Der eingebildete Fliegenpilz
,, Ahhhh, Ohhhh, schön,’’ stöhnte der Fliegenpilz und reckte und streckte sich den ersten Sonnenstrahlen entgegen. Langsam perlten die letzten Tautropfen der Nacht von seinem Rotem Hut mit den Weißen Tupfen.
Er war bereit für den neuen Tag.
Sollten sie nur wieder alle kommen und ihn, den Fliegenpilz, den schönsten im ganzen Wald bestaunen, dachte er.
Mit ,, sie’’ meinte er die anderen Tiere des Waldes.
Denen ging der blöde Fliegenpilz schon längst auf den Nerv. Der war nämlich fest davon überzeugt, er sei der schönste im ganzen Wald, und alle anderen Pflanzen und Tiere wären Häßlich.
Das fanden die Tiere, und Pflanzen natürlich gar nicht gut und mieden deshalb den Fliegenpilz, wo immer sie konnten. Meist klappte das auch ganz gut, denn der Pilz konnte sich ja nicht von der Stelle bewegen, aber oft genug mußte doch das eine oder andere Tier dessen Standort kreuzen. Keiner ließ sich gerne in ein Gespräch verwickeln.
Nur das nötigste wurde gesprochen, aber meistens Redete eh nur der Fliegenpilz. Und dann nur über sich , wie schön er doch war und das sich alle anderen an seinem Anblick erfreuen konnten. Eifrig stimmten ihm die anderen zu, um möglichst schnell diesen unliebsamen Gesellen verlassen zu können. Niemand traute sich, diesem ollen Viesling mal ordentlich die Meinung zu sagen.
Am liebsten würden alle Tiere dem Fliegenpilz aus dem Weg gehen, aber leider hatte dieser seinen Standort direkt neben einem Hohlweg, welcher nur hier an dieser Stelle durch einen kleinen Bach führte. Nur hier konnte der Bach überquert werden, und weit und breit war das auch die einzige Trink Stelle. Die Tiere mussten also am Pilz vorbei.
Mindestens Morgens und Abends mußte jeder Trinken. Auch wer den Bach überquert hatte und von der anderen Seite kam, nutzte ihm dies nichts. Der Fliegenpilz sah jeden und jeder konnte ihn sehen. Und der Fliegenpilz glaubte auch nicht, das die Tiere nur zum Trinken kamen, nein er war fest davon überzeugt, das alle nur wegen ihm kamen.
Das ließ er sich nicht ausreden, schließlich war er doch der schönste im ganzen Wald.
Unter der großen Eiche, weit genug weg vom Fliegenpilz, trafen sich an diesem Morgen alle Tiere des Waldes.
Die Eule hatte die Tiere zusammen gerufen, um einen Rat zu halten.
Es mußte eine Lösung, wegen dem Fliegenpilz gefunden werden, welcher immer unausstehlicher wurde.
Erst Gestern hatte der Pilz das Rehkitz so sehr beschimpft, das das kleine Kitz Weinend zu seiner Mutter gelaufen war. Sofort lief das Reh zum Pilz und stellte ihn zur Rede.
,, Was fällt dir ein, sagte das Reh, mein armes Kind so zu beschimpfen, es hat dir überhaupt nichts getan’’.
,, Ich habe nur gesagt, antwortete der Pilz mit einen hämischen Grinsen, das es genau so häßliche Flecken auf dem Fell hat wie seine Mutter und schon lief das Kleine Heulend weg’’.
,, Oh du widerlicher Kerl, schimpfte die Reh Mutter, das du gemein bist weiß ja jeder, aber so gemein, das ist die Spitze’’. Sie unterdrückte ihre Tränen und lief zu ihrem Kitz um es zu trösten.
Oder der arme Hase. Früh Morgens kam der an die Furt um zu Trinken. Doch schon nach dem ersten Schluck rief der Fliegenpilz mit schadenfroher Stimme. ,, Wenn ich so lange Ohren wie du hätte, die beim Trinken fast im Wasser hängen, würde ich sie mir abschneiden’’, und lachte.
,, Meine Ohren sind meine und gehen dich überhaupt nichts an’’, erwiderte das Kaninchen beleidigt und hoppelte davon.
Oder als die Lerche zum Trinken kam.
,, Man oh man, wenn ich so krumme Beine hätte wie du, würde ich mir Federn dran wachsen lassen, rief der Fliegenpilz, damit die bloß keiner sieht’’, und kicherte frech.
,,Das brauche ich mir von dir nicht sagen lassen’’, zwitscherte die Lerche und flog davon.
Oder als der Bussard Trinken wollte. ,, Mit so einem Krummen Schnabel kann man doch gar nicht Trinken, oder ?’’ foppte der Pilz den armen.
Doch der Bussard ließ sich nicht provozieren, obwohl ihn das Gestichel des Pilzes nervte, Trank zu Ende und flog zurück zum Horst.
Und so ging das immer weiter, bei jedem Tier hatte der Fliegenpilz etwas zu meckern. Und das jeden Morgen und jeden Abend. Es war nicht mehr zum aushalten.
,, Also wer hat einen Vorschlag, rief die Eule, wie wir dem alten Ekel eins auswischen können’’?
,, Ja genau, rief das Kaninchen, dem gehört ordentlich eines ausgewischt’’.
Und der Fuchs sagte,, der braucht tüchtig einen auf seinen Rotweiß gepunkteten Hut’’.
,, Ich hätte da vielleicht eine Idee’’, meldete sich die Taube schüchtern zu Wort.
Sämtliche Gespräche verstummten und alle Augen blickten auf die Taube. Verlegen tänzelte die von einen Fuß auf den anderen.
,, Heraus damit, forderte die Eule, nur Mut’’.
,, Ich weiß ja gar nicht, druckste die Taube, ob es der richtige Vorschlag ist’’.
,, Laß es erst einmal Hören, sagte der Hase, und dann entscheiden wir’’.
Die Taube faste sich ein Herz, räusperte sich und trug ihre Idee vor.
,, Wir müssen den Fliegenpilz bei seiner Eitelkeit packen’’.
,, Aber wie’’, wollte der Igel Wissen?
,, Nun laßt sie erst einmal ausreden’’, sagte die Eule.
,, Naja, begann die Taube erneut, ich dachte wir verunstalten sein Äußeres etwas, so das wir auch über ihn lästern können’’.
Mißtrauisch fragte die Feldmaus,, wie soll das denn gehen’’.?
,, Ja, nun sag schon’’, forderte der Bussard.
,. Unterbrecht die Taube doch nicht dauernd’’, schimpfte die Eule. ,, Bitte erkläre uns deine Idee, liebe Taube’’.
,, Eigentlich ist es ganz einfach, fuhr die Taube fort. Wir demolieren einfach seinen Rotweiß gepunkteten Hut’’.
,, Spinnst du Taube, fragte der Fuchs, wie soll das denn Funktionieren’’?
Unbeirrt erzählte die Taube weiter.,, Ich dachte an einen Luft Angriff’’. Staunend saßen die anderen Tiere um die Taube herum. Jetzt unterbrach niemand mehr.
,, Paßt auf, sagte die Taube. Alle die Fliegen können, nehmen sich einen Tannenzapfen. Mit diesen fliegen wir zum Fliegenpilz und versuchen ihm die Dinger auf seinen Hut zu werfen’’.
,, Und du meinst, das klappt’’, fragte das Reh skeptisch?
,, Einer wird schon treffen’’, gurrte die Taube.
,, Tolle Idee, rief der Bussard, ich bin dabei’’.
Anerkennendes Gemurmel ringsum. Schließlich bekundeten alle ihr Einverständnis. Hauptsache der olle Fliegenpilz bekam seinen Denkzettel.
Alle Vögel fanden sich bei den Tannen ein, unter denen reichlich Tannenzapfen lagen. Drosseln, Zaunkönige, mehrere Bussarde, Tauben und viele andere mehr, nahmen sich jeder einen Zapfen, entweder mit den Krallen bewährten Füßen, oder mit dem Schnabel und Flogen in einem Schwarm Richtung Fliegenpilz. Vorneweg die Eule und die Taube. Unterdessen liefen die anderen Tiere über den Waldweg zum Fliegenpilz um diesen abzulenken. Schon bald war die Furt am Bach erreicht und der Fliegenpilz stand dort in voller Größe und wunderte sich über den Aufmarsch der Tiere.
,, AH, endlich kommt ihr, um mich zu bewundern, so wie es sich gehört’’, rief der Fliegenpilz den Tieren entgegen.
,, Warte nur ab, du eingebildeter Fatzke, rief das Reh, du wirst gleich dein Blaues Wunder erleben’’.
,, Ihr wißt ganz genau, das ich der schönste und beste im ganzen Wald bin, erwiderte der Pilz, also verschwindet und laßt mich in Ruhe’’.
Doch gleich darauf verdunkelte sich der Himmel als ein großer Schwarm Vögel erschien, welche alle etwas bei sich trugen. ,, Jetzt geht’s los’’, kicherte das Kaninchen.
,, Ja, das wird dem Großmaul gut tun’’, sagte der Igel.
,,Wa, wa, was soll das, stotterte der Fliegenpilz, laßt sofort den Unsinn und haut ab, ehe ich sauer werde’’.
Die Vögel kreischten Mark erschütternd und stürzten sich mit ihrer Last auf den Pilz. Völlig überrumpelt und vor Angst duckte sich der Fliegenpilz unter seinem Rot- Weiß gepunktetem Hut. Als erste erreichte eine Drossel den Pilz und ließ ihren Tannenzapfen fallen. Ohh, die anderen Tiere stöhnten auf, knapp verfehlt. Doch schon waren die nächsten zwei, drei, vier Vögel da, zielten und warfen ihre Last ab.
,, Nein, nein schon wieder kein Treffer’, jammerte der Igel.
Doch da, mit einem lauten Schrei stieß der Bussard herab, zielte, öffnete seine Krallen und drehte ab. Der Zapfen aber viel genau auf sein Ziel. Und diesmal wurde es ein Treffer, ein Volltreffer.
Rot- Weißer Staub wallte auf und der Fliegenpilz kreischte fürchterlich.
,, Wartet, forderte die Eule ihre Freunde auf, wir wollen sehen was der Treffer angerichtet hat’’.
Die anderen Vögel setzten sich erwartungsvoll auf die Äste der umliegenden Bäume. Langsam verzog sich der Staub und im Hut des Pilzes war eine große Delle zu erkennen.
,, Oh was habt ihr getan, jammerte der Fliegenpilz, ich war der schönste im ganzen Wald, und jetzt’’?
,, Richtig, du warst deiner Meinung nach der schönste im Wald, doch jetzt hast du auch einen Fehler, wie jeder andere auch’’.
Der Fliegenpilz schwieg und schämte sich.
Und fortan konnten alle Tiere ungestört und ohne lästern am Fliegenpilz vorbeigehen und trinken. Der Fliegenpilz aber schämt sich Heute noch.
Tag der Veröffentlichung: 15.06.2008
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