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Gutenachtgeschichten 4: Sternzeichen-Shopping Runde 2

 

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. E-Books sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autorin und erwerben eine legale Kopie. Danke!

Text: Sissi Kaiserlos

Foto von shutterstock – Design Lars Rogmann

Korrektur: Aschure. Danke!

Kontakt: http://www.bookrix.de/-sissisuchtkaiser/


Neu ab April: Fisch sucht Fahrrad bei RÜWE

Jeden Samstag findet ab 21.00 Uhr Sternzeichen-Shopping im RÜWE-Markt in St. Georg statt. Einfach einen roten Anhänger mit Ihrem Tierkreiszeichen am Einkaufswagen oder -korb befestigen und schon geht’s los. Ob er sie oder ihn sucht, sie ihn oder sie, jeder findet hier den passenden Deckel, genau wie in der Vielfalt unseres Sortiments. Alle, die mitmachen, erwartet ein Glas Sekt gratis an der Käsetheke.

Die Marktleitung wünscht viel Spaß und Erfolg.


Sternzeichen-Shopping 3 - Widder vs. Steinbock

Kai will auch einen festen Partner. Er versucht es erneut beim Sternzeichen-Shopping, anfangs ohne Erfolg, weil ein Markt-Angestellter dazwischenfunkt. Beim nächsten Mal hat er mehr Glück und angelt sich eine Sahneschnitte. Oder ist er hinter dem Falschen her?

~ * ~


1. Kai

Eigentlich war Kai zufrieden mit seinem Leben. Er hatte seinen Ex-Mann Abel erfolgreich verbandelt, ab und zu einen One-Night-Stand und auf der Arbeit lief es ziemlich gut für ihn. Seine Wohnung lag zentral, in der Nähe der Alster, war groß genug, um seine Klamottensammlung zu beherbergen und die Miete moderat. Einziges Manko: Es könnte gern öfter Sex geben und vor allem befriedigenderen, als den mit unbekannten Typen. So richtig überzeugt davon, monogam zu werden, war er trotzdem nicht. Entweder weil er dafür noch zu jung oder der Richtige bisher nicht aufgekreuzt war.

Als Abel den Vorschlag machte, beim Sternzeichen-Shopping im RÜWE-Markt auch für ihn einen Mann zu suchen, stimmte er sofort zu. Wenn man bedachte, dass schon zwei Paare dadurch ihr Glück gefunden hatten, dürften für ihn die Chancen doch ebenfalls gut stehen. Oder war es andersherum? War das vorhandene Glückspotential damit ausgeschöpft?

Jedenfalls verabredete er sich mit Abel, dessen Partner Alex sowie Eric und Silas, einem weiteren Pärchen, im RÜWE-Markt, um die Lage zu checken. Hinterher wollten sie zusammen auf die Piste gehen.

Abel und Alex holten ihn ab. Gemeinsam gingen sie zum Supermarkt, wo sie sich im Eingangsbereich an einem der Bistrotische postierten. Wenig später stießen Eric und Silas zu ihnen. Während die anderen einander beschnupperten, beobachtete Kai den Eingang. Als eine südländische Sahneschnitte hereinkam, rieb er sich innerlich die Hände. Ein hübsches Zielobjekt. Er überließ es seinen Mitkaffeetrinkern, die leeren Becher zur Geschirrrückgabe zu bringen, lief zu den Einkaufskörben, nahm einen und hängte wahllos das Sternzeichen Waage daran. Sein eigenes, Widder, war ihm zu langweilig.

In der Hoffnung, dort auf den Südländer zu treffen, steuerte er direkt die Käsetheke an. Tatsächlich befand sich der Typ in der Nähe, nämlich am Fleischtresen. Er schnappte sich zwei Gläser von dem bereitstehenden Tablett, Feuer und Flamme, die Jagd zu eröffnen, da sprach ihn der Käseverkäufer an: „Hi. Du bist Waage?“

Was für eine blöde Anmache! Kai schnaubte verächtlich und antwortete, ohne die Sahneschnitte aus den Augen zu lassen: „Nein. Ich bin in Wirklichkeit Jungfrau, aber sag’s nicht weiter.“

„Meine Lippen sind versiegelt“, erwiderte der Käseheini. „Darf ich dich auf einen Kaffee einladen? In einer Stunde hab ich Feierabend."

Kai wandte seine Aufmerksamkeit dem Mann zu. Braune Haare, blaue Augen und ein recht sympathisches Gesicht. Unter anderen Umständen, also, wenn der Typ nicht Käseverkäufer wäre, würde er sich durchaus interessieren, aber so … never ever.

„Sorry, aber ich bin schon verabredet“, gab er, für seine Verhältnisse erstaunlich diplomatisch, zurück. „Ich muss leider weiter.“

„Vielleicht ein anderes Mal?“, hielt ihn der Typ auf.

„Weiß nicht. Nein, ich glaube nicht.“

Der Käseverkäufer, mit enttäuschter Miene, ließ ihn endlich in Ruhe. Leider zu spät. Mittlerweile hatte sich sein Zielobjekt vom Acker gemacht. Nacheinander kippte Kai den Inhalt beider Gläser in sich rein, knallte sie aufs Tablett und marschierte davon.

Nach einigen Metern traf er auf Abel und Alex. Missmutig schimpfte er: „Ist das zu fassen? Da macht mich doch dieser Käsefuzzi an, als ich mir gerade ein Glas Sekt nehmen und einen schnuckligen Italo anbaggern will.“

„Wie anmachen?“, erkundigte sich Abel. „Durftest du dir keines nehmen?“

„Doch, aber der hat mich angeflirtet.“ Entrüstet stieß Kai Luft aus. „Ich will doch keinen Typen, der nach Käse stinkt.“

„Und was ist mit dem Italo?“, fragte Alex, zugleich spottete Abel: „Ist da jemand ein klitzekleines bisschen oberflächlich?“

„Der Schnuckel hat sich unterdessen aus dem Staub gemacht“, erwiderte Kai, ohne auf die Stichelei zu reagieren. Abel hatte ja Recht, aber das würde er niemals zugeben.

Den ganzen Abend ärgerte sich Kai darüber, vom Käsefuzzi davon abgehalten worden zu sein, den sexy Südländer flachzulegen. Gegenüber den anderen mimte er gute Laune, da er kein Spielverderber sein wollte. Er beschloss, am nächsten Samstag erneut sein Glück zu versuchen. Vielleicht war der geile Typ dann auch wieder da oder zumindest ein vergleichbares Exemplar.

Am folgenden Morgen wachte er mit einem Kater auf. Den Tag verbrachte er überwiegend auf der Couch und schwor dem Alkohol ab. Das tat er nicht das erste Mal, meinte es aber diesmal wirklich ernst. Es war doch Scheiße, nur wegen ein paar Gläsern zu viel, derart schlimm zu leiden.

In den Tagen darauf geriet der Südländer fast in Vergessenheit, da auf seiner Arbeitsstelle, einem großen Laden für Herrenkleidung, die Hölle los war. Zwei Kollegen krank, einer in Urlaub, womit alles an ihm hängenblieb. Außerdem durfte er auch noch samstags antanzen, obwohl er eigentlich freigehabt hätte. Kai liebte seinen Job inmitten all der schönen Klamotten, aber ständig wollte er trotzdem nicht im Geschäft stehen. Wenigstens stopfte der Bonus, den der Chef ihm als Ausgleich versprach, ein wenig das chronische Loch in seiner Kasse.

Normalerweise wäre er mit seinem Verdienst gut ausgekommen, zumal er seinen Wagen abgeschafft hatte. Leider-leider besaß er einen kostspieligen Fetisch: Designerkleidung. Obwohl er zum Vorzugspreis einkaufte, überstieg dieses Hobby regelmäßig sein Budget. Immer wieder versuchte er sich zu mäßigen, doch spätestens bei einer neuen Kollektion vergaß er seine guten Vorsätze.

Obwohl er gar nicht in Stimmung war, nach dem langen Samstag im Laden, machte er sich gegen zehn auf den Weg zu RÜWE. Ein bisschen auf Krawall gebürstet, als Kompensation für den Stress, enttäuschte es ihn, dass hinter der Käsetheke ein anderer Mann als beim letzten Mal stand. Ein weiterer Schlagabtausch mit seinem unerwünschten Verehrer wäre genau richtig gewesen, um Dampf abzulassen. Hinzukam, dass er weit und breit keinen interessanten Typen erspähte.

Ziellos wanderte er durch den Laden und wurde von Minute zu Minute aggressiver. Als er den Käseheini, der Konservendosen zu einer Pyramide stapelte, in einer der Regalreihen entdeckte, frohlockte er. Gemächlich schlenderte er näher und tat, als ob er etwas Bestimmtes suchte.

Bei dem Typen angekommen, mimte er Überraschung. „Oh! Heute mal nicht in der Käseabteilung? Sind Sie befördert worden?“

Der Mann zuckte lediglich die Achseln und fuhr mit der Arbeit fort.

Kai lag eine bissige Bemerkung auf der Zunge, ob dem Typen denn der Käsegestank nicht fehlen würde, da sah er den Südländer am Ende der Reihe vorbeigehen. Sofort nahm er die Verfolgung auf, wobei er sein Körbchen mit dem Schütze-Sternzeichenanhänger schwang. Das Zielobjekt bewegte sich in Richtung Obst- und Gemüseabteilung, stellte er fest und verlangsamte seine Schritte. Halb hinter einem Aufsteller mit Nussnougatcreme verborgen, beobachtete er den Mann. Der Typ nahm mehrere Melonen in die Hände, bis er eine davon in den Einkaufswagen legte. Als nächstes steuerte er die Weinabteilung an, was Kai veranlasste, seine Deckung aufzugeben und neue zu suchen.

Auf diese Weise folgte er dem Mann durch den halben Markt. Leider kamen sie dabei nie in die Nähe des Käsetresens, so dass die Sektgläser außer Reichweite blieben. Schließlich schob der Typ den Einkaufswagen auf die Kassen zu. Kai, dessen Körbchen weiterhin leer war, warf eilig eine Tüte Chips hinein und stellte sich hinter dem Mann in die Schlange.

An Sahneschnittchens Wagen hing kein Sternzeichen, was Kai jedoch nicht davon abhielt, den Typen anzugraben. „Hallöchen. Auch am Einkaufen?“

Der Mann drehte sich zu ihm um. Samtbraune Augen, hübsch geschwungene Lippen. „Sehr witzig.“

Kai setzte sein schönstes Lächeln auf. „Nicht wahr? Trinkst du einen Kaffee mit mir?“

Einen Moment musterte ihn der Mann, nickte dann und wandte sich wieder nach vorn. Also, gesprächig war anders. Hoffentlich wurde der gemeinsame Kaffee nicht zu einer Schweigestunde. Oder sollten sie lieber gleich zu geistigen Getränken übergehen, um Sahneschnittchens Zunge zu lösen? ‚Moment!‘, ermahnte sich Kai im Geiste. ‚Kein Alkohol in den nächsten Wochen. Ähm … jedenfalls nicht übermäßig.‘

Inzwischen war das Zielobjekt damit beschäftigt, die Waren aufs Band zu legen. Netter Arsch, stellte Kai zufrieden fest. Auch wenn der Mann die Zähne nicht auseinanderbekam: Ein Augenschmaus war er schon. Im Bett brauchte man sowieso nicht sabbeln. Das wirkte zumeist sogar störend, vor allem kurz vorm Orgasmus.

Kai hatte mal einen Typen abgeschleppt, der vorm Höhepunkt anfing, über Steuergesetze zu lamentieren. Vielleicht ein Mittel, um das Abspritzen hinauszuzögern. Bei ihm hatte es jedenfalls funktioniert. Der Typ war als einziger gekommen und gleich darauf von ihm gegangen worden.

Er bezahlte für die Chips und gesellte sich zum Zielobjekt, das die Waren in zwei Jutetaschen packte. „Wohnst du in der Nähe?“

„Mhm. Zehn Minuten zu Fuß.“

„Wo denn genau?“

„Am Steindamm.“ Sahneschnittchen seufzte. „Da passe ich zwar von der Nationalität her hin, aber mir ist es ein bisschen zu viel Multi. Schon krass, wie sehr sich die Szene innerhalb weniger Straßenzüge ändert.“

„Und deshalb kommst du hierher zum Einkaufen?“

„Ich mag das tolerante Ambiente, außerdem ist die Auswahl größer.“

„Soll ich schon mal Kaffee ordern?“, schlug Kai vor.

„Mach das. Ich bring nur kurz den Wagen weg. Ach ja: Ich bin Luca.“

„Angenehm. Kai.“

Luca zwinkerte ihm zu und schob mit dem Wagen von dannen. Vorfreudig leckte sich Kai, angesichts der appetitlichen Kehrseite, über die Lippen, bevor er an den Tresen des Bäckerstandes trat. „Zwei Kaffee, bitte.“

In der nächsten halben Stunde entpuppte sich Luca als regelrechte Plaudertasche. Wild gestikulierend berichtete er von der Heimat Sizilien, aus der die Familie vor zwanzig Jahren nach Deutschland gezogen war. Luca, damals zwölf, erzählte, anfangs arge Probleme mit der Sprache und Mentalität gehabt zu haben. Von ersterem merkte man allerdings nichts mehr. Lucas Deutsch war perfekt. Inzwischen lebten die Eltern, beide Rentner, wieder auf Sizilien.

„Da hat sich auch vieles verändert“, meinte Luca mit deutlichem Bedauern. „Alles ist touristisch ausgerichtet. Manches hab ich gar nicht wiedererkannt, als ich letztes Jahr unten war.“

„Wann warst du denn davor das letzte Mal da?“

Luca runzelte die Stirn. „Ungefähr vor fünfzehn Jahren.“

„Das ist aber auch ein langer Zeitraum.“

„Mich hat nichts hingezogen. Man würde mich dort lynchen, wenn rauskäme, wie ich ticke.“

Kai konnte sich gut vorstellen, dass in manchen Regionen Italiens noch Mittelalter herrschte. Das war ja selbst in Deutschland teilweise so. Um die etwas getrübte Stimmung wieder aufzuhellen, wechselte er das Thema: „Welches Sternzeichen bist du?“

„Stier. Und du bist Waage?“

„Das war nur Tarnung. In Wirklichkeit bin ich Widder.“

„Tarnung?“ Luca lachte. „Du bist echt ein Scherzkeks. Wen wolltest du denn mit dieser Täuschung anlocken?“

Kai zuckte die Achseln. „Ich bin nicht auf ein bestimmtes Tierkreiszeichen aus. Im Grunde glaube ich nicht an den Kram.“

„Also, ein bisschen glaube ich schon daran. Ich hab einige Eigenschaften, die genau passen.“

„Die findest du in jedem Sternzeichen. Alles Humbug“, widersprach Kai und leerte seinen Becher. „Wie ist es? Gehen wir zu dir?“

Luca gluckste. „Siehst du? Typisch Widder.“

„Wie meinst du das?“

„Zielstrebig und abenteuerlustig.“

Kai lächelte geschmeichelt. „Das sind doch gute Eigenschaften.“

„Als bedächtiger Stier muss ich erstmal darüber nachdenken.“ Luca zog die Stirn kraus, rieb sich die Nasenwurzel und meinte schließlich: „Okay. Ich glaube, das ist eine gute Idee. Meine Einkäufe müssen eh in den Kühlschrank.“

Pragmatisch war der Stier also auch. Amüsiert grinsend brachte Kai die Becher zur Geschirrrückgabe und schloss sich Luca an, der den Ausgang ansteuerte.

Er bewegte sich selten in die Richtung, die sie einschlugen. Sein bevorzugtes Revier lag auf der anderen Seite der Langen Reihe, wo man schnell zur Außenalster gelangte. Sie gingen durch einen schmalen Weg, der beidseitig von Neubauten gesäumt war, kamen an verschiedenen Gay-Clubs vorbei.

Hinter dem Hansaplatz änderte sich die Umgebung, als würde man einen ganz anderen Stadtteil betreten: Heruntergekommene Gebäude, Schnellimbisse und Läden aller möglichen Nationalitäten, wobei die türkischen klar überwogen. Als sie den Steindamm erreichten, war es ein regelrechter Kulturschock. Wohin man auch sah, Kopftücher, Turbane und Bärte und das in unmittelbarer Nähe der tolerantesten Meile der Stadt. Na ja, der eine oder andere Sex-Shop passte auch nicht zu dem Bild.

Luca stoppte vor einem Hauseingang, zog ein Schlüsselbund hervor und schloss auf. Im Treppenhaus roch es undefinierbar. Während er hinter Luca die Stufen hinaufstieg, versuchte er den Geruch zu identifizieren. Mottenkugeln fielen ihm dazu ein. Vielleicht Bohnerwachs? In jedem Fall Essensdüfte, vorwiegend mit Knoblauch.

Lucas Wohnung lag im dritten Stock. Angenehm sauberer Duft schlug Kai entgegen. Neugierig schaute er sich um, während Luca die Einkäufe in die Küche trug. Viel gab es nicht zu sehen. Eine Tür führte ins Bad, die zweite ins Wohnzimmer und die letzte in einen kleinen Schlafraum. Mal wieder war Kai froh über sein geräumiges Heim. In solchem Hamsterkäfig würde er auf Dauer die Wände hochgehen.

„Möchtest du was trinken?“, rief Luca.

„Was steht zur Auswahl?“, gab er zurück, schlüpfte aus Jacke und Schuhen und betrat die kleine Küche.

Der Raum war bis in den letzten Winkel vollgestopft. Überall standen, hingen oder lagen Dinge, die man zum Kochen benötigte. Auf der Fensterbank: Eine Galerie frischer Kräuter, die würzigen Geruch verströmten.

„Rotwein, Rotwein oder Rotwein“, zählte Luca auf. „Quatsch! Natürlich kannst du auch Bier, Wasser oder Cola haben.“

„Dann nehme ich Rotwein.“

Mit einem anerkennenden Nicken holte Luca eine Flasche sowie zwei Gläser aus den Schränken. „Ich schlage vor, den Aperitif im Bett zu trinken.“

Eine gute Idee. Er folgte Luca in die Schlafkammer, die neben dem breiten Bett kaum Platz bot. Es reichte nur für einen Nachtschrank, auf dem Luca den Wein und die Gläser abstellte. Ansonsten gab es noch einen Kleiderschrank, der eine ganze Wand einnahm.

Flink ließ Luca alle Hüllen, bis auf schwarze Pants, fallen und krabbelte aufs Bett. Kai zog sich ebenfalls bis auf seine Boxer aus und gesellte sich dazu. Ein Weilchen plauderten sie bei einem Glas Wein, bevor es zur Sache ging. Luca war zwar sehr sexy, aber irgendwie sprang der Funke nicht über. Es fühlte sich schon gut an, doch Kais Herz blieb unbeteiligt. Klar, schließlich war er nicht verliebt, hatte jedoch gehofft, dass es beim Bumsen passierte.

Hinterher blieb er aus Anstand noch ein bisschen. Sobald es die Etikette erlaubte brach er auf und versprach, sich in Kürze zu melden, obwohl er nicht vorhatte das zu tun. Luca tat ihm schon wegen der enttäuschten Miene so leid.



Am folgenden Tag rief Abel an und lud sich selbst auf eine Stippvisite zu ihm ein.

Sein Ex-Mann sah toll aus. Er hatte ein bisschen abgenommen und verstrahlte Glück aus allen Poren. Voll ätzend. Na gut, Kai gönnte es seinem Ex, aber ein wenig Neid war ja wohl verständlich.

Bei einer Tasse Kaffee erzählte er Abel von dem Reinfall mit Luca. „Ich dachte, bei so einem schnuckeligen Kerlchen muss es doch einfach zoom! machen“, klagte er. „Oder bin ich eventuell resistent gegen Amors Pfeile?“

„Ts!“ Mit nachsichtigem Blick schüttelte Abel den Kopf. „Du willst es mit der Brechstange erzwingen. Warte doch einfach ab. Vielleicht funkt’s beim nächsten Mal.“

„Das glaube ich nicht“, widersprach Kai. „Entweder es passiert gleich oder gar nicht mehr.“

„Dann guckst du dich eben nach einem anderen um. Vielleicht versuchst du es mal mit deinem Sternzeichen, anstatt ständig mit einer Tarnkappe loszurennen.“

„Daran liegt es nicht. Das ist doch sowieso totaler Schwachsinn. Wenn du mal die Horoskope vergleichst, steht bei jedem das Gleiche, bloß an verschiedenen Tagen.“

„Ach? Liest du die so häufig?“, frotzelte Abel.

„Na ja, ich hab mich schon umfangreich informiert.“

„So, so“, murmelte Abel, eine Augenbraue spöttisch gelüpft. „Ein heimlicher Sternzeichen-Junkie.“

Es gab Momente, in denen er sich fragte, wieso sie geschieden waren. Dieser gehörte nicht dazu.

Nachdem Abel gegangen war, überlegte Kai eine Weile hin und her. Sollte er Luca vielleicht doch eine weitere Chance einräumen? Es stimmte ja, dass man sich manchmal erst auf den zweiten Blick verliebte. Andererseits würde er damit Hoffnungen bei Luca wecken, was unfair wäre. Kai mochte einen oberflächlichen Eindruck machen, konnte aber auch durchaus anders.

Somit war das Thema für ihn erledigt. Er kramte eine seiner Lieblings-DVDs aus seinem versteckten Lager hervor. Wenn Abel wüsste, dass er auf romantische Komödien stand … nein, das würde sein Ex niemals erfahren. Wohlweislich hielt er das geheim, um sein Gesicht nicht zu verlieren. Während ihrer Ehe hatte er die Filme nur selten sehen können, wenn Abel mal solo unterwegs gewesen war. Umso mehr genoss er es, seit ihrer Scheidung seinem Laster ungehindert zu frönen.



2. Ferdinand

„Schönen Sonntag, Chef“, rief ihm Gerlind, eine Kassenmitarbeiterin, vom Hinterausgang zu.

„Gleichfalls.“ Ferdinand winkte ihr zu und begab sich auf eine letzte Runde durch den Markt. Wenn er so spät noch im Dienst war, übernahm er die Endkontrolle, sonst erledigte das einer seiner beiden Stellvertreter.

Da niemand daheim auf ihn wartete, wanderte er langsam durch die Abteilungen. Angesichts der Konservenpyramide in der Nähe der Kassen musste er an den Jungfrau-Waage-Typen denken. Ihn hatte es wie ein Blitz getroffen, als der Mann letzte Woche am Käsetresen auftauchte, doch offenbar nur ihn. Mit Unbehagen erinnerte er sich an die eiskalte Abfuhr. Es hatte sich angefühlt, wie ein Tritt in die Magengrube. Amor musste einen schlechten Tag gehabt haben, den Pfeil ausgerechnet bei solchem Kerl auf ihn abzufeuern. Der Typ sah zwar heiß aus, litt aber offenbar unter Standesdünkel. Oder hatte er die blöde Bemerkung über den Käsetresen bloß in den falschen Hals bekommen?

Ferdinand setzte seinen Rundgang fort. Was Männer betraf, war er vom Pech verfolgt. Zwei Partner hatten ihn betrogen, einer war nur auf sein Geld aus gewesen und einer wegen eines Jüngeren abgehauen. Dennoch hatte er die Hoffnung noch nicht begraben. Er näherte sich zwar der vierzig, aber damit ja erst der Mitte seines Lebens. Das Alter brachte den Vorteil, vieles weniger eng zu sehen. Mit Fremdgeherei käme er weiterhin nicht klar, doch ansonsten wäre er bereit, so manche Macke zu akzeptieren. Okay,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Sissi Kaiserlos
Bildmaterialien: depositphotos shutterstock
Cover: Lars Rogmann
Lektorat: Aschure - dankeschön!
Tag der Veröffentlichung: 16.06.2019
ISBN: 978-3-7487-0794-3

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