Cover

Prolog

 

Der Anruf kam morgens um sechs auf einem Sonntag. Seit Reuben in der Mordkommission arbeitete war er es gewohnt, zu den unmöglichsten Uhrzeiten geweckt zu werden. Manchmal war er versucht dem Anrufer zu sagen, dass ein Toter ja wohl warten könnte. Bekanntlich besaßen Leichen unendliche Geduld. Die Kollegen allerdings nicht, insofern verkniff er sich stets die flapsige Bemerkung.

Gähnend wälzte er sich aus dem Bett und schlurfte ins Bad. In der Wohnung über ihm rauschte die Klospülung. Werner, 67, ein liebenswerter Rentner, litt unter einer schwachen Blase. Die gab selbst am Wochenende keine Ruhe. Was für eine Sauerei. Da ging man in Rente und dann das. Er setzte sich aufs Klo und gähnte erneut, bis sein Kiefer knackte. Nachdem er sein Geschäft erledigt hatte, stieg er in die Duschkabine.

Exakt fünfzehn Minuten nach dem Weckalarm durch sein Smartphone, verließ er die Wohnung. Auf dem Weg hielt er bei einem Bäcker, um sich einen Kaffee Togo zu holen. So pries ein Schild im Schaufenster das Gebräu an. Ob in Togo der Kaffee auch derart schrecklich schmeckte? Das würde er wohl nie erfahren, da seine Reisepläne einen Besuch Afrikas nicht vorsahen. Wenn er mal Urlaub machte, dann dort, wo eitel Sonnenschein in jeglicher Beziehung herrschte, also in irgendeiner Einöde; bevorzugt auf den Nordseeinseln oder in einem skandinavischen Kaff, wo man Kriminalität und Armut nur aus dem Fernsehen kannte.

Im Alstertal, an einer Stelle, an der sich sonst Hase und Fuchs Gutenacht sagten, stand ein Auflauf aus Einsatzwagen. Irgendein Übereifriger hatte den Fundort der Leiche mit rot-weißem Plastikband abgesperrt, um die nicht vorhandenen Spanner vom Gaffen abzuhalten. Reuben duckte sich darunter hinweg, ließ sich von den Kollegen auf den neuesten Stand bringen und ging zu dem Opfer, über das sich Kurt, der Gerichtsmediziner beugte.

Ein morgendlicher Jogger hatte die Leiche gefunden. Der arme Tropf befand sich in Betreuung des Seelsorgers, der zu diesem Zweck ebenfalls aus dem Bett geklingelt worden war. Die zerknitterte Visage des Kollegen sprach Bände. Ein wettertechnisch angenehmer Morgen (es regnete ausnahmsweise nicht, nach der Sintflut der letzten vier Tage) hatte also für viele Menschen, inklusive des Opfers, an Schönheit eingebüßt.

Reubens leerer Magen, trotz all seiner Erfahrung, rebellierte ein wenig beim Anblick des Toten. Ermordete pflegten allgemein bei Schönheitswettbewerben schlecht abzuschneiden, doch dieser wäre garantiert nicht mal in die Vorauswahl gekommen. Das Gesicht war bläulich angelaufen, aufgedunsen und die Augen wirkten, als wollten sie aus den Höhlen springen. Etwas hing aus dem Mundwinkel, das aussah wie ein Wurm. Wahrscheinlich handelte es sich nur um … was auch immer. Der Hals wies eindeutige Strangulierungsmerkmale auf. Es konnte aber genauso gut sein, dass der Mann noch gelebt hatte, bevor man ihn den Fluten überließ und stattdessen ertrunken war.

Reuben sinnierte gerade, welches die barmherzigere Alternative darstellte, als ihn Kurt ansprach: „Wir sind hier soweit fertig. Können wir das Gammelfleisch abtransportieren lassen?“

Kurt arbeitete seit dreißig Jahren in dem Job und war entsprechend abgestumpft. Manchmal hoffte Reuben ebenso zu werden, manchmal schauderte ihm bei der Vorstellung. „Noch nicht. Ich möchte mir erst ein Bild machen.“

„Mach das, aber beeil dich. Mir frieren die Eier ab“, gab Kurt mürrisch zurück und verzog sich zu den Einsatzwagen.

Reuben zweifelte an, dass einem bei ungefähr zehn Grad die Genitalien abfroren, außerdem, dass Kurt sie noch benötigte. Beides behielt er für sich. Es hätte ihre Zusammenarbeit nur belastet.

Langsam umrundete er die Leiche. Wegen der starken Regenfälle war die normalerweise zahm dahinplätschernde Alster zu einem reißenden Fluss geworden. Die Leiche hatte sich in einer Art Staudamm verfangen: Einem ins Wasser hängenden Ast, verstärkt durch angetriebene Zweige. Der Jogger hatte gedacht, es würde sich um einen Ertrinkenden handeln und war ins Nass gewatet, um zu helfen. Statt einer Medaille für Lebensrettung, hatte der arme Kerl einen tüchtigen Schreck bekommen. Das Leben war manchmal ganz schön ungerecht.

Zurück zum Opfer: Gepflegte Kleidung, jedenfalls vor deren Kontakt mit dem Flusswasser; Markenware, soweit Reuben das einschätzen konnte. Der Tote dürfte zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig sein. Männlicher Weißer, circa eins achtzig, schlank. Im rechten Ohrläppchen befand sich ein glitzernder Ohrstecker. Ob es sich um echten Schmuck handelte, würde ein Sachverständiger feststellen. Die Leiche lag ungefähr zwei Meter vom Ufer entfernt, abgelegt von den Kollegen, die den leblosen Körper geborgen hatten.

„Ich wäre dann hier fertig“, rief er in Kurts Richtung und ging zu seinem Wagen.

Um seinen Bericht zu tippen, fuhr Reuben aufs Revier. Nachdem das erledigt war, begab er sich zum Frühstück ins Himmlisch, sein Lieblingslokal, nur wenige Straßen von seiner Wohnung entfernt. Es herrschte Hochbetrieb, wie meistens an Sonntagen. Die Geräuschkulisse und das Gewusel lenkten ihn davon ab, Gevatter Tod begegnet zu sein.

Anschließend versuchte er, das Beste aus dem angeknabberten Sonntag herauszuholen, indem er in die Gay-Sauna Mensheaven ging und sich gründlich die Seele aus dem Leib vögeln ließ.

1.

Seufzend beäugte Reuben sein Spiegelbild. Schön sah anders aus. Seit er die dreißig überschritten hatte, machte sich Schlafmangel bei ihm schnell mit dunklen Augenringen bemerkbar. Zusammen mit dem Bartschatten, ähnelte der Anblick einem Verbrecherfoto. Mittels seines Rasierers schmälerte er diesen Eindruck.

Der Tag auf dem Revier begann, wie viele andere miese Montage: Die Kaffeemaschine im fünften Stock, in dem sein Büro lag, hatte mal wieder den Geist aufgegeben. Er musste daher in die sechste oder vierte Etage rennen, um sich ungenießbare Plörre zu besorgen. In seinem Posteingangskorb stapelte sich Papierkram. Reuben nahm nur die obersten Schreiben heraus, weil der Rest aus Altpapier bestand, das er in der Hoffnung, dadurch abzuschrecken, in diesem Korb aufbewahrte. Leider ließ sich dadurch niemand davon abhalten, neues Zeug hineinzulegen.

Während er sich an seinem Schreibtisch niederließ und am Kaffee nippte, überflog er seine Post. Der Obduktionsbericht der alten Frau Käsebleich, die nun auch amtlich eines natürlichen Todes gestorben war. Die Erben – oder eher Nicht-Erben – hatten auf eine Untersuchung bestanden, da sie die letztendlichen Nachlassempfänger des Giftmordes verdächtigten. Tja … wenn Geld ins Spiel kam, kannte die Fantasie keine Grenzen. Dabei war Amalie-Huberta Käsebleich, im stolzen Alter von 99 Jahren, friedlich in ihrem Ohrensessel eingeschlafen, die Hände vor der Brust gefaltet und ein Lächeln auf den Lippen.

Bei dem nächsten Schriftstück handelte es sich um den Durchsuchungsbericht bezüglich der Alster-Leiche, wie Reuben den Toten nannte. Kollegen hatten sich den Sonntag in der Wohnung des Mannes versüßt. Na gut, wenn man sowieso im Dienst war … Der Chef, ein Verfechter des Eh-da-Prinzips, sagte gern: „Wenn Sie eh da sind, können Sie genauso gut etwas tun.“

Man hatte ein Notebook konfisziert, dessen Auswertung noch ausstand. Ansonsten war den Kollegen nichts Ungewöhnliches in die Finger gefallen, wenn man von dem Kleiderschrankinhalt und Sexspielzeugen absah. Angesichts der Auflistung musste Reuben schmunzeln. Der Typ hatte für jeden Geschmack etwas auf Lager, vom Dildo bis hin zur Reitgerte. Nach seiner Einschätzung war Dirk Berger, so der bürgerliche Name des Opfers, zumindest bisexuell. Vielleicht klischeehaftes Denken, aber welcher männliche Hetero vergnügte sich mit Kunstschwänzen? So etwas geschah doch höchstens verschämt mit Ersatzmitteln, wie man aus der Statistik der am häufigsten im Darm gefunden Gegenstände feststellen konnte. Von der Glühbirne bis zum Kugelschreiber war alles dabei.

Was den Kleiderschrank betraf: Der strotzte vor teuren Klamotten. Berger war Student. Woher hatte das Opfer also das ganze Zeug? Von reichen Eltern, einem Sugardaddy oder einer vermögenden Gönnerin? Auch das war, genau wie der Besitz von Gummidödeln, natürlich kein Verbrechen, lediglich ein Hinweis auf ein mögliches Motiv.

Martin, sein Kollege, schneite ins Büro, wie immer außer Atem. „Moin.“

„Mahlzeit. Kaffee gibt’s nur im vierten oder sechsten.“

Martin, passionierter Teetrinker, zeigte ihm einen Vogel. Reuben bezeichnete seinen häufig angewandten Spruch als Running Gag, sein Kollege als bescheuert. Ansonsten kamen sie aber prächtig miteinander aus. „Wie war dein Wochenende?“, fragte er, um etwas Land wiedergutzumachen.

„Megaanstrengend. Was - zur Hölle! - hat mich dazu getrieben, meiner Frau drei Kinder zu machen?“

„Du hast deine Frage gerade selbst beantwortet: Dein Trieb.“ Feixend lehnte sich Reuben zurück und nahm einen weiteren Schluck Kaffee.

„Ja, ja“, grummelte Martin, ließ sich an dem Schreibtisch gegenüber nieder und betrachtete missmutig die Papiere, die sich darauf stapelten. „Du hast bestimmt das ganze Wochenende gechillt.“

„Allerdings. Es gab nur ein kleines Intermezzo mit einer Wasserleiche.“

„Hab ich schon gehört.“ Martin blätterte durch die Post. „Andi hat’s mir im Fahrstuhl erzählt.“

Andi war einer der Kollegen, die am Sonntag die Wohnung des Toten auf den Kopf gestellt hatten. „Hat deine Frau dir wieder ein leckeres Käsesandwich eingepackt?“

„Mhm. Hattest du etwa noch kein Frühstück?“

„An meinen Gaumen kommt früh morgens nur Kaffee.“

Wortlos kramte Martin ein eingewickeltes Brot hervor, warf es ihm zu und fuhr fort, in den Papieren zu lesen. Während Reuben das Sandwich verspeiste, wanderte sein Blick zum Fenster. Der Tag versprach schön zu werden: Wolkenloser Himmel bei ungefähr zwanzig Grad. Perfekt, um den Fundort der Leiche erneut zu besichtigen, doch leider war das überflüssig. Apropos: Gab es schon einen Autopsiebericht?

Er öffnete sein E-Mail-Fach und klickte durch die unwichtigen Meldungen. Kollege Joseph war Vater geworden. In der Teeküche im achten Stock stand aus diesem Anlass Kuchen bereit. Vielleicht würde er sich zum Nachtisch ein Stück stibitzen. Anna aus der Telefonzentrale vermisste ihren Regenschirm. Tja, selbst bei den Bullen wurde geklaut. Das Sommerfestkomitee bat zum wiederholten Mal, sich in die im Empfang liegende Liste einzutragen.

Da: Kurts Bericht. Kauend studierte Reuben das Dokument. Der Tote war erdrosselt worden. Todeszeitpunkt: Geschätzt am vergangenen Mittwoch. Kurt hatte ihm mal erklärt, dass man nach drei Tagen noch den genauen Zeitpunkt festlegen konnte, dann erst wieder nach zehn. Das hatte was mit Körpertemperatur und Insektenbefall zu tun. Genauer wollte Reuben das aber nicht wissen. Seine Alpträume waren auch so schon zu detailliert. Das Opfer hatte, laut Befund der Lunge, ziemlich stark geraucht. Es waren keine Kampfspuren festgestellt worden. Anscheinend hatte der Täter Berger überrascht.

Frage war nun, wo die Tat stattgefunden hatte. Reuben zweifelte an, dass man anhand der Strömungsgeschwindigkeit der Alster so etwas berechnen konnte. Leider hatte der Tote kein Handy bei sich getragen. Entweder war selbiges vom Täter entwendet worden oder in die Alster gefallen. Vermutlich hätte es anschließend sowieso nur noch als Elektronikmüll getaugt.

„Wenn du mich fragst …“ Martin verschränkte die Unterarme auf dem Schreibtisch und beugte sich vor. „… handelt es sich um einen Suizid. Der Mann hat sich, aus Verzweiflung über das miese Wetter, in der Alster ertränkt.“

„Vorher hat er sich selbst erwürgt …“, spann Reuben den Faden weiter. „… weil der Fluss zu flach ist, um anständig darin zu ersaufen.“

„Sehr gewitzt“, fand Martin grinsend. „Gibt es schon neue Erkenntnisse?“

„Das Opfer hatte einen Klamotten- und Sexspielzeug-Fetisch.“

Sensationslüstern blitzten Martins Augen auf. „Echt? Dann handelt es sich vielleicht um einen Mord im Rotlichtmilieu.“

„Also bitte! Nur, weil man ein paar Plastikschwänze bevorratet, gehört man noch lange nicht zur Szene.“

„Ach? Lagerst du auch solche Dinger?“

Reuben besaß tatsächlich den einen oder anderen Kunstpenis, behielt das aber lieber für sich, genau wie seine sexuelle Neigung. „Ich hab nur eine lebensechte Gummipuppe zu Hause.“

„So, so.“ Schmunzelnd wandte sich Martin wieder den Papieren zu. „Oh Mann! Kann ich dir die Hälfte hiervon abgeben?“

„Nö. Ich mach mir draußen die Finger dreckig, du hier drinnen.“ Aus Rücksicht auf die Familie befand sich Martin in einer Art Schonprogramm. So lange die Kinder klein waren, tat sein Kollege überwiegend Innendienst. Eine inoffizielle Abmachung, weil Martin unbedingt in der Mordkommission bleiben wollte. „Ich schau mal in der EDV vorbei, ob die dem Notebook des Opfers schon etwas Brauchbares entlocken konnten.“

Auf dem Weg besorgte er sich frischen Kaffee. Seinen Becher in der Hand betrat er den Raum, liebevoll Rumpelkammer genannt, den sich drei Kollegen teilten. Auf sämtlichen Flächen und in den Regalen türmten sich Kabel und anderes Computerzubehör. Inmitten der Unordnung hockten Alf, Kamir und Sven, letzterer vor Bergers Notebook.

„Und?“ Reuben stellte sich hinter Sven und äugte neugierig auf den Monitor.

„Wann werden die Leute endlich aufhören, ihre Namen und Geburtsdaten als Passwörter zu benutzen?“ Sven schnaubte verächtlich. „Das ist absolut keine Herausforderung.“

Unangenehm berührt zog Reuben den Kopf ein. Er verwendete ebenfalls solche Konstellation für seine Konten im Internet.

„Also“, fuhr Sven fort. „Im Browserverlauf hab ich ein paar interessante Sachen gefunden. Setz dich doch.“

Reuben zog einen Stuhl, den Alf eilfertig von ein paar Akten befreite, heran und nahm neben Sven Platz. Was er erfuhr, untermauerte seine Theorie eines bisexuellen Bergers. Das Opfer hatte häufig Seiten mit schwulen Inhalten aufgerufen, außerdem nahezu täglich die Homepage einer Escort-Agentur. Leider war der Bereich Models lediglich für Leute zugänglich, die dort einen Account unterhielten. Eigentlich kein Problem, nur dass man dafür eine Kreditkarte benötigte und Reuben nicht bereit war, seine dafür herzugeben.

„Entweder hat der Typ dort ständig Escorts bestellt - was ich mir bei einem Studenten schwer vorstellen kann - oder selbst dort gearbeitet“, schlussfolgerte er.

„Sehe ich genauso. Soll ich mich mit einem Fake-Account dort einloggen?“

„Geht das denn?“

„Muss ich mal meinen Chef fragen. Der hat für solche Fälle Zugriff auf Kreditkarten mit falschen Daten.“

Wie praktisch. Ob er sich so eine Karte auch mal für seinen nächsten Online-Einkauf leihen konnte? „Mach das. Sonst noch was Außergewöhnliches?“

„Der Typ war eine Schwuchtel.“ Sven zuckte die Achseln. „Reicht das nicht als Tatmotiv?“

Würde ihn jemand verurteilen, wenn er Sven für den Kackspruch ein Veilchen verpasste? Vermutlich. „Reiß dich mal zusammen. Selbst Schwuchteln genießen Menschenrechte.“

„Hey, Mann. Reg dich wieder ab“, erwiderte Sven, beide Hände erhoben. „Du weißt, dass ich das nicht ernst meine.“

„Schick mir mal den Link dieser Escort-Agentur“, bat Reuben, stand auf und verließ den Raum.

Auf dem Flur lehnte er sich gegen die Wand und trank einige Schlucke Kaffee. In letzter Zeit reagierte er äußerst empfindlich auf solche dämlichen Sprüche. Eventuell lag es daran, dass er schon so lange im Schrank lebte oder er war einfach urlaubsreif.

Er begab sich zurück in sein Büro, wo sein Kollege wild auf die Tastatur des PCs einhackte. Bei seinem Eintreten hielt Martin inne und schaute hoch. „Und? Was Spannendes entdeckt?“

„Weiß ich noch nicht. Es kann sein, dass Berger für eine Escort-Agentur gearbeitet hat.“

„Also doch Rotlichtmilieu.“

„Du wirst es kaum glauben, aber es gibt tatsächlich seriöse Agenturen dieser Sorte. Die werden nicht alle von Luden betrieben.“

„So, so“, brummelte Martin und fuhr damit fort, die Tastatur zu malträtieren.

Ehrlich gesagt glaubte Reuben auch nicht so recht daran. Wer gab schon haufenweise Geld aus, nur damit ein schöner Mensch neben einem saß? Er würde es jedenfalls nicht tun. Andererseits gab es diesen steinalten Typen, der für den Wiener Opernball jedes Jahr irgendeine Prominente als Begleitung mietete. Vielleicht machte Reichtum irre.

Er ließ sich hinter seinem Schreibtisch nieder, stellte den Kaffeebecher beiseite und sah nach, ob Sven schon den Link geschickt hatte. Die E-Mail war bereits vor drei Minuten eingetroffen. Der Knabe war auf zack und eigentlich ganz okay, mal abgesehen von der beschissenen Einstellung gegenüber geschlechtlich Andersorientierten. Na ja. Oft besaßen diejenigen, die am lautesten wetterten, irgendein schmutziges Geheimnis. Vielleicht stand Sven auf Natursekt oder Sex mit Tieren.

Reuben schüttelte den Kopf, um die ekligen Gedanken zu vertreiben und klickte auf den Link. Die Homepage der Escort-Agentur Singer war aufgebaut, wie viele andere Firmenseiten: Historie, offene Stellen, Pressemeldungen, Fotos vom Team. Er sah sich die Bilder an. Backoffice: Zwei Frauen mittleren Alters. Außendienst: Ein jungdynamischer Typ. Geschäftsführung: Ein Mann mit grauen Schläfen und falschem Lächeln. Was war denn die Aufgabe des Außendienstlers? In Universitäten junge Studenten anwerben und bei reichen Pinkeln Klinken putzen?

Sein Telefon läutete. Sven. „Ja?“, bellte er in den Hörer.

„Ich hab die Genehmigung vom Chef und gerade ein Account eröffnet. Ich schick dir die Daten.“

„Danke.“ Er legte wieder auf und tippelte ungeduldig mit den Fingern auf die Schreibtischplatte.

 

2.

 

Reuben warf die Wohnungstür hinter sich zu, schlüpfte aus Schuhen und Jacke und ging in die Küche. Während er einen Schluck Wasser trank, beobachtete er einen Wagen, der langsam am Haus vorbeifuhr. Irgendwie schaltete er nie ab. Ständig achtete er auf verdächtige Aktivitäten in seiner Umgebung. Seufzend wandte er sich vom Fenster ab und checkte den Kühlschrankinhalt. Ein Rest des chinesischen Essens, das er am Vortag bestellt hatte, befand sich darin, neben den üblichen Frühstückssachen. Im Eisfach: Zwei Sorten Pizza. Er holte die mit Salami heraus, entfernte die Verpackung, legte sie in den Backofen und stellte das Gerät an.

Die Wartezeit verbrachte er auf der Couch, indem er ins Leere starrte und über die Ermittlungen nachdachte. Mithilfe von Svens Einlog-Daten hatte er sich auf der Homepage des Escort-Services umgeguckt. Anhand der Fotos, die sich auf Bergers Festplatte befanden, war es ihm möglich gewesen, eines der Models als den Toten zu identifizieren. Lebendig hatte Berger ziemlich gut ausgesehen. Außerdem war sein Verdacht bestätigt worden: Berger stand ausschließlich Männern zur Verfügung.

Somit war schon mal klar, womit sich der Tote über Wasser gehalten hatte. Blöder Vergleich, in Anbetracht des Fundortes. Leider erschwerte diese Berufswahl die Suche nach dem Täter. Praktisch jeder Kunde, der etwas zu verbergen hatte, kam infrage. Blieb nur zu hoffen, dass sich die Anzahl der Freier in Grenzen hielt. Genauso gut konnte natürlich jeder andere Berger ermordet haben. Manchen Leuten reichte ja schon Homosexualität, um das Recht auf Lebendigkeit zu verwirken. Normalerweise sollte das im europäischen Raum der Vergangenheit angehören, aber die ewig Gestrigen starben ja bedauerlicherweise nicht aus.

Trotz der anrüchigen Tätigkeit, stand auf Reubens Agenda vorerst die übliche Ermittlungsarbeit: Befragen der Eltern, Freunde und so weiter. Hilfreich wäre es zu wissen, wo sich der Tatort befand. Laut Obduktionsbericht wies Berger keinerlei Wunden auf, die auf einen Transport des Leichnams hindeuteten. Es war also anzunehmen, dass sich der Mord in der unmittelbaren Nähe des Alsterlaufes zugetragen hatte.

Eine Amsel, die über seine Terrasse hüpfte, erregte Reubens Aufmerksamkeit. Der Vogel äugte durchs Fenster, als wollte er sich über das fehlende Futter beschweren. Im Winter füllte Reuben das Vogelhaus, das an der Seitenwand hing, stets reichlich mit Sonnenblumenkernen. In den übrigen Jahreszeiten sah er gar nicht ein, die Viecher zu verwöhnen.

Die Amsel flog davon, woraufhin Reuben aufstand und in der Küche nach seinem Abendessen schaute. Der Käse, oder das, was einem die Industrie als solchen verkaufte, war geschmolzen. Er stellte den Backofen ab, holte die Pizza heraus und schnitt sie in Viertel.

Während er sein Essen vorm laufenden Fernseher verspeiste, wanderten seine Gedanken wieder zur Leiche. Echt kacke, so jung zu sterben. Andererseits war Berger eventuell ein schlimmeres Schicksal erspart geblieben, wie in die Drogenszene abzurutschen oder als alternder Stricher zu enden. Oder beides. Wenn man lange genug suchte, konnte man fast jedem Umstand einen positiven Aspekt abgewinnen.

Was für ein Motiv könnte den Mörder veranlasst haben, Berger um die Ecke zu bringen, außer Angst vor einem unfreiwilligen Outing? Eifersucht? Geld? Meist ging es ja um Kohle, wenn Menschen zu Monstern wurden. Berger dürfte, aufgrund des Broterwerbs, damit gut bestückt gewesen sein, aber derart reichlich, um solche Tat zu begründen? Wohl kaum.

Nachdenklich leckte sich Reuben die Finger ab und griff nach der Flasche Bier, die er sich ausnahmsweise gönnte. Für gewöhnlich trank er höchstens am Wochenende, sofern er dienstfrei hatte. Das Pils rann herrlich erfrischend durch seine Kehle. Ein Hoch auf das deutsche Reinheitsgebot. Wenigstens da wurde man nicht beschissen.

Reuben rülpste und lehnte sich zurück. Am nächsten Tag stand ein Besuch bei Bergers Eltern auf dem Plan. Zum Glück war es diesmal nicht seine Aufgabe gewesen, die beiden über das Ableben ihres Sohnes zu informieren. Das hatten die Kollegen von der Wochenendschicht übernehmen müssen. Vielleicht konnten die Eltern Anhaltspunkte für ein mögliches Motiv geben, was er allerdings anzweifelte. Vermutlich wussten sie nicht mal, dass ihr Sohn als Escort unterwegs gewesen war. Eventuell hatten sie sogar keine Ahnung von seiner sexuellen Ausrichtung. Glücklicherweise würde ihn Martin, der ein gutes Händchen für solche Dinge besaß, begleiten.

Um auf andere Gedanken zu kommen, legte Reuben seinen Lieblings-Splatter ein: From Dusk Till Down. Außer bei solchen Horrorfilmen, entspannte er sich beim Fahrradfahren und Kochen von Marmelade, die er regelmäßig der Kirchengemeinde für Basare spendete. Selber aß er die Ergebnisse selten, seiner Figur zuliebe. Eigentlich war auch eher das Sammeln der Früchte sein Hobby, doch zu irgendetwas musste er sie ja verwenden.

Nach einer Weile wechselte er zu einem Porno. Unweigerlich erreichte er beim Gucken Bettschwere, da er sich dazu einen runterholte. So erfüllte der Kram, trotz hanebüchener Handlung und grottiger Dialoge, zumindest einen Zweck.

Er kurbelte den Rollladen runter - elektronische lehnte er ab, aus Sorge, bei einem Stromausfall ein- beziehungsweise ausgeschlossen zu sein - und brachte den Teller sowie die leere Flasche in die Küche. Im Bad unterzog er sich seinem abendlichen Ritual. Während er sich beim Zähneputzen im Spiegel beobachtete, überlegte er, seinen aktuellen Beziehungsstatus - Single - mal wieder zu ändern.

Seine bisherigen Partner hatten ihn allesamt wegen seines Jobs verlassen. Einstimmig lautete ihr Abschiedsspruch: Du bist mit deiner Arbeit verheiratet. Zugegeben: Wenn sein Job rief rannte er los, egal, ob er gerade in einem Arsch steckte oder nicht. Der Vollständigkeit halber: Auch dann, wenn es umgekehrt war. Das hatte jedes Mal für Missstimmung gesorgt, wofür er sogar Verständnis aufbrachte. Wer wurde schon gern halbfertig liegengelassen?

Generell war Reuben bindungswillig. Es musste doch irgendwo einen Mann geben, der ihn mitsamt seinem Beruf akzeptierte. Schließlich waren viele Kollegen auch verheiratet. Oder tickten Frauen da anders? Schwer vorstellbar. Die dürften genauso wenig begeistert sein, wenn ihr Gatte mitten im Koitus ein Telefonat annahm und sie ohne Orgasmus zurückließ. Andererseits gab es diese Berichte, dass etliche Frauen ihren Höhepunkt ohnehin nur vorspielten.

Reuben spuckte die restliche Zahnpasta ins Waschbecken, spülte sich den Mund aus und ging ins Schlafzimmer, wo er ebenfalls die Rollläden runterkurbelte. In Shorts und T-Shirt kroch er unter die Bettdecke. Hatte ihm je einer seiner Sexpartner einen Orgasmus vorgespielt? Angestrengt dachte er nach und schlief darüber ein.

 

Die Kaffeemaschine im fünften Stock lief gottlob wieder. Mit einem Becher des öligen Gebräus ließ sich Reuben hinterm Schreibtisch nieder. Irgendein Spaßvogel hatte das Bild einer Plastik-Sexpuppe ausgedruckt, auf seinen Platz gelegt und mit Filzstift beschriftet: ‚Mord im Rotlichtmilieu: Mann erwürgt Liebespuppe, weil sie ihm Sex verweigerte.‘

Manche Kollegen litten definitiv unter Langeweile. Reuben warf das Blatt auf Martins Schreibtisch, hackte sein Passwort in die Tastatur und checkte seine E-Mails. Erneut bat das Sommerfest-Komitee darum, sich in die im Empfang liegende Liste einzutragen. Entweder hatten die Mitglieder Alzheimer oder es handelte sich um eine Verzweiflungstat. Winfried aus der Buchhaltung monierte (Reuben war dienstlich in Kiel gewesen) seine Reisekostenabrechnung. Auf der Tankrechnung befand sich ein Schokoriegel im Werte von 74 Cent. Solche Erbsenzählerei machte Reuben fuchsig.

„Lieber Winfried“, schrieb er. „Steck dir die 74 Cent dahin, wo nie Licht hinkommt.“ Anschließend löschte er die Nachricht und tippte stattdessen: „Lieber Winfried, bitte kürze die Abrechnung entsprechend. Dein ergebener Reuben.“

Martin kam herein, als er gerade die Antwort abschickte und nahm ihm gegenüber Platz. „Morgen.“

„Moin“, erwiderte Reuben. „Gute Nachrichten: Der Kaffeeautomat funktioniert wieder.“

Den Blick auf das Sexpuppenbild gerichtet, zeigte Martin ihm den Stinkefinger. „Soll ich das hier zur Schriftanalyse geben, um den Täter zu entlarven?“ Sein Kollege hielt das Blatt hoch.

„Ach, das lohnt nicht.“

Martin warf das Bild in den Papierkorb und ließ sich ächzend auf den Bürostuhl plumpsen. „Mann-o-Mann! War die Bahn wieder voll. Ich musste die ganze Zeit stehen.“

„Betrachte es als kostenloses Fitnessprogramm.“

„Sehr witzig! Hast du schon mal gehört, dass jemand vom Stehen Muckis bekommen hat?“

„Nö. Vom Sitzen allerdings auch nicht.“

Seufzend verdrehte Martin die Augen. „Womit hab ich dich bloß verdient?“

„Vielleicht warst du in deinem letzten Leben ein Serienmörder?“, schlug Reuben vor und konzentrierte sich wieder auf seinen Bildschirm. Im Empfang hatte heute ein Praktikant angefangen. Die Personalabteilung bat, in Gegenwart des jungen Mannes auf grobe Späße zu verzichten. Darüber, ob feinsinniger Humor erlaubt war, ließ man allerdings nichts verlauten. Anfang nächster Woche rückten die Fensterputzer an. Der Hausmeister forderte alle auf, die Fensterbänke zu räumen und den Leuten freien Zugang zu gewähren.

Reuben musterte die Fensterfront. Neben zwei vertrockneten Pflanzen, stapelten sich dort irgendwelche Akten. „Was soll mit dem Zeug da passieren?“, wandte er sich an Martin und nickte in Richtung Fensterbank.

„Das muss in die Ablage.“

„Kennen wir einen Kollegen, der uns noch was schuldet?“

Sinnend tippte sich Martin mit einem Kuli gegens Kinn. „Ich fürchte nein. Nachher kümmere ich mich darum.“

„Denk daran, dass wir einen Termin bei den Angehörigen der Alsterleiche haben.“

„Das wird ja nicht ewig dauern.“

 

Eine Stunde später brachen sie auf. Greta und Arnold Berger wohnten in einem trostlosen Backsteinbau direkt an der Wandsbeker Chaussee. Dreimal fuhr Reuben um den Block, bis er eine adäquate Parklücke fand. Leider war er mit einem zivilen Fahrzeug unterwegs, sonst hätte er sich einfach in die zweite Reihe gestellt.

Auf ihr Läuten hin summte der Türöffner. Reuben drückte die schwere Haustür auf und ließ Martin den Vortritt. Im Treppenhaus roch es nach Fußschweiß und abgestandenem Essen. Als sie die Stufen in den zweiten Stock hochstiegen, entdeckte Reuben den Grund für ersteres: Vor jeder Tür standen etliche Paar ausgelatschter Schuhe. Etwas, das er schon oft in Gebäuden, in denen überwiegend Bewohner mit Migrationshintergrund lebten, gesehen hatte.

In der offenen Wohnungstür empfing sie Arnold Berger, ein grauhaariger Mann mit steinerner Miene; laut Akte 51 Jahre alt und Bahnbediensteter. „Guten Morgen. Kommen Sie rein.“

Im Flur wehte ihnen Kaffeeduft entgegen. Berger führte sie in ein Wohnzimmer, welches für das Bühnenbild einer Achtziger-Show bestens geeignet wäre. Eiche rustikal, wohin man auch sah, inklusive der Couchgarnitur, auf der sanitärgrüne Polster lagen. Plastikblumen und verblichene - ebenfalls grüne - Samtvorhänge rundeten den Eindruck ab.

„Bitte, nehmen Sie Platz“, forderte Berger sie auf und setzte sich in einen der Sessel.

Martin ließ sich auf der Couch nieder, Reuben daneben. Im nächsten Moment erschien Frau Berger, ein Tablett in den Händen. Ihr Gesicht war verquollen, die Augen gerötet. Sie lächelte ihnen wortlos zu, stellte Kaffeetassen, ein Milchkännchen, eine Zuckerdose und Kaffeekanne auf den Tisch und nahm im zweiten Sessel Platz.

Martin ergriff das Wort: „Erstmal unser herzlichstes Beileid zu dem Verlust.“

Berger nahm das mit einem Nicken entgegen. Frau Berger, die Hände im Schoß gefaltet, entgegnete leise: „Danke.“

„Darf ich mich bedienen?“, erkundigte sich Reuben, die Hand schon nach der Kaffeekanne ausgestreckt.

„Oh, Entschuldigung“, stieß Frau Berger hervor, sprang auf und schenkte die Tassen voll. „Milch und Zucker nehmen Sie bitte selbst.“

Während Reuben an seinem Kaffee nippte, zückte Martin Notizblock und Stift. „Können Sie uns ein bisschen über Ihren Sohn erzählen?“

„Dirk war ein guter Junge. Immer fleißig und freundlich.“ Frau Berger kramte ein Taschentuch hervor und tupfte sich damit an den Augen herum. „Wer hat ihm das nur angetan?“

„Wir hatten kaum noch Kontakt“, sagte Berger. „Seit er gestanden hat, so ein Homosexueller zu sein, war er hier nicht mehr erwünscht.“

„Kennen Sie seine Freunde oder Kommilitonen?“, fragte Martin.

„Jedenfalls keine aktuellen. Die aus seiner Schulzeit natürlich schon“, antwortete Frau Berger.

„Stand er mit denen denn noch in Verbindung?“

„Weiß ich nicht. Ich glaube nicht“, gab sie zurück.

Martin kritzelte auf dem Blick herum, schaute wieder hoch und sah von Herrn zu Frau Berger. „Wussten Sie, dass Ihr Sohn bei einer Escort-Agentur arbeitet?“

Beide schüttelten den Kopf. „Ist das eine Vermittlung für Prostituierte?“, wollte Frau Berger wissen, die Augen schockiert aufgerissen.

„Dort vermittelt man Begleitpersonen. Ob das einvernehmlichen Verkehr einschließt, entzieht sich unserer Kenntnis“, erwiderte Martin. „Haben Sie sich nie gefragt, wie Ihr Sohn das Studium finanziert?“

„Das war seine Sache. Er hat entschieden, eine Schwuchtel zu sein, also konnte er ja wohl auch für seinen Lebensunterhalt sorgen“, entgegnete Berger bissig.

Intelligenz wurde in diesem Haushalt nicht großgeschrieben, stellte Reuben fest. Kaffee kochen hingegen schon. Der schmeckte nämlich sehr gut.

„Wann haben Sie Ihren Sohn das letzte Mal gesehen?“, fragte Martin.

Die Bergers tauschten einen langen Blick. Schließlich antwortete Frau Berger: „Wir haben ihn letztes Weihnachten zu uns eingeladen, aber er ist nicht gekommen.“

Zwischen den Zeilen bedeutete das, nach Reubens Meinung: Sie hätte es wahrscheinlich gern getan, aber der Alte hatte es verboten.

„Und davor?“, hakte Martin nach.

„Ich …“ Frau Berger spähte kurz rüber zu ihrem Gatten. „Ich hab ihn an seinem letzten Geburtstag getroffen, in der Stadt, auf einen Kaffee.“

Reuben sah, wie sich Arnold Bergers Miene verfinsterte. Da stand wohl ein Ehekrach an.

„Das war also am …?“, fragte Martin.

„Am elften Dezember“, flüsterte sie, den Blick gesenkt.

Wieder schrieb Martin etwas auf den Notizblock. „Ich denke, das wär’s erstmal. Falls wir weitere Fragen haben, melden wir uns bei Ihnen.“

Auf der Rückfahrt herrschte erstmal Schweigen. Schließlich seufzte Martin. „Was für eine Tragödie. Bestimmt redet der Alte erstmal nicht mehr mit seiner Frau.“

„Oder er schreit sie zusammen. Wie auch immer: Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.“

„Mir tut ihr Sohn leid. Was kann der arme Junge dafür, auf Männer zu stehen?“

„Er sollte dir leid tun, solche bornierten Eltern zu haben“, meinte Reuben grimmig.

„Das wollte ich damit ausdrücken.“

Er war wirklich urlaubsreif, wenn er schon auf Martins harmlose Bemerkung derart angepisst reagierte.

 

Impressum

Texte: Sissi Kaiserlos
Bildmaterialien: shutterstock - depositphotos
Cover: Lars Rogmann
Lektorat: Aschure - dankeschön
Tag der Veröffentlichung: 03.04.2019

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /