Ankunft im neuen Leben
„Jana, kommst du? Wir müssen los!“, rief mein Vater.
Es war soweit. Heute würde mein Vater mich ins Internat bringen. Wir fuhren um acht Uhr morgens von Neuwied los, um mittags dort anzukommen. Das Internat hieß Lichtenfels und lag an der Nordsee bei Emden. In der Nähe lag auch ein Reiterhof, auf dem Schüler des Internats Reitstunden nehmen oder ausreiten durften. Darauf freute ich mich, denn ich wollte schon immer reiten lernen und meine Eltern versprachen mir dort die Reitstunden zu finanzieren. Überhaupt fing ich langsam an der Zeit auf dem Internat optimistisch entgegen zu sehen.
Gestern Morgen war ich noch ziemlich übel gelaunt und dachte sogar kurz daran wegzulaufen. Doch dann bat mich meine Mutter um ein Gespräch und zeigte mir Prospekte des Internats. Außerdem erzählte sie mir, dass sie als Kind selbst auf einem Internat gewesen sei und es ihr sehr gut gefallen habe. Sie bemühte sich nach Kräften mich aufzumuntern. Und tatsächlich zeigte es Wirkung. Später ging ich am Computer sogar auf die Internetseite von Lichtenfels.
Ich erzählte meiner Mutter alles über das Dilemma mit Clara und Florian und sie meinte, dass es vielleicht auch besser wäre Abstand zu den beiden zu gewinnen. Daraufhin bat ich sie falls einer von ihnen anrufen oder an der Tür klingeln würde, sie abzuwimmeln.
Jedoch wurde mir erst später beim Packen richtig bewusst, was auf mich zukommen würde: Ich werde total auf mich allein gestellt sein. Niemanden werde ich dort kennen und auch die Umgebung wird mir fremd sein. Meine Eltern werde ich erst in den nächsten Ferien wieder sehen. Für Wochenendbesuche ist es leider zu weit. Sie werden mir fehlen und Tom und Leonie besonders, meine kleinen Nervensägen. Mich erwartet etwas völlig Neues und Unbekanntes. Aber eines darf ich auf keinen Fall: Aufgeben! Ich werde das schon schaffen.
Während der vierstündigen Autofahrt redeten weder mein Vater noch ich besonders viel, da wir beide mit unseren Gedanken beschäftigt waren. Doch irgendwann fing Papa eine Unterhaltung an:
„Jana?“
„Ja?“
„Ich bin froh, dass du wieder besser gelaunt bist. Und ich wollte dir auch noch etwas erzählen. Ok?“
„Schieß los!“
„Also ich hab gestern noch mal mit dem Direktor von Lichtenfels telefoniert und er hat mir mitgeteilt, dass du in ein Zimmer mit anderen Mädchen aus der neunten und zehnten Klasse kommst. Es war, glaub ich, ein Dreierzimmer. Dann erzählte er mir noch, dass es auf dem Internat ein bestimmtes System für die verschiedenen Nachhilfestunden gibt. Aber ich habe leider nicht verstanden, wie es funktioniert. Und als Letztes sagte er, dass du einen Paten bekommen wirst, der dich auf dem Gelände herumführt, dir die Regeln erklärt und dir hilft dich einzuleben. Er heißt Mike Nikota und er soll uns vorm Haupteingang erwarten…Freust du dich eigentlich schon aufs Internat?“
„Schon. Ich bin nur furchtbar gespannt und aufgeregt, wie es werden wird…Papa, ich glaub ich hab ganz schön Bammel.“
„Wird schon schief gehen.“
Daraufhin brachen wir in Lachen aus und das Eis, das seit Freitagabend auf unserer Vater-Tochter-Beziehung lag, brach.
„Wo ist der Typ denn, Papa? Was hat der Direktor gesagt?“
„Er hat nur gesagt, dein Pate wäre in der zehnten Klasse, hieße Mike Nikota und würde vor dem Haupteingang warten!“
„Mehr nicht? Keine äußere Beschreibung?“
Mein Vater schüttelte den Kopf und ich stöhnte auf:
„Den finden wir nie!“
Ich stand mit meinem Vater auf dem Internatsgelände und wir blickten uns nach diesem Mike um. Es liefen allerdings zu viele Schüler um uns herum, als dass wir einen bestimmten Zehntklässler hätten ausmachen können. Es waren zwar überwiegend kleinere Schüler der fünften bis siebten Klasse anwesend, aber eben auch etliche größere. Uns blieb also nichts anderes übrig als zu warten, uns gut umzuschauen und zu hoffen, diesen Mike zu finden.
Paps wollte mich grade fragen, ob wir einfach jemanden nach meinem vermeintlichen Paten fragen sollten, als mich ein schwarzhaariger, eigentlich sehr gut aussehender Junge achtlos anrempelte.
Nachdem er seine Reisetasche, die bei unserem Zusammenstoß auf den Boden gefallen war, aufgehoben hatte, wollte er schon ohne ein Wort der Entschuldigung weitergehen, als ich ihn am Arm festhielt. Denn so etwas ließ ich mir nicht bieten.
„Was soll denn das? Hast du etwa keinen Augen im Kopf?“, fuhr ich den ungefähr ein Jahr älteren Jungen an.
„Was willst du? Is doch nichts passiert?“, antwortete dieser patzig.
„Ach nein? Du hältst es wohl nicht einmal für nötig dich zu entschuldigen. He?“
Da mischte sich mein Vater ein: „Was ist denn das für ein Ton, Jana? Benimm dich gefälligst anständig!“
Danke, musste das jetzt sein. Mein Vater ist aber auch echt peinlich.
Ich wollte ich mich schon verteidigen, als der Kerl mir gehässig und mit einem hämischen Grinsen etwas zuzischte, natürlich so, dass mein Vater es nicht verstehen konnte:
„Oh! Bist wohl noch nicht einmal aus den Windeln raus, Baby. So siehst du auch aus!“
Na bitte. Das hab ich davon.
Nun fragte mein Vater das Ekel auch noch höflich:
„Sie sind nicht zufälligerweise Mike Nikota oder wissen, wo dieser sich aufhält?“
„Nein, tut mir leid. Noch nie von ihm gehört“, antwortete der im schleimigsten Ton. „ Ich müsste dann jetzt auch weiter. Auf Wiedersehen!“ Dazu setzte er noch ein gekünsteltes Lächeln auf. Im Vorbeigehen schubste er mich noch einmal leicht und sah mich herablassend an.
Worauf ich lieber nicht reagieren wollte, bevor mein Vater mich noch mehr blamierte. Doch das tat dieser natürlich sowieso, denn er rief dem Jungen noch quer über den Schulhof hinterher:
„Und entschuldigen Sie bitte noch mal das Verhalten meiner Tochter!“
Peinlicher geht’s echt nicht mehr. Der Typ ist der totale Arsch. Wenn die hier alle so sind, kann das ja heikel werden. Naja, denen werde ich es auf jeden Fall zeigen!
Kurze Zeit später sprach uns ein dunkelblonder, nett aussehender Junge an:
„Hallo, sind Sie neu hier? Ich habe Sie noch nie gesehen.“
„Sieht man das so sehr?“, fragte ich freundlich und wesentlich besser gelaunt.
„Naja, nicht wirklich. Aber ich suche eine neue Schülerin der neunten Klasse, deren Pate ich werden soll. Und du und dein Vater steht hier etwas verloren rum.“
Mein Vater stellte uns vor: „Genau richtig, junger Mann. Ich bin Herr Menock und das ist meine Tochter Jana. Freut mich dich kennen zu lernen. (er streckte dem Jungen seine Hand entgegen) Kennst du einen Mike Nikota, der in die zehnte Klasse geht?“
„Klar, das bin ich sogar selbst. Freut mich auch euch endlich gefunden zu haben“, mit diesen Worten schüttelte er die Hand meines Vaters und hieß mich dann auf Lichtenfels Willkommen.
Geht doch. Endlich jemand Nettes in diesem Laden. Und dann zum Glück auch noch mein zukünftiger Pate.
Jetzt konnte ich mich endlich richtig auf mein neues Leben im Internat freuen.
Am späten Nachmittag hatte Mike mir bereits das gesamte Schulgelände gezeigt und mein Vater war gerade weggefahren. Ich wusste inzwischen auch, dass jeder Schüler für sein Nachmittagsprogramm bestimmte Vorschriften erfüllen musste.
Pflicht für schlechtere Schüler war in bestimmten Fächern der Förder- und Nachhilfeunterricht, so musste ich dienstags in einen Englisch-Vokabel-Lernkreis und donnerstags in einen für Französisch.
Da man mindestens an drei Nachmittagen in der Woche eine Beschäftigung haben musste, gab es noch bestimmte AGs, die von Schülern oder Lehrern geleitet wurden. Und für besonders begabte Schüler wurden noch freiwilliger Zusatzunterricht, wie Fremdsprachen und Forschungskreise angeboten.
Ich hatte dann donnerstags nach dem Lernkreis noch eine Reitstunde auf dem benachbarten Reiterhof. Also fehlte mir nur noch ein Nachmittag für den ich mir etwas anderes suchen musste. Zu Zusatzunterricht kriegten mich keine zehn Pferde, blieb also nur eine AG.
„Was magst du denn so? Eher Musik, Sport oder was anderes? Was hattest du denn eigentlich bisher für Hobbies?“, versuchte mir Mike meiner Wahl zu helfen.
Wir saßen auf der Wiese an dem kleinen See, der im Parkgelände hinter den Gebäuden lag. Während ich auf dem von der Sonne erwärmten Gras lag und mich entspannte, stand Mike nahe am Ufer und ließ Steine über das Wasser hüpfen. Das konnte er recht gut. Überhaupt war er ein ziemlich lebendiger Typ, der das Leben eher leicht nahm und in nichts ein wirkliches Problem sah. Den ganzen bisherigen Tag hatte vor allem er geredet, während er mich durch die Schule geführt hatte. Inzwischen wusste ich, dass es drei Gebäude in der Mitte des Internatsgeländes, das einem riesigen Park glich, gab. Im mittleren wohnten die Lehrer, Erzieher und die sonstigen Bediensteten, außerdem waren dort alle Unterrichtsräume. Im linken wohnten die Fünft- bis Achtklässler mit den jeweils verantwortlichen Erwachsenen. Und im rechten dann alle ab der neunten.
Über sich selbst hatte mir Mike erzählt, dass er aus einem Dorf kam, das nicht allzu weit von Neuwied lag, eine kleine Schwester, Trish (13), und einen kleinen Bruder, Leon (7) hatte. Seine kleine Schwester war auch hier im Internat und nervte ihn immer sehr. Er war ganz gut in der Schule und verbrachte seine Freizeit in der Fußball-AG und auch in der Schulband als Schlagzeuger, was ich extrem cool fand.
Außerdem hat 1. Januar Geburtstag und ist 15 Jahre alt. Er sah, wie ich schnell feststellte, nicht nur gut aus; dunkel-blonde kurze Haare, grün-braune freundliche Augen, immer ein Grinsen im Gesicht, schlank und 1,78 m (wie er behauptete); sondern war auch total nett. Ich musste zugeben, hätte ich nicht grad erst den Stress mit Florian erlebt, hätte ich mich vielleicht sogar in ihn verlieben können, aber so sah ich ihn nur als guten Kumpel. Wir werden uns auf jeden Fall sehr gut verstehen, da bin ich mir sicher.
„Also, was machst du denn jetzt gerne in deiner Freizeit?“, brachte Mike mich auf seine Frage zurück.
„Naja, zu Hause war ich im Schulchor, damit wollte ich aber sowieso aufhören. Das hat mir voll viel Spaß gemacht. Außerdem mach ich Leistungsschwimmen.“
„Hey, das ist klasse. Wir haben bei unseren großen Sportanlagen auch eine Schwimmhalle und es gibt auch eine Schwimm- und Tauchmannschaft. Da könntest du unsere Sportlehrerin mal ansprechen und ihr zeigen, was du kannst. Wär das was?“
„Ja, denk schon.“
„Okay! Einer meiner Freunde, Chris, ist auch im Schwimmteam und extrem gut, was allerdings keinen besonders wundert.“
„Wieso?“
„Weil er überhaupt in allem, was er anpackt, gut ist. Er ist der Klassensprecher der zehnten, im Kampfsportteam und wohnt auf dem Reiterhof, was vor allem den Mädels besonders gut gefällt. Dazu sieht er unbeschreiblich gut aus. Kein Wunder, dass er der unangefochtene Mädchenschwarm der Mittel- und Unterstufe ist. Jedes Mädchen ist, war oder wird irgendwann einmal in ihn verliebt sein, was ihm auch ganz schön auf die Nerven geht. Aber warte nur ab, bei dir tritt diese Krankheit früher oder später bestimmt auch irgendwann ein.“
„Naja, im Moment hab ich erst mal genug von Jungs und so…ich mein, als mehr als nur Kumpel.“
„Wieso? Was ist denn passiert?“
„Im Moment nicht so wichtig. Aber vielleicht erzähl ich es dir mal, irgendwann. Hört sich auf jeden Fall so an, als würde ich öfters mit ihm zusammentreffen, aber auch als wäre er unheimlich arrogant.
„Ist er aber gar nicht, eher genau das Gegenteil. Er ist einer meiner besten Freunde. Ich werde dir alle meine Freunde später noch vorstellen, aber jetzt sollten wir zurück in dein Zimmer gehen. Es ist schon fünf Uhr. Um halb sieben gibt es Abendessen und danach dürfen Jungs nicht mehr auf die Zimmer der Mädchen und umgekehrt. Sonst ist das immer erst ab halb neun für uns so, aber heute sollen alle möglichst früh schlafen, damit sie morgen fit sind, was eh nie funktioniert. Außerdem werden deine zwei Zimmergenossinnen bestimmt schon da sein. Sophia und Lucy. Sophia geht mit dir in die Neunte und Lucy bei mir in die Klasse. Sie gehören auch zu meinen Freunden. Du wirst dich bestimmt gut mit ihnen und allen anderen verstehen.“
„Ich glaube, ab hier schaffe ich es alleine, Mike. Danke noch mal für den unterhaltsamen Nachmittag und dafür, dass du mir mit dem Gepäck geholfen hast.“ Sagte ich zu Mike, der mich gerade zu meinem Zimmer gebracht hatte, das ich gleich zum ersten Mal betreten würde. Von drinnen hörte ich schon fröhliche Stimmen.
Oh nein! Nicht schon wieder diese Beklommenheit, dieses Gefühl fremd zu sein und wieder nach Hause zu wollen. Diese Gefühl wechselte sich bei mir heut schon den ganzen Tag mit der Freude auf etwas Neues ab.
Mike schien zu spüren, was ich fühlte, denn er grinste mich aufmunternd an und sagte leise: „ Ganz ruhig! Die zwei sind echt voll nett. Du wirst gut mit ihnen auskommen.“
„Ich hoffe es! Das sagst du ja immerhin schon den ganzen Tag.“
„Bestimmt. Also wir sehen uns dann beim Abendessen. Bis dann!“
„Ok, ciao!“
Er grinste mich noch einmal an und verschwand dann, um die Ecke. Zwei Mädchen liefen durch den Gang. Als sie an mir vorbei kamen, starrten mich neugierig an und verschwanden dann im Nebenzimmer.
Na bitte! Es war nicht zu übersehen, ich war die Neue. Also, dann wollen wir mal, bevor ich hier draußen ewig rumstehe. Auf ins Abenteuer.
Ich stieß die Tür auf und sah mich in meinem zukünftigen Zimmer um. Mein Blick schweifte von rechts nach links durch den Raum. Ganz rechts stand ein Etagenbett und an dessen Fußende quer noch ein Einzelbett, direkt unter dem einzigen Fenster. Daneben links hinten in der Ecke befand sich ein großer dreiteiliger Schrank, in den gerade zwei Mädchen, offensichtlich Lucy und Sophia, ihre Sachen einräumten. Sie sahen beide von ihrer Beschäftigung auf und mich erstaunt und neugierig an. Ich beschloss mich daran nicht zu stören und weiter umzugucken. Neben dem Schrank hing dann ein Regal an der Wand, auf dem CDs, Kassetten und sogar eine kleine Stereoanlage zu sehen waren. Vor diesem Regal stand dann noch ein großer ovaler Tisch mit sechs Stühlen, der die gesamte vordere linke Ecke ausfüllte.
Dann sah ich wieder die beiden Mädchen an und sie mich, da beschloss ich mich einfach vorzustellen.
„ Hi, Leute. Ich bin eure neue Zimmergenossin und heiße Jana Menock.“
Die kleinere von beiden, sie hatte dunkelblonde, schulterlange Haare, griff sich an den Kopf und murmelte: „Oh, shit. Stimmt ja, hätte fast vergessen, dass wir dieses Jahr eine neue ins Zimmer bekommen. Mist!“
Dann kam sie auf mich zu und umarmte mich zur Begrüßung: „Hey, ich bin Sophia Jacobi und die Zimmerverantwortliche von unserem Zimmer. Sorry, ich hätte fast vergessen, dass du kommst. Ghandi, so nennen wir unseren Direx, hat mich erst Samstagabend angerufen und mir das erzählt.
„Naja. Nicht so tragisch.“, erwiderte ich.
„Echt entschuldige. Du kommst doch in die neunte Klasse oder?“
„Ja, denke doch mal schon.“
„Gut, dann bin ich in deiner Klasse. Aber jetzt sollten wir nicht länger dumm in der Tür rumstehen. Komm rein.“, mit diesen Worten schnappte sie sich meinen Koffer und schleppte ihn ins Zimmer. Ich nahm meine kleinere Reisetasche und trat in die Mitte des Zimmers. Da kam auch schon die andere, die eine lange blonde Haarmähne, auf mich zu und hieß mich herzlichst Willkommen: „Hallo Jana. Ich bin Lucy Salvador. Ich geh aber in die zehnte Klasse. Also, willkommen in unserer Bude.“
Ich nickte nur und sah mich noch mal um. Sophia reagierte darauf in dem sie sagte: „ Ach ja, also das hier“, sie zeigte auf das Einzelbett, „ist dein Bett. Beim Etagenbett schlaf ich unten und Lucy oben. Wie du auch schon bemerkt haben müsstest, gehört dir der hinterste Teil des Schranks.“ Damit stellte sie meinen Koffer vor den Schrank.
„Hey Jana. Ist nicht Mike dein Pate?“, fragte Lucy dazwischen.
„Mike Nikota?“, ich sah sie fragend an und sie nickte. „Ja, aber woher weißt du das?“
„Naja, er hat mir's auf der Fahrt hierher erzählt. Wir kommen aus demselben Dorf und kennen uns schon seit dem Kindergarten. Wir sind auch damals zusammen hier ins Internat gekommen. Kennst du denn eigentlich sonst noch jemanden von hier?“
„Absolut niemanden.“ Ich seufzte.
„Mach dir keine Sorgen.“, beruhigte mich Sophia. „Du wirst hier schnell Freunde finden. Sind alle ganz nett in diesem Laden. Bis auf ein paar Vollidioten und Zicken, aber wo gibt’s die nicht.“
Ich musste an den Jungen von heute Mittag denken und grinsen: „ Ja, hab ich auch schon gemerkt.“
„Na siehst du“, warf Lucy ein.
„Also Jana, jetzt kommt der unangenehmste Teil unserer Begrüßung.“, setzte Sophia zu einer anscheinend längeren Rede an.
Oh, was kommt denn jetzt?
„Ich bin als die ZV (Abkürzung für ZimmmerVerantwortliche) deines Zimmers dazu verpflichtet dir die Spielregeln des Zimmerzusammenlebens zu erläutern. Also in deinen Schrank kannst du alles von dir einräumen. Allerdings sollte es ordentlich sein, da manchmal Lehrer vorbeikommen und das kontrollieren. Nur ein Fach im Schrank ist abschließbar und auch nur du hast einen Schlüssel dazu. Es ist für deine Wertsachen und persönlichen kleinen Heiligtümer, die ja jeder hat, gedacht. Deine kleineren Sachen und auch Bücher, die du gerade liest, kannst du im Nachtschränkchen neben deinem Bett verstauen. Deine ganzen Sachen musst du zusammenhalten und wegräumen. Die Hausaufgaben machen wir an dem Tisch da. Kommen wir zur Kleidung. Benutzte Klamotten musst du in die große Waschtonne im Gang bringen. Für die, die du gerade trägst, sowie Schuhe und Jacken, ist die Garderobe da direkt hinter der Tür. Kurze Frage, hast du CDs oder Kassetten dabei und nichts dagegen, dass wir die auch hören??“ Ich nickte. „ Okay, wir stellen nämlich schon immer alle auf das Regal, auf dem meine Stereoanlage steht, damit jeder auch die Musik der anderen hören kann. Ohne vorher immer fragen zu müssen. Was fehlt jetzt noch? Ah ja, du musst dein Bett machen. Und unter uns müssen wir zusehen, dass wir den Müll regelmäßig wegtragen und das Zimmer kehren. Das war alles. Meine Moralpredigt ist beendet. Hast du noch Fragen?“
Ich schüttelte den Kopf und Lucy, die sich inzwischen auf einen Stuhl gesetzt hatte, brachte sich wieder in das Gespräch ein, ich und Sophia drehten zu ihr um:
„Gut, dann würde ich vorschlagen, dass wir unsere Sachen fertig einräumen und uns dann bis zum Essen noch ein wenig unterhalten um uns besser kennen zu lernen.“
Alle waren damit einverstanden und wir machten uns an die Arbeit.
Mike hatte Recht! Alles halb so wild. Ich hab’s gut getroffen.
Tag der Veröffentlichung: 11.09.2009
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