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Gefunden

Um sich vor der Kälte zu schützen, wickelte sie ihre Kutte enger um sich. Der Nebel war dicht wie ein Wald und schluckte die wenigen Sonnenstrahlen des Morgens. Es war zu früh, als dass schon Menschen durch die Gasse schleichen konnten. Ihr Zug war um 5:00 Uhr angekommen und mangels finanzieller Mittel ging sie zu Fuß zu der Adresse, die er ihr geschrieben hatte. Außer Ratten waren nur die kleinen Boote unterwegs, die frische Waren aus dem Hafen verteilten oder die kunstvollen Glaswaren, der weltweit einzigartigen Manufakturen abholten. Trotz des Nebels konnte sie erkennen, dass das Wasser der Kanäle grün war. Der Gestank in der Luft musste von den Algen kommen, die ihr Chlorophyll ans Nass abgaben. Die Maskenverkäufer würden diejenigen sein, die die besten Geschäfte machten. Auch wenn es bis zum Karneval im Februar noch acht Monate waren. Schwämme, getränkt mit Rosen- oder Lavendelwasser, in den Schnabelmasken, übertünchten jeden anderen Geruch. Um sich nicht in dem smaragdenem Wasser zu verlieren ging sie weiter. Ihre Schritte halten von den Wänden der Häuser wieder, als sie diese passierte. Es konnte nicht mehr weit sein. Sieben Monate war es her. Jetzt hatte es ein Ende. Ihr Herz schlug schneller bei dem Gedanken gleich vor ihm zu stehen. Zu ihrer Erleichterung standen an jeder Kreuzung die Namen der Straßen. Ohne diese wäre sie in den unbekannten Gängen verloren gegangen.

Dann stand sie vor der Tür. Sie holte noch einmal tief Luft, hob ihren Arm zum Klopfen und hielt noch einmal inne. Erst nach weiteren zwei Atemzügen reichte ihre Kraft, um ihre Handknöchel gegen die Tür zu schlagen. Mit dem ersten widerhallen des Holzes beschleunigte sich ihr Herzschlag. Die Tür war offen. Sie schwang, durch ihr Klopfen nach innen. Die Haare an ihren Armen richteten sich auf. Ihre Atmung blieb einen Moment aus und ging dann schneller als zuvor.

»Hallo?«, fragte sie, die Hand noch immer zum Klopfen erhoben. Mit lautlosen Schritten trat sie ins Haus. Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, lag vor ihr ein Flur, von dem links und rechts eine Tür abging und geradezu in Schwarz auslief. Erst als sie einen Schritt davor stand, erkannte sie eine weitere Tür an seinem Ende. Sie drückte die eiserne Klinke und dieser folge ihrem Befehl zum öffnen. Ein schlurfendes Geräusch begleitete das Quietschen der Scharniere. Der Raum dahinter wurde von Kerzen erhellt. Seinen zentralen Punkt bildete ein Bett, auf dem ein Mann lag.

Zugedeckt, mit geschlossenen Augen lag er da. Seine Hände auf seiner Brust. Sie machte ein paar Schritte auf ihn zu. Bei jedem Schritt spürte sie ihr Herz stärker und schneller schlagen. Im Griff seiner Hände verdeckte den Schaft eines Messers, dessen Klinge vergraben in seinem Brustkorb.

»Erledigt«, sagte eine Stimme hinter ihr.

Als sie sich umdrehte, erkannte sie ein Schemen in der einzigen dunklen Ecke des Zimmers.

»Ist es wirklich sicher, dass er es war?«  fragte sie.

»Ich habe gesehen, wie er hier vorgegangen ist. Dieselben Opfer und derselbe ablauf wie in London. Er war es«, antwortete der Schemen.

 Sie griff in eine ihrer Taschen und holte zwei Umschläge heraus. Einen legte sie auf das Bett und den anderen hielt sie der Stimme entgegen.

»Dann bleibt nur noch eins«, sagte sie.

Ihr Herzschlag schlug wieder in einer normalen Frequenz. Ihre Mundwinkel wanderten nach oben. Als sie es bemerkte, hob sie ihre Hände und tastete danach.

»Ich hätte nicht gedacht, dass ich das jemals wieder kann.«

»Bereit?«, fragte die Stimme.

Bevor Maria antworten konnte, schnellte der Schatten aus der Ecke. Ich Lippen öffneten sich, um zu sprechen, doch die Luft, die sie für die Wörter gebraucht hätte, war nicht da. Der Schnitt über ihren Hals tat nicht einmal weh. Wie die Sünden aus dem Beichtstuhl floss ihr Leben aus ihr raus. Und wie sich die Sünder nach ihrer Beichte fühlten, breitete sich auch in ihr eine Wärme aus. Eine Berührung des Göttlichem. Sie hatte gebüßt für ihre Taten, bevor sie vor das Gericht des Herrn trat.

Auch wenn er wusste, dass der Brief auf dem Bett nicht für ihn war, konnte er seine Neugier nicht zügeln. Er nahm ihn auf, brach das Siegel und begann zu lesen.

 

 

                                                                                                               

Der Brief

16.06.1889

 

Als erstes möchte ich mich bei Dir, Du arme Seele die diesen Brief liest entschuldigen. Ich hoffe dass der Anblick der gewaltsam aus dem Leben gerissenen Körper,  mit Gottes Hilfe, vergessen werden kann.

Dies ist mein Geständnis. Ich habe getötet. Nicht selber, aber trotzdem bin ich nicht weniger schuld. Ich habe für zwei Morde bezahlt. Einen aus Rachsucht und einen aus Reue. Der erste, ist der Mann, der in diesem Raum liegt. Ein Dämon, der von sich selbst als jemand aus der Hölle sprach. In ihm war kein Funken der Buse. Er schmückte sich in Briefen an Presse und Polizei mit seinen Morden und kündigte weitere an. Wie viele es waren weiß ich nicht. Von fünfen weiß die Polizei sicher. Doch auch andere werden ihm zugeschrieben.

Das sich unsere Wege schnitten ist seinem dritten Opfer geschuldet. Meiner Schwester Mary Jane Kelly. Einer Frau, die nicht auf den Pfaden von Mutter Kirche ging, aber es mir durch ihre Sünden ermöglichte, von ihrem Weg abzuschweifen. Wer einen Laib Brot stiehlt um seine Familie zu ernähren ist kein Dieb, sagt man. Eine Frau aus ihrem Stand, hatte nicht viele Möglichkeiten um sich um ihre Familie zu kümmern. Durch meine Taten verdiene ich es nicht, dass für mich gebetet wird. Für sie ist aber jedes Wort gen Himmel gerichtet ehrenwert.

Der Dämon verdiente den Tod, doch stand es mir nicht zu sein Richter zu sein. Auch er war vielleicht Vater oder Bruder, sicher aber Sohn. Einer Mutter ihr Kind zu nehmen, ist eine Schande durch die ich mein Leben verwirkt habe.

Über den ewigen Teil von mir soll der Herr richten. Deshalb ist der zweite Mord, der meine. Ich hoffe, aber wage es nicht zu beten, dass meine Seele im Fegefeuer nicht verdammt wird.

Geständig aber ohne Reue

Hope Elizabeth Kelly

Jack

Es waren sieben dachte er, als er den Brief wieder zusammenfaltete und ihn zurück in den Umschlag steckte. Die Fünf in London waren aber anders als die beiden hier. Diese beiden waren, um ein neues Spiel zu spielen. Prostituierte zu töten war einfach. Und auch wenn die Londoner Polizei vor Inkompetenz überquoll, hätten sie irgendwann eine Spur gefunden. Es war zu gefährlich dort weiter zu machen.

Als sie ihn dann fand, zwang sie ihm ein neues Spiel auf. Er sollte dafür bezahlt werden sich selbst zu finden und zu töten, und danach noch sie. Eine Nonne.  Ein Reiz, dem er nicht wiederstehen konnte.

Sie würde die Letzte sein. Das letzte Opfer des "Rippers".

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.10.2013

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