich eh kitzelig bin, war das unerträglich. Da konnte ich mich zusammen rollen wie ich wollte, irgendwann stand ich immer auf und flüchtete vor ihr ins Bett. Und wenn sie bei mir schlief und raus wollte, legte sie erst die Nase auf mein Kopfkissen, und schaute mich so lange an, bis ich wach wurde, wenn ich dann nicht reagierte, fing sie an mir die Fußsohle zu putzen und da ich im Bett mehr Ausweichmöglichkeiten hatte, kroch ich dann meist bis zu meinen Kopfteil, weil mein Bett stand in der Ecke des Zimmers, so das das Kopfteil und eine Seite an der Wand waren, dadurch entkam ich ihr. Als nächstes fing sie dann an mir die Bettdecke zu klauen und wenn das nichts half auch noch das Kopfkissen!“ Wieder fing Luke an zu kichern.
Steffi war froh über Lukes bessere Laune, sie überlegte krampfhaft wie sie das Thema wechseln konnte, nochmals wollte sie nicht schuld sein, das so etwas passierte. Allerdings war sie schon erstaunt, ja sogar schockiert über Lukes Reaktion. Warum, fragte sie sich, weil er ein Mann ist, und für die Tiere Tiere sind, oder weil es schon so lange her war. Was hatte er gesagt, er war fast 19. Jetzt ist er fast 36, das sind 17 Jahre, also eins ist klar ein Macho ist er nicht.
Sie brauchte das Thema gar nicht zu wechseln, denn sie waren schon angekommen. Luke sah sie an: „Sollen wir es riskieren und noch Näher an den Markt fahren, oder lieber gleich hier in der Nähe Parken. Dann müssen wir halt ein Stück laufen!“
„Ich bezweifle das irgendwo in der Stadtmitte noch ein Parkplatz frei ist. Parken wir lieber hier. Das Stück wird uns schon nicht umbr….!“ Sie biss sich auf die Zunge.
„Nein ich glaube auch nicht das uns das Umbringt!“
Steffi sah Luke von der Seite her an, oh man soviel zum Themawechsel, dachte sie.
Luke parkte in einer kleinen Seitenstraße, öffnete ihr die Beifahrertür, nahm seinen Mantel vom Rücksitz und zog, als sie bereits schon losgelaufen waren, diesen an. Er wickelte sich einen dunkelroten Schaal locker um den Hals, sie hingegen hatte sich diesmal einen extra dicken, langen Schaal mitgenommen, den sie mehrmals um den Hals gewickelt hatte. Luke hielt ihr wie gewohnt den linken Arm hin, damit sie sich einhacken konnte. Sie hatte gar nicht bemerkt wann er sich seine Handschuhe angezogen hatte, sie selbst war gerade dabei sich ihre Handschuhe aus der Manteltasche zu fischen und war froh, das sie bei ihm untergehakt war. So musste sie nicht unbedingt schauen, wo sie hin lief und konnte sich ihre Handschuhe in aller Ruhe anziehen. Nur eine Mütze hatte sie heute vergessen.
Sie liefen eine Weile über die mit Schnee und Eis bedeckten Gehwege, als sie die Stände und die Musik schon ein paar Straßenzüge weiter sahen. Steffi wunderte sich über das viele Rot. Also ein Weihnachtsmarkt ist das hoffentlich keiner mehr, dachte sie bei sich.
„Man könnte meinen es ist noch Weihnachten!“ sagte Luke und Steffi konnte sich ein grinsen nicht verkneifen.
„Waaas?“
„Nichts ich hab nur grad das Gleiche gedacht. Na ja zumindest fast das gleiche!“
Jetzt waren sie näher dran und Steffi sah das das meiste irgendwelche Herzchen, Rosen und Teddys waren.
„Der Hype um Valentinstag schlägt zu!“ Luke klang sehr amüsiert.
Oh stimmt ja, dachte sie morgen ist Sonntag und Valentinstag: „Da muss ich noch was für meine Mutter suchen!“
„Warum für deine Mutter?“
„Die hat am Valentinstag Geburtstag!“
„Oh, schlechter Tag. So wie Weihnachten! Ganz ungeschickt!“
„Ich schätze das kann man sich nicht wirklich aussuchen, oder!“
„Theoretisch schon! Wär aber langweilig. Wo bleibt denn da die Überraschung!“ Luke kicherte.
„Was ist daran lustig?“
„Ach. Ich hab nur grad dran gedacht das meine Schwester mich um 3 Uhr morgens aus dem Bett gejagt hat, weil ich sie ins Krankenhaus fahren musste. Und wann kamen sie … um 9 Uhr. Da hätt sie mich ja noch mindestens drei bis vier Stunden länger schlafen lassen können!“
Steffi knuffte Luke in die Seite.
„Aua, für was war das jetzt?“
„Du bist ganz schön bös. Ich wöllt dich mal erleben wenn,..“ Steffi winkte ab: „..vergiss es, das wird wohl nicht passieren!“
Luke lachte: „Ich glaube nicht. Sonst hätte ich bis jetzt irgendwie.. na ja du weißt schon..!“
Steffi fing an zu lachen, zog ihn sanft am Ärmel und schüttelte den Kopf.
Luke griff ihr sanft ins Genick und zog ihr den Haargummi aus den Haaren, sofort fielen ihr die Locken, die durchs föhnen noch wilder aussahen, über die Schultern und ins Gesicht: „Hey, gib her!“ Sie klang wohl etwas gereizter wie beabsichtigt, den er sah sie an, legte den Kopf schräg und zog einen Flunsch: „Warum? Sieht doch viel lustiger aus, außerdem hält es warm!“ Mit diesen Worten fuhr er ihr mit den behandschuhten Händen durch die Haare, nahm sie im Genick zusammen. „Du siehst so ernst aus mit diesem strengen Zopf!“
„Dafür seh ich mit offenen Haaren aus wie in die Steckdose gefasst!“
Sie wollte ihren Kopf zurückziehen, aber er ließ sie nicht los. „Locken sind doch herrlich!“
Diesmal ließ er sie los, sie griff nach seiner Hand, in welcher er immer noch den Gummi hielt, er zog die Hand aber schneller zurück und sie griff ins Leere. Er lief an ihr vorbei, wuschelte mit der anderen Hand nochmals durch ihre Haare und ging voraus an den ersten Stand. Es war ein Mützenstand. Er blieb eine Weile davor stehen, dann drehte er sich zu ihr um, und als sie zu ihm aufgeschlossen hatte, fragte er sie: „Hast du keinen Mütze dabei?“ Sie schüttelte nur den Kopf, dadurch fielen ihr die Locken abermals ins Gesicht. Er sah sie lächelnd an und drehte sich zu dem Besitzer des Standes um, um mit diesem zu reden. Als sie neben ihm stand, hatte Luke eine schwarze, weiche Mütze aus Teddystoff in der Hand. Die Form erinnerte sie irgendwie an einen Teekesselwärmer der 80er. Luke drehte sich zu ihr um und zog ihr die Mütze auf. Die hintere Krempe war so lang, das sie gerade bis zu ihrem Mantelkragen ging, aber die Vordere hing ihr soweit ins Gesicht, das sie nichts mehr sah. Sie ging ihr bis zum Kinn. Steffi hörte Luke lachen und merkte wie er an der Vorderseite etwas machte. Er klappte die überlange Krempe nach oben, so dass sie etwas sehen konnte, aber ihre Ohren waren noch bedeckt und dieses Ding gab warm.
„Passt,“ hörte sie Luke sagen: „steht ihr auch, nehm ich.“
Steffi wollte gerade meutern, Luke hatte dem Besitzer allerdings schon Geld in die Hand gedrückt und schob sie langsam aber energisch davon.
Steffi konnte gar nicht so schnell eine bissige Bemerkung von sich geben, wie Luke sie wegzog. Sie standen bereits am übernächsten Stand als Steffi abbremste und ihn in die Seite knuffte: „Was… ? Warum. .hast .. ? Du sollst doch nicht…!“Luke stupste sie an: „Ich versteh kein Wort!“
Steffi holte gerade Luft und wollte abermals etwas sagen, als Luke ihr einfach die vordere Krempe nach unten klappte. Sie sah wieder nichts. „Ich will nichts hören von dir!“ Luke klang sehr amüsiert: „Wer so ne große Mütze hat…
„… darf auch ne große Klappe haben!“ sagte Steffi gedämpft durch den dicken Stoff der Mütze. Luke kicherte: „Nix da große Klappe. Hier bei dem Wetter mit feuchten Haaren ohne Mütze rum rennen gibt’s nicht. Und keinen Diskussion!“
„Ich kann nicht mal was sehen, wie soll ich da mit dir diskutieren, oder mich gar wehren!“
„So! Ich wusste gar nicht das das so einfach ist!“ sagte er mit glucksender Stimme.
„Willst du mich verarsch..!“ „Nein! Wo denkst du hin! Komm her!“
Da sie ihn nicht sah sondern nur ungefähr erahnen konnte wo er stand, blieb sie einfach stehen. Sie merkte wie er nach ihren Armen griff, sie etwas näher zu sich zog und als er ihre Arme losgelassen hatte, merkte sie wie er ihr erneut die Krempe nach oben klappte. Sie legte dabei den Kopf in den Nacken und schielte ihn an. Sie sah wie er grinste und boxte ihn vorsichtig mit der Faust in den Bauch. „Auuua! Jetzt helf ich dir und werde dafür auch noch massakrier!“ Er stemmte die Hände in die Hüften und sah sie schon fast blasiert an. Das kann ich auch, dachte sie. Hob das Kinn an und streckte den Kopf nach oben. Drehte sich auf dem Absatz um und lief zum nächsten Stand.
„Hey, ach komm schon!“ Luke klang wie ein quengelndes Kind. Er kam hinter ihr her, mit etwas schnelleren Schritten und blieb ein paar Meter neben ihr stehen. Er beobachtet sie, wie sie irgendwelche Figuren in die Hand nahm, sie drehte, und wieder hinstellte. Es sah nach Hartplastik oder irgendetwas Ähnlichem aus. Er sah wie sie ein fast 30 cm großes Pferd in die Hand nahm, es stand nur auf den Hinterbeinen und irgendetwas sah komisch daran aus. Erst als er näher hinging, sah er was so merkwürdig aussah. Dieses Ding hatte Flügel.
Oh, dachte er wie hieß den dieses Teil noch mal, irgendwas mit P. Page.. nein Pege.., auch nicht, Pega.., ja Pegasus, der geflügelte Hengst.
Er sah ihr in dem Moment in die Augen und sah wie sie leuchteten. Steffi fuhr mit den Händen über die Flügel, drehte es in ihrer Hand herum und irgendetwas in ihrem Blick kannte er.
Das gleiche Leuchten haben die Zwillinge in den Augen, wenn sie irgendetwas sahen oder geschenkt bekommen was ihnen gefällt, dachte er. Und fühlte in dem Moment wie sich sein Magen zusammenzog. Was ist, dachte er während er sie beobachtete, wenn sie doch noch mehr Kind ist wie ich meine. Dieses Leuchten kenn ich nur bei Kindern, obwohl, ermahnte er sich, gib deiner Schwester deinen Kreditkarte, sag ihr das da Fünftausend drauf sind und stell sie vor ein Schuhgeschäft, sag ihr das du sie später abholst und das sie die Karte leer machen darf und du wirst den gleichen Ausdruck sehen. Er musste über seine eigenen Gedanken lächeln, sah wie Steffi das Pferd auf den Kopf stellte und wohl den Peis entdeckte. Sie sah ihn an, zog die Augenbrauen hoch und stellte das Pferd wieder hin.
Das, dachte er, gibt es bei Kindern nicht, wenn die etwas wollen das ist es egal was es kostet. Wieder lächelte er, und diesmal sah es Steffi.
„Was ist?“ fragte sie.
Luke wusste im Moment nicht was er sagen sollte: „Wozu braucht man Das!“
Steffi zeigte mit dem Finger auf die verschiedenen Figuren: „Das?“
Luke nickte nur.
„Das ist Kitsch!“
„Ok! Aber wozu braucht man das?“
Steffi sah ihn an, begann zu grienen: „Definition von Kitsch: Dinge die man haben muss, ohne das man sie braucht!“
Luke grinste: „Staubfänger also!“
Steffi stemmte die Hände in die Hüfte: „Kein Sinn für Unnötiges!“
„Nee, nicht unbedingt!“
„Och. Bei dir siehst bestimmt öde aus. Nur Dinge die einen Zweck erfüllen oder einen Sinn haben! Mhh hab ich recht!“
Luke verschränkte die Arme vor der Brust, drehte seinen Oberkörper von links nach rechts und wieder zurück: „Theoretisch schon!“
„Und praktisch!“
Luke griente: „Sag ich nicht! Das musst du schon selbst herausfinden!“
„So! Muss ich das?“
Luke nickte nur.
Steffi kam noch einen Schritt auf ihn zu und streckte ihm die Zunge raus. Luke riss mit gespieltem Entsetzen die Augen auf: „Du solltest dich was schäm…!“ weiter kam er nicht, denn sie hatte irgendetwas rechts von ihm gesehen und ging einfach an ihm vorbei. Luke drehte sich herum und lief hinter ihr her. Er erreichte sie an einem Stand der Teddy-Bären verkaufte. Sie hatte bereits einen in der Hand. Ohne irgendwelche Herzchen oder Blumen in der Hand. Ein ganz einfacher hellbrauner Teddy, dessen Fell aussah als ob er über und über mit kleinen Löckchen bestückt wäre. Steffi drehte den Bären in der Hand herum und fragte den Verkäufer: „Wie viel soll der kosten?“
„Fünfundzwanzig!“
Steffi sah den Verkäufer an und sagte: „Fünfzehn!“
„Nein, das kann ich nicht machen. Vierundzwanzig!“
Steffi drehte den Teddy nochmals herum: „Sechzehn!“
Der Verkäufer wiegte den Kopf hin und her: „Zweiundzwanzig!“
Steffi sah den Verkäufer an und sagte gar nicht. Wieder ergriff der Verkäufer das Wort: „Und noch die Sichttüte dazu!“
Steffi sah den Verkäufer wieder an, hielt sich plötzlich den Teddy an die Nase und roch daran: „ Riecht komisch! Wie lange der wohl schon in irgendeinem Karton saß!“
„Ok Ok! Zwanzig! Mein letztes Angebot!“
„Ok!“ Steffi reichte ihm den Teddy: „Aber mit Tüte!“
Luke sah wie der Verkäufer den Teddy in eine Tüte steckte, die auf einer Seite eine Art Klarsichtfolie hatte. Das ist also eine Sichttüte, dachte Luke und musste grinsen, alles klar.
Steffi kramte einen Zwanzig Euro-Schein aus ihrer Hosentasche und gab sie dem Verkäufer, dieser gab ihr die Tüte und Steffi hackte sich bei Luke unter. Sie gingen ein paar Schritte.
„Wieso ein Teddy?“
„Weil meine Mutter die sammelt!“
„Und… !“ Luke begann zu grienen, nahm ihr die Tüte aus der Hand, zog den Teddy heraus und schnüffelte an ihm: „Der riecht nach gar nichts!“
Steffi grinste: „Ich weiß, aber glaubst du der Verkäufer hat je daran gerochen!“
Luke fing an zu lachen, ließ den Teddy wieder in die Tüte rutschen: „Du wolltest nur auf die Zwanzig!“
„Ich hätt ihn auch für Fünfzehn genommen!“
Lukes Lachen wurde lauter, er schüttelte den Kopf: „Du bist unmöglich!“
Steffi zuckte mit den Schultern. Luke sah sie an: „Willst was Warmes trinken?“
Steffi nickte: „Ja, warum nicht!“
Sie gingen zu einem stand ganz in der Nähe.
„Was möchtest du?“
Steffi beugte sich etwas vor, studierte kurz das Angebot und sagte dann zur Verkäuferin: „Eine heiße Schokolade, bitte“
Bevor Luke etwas sagen, oder machen konnte, hatte Steffi bereits einen Fünf-Euro-Schein herausgeholt und ihn auf den Tresen gelegt. Die junge Frau kassierte ab und wandte sich dann an Luke. Dieser sah Steffi nur von der Seite her an, schüttelte leicht den Kopf und sagte dann: „Einen Kaffe!“
„Mit Milch und Zucker?“ fragte die junge Frau.
„Nein, Schwarz!“
Steffi fing plötzlich an zu lachen. Nachdem Luke bezahlt hatte sah er sie an: „Was?“
„Schwarz…. wie…wie.. . deine…. Anwaltsseele!“ Sagte sie konnte aber kaum sprechen vor lauter Lachen.
„Hey! Jetzt aber!“ Er zog eine Schnute. „Jetzt wirst aber fies!“
Steffi lachte immer noch: „Du weißt doch, verklage nie den Teufel!“ Luke sah sie an: „Wie meinst du das?“
„Ha, ja, du kannst nur verlieren, weil er alle Anwälte bei sich hat!“
„Boahh!….“ Luke konnte gar nichts darauf sagen. „Bist du frech!“ Er kicherte leise. Trank vorsichtig einen Schluck von seinen Kaffee:„So denkst du also über mich!“
„Nicht über dich. Über Anwälte!“
Luke legte den Kopf schräg: „mmh“ war alles was von ihm kam.
„Ja! Seelenlose Blutsauger. Machen sich ein schönes Leben auf Kosten und Leid der Anderen!“ Steffi musste sich auf die Zunge beißen um nicht laut loszulachen, trotzdem konnte man das Glucksen in ihrer Stimme hören.
Luke sah sie an: „Ich dachte das wären Steuerberater und die vom Finanzamt!“ Steffi sah Luke mit großen Augen an, sie sah wie Luke zu kämpfen hatte, nicht zu grinsen, aber er verlor. Ein breites Grienen machte sich auf seinem Gesicht breit. Jetzt fingen beide an zu lachen. Plötzlich sah Luke nach unten: „Na, wer bist denn du. Wo gehörst du denn hin?“ Steffi drehte ihren Kopf in die gleiche Richtung in die Luke sah, sie rechnete damit ein Kind zu sehen. Aber neben Luke saß nur ein Welpe. Ein Golden Retriever.
Der Welpe saß neben Luke und schaute ihn mit seinen großen, braunen Augen an.
Luke beugte sich nach unten und streichelte den Welpen, dieser wedelte vor Freude mit dem Schwanz, das der ganze kleine Hund mitwackelte.
„Na, wo ist denn dein Besitzer?“
Der Welpe drehte sich weiterhin im Kreis und Luke richtete sich auf und sah sich kurz um, dann sah er zu Steffi: „So einen kleinen Knopf einfach hier rum rennen lassen und auch noch ohne Halsband oder etwas anderes, damit man weiß wem er gehört!“
Unten fing der Welpe an zu bellen, sofern man das als Bellen bezeichnen konnte.
Luke sah wieder nach unten, ging in die Hocke und kraulte den Welpen hinter den Ohren. Steffi sah dem eine Weile zu, drehte sich dann auch um und schaute ob irgendjemand den Hund suchte. Niemand schien ihn oder sie zu vermissen. Luke kraulte den Welpen immer noch, seine schwarzen Handschuhe gaben einen schönen Kontrast zu dem goldenen Fell des Welpen. Dieser war Luke mittlerweile fast unter den Mantel gekrochen, Luke sah Steffi an, griente und packte den Welpen unter dem Bauch um ihn auf den Arm zu nehmen. Dort hing dieser dann wie ein Muff und es schien im zu gefallen. Luke drückte ihn noch mehr an sich und legte nun die zweite Hand unter die Hinterbeine des Welpen, drehte ihn herum, sodass der Welpe auf dem Rücken lag. Man hätte meinen können Luke hielt ein Kind, Steffi konnte sich ein grienen nicht verkneifen.
„Was ist? Warum grinst du so?“
„Ziemlich haariges Baby hast du da!“
Luke sah sie an, grinste und ging mit seinem Gesicht näher an das Hundebaby heran: „So meinen Kleine, wohin gehörst du jetzt?“ fragte er den Welpen. Als Antwort wollte sie ihm abschlecken, aber Luke wich zurück: „Bääh, net, ich will gar nicht wissen wo du mit deiner Nase überall warst. Außerdem weiß ich nicht ob du geimpft und entwurmt bist.“
Bevor Steffi etwas sagen konnte, hörte man eine Frau schon fast hysterisch rufen: „Nele! Neelee!“
Luke sah die Hündin an. Die immer noch auf dem Rücken auf seinen Armen lag: „Las mich raten du bist Nele!“
Die Hündin stellte die Ohren etwas auf.
Luke sah Steffi an: „Yeap! Das wird Nele sein!“
Steffi konnte sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. Sie stellte die Leeren Tassen auf die Theke des Standes und folgte Luke, der bereits in Richtung der leicht hysterischen Stimme war.
Sie kamen an einen Stand mit verschiedenen Potpourris, die verschiedenen Gerüche mischten sich in der kalten Luft. Luke sah die Frau an, sie war so um die Vierzig, stellte sich genau vor sie, immer noch den Welpen auf dem Arm.
„Suchen sie das!“ Luke hob den Arm etwas an und die Frau sah schon fast entsetzt den Welpen an: „Gehört die nicht ihnen?“ fragte sie erstaunt.
Luke sah Steffi an, dann die Frau: „Nicht das ich wüsste!“ Luke ließ die kleine Hündin auf den Boden und die Frau kam um den Stand herum.
„Nele, bist du das?“ Die kleine Hündin rannte schwanzwedelnt auf die Frau zu, warf sich vor ihr auf den Rücken und fing an in den höchsten Tönen zu wimmern
„Ich schätze das heißt ja!“ sagte Luke amüsiert.
„Sag mal du durch geknalltes Etwas bin ich weggelaufen oder du?“ Die Frau nahm Nele auf den Arm und trug sie zurück hinter den Stand. Steffi hörte noch wie sie sagte: „Jetzt hab ich dir hier ein warmes Körbchen mit Heizdecke und du rennst in der Kälte rum!“
Luke und Steffi waren gerade dabei zu gehen als sie ein Stimme aufhielt: „Entschuldigung? Warte sie einen Moment!“
Luke blieb stehen und drehte sich herum.
„Bitte kommen sie kurz zurück!“
Luke und Steffi gingen zurück zu dem Stand und die Frau sah sie beide nacheinander an: „Ich möchte mich bei ihnen bedanken!“
Luke winkte ab: „Nicht nötig. Gern geschehen!“
„Nein. Nein! Bitte suchen sie sich etwas aus!“
Sie deutet auf den Stand vor ihr. Verschiedene Öle, Kerzen und Potpourris. Luke sah Steffi an. Wohl nicht so deins, dachte sie bei sich.
Die Frau hielt Luke etwas vors Gesicht, Steffi hörte nur etwas von „Frühling“. Es waren verschiedene getrocknete Blumen in einem durchsichtigen Stoffbeutel. Steffi konnte Lukes Gesichtsausdruck nicht deuten, aber er nahm der Frau den Beutel aus der Hand und hielt ihn Steffi unter die Nase. „Riech mal!“
Steffi roch daran und zog den Kopf zurück: „Ist mir zu viel Maiglöckchen!“
„Echt?“ Luke roch noch mal daran, wandte sich dann der Frau zu. „Was mach ich eigentlich damit? Bleibt den in dem Beutel, oder…?“
Steffi fing an zu kichern, die Frau sah ihn erstaunt an, Luke sah von einem zum anderen, zuckte mit den Schultern und sagte: „Ja.., so was kenn ich nicht!“
Die Frau ergriff zuerst das Wort: „ Man kann es in dem Beutel lassen, aber es riecht besser wenn man es in eine kleine Glasschale schüttet!“
Luke nickte langsam mit dem Kopf: „Okey.“
Die Frau sah Steffi an: „Nicht so ihrs?“
„Ich mag mehr Zimt und Orange und so was!“
„Weihnachten ist vorbei!“ sagte Luke neben ihr.
„Wenigstens weiß ich was man damit macht!“
Dabei stupste sie Luke mit ihrem Ellenbogen in die Flanke, dieser zuckte kurz zusammen und streckte ihr dann die Zunge raus.
„Ganz schön frech für dein Alter!“ sagte sie gespielt ernst, allerdings hörte man in ihrer Stimme das sie das nicht ernst meinte.
Die Frau hielt Steffi eine ca. 200 ml Flasche vor die Nase: „Riechen sie mal da dran. Müsste ihnen mehr zusagen!“ Steffi roch daran, es war wirklich mehr Ihres. Es roch nach Orange, Apfel, Zimt und noch mehr, was sie aber im Moment nicht ausmachen konnte. Sie sah sich die Flasche an, schien einen Art Körperöl zu sein. Steffi sah die Frau an, nickte nur kurz und die Frau sah rüber zu Luke. „Und was halten sie davon?“ Luke hatte immer noch den Beutel in der Hand: „Nicht schlecht! Allerdings finde ich es etwas zu intensiv!“
„Wenn sie das in einen Glasschale machen und in einen großen Raum stellen, verteilt sich der Geruch, außerdem wird er mit der Zeit schwächer!“
„Ja dann!“ war alles was Luke antwortete. Die Frau nahm erst Luke den Beutel, dann Steffi die Flasche ab, packte beides in eine Tüte und reichte diese Luke. Luke nahm ihn ab und sah die Frau etwas verwirrt an: „Aber das geht doch…“
Sie unterbrach ihn: „Das geht in Ordnung. Nicht jeder hätte Nele zurückgebracht. Die wenigsten hätte überhaupt auf sie geachtet!“
Luke sah zuerst Steffi und dann die Frau an: „Nun ja.. , also dann Dankeschön!“
„Ich habe zu Danken! Einen schönen Abend noch!“
„Gleichfalls!“
Luke nahm Steffi bei der Hand und sie liefen ein Stück, bevor er sagte: „Wenn das immer so läuft, mach ich als Nebenberuf auf Tierretter!“
Steffi griente ihn an und stupste ihn wieder in die Seite: „Ha ja warum eigentlich nicht!“
Luke fing an zu lachen: „Klar mit Anzug, vor oder nach einem Gerichtstermin?“
„Das überlass ich dir!“
Sie gingen ein Stück bis Steffi merkte das sie nicht mehr auf dem Markt waren, sie gingen über eine Brücke, unter der ein kleiner Fluss lief. Luke blieb mitten auf der Brücke stehen, legte seine Unterarme auf das Geländer und sah auf den Fluss, Steffi machte es ihm nach und sah wie der Fluss auf beiden Seiten teilweise am Ufer eingefroren war, die Büsche waren voll Schnee und Eis und hingen schwer fast bis ins Wasser, ein Stück weiter hinten stand eine große Trauerweide, ihre Zweige reichten bis auf die Wasseroberfläche, und es sah aus als ob das gefrorene Wasser an den Zweigen nach oben kletterte. Alles glitzerte im Vollmondlicht, das Wasser, das Eis, der neue, noch unberührte Schnee.
Sieht aus wie auf einer Postkarte, dachte sie, romantische Schneelandschaft. Sie musste über ihre eigenen Gedanken lächeln.
„Sieht aus wie auf so ner Weihnachtspostkarte. Jeder Fotograph würde für dieses Motiv sterben!“ Luke Stimme klang gedämpft, obwohl er dicht neben ihr stand. Wohl durch die dicke Mütze, sagte sie sich.
Sie sah Luke an: „Was denn?“ fragte er.
„Nichts!“
„Manchmal wünscht ich, ich könnte Gedanken lesen. Zumindest deine!“
„Oh, ich glaube das wäre nicht so gut!“
„So warum?“
Steffi zuckte mit den Schultern: „Wäre doch langweilig. Wo bliebe da die Überraschung?“
Luke griente, fuhr ihr mit der Hand über den Rücken und ließ seinen Arm um ihre Taille liegen. Zuerst wollte sie ausweichen, aber schon allein diese kleine Berührung, und sie fühlte kaum mehr die Kälte. Im Gegenteil, sie trat noch einen Schritt näher zu Luke und legte ihren Kopf an seine Schultern, obwohl er kaum größer war als sie, war das sogar bequem. Sie merkte wie er sein Gesicht an ihrer Mütze rieb, und als sie den Kopf anhob, glitt sein Gesicht an ihre Halsbeuge. Sie merkte trotz des Schals wie er die Luft einsog. Einmal, zweimal.
„Was ist?“ fragte sie und zupfte ihren Schal vor ihre Nase, sie roch daran.
„Nichts! Du riechst nur gut!“ Ich weiß zwar nicht genau nach was, dachte er, aber es riecht gut.
„Nach was?“ Sie schnupperte wieder an ihrem Schal.
Luke schob sein Gesicht noch näher an ihre Hals, schob mit der Nase den Schal zur Seite und sog lange die Luft ein.
„Mmh, nach Orange,..“ wieder schnupperte er an ihr „ nach Mandeln, nach…“ erneut roch er an ihr „Zimt und…..“ diesmal fuhr er mit der Nase bis an ihren Haaransatz „nach Apfel und irgendwas anderes was ich nicht zuordnen kann!“
Steffi versuchte zu überlegen, was er alles roch, obwohl das angesichts dessen, das er immer noch an ihrem Hals roch, nicht so einfach war.
„Also,“ begann sie „ich habe ein Mandel Duschmittel, ein Mandarinen Parfüm und eine Apfel –Zimt Handcreme und das andere ist mein Shampoo das riecht eigentlich nach nichts!“
„Dafür das es nach nichts riecht, riecht es gut!“ sagte er, immer noch mit der Nase an ihrem Hals. „Aber warum riecht ich deine Handcreme?“
„Entweder du hast ne gute Nase oder es liegt daran das ich mir nach dem eincremen den Schal angezogen habe!“
„Wäre die logischste Alternative!“!
„Siehste!“ sagte sie, als sie sich etwas nach vorne beugte, um sich etwas von ihm zu entfernen. Allerdings war das Geländer der Brücke im Weg, sodass sie nicht weit weg von ihm kam. Aber er hatte gemerkt, was sie wollte, zog seinen Kopf zurück, legte seine Arme um ihre Taille und seinen Kopf auf ihre Schulter. Er hatte immer noch die Tüte der Frau um das Handgelenk gehängt, sie hatte die Tüte mit dem Bären in der Hand. Er sah ihr über die Schulter: „Die Tüte von mir ist größer. Warum machen wir nicht die Tüte mit dem Teddy in die Tüte mit dem anderen Zeug! Dann riecht der Teddy nach Weihnachten und Frühling!“ Sie hörte wie er leise kicherte: „Und wer trägt dann die Tüte?“
„Gute Frage! Jeder kriegt nen Henkel!“
Sie drehte sich um und sah ihn von der Seite her an: „Manchmal denk ich du willst mich veralbern!“
Er drehte ihr sein Gesicht zu, riss erstaunt die Augen auf: „Wie kommst du darauf? So was würde ich nie tun!“
„So, dass würde ich jetzt auch sagen!“ Sie griente ihn an.
Er begann zu lächeln: „Also gut! Ich trag die Tüte!“
Er ließ sie kurz los, hielt die Tüte auf und Steffi steckte ihre Tüte in seine. Dann hängte er sich die Tüte wieder ans Handgelenk und legte erneut die Arme fest um sie. Obwohl doch einiges Stoff zwischen ihnen war, spürte Steffi seine Körperwärme sehr deutlich.
Sie sah seinen kondensierenden Atem, wie er regelmäßig neben ihr in kleinen Wolken auftauschte.
Nach einer Weile begann sie zu frösteln, trotz seiner körperlichen Nähe. „Zu kalt?“ fragte er.
„Durch das stehen und dann so nah am Wasser!“
„Sollen wir etwas gehen?“
Irgendwie wollte sie das auch nicht, da er sie dazu loslassen musste.
Sie holte tief Luft, sah ihn wieder von der Seite her an: „Vielleicht etwas! Sonst frieren mir die Beine ab!“
Luke trat einen Schritt zurück, sah ihr an den Beinen runter und sagte dann: „Wäre schade drum!“
„Um was?“
„Hah, um die Beine.“ Ihr Gesichtsausdruck musste mehr gesagt haben, wie sie beabsichtigt hatte, denn schnell sagte er: „Läuft sich so schlecht ohne!“
Sie schielte ihn seitlich an und zog die Augenbrauen nach oben.
Er drehte den Kopf zur Seite: „So, jetzt sag ich gar nichts mehr!“
Steffi fing an zu kichern: „Als ob du das könntest!“
„Hey, freches Ding!“ Er streckte die Hand nach ihr aus und bevor sie zurück weichen konnte, klappte er ihr die vordere Krempe um, sie sah wieder nichts. „Toll!“ sagte sei sarkastisch, lehnte sich etwas zurück und versuchte unter der Krempe Luke anzuschauen: „Jetzt weiß ich warum du die gekauft hast! Das ist nicht lustig!“
„Doch eigentlich schon!“ Steffi drehte sich auf dem Absatz von Luke weg: „Ach komm schon“
Sie griente, das konnte Luke aber nicht sehen. Erstens hatte sie ihm den Rücken zugedreht und zweitens hatte sie die Krempe ja unten.
Luke griff schnell nach ihr, drückte sich von hinten an sie dran und klappte ihr mit beiden Händen die Krempe nach oben: „Schon besser!“ sagte sie herausfordernd. Sie drehte sich in seinen Armen um und merkte jetzt sehr bewusst, wie nahe er an ihr stand. Ihre Oberkörper berührten sich, seine Arme lagen fest um ihre Taille. Er sah sie herausfordernd an, hob das Kinn kurz an: „So? Was jetzt?“
„Ich dachte wir wollen etwas gehen!“
„Wohin denn?“
„Weiß ich doch nicht! Du hast es doch vorgeschlagen!“
Luke wiegte den Kopf kurz von links nach rechts: „Mmh. Da hinten ist irgendwo ein Park. Da gibt es Bäume und Bänke,..“
„Willst du mich verar..?“ „Nein!“ sagte er schnell, fing aber an zu grinsen. „Ich wollte dir nur sagen was dich erwartet!“
„Manchmal …och!“
„Was?“
„Nix!“
„Gehen wir?“
Als sie losliefen, sah Steffi wie es wieder begann zu schneien. Große, dicke Schneeflocken fielen aus den grauen Wolken. Sie hatte gar nicht bemerkt das es zugezogen hatte. Innerhalb von wenigen Schritten, war die Vorderseite ihres Mantels weiß vom Schnee, sie drehte sich zu Luke und sah das seinen Haare fast gänzlich unter einer Schicht Weiß verschwunden waren.
„Keine Mütze dabei?“ fragte sie ihn.
Er schüttelte nur den Kopf, dabei fiel der größte Teil Schnee aus seinen Haaren, aber dennoch waren sie nass. Sie überlegte kurz, sah das es jetzt weniger schneite und zog sich die Mütze vom Kopf, drehte sich zu ihm herum und setzte ihm die Mütze auf. Dabei klappte die Krempe wieder nach unten. Luke blieb wie angewurzelt stehen, legte den Kopf in den Nacken: „Hey, das ist nicht lustig!“ Trotzdem kicherte er, Steffi begann zu lachen: „So jetzt weißt du wie es mir geht!“
„Aber das ist deine Mütze!“
„Was? Wieso? Die hast du doch bezahlt! Also gehört sie dir!“
Luke griff nach oben und klappte die Krempe nach oben, legte den Kopf schief und Steffi begann noch mehr zu lachen. Es fielen nur noch vereinzelte große Flocken, die sich in ihren Locken festsetzten.
„Jetzt ist die aber nass von meinen Haaren!“ stellte Luke fest.
Steffi zuckte mit den Schultern: „Die wird auch wieder trocken!“
Sie stellte sich direkt vor Luke, stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn an: „Hey, das Ding steht dir sogar noch!“
Luke stemmte seinerseits die Hände in die Hüften: „Toll!“ sagte er: „Das wollte ich schon immer hören! Mir steht einen Damen-Teddyfell-Mütze!“
Er streckte ihr die Zunge raus, sie bückte sich und hob etwas Schnee auf, formte es zu einem Ball und warf ihn auf Luke. Dieser wich aber aus, drehte sich dabei um die eigene Achse, bückte sich kurz und formte seinerseits einen Schneeball. Er warf, der Ball war aber nicht fest genug zusammen gepresst, denn er löste sich bereits im Flug auf und Steffi traf nur ein kleines Überbleibsel, sowie etwas Schneegestöber.
Sie drehte sich um, lief in die entgegengesetzte Richtung und rief, als sie ein ganzes Stück entfernt war, zu ihm herüber: „So du willst dich also mit mir anlegen!“
Er kam langsam auf sie zugelaufen, immer noch mit der Mütze auf, sammelte beim laufen Schnee auf und formte ihn wieder zu einem Ball. Er warf, Steffi drehte sich weg, aber trotzdem traf sie der Schneeball an der Seite. Diesmal war er fester und hielt, bis er sie traf.
„Aua! Na warte!“ rief sie ihm kichernd zu, lief aber noch ein paar Schritte von ihm weg. Sie bemerkte erst jetzt das sie bereits in dem Park waren, schnell versteckte sie sich hinter einer großen Tanne. Luke hatte bereits den nächsten Schneeball geformt, warf ihn in ihre Richtung, traf aber nur den Stamm der Tanne: „Hah, war wohl nix! So mit dem Treffen hast dus nicht so, oder?“
„Komm du nur aus deinem Versteckt, dann werden wir sehen..!“
Steffi lief hinter den nächsten Baum um wieder Deckung vor dem näher kommenden Luke zu haben. Dieser hatte bereits den nächsten Schneeball geformt. Er stand bereits unter der Tanne, hinter welcher Steffi sich zuerst versteckt hatte. Steffi ging im Bogen, immer mit einem Baumstamm zwischen ihnen, um Luke herum, sammelte ihrerseits Schnee um einen Ball zu formen. Sie warf ihn Richtung Luke, dieser drehte sich aber wieder weg, dabei klappte die Krempe nach unten, Steffi sah ihre Chance, formte schnell einen weiteren Ball und warf, als Luke sich die Mütze vom Kopf zog. Allerdings war der Abstand zu groß, Luke hatte Zeit seinen Schneeball zu werfen und schaffte es, das sich die beiden Bälle in der Luft trafen.
„Hah!“ sagte er.
„Dusel gehabt!“ kam ihre Antwort. Sie formte einen weiteren Ball und warf ihn in seine Richtung, Luke stand immer noch unter der Tanne und Steffi warf den Ball viel zu hoch: „Wer kann jetzt nicht zielen!“ veralberte Luke sie. Doch irgendetwas in ihrem Gesicht, vielmehr in ihrem breiten Grinsen, irritierte ihn. Zu spät realisierte er, was sie vorhatte. Er hörte über sich komische Geräusche und wollte gerade unter den mit schneebeschwerten Tannenzweigen weggehen, als ihn eine ganze Ladung Schnee voll traf. Der größte Teil wurde von seinen Schultern abgefangen, aber er bekam genug Schnee auf den Kopf und ins Genick, obwohl er den Mantel bis oben zuhatte und einen Schal trug. Sofort schmolz der Schnee und er merkte wie ihm das eiskalte Wasser über den Rücken lief und seinen Pullover durchnässte.
„Oh Gott“ stöhnt er auf. „Ist das eklig!“
Steffi sah wie Luke den Kopf einzog und versuchte den noch nicht geschmolzenen Schnee aus seinem Kragen zu holen. Er hatte immer noch ihre Mütze und die Tüte in der Hand, dadurch hatte er nur eine Hand frei, und der Versuch den Schnee wegzubekommen, hatte nur zur Folge das ihm noch mehr in den Nacken fiel und dort schmolz.
„Oh, das war volle Absicht!“ beklagte er sich schon fast wimmernd: „Das ist kalt und nass!“ Er zog jedes Wort in die Länge.
Sie hatte schon fast Mitleid mit ihm, als er auf sie zukam und mit der freien Hand aus dem Schnee den er sich aus dem Kragen gesammelt hatte, einen Schneeball machte. „Das gibt Rache!“ Er warf den Ball und traf sie voll auf der Brust. Steffi ging langsam ein paar Schritte rückwärts. „Wart bis ich bei dir bin, dann bist du dran!“ Seine Stimme hatte nichts drohendes, er klang nur amüsiert.
Er sammelte erneut Schnee und Steffi entschied noch etwas Abstand zwischen sich zu bringen.
Sie drehte sich herum und wollte gerade weglaufen, als zwei Arme sie umschlungen.
Gott wie hat er mich so schnell eingeholt, dachte sie.
Luke zog ihr die Mütze auf, ließ mit Absicht die Krempe unten, damit sie nichts sah, und Steffi zuckte zusammen. Sie rechnete damit eine Ladung Schnee ins Gesicht zubekommen, aber das einzige was er tat, war sich mit ihr auf den Boden sinken zu lassen. Er zog sie rückwärts auf seine Oberschenkel und ließ sie zur Seite kippen.
„Ey, lass das!“ Mehr konnte sie nicht sagen, da lag sie schon im Schnee. Luke kniete über ihr drüber, stütze seine Hände rechts und links von ihren Schultern ab.
„Du bist gemein. Mich armes wehrloses…“
„Wer hat angefangen?“
„Ich! Aber du bist älter!“
„Ja und?“
„Du bist erwachsener und reifer!“
„Sagt wer?“
„Ich!“
„So! Denkst du das?“
Steffi nickte nur, versuchte sich unter ihn herauszuwinden. Das hatte nur zur Folge das sie Schnee ins Genick bekam: „Eh, das ist kalt!“
„Echt! Was du mir nicht erzählst!“ Er fing an zu kichern und sie konnte sich nicht zurückhalten, fing genauso an zu kichern. Er wurde irgendwann unvorsichtig und Steffi schaffte es sich mit ihm zu drehen. Jetzt lag er rücklings im Schnee und sie saß quer über seiner Hüfte auf ihm drauf. Sie kniete rechts und links seines Körpers und versuchte nicht so viel Gewicht auf ihn zu lassen. Er legte seine Hände an ihre Hüfte und zog sie nach vorne. Schnell stütze sie sich mit den Händen seitlich seines Kopfes ab, streifte dabei seine Wange mit ihren Handschuhe.
„Oh, die sind ja nass!“
„Ich hab ja auch Schnee angefasst. Das sind so stoffartige Handschuhe!“
Luke nahm ihre Hände hoch und zog ihr die Handschuhe aus. Sie sah nur wie er nach unten griff, steckte sich wohl die Handschuhe in seine Manteltaschen. Nun zog er seine aus, nahm erst ihre Rechte dann die Linke und zog ihr seine Handschuhe an. Obwohl sie außen aus Leder waren, waren sie innen mit einer Art Teddystoff gefüttert. Und sie waren trocken und warm. Allerdings auch viel zu groß.
„Die passen dir? Mir sind die die viel zu groß! So viel größere Hände wie ich hast du doch gar nicht!“
„Anscheinend schon! Mir passen die genau! Aber wenn du sie nicht haben willst, kannst se ja wieder hergeben!“
Er griff nach den Fingerspitzen der Handschuhe und zog daran. Steffi zog schnell die Hände zurück: „Nein! Die sind gut. Schön warm!“ Luke fing an zu lächeln: „Nachdem du jetzt trockenen und warme Hände hast, darf ich wieder aufstehen? So langsam wird’s kalt im Schnee zu liegen, obwohl der Mantel viel abhält!“
Steffi setzte sich aufrechter hin, sah ihn an wiegte den Kopf von rechts nach links: „Mmmh, ich weiß nicht! Kommt darauf an!“
„Auf was?“
„Was du machst, wenn ich dich aufstehen lasse!“
Luke sah sie an, lächelte noch breiter. Oh man, schon wieder dieses waffenscheinpflichtige Lächeln, dachte sie.
„Alles was du willst! Solange ich aufstehen darf!“
„So?“
„Ja!“
„Benehm dich! Keine Schneebälle mehr! Verstanden!“
„Versprochen, kein Schnee mehr. Hab genug Schnee für heute!“ Und zwar überall, fügte er in Gedanken hinzu.
Mittlerweile bekam er nämlich auch Schnee in die Hosenbeine, in die Ärmel und der Schnee im Kragen, war jetzt vollends geschmolzen.
„Also gut!“ sagte sie und stand auf.
Er setzte sich hin und sah zu wie sie ihren Mantel richtig zurecht rückte, die Mütze fester aufsetzte und seinen Handschuhe hochzog.
Erst als sie ein paar Schritte zurück getreten war, stand er auf, klopfte sich den Schnee von Mantel und Hose und ging hinter ihr her. Als er auf ihre Höhe ankam, legte er ihr einen Arm um die Schultern, zog sie kurz etwas zu sich rüber und hielt sie während des Gehens nah bei sich.
Steffi hatte die Hände in ihren Manteltaschen. Es ist wesentlich kälter wie vorhin, dachte sie, und grub ihre Hände tiefer in die Taschen.
Sie sah zu ihm herüber, sah wie rot seine Hand war, in welcher er die Tüte trug, sie sah auf die Hand die auf ihrer Schulter lag, diese war genauso rot. Es blies ein kalter Wind und es begann erneut zu schneien.
„Gib mir doch die Tüte!“
„Mmh, warum?“
„Weil ich Handschuhe anhabe! Dann kannst du deine Hände in die Manteltaschen stecken!“
„So kalt ist es nicht!“ sagte er. Nein, es ist saukalt, dachte er.
„Ja, und nachher sind dir die Finger abgefroren, weil ich deine Handschuhe anhabe!“
„Jetzt übertreibst du!“ Wahrscheinlich nicht, ich merke ja jetzt schon meine Finger kaum mehr. Man hat sich das abgekühlt, fügte er in Gedanken hinzu.
Steffi drehte sich von ihm weg, dabei streifte seine Hand ihre Wange: „Ohh, hast du kalte Finger!“ Stures Etwas, lässt lieber die Finger halb abfrieren wie zuzugeben dass ihm kalt ist.
Sie ging einen Schritt nach rechts, dadurch rutschte seine Hand ganz von ihrer Schulter. Steffi stellte sich genau vor ihn, nahm ihm die Tüte aus der Hand und steckte seine Hände in seine Manteltaschen, danach stellte sie sich wieder neben ihn und hakte sich bei ihm ein. Er sah sie von der Seite her an, schnaufte resigniert. „Ja ja ist ja ok!“
Steffi sah ihn an, rempelte ihn kurz an.
„So jetzt hab ich meine kalten Hände in den kalten Manteltaschen, dazu noch mit deinen nassen Handschuhen.“ Steffi griff ihm in die linke Tasche und holte ihre zwei nassen Handschuhe heraus, steckte sich diese in ihre Manteltaschen. „So! Besser?“
„Mmh!“
„Was denn?“
Luke sah sie nur an. Du hättest ruhig deine Hand zusammen mit meiner in der Tasche lassen können, dachte er.
Sie sah ihn an. Was denkst du, fragte sie sich.
„Willst du noch wohin, oder willst du heim?“ fragte er sie plötzlich.
„Wie spät ist es denn?“
Luke zog seine linken Hand aus der Tasche und sah auf die Uhr: „Fast halb Zwölf!“
Eigentlich will ich noch gar nicht heim, aber wohin sollen wir noch gehen. Erstens ist mir kalt und zweitens muss ich um Zwölf zu Hause sein.
„Ich glaub wir sollten nach Hause.“ Als sie ausgesprochen hatte, bemerkte sie das man das missverstehen konnte, also sagte sie schnell: „Also ich zu mir und du zu dir!“
Luke fing an zu lachen. „Schon klar!“ Schade, dachte er, ich dachte sie würde das anders meinen.
Es fing jetzt wieder stärker an zu schneien und sie beeilten sich zum Auto zu kommen.
Steffi sah den BMW im ersten Moment gar nicht, erst als Luke stehen blieb und die Blinker aufleuchteten, weil er die Zentralverriegelung betätigt hatte, wurde ihr bewusst, das sie schon neben dem Auto standen. Sie dachte sie hätten weiter hinten geparkt. Luke wischte gerade die Beifahrertür sauber, als sie sich zu ihm stellte. Er öffnete die Tür, kramte ein Scheibenkratzer aus dem Handschuhfach.
„Ist das echt angefroren?“, fragte sie, wischte mit der Hand über das Fenster und sah das sie nur den losen Schnee wegwischen konnte, der Rest war festgefroren.
„Mmh! Komm setzt dich rein ich mach das schnell!“
Er hielt ihr die Tür auf, Steffi setzte sich rein und sah als sie die Tür zuzog wie Luke bereits ihre Seite der Windschutzscheibe frei kratzte, dann machte er erst die rechte Seitenscheiben frei, dann die Rückscheibe und schließlich kratzte er die Fahrerseite der Fenster frei. Erst als er sich zu ihr hineinsetzte und den Scheibenkratzer zwischen ihre Füße warf, bemerkte sie das er mit bloßen Händen gekratzt hatte. Sie hatte ja immer noch seine Handschuhe an. Luke rieb die Handflächen aneinander, atmete, nachdem er die Zündung angemacht hatte, in seine Handflächen.
Sie schielte ihn von der Seite an, sah ihm zu wie er immer noch die Hände aneinander rieb und bekam ein schlechtes Gewissen.
„Weißt du, du hättest ruhig sagen können das du deine Handschuhe willst!“
„Was? Warum denn? Ich kann eh nicht mit Handschuhen fahren!“log er.
„Wenn du schon nicht mit Handschuhen fahren kannst, dann wenigstens zum frei kratzen!“
„Ach was! Fördert die Durchblutung!“
Steffi verdrehte die Augen.
Außerdem, fügte er in Gedanken hinzu, werde ich dir bestimmt nicht die Handschuhe wegnehmen. Wie würde das denn klingen, gib mir mal meine Handschuhe ich hab kalte Finger. Niemals.
Er fuhr langsam und merkte, wie die Räder sofort durchdrehten, das Heck rutschte weg.
„Wow!“ entfuhr es ihm.
Er sah wie Steffi nach dem Türgriff griff und ihre Hand darum schloss.
Luke sah sie an. „Bisschen glatt draußen, heh!“
„Ein bisschen? Ganz schön würde ich behaupten!“
Luke schaltete in den zweiten Gang. Wer fährt bei den Straßenverhältnissen auch schon im ersten Gang an, scholt er sich.
Jetzt fuhr er im Zweiten an und die Reifen griffen, er wollte gerade auf die Hauptstrasse Richtung Umgehungsstrasse abbiegen als Steffi sich zu Wort meldete: „Ich will ja nichts sagen, aber glaubst du nicht, das es durch die Innenstadt besser ist. Ich glaube die Umgehungsstrasse ist bestimmt noch glatter. In der Stadt sind die Strassen meistens freier.“
Er sah sie an. Sie hielt seinen Blick stand: „Ich mein ja nur,..ist deine Sache!“
Er griente: „Ja hast wahrscheinlich recht!“ er bog nach links ab und in der Stadt war es wirklich nicht so glatt. Aber das änderte sich als sie auf die Bundesstrasse kamen.
Luke gab nach dem Ortschild nur etwas mehr Gas und schon rutschte die Nase zur Seite. „Wow!“ Diesmal war es Steffi, Luke lenkte langsam dagegen, nahm sofort den Fuß vom Gas. Bremsen riskierte er erst gar nicht. Er sah wie Steffis Hand sich fester um den Griff schlossen.
„Hey, alles ok. Nur ein bisschen weggedriftet!“
Das schien Steffi aber nicht wirklich zu beruhigen. Luke sah genau wie sie, dass es wieder stärker zu schneien begann. Fernlicht war nutzlos, dadurch sah ich nur noch weniger, dachte er. Seine Scheibenwischer kamen kaum hinterher die Scheibe frei zu halten. Er ließ den Wagen noch langsamer fahren, schaltete in den Zweiten Gang zurück und gab nur noch wenig Gas.
Er sah kaum mehr die Strasse, so sehr schneite es, er fuhr noch langsamer, da er wusste das da vorne gleich ein Kreisverkehr kommen musste. Allerdings kam dieser schneller als er geglaubt hatte. Zum Glück fuhr er kaum mehr als Zwanzig kmh und so musst er nicht wirklich bremsen, dennoch erschrak er als er merkte wie nah er dem bepflanzten Mittelkreis kam.
Er hatte schon Herzklopfen, allein bei dem Gedanken daran, das der zweite, noch kommende Kreisverkehr noch enger geschnitten war. Sie waren immerhin schon in der Ortsmitte des kleinen Ortes der vor Steffis Wohnort kam. Allerdings kam nach dem Kreisverkehr, bei dem er gleich rechts abbiegen musste eine Senke. Zwar gab es schon zuvor eine Senke vor dem Ort in welche er runter und wieder hoch musste, diese hatte er aber wegen dem Schneegestöber gar nicht mitbekommen. Diese Senke hingegen nahm er sehr bewusst war und er merkte, dass obwohl die Heizung nur die Scheiben freihielt, wie warm es ihm wurde.
Er schaltet in den ersten Gang und ließ das Auto einfach rollen, schon nach wenigen Metern, hörte er über das Heulen des Windes wie sein Motor aufheulte. Er sah aufs Tacho und merkte das er fast Vierzig fuhr. Und das im ersten Gang, dachte er, das wird dem Getriebe nicht gefallen.
Er wusste das sich der Motor eigentlich selbst drosselte aber bei dem Gefälle hatte der Wagen schwer zu kämpfen nicht hochtourig zu fahren, aber Luke ließ den Fuß vom Gas und vor allem, von der Bremse. Er war heil froh, als er endlich wieder auf der Ebene war und merkte sofort wie sich der Motor drosselte, der Wagen rollte nur noch. Trotzdem kam er zu schnell am nächsten Kreisverkehr an, Luke musste bremsen, wenn er nicht wollte, wirklich geradeaus zu fahren, über den bepflanzten Innenkreis. Noch bevor Luke den Fuß richtig auf der Bremse hatte, rutschte das Heck weg, Steffi zog neben ihm laut die Luft ein, hielt sich noch fester am Griff.
Luke bremst mehr und lenkte langsam dagegen, der BMW kam wieder auf die richtige Spur und Luke lenkte ihn vorsichtig in den Kreisverkehr. Er musste bei der zweiten Ausfahrt raus und war sich nicht so sicher ob das so funktionierte wie es sollte.
Als er das Lenkrad nach rechts einschlug, war das Heck sofort der Meinung etwas weiter nach links zu müssen. Steffi stöhnte leise auf.
Oh Gott, dachte sie, das schneit immer mehr und wird bestimmt nicht besser zum fahren und Luke muss nachher den ganzen Weg zurück.
„Alles ok?“ fragte Luke.
„Was? Warum?“
„Du schaust so!“
„Könntest du bitte aufhören mir ins Gesicht und auf die Strasse zuschauen. Ich wäre dir sehr verbunden!“
Luke griente: „Ich dachte nicht das du noch so freundlich dabei bist.“
„Ich kanns auch anders sagen, wenn du willst!“
„Ne ne, schon gut! Keine Sorge der rutscht nur!“
„Nicht das er rutscht, sondern wohin macht mir Sorgen.“
Luke hatte den Kreisverkehr gerade hinter sich und war nun auf relativ gerader und vor allem freier Strecke. Sofort merkte er wie der Wind am BMW zog und rüttelte. Er bemerkte Bewegung auf dem Beifahrersitz, Steffi hatte sich die Mütze und die Handschuhe ausgezogen und warf beides, ohne sich viel zu bewegen, auf die Rückbank.
Man könnte meinen sie hat Angst davor, das ihre Bewegung den BMW noch mehr ins Schlingern bringt, dachte er.
Steffi sah zu ihm herüber, sie hatte gemerkt wie er sie angesehen hatte. Sie sah wie er beide Hände am Lenkrad hatte und sich jetzt mehr wie zuvor auf die Strasse konzentrierte. Ihr Blick ging auf den Tacho, er fuhr keine Zwanzig und sie sah auf die Uhr. Oh Gott dachte sie, ist das wirklich schon halb eins.
Luke bemerkte wie sie etwas aus ihrer Hosentasche kramte, er sah wie sie ihr Handy aufklappte und wählte.
Er sah sie an, Sie merkte es: „Hast du schon mal auf die Uhr geschaut?“
„Ne, warum? …Oh schon so spät!“
Bevor er noch etwas sagen konnte, hörte er Steffi reden: „Hallo Mama, du pass auf wir sind grad kurz nach Sattl, aber wir müssen langsam fahren, das macht wie….“
Sie schwieg, hörte zu, dann antwortet sie: „Ich fahr gar nicht und Luke fährt keinen Zwanzig! Ja, ja ich weiß …. Ich wollt nur das du weißt das wir auf dem Weg sind.. Ja …… Hallo, haallo!“
Steffi sah auf den Display, Zuckte mit den Schultern und klappte das Handy zu. „Kein Empfang mehr, Handy tot!“
Luke sah erst sie an, dann nach draußen. „Kein Wunder bei dem Wetter!“
Sie fuhren gerade in den kleinen Wald, als Steffi sagte. „Du, pass auf hier gibt es Rehe und die stehen manchmal mitten auf der Strasse!“
Oh ja, das weiß ich, dachte er. Schwieg aber, er würde ihr bestimmt nichts davon erzählen.
Er ließ den Wagen sich nur noch mehr drosseln, und war froh durch das kleine Waldstück gekommen zu sein. Steffi hatte die Orientierung verloren, sie wusste nicht mehr genau wie weit es noch war. Es waren nur zwei, vielleicht drei Kilometer bis nach Hause aber das schien sich im Moment ewig zu ziehen. Sie merkte erst wo sie waren, als Luke nach rechts in ihre Einfahrt fuhr und den Motor ausmachte. Sie sah ihn an, wusste nicht so recht was sie sagen sollte, also entschied sie sich nicht viel zu sagen.
„Also, tschüss. Fahr langsam!“
Sie öffnete die Beifahrertür und merkte sofort wie der kalte Wind an der Tür und an ihr riss.
Sie stieg schnell aus, ohne Luke wirklich nochmals anzusehen, sie wollte nur das er möglichst schnell nach Hause kam. Sie ging Richtung Glastür, stellte erleichtert fest das diese nicht abgeschlossen war und hatte sie gerade ein Stück geöffnet, als sie merkte, wie jemand von hinten an sie stieß.
„Luke, was..?“ Es war nicht möglich sich bei dem tobenden Wind zu unterhalten. Sie packte ihn am Arm und zog ihn hinter sich in den Glasverschlag.
Dort stellte sie sich auf die oberste der fünf Stufen, zog hinter ihm die Tür zu und sah ihn an.
„Ohne Jacke, bist du irre!“
Luke sah sie an, er stand auf der untersten Stufe und hielt ihr eine Tüte vor die Nase.
„Was vergessen?“
„Oh, mein Teddy! Danke!“
„Wenn du nicht so geflüchtet wärst, dann….“
„Ich bin nicht geflüchtet. Ich wollte nur schnell rein, das du nach Hause kannst.“
Luke stellte die Tüte neben sie auf die Treppe, legte den Kopf schief: „So? Das würd ich jetzt auch sagen!“
Sie sah ihn an, legte ihm ihre Arme um den Hals und zog ihn etwas näher zu sich.
Sie sah ihm über die Schulter und merkte das der Sturm an Stärke zunahm.
Wenn ich jetzt alleine wohnen würde, würde ich ihn nicht fahren lassen. Es ist viel zu gefährlich.
Sie dreht ihr Gesicht wieder nach vorne, ihre Nasenspitzen berührten sich fast.
„Fahr langsam, hörst du. Das wird immer schlimmer!“
Luke drehte seinen Kopf etwas nach hinten und sah aus der Glastür. Er sah, das er nichts sah. Nur Weiß, das vom Wind angepeitscht, vom Himmel fiel.
„Ich kenn schlimmres Wetter, außerdem fahr ich schon ne Weile Auto!“
Ja, ich kenn schlimmes Wetter, allerdings waren das Tornados, Tsunamis oder Ähnliches und selbst da war ich weiter weg. Aber so viel Schnee auf einmal, gab es in den US nicht. Und selbst wenn, wäre ich nicht freiwillig durchgefahren.
Er lächelte sie an, hoffte das es überzeugender aussah, wie er es fühlte.
„Vielleicht fährst du schon ne Weile, aber bestimmt nicht so nem Wetter. Wo liegt Santa Barbara noch mal, irgendwo am Strand bestimmt, oder. Da wo es so oft schneit!“ sagte sie sarkastisch.
Luke fing jetzt wirklich an zu lachen. „Ja, Strand trifft es. Kalifornien ist nicht unbedingt für seinen Schneereichtum bekannt!“
Er legte dabei seine Arme um ihre Hüften, zog sie etwas näher zu sich heran und küsste sie kurz auf die Wange. Sie zog ihren Kopf nicht, wie er erwartet hatte, zurück. Sie sah ihn an: „Bitte fahr langsam. Und fahr jetzt, das wird nicht besser und du hast schon genug Zeit mit mir vertrödelt!“
Blödsinn, vertrödeln tut man nur, wenn es keinen Spaß macht und man es bereut. Keines von beiden trifft zu.
„Ja, ich schätze die Hoffnung, das es besser wird, ist ziemlich hoffnungslos!“
Steffi löste sich aus seiner Umarmung, ging einen Schritt zurück und sah ihn erneut an: „Und ruf an, wenn du zu Hause bist. Hast du gehört!“
„Ja, ich lass es klingeln!“
„Nein, du wartest bist ich dran gegangen bin, ok! Du kriegst fertig und rufst an, bevor du daheim bist!“
Luke fing an zu grienen. „So was würde ich nie tun!“
„Ja klar, wers glaubt! Luke bitte, ja, vorsichtig!“
Er drehte sich gerade um, als ihm etwas einfiel. Er kam die Stufen herauf, legte ihre beide Hände an die Wangen und fuhr ihr mit den Händen durch ihre Haare, nahm sie im Genick zu einen Zopf zusammen und wickelte den Haargummi, den er aus seiner Hosentasche gekramt hatte, zweimal darum.
Sie lächelte: „Danke, hätt ich fast vergessen!“
Sie umarmte ihn erneut, dieses Mal legte sie ihm die Arme auf die Schultern, zog sich näher an ihn heran. Ich will nicht das ihm was passiert, das würd ich mir nie verzeihen, dachte sie.
Ohne das sie es wirklich realisierte, begann sie ihm über die Schultern und den Rücken zu streicheln. Sie fuhr mit ihren Händen unter seinen Armen hindurch und legte sie ihm auf den Rücken. Dann fuhr sie nach oben und legte ihre Hände von hinten auf seine Schultern, dadurch zog sie ihn noch näher an sich heran.
Luke legt seine Hände an ihre Taille, fuhr über ihren Rücken nach oben und legte schließlich seinen Hände auf ihre Wangen. Sie standen ganz dicht vor einander und Luke merkte ihren warmen Atem auf seinem Gesicht. Er zog ihr sanft den Kopf nach unten und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Als seinen Lippen ihre Haut berührten, merkte er wie sie sich versteifte. Er zog schnell seinen Kopf zurück, ließ seine Hände wieder auf ihren Rücken gleiten, sah sie an und Steffi kam mit ihrem Gesicht wieder näher zu ihm, legte ihre Wange an seine.
Eine Weile blieben sie so nah beieinander stehen. Irgendwann, seiner Meinung nach, viel zu früh, machte sie sich los von ihm.
Sie sah an ihm vorbei nach draußen: „Du musst los! Das wird nur schlimmer, es wird immer gefährlicher zu fahren!“
„Ja, du wohl recht!“
Luke drehte sich Richtung Ausgang und als er die Tür bereits ein Stück offen hatte, sagte sie erneut zu ihm: „Du rufst wirklich an! Verstanden!“
Luke drehte sich noch mal zu ihr um, nickte: „Ja versprochen! Kann ich dich morgen wieder abholen?“ fragte er schnell.
Ach ne morgen hat ja ihre Mum Geburtstag, erinnerte er sich.
„Bist du wahnsinnig! Bei dem Wetter fährt niemand freiwillig und ohne Grund irgendwo hin!“
Einen Grund hätte ich schon, dachte er.
„Ja du hast Recht, ist wohl besser!“
„Luke das ist mein ernst! Kein Auto fahren bei dem Wetter! Nicht wenn es nicht ums Leben geht. Es reicht das man am Montag fahren muss! Hast du gehört?“ Luke griente sie an:
„Jawohl Boss!“
„Luke!“ sagte sie warnend. Er stieg wieder eine Stufe nach oben, küsste sie erneut schnell auf die Wange und ging dann hinaus. Sofort zehrte der Wind an ihm und er spürte wie dieser, durch seinen Pulli und das T-Shirt, das Gefühl brachte als ob tausende kleiner Nadeln sich in seine Haut stachen. Luke versuchte tief Luft zu holen, aber der Wind machte das Atmen fast unmöglich.
Er war froh als er endlich den BMW erreichte, obwohl das keine vier Meter waren, schien es ewig gedauert zu haben.
Er setzte sich hinters Lenkrad und sah, das er nichts sah. Seinen Scheibenwischer hatten Mühe den liegenden Schnee beiseite zu schieben und noch mehr Mühe die Scheibe frei zu halten.
Er ließ den Motor an und fuhr rückwärts aus der Einfahrt, sofort merkte er, wie der Wagen schlidderte. Aber er blieb auf dem schmalen Weg.
Luke ließ den Wagen langsam den Weg herunter rollen, merkte das als er zu schnell wurde, das er schon ganz auf der Bremse stand. Alle Reifen waren fest, aber der Wagen rutschte aufgrund seines Gewichtes, das sonst immer gut für die Straßenlage war, unerbittlich weiter.
Luke legte den Rückwärtsgang ein und gab vorsichtig Gas, er merkte wie der Wagen langsamer wurde und je mehr Gas er gab, umso langsamer wurde er. Aber er konnte kaum verhindern das der Wagen mehr und mehr ins schlingern geriet. Jetzt gab er noch mehr Gas und plötzlich stand der Wagen, er schob sich sogar langsam den Berg rückwärts wieder hinauf.
Und obwohl der Wagen eigentlich rückwärts fuhr, rutschte er dennoch weiter nach unten. Luke spürte wie sein Herz jagte.
„Oh man“, sagte er laut zu sich.
Er war froh fast auf der kleinen Hauptstrasse zu sein, wollte gerade links abbiegen, als ihn eine Windböe erfasste. Die Straße ging genau von Ost nach West durch das kleine Dorf und bildete durch die Häuser einen Art Windkanal. Luke stand schneller auf der Strasse wie ihm lieb war, zum Glück in Fahrtrichtung, aber das es ihm einfach diese Zentnermonster um neunzig Grad drehte, hinterließ schon ein mulmiges Gefühl. Was würde dann mit dem kleinen Punto von Steffi passieren, dachte er. Irgendwie verursachte die Vorstellung davon,, ein mulmigeres Gefüh, wie das was gerade passiert war.
Er holte tief Luft gab vorsichtig Gas und fuhr im zweiten Gang durch den kleinen Ort.
Er merkte als er auf die Bundesstrasse kam, wie bei jedem stärkeren Gasgeben, das Auto schlingerte.
„Also“ sagte er laut zu sich selbst „wird halt mit Zwanzig kmh nach Hause geschlichen!“
Luke kam langsam aber mit relativ wenigen Problemen in Sattl an und nun folgte das mit unter Schwierigste, dieser verflucht eng geschnittenen Kreisverkehr.
Das Reinfahren war kein Problem aber das Herausfahren, kaum hatte Luke das Lenkrad etwas eingeschlagen, merkte er wie das Heck weiter geradeaus fahren wollte, er merkte wie er mit der linken Seite irgendetwas streifte.
War das jetzt das Schild oder nur Schnee, fragte er sich, hatte aber keine Zeit einen Antwort zu finden, er musste dieses Schlitten wieder zurück in die Spur bringen, bevor er wirklich irgendwo dranknallte. Luke war froh den Kreisverkehr hinter sich zu haben, aber nun musste er die Steigung hinauf.
Er gab mehr Gas, schaltete in den Zweiten und hoffte, das er genug Schwung hatte um nach oben zu kommen. Er wusste, dass wenn er an der Steigung stehen blieb, er keine Chance hatte weiter zu kommen. Allerdings durfte er nicht vergessen das diese Steigung direkt vor dem nächsten Kreisverkehr endete, wenn er zu schnell war, dann würde die Sache interessant werden.
Die Steigung kam er hoch, aber er war wie befürchtet zu schnell, er musste bremsen und merkte wie das Gewicht des Autos, obwohl er kaum das Pedal berührt hatte, den Wagen voll in den Kreisverkehr schob. Er schlug schnell etwas nach rechts ein und hörte unter den Rädern das Kopfsteinpflaster, mit dem der bepflanzte Teil abgetrennt war.
„Das war knapp!“ Sagte er zu sich selbst.
Er musste ordentlich rudern, damit der Wagen es durch dreiviertel des Kreisverkehrs schaffte.
Jetzt kam nur noch die Senke, dann war das gröbste geschafft. Er war froh das es jetzt weniger schneite, dadurch konnte er zumindest etwas die Hälfte des Gefälles sehen. Er ließ den Wagen rollen, schaltet in den Dritten um noch mehr Schwung zu bekommen, sonst kam er nicht mehr hoch.
Als er den Scheitel erreicht hatte gab er vorsichtig Gas, der Wagen rutschte vorne etwas weg, nahm aber Gas an, er kam bis ungefähr zur Hälfte hoch, als er merkte das er schnell langsamer wurde. Er schaltet in den Zweiten, nach ein paar Metern war er gezwungen in den Ersten zurück zuschalten und nach noch ein paar Metern musst er Gas geben, sonst wäre ihm der BMW ausgegangen. Er merkte wie er schlingerte und plötzlich machte der Wagen einen unkontrollierten Satz nach vorne.
Entweder, sagt er zu sich selbst, war das Glück oder die Reifen haben das Eis weggeschliffen.
Er kam an die Kreuzung, an die unter anderem auch die Fahrzeuge von der Autobahn ankamen. Die Ampel war aus und er hoffte das keiner von irgendeiner Seite kam, den bremsen wollte er jetzt nicht unbedingt.
Als er diese Hürde auch hinter sich gebracht hatte, erreicht er kurze Zeit später die Stadt. Er war froh, wusste aber das um die Uhrzeit bestimmt keiner mehr gestreut hatte. Der Weg vom Ortschild bis zu sich nach Hause war ihm noch nie so lange vorgekommen. Er war froh als er vor seiner Einfahrt stand. Er drückte den Knopf, der seitlich des Lenkrades in einer kleinen
Ablagefläche war, um das schmiedeeiserne Tor aufzumachen. Er musste dreimal draufdrücken und dann erst öffnete sich das Tor, allerdings langsamer wie sonst.
Er fuhr hinein, wollte gerade nochmals auf den Knopf drücken, überlegte kurz und beschloss es lieber offen zu lassen.
„Nachher ist das Ding zugefroren und ich komm nicht mehr raus!“ sagte er laut zu sich selbst.
Er drückte einen zweiten Knopf und sah wie das Garagentor aufging, dieses schien keine Probleme zu haben, trotz der Temperaturen.
Er fuhr in die Garage und schloss das Tor hinter sich.
Als er ausstieg, sah er wie hoch der Schnee, trotz Fahrtwind, auf dem Dach lag.
Er erinnerte sich an das komische Geräusch am Kreisverkehr und ging zur hinteren linken Tür. Er fuhr mit der Hand darüber, aber er merkte nichts und sah auch nicht.
Er zuckte mit den Schultern und kramte seinen Mantel von der Rückbank, dabei fiel ihm Steffis Mütze auf, er lag verkehrt herum auf der Rückbank. Seine Handschuhe lagen in ihm. Er nahm ihn heraus, kramte danach die Tüte heraus und ging hinein. Als er die Fünf Stufen zu der eigentlichen Wohnung nach oben stieg, warf er die Mütze und seinen Mantel auf die Garderobe, die rechts der Stufen war.
Er ging ins Schlafzimmer um sich die immer noch feuchten Klamotten auszuziehen, als er einen Blick auf seinen Wecker warf. Es war fast halb Zwei. Solange hatte er noch nie gebraucht. Er musste Steffi noch anrufen. Er holte sein Handy aus der Hosentasche und sah das er überhaupt keinen Empfang hatte. Er ging zurück in die Küche und nahm sein tragbares Festnetztelefon, suchte in seinem Handy ihre Nummer und wählte. Er ließ es klingeln, war in der Versuchung, nach dem dritten Klingelton aufzulegen, überlegte es sich aber. Aber was ist wenn sie vielleicht schon schläft, dachte er. Aber sie hat gesagt ich soll solange klingeln lassen, bis sie drangeht.
Es klingelte fünf oder sechsmal. Er wollte schon auflegen, sie schlief bestimmt schon.


Steffi sah auf ihr Handy, die Nummer kannte sie nicht war zwar die Cralsener Vorwahl aber die Rufnummer kannte sie nicht, höchstens:
„Luke?“
„Hey bist noch wach, oder hab ich dich geweckt?“
„Ne, ne! Ich hab doch gesagt du sollst anrufen. Ich hab nur die Nummer nicht erkannt deswegen hab ich so lange klingeln lassen, geh doch nicht ans Handy wenn es ne unbekannte Nummer ist. Bist du zu Hause?“
„Ach so machst du das! Ja klar, sonst könnt ich ja wohl kaum vom Festnetz anrufen, oder?“
„Ja, ja schon kapiert. Bist du erst jetzt nach Hause gekommen?“
„Ja, hat ein bisschen länger gedauert wie sonst, aber..!“
Er hörte irgendetwas rauschen, wie Wasser. Er hatte schon Sorge das irgendwo in die Wohnung Wasser lief, oder war es der Empfang: „Sag mal, hörst du auch Wasser, oder… ?“
Steffi fing an zu lachen: „Ja hör ich. Ich lieg nämlich in der Badewanne!“
„Was jetzt noch?“
„Das Beste zum auftauen! Und da ich heute Mittag geduscht habe, lieg ich jetzt einfach nur im Wasser!“
„Schlaf aber nicht ein. Und ist das Wasser nicht schon kalt?“
„Ne, ich lass immer neues Heißes nachlaufen!“
„Ja so ne heiße Dusche klingt verlockend!“
„Ich schätze dir ist nicht wirklich wärmer wie mir, oder..?“
„Oh, du mir ist teilweise ganz schön warm geworden!“
Steffi fing an zu lachen: „Hoher Blutdruck?“
„Mmh, wohl ehern schneller Puls!“ sagte er und ging Richtung Bad. Er drehte die Heizung etwas auf, er würde jetzt auch noch duschen.
„Das kann ich mir vorstellen, bei der Strasse!“
„War ehern das Wetter was Probleme gemacht hat!“ Luke kicherte.
„Hey, willst du mich verarschen!“
„Ich hab dir schon mal gesagt das ich das nie machen würde!“
„So also, bin ich froh das du gut zu Hause angekommen bist. Und was jetzt, ab ins Bett?“
„Och nö, die Idee mit dem heißen Wasser find ich sehr ansteckend. Ich geh noch duschen!“
„Also gut, dann will ich dich nicht länger aufhalten. Ist schon spät genug geworden wegen mir!“
Wenn ich die Zeit bei dir verbracht hätte, wäre das gar nicht so schlimm, dachte er.
„Außerdem solltest du nicht so lange in der Wanne liegen!“
„So warum net?“
„Schläfst vielleicht doch noch ein!“
„Ja Mama, ich geh ins Bett!“
„Steffi, ich mach nur das gleiche wie du!“
„So!“
„Ja!“
„Gut! Dann geh ich jetzt ins Bett. Gute Nacht!“
Luke fing an zu lachen: „Also gut. Gute Nacht!“
Luke legte auf, aber erst nachdem sie aufgelegt hatte, zog sich dann den Pulli mitsamt dem T-Shirt aus, warf es auf den Herrendiener, warf seine Hose dazu und ging ins Bad. Dort warf er seine Unterwäsche und seine Socken in den Wäschekorb und stellte sich unter die Dusche.
Er drehte das heiße Wasser wartet ein bisschen bis es warm genug war und stellte sich dann unter den Strahl. Er schloss die Augen und ließ den Kopf nach vorne hängen. Das heiße Wasser lief ihm größtenteils am Rücken entlang, nach einer Weile legte er den Kopf in den Nacken und ließ sich das Wasser übers Gesicht und Brust laufen. Auf einmal hatte er das Gefühl, als ob jemand hinter ihm stand, die Hände auf seine Schultern legte und ihm dann sanft über den Rücken fuhr. Er öffnete die Augen und drehte sich herum, da stand niemand. Wie zu erwarten. Luke schloss wieder die Augen und ließ das Wasser über seinen Körper laufen und wieder fühlte er warme Hände die sich ihm auf den Rücken legten. Er wusste das das nur Einbildung war und dennoch fühlte es sich so echt an.
Er trat unter dem Wasserstrahl heraus und nahm sein Shampoo, schäumte sich die Haare ein und als er sich wieder unter den Strahl stellte, fühlte er das gleiche wieder, genauso und genau an den Stellen wo Steffi ihn zuvor berührt hatte.
Meine Phantasie geht wohl mit mir durch, dachte er. Er stand immer noch unter dem Strahl und jetzt fühlte er wie die Hände über seine Taille zu seinen Bauch fuhren und tiefer glitten.
Er riss die Augen auf, schnappte kurz nach Luft.
So weit war seine Phantasie schon lang nicht mehr gegangen.
Er holte erneut tief Luft, überlegte kurz ob er nicht einfach kurz das kalte Wasser aufdrehen sollte, schob diesen Gedanken aber schnell wieder zur Seite. Er stellte sich erneut unter den Wasserstrahl und diesmal brauchte er die Augen gar nicht zu schließen, er spürte sofort die Hände die über seinen Oberkörper fuhren, zu seinem Bauch und erneut tiefer glitten. Er könnte sich ein kurzes Aufkeuchen nicht verkneifen.
Man was ist los mit mir, fragte er sich. Reagierte er so intensiv auf ihre Berührungen, obwohl diese und das was er jetzt spürte, in keiner Relation zueinander standen.
Er nahm etwas von seinem Duschmittel, fing an sich einzuseifen und diesmal vermischte sich Realität und Phantasie zu sehr. Er wusste das es seine Hände waren die seinen Oberkörper einseiften, aber seine Phantasie war intensiver. Er fühlte nur Berührung an seinem Körper aber keine an seinen Händen, es war als ob es nicht seine wären. Er schloss erneut die Augen, stellte sich wieder unter den warmen Wasserstrahl und ließ seine Phantasie mit ihm durchgehen. Er wusste das es seine Hände waren die ihm diese Gefühle durch den Körper jagten, aber seine Phantasie hatte ihren eigenen Kopf. Und so war es ihm egal, wessen Hände ihm Erleichterung verschafften.


Steffi stieg, nachdem sie aufgelegt hatte, aus der Badewanne, trocknete sich ab, zog ihren Schlafanzug an. Ihre Haare hatte sie hochgesteckt, so das sie nicht noch nässer wurden.
Sie ging die Treppe hinunter, vorbei an Küche und Wohnzimmer, in dem Ihre Mutter schlief. Ihre Mutter hatte nicht viel gesagt als sie nach Hause gekommen war, das störte sie auch nicht wirklich.
Sie ging in ihr Zimmer, kramte eine Wärmflasche aus der Schublade und füllte in der Küche Wasser in den Wasserkocher. Bis das Wasser heiß war, hatte sie ihr Bett gemacht. Sie füllte die Wärmflasche und legte diese ins Bett. Sie sah nochmals auf ihr Handy.
Was Luke wohl gerade macht, fragte sie sich. Duschen, vielleicht ist er aber auch schon im Bett, beantwortete sie ihre eigene Frage. Sie legte sich ins Bett, legte die Wärmflasche neben sich und schlief kurz darauf ein.

Luke drehte das Wasser ab, wickelte sich ein Handtusch um die Hüften und stieg aus der Dusche. Er ging zum Waschbecken, schaute in den Spiegel und sah sich selbst an.
Sein Gesicht war gerötet. Liegt am heißen Wasser, sagte er sich.
Seine Pupillen waren so weit, das man kaum mehr das Blau seiner Augen sah.
„Und von was kommt das, auch vom Wasser?“, fragte er sein eigenes Spiegelbild.
„Du benimmst dich jetzt wirklich wie ein Teenie!“ sagte er wieder zu sich selbst.
Er holte tief Luft, trocknete sich die Haare ab, fuhr mit den Händen hindurch, warf das Handtusch auf den Badewannenrand, ging ins Schlafzimmer, zog sich an und legte sich ins Bett. Er konnte nicht mal mehr auf den Wecker sehen, da war er schon eingeschlafen.

Steffi überstand den Sonntag mit einiger Überwindung. Immer auf Happy Family machen, dachte sie am Nachmittag, nachdem jeder angerufen hatte, jeder Besuch ihrer Mutter gratuliert hatte und jedes Geschenk ausgepackt war. Nun saßen ihre Mutter, ihre Schwester und noch ein paar Bekannte im Esszimmer und unterhielten sich. Steffi saß auf der Couch und schaute irgendeinen Trickfilm an, sie hörte nur Gesprächsfetzen, aber sie hörte ihre Mutter Sachen sagen wie: „sind doch eh alle gleich…“ und „…die können sich am Anfang nur gut verstellen…“
Sie wusste das ihre Mutter nur wieder darüber diskutierte wie Männer ihrer Meinung nach ticken. Sie sah auf die Uhr, es war halb Fünf durch, es schneite nicht mehr und die Sonne schien. Sie war in Versuchung Luke anzurufen und ihn zu fragen ob er sie holen würde.
Bloß nicht, gab sie sich selbst antwort, was glaubst was hier los wäre. Sie hörte in Gedanken schon ihre Mutter lamentieren, nicht mal an meinen Geburtstag kannst du fünf Minuten mit deiner Familie verbringen, und außerdem ist der Kerl so wichtig.
Nein, darauf hatte sie keine Lust, außerdem schien das Wetter jetzt so schön und nachher stürmt das wieder wie sonst noch was und Luke musste sie hier her und wieder zurück fahren. Dann passiert dem ihm schlimmsten Fall noch was, das wollte sie unter keinen Umständen.
Trotzdem war die Versuchung groß ihm zu schreiben.


Luke wurde durch die Sonne geweckt, die ihm ins Gesicht schien. Er sah auf den Wecker, halb Neun.
Hey, jetzt könnt ich einmal ausschlafen und nix ist, sagte er noch im Halbschlaf zu sich.
Er ließ sich zurück auf den Rücken fallen und sah auf dem Nachtisch sein Handy liegen. Ob sie schon.. , fragte er sich. Er nahm das Handy, klappte es auf und sah auf das Display.
Nichts, stellte er schon fast enttäuscht fest. „Die schläft wahrscheinlich noch!“ sagte er laut zu sich.
Er legte das Handy auf das andere Kopfkissen und drehte sich so im Bett, dass ihm die Sonne nicht mehr ins Gesicht schien.
Seine Gedanken fingen an zu kreisen, hauptsächlich über das von heute früh.
So krass, wegen solch weniger Berührung, noch nie ging das so schnell bei mir. Normaler Weise muss da schon wesentlich mehr passieren wie nur eine Umarmung bevor ich so reagiere. Schlimmer wie wo ich jünger war, dachte er und musste unwillkürlich grinsen.
Ich war jetzt dreimal mit ihr aus, ich kann sie nicht einmal ein Freundin bezeichnen und schon so was.
Er konnte seine Reaktion unter der Dusche gar nicht fassen, selbst in den letzten Jahren wo er alleine war, war dieses Gefühl nie so stark gewesen.
In Gedanken versunken, merkte er gar nicht wie er erneut einschlief.

Er wurde wach als sein Telefon klingelte. Steffi, war sein erster Gedanke, er kramte das Telefon vom Nachttisch, wo er es gestern hingelegt hatte und hob ab.
Bevor er etwas sagen konnte fing der Andere bereits an zu sprechen:
„Luke, bist du zu Hause!“
Luke griente: „Mum, wie sollte ich den ans Festnetz gehen wenn ich nicht zu Hause wäre?“
„Ich hab gestern Abend ein paar Mal versucht dich zu erreichen, aber du warst nicht da. Bei dir war ja so ein Unwetter.“
Das hab ich gemerkt, dachte er: „Ja ich weiß!“
„Wo warst du?“
Luke holte tief Luft.
„Du musst gar nicht tief Luft holen, junger Mann! Ich hab mir Sorgen gemacht!“
„Junger Mann! Also Mum der Zug ist schon vor ner Weile abgefahren! Ich war in Cralse!“
„Warst wieder bis spät in der Kanzlei?“
„Nein, ähm doch ..“
„Ja was jetzt ja oder nein?“
Verflucht, dachte er. Sollte er es wagen ihr etwas zu sagen. Sein Bauchgefühl sagte ihm es besser noch zu lassen.
„Hallo? Bist noch da oder..?“
„Was? Ja, bin noch da. Bin noch nicht ganz wach!“
„Nicht ganz wach? Luke weist du eigentlich wie spät es ist?“
„Ehrlich gesagt…., ähm nein !“
„Es ist fast halb Drei! Seit wann pennst du so lange?“
„Ich bin gestern erst spät oder besser gesagt heute Morgen sehr früh nach Hause gekommen!“
„So! Darf ich auch erfahren wo du so lange warst bei dem Wetter?“
„Ich sag doch in Cralse.“
„Und wo bitte schön? Und vor allem warum so lange?“
Luke holte abermals tief Luft: „Da war so ein Markt und ich hatte das Auto dabei und hatte die Hoffnung das sich das Wetter noch beruhigt, damit ich nach Hause fahren konnte!“
„Warum hast du das Auto dabei? Du wohnst doch da!“
Weil ich noch jemanden nach Hause gefahren habe.
„Weil ich vorher noch ein paar Akten in die Kanzlei gebracht habe!“
„Also doch wieder nur Arbeit!“
„Nein! Nicht nur Arbeit!“
„Oh Kind was soll ich noch mit dir machen, du bringst mich noch um meine Nerven!“
Luke fing an zu Lachen: „Ich dachte das hätt ich schon vor Jahren geschafft!“
„Du ich sags dir! Wenn du nicht anständig bist komm ich mal runter zu dir!“
„Ich bin doch anständig! Ich mach doch gar nix!“ sagte er mit gespielt weinerlicher Stimme.
„Das ist ja das Problem an der Sache!“
Luke fing wieder laut an zu lachen, dann bekam seine Stimme wieder diesen weinerlichen Unterton:
„Nix, aber auch gar nix kann ich dir recht machen. Mach ich was, ist es unangebracht, mach ich nix ist es dir auch nicht recht. Was soll ich denn nur tun?“
Jetzt fing seine Mutter an zu lachen: „Wie wäre es mit aufstehn, duschen und was essen. Wär schon ein guter Anfang!“
Duschen, mmh, dachte er bei sich, lass ich lieber.
„Ja wär schon mal ein Anfang. Also ich bin zu Hause, mir gehts gut du musste die keinen Sorgen machen, alles ok!“
„Ja ja veralber mich nur!“
„Würd ich nie tun!“ Und da heißt es Männer sind alle gleich. Er musste wieder grinsen.
„Also gut junger Mann!“ sie betonte das „junger Mann“ sehr. „dann will ich dich mal nicht länger stören!“
„Aber Mum du störst doch nicht!“
„Luke, vergiss es du kannst alles, außer lügen. Nicht einmal am Telefon!“
Jetzt lachten beide: „Hey ich hab mich nicht so erzogen!“
„Jetzt bin ich wieder daran schuld!“
„Jaaaha!“
„Weißt du was, du unerzogenes Etwas, ich leg jetzt auf. Bye bye!“ sie musste sich ein lachen verkneifen.
Bevor Luke noch etwas sagen konnte, legte sie wirklich einfach auf.
Er schaute auf das Telefon: „So macht man das!“ sagte er laut zu dm Hörer.
„Mmh und ich bin unerzogen!“
Er setzte sich, immer noch mit dem Hörer in der Hand an die Bettkante, fuhr sich mit der Hand durch die Haare und schlappte ins Wohnzimmer, im vorbei gehen, schaltete er den Fernseher an.
Er setzte das Telefon auf die Ladestation, ließ sich einen Kaffe raus und ging zurück Richtung Wohnzimmer. Mit der Tasse in der Hand setzte er sich auf die Couch, kramte nach dem Umschalter und fing an durch die Programme zu schalten.
Im ersten Programm kam irgendeine Show über verlorene und wiedergefundene Liebe.
„Oh Gott! Ja es ist Valentinstag!“ Er schaltete weiter und das Programm änderte sich nicht wirklich. Irgendwann kam er in einen der Öffentlich- rechtlichen Sender, es sah nach einer Art dieser Heimatfilme aus, noch bevor er wirklich hinsah hörte er nur „Franzl!“
„Oh Gott!“ jammerte er auf „Alles aber keine Sissy- Filme", er machte den Videotext an und stellte fest, das gleich alle Drei nacheinander gezeigt wurden. „Nein, nein, nein, nicht noch mal!“ Seinen Mum hatte ihn irgendwann Mal förmlich gezwungen sich mit ihr alle anzusehen. Er schaltete schnell weiter. „Vielleicht VIVA!“ sagte er laut zu sich selbst. Noch bevor er den Videoclip sah, hörte er bereits Whitney Houstons „I will allways love you“
„Oh bitte die nicht auch!“
Schnell schaltet er weiter. „N-TV. Nachrichten scho..“ zu mehr kam er nicht, denn im Newsticker erschien bereits die Meldung: „Blumengeschäfte machen wieder mal enorme Umsätze“ las er laut.
Er schaltete weiter, CNN, vielleicht, dachte er und schon sah man ein Blumengeschäft in dem sich Männer um die letzten Blumen stritten.
„Oh man! Es reicht, ich weiß es ja! Mal schauen was Phoenix bringt!“ Er schaltet um.
„Gladiatoren- Vom Sklaven zum Held“ stand in der linken oberen Ecke des Bildschirms. Luke atmete erleichtert auf, wenigstens etwas, dachte er und hörte noch wie der Sprecher sagte: „ .. so konnte es sein das ein zum Tode verurteilter Sklave als großer Held gefeiert wurde!“
Schon lief der Nachspann und er hörte eine Frauenstimme sagen: „Jetzt im Anschluss, Valentinstag. Woher kommt er und ist er vielleicht nur ein ….!“
„Aah, ich krieg zuviel!“ Er schaltet schnell um „da schau ich lieber Nickelodeon! Wenn ich es nötig habe meiner Frau oder Freundin nur Blumen zu schenken, weil Valentinstag ist und ich ihr grad an dem Tag zeigen muss das ich sie liebe, läuft was schief!“
Er hatte noch gar nicht realisiert was auf Nick kam, als sein Telefon klingelte. Er ging in die Küche nahm es von der Ladestation. Eine Handynummer, er wollte gerade abheben als es aufhörte zu klingeln. Er drückte auf Rückruf und hörte wie es schellte.
„Ja!“
Luke lächelte: „Hi Steffi, was gibt’s?“
„….Ähm…. Hi,…. ich wollt nur wissen….. wies dir geht!“
Luke griente, sie hatte es sich wohl anders überlegt und aufgelegt, hatte wohl nicht damit gerechnet das er zurück rief: „So, mir .….mir geht’s gut. Ach komm, warum rufst du wirklich an?“
„Ähhhm, ok mir ist langweilig!“
„Kein Fullhouse wegen dem Geburtstag?“
„Ein paar sind noch da, aber die Gesprächsthemen sagen mir nicht so zu!“
Luke fing an zu lachen: „Dann sind wir schon Zwei denen langeilig ist, im Fernseh kommt nix und weg fahren darf ich ja auch nicht!“
„Was? Warum nicht?“
„Weil mir jemand verboten hat, Auto zufahren!“
„Verboten klingt so hart!“
„Soll ich dich an deinen Wortlaut erinnern?“
„Ich hab nur gesagt du sollst kein Autofahren, von verbieten war keine Rede!“
Luke grinste: „Ja, ja. Ich hab das schon richtig verstanden.“
„Ach Luke. So war das nicht gemeint. Du bist alt genug um zu wissen was du machst!“
„Endlich mal jemand der das einsieht!“
„Was? Warum?“
„Ach, meine Mum ist zur Zeit echt schlimm!“
„Die macht sich halt bestimmt Sorgen um dich. Sei doch froh, besser wie wenn es ihr egal wäre was mit dir ist, oder?“
„Ja hast ja Recht! Aber trotzdem..“
„Ach Luke….Warum, was hat sie denn?“
„Allgemein, nichts Besonderes!“ Außer das sie will, das ich mir endlich ne Freundin zulegen, fügte er in Gedanken hinzu.
„Tja, so sind Mütter halt. Zumindest theoretisch, also im Normalfall!“
„Ja, stimmt. Trotzdem manchmal frag ich mich schon wie alt ich bin?“
„Kinder sind immer Kinder, egal wie alt!“
Jetzt fing Luke an zu lachen.
„Was ist? Warum lachst du?“
„Nichts, du klingst nur wie meine…“
„Mutter. Schon klar, habs kapiert!“
„Was? Nein so war das nicht gemeint!“
„So wie dann?“
„Weißt, jetzt sind dann Drei da, die sich Sorgen machen!“
„Wieso Drei?“
„Ja, meine Mutter, meine Schwester und …“
„Ich!“
Lukes lächeln wurde breiter: „Also doch!“
„Was doch?“
„Machst dir Sorgen um mich?“
„Wenn du, wegen mir, bei so nem Wetter herumfährst? Ja!“
Steffi hörte Luke erneut lachen: „Das ist nicht lustig!“
„Ich lach dich ja nicht aus. Es ist nur…., na ja, ….egal.“
„Nein jetzt sag schon! Was?“
Steffi hörte wie Luke tief Luft holte, bevor er antwortet: „Erstens bin ich, wie du gesagt hast alt genug zu wissen was ich tu und zweitens hab ich dir ja vorgeschlagen das ich dich abhole.“
„Trotzdem! Wenn es nicht so wäre, wärst du bestimmt nicht um die Uhrzeit irgendwohin gefahren oder?“
„Es war mir ein Vergnügen!“
Jetzt lachte Steffi auf: „Du bist manchmal unmöglich, weißt du das?“
„Warum? Nur weil ich gesagt habe das ich das gerne gemacht habe und es jederzeit wiederholen würde!“
„Was bei dem Wetter draußen rum fahren? Klar war bestimmt lustig!“
„Das nicht unbedingt, aber die Begleitung war angenehm. Das würde ich gerne wiederholen!“
„Gerne. Aber ich kann dir nicht sagen wann. Ich hab Schule momentan, das weißt du ja.“
„Ist es nicht einfacher während der Schulphasen etwas auszumachen, wie wenn du Schicht arbeitest?“
„Schon, aber während der Schulphase, wie du es ausdrückst, muss ich für selbige lernen!“
„Stimmt auch wieder! Das heißt ich muss warten bis du dich meldest?“
„Ja, scheint so!“
„Solange ich nicht vergeblich warte, hab ich damit kein Problem!“
„Das hast du bist jetzt doch auch nicht, oder?“
„Stimmt, und darüber bin ich ehrlich gesagt auch froh!“
Geh ich jetzt zu weit, fragte er sich, nachdem er es ausgesprochen hatte, vielleicht sollte ich besser nachdenken, bevor ich rede.
Steffi war sich nicht sicher, was sie darauf antworten sollte. Was erwartet er, ich kann ihm schlecht jetzt schon sagen, das ich darüber genau so froh bin und ihn lieber heut wie morgen wiedersehen würde. Und das wollte sie wirklich, stellte sie schon fast erschrocken fest.
„Ähm, also gut, das heißt ich meld mich sobald ich weiß wann wir uns treffen können!“
„Ich hab damit nicht gemeint, das du dich erst dann wieder melden sollst, darfst oder musst, wenn du weißt wann! Du kannst gerne jederzeit … also, du weißt was ….“
„Gleichfalls, allerdings weiß ich nicht wie schnell du eine Antwort bekommst.“
„Das Problem kenn ich!“
Luke hörte wie etwas im Hintergrund bei Steffi gesprochen wurde und hörte wie sie antwortete: „Er hat angerufen!“ und „Ja ich weiß!“
Luke wusste das es ihre Mutter war und bevor Steffi etwas sagen konnte, sagte er: „ Also, dann. Ich muss noch was für Montag vorbereiten. Ich wünsch dir noch einen schönen Sonntag!“
„Mmh, ja , also, dann bis… irgendwann?“
„Ja, nicht das du noch…., egal, also, Tschüss!“
„Ja ,Tschüss Luke!“
Er hörte wie sie auflegte und verfluchte sich in dem Moment.
Warum? Ihr hättet doch noch weiter telefonieren können.
Aber was ist wenn sie Ärger bekommt.
Warum? Weil sie mit dir telefoniert?
Ja, genau darum!
Er stritt schon wieder mit sich selbst.
Er sah auf die Uhr. So langsam sollte ich vielleicht mal was essen.
Hunger hab ich zwar keinen, aber nachher ruft Mum wieder an und dann krieg ich was zu hören.
Er ging in die Küche. Im Kühlschrank war nicht mehr viel. In der Gefriertruhe sah es zwar nicht viel besser aus, aber er fand noch Kroketten und Fischstäbchen.
Er schüttete die Kroketten auf ein Backblech, schob es in den Ofen und stellte die richtige Gradzahl ein. Danach holte er eine Pfanne, goss Öl hinein und stellte sie auf das Ceranfeld.
Nachdem das Öl heiß war, nahm er die Pfanne vom Herd und legte die Fischstäbchen hinein. Als er die Pfanne gerade wieder aufs Ceranfeld stellen wollte, sah er die rotglühende Platte und musste an diesen blöden Blondinenwitz denken, den Bill mal wider zum Besten gegeben hatte.
Wie war das gleich noch mal, dachte er. Was macht eine Blondine vorm Ceranfeld?
Sie wartet auf Grün.
Bill hatte sich dabei fast nicht mehr bekommen. Sarah, seine Freundin, hatte neben Luke gestanden. Sarah war, ebenso wie Luke, blond. Sie hatte damals zuerst Bill und dann Luke angeschaut. Bill hatte beide angesehen und gefragt, ob er es ihnen vielleicht erklären sollte.
Sarah hatte ihm geantwortet, dass er sagen hätten müssen, das das Ceranfeld an war, dann wäre es logischer gewesen. Bill war daraufhin neben Luke getreten, hatte den Arm um ihn gelegt und gefragt: „Was ist Boss, soll ich dirs erklären?“
Luke hatte ihn angeschaut und ihm geantwortet: „Muss ich dir erklären, wer deinen Urlaub genehmigt und deinen Lohn auszahlt?“
Sarah war daraufhin in lautes Gelächter ausgebrochen, hatte Luke auf die Schulter geklopft und gesagt: „Jawohl, zeig ihm wer der Boss ist?“
Luke hatte ihr geantwortet, das Bill das sehr wohl wissen, es nur manchmal anscheinend vergesse.
Daraufhin hatte Sarah nur noch lauter gelacht, Bill angestoßen und gesagt: „Hey Alter, so langsam merkt mans, wirst senil?“
Bill hatte Luke angeschaut und nur gemeint, das er gerade mal ein Jahr älter sei, wie sein Boss.
Sarah hatte ihn daraufhin noch mehr aufgezogen und gesagt: „Und trotzdem ist er dein Boss!“
Bill war daraufhin nur in schallendes Gelächter ausgebrochen und hatte geantwortet, das Luke ja schließlich schon immer die größere Klappe gehabt hätte und meist den Ton angegeben hätte.
Luke konnte sich daran gar nicht so erinnern, er wusste nur das er Bill bei ihrer ersten Begegnung ganz schön hochgenommen hatte.
Er stellte die Pfanne zurück auf den Herd und ging zurück ins Wohnzimmer.
Ja, Bill war älter wie er, hatte damals ein ganz schön große Klappe riskiert. Er hatte Luke von seinem Platz verjagt.
Luke war schon ein Jahr älter wie die anderen Klassenkameraden und Bill war halt noch älter und außerdem viel größer gewesen. Er war auf Luke zugekommen, hatte auf den Tisch geklopft und gesagt, dass das sein Tisch wäre. Luke hatte daraufhin den ganzen Tisch nach seinem Namen abgesucht und gefragt, wo denn das stehe. Bill fand das gar nicht lustig und Luke entschied sich, sich lieber nicht körperlich mit Bill messen zu wollen, also räumte er den Tisch, mit der Aussage, das er gar nicht wusste wie gern Bill die Lehrerin hatte, das er wohl deswegen diese Klasse nochmals machte. Luke hatte sich dann ganz nach hinten gesetzt ein Blatt Papier herausgeholt, seinen Namen daraufgeschrieben und ihn an den Tisch geklebt. Meiner, hatte er dann laut in die Klasse gerufen und alle fingen an zu lachen. Auch das fand Bill nicht lustig und nur die Tatsache das die Lehrerin gerade hereinkam, hatte Luke damals vor Schläge bewahrt. Er und Bill waren nicht unbedingt Freunde zu Anfang, Luke hatte ihn immer öfters verbal niedergemacht. Darin war er eigentlich schon immer gut, seinen Gegenüber in Grund und Boden zu reden.
Er war nie auf den Mund gefallen.
„Klar!“ sagte er laut: „Deswegen ist die Hoffnung auch hoffnungslos!“
Dieses Problem, sich manchmal nicht wirklich ausdrücken zu können, hatte Luke meist nur bei weiblichen Wesen gehabt, zu denen er sich irgendwie hingezogen gefühlt hatte. Gerade diese wollte er dann meist mit seiner Klappe imponiere, aber da versagte er meistens.
Und jetzt, dachte er, als jemand der immer die passende Antwort parat haben sollte, kamen nun solche Sätze über die Lippen. Es entlockte ihm ein grinsen, als er daran dachte, wie sehr er ihr gegenüber aufpassen musste, was er wann wie sagte.
„Sie schafft es wirklich, das du nicht mehr klar denken, geschweige denn ein logischen Satz zusammen bekommst!“ sagte er zu sich selbst.
Vielleicht hatte sie es gar nicht bemerkt, was er gesagt hatte.
Er roch, dass die Fischstäbchen wohl etwas zu heiß gestellt waren und ging zurück in die Küche, nahm die Pfanne vom Herd und stellte fest, das die eine Seite der Fischstäbchen mehr wie nur kross war. Er drehte sie in der Pfanne und regelte, bevor er sie zurück der auf den Herd stellte, die Temperatur niedriger.
Luke ging zurück ins Wohnzimmer und begann von Neuem die Kanäle durchzuschalten in der Hoffnung etwas Interessantes zu finden, auch dieses Mal war dem nicht so. Er beschloss in sein Büro zu gehen und begann Akten zu sortieren, nur um festzustellen, das er noch einiges diktieren musste.
„Ne, nicht heute!“ entschied er als er den Stapel vor sich liegen hatte.
Wieder stieg ihm ein merkwürdiger Geruch in die Nase. „Scheiße!“ fluchte er: „Das Essen!“
Er rannte förmlich zurück in die Küche und sah wie dort bereits dunkler Qualm von der Pfanne aufstieg.
Die Fischstäbchen waren so gut wie verbrannt, stellte er fest nachdem er die Pfanne auf die Arbeitsplatte gestellt, den Deckel abgehoben und sich der Qualm gelichtet hatte.
Er schaltete den Herd aus, zur Sicherheit auch gleich den Backofen, den die Kroketten waren bereits auch mehr wie goldbraun.
Er holte tief Luft, packte die Fischstäbchen und die Kroketten auf einen Teller, holte einen Flasche Ketschup aus dem Kühlschrank und ertränkte sein Essen geradezu darin. Er überlegte, setzte sich kurz auf die Couch und entschied, nach nochmaligem Durchschalten, dass er vielleicht doch Briefe diktieren würde. Also ging er mitsamt dem Teller in sein Büro und verbrachte den restlichen Sonntag, bis spät in die Nacht, damit den Stapel zu verkleinern.

Am nächsten Morgen wurde Steffi, wie mittlerweile üblich nicht nur von ihrem Wecker geweckt. Lukes SMS kam fast zeitgleich und sie schrieb ihm, nachdem sie gelesen hatte, was sie heute machen würde, ihm die passende Antwort zurück.
Schnell stand sie auf, ging ins Bad und zog sich an. Sie sah beim Herunterkommen nach draußen und stellte fest, dass zwar noch viel Schnee lag, sich aber das Wetter beruhigt hatte. Sie mussten früher wie sonst fahren, aber es stürmte wenigstens nicht mehr.
Das heißt, dachte sie während ihre Mutter sie und ihre Schwester in die Schule fuhr, das Luke wohl heute auch besser fahren konnte.
Sie war froh darum, sie hatte sich große Sorgen um ihn gemacht, zumal sie gesehen hatte, dass das Wetter schlechter geworden war, nachdem Luke losgefahren war.
Den Vormittag versuchte sie sich mehr schlecht wie recht auf den Lernstoff zu konzentrieren, immer wieder schweiften ihre Gedanken zu Luke und sie fragte sich mehr wie einmal was er wohl gerade machen würde und wann sie sich wiedersehen konnten.
Als die Mittagspause näher rückte, überlegte sie was sie tun sollte, Sarah war krank und so entschied sie wohl alleine etwas in die Stadt zu gehen.
Als die Glocke läutet, stürmten die Andern förmlich nach draußen, jeder wollte etwas Warmes zu trinken oder zu essen. Steffi hatte es nicht eilig, es war ihr zu kalt draußen und sie überlegte erneut ob sie sich das wirklich antun sollte und draußen herum laufen wollte. Hunger hatte sie irgendwie keinen, allein der Gedanke an Luke ließ ihren Magen flattern, so dass sie schon seit einiger Zeit kaum mehr was aß.
Sie nahm letztendlich ihren Mantel, band sich den Schal um und verließ das Schulgebäude. Die Tür war hinter ihr nicht mal richtig zu, als sie jemanden leise kurz pfeifen und ihren Namen rufen hörte. Sie sah sich um und sah unter einem der Tannen, die vor der Schule als Schattenspender standen, jemanden an den Stamm gelehnt stehen.
Ihr Herz setzte einen Schlag aus, und sie wusste das es Luke war, noch bevor sie ihn richtig sah.

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Tag der Veröffentlichung: 23.09.2010

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