Cover


Das helle und freudige Lachen der verschiedensten Personen erfüllte den Hafen von Southampton, wohin mein Blick auch fiel sah ich die verschiedensten Emotionen. Hauptsächlich waren es glückliche und erwartungsvolle Gesichter, nur in den Reihen der ersten Klasse konnte man eine Gleichgültigkeit erkennen. Diese Leute hatten nicht wirklich viel für das Schiff übrig, sie wollten nur ihren Brandy trinken.

***

John schob mich weiter über die Brücke welche zur zweiten Klasse führte. Wir waren nicht besonders reich, dennoch hatten wir schon viel von der Welt gesehen. Noch einmal blieb ich stehen, legte den Kopf in den Nacken und betrachtete das Schiff. Es war das größte und imposanteste das ich je gesehen hatte. Aber genau dafür war die Titanic gebaut worden, sie sollte imponieren.

***

Gemeinsam mit John stand ich an der Reeling am Oberdeck, winkte den Leuten zu von denen ich mich nun verabschiedete. Amerika sollte das letzte Zuhause sein welches ich mir mit dem wunderbarsten Ehemann auf Erden teilen wollte. Lächelnd nahm dieser nun meine Hand und drückte sie mit einem Lächeln im Gesicht. Trotz der vielen Falten sah er immer noch wie früher aus, er hatte sich kaum verändert.

***

Wir waren nun schon seit mehreren Tagen unterwegs, mit jeder Stunde, Minute, Sekunde kamen wir unserem Traumziel ein Stück weit näher. Beim Dinner lernten wir ein Ehepaar in unserem Alter kennen, auch sie hatten vor ihre letzte Reise mit der Titanic zu erleben. Danach wollte sie sich einen schönen Lebensabend irgendwo in den Staaten bereiten.

***

Mit einem Krachen fängt das Schiff an zu vibrieren und steht einige Sekunden später still. Niemand weiß warum, niemand weiß wo und niemand weiß was es wirklich ist. Obwohl die Besatzung sagt das man Ruhe bewahren soll macht sich doch schnell eine große Besorgnis und Angst auf dem Schiff breit. Ich schaue John an als die Rettungsbote fertig gemacht werden, wir denken das gleiche, im selben Moment. Wir werden dieses Schiff nicht verlassen.

***

Still schweigend machen wir uns, entgegen der Menschenmassen zu unserem Zimmer auf. Ohne ein Wort miteinander zu reden wissen wir was passieren wird. Wir wissen das wir am heutigen Abend beide gehen werden, wir müssen nicht auf den anderen warten, wir gehen zusammen. Als ich ein patschendes Geräusch vernehme schaue ich nach unten und bemerke wie das Wasser durch die Türen rinnt und sich auf dem Flur ausbreitet.

***

Mit geschlossenen Augen und Arm in Arm liegen wir auf dem eigentlich viel zu kleinen Bett, wartend auf das Ende. Draußen hört man die verzweifelten Schreie von Müttern, Kindern und Vätern. Die Schreie die den Tod herbeirufen und ihn gleichzeitig abstoßen. Ich blinzle kurz als ich ein plätschern vernehme. Das Wasser sickerte mittlerweile in die Kabinen und der Pegel stieg schnell.
Gleichzeitig spüre ich wie John mich fester an sich zieht und mir einen Kuss auf die Wange gibt. So häufig hatte er das getan und dennoch spürte ich es nun wesentlich stärker. Es war ein Abschiedskuss, er nahm Abschied von meinem Körper und ich von seinem.

***

Ich höre draußen noch mehr verzweifelte Schreie und das leise Spielen der Kapelle. Ich merke wie das Wasser durch die Matratze sickert und spüre Johns warmen Atem, wir sind beide bereit, bereit für den Tod.
Nie hätte ich gedacht das meine letzte Reise so enden würde, aber es ist kein schlimmes Ende, es ist mein Ende gemeinsam mit John und das ist auf jeden Fall schön.

***

Das Wasser ist eiskalt und langsam verliere ich das letzte Bewusstsein, pruste los und unterdrücke meinen Überlebensdrang. Ich merke wie John von mir weggespült wird und lasse nun von den letzten Stücken Leben in mir los. Mit einem Lächeln auf den Lippen sterbe ich und heiße den Tod willkommen.

Impressum

Texte: Skizzy Mo
Bildmaterialien: Coverbild von weheartit.com
Tag der Veröffentlichung: 12.04.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
In Erinnerung an die Titanic und die vielen Toten.

Nächste Seite
Seite 1 /