In einem Wald mit einer Lichtung, auf welcher saftiges Gras wuchs und einem mit Schilfrohr und Seerosen bewachsenem Tümpel, lebten viele Tiere und Insekten.
Fast wie im Paradies. Leider galt das seit einigen Wochen nicht mehr.
Aus war es mit dieser Idylle und der friedlichen Ruhe.
Ein großer Buntspecht, von irgendwo her, hatte sich in dem Wald einquartiert.
Er war plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht, hatte sich den Wald und die Umgebung angesehen und beschlossen hier zu bleiben.
Und damit nahm das Übel seinen Lauf.
Drei Tage lang hämmerte der Specht, wie besessen, in einem dicken Baumstamm.
Drei Tage war im ganzen Wald und auf der Lichtung nur das fürchterliche, "Tack, Tack, Tack, Tack zu hören. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.
Dann endlich kehrte Ruhe ein und die Tiere gingen wieder ihren normalen Gepflogenheiten nach und dachten, jetzt wäre das ganze ausgestanden. Ein großer Irrtum, wie sich schon am nächsten Tag herausstellte. Gleich nach Sonnenaufgang erwischte es Mutter Marienkäfer und ihre fünf Kinder. Nein, der Specht fraß sie nicht auf. Mit wilden Schnabelhieben attackierte er den Ast, auf welchem die Käfer saßen, so lange, bis alle hinunter auf den Waldboden fielen. Zum Glück hatte sich niemand ernsthaft verletzt.
Hoch Oben im Baum saß der Specht und lachte. Und schon hatte er sein nächstes Opfer erspäht!
Am Waldrand spielte eine Handvoll junge Mäuse fangen.
Kraftvoll stieß sich der Specht ab und flog im Tiefflug auf die Mäuse zu.
Ehe diese wussten was geschah, hatte der Specht schon eine am Schwanz gepackt, trug sie Hoch in die Luft und steuert mit der wild zappelnden Maus den Tümpel an.
Genau über der Mitte ließ er die Maus ins Wasser fallen, flog zum Waldrand zurück, setzte sich gemütlich auf einen Ast und beobachtete die heftig strampelnde und nach Luft schnappende Maus, die sich abmühte das Ufer zu erreichen.
Völlig erschöpft und pitschenass zog sich das Mäuslein schließlich ans Ufer.
Mutter Maus und die anderen Mäuse Kinder zogen das Mäuslein gänzlich ans Ufer und trugen es nach Hause ins warme Nest.
„ Du Flegel, “ rief Mutter Maus dem lachenden Specht zu und hob drohend ihr Vorderbein.
„ Ach, so ein kleines Bad schadet niemandem“, rief der Specht spöttisch zurück und lachte wieder.
Doch damit war es noch nicht genug für diesen Tag.
Der Specht beobachtete die Wohnung einer Eule. Und als die sich in der beginnenden Dämmerung auf Nahrungssuche begab, flog der Specht mit einem dicken Stück Holz im Schnabel zur Wohnung der Eule.
Mit kräftigen Schnabelhieben schlug er das Stück Holz genau ins Flugloch, so dass die Eule nicht hinein konnte, wenn sie wieder Heim kam.
Im Morgengrauen erschien die Eule satt und müde, landete auf dem Ast vor ihrer Baumhöhle, lief zum Flugloch und wollte schnell in ihr Nest.
Ein schlag vor den Kopf haute die Eule um und sie blieb einen Moment benommen auf dem Rücken liegen.
Ächzend rappelte sich die Eule auf, schüttelte den Kopf und fasste mit dem Flügel an die Stirn. Schmerzhaft stöhnte sie auf, denn es bildete sich bereits eine dicke Beule.
Als sie nun den ihren Höhleneingang in Augenschein nahm, sah sie das Brett davor, welches dort bestimmt nicht alleine hingekommen war.
Sofort hatte die Eule den Specht in Verdacht und schimpfte laut, „Du Widerling, das wirst du mir büssen.“
Drohend schaute sie in die Runde.
Jetzt konnte der Specht nicht mehr an sich halten. Vor lachen prustend flog er davon. Das sah auch zu komisch aus, als die Eule auf dem Rücken gelegen hatte. Und erst die riesige Beule auf ihrer Stirn.
Immer noch laut schimpfend schaffte die Eule es schließlich, mit allerletzter Kraft, das Brett zu entfernen. Völlig erschöpft und mit Kopfschmerzen fiel sie endlich in ihr weiches Federbett und schlief umgehend ein.
Fröhlich vor sich hinträllernd drehte der Specht eine Runde über die Wiese und den Tümpel.
„ Ah, eine kleine Schlange, eine Blindschleiche“, murmelte der Specht, als er diese erblickte.
Und ehe die sich versah, wurde sie am Schwanzende gepackt und hoch in die Luft gerissen.
Lachend steuerte der Specht mit seiner Beute den nächsten Baum an, setzte sich auf einen Zweig und verknotete die Schlange blitzschnell am selbigen.
„ Warte nur, du Unhold“, zischte die Schlange und wand sich vergebens. Es sollte noch den ganzen Nachmittag dauern, bis sie sich endlich befreien konnte und erschöpft unter einen mit Moos bewachsenen Stein verschwand.
Noch während sich die Schlange zu befreien versuchte, hatte es bereits den nächsten erwischt.
Einen neugierigen Frosch, welcher aufmerksam das ganze Schauspiel beobachtete, packte der Specht und setzte ihn in einer Astgabel ab.
Ängstlich klammerte der sich fest und Quakte verzweifelt um Hilfe.
Zwei Tauben, welche zuvor vom Specht gejagt worden waren, hörten seine Hilferufe und befreiten ihn aus seiner Misslichen Lage.
Inzwischen hatten sich die Schandtaten des Unholdes überall herumgesprochen und alle waren auf der hut.
Selbst die Spinnen ließ er nicht in Ruhe. Immer wieder flog er mit einem Zweig im Schnabel durch deren Netze und zerstörte die.
Sogar während des Fressens, am liebsten pickte er fette Maden zwischen der Baumrinde heraus, bewarf er vorbei hoppelnde Kaninchen mit Eicheln.
Und regelmäßig stattete der Specht dem Ameisenhaufen am Waldrand einen Besuch ab. Mit einem dicken Ast stocherte er dann im Bau herum und beobachtete dann da rege treiben und die Aufregung die entstanden, wenn die Ameisen begannen die Zerstörungen zu reparieren.
Besonders gerne Ärgerte er den Maulwurf. Er setzte sich neben einen Maulwurfshügel und wartete.
Immer wenn der Maulwurf heraus guckte, zog er den Wurm, welchen er extra hinlegte, ein Stückchen weiter. Und weil der Maulwurf, trotz Brille, fast Blind war, sah er nicht wohin er trat und kullerte den Hügel hinunter.
Der Specht hielt ihm erneut den Wurm unter die Nase und gerade als der Maulwurf zuschnappen wollte, verschluckte der Specht den Wurm selber.
Der arme Kerl kletterte schließlich erschöpft und hungrig in seinen Bau zurück.
Doch als der Specht am nächsten Tag die Vorratskammer eines Eichhörnchens demolierte, indem er Hinten ein Loch hinein hämmerte, so dass die gesammelten Vorräte zu Boden fielen, war das Maß voll.
Alle Tiere und Insekten aus dem Wald und der Wiese versammelten sich und beratschlagten, wie sie schnellstens diesen widerlichen Specht loswerden könnten.
Es dauerte auch gar nicht lange und sie hatten einen Plan, welcher gleich am nächsten Tag umgesetzt werden sollte. Der Specht würde sein Blaues Wunder erleben.
Langsam kletterte die Sonne am Horizont empor, um ihr Tagwerk zu beginnen. Die Tiere und Insekten hatten sich alle, schon voller Vorfreude,
auf dem Versammlungsplatz eingefunden.
Heute würden sie dem Specht einen Denkzettel verpassen, welchen dieser so schnell nicht vergessen würde.
Am Mittag, als die Sonne am höchsten stand, waren die Vorbereitungen abgeschlossen.
Der Specht hatte seinen Mittagsschlaf beendet und überlegte gerade, was er als nächstes tun könnte. Am besten ich starte erst einmal einen Rundflug, dachte er, dann wird mir schon etwas einfallen.
Und wie er so durch die Gegend flog, geschah es.
Plötzlich tauchte direkt vor ihm ein riesiges Spinnennetz auf. Zum ausweichen war es zu spät.
Er flog mitten hinein. Wild flatternd versuchte er sich zu befreien, aber die Spinnen hatten sich sehr viel Mühe beim Weben dieses Netzes gegeben und es dauerte geraume Zeit bis er sich befreien konnte. Erschöpft saß er auf dem Waldboden und versuchte sein Gefieder zu säubern. Aber das gelang ihm nicht, das Zeug klebte wie die Pest. Aber das schlimmste war, das die Ameisen das Spinnennetz vorher mit ihrer Säure getränkt hatten. Das brannte fürchterlich. Jeglicher versuch zu fliegen scheiterte. Mit verklebtem Gefieder, unter dem es auch noch juckte und brannte, lief der Specht davon, so weit er konnte.
Und das schlimmste war noch, das die Tiere und Insekten, welcher er so manchen Schabernack gespielt hatte, ihn auslachten und verspotteten.
Nein hierher würde er nicht wieder kommen.
Und schon bald herrschte wieder Ruhe und alle waren zufrieden.
ENDE
Tag der Veröffentlichung: 18.10.2009
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