Cover

Holy Shit Collection 2012 - 2017

Print: ISBN 9781693325410

Acht Storys aus Weihnachts- und Winterbänden, teilweise gründlich überarbeitet.


Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. E-Books sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autorin und erwerben eine legale Kopie. Danke!

Text: Sissi Kaiserlos/Kaipurgay

Foto von shutterstock, depositphotos

Kontakt: http://www.bookrix.de/-sissisuchtkaiser/



1. Alter schützt vor Liebe nicht - aus 2. Band Sissi goes Advent

Karstens Freund Johannes hat vor einer Woche angerufen und gefragt, ob er ihm am Heiligabend Gesellschaft leisten mag. Seine Frau ist vor einem Jahr verstorben und seine beiden Kinder halten sich im Ausland auf. Er wohnt in Husum, der grauen Stadt am Meer und seine Stimme klang am Telefon irgendwie so verloren. Vielleicht hat Karsten deshalb zugesagt, obwohl er weiß, dass es nur alte Wunden aufreißen wird.

~ * ~


Ich brettere mit meinem Wagen über die Autobahn Richtung Norden, dabei wandern meine Gedanken weit zurück in die Vergangenheit. Johannes und ich sind zusammen zur Schule gegangen, waren befreundet und haben auch nach dem Abschluss stets Kontakt gehalten. Es war damals eine wilde Zeit. Wir haben gesoffen und Frauen aufgerissen, sogar einmal eine geteilt, bis mir klar wurde, dass ich mehr auf Männer stehe.

Ab diesem Zeitpunkt zog ich mich langsam von Johannes zurück. Unsere Interessen waren einfach nicht mehr dieselben. Er wurde wütend, fragte nach dem Wieso und immer öfter stritten wir uns, bis ich ihm irgendwann erschöpft die Wahrheit anvertraute. Johannes war wie vom Donner gerührt. Ich sehe es heute noch, wie er vor mir stand, mit offenem Mund und riesengroßen Augen.

Du? Schwul?“, hatte er fassungslos gestammelt.

„Ja. Hasst du mich jetzt?“

„Ich … Ich muss das erst mal verdauen.“, Das waren für drei Wochen die letzten Worte, die er an mich richtete.

Ein Rastplatz kommt in Sicht. Ich lenke den Wagen auf die Abbiegespur und parke neben dem Klohäuschen. Für den Teil der Erinnerung, der nun kommt, brauche ich einen Moment Ruhe, sonst würde ich einen Unfall riskieren.

Nachdem drei Wochen Funkstille geherrscht hatte, rief Johannes mich eines Nachts sturzbesoffen an. Er heulte ins Telefon, schimpfte und schließlich bat er, dass ich zu ihm komme, weil es ihm so schlecht ginge. Ich Idiot bin hingefahren.

Johannes empfing mich in Jogginghose und schlabbrigem T-Shirt, mit vom Weinen verschwollenen Augen und einer prächtigen Wodkafahne. Ich folgte ihm ins Wohnzimmer, wo eine Ansammlung von Flaschen und ein voller Aschenbecher Zeugnis von dem Verlauf des Abends ablegten. Johannes plumpste aufs Sofa, fuhr sich mit den Fingern durch die strubbeligen Haare und schaute mit waidwundem Blick zu mir auf.

„Du fehlst mir“, nuschelte er weinerlich.

„Du mir auch, aber wir spielen nicht mehr in derselben Liga“, antwortete ich und setzte mich neben ihn.

„Und wenn ich auch …?“, murmelte Johannes und hing plötzlich an meinem Hals.

Sein Kuss war ungeschickt, dennoch erregte er mich und die Hand, die sich an meiner Hose zu schaffen machte, war erstaunlich fordernd. Mein Gott, ich bin auch nur ein Mann und hab Johannes einfach machen lassen. Okay, ich habe mich beteiligt. Am Ende wichsten wir uns gegenseitig, wobei wir wilde Küsse tauschten. Es war geil und nachdem wir beide gekommen waren wurde mir klar, dass ich das hier die ganze Zeit herbeigesehnt hatte. Verliebt in den besten Freund.

Johannes schlief in meinen Armen ein, mit einem seligen Lächeln auf den Lippen. Ich blieb eine Weile bei ihm, bevor ich mich leise vom Acker machte.

Diese Nacht wurde nie wiederholt. Sie wurde totgeschwiegen, als hätte sie nie existiert. Johannes lernte irgendwann Marianne kennen, zog von Hamburg nach Husum und wurde schnell Vater. Ich war zur Hochzeit eingeladen und auch zu den Geburtstagen. Johannes wirkte glücklich und Marianne nahm mich so selbstverständlich auf, wie alle anderen Freunde. Ich mochte sie. Es tut mir leid, dass sie so früh sterben musste. Brustkrebs, zu spät erkannt. Das Leben ist manchmal sehr ungerecht.

Blicklos starre ich durch die Windschutzscheibe und komme nur langsam zurück ins Hier und Jetzt. Irgendwie hatte Johannes trotzdem Glück in seinem Leben, ich weniger. Meine Partnerschaften hielten allesamt nur ein paar Jahre und aktuell bin ich schon lange solo. Mit fünfundvierzig bin ich außerdem zu alt für die Szene und hab – ehrlich gesagt – auch keine Lust mehr auf den Scheiß.

Mit einem Seufzer drehe ich den Zündschlüssel und steuere den Wagen zurück auf die Autobahn. Noch dreißig Minuten bis Husum.

Wind peitscht gegen die Scheiben und es regnet. Alles wirkt grau in grau und es scheint, als ob sich meine Seele in der Landschaft widerspiegelt. Innerlich fühle ich mich wie tot. Hoffentlich werden Johannes und ich uns verstehen und einen schönen Abend miteinander verbringen. Es ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass wir nicht von fremden Menschen umgeben sein werden. Ob das gut geht?

Das schmucke Einfamilienhaus, vor dem ich eine halbe Stunde später mein Auto parke, wirkt einladend. Johannes hat eine Lichterkette in einer Tanne befestigt, die in der einsetzenden Dämmerung weihnachtliche Stimmung verbreitet. In den Fenstern stehen elektrische Kerzen und an der Haustür hängt ein Kranz aus irgendwelchem Grünzeug.

Da ich die Nacht hier verbringe, habe ich eine Reisetasche mit ein paar Sachen gepackt, die ich nun aus dem Kofferraum hole und langsam auf das Haus zuschreite. Ich kann nicht verhindern, dass ich vor Aufregung feuchte Handflächen bekomme. Johannes steckt immer noch in mir, ist in meinem Herzen, jedoch hatte ich gehofft, dass das Gefühl schwächer ist. Wahrscheinlich wird es gleich besser, wenn wir die ersten Minuten gemeistert haben.

„Karsten. Bin so froh, dass du gekommen bist“, begrüßt mich Johannes, nachdem er die Tür aufgerissen hat.

Ich halte ihm die Hand hin, doch er übersieht sie geflissentlich, schlägt mir auf die Schulter und schlingt einen Arm darum, wobei er mich in den kleinen Flur zieht. Der Duft von Braten, Rotkohl und Tannennadeln dringt in meine Nase.

Johannes führt mich durch den Flur, nimmt den Arm weg und stößt eine Tür auf. „Hier kannst du nachher schlafen.“

Ich trete ein, lass meine Tasche fallen und atme tief durch. Das hier wird schwieriger, als ich es mir vorgestellt habe. Sollte ich lieber abhauen, so lange es noch geht?

„Ich kümmere mich um das Essen. Fühl dich wie zu Hause“, meint Johannes über die Schulter, bevor er in Richtung Küche verschwindet.

Zuletzt haben wir uns auf Mariannes Beerdigung gesehen. Das ist über ein Jahr her. Johannes war schon als Junge irrsinnig attraktiv, im Alter ist er einfach umwerfend. Die Fältchen um seine grünen Augen und silberne Strähnen in seinem dunklen Haar. Sein Körper ist straff, wohl auch der schweren Arbeit geschuldet. Er besitzt eine eigene Gärtnerei, in der er jeden Tag schuftet, obwohl er es nicht mehr bräuchte. Der Laden läuft gut und seine Angestellten sind zuverlässig.

Seufzend heb ich die Tasche hoch und verfrachte sie auf einen Stuhl. Ein schmales Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch. Das wird sicher das Arbeitszimmer sein. Ich hole meinen Kulturbeutel hervor und gehe durch den Flur zum Gäste-WC. Ein bisschen kenne ich mich von bisherigen Besuchen hier aus, dennoch wirkt es ungewohnt.

Marianne fehlt. Alles, was an sie erinnern könnte, ist verschwunden. Die winzigen Parfumflakons, die sonst auf dem Fenstersims gestanden haben. Die jahreszeitliche Deko, die ihr stets viel Freude gemacht hat. Sogar viele der Bilder fehlen. Während ich mich kämme und Wasser in mein Gesicht schaufle überlege ich, ob es für Johannes eine Art von Trauerbewältigung ist, Mariannes Geist aus dem Haus zu verbannen.

Wie ist das, wenn ein derart vertrauter Mensch stirbt? Diese Erfahrung habe ich noch nicht gemacht, da mich die Kerle stets vor ihrem Ableben verlassen haben. Meine Eltern sind schon lange tot, ich kann mich kaum noch an sie erinnern. Aufgewachsen bin ich in einer liebevollen Pflegefamilie, zu der ich immer noch losen Kontakt halte.

Zurück zur Beerdigung: Johannes hatte damals sehr gefasst gewirkt. Seine Kinder waren stets um ihn herum und ich habe kaum ein Wort mit ihm unter vier Augen gesprochen. Das habe ich allerdings die Male davor, wenn wir uns getroffen haben, auch nicht.

„Karsten? Das Essen ist fertig“, ruft Johannes.

Ich muss unwillkürlich grinsen. Johannes klingt so, als hätte er das schon tausende Male gerufen.

„Ich komme, Liebling“, gebe ich zurück und kichere über meinen Scherz, bis mir einfällt, dass ich damit eventuell eine wunde Stelle getroffen haben könnte.

Schnell bringe ich den Kulturbeutel weg, danach gehe ich in die Küche. Johannes empfängt mich breit lächelnd.

„Schatz, deckst du den Tisch?“, säuselt er in hoher Fistellage.

Das Eis ist gebrochen. Ich atme auf.

„Aber gerne doch, mein allerliebster Brummbär. Wo ist das Tafelsilber?“

Das Spielchen halten wir durch, bis der Tisch fertig gedeckt ist und das Essen bereit steht.

Johannes schenkt Rotwein in funkelnde Kristallgläser, setzt sich und prostet mir zu. „Auf einen schönen Heiligabend.“

Wir verspeisen das vorzügliche Mahl schweigend, tauschen nur ab und zu kurze Blicke. Konnte Johannes schon immer so gut kochen? Wir haben damals oft zusammen Spaghetti mit Soße zubereitet und ich erinnere mich nun, dass es jedes Mal lecker geschmeckt hat. Meine eigenen Kochkünste sind eher bescheiden, also lag es an Johannes Können, dass das Zeug genießbar gewesen ist.

„Wollen wir ins Wohnzimmer wechseln?“, fragt Johannes, während wir den Tisch gemeinsam abräumen.

„Klar, gern“, murmele ich, stelle die Teller in die Spülmaschine und wische mir anschließend die Hände mit einem Küchentuch ab.

Mein Blick fällt dabei auf Johannes straffes Hinterteil und – mein Gott, wir sind beide jenseits der Vierzig – dennoch merke ich bei dem Anblick ein Kribbeln in der Lendengegend.

„Ich hab ein Geschenk für dich“, verkündet Johannes, nachdem wir in Sesseln einander gegenüber Platz genommen habe. „Nichts Besonderes. Eher ein Gag.“

Er beugt sich hinüber zu einem Beistelltisch, nimmt ein Päckchen und wirft es mir zu.

Ich fange es auf, dabei lächle ich ihm entschuldigend zu. „Ich habe gar nichts für dich.“

„Das macht nichts. Du bist hier, das ist mein Geschenk.“

Ich senke den Blick, damit er nicht sehen kann, wie sehr ich mich über seine Worte freue. Verdammte fünfundzwanzig Jahre ist es her, dass wir so wie heute zusammen gesessen haben. Nur wir zwei. Ich öffne das Päckchen und hole eine Schürze hervor. Auf der Vorderseite prangt der Körper eines muskulösen Kerls in Shorts. Ich pruste los. „Oh Mann, soll ich die im Sommer beim Grillen tragen?“

„Gute Idee.“ Johannes lacht ebenfalls.

Ich lege die Schürze auf den Boden und greife nach meinem Glas. Versonnen gucke ich in die rubinrote Flüssigkeit, in der sich die Kerzen spiegeln, die am Tannenbaum brennen. Johannes hat ganz traditionell eine Fichte aufgestellt und mit allerlei Kugeln und anderem bunten Zeug geschmückt. Es sieht hübsch aus und vermittelt ein behagliches Gefühl.

„Nun erzähl doch mal. Was hast du all die Jahre gemacht?“, fragt er.

Er klingt interessiert und da ich gerade so schön entspannt bin, berichte ich ihm von meinem Leben als Postbeamter und schwuler Mann. Johannes lauscht, trinkt gelegentlich einen Schluck und guckt mich die ganze Zeit konzentriert an.

Als ich zu meinem letzten Ex komme, Juan, unterbricht er mich: „Soll das heißen, dass du seit diesem Mann solo bist?“

Ich seufze leise und nicke. Meine Lebensbeichte ist beendet, also gucke ich Johannes auffordernd an, der zu erzählen beginnt.

„Marianne und ich … Nachdem die Kinder da waren, hat es sich zu einer platonischen Freundschaft einwickelt. Natürlich fehlt sie mir, aber … Ich habe in den letzten Jahren ganz oft an unsere gemeinsame Zeit denken müssen. Wie schön es war und … Ach, manchmal habe ich das Gefühl, ich hätte die letzten zwanzig Jahre verschlafen.“

Zischend erlischt eine der Kerzen. Johannes springt auf, löscht die restlichen, steckt die Hände in seine Hosentaschen und starrt den Baum an.

„Ehrlich gesagt war ich fast erleichtert, als Marianne starb. Einer Scheidung hätte sie nie zugestimmt oder mir das Leben zur Hölle gemacht. Sie war eine sehr … ähm … starke Frau. Manche würden es herrisch nennen. Und sie war gefühlskalt. Meine Kinder habe ich mit Liebe überhäuft, damit sie es nicht merken, aber sie haben trotzdem darunter gelitten.“

„Marianne? Kalt?“, hake ich erstaunt nach.

Johannes nickt. „Sie war die perfekte Lösung für mich. Ich wollte unbedingt Familie, Kinder und sie einen Gatten. Wir haben es nur so oft gemacht, wie es nötig war, dass sie schwanger wurde. Danach …“ Er zuckt die Achseln.

„Aber Marianne war immer nett zu mir.“

„Und hinter deinem Rücken hat sie sich das Maul zerrissen. Ich weiß, man darf über Tote nicht schlecht reden, aber du bist mein bester Freund und ich musste es einfach mal loswerden.“

„Dein bester Freund?“, frage ich leicht spöttisch.

Johannes senkt den Blick auf seine Schuhspitzen. „Seit Mariannes Tod haben sich viele von mir zurückgezogen. Damit ist auch klar, dass es eigentlich ihre Freunde waren, nicht meine. Ich gebe zu, dass ich einsam bin. Du bist der Einzige, der mir noch geblieben ist. Falls du denn noch mein Freund bist, was natürlich nach all den Jahren eine unverschämte Annahme meinerseits ist. Ich habe dich schändlich vernachlässigt und schäme mich dafür.“

Wie er da so steht, verzagt, einsam, ist absolut rührend. Ich kann gar nicht anders als aufzuspringen und einen Arm um seine Schultern zu legen. „Klar bin ich noch dein Freund. Und nun besorg mal Nachschub. Meine Kehle ist ganz trocken.“

Johannes lächelt mir zu. „Danke. Danke dafür, dass du so großzügig bist.“

Wir leeren noch drei weitere Rotweinpullen, labern Mist, lachen und torkeln schließlich in unsere Zimmer. Noch immer ist die besagte Nacht tabu und ich werde von mir aus auch niemals ein Sterbenswörtchen darüber verlieren. Dafür ist mir die neu belebte Freundschaft mit Johannes zu wichtig. Mit einem betrunkenen Grinsen auf den Lippen schlafe ich ein.


Finger gleiten über meine Haut, ein Mund streift meinen, ein kalter Lufthauch lässt erahnen, dass die Decke weg ist. Ich blinzele und sehe im schwachen Lichtschein Johannes, der sich über mich beugt. Wieder berührt er mit seinen Lippen meinen Mund und eine Hand tastet über meine empfindliche Seite. Was mache ich nun? Mich schlafend stellen? Das wird wohl das Beste sein.

Ich bemühe mich, regelmäßig zu atmen. Vorsichtig schmusen Johannes‘ Lippen über meine. Ich brumme und rolle mich auf den Rücken. Mein Gott, das wird einen Oscar geben für die bühnenreife Vorstellung Karsten-bewegt-sich-im-Schlaf.

Johannes verharrt stocksteif und hält die Luft an. Endlich traut er sich wieder vor und diesmal streift sein Mund meine Brust. Ich schlafe immer nackt, was sich als Glücksfall herauszustellen scheint. Sachte Berührungen an meiner Leiste, dann wandert seine Hand zu meinem Schwanz. Haben Schlafende eine Erektion? Nun, ich schon. Und was für eine!

Johannes küsst sich über mein Brustbein immer tiefer, passiert den Nabel. Zärtliche Küsse regnen auf meine Härte, beinahe unschuldig. Ich muss die Zähne fest zusammenbeißen, um nicht zu stöhnen. Eine Hand umfasst meine Eier und wiegt sie mit leichtem Druck. Himmel! Was macht ein Schlafender, dessen Kronjuwelen gerade erregend massiert werden? Eine Zunge leckt über meine Schwanzspitze. Die Rolle, die ich mir selbst zugedacht habe, wird immer schwerer.

Leider lässt Johannes im nächsten Moment von mir ab, seufzt und deckt mich zu. Mit schweren Schritten verlässt er mein Zimmer. Die Tür klappt zu.

Ich gucke an die Decke, wobei ich mir einen runterhole. Dabei kullern zwei verirrte Tropfen aus meinen Augenwinkeln und rinnen kitzelnd an meinen Ohren vorbei. Anschließend liege ich wach, bis ich in unruhigen Schlaf falle.


Die Morgensonne und Geschirrgeklapper wecken mich. Ich schleiche in Boxershorts an der Küche, in der Johannes geschäftig werkelt, vorbei, um mich im Gäste-WC ein bisschen frisch zu machen. Anschließend ziehe ich mich vollständig an.

„Hast du gut geschlafen?“, empfängt mich Johannes am gedeckten Frühstückstisch.

Für diesen Satz würde ich ihm am liebsten die Fresse polieren. Ich bin sauer, traurig und total aggressiv. „Danke, ja“, antworte ich und setze mich ihm gegenüber hin.

Johannes greift nach einem Brötchen und lächelt mich an. „Hättest du nicht Lust noch zu bleiben?“

Wie kann er so fröhlich sein, obwohl mein Herz gebrochen ist? Ich schnappe mir meinen Kaffeebecher, trinke und schließe dabei kurz die Augen. Sein Vorschlag erzeugt Bilder in meinem Kopf, die ich versuche zu verdrängen. Nein, kein nackter Johannes in meinem Bett, keine verträumten Küsse am Strand. Obwohl er sich im Dunkeln traut mich anzufassen, wird das im Hellen nie passieren. Außerdem mag ich mich sowieso nicht als Versuchsobjekt für seine Experimente hergeben.

„Ich liebe Erdbeermarmelade, weißt du das noch?“ Johannes beißt in eine Brötchenhälfte.

Er grinst mich an und sieht ganz so aus, als würde er sich wohl fühlen. Merkt er denn gar nichts? „Ich erinnere mich schwach.“

Meine Hand greift nach einem Brötchen und die andere führt das Messer, um es durchzuschneiden. Ich gucke dabei zu, als wären es zwei abgetrennte Einheiten. Äußerlich funktioniere also noch, auch wenn innen ein Sturm tobt. Mit einem Mal ist mir speiübel. Ich lass das Messer, mit dem ich gerade Butter auf eine Brötchenhälfte schmieren wollte, sinken und starre ins Leere.

„Wir könnten zum Strand gehen und …“ Johannes stockt mitten im Satz. „Alles okay mit dir?“

„Mir ist schlecht“, murmele ich.

„Du bist auch ganz blass.“ Johannes legt sein halbgegessenen Brötchen auf den Teller und guckt mich besorgt an.

Seine Fröhlichkeit ist verflogen. Ich bemerke, dass er aufgeregt schluckt und irgendetwas sagen will. Sein Mund klappt ein paarmal auf und zu.

„Ich muss dir was gestehen“, redet er schließlich los. „Aber vielleicht weißt du es auch schon. Ich war heute Nacht in deinem Zimmer und hab dich angefasst. Das tut mir leid. Ich will dich nicht … wollte dich nicht belästigen, doch es kam einfach über mich und ich war auch ein bisschen betrunken. Es tut mir wirklich leid.“ Er wirkt verzagt und weicht meinem Blick aus.

Die nachfolgende Stille klingelt in meinen Ohren. Mein Puls rast und die Übelkeit verstärkt sich. Ich wische meine schwitzenden Handflächen an der Jeans ab, starre auf meinen Teller und habe keine Ahnung, was ich tun soll.

Vernehmlich holt Johannes Luft. „Die ganzen Jahre … Immer wieder musste ich daran denken. An dieses eine Mal mit dir. Ständig hab ich überlegt wie es wäre, wenn wir beide … Aber das ist natürlich Unsinn. Bitte vergiss, was ich gesagt hab.“ Er steht auf und seufzt leise. „Ich muss an die frische Luft.“

Er verlässt die Küche. Im Flur raschelt Kleidung, dann fällt die Haustür ins Schloss. Ich mustere den Frühstückstisch, ohne etwas wahrzunehmen. Dass Johannes seinen Besuch in meinem Zimmer gestanden hat, hat mir allen Wind aus den Segeln genommen. Seine Ehrlichkeit macht ihn in meinen Augen noch liebenswerter. Ich sollte zusehen, dass ich hier wegkomme, bevor es mich vollkommen zerreißt. Es ist jetzt schon kaum auszuhalten.

Im Gästezimmer packe ich rasch meine Sachen. Ich trage die Tasche in den Flur und will gerade meine Jacke anziehen, da geht die Haustür auf. Johannes erstarrt, mit der Klinke in der Hand. Seine Augen weiten sich angesichts meiner Reisetasche und seine Mundwinkel sinken nach unten. Er lässt die Tür los und gibt stumm den Weg frei.

Ich beginne, an meiner Entscheidung zu zweifeln. Was, wenn doch etwas zwischen ihm und mir ginge? Wenn ich abhaue, werde ich es nie herausfinden und zu verlieren habe ich eigentlich nichts mehr. Die Tasche entgleitet meiner Hand und plumpst auf den Boden. Johannes‘ Blick folgt ihr, huscht wieder hoch und heftet sich auf mein Gesicht. Im nächsten Moment wirft er die Haustür ins Schloss und kommt langsam auf mich zu.

Mit jedem seiner Schritte wird mein Herzschlag schneller, verkrampft sich mein Magen mehr. Dicht vor mir bleibt er stehen. Unerwartet packt er mich im Nacken und presst seinen Mund so hart auf meine Lippen, dass es schmerzt. Nach einem Augenblick wird sein Kuss sanfter. Ich öffne meinen Mund, lass seine Zunge herein und schließe ihn in meine Arme. Johannes stöhnt erstickt an meinen Lippen, presst sich voller Ungestüm an mich und drängt mich gegen die Wand.

Zwanzig Jahre Sehnsucht brechen hervor. Ich zerre an seiner Jacke, bis sie zu Boden fällt, ohne den wilden Kuss zu unterbrechen. Er schiebt meinen Pullover hoch, schmuggelt sich unters Hemd und T-Shirt und fährt mit kalten Fingern über meine Haut.

„Uh, Mann, bist du eisig“, flüstere ich heiser, wofür ich unsere Münder kurz trenne.

„Und du bist so heiß“, murmelt Johannes, wobei seine Hand nach vorn wandert und über meine Nippel streift.

Gänsehautalarm! Ich hebe meine Arme, damit er mir endlich den Pulli über den Kopf zieht, mache dann das Gleiche bei ihm. Während wir gegenseitig Stoffschicht um Stoffschicht entfernen und uns leidenschaftlich küssen, taumeln wir langsam ins Wohnzimmer.

Ungeduldig schütteln wir uns die Schuhe von den Füssen, schlüpfen aus den restlichen Klamotten und starren uns einen Moment an, bevor wir in inniger Umarmung auf die breite Couch sinken. Zwei reife Männer, die die Blüte ihres Lebens hinter sich haben und doch ist das hier schöner als alles, was ich je erlebt habe.

Endlich ist es Johannes‘ Körper, den ich spüre und der unter meinen Zärtlichkeiten erschauert. Wie zwei wildgewordene Teenager reiben wir uns aneinander, suchen die beste Position, um noch mehr voneinander fühlen zu können.

Mein steifer Schwanz trifft auf sein Gegenstück. Ich schiebe meine Hüften vor, um den Druck zu verstärken. Johannes‘ raues Stöhnen dringt an mein Ohr. Mal ist er oben, mal bin ich es und stets drohen wir, von der Couch zu fallen. Immer, wenn es wieder mal fast soweit ist, grinsen wir uns an.

Mehr!“, bettelt Johannes und drängt sich so dicht an mich, dass selbst Schweißtropfen keinen Platz mehr finden.

Sein maskuliner Duft hüllt mich ein und vermittelt mir, zusammen mit seinen Armen, das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Zugleich bin ich derart geil, dass ich kurz vor einer Eruption gigantischen Ausmaßes stehe. Ich schaue in seine Augen mit den dichten, dunklen Wimpern, verliere mich darin und möchte nie wieder auftauchen.

Mehr, bitte!“, fleht er erneut. Seine Finger fahren über meinen Rücken, packen meine Arschbacken und kneten sie mit starkem Druck.

Ich will auch keinen Augenblick länger warten und drehe uns so, dass ich auf seine Hüften steigen kann. Mit viel Spucke sorge ich dafür, dass sein Ständer einigermaßen rutschig ist. Dafür, irgendeinen anderen Schmierstoff zu besorgen, fehlt mir die Geduld. Ich bringe mich in Position, greife hinter mich und biege seinen Schwanz hoch. Als die Spitze gegen meinen Muskel drückt, verleibe ich sie mir mit einem Ruck ein. Johannes runzelt die Stirn und hält mich am Becken fest. Sein Blick verrät Besorgnis.

Scheiß auf den Schmerz, nachdem ich mich ewig nach dem hier verzehrt habe. Ich senke mich tiefer, bis ich Johannes ganz aufgenommen habe. Dann benötige ich einige Atemzüge, um mich an die Dehnung zu gewöhnen.

„Liebe dich“, flüstert Johannes, legt eine Hand an meine Wange und holt mein Gesicht für einen zärtlichen Kuss zu sich herunter.

Wir küssen uns weiter, während ich langsam mein Becken rotieren lasse. Es fühlt sich so anders an, so gut, so absolut richtig. Johannes hilft mir, mit seinen Händen an meinen Hüften, mich zu heben und zu senken. Sein Gesicht verzerrt sich zunehmend. Ich merke, dass er der Ziellinie immer näher kommt, je hektischer seine Atemzüge werden.

Damit er nicht allein davonfliegt, greife ich zwischen meine Beine und stoße in meine Faust. Schnaufend starren wir uns an, unsere Gesichter von glitzernden Schweißtropfen bedeckt. Ich erklimme den Olymp. Warmer Honig rinnt über meine Finger und ein Strudel zieht mich in die Tiefe, zugleich katapultiert er mich in die Höhe.

Kaum, dass ich wieder einigermaßen klar sehen kann, durchfährt Johannes ein Beben. Sein dicker Kolben zuckt in meinem Hintern und verströmt heißen Saft, wobei er meinen Namen wimmert. Er bäumt sich auf, wirft mich dabei beinahe ab. Ich halte mich an ihm fest, presse mich an seinen von Schweiß und Samen glitschigen Körper und will ihn nie wieder loslassen.

Es folgt Stille, in der wir nach Luft schnappen. Langsam glitscht Johannes aus mir raus. Ich strecke meine Beine aus und lege mich halb auf, halb neben ihn.

Johannes gluckst. „Oh Mann, was war das denn gerade?“

„Der Ausbruch des Vesuvs?“, schlage ich vor.

Er krault meinen Nacken. Wieder bekomme ich eine Gänsehaut.

„Gut möglich. Der hat ja auch hundert Jahre darauf gewartet, endlich ausbrechen zu dürfen. Bleibst du noch, oder ist das dein Abschiedsgeschenk?“

„Wie könnte ich jetzt gehen?“, entgegne ich.

Mein Freund atmet tief durch, gefolgt von einem Schluchzer. In mir herrscht ebenfalls Aufruhr. Mir ist nach Heulen zumute, allerdings vor Glück. Na ja, ich gehe davon aus, dass Johannes auch in diese Richtung tendiert, so fest, wie er mich umarmt.

Eine Weile vergeht, in der ich mich mehr und mehr entspanne. Dazu tragen Johannes‘ Finger, die beständig meinen Nacken und oberen Rücken streicheln, bei.

„Wir sollten duschen“, meint er schließlich.

„Gute Idee“, antworte ich, bewege mich aber nicht, denn es ist zu schön in seinem Arm.

„Dafür müsstest du von mir runter“, merkt er an.

„Mhm.“

„Nach dem Frühstück würde ich gern mit dir Spazierengehen. Einverstanden?“

„Klingt gut.“

„Händchenhaltend“, fügt er hinzu.

„Das wird immer besser.“

„Danach kochen wir zusammen und dann …“ Johannes bricht ab.

Als mir die Pause zu lang wird, hebe ich den Kopf und gucke Johannes an. „Und dann?“

„Dann werden wir wohl mit dem hier weitermachen müssen“, flüstert er mit einem dreckigen Grinsen, wobei er seine Hand an meiner Vorderseite runterwandern lässt, bis sie bei meinem weichen Schwanz angekommen ist.

„Ach du Schreck!“, stoße ich gespielt entsetzt hervor.

Johannes gibt mir einen Kuss, schiebt mich ächzend ein Stück zur Seite und schwingt seine Beine von der Couch. Als er steht hält er mir eine Hand hin, die ich liebend gern ergreife, um mir in die Senkrechte helfen zu lassen.

Plötzlich spüre ich Verlegenheit. Am helllichten Tag nackt vor Johannes zu stehen ist ein anderes Kaliber, als sich erregt mit ihm auf der Couch zu wälzen. Sein bewundernder Blick hält mich jedoch davon ab, meine Hände als Feigenblatt zu benutzen.

„Duschen wir zusammen?“, erkundigt er sich.

„Dann kommen wir niemals dazu, unser Frühstück fortzusetzen“, warne ich ihn und es fühlt sich verdammt gut an, ihn in dieser Weise zu necken.

„Da hast du wohl recht“, erwidert er mit deutlichem Bedauern.

Ich benutze die Dusche im Gäste-WC, Johannes die im Bad im Obergeschoss. Einige Minuten später treffen wir uns in der Küche. Der Kaffee ist inzwischen kalt, unser Kuss hingegen superheiß. Wir trennen uns nur widerstreben, um neuen Kaffee aufzusetzen und die Brötchen aufzuwärmen.

Während ich mit Appetit ein Marmeladenbrötchen verschlinge, betrachte ich Johannes und entdecke immer mehr Neues an ihm. Die silbernen Haare an seinen Schläfen schauen irre attraktiv aus. Seine Mundwinkel weisen leicht nach unten, so, als hätte er in den ganzen Jahren zu wenig gelacht. Ich wünsche mir, diesen Umstand zu ändern und ihm Anlass zum glücklich sein zu geben – oder zum Stöhnen. Das ist genauso gut.

„Du siehst toll aus“, findet Johannes, der mich einer ähnlich intensiven Musterung unterzieht.

„Ich bin alt geworden“, widerspreche ich, greife nach einem weiteren Brötchen und schneide es in der Mitte durch.

„Quatsch! Für mich bist du immer noch der gleiche Karsten wie vor zwanzig Jahren.“

Er lächelt mich an, so, als würde er an meiner Stelle einen Engel sehen. Mein Herz schlägt einen Purzelbaum und in meinem Bauch kribbelt es wie verrückt. Ich erwidere sein Lächeln und nur schwer glauben, dass dies hier wirklich passiert.

„Kaffee?“, fragt Johannes in einer verruchten Tonlage, als handele es um ein unsittliches Angebot.

Nach unserem späten Frühstück unternehmen wir einen Spaziergang. Johannes hält meine Hand, während wir am Strand entlang wandern. Eiskalter Wind zerzaust mein Haar, Möwen kreischen. Das Wasser sieht grau aus, genau wie der Himmel, aber in mir herrschen bunte Farben vor; die ganze Palette, von rot, gelb und grün in allen Nuancen und wenn ich Johannes angucke, wird alles von einem rosigen Schleier überlagert.

Immer wieder blieben wir stehen, um uns zu küssen und tief in die Augen zu sehen. Frisch verliebt? Wohl eher altverliebt. Jedenfalls weiß ich von mir, dass dieses Gefühl schon immer in mir gesteckt hat. Für Johannes kann ich ja nicht sprechen.

Auf dem Rückweg legen wir einen Zwischenstopp bei einem Supermarkt ein, der an diesem Feiertag zwei Stunden geöffnet hat. Johannes erklärt mir, dass es viele Touristen gibt, die sich von Weihnachten bis Neujahr in Husum aufhalten. Darauf hat sich der Einzelhandel mit Sonderöffnungszeiten eingestellt.

Beladen mit vier Flaschen Wein - Johannes‘ Vorräte haben wir am vergangenen Abend vernichtet - und ein paar Lebensmitteln, setzen wir unseren Heimweg fort.

Zurück in Johannes‘ Haus machen wir es uns auf der Couch bequem. Wir gucken alte Fotos an, schwelgen in Erinnerungen, tauschen Küsse und reden über dies und das. Darüber vergeht die Zeit im Nu. Schon knurrt mein Magen, woraufhin mir Johannes‘ mit einem Grummeln antwortet.

Gemeinsam verarbeiten wir die Reste des Vortages zu einem Abendessen. Was darauf folgt klar, wir streifen einander mit lüsternen Blicken, die keinen Zweifel an unserem Vorhaben lassen.

Nachdem wir gegessen und die Küche aufgeräumt haben, können wir gar nicht schnell genug die Treppe hinauf kommen. In Johannes‘ Schlafzimmer erwartet uns ein breites Doppelbett, dass mit roten Satinlaken bezogen ist.

Ich werfe ihm einen Blick unter hochgezogenen Augenbrauen zu. „Ganz schön schwul, deine Bettwäsche“, lästere ich.

„Ich mag sie“, verteidigt sich Johannes, gedämpft durch den Pulli, den er gerade über den Kopf zieht.

„Sie ist schön, aber für einen alten Mann …“ Ich lass den Rest offen und beginne, mich aus meinen Klamotten zu schälen.

„Ich brauchte etwas anderes in meinem Leben als Mariannes Blümchenbettwäsche“, erklärt Johannes und streift seine Hosen mitsamt Socken ab.

Während ich meine restlichen Sachen abstreife, glotze ich Johannes an. Er ist größer und breiter als ich, und hat sogar ein Sixpack. Die dunklen Haare stehen wild von seinem Kopf ab und seine Lippen sind zu einem breiten Lächeln verzogen. Nackt steht er da und lässt sich von mir bewundern.

„Weißt du, wie oft ich mir vorgestellt habe, wie du ohne Klamotten ausschaust?“, fragt er und schleicht auf mich zu.

„Keine Ahnung. Einmal?“, rate ich.

„Wohl eher tausendmal und noch öfter.“ Johannes reißt mich in seine Arme und küsst mich stürmisch. „Lass es uns diesmal langsam angehen“, fügt er hinzu, küsst mich wieder und zieht mich zum Bett.

Es dauert nur wenige Momente, bis er auf mir liegt und bis zum Anschlag in mir steckt. Unsere Münder sind weiterhin verbunden. Zusammen mit Johannes‘ Erektion in meinem Arsch fühlt es sich an, als würden wir eins sein. Die Fersen in sein Hinterteil gehakt, treibe ich ihn an.

Johannes hat enorme Kondition. Seine Haut beginnt feucht zu schimmern, während er mich durchbumst und dabei erstaunliche Geschicklichkeit beweist. Sein harter Schwanz stimuliert genau den Punkt, den es braucht, damit mein Ständer weiter anschwillt und um Erlösung bettelnd vor meinem Bauch herumwippt.

Um mich noch härter nehmen zu können, richtet sich Johannes auf, packt meine Beine und drückt sie hoch. Den Blick fest auf mein Gesicht gerichtet vögelt er mich konzentriert, dabei huschen seine Augen ab und zu runter, um meine Latte zu beobachten. Er lächelt verzerrt, legt noch mal an Tempo zu und – schwuppdiwupp – hat er mich über die Klippe geschubst.

Die Hände ins Laken gekrallt bebe ich, dabei spritzt mein Saft hoch bis aufs Brustbein und erwischt sogar mein Kinn. Johannes lacht triumphierend, verpasst mir noch ein paar abgehackte Stöße, dann kommt er und wimmert meinen Namen. Seine Härte verströmt heiße Nässe in meinem Darm. Er fällt nach vorn und keucht mir ins Ohr.

Ein Weilchen erfüllt nur unser angestrengter Atem das Zimmer.

„Von wegen langsamer angehen“, murmele ich gespielt beleidigt und kuschle mich dabei näher an Johannes.

„Nächstes Mal. Oder übernächstes“, antwortet er mit einem Kichern.

„Wie oft werden wir es nach deiner Einschätzung tun?“, frage ich nüchtern.

„Wenn es nach mir ginge, tausendmal plus weitere tausend. Ich hab aber keine Ahnung, was das hier für dich ist. Für mich ist es die Erfüllung meiner Träume“, erwidert Johannes, zieht seinen erschlafften Schwanz ganz aus mir raus und rollt sich neben mich. „Ich kann verstehen, wenn du es nicht willst. Ich hab dich viel zu lange hängenlassen. Falls du dich rächen willst: Es wird mit das Herz brechen, wenn du gehst.“ Er schnieft und umarmt mich ganz fest.

„Das hier ist schöner, als ich es mir je erträumt habe. Ich liebe dich.“ Johannes zwingt, mit festem Griff um mein Kinn, meinen Blick in seine Richtung. „Du bist alles, was ich mir je gewünscht habe. Was bin ich für dich?“

Ich schmelze vor Glück. „Du bist die Liebe meines Lebens“, entgegne ich heiser und spüre, wie eine Träne aus meinem Augenwinkel kullert.


Seit zwei Jahren sind Johannes und ich ein Paar. Wir pendeln zwischen Hamburg und Husum, doch damit ist bald Schluss. Ich habe einen Job in Nordfriesland gefunden und werde in die graue Stadt am Meer ziehen. Für immer mit Johannes vereint. Das Glück, das wir teilen, haben wir uns redlich verdient. Mein Herz gehört Johannes, seines gehört mir. Ein guter Tausch. Weihnachten 2013 werde ich nie vergessen, denn das Geschenk, das es mitgebracht hat, ist jede Sekunde des Wartens wert gewesen.

Seine Kinder haben es übrigens einigermaßen gefasst aufgenommen, dass ihr Vater mit einem Mann liiert ist. Die Zeit wird vielleicht helfen, unser Verhältnis auf eine herzlichere Ebene zu heben. Bekanntermaßen arbeitet sie für einen, wie man an Johannes und mir sieht.


ENDE


2. Advent mit Straßenmusik - aus Sissi goes Advent

Ronald hat seinen Eltern endlich einen Lebensgefährten angekündigt. Leider macht sich sein Lover kurz vor dem Termin aus dem Staub, doch Ronald will das unbedingt durchziehen. Er sammelt Daniel auf, einen Straßenmusiker, der seinem Ex ähnelt.

~ * ~



Ich habe gerade die Coverversion eines Songs der Revolverhelden beendet, als mir ein Mann auffällt, der mich aus ein paar Metern Entfernung beobachtet. Der Typ ist groß, hat dunkle Haare und ebenso dunkle Augen. Sein Trenchcoat wirkt teuer, die Schuhe auch.

Es nieselt und meine dünne Jacke ist schon fast durchnässt. Für heute werde ich Feierabend machen und zu meiner Mutter fahren, bei der ich meinen Sohn eigentlich bis morgen geparkt habe, aber plötzlich habe ich Sehnsucht nach meinem kleinen Liebling.

Ich sammle die kläglichen Einnahmen aus dem Gitarrenkasten, als sich der Mann nähert und direkt vor mir stehenbleibt.

„Entschuldigen Sie. Es mag Ihnen vielleicht komisch vorkommen, aber … Würden Sie für einen Abend meine Begleitung sein?“, fragt der Typ. „Ich würde Sie auch bezahlen.“

„Ich bin kein Escort“, erwidere ich, stopfe die Münzen in meine Jackentasche, lege meine Gitarre in den Kasten und klappe ihn zu.

„Es geht nur um Begleitung, nichts anderes.“

„Aha.“ Ich richte mich auf und mustere den Kerl. Ein glattrasiertes attraktives Gesicht. Er ist größer und breiter als ich.

„Was verdienen Sie an einem Tag auf der Straße?“

Ich nenne ihm eine ungefähre Summe und seine Augenbrauen zucken hoch, als ob er überrascht über die Höhe ist. „Ich zahle das Doppelte, wenn Sie heute Abend mit mir Essen gehen.“

„Muss ja dringend sein“, murmele ich, bücke mich nach dem Koffer, hebe ihn hoch und will den Kerl umrunden, da packt er mich am Arm.

„Bitte! Sie sind meine letzte Hoffnung.“



„Deine Sachen sind ganz nass. Ich gucke mal, ob ich was Passendes für dich finde“, meint Ronald, als wir seine Wohnung betreten.

Wir sind uns handelseinig geworden und auf dem Weg hierher zum du übergegangen.

„Wenn du magst, kannst du duschen. Das Bad ist da vorn.“ Er weist auf eine Tür rechts. „Stell den Gitarrenkoffer hier ab. Wir müssen in einer Stunde los.“

Ich gehorche, gehe ins Badezimmer, schließe ab und lehne mich von innen gegen die Tür. Auf was habe ich mich hier bloß eingelassen? Nach ein paar Atemzügen beginne ich, meine klammen Kleider abzustreifen und steige nackt in die Duschkabine.

Wieso Ronald mich als Begleitung braucht? Nachdem seine Eltern lange gezögert haben, seine Neigung und einen Lebensgefährten zu akzeptieren, sind sie nun endlich bereit, ihn mit Partner willkommen zu heißen. Er hat den beiden von Boris vorgeschwärmt, seine äußerlichen Vorzüge beschrieben und in den höchsten Tönen gelobt, doch leider hat sich selbiger vor einer Woche kurzerhand entschlossen, die Beziehung zu beenden.

Ronald wirkt deswegen nicht betrübt, macht auf mich eher den Eindruck, als wäre die Sache ohnehin gelaufen, aber er will dieses Treffen unbedingt durchziehen. In den vergangenen sechs Tagen war er ständig auf der Suche nach einem Ersatz, hat sogar Escort-Agenturen abtelefoniert, bevor er mich in der Fußgängerzone entdeckte. Nach seiner Meinung ähnele ich Boris fast aufs Haar; mit dem Unterschied, dass ich mit Männern keine Erfahrung habe. Bislang war ich fest überzeugt, auf Frauen zu stehen und auch in diesem Moment, als mir heißes Wasser über den Körper läuft, bin ich mir dessen sicher.

Ich stelle die Brause ab, steige aus der Duschkabine und greife nach einem Handtuch, dabei wandert mein Blick über die Gegenstände auf dem Regal unterm Spiegel. Ein Rasierer, eine Bürste, Zahnpasta, eine Flasche Rasierwasser. Typisch männlich eben, fast wie bei mir, wo sich inzwischen Schnuller und andere Babyutensilien zwischen die Sachen gemogelt haben.

Bei dem Gedanken an Justin, meinen kleinen Schatz, muss ich lächeln und mein Herz wird ganz weit. Er ist das Licht in meinem Leben, mein Augenstern und obwohl es manchmal schwer ist, alleinerziehend zu sein, ich würde mit niemandem tauschen.

Es klopft leise an der Tür. „Daniel? Ich hab hier ein paar Sachen für dich“, tönt Ronalds Stimme gedämpft durchs Holz.

Ich schließe auf, wobei ich mir die Haare mit der anderen Hand frottiere. Ronald reicht einen Stapel Kleidung durch den Türspalt, dabei werde ich von oben bis unten taxiert. Mir wird bewusst, unbekleidet zu sein. Schnell schnappe ich mir die Sachen und klappe die Tür wieder zu. Mein Herz klopft aufgeregt. Für einen Augenblick stehe ich da, presse die Klamotten an meine Brust und versuche, meinen inneren Aufruhr zu verstehen. Er ist doch nur ein Mann, wenn auch ein schwuler. Warum reagiere ich plötzlich so extrem auf ihn? Nur, weil er attraktiv ist?

Nachdem ich mich angezogen und frecherweise Ronalds Rasierer benutzt habe, verlasse ich das Bad und suche mit dem Bündel nasser Kleidung im Arm nach meinem Gastgeber. Er steht in der Küche und hält einen Becher in den Händen.

„Hast du vielleicht eine Plastiktüte für mich?“, erkundige ich mich.

„Klar.“ Ronald zieht eine Schublade auf, fischt eine Tüte heraus und reicht sie mir.

Ich stopfe die Sachen hinein, bringe sie zum Gitarrenkoffer und kehre zurück zu Ronald, der stumm einen Kaffee für mich einschenkt und auf die Arbeitsfläche stellt.

„Wieso ist dir das so wichtig mit deinen Eltern?“, erkundige ich mich neugierig, da mir seine Erklärung einfach nicht einleuchten will.

Ronald seufzt. „Es ist das erste Mal, dass sie mich ausdrücklich mit Freund eingeladen haben. Meine bisherigen Beziehungen waren stets kurz, was ihnen sehr missfallen hat. Mit Boris war ich immerhin fast ein Jahr zusammen, eine lange Zeit für mich und meine Eltern haben anscheinend die Hoffnung, dass ich endlich sesshaft werde. Ich will sie einfach nicht enttäuschen, verstehst du?“

Ich nicke, aber da ist noch etwas, was mich stutzig macht. „Wieso habe ich den Eindruck, dass dich Boris‘ Weggang nicht sonderlich kratzt?“

Ronald zuckte die Achseln, guckt zum Fenster und überlegt einen Moment, bevor er mich wieder ansieht. „Wir hatten ein paar Differenzen, die über kurz oder lang ohnehin zum Aus geführt hätten. Willst du Genaueres wissen?“

Erneut nicke ich.

„Also gut: Es war im Bett nicht das Wahre mit ihm und mir. Boris ist der Typ für schnellen Sex, ich mag es gern ausgedehnt und mit vielen Küssen. Zufrieden?“

Das Kopfkino, das mich bei diesen Worten heimsucht, verursacht ein

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Sissi Kaiserlos
Bildmaterialien: shutterstock
Tag der Veröffentlichung: 17.09.2019
ISBN: 978-3-7487-1569-6

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