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I.




"Mara! MARA! Mara, komm steh endlich auf!", die grelle Stimme durchschnitt die eben noch so schöne Stille im Haus, darauf folgte das Klappern von Tellern, Tassen und Besteck. Murrend drehte sich Mara in ihrem Bett um und versuchte mit aller Kraft gegen das Aufwachen anzukämpfen. Doch es war jeglicher Kampf vergebens. Mit einem müden gähnen schlug sie die Augen auf und rieb sich den Schlaf heraus. Mit einem genervten prusten versuchte sie ihre dunkelbraunen, fast schon schwarzen Haare aus dem Gesicht zu bekommen.
Erschrocken zuckte sie zusammen als die Zimmertür mit einem lauten Krachen aufflog. "Mara, jetzt komm schon steh endlich auf." sagte ihre Mutter mit einem leichten Lächeln und doch war der hysterische und gehetzte Unterton nicht zu überhören. "Ich bin doch schon dabei.", dieser Satz hätte von Mara nicht unmotivierter herüber kommen können, besonders nachdem ihr Blick den Wecker gestreift hatte. Die grünen leuchtenden Zahlen zeigten gerade mal 05:49, viel zu früh wie das dunkelhaarige Mädchen meinte. Zu allem Überfluss sah sie nun das auch ihr Vater, Ray Joseph in der Tür stand und die Situation mit einem Lächeln beäugte. Obwohl er und Maras Mutter, Marie Joseph schon seit über achtzehn Jahren zusammen waren und außer der 16-jährigen Mara noch einen jüngeren Sohn hatten, hatten sie erst vor zwei Jahren geheiratet. Wie auf Stichwort trampelte nun auch ihr 13-jähriger Bruder Rokko in das Zimmer.
Nun absolut genervt lies sich die dunkelhaarige mit einem unbestimmbaren Laut wieder zurück auf ihr Bett fallen. Undeutlich murmelte sie in das Kissen und machte eine wegscheuchende Handbewegung. Als sie dann endlich hörte wie ihre Familie aus dem Zimmer trottete richtete sich Mara wieder auf und stand mit einer "Himmel-Herrgott"-Geste auf. Leise ging sie zur Tür und drückte diese zu, nicht einmal das hatten sie zustande gebracht.Suchend schaute sich das Mädchen im Zimmer um. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich eine Glasfront, durch eine Tür konnte man auf die Terrasse gelangen, unglücklicher Weise musste sich die Geschwister die teilen, was häufig zu lauten Gebrüll führte wer wann seine Party da draußen machen durfte. Neben der Tür stand ein Schreibtisch, welcher wie immer absolut unaufgeräumt war, die Hefter und Bücher türmten sich und Mrs. Joseph hatte schon Angst das die Tischplatte eines Tages durchbrechen würde. Maras Blick ging weiter an der linken Wand hing ein Plasmabildschirm und darunter stand eine neue und auch teure Stereoanlage. An der rechten Wand stand nur ein Bett und ein kleiner Nachtisch, darüber befand sich ein Bücherregal, auch hier musste man Angst haben das es nicht irgendwann durchbrach. Wieder schaute sie sich um und fand dann endlich ihre Jeans und das Shirt, sie hatte es sich noch am Vorabend ausgesucht damit sie nicht jetzt Stunden vor ihrem Schrank verbringen musste, in dem war zwar fast nichts mehr, was aber auch nur daran lag das sie fast den kompletten Kleiderschrank mit zu ihrer Tante Gwendolin nahm, auch wenn sie dort nur zwei Wochen verbringen musste. Mara schnaubte wieder verächtlich, sie konnte immer noch nicht verstehen das ihre Mutter sie nicht hier allein lies. Das Rokko zu Tante Gwen musste verstand sich von selbst, aber sie - sie war 16!

Als sie wieder einen Ruf aus der Küche hörte, welcher nicht mehr allzu freundlich klang, schlüpfte sie in die schwarze Jeans und das weiße Shirt. Mit einem letzten Blick in den Spiegel stürmte sie aus ihrem Zimmer und saß wenige Sekunden später, ein Marmeladenbrötchen essend am Küchentisch. Ihre Mutter stand da und warf immer wieder einen Blick auf die Uhr. Obwohl ihr Flieger erst um elf Uhr abhob, was in fünf Stunden war und sie nur eine halbe Stunde zum Flughafen brauchten machte sie einen höllischen Druck. Genervt wischte Mara sich den Mund auf und stand auf um ins Bad zu gehen. Schnell packte sie dort die letzten Dinge zusammen und stopfte den Kulturbeutel in ihre Reisetasche. Zehn Minuten später befanden sich sowohl das Gepäck als auch die Familie in dem schwarzen VW auf dem Weg zu Tante Gwen und dem Flughafen.
Als sie kurze Zeit später vor der großen Villa von Tante Gwen hielten stand diese schon freudig strahlend auf der Terrasse. „Hallo ihr beiden!“ sagte sie in einem viel zu süßlichen Ton. Prompt fand sich Rokko in den Armen seiner Tante wieder und wurde mit unzähligen Küsschen bedeckt, Mara konnte sich glücklicher Weise davor drücken und floh mit ihren Taschen ins Haus. Als ihre Eltern noch einmal kurz hupten und ihnen zum Abschied wunken würdigte das Mädchen sie keines Blickes. Sie war viel zu sauer auf beide, mehr auf ihre Mutter da diese ihr Heim für die nächsten drei Wochen geändert hatte, aber auch auf ihren Vater er hatte schließlich nichts dagegen unternommen.

„Ach ich freu mich so das ihr beiden da seid.“, hörte Mara die honigsüße Stimme von Tante Gwen durch den Flur schallen und drehte sich nach ihr um. Auf keinen Fall wollte sie in die gleiche Lage wie Rokko kommen, den ihre Tante vor sich her schob.
Tante Gwen war eine eigenartige Person. Sie war Ende fünfzig und sah nicht im entferntesten danach aus, eher Mitte vierzig. Diese Erscheinung lag maßgeblich an ihrer Topfigur und ihrem Kleidungsstil. Sie betonte gerne, dass die Klamotten die andere in ihrem Alter nichts für sie waren. Sie trug lieber etwas modernes. Zwar fand Mara das manchmal etwas zu übertrieben, aber auf eine ganz bestimmte Art und Weise mochte sie das. „Mara du schläfst oben im linken Flügel!“ sagte sie mit einem Zwinkern zu ihrer Nichte. Sofort breitet sich auf deren Gesicht ein breites Grinsen aus.
Der linke Flügel war ein einziges riesiges Zimmer, es war schon fast eine kleine Wohnung. Sofort stürmte die dunkelhaarige nach oben. Vorsichtig öffnete sie die weiße Tür. Die Zimmer dahinter waren ebenso eingerichtet wie der Rest des Hauses. Der Parkettfußboden war in einem schönen Kastanienbraun und bildete damit einen tollen Kontrast zu den Wänden, Türen und Fenstern die allesamt in einem Elfenbeinfarbenen Ton gehalten waren. Ebenso hoben sich die schwarzen Möbel davon ab.
Im Wohnzimmer stand in der Mitte eine einladende Couch und zwei Drehsessel im Retrollook, davor ein brandneuer Plasmabildschirm mit Blu-Ray Player und drei Spielekonsolen. Warum ihre Tante die hier hatte wusste sie bis heute noch nicht, aber Mara fand nichts daran auszusetzen. An der Wand, die zur Tür zeigte standen zwei Deckenhohe Bücherregal die mit Büchern, DVDs und Spielen gefüllt waren. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich eine Wand die fast komplett aus Glas bestand, zudem eine Tür die auf den riesigen Balkon führte.
Doch Mara wollte jetzt nicht die fantastische Aussicht auf den Parkähnlich angelegten Garten werfen, sie wollte in das Schlafzimmer mit dem riesigen Bett. Unweigerlich musste sie zugeben dass der Aufenthalt bei Tante Gwen auch seine gute Seiten hatte. Im selben Moment hörte sie auch schon deren Stimme durch das Haus tönen, wenige Sekunden später ging die Tür auf. Mara wollte sich gerade vor den Küssen ihrer Tante verstecken, aber diese schien anscheinend endlich gelernt zu haben das Mara das nicht mochte.
„Mara, ich weiß das du lieber allein zu Hause geblieben wärst.“ begann Gwen und schaute leicht bedrückt zu ihrer Nichte, „Nun ja, ich hoffe dennoch das ich dir eine angenehme Zeit bereiten kann. Ich wollte dich fragen ob du mir Vormittags vielleicht ein bisschen mit im Coffee-Shop helfen magst.“ sagte sie und schaute Mara an. Entgegen ihrer Erwartungen nickte diese begeistert. „Es stimmt das ich lieber zu Hause geblieben wäre, aber bei dir ist es auch toll!“ sagte sie und setzte ihr zuckersüßes Lächeln auf, ein fataler Fehler wie sie eine Sekunde später feststellte. Mara fand sich in den Armen ihrer Tante wieder die sie mit unzähligen Küssen bedeckte, es war anscheinend die überschwängliche Freude.

Impressum

Texte: Skizzy Mo
Bildmaterialien: Skizzy Mo
Tag der Veröffentlichung: 12.04.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Alex, Dominik und Claudia - danke für alles.

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